Corporate Law Newsletter
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4. Quartal 2012 Corporate Law Newsletter Neuste Rechtsprechung und aktuelle Entwicklungen aus dem Bereich Corporate Law Inhalt In eigener Sache 3Die Ernst & Young Law GmbH baut Kartellrechtspraxis auf! Brennpunkt 4Die Hauptversammlungssaison 2013 – Themen, Trends und Ausblick 7Einheitliches EU-Patent beschlossen 9Entfristung des Überschuldungs begriffs gem. § 19 Abs. 2 InsO 12E-Mail-Werbung – unlauter trotz „Double-opt-in“-Verfahren? Rechtsprechung aktuell 14 Keine Formbedürftigkeit der Vereinbarung zur Übernahme der Kosten einer Due Diligence in einem „letter of intent“ 16BGH: Gewährleistung durch Nacherfüllung umfasst in Kaufverträgen zwischen Unternehmern oder zwischen Verbrauchern grundsätzlich weder Aus- noch Einbaukosten 18 Verweigerung einer Auszahlung von gebundenem Kapital nach dem Ausscheiden eines Gesellschafters 19 Vorrang des Aktienrechts vor dem Kommunalrecht 21 Anforderungen an die Bericht erstattung des Aufsichtsrats 23Insolvenzverursachungshaftung des Geschäftsführers 25 Strafbarkeit von Submissionsab sprachen und Haftung einer juristischen Person für unterlassene Aufsichtsmaßnahmen Aktuelle Meldung 27 8. GWB-Novelle vor dem Scheitern? 28 Reform des Beschäftigtendaten- schutzes wieder aktuell 28 Auskunftsansprüche auch von mittelbaren Gesellschaftern 29 Vorschläge für Änderungen des Deutschen Corporate Governance Kodex 2013 veröffentlicht 30Ansprechpartner 2 Corporate Law Newsletter | 4. Quartal 2012 Zum 1. Januar 2013 wechselte der Kartellrechtler Marcus Mayer (37), zuletzt Assoziierter Partner bei Gleiss Lutz, in das Stuttgarter Büro von Ernst & Young Law GmbH. Er übernimmt bei Ernst & Young Law GmbH bundesweit die Verantwortung für das Kartell- und Wettbewerbsrecht. Marcus Mayer hat bislang zahlreiche Mandanten, insbesondere aus Industrie und Handel, umfassend im deutschen und europäischen Kartellrecht sowie in Kartellbußgeldverfahren und in der Fusionskontrolle beraten. Er verfügt zusätzlich über umfangreiche Erfahrung beim Aufbau, der Einführung und der Umsetzung von Compliance Programmen und wird daher bei Ernst & Young Law GmbH auch das Legal Compliance Team in kartellrechtlichen Fragestellungen unterstützen. In eigener Sache Die Ernst & Young Law GmbH baut Kartellrechtspraxis auf! Kontakt Marcus Mayer Rechtsanwalt Ernst & Young Law GmbH, Stuttgart Telefon + 49 711 9881 11203 [email protected] Die neue Kartellrechtspraxis umfasst folgende Schwerpunkte: •Beratung und Vertretung in Ermittlungs- und Bußgeldverfahren der Europäischen Kommission und des Bundeskartellamtes sowie in gerichtlichen Auseinandersetzungen mit den Kartellbehörden •Kartellrechtliche Compliance-Beratung (z.B. Konzipierung und Durchführung kartellrechtlicher Präsenzschulungen, Erstellung von Compliance-Unterlagen wie Leitfäden und Handbücher) und kartellrechtsbezogene Unterstützung beim Aufbau und der Implementierung von Compliance-Systemen •Beratung und Unterstützung bei internen Ermittlungen wegen eines möglichen Kartellverstoßes sowie ggf. die Vorbereitung und Durch führung von Kronzeugen-Anträgen •Prüfung, konzeptionelle Planung und Durchführung von Fusions kontrollverfahren in Deutschland, der Europäischen Union und weltweit (multi-jurisdictional filings) •Beratung beim Abschluss von Kooperationen zwischen Wettbewerbern (z.B. Forschungs- & Entwicklungskooperationen, Joint Ventures, Arbeitsgemeinschaften, Spezialisierungsvereinbarungen) •Gestaltung von kartellrechtskonformen Vertriebsvereinbarungen mit Zulieferern oder Abnehmern und Lizenzverträgen •Erstellung der erforderlichen „Selbstveranlagungen“ für kartellrechtlich relevante Vereinbarungen mit anderen Unternehmen 3 Corporate Law Newsletter | 4. Quartal 2012 Die Sprecher der Schutzvereinigungen betonen zunehmend die Rolle des Aufsichtsrats Brennpunkt Die Hauptversammlungssaison 2013 – Themen, Trends und Ausblick Nach einer kürzlich veröffentlichten Pressemitteilung des Deutschen Aktien instituts konnte im ersten Halbjahr 2012 ein Anstieg von 1,5 Mio. Anlegern ver zeichnet werden. Insgesamt sind 10,2 Mio. Anleger direkt oder indirekt in der Aktie investiert. Dies entspricht 15,7 Prozent der Gesamtbevölkerung. Die Aktionärs quote in Deutschland hat damit fast wieder das Niveau von 2007 erreicht. Hauptversammlungen erfreuen sich nach wie vor einem regen Interesse bei den Aktionären. Der nachfolgende Beitrag soll einen Überblick betreffend mögliche Themenschwerpunkte bieten. Reform des Anfechtungsrechts wird 2013 weiter Auswirkungen zeigen Die Reform des aktienrechtlichen Anfechtungsrechts war auch in der Hauptversammlungssaison 2012 spürbar. Insbesondere die mit dem Gesetz zur Umsetzung der Aktionärsrechterichtlinie („ARUG“) vom 30. Juli 2009 eingeführte Straffung des Freigabeverfahrens durch eine erstinstanz liche Entscheidung des Oberlandesgerichts verminderte aufgrund der deutlichen Beschleunigung des Verfahrens den Anreiz von Klagen gegen Strukturentscheidungen. Damit hat sich die der damaligen Reform zugrundeliegende Annahme des Gesetzgebers, dass die Sperrwirkung der Anfechtungsklage das maßgebliche Druckmittel bei missbräuchlichen Anfechtungsklagen darstellt, bestätigt. Eine weitere Entlastung brachte die damals in § 246a II Nr. 2 AktG 4 aufgenommene Regelung, dass ein Kläger im Freigabeverfahren ein Quorum am Grundkapital von zumindest 1000 Euro nachweisen muss. Durch die damalige Verlängerung der Geltungsdauer von Ermächtigungen zum Erwerb eigener Aktien wurden die Tagesordnungen ebenfalls deutlich entlastet, da eine jährliche Befassung der Hauptversammlung mit diesem Thema nun nicht mehr erforderlich ist. Der Schwerpunkt von professionellen Anfechtungs klägern verschob sich dementsprechend in Richtung der Entlastungsbeschlüsse, die im Jahr 2012 sehr häufig Gegenstand von Anfechtungsklagen und gerichtlichen Entscheidungen waren. Auch Sonderprüfungsanträge erfreuten sich insbesondere mit dem Blickwinkel der Organhaftung zunehmender Beliebtheit. Von der durch das ARUG eingeführten Möglichkeit der Abhaltung von virtuellen Hauptversammlungen wird auch weiterhin kaum Gebrauch gemacht. Die Hauptversammlung 2013 wird ebenfalls von der Reform des Anfechtungsrechts profitieren; der bereits im Jahr 2012 spürbare Trend des Rückgangs der absoluten Anzahl der Anfechtungsklagen sollte sich im kommenden Jahr fortsetzen. Im kommenden Jahr wird voraussichtlich die ursprünglich für 2012 geplante Aktienrechtsreform in Kraft treten. Die geplante Befristung der Nichtigkeitsklage wird im Jahr 2013 zusätzliche Rechtssicherheit bringen und „Huckepack-Klagen“ verhindern. Bericht des Aufsichtsrats an die Haupt versammlung Die Sprecher der Schutzvereinigungen betonen zunehmend die Rolle des Aufsichtsrats, der damit noch stärker in den Fokus der Hauptversammlung rückt und dabei auch Adressat von Fragen wird. Dabei werden die gesetzlichen und durch den Kodex geregelten Pflichten des Aufsichtsrats, der Hauptversammlung über seine Tätigkeit zu berichten, zunehmend auch Gegenstand von Anfechtungsklagen, die sich gegen die Entlastung des Aufsichtsrats richten. So hatte das OLG Frankfurt die Entsprechenserklärung einer Aktiengesellschaft beanstandet, da die im Kodex vorgesehenen Angaben über aufgetretene Interessenkonflikte im Bericht des Aufsichtsrats seiner Auffassung nach nicht im gebotenen Umfang gemacht worden seien. Das Gericht vermisste dabei die namentliche Nennung des betroffenen Mitglieds und Hinweise auf sein Stimmverhalten (vgl. OLG Frankfurt/M, Az.: 5 U 104/10). In einem kürzlich veröffentlichten Urteil war der Bundesgerichtshof hier anderer Meinung. Demnach ist in solchen Fällen weder eine namentliche Nennung des betroffenen Mitglieds noch eine Offenlegung des Abstimmungsverhaltens erforderlich (vgl. BGH vom 10.07.2012 Az.: II ZR 48/11). Es ist zu erwarten, dass die Berichterstattung des Aufsichtsrats auch im kommenden Jahr 2013 einer kritischen Würdigung unterzogen werden wird. • Corporate Law Newsletter | 4. Quartal 2012 Brennpunkt Die Hauptversammlungssaison 2013 – Themen, Trends und Ausblick • Fortsetzung Hierzu hat OLG Düsseldorf (Urt. v. 22.11.2012, I-6 U 18/12) kürzlich entschieden, dass über Interessenkonflikte im Aufsichtsrat nach dem Deutschen Corporate Governance Kodex nur berichtet werden muss, wenn diese tatsächlich aufgetreten sind. Negativerklärungen sind nicht erforderlich. Entlastungsbeschlüsse und Verträge mit Aufsichtsratsmitgliedern nach § 114 AktG Verträge, mit denen Aufsichtsratsmitglieder oder Gesellschaften, an denen diese beteiligt sind, mit Dienstleistungen außerhalb ihrer Aufsichtsratstätigkeit beauftragt werden, sind ebenfalls zunehmend Gegenstand von Kritik und Anfechtungsprozessen. In einem mit Spannung erwarteten Urteil äußerte sich der Bundesgerichtshof im Rahmen eines Anfechtungsprozesses, der sich gegen die Entlastung von Vorstand und Aufsichtsrat richtete, zu den Anforderungen bei der Beauftragung von Aufsichtsratsmitgliedern mit Dienstleistungen außerhalb ihrer Tätigkeit als Aufsichtsrat (vgl. BGH vom 10.07.2012 Az.: II ZR 48/11). Zu Beginn des Jahres hatte sich das Landgericht Köln ebenfalls mit Rechtsgeschäften nach § 114 AktG bei einer börsennotierten Aktiengesellschaft befasst (Urteil vom 12.01.2012, Az.: 91 O 77/11), aber eine Nichtigkeit des Entlastungsbeschlusses für den Aufsichtsrat wie der Bundesgerichtshof letztendlich wegen der damals unklaren Rechtslage verneint. Sofern Aktiengesellschaften solche Vertragsverhältnisse unterhalten, dürften kritische Fragen nach dem in diesem Zusammenhang praktizierten Verfahren zu erwarten sein. 5 Das Superwahljahr 2013: Qualifikation und Unabhängigkeit bei Wahlen zum Auf sichtsrat Im kommenden Jahr 2013 sind im DAX 30 insgesamt 76 Aufsichtsratsmandate auf der Kapitalseite zu besetzen. Dies ist Grund genug, sich eingehend mit den im Zusammenhang mit Wahlvorschlägen zu veröffentlichenden Informationen zu befassen. Aufgrund der aktienrechtlichen Vorgaben der §§ 125 Abs. 1, 124 Abs. 2 und 3 AktG ist neben der Angabe, nach welchen gesetzlichen Vorschriften sich der Aufsichtsrat zusammensetzt, derzeit noch die formelhafte Angabe erforderlich, ob die Hauptversammlung an Wahlvorschläge gebunden ist. Angaben zur Bindung an Wahlvorschläge sollen nach den in der Aktienrechtsreform 2012 vorgesehenen Änderungen künftig nur noch erforderlich sein, wenn eine Bindung der Hauptversammlung an Wahlvorschläge vorliegt. Zusätzlich zum Wahlvorschlag des Aufsichtsrats sind nach den vorgenannten gesetzlichen Vorgaben Angaben zu Mitgliedschaften des Kandidaten in anderen gesetzlich zu bildenden Aufsichtsräten und in vergleichbaren in- und ausländischen Kontrollgremien von Wirtschaftsunternehmen erforderlich. Daneben sind Name, ausgeübter Beruf und Wohnort anzugeben. Die Berufsangabe kann insbesondere bei Kandidaten mit unterschiedlichen beruflichen Schwerpunkten spannend sein – Berufsbezeichnungen wie „Rechtsanwalt“ oder „Steuerberater“ reichen nicht aus; es ist eine konkrete Bezeichnung der Tätigkeit erforderlich. Die Praxis geht über diese gesetzlichen Mindestvorgaben inzwischen deutlich hinaus. Schutzvereinigungen verlangen inzwischen die Veröffentlichung aussagekräftiger Lebensläufe von Kandidaten, die vom Aufsichtsrat zur Wahl in das Gremium vorgeschlagen werden. Auch im Anfechtungsprozess werden angeblich unzureichende Auskünfte zur Qualifikation von Wahlkandidaten häufiger zum Anlass genommen, Beschlüsse anzufechten (vgl. OLG Düsseldorf Urt. v. 22.11.2012). Der Kodex verlangt ferner, mit dem Wahlvorschlag die persönlichen und die geschäftlichen Beziehungen des Kandidaten zum Unternehmen, den Organen der Gesellschaft und einem wesentlich an der Gesellschaft beteiligten Aktionär offenzulegen (Ziff. 5.4.1 Abs. 4 DCGK). Aufgrund der Unbestimmtheit dieser Begriffe resultieren aus diesen Angaben zusätzliche Anfechtungsrisiken für Wahlbeschlüsse im kommenden Jahr. Kandidatenvorschläge für den Aufsichtsratsvorsitz sind aufgrund von Ziff. 5.4.3 des Kodex den Aktionären bekannt zu geben. Vorschläge des Aufsichtsrats an die Hauptversammlung werden kritisch darauf geprüft werden, ob diese (entsprechend Ziff. 5.4.1 des Kodex) die vom Aufsichtsrat konkret benannten Ziele für seine Zusammensetzung berücksichtigen. Die Qualifikation von Aufsichtsratsmitgliedern wird auch im Jahr 2013 nicht zuletzt vor der Frage seiner Zusammensetzung und den veröffentlichten Zielsetzungen für die Zusammensetzung lebhaft diskutiert werden. Die in der Politik geführte kontroverse Diskussion über die Einführung einer festen Quote für Frauen in Top-Positionen großer Unternehmen und die im Herbst 2012 geplanten Vorschläge der EU-Kommission für eine EU-weit verbindliche Frauenquote in Unternehmen mit empfindlichen Sanktionen wird dafür sorgen, dass dieses Thema auch im kommenden Jahr auf Aktionärstreffen spannend bleibt. Dabei wird neben der Qualifikation von Aufsichtsratsmitgliedern und Wahlkandidaten auch die Frage der Unabhängigkeit rege diskutiert. Seit den Änderungen des Kodex im Jahr 2012 kann die Unabhängigkeit auch an geschäftlichen oder persönlichen Beziehungen zu einem kontrollierenden Aktionär scheitern (vgl. Ziff. 5.4.2 Satz 2 DCGK). • Corporate Law Newsletter | 4. Quartal 2012 Brennpunkt Die Hauptversammlungssaison 2013 – Themen, Trends und Ausblick n • Fortsetzung Organhaftung und Vorstandsvergütung Schon seit einigen Jahren wird die Vergütung des Vorstands in der Hauptversammlung intensiv erörtert. Maßgeblich hierzu beigetragen hat die von vielen Unternehmen genutzte Möglichkeit, sich das Ver gütungssystem von der Hauptversammlung durch einen „Say on Pay“ Beschluss absegnen zu lassen. Unternehmen, die solche Beschlüsse bisher nicht auf der Tagesordnung hatten, werden hierzu in Hauptversammlungen von Aktionären und Aktionärsvereinigungen aufgefordert. Inzwischen wird im Hinblick auf verschiedene Studien auch die Frage der Umsetzung der gesetzlich geforderten langfristigen Orientierung der Vorstandsvergütung einer kritischen Prüfung unterzogen. Die von der Regierungskommission am 05.02.2013 veröffentlichten Änderungsvorschläge, die sich in größerem Umfang mit der Vorstandsver gütung unter dem Blickwinkel der Transparenz befassen, werden diese Diskussion weiter anfeuern. Ein Dauerbrenner wird auch im kommenden Jahr die Organhaftung bleiben, Fragen der Vorstands- und Aufsichtsratshaftung werden zunehmend Gegenstand von Anträgen auf Sonder prüfung in der Hauptversammlung. Seit Kurzem wird im Zusammenhang mit Vorschlägen auf dem 69. Deutschen Juristentag ein unmittelbares Klagerecht jedes Aktionärs zur Geltendmachung von Haftungsansprüchen gegen Organmitglieder und eine Reform des Klagezulassungsverfahrens nach § 148 AktG diskutiert. 6 Autor Dr. Christian Bosse Rechtsanwalt Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht Ernst & Young Law GmbH, Stuttgart Telefon +49 711 9881 25772 [email protected] Corporate Law Newsletter | 4. Quartal 2012 Antrag auf Erteilung eines EU-Patents in einer der Verfahrenssprachen des EPA Brennpunkt Einheitliches EU-Patent beschlossen Das EU-Parlament hat am 17. Dezember 2012 zwei Verordnungen zum einheit ichen EU-Patentschutz durch ein „europäisches Patent mit einheitlicher Wirkung“ („EU-Patent“) erlassen. Zu den nationalen Patenten und dem Euro päischen Patent kommt mit dem EUPatent somit ein drittes Schutzrecht hinzu. Dieses soll wie eine Gemein schaftsmarke einheitlich in den EUMitgliedstaaten gelten. Erfindungsschutz durch Patente Patente schützen innovative Produkte, Vorrichtungen und Verfahren (Erfindungen) vor Nachahmung. Sie werden für Erfindungen auf allen Gebieten der Technik erteilt, wenn diese Erfindungen neu und gewerblich anwendbar sind sowie auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhen. Neu ist eine Erfindung dann, wenn sie nicht zu den der Öffentlichkeit bereits bekannten Kenntnissen (Stand der Technik) bei der Anmeldung gehört. Geschäftsmodelle fallen nicht unter den Begriff der Technik und sind nicht patentierbar. Die Patentstreitigkeiten zwischen Apple, Samsung und auch Google haben augen fällig gemacht, welchen Wert und welche Waffe Patente für Unternehmen darstellen können. Status Quo: Europäisches Patentamt und Europäisches Patent Patentschutz wird grundsätzlich nur territorial für das Land eingeräumt, in dem das Patent beantragt wurde. 7 Um die europaweite Erstreckung des Patentschutzes zu erleichtern, wurde bereits 1973 das Europäische Patentübereinkommen (EPÜ) abgeschlossen. Es handelt sich um einen internationalen Vertrag, auf dessen Grundlage 1977 das Europäische Patentamt (EPA) geschaffen wurde. Die Anmeldung eines Europäischen Patents und das Verfahren zu seiner Erteilung erfolgen zwar zentral beim EPA. Das Europäische Patent hat jedoch keine Wirkung, die vergleichbar mit der einer Gemeinschaftsmarke wäre. Das Europäische Patent wird nicht automatisch mit seiner Eintragung durch das EPA in den Mitgliedstaaten wirksam. Für jeden EPÜ-Vertragsstaat, in dem das Europäische Patent gelten soll, muss ergänzend ein Antrag auf Gültigkeitser streckung (Validierung) gestellt werden. Nach Art. 65 EPÜ kann jeder Vertragsstaat verlangen, dass für die Validierung eines Patents eine Übersetzung in die in diesem Staat geltende Amtssprache notwendig ist. Nach dem 2008 in Kraft getretenen „Londoner Übereinkommen“ sind zwar Erleichterungen vorgesehen. Deutschland, Frankreich und weitere Staaten, die eine Amtssprache mit dem EPA (Englisch, Französisch, Deutsch) gemein haben, verzichten z. B. vollständig auf das genannte Übersetzungserfordernis. Da aber lediglich 18 Mitgliedstaaten diesem Londoner Übereinkommen beigetreten sind, verursachen Übersetzungen nach wie vor erhebliche Kosten für die Anmeldung und Validierung eines Europäischen Patents. Außerdem müssen zusätzlich zu der gegenüber dem EPA zu entrichtenden Gebühr in der Regel auch noch nationale Gebühren gezahlt werden. Für Anmeldung und Validierung in mehreren EU-Mitgliedstaaten kommen so pro Patent Kosten von im Durchschnitt 36.000 EUR zusammen. Nach erfolgreicher Validierung eines Europäischen Patents in einem Staat ist für dessen Verwaltung die jeweilige nationale Behörde zuständig. Auch die weitere Kor respondenz hinsichtlich der Verlängerung eines Patents hat mit dem nationalen Patentamt zu erfolgen. Gerade bei großen Patentportfolios kann dies zu einem hohen administrativen Aufwand führen. Gleiches gilt für die Überwachung von Rechtsverletzungen. Ansprüche wegen der Verletzung von Patenten müssen in jedem einzelnen Staat bei dem jeweiligen nationalen Gericht durchgesetzt werden. Vereinfachung durch das neue EU-Patent Hinsichtlich des neuen EU-Patents soll das EPA für die Anmeldung und Verwaltung allein zuständig sein. Durch diese Zentralisierung soll sich der administrative Aufwand erheblich verringern. Der Antrag auf Erteilung eines EU-Patents muss nach wie vor entsprechend den Vorschriften des EPÜ in eine der Verfahrenssprachen des EPA (Englisch, Deutsch oder Französisch) übersetzt werden, wenn er nicht schon in einer dieser Sprache gestellt wird. Weitere Übersetzungen müssen jedoch nicht angefertigt werden. • Corporate Law Newsletter | 4. Quartal 2012 Brennpunkt Einheitliches EU-Patent beschlossen • Fortsetzung Ausnahmen von diesem Grundsatz soll es nur in zwei Fällen geben. Einmal während einer höchstens 12 Jahre dauernden Übergangsphase (vollständige englische Übersetzung, wenn Verfahrenssprache Deutsch oder Französisch ist bzw. vollständige deutsche oder französische Übersetzung, wenn die Verfahrenssprache Englisch ist). Außerdem im Falle eines Rechtsstreits. Der mutmaßlich ein Patent Verletzende kann dann beantragen, dass der Patentinhaber eine Übersetzung in eine Amtssprache des Staates vorzulegen hat, in der die Ver etzung stattgefunden haben soll oder in dem er ansässig ist. Zusätzlich sehen die Verordnungen zum EU-Patent vor, dass kleinen und mittleren Unternehmen, Organisationen ohne Gewinnerzielungsabsicht, u. a. Übersetzungskosten erstattet werden können. Dieses Kompensationssystem soll das EPA verwalten. Es finanziert sich aus den an das EPA gezahlten Gebühren. Ferner ist ein einheitliches Gerichtssystem vorgesehen, das für das Europäische Patent und das EU-Patent zuständig sein soll. Sitz des Gerichts 1. Instanz soll Paris, Sitz des Berufungsgerichts Luxemburg sein. In München und London sind Außenstellen vorgesehen. Dabei soll eine Aufteilung nach Themengebieten erfolgen. Zu unterschied lichen Entscheidungen verschiedener nationaler Gerichte über denselben Sachverhalt und damit zu einer Rechtszersplitterung kann es daher nicht mehr kommen. Historie des EU-Patents und Ausblick Neben den genannten Vereinfachungsgründen ist Hintergrund des eingeführten EUPatents der Vertrag über die Arbeitsweise der EU (AEUV), der ehemalige EG-Vertrag. In Art. 118 sieht er Maßnahmen zur Schaffung europäischer Rechtstitel für den Schutz der Rechte des geistigen Eigentums vor. Daher ist zu erwarten, dass es in Zukunft etwa auch im Bereich des Urheberrechts zu einer weiteren Vereinheitlichung des Schutzes in Europa kommt. Die Höhe der Gebühren für ein EU-Patent ist noch nicht konkret beziffert, es soll jedoch zu einer deutlichen Vergünstigung gegenüber dem aktuellen System kommen. Die beiden erwähnten Verordnungen zum EU-Patent wurden im Wege der sogenannten verstärkten Zusammenarbeit beschlossen. Mit diesem in den Art. 326-334 AEUV näher geregelten Mechanismus kann eine Gruppe von Mitgliedstaaten untereinander verbindliche Regelungen einführen, ohne dass sich alle Mitgliedstaaten daran beteiligen müssen. Nötig war diese Vorgehensweise, weil Italien und Spanien der Sprachregelung des EU-Patents nicht zustimmen wollten. 8 Das Gerichtssystem soll nicht über das europäische Gesetzgebungsverfahren als Verordnung eingeführt werden, sondern im Rahmen eines völkerrechtlichen Übereinkommens. Der Entwurf eines Übereinkommens über ein einheitliches Patentgericht soll Gültigkeit haben, wenn 13 Staaten, darunter zwingend Deutschland, Frankreich und Großbritannien, unterzeichnet haben. Autor Dr. Peter Katko Rechtsanwalt, licencié en droit Ernst & Young Law GmbH, München Telefon +49 89 14331 25951 [email protected] Corporate Law Newsletter | 4. Quartal 2012 Fortbestehensprognose weiterhin zentrales Element der Überschuldungsprüfung Brennpunkt Entfristung des Überschuldungsbegriffs gem. § 19 Abs. 2 InsO Am 9. November 2012 hat der Deutsche Bundestag die Entfristung des insolvenz rechtlichen Überschuldungsbegriffs (§ 19 Abs. 2 InsO) beschlossen. Der 2008 als Reaktion auf die Finanzmarkt krise durch Art. 5 des Finanzmarktstabi lisierungsgesetzes1 eingefügte Wortlaut, der ursprünglich auf einen Zeitraum von zwei Jahren bis 31. Dezember 2010 befristet war und zwischenzeitlich bis zum 31. Dezember 2013 verlängert wurde, wird nun auch über das Jahres ende von 2013 hinaus unbefristet Bestand haben. Danach liegt eine Über schuldung vor, „wenn das Vermögen des Schuldners die bestehenden Verbind lichkeiten nicht mehr deckt, es sei denn, die Fortführung des Unternehmens ist nach den Umständen überwiegend wahr scheinlich.“ Fortbestehensprognose als Mittelpunkt der Überschuldungsprüfung Ein Unternehmen ist demnach nur dann überschuldet, wenn die Schulden das zu Liquidationswerten bewertete Vermögen übersteigen und die Finanzkraft des Unternehmens mittelfristig nicht zur Fortführung ausreicht. Bei positiver Fortbestehensprognose dagegen besteht nach § 19 Abs. 2 InsO per definitionem keine Überschuldung; auf die bilanzielle Gegenüberstellung der Aktivund Passivwerte des Unternehmens kommt es nicht an. Mit anderen Worten: Auch ein bilanziell überschuldetes Unternehmen ist insolvenzrechtlich nicht überschuldet, sofern es eine positive Fortbestehensprognose aufweist. Die Fortbestehensprognose bildet somit das zentrale Element der Überschuldungsprüfung. Ablauf der Überschuldungsprüfung Bei einer juristischen Person begründet neben der Zahlungsunfähigkeit auch das Vorliegen einer Überschuldung eine Insolvenzantragspflicht des Geschäftsführungsorgans. Nach der Rechtsprechung besteht für das Geschäftsführungsorgan eine laufende Beobachtungspflicht, ob Hinweise auf eine Insolvenzgefährdung vorliegen.2 Ergeben sich aus dem Finanz- und Rechnungswesen Anhaltspunkte3 für eine Vermögens aufzehrung oder gar eine Bestandsgefährdung des Unternehmens, ist das Vorliegen einer Überschuldung und damit einer Insolvenzantragspflicht gem. §§ 19 Abs. 1, 15a Abs. 1 InsO zu prüfen. Dazu ist in einem ersten Schritt anhand der Informationen aus dem Finanz- und Rechnungswesen sowie auf Grundlage des Unternehmenskonzepts und der Finanzplanung eine Fortbestehensprognose als qualitativ wertendes Gesamturteil über die mittel fristige Überlebensfähigkeit des Unternehmens4 zu erstellen. Fällt die Prognose positiv aus, ist die Erstellung eines Überschuldungsstatus grundsätzlich entbehrlich, da definitionsgemäß keine Überschuldung vorliegt. Ist sie hingegen negativ, bedarf es in einem zweiten Schritt der Erstellung eines Überschuldungsstatus. • FMStG vom 17.10.2008, BGBI. I 2008, S. 1982. Diese Pflicht ergibt sich aus der Sorgfaltspflicht des ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters, der verpflichtet ist, die wirtschaftliche Lage des Unternehmens laufend zu 1 2 beobachten; vgl. BGH, Urteil vom 6. Juni 1994 – II ZR 292/91. 3 Solche Anhaltspunkte können beispielsweise ein negativer Cash Flow, ein negatives Betriebsergebnis, ein Jahresfehlbetrag, eine Unterbilanz, der Verlust des halben Stamm- bzw. Grundkapitals sowie ein „Nicht durch Eigenkapital gedeckter Fehlbetrag“ sein; vgl. auch IDW PS 270: Die Beurteilung der Fortführung der Unternehmenstätigkeit im Rahmen der Abschlussprüfung, Tz. 11. 4 Zur Erstellung einer Fortbestehensprognose aus der ganzheitlichen Sicht eines unabhängigen Sachverständigen vgl. Groß, P.J./Amen, M. (2002): Die Fortbestehensprognose, in: Die Wirtschaftsprüfung (WPg), S. 225 ff. und 433 ff. 9 Corporate Law Newsletter | 4. Quartal 2012 Brennpunkt Entfristung des Überschuldungsbegriffs gem. § 19 Abs. 2 InsO • Fortsetzung Überschuldungsprüfung nach § 19 Abs. 2 InsO Unternehmenskonzept Integrierte Ertrags-, Bilanz- und Finanzplanung Fortbestehensprognose = Zahlungsfähigkeitsprognose Positiv Negativ Überschuldungsstatus zu Liquidationswerten Keine Überschuldung Vermögen > Schulden Vermögen < Schulden Keine Überschuldung Überschuldung Fortbestehensprognose als Zahlungs fähigkeitsprognose Die Fortbestehensprognose als zentrales Element der Überschuldungsprüfung beinhaltet eine begründete Aussage zur kurzbis mittelfristigen Überlebensfähigkeit des Schuldners. Grundlage dieser Aussage bildet ein schlüssiges und realisierbares Unternehmenskonzept, das die strategische Unternehmensplanung und die grundsätzliche Entwicklung des Unternehmens angemessen berücksichtigt. Darauf aufbauend ist eine integrierte Ertrags-, Finanz- und Vermögensplanung zu erarbeiten, die sowohl die künftige Geschäftstätigkeit als auch sämtliche bereits konkretisierten Investitionen und Finanzierungsmaßnahmen beinhaltet.5 Lässt sich aus der integrierten Finanzplanung nachvollziehbar und plausibel ableiten, dass das Unternehmen im zu untersuchenden Zeitraum voraussichtlich jederzeit die fälligen Verbindlichkeiten begleichen kann, fällt die Fortbestehensprognose positiv aus. Bereits vorhandene Kreditlinien und sonstige ernstlich anzunehmende Mittelzuführungen dürfen dabei in die Betrachtung mit einbezogen werden.6 Droht im Betrachtungszeitraum dagegen eine Zahlungsunfähigkeit, so ist die Prognose negativ. Als maßgeblicher Zeitraum für die Prognose sind mindestens zwölf Monate,7 in der Regel aber das aktuelle und das nachfolgende Geschäftsjahr heranzuziehen.8 Bei der Fortbestehensprognose handelt es sich folglich um eine Beurteilung der antizipierten Entwicklung der mittelfristigen Zahlungsfähigkeit des Unternehmens.9 Die Fortbestehensprognose ist daher im Wesent lichen eine Zahlungsfähigkeitsprognose,10 die sich aus einem auf Basis des Unternehmenskonzepts entwickelten Finanzplan ableiten lässt. • IDW FAR 1/1996: Empfehlungen zur Überschuldungsprüfung bei Unternehmen, Absatz 3.; Crone/Werner in Crone A./Werner, H. (2012): Modernes Sanierungsmanagement, 3. Auflage, München, S. 31 f. 6 Crone/Werner in Crone A./Werner, H. (2012): Modernes Sanierungsmanagement, 3. Auflage, München, S. 30. 7 IDW PS 270: Die Beurteilung der Fortführung der Unternehmenstätigkeit im Rahmen der Abschlussprüfung, Tz. 8. 8 Uhlenbruck, W. (2010): Insolvenzordnung, 13. Auflage, München, § 19 Rz. 48 ff. mit weiteren Nachweisen in Rz. 50. 9 Hirte, H./Knof, B./Mock, S. (2008): Überschuldung und Finanzmarktstabilisierungsgesetz, in: ZInsO 2008, S. 1217 ff., S. 1222; Aleth, F./Harlfinger, W. (2011): Die Fortführungsprognose i. S.v. § 19 II InsO – eine Handlungsanweisung für Geschäftsführer, in: NZI 2011, S. 166 ff., S. 168. 10Uhlenbruck, W. (2010): Insolvenzordnung, 13. Auflage, München, § 19 Rz. 45 mit weiteren Nachweisen; IDW PS 800: Beurteilung eingetretener oder drohender Zahlungsunfähigkeit bei Unternehmen, Tz. 50. 5 10 Corporate Law Newsletter | 4. Quartal 2012 Brennpunkt Entfristung des Überschuldungsbegriffs gem. § 19 Abs. 2 InsO • Fortsetzung „Überwiegend wahrscheinlich“ Als Maßstab für die Entscheidung zugunsten einer positiven bzw. negativen Fortbestehensprognose hat der Gesetzgeber das Kriterium der „überwiegenden Wahrscheinlichkeit“ definiert. Überwiegend wahrscheinlich ist die Fortführung des Unternehmens, wenn diese zu mehr als 50 Prozent wahrscheinlich ist.11 Der BGH knüpft das Vorliegen einer positiven Fortbestehens prognose sowohl an den subjektiven Fortführungswillen des Schuldners bzw. seiner Organe als auch an die objektive – aus einem aussagefähigen Unternehmenskonzept herzuleitende – Überlebensfähigkeit des Unternehmens.12 Eine positive Fortbestehensprognose liegt somit vor, wenn sich aus der integrierten Ergebnis-, Finanz- und Vermögensplanung ergibt, dass die gegenwärtige Liquidität und die prognostizierten Einnahmen mit überwiegender Wahrscheinlichkeit mittelfristig zur Deckung der Zahlungsverpflichtungen ausreichen. Darüberhinaus muss sich aus der Planung ergeben, dass mehr Gründe für den Eintritt der Planungsannahmen sprechen als dagegen. Auf dieser Grundlage lässt sich das Folge urteil ableiten, dass mehr Gründe für die Fortführung des Unternehmens sprechen als dagegen.13 Die Beweislast für eine positive Fortbestehensprognose im Falle der Insolvenz trägt das Geschäftsführungsorgan.14 Es kann daher ratsam sein, die wirtschaftliche Überlebensfähigkeit von einem unabhängigen Dritten überwachen und bestätigen zu lassen. Autor Prof. Andreas Crone Wirtschaftsprüfer, Steuerberater Ernst & Young Law GmbH, Mannheim Telefon +49 621 4208 11330 [email protected] W. (2010): Insolvenzordnung, 13. Auflage, München, § 19 Rz. 51 mit weiteren Nachweisen. Beschluss vom 9. Oktober 2006 - II ZR 303/05. in Oppenländer, F./Trölitzsch, T. (2011): Praxishandbuch der GmbH-Geschäftsführung, 2. Auflage, München, Rz. 29. 14BGH, Urteil vom 18. Oktober 2010, Az. II ZR 151/09. 11 Uhlenbruck, 12 BGH, 13 Steffan 11 Corporate Law Newsletter | 4. Quartal 2012 Brennpunkt E-Mail-Werbung – unlauter trotz „Double-opt-in“-Verfahren? (OLG München, Urteil vom 27.09.2012, Az.: 29 U 1682/12 – Bestätigungsaufforderung) E-Mail-Werbung ist an der Tagesordnung. Wie kaum ein anderes Werbemittel eignet sich die E-Mail für den massenhaften Versand von (Werbe-)Botschaften und ist dabei billiger, schneller, arbeitssparender und gezielter einsetzbar als andere Werbemittel. Dementsprechend gibt es kaum Unternehmen, die ihre Produkte nicht zumindest auch mittels E-Mail bewerben oder entsprechende Newsletter o. ä. zum Abruf bereitstellen. Ungeachtet ihrer Beliebtheit stellt E-Mail-Werbung gegenüber Verbrauchern ohne vorherige ausdrückliche Einwilligung durch den Empfänger jedoch stets eine unzumutbare und damit unzulässige Belästigung dar und ist damit gem. § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG grundsätzlich untersagt. Zuwiderhandlungen gegen dieses Verbot können Abmahnungen (und im Anschluss daran ggf. auch die Einleitung gerichtlicher Verfahren) durch betroffene Kunden, Wettbewerber, Verbraucherschutzverbände und Datenschutzbehörden zur Folge haben. Ausnahmen von dieser grundsätzlichen Unzulässigkeit bestehen gem. § 7 Abs. 3 UWG allerdings insoweit, als der Unternehmer (1) die E-Mail-Adresse eines Kunden im Zusammenhang mit dem Verkauf einer Ware oder Dienstleistung erhalten hat, (2) diese lediglich zur Bewerbung ähnlicher eigener Waren oder Dienstleistungen verwendet, (3) der Kunde einer Verwendung zu Werbezwecken nicht widersprochen hat und dieser (4) bei Erhebung der Adresse darauf hingewiesen wurde, dass er der Verwendung jederzeit widersprechen kann. 12 Hintergrund dieser Regelung bildet die Annahme, dass der Verbraucher die Werbung eines Unternehmens für ähnliche Produkte wie die bereits gekauften regelmäßig nicht als Belästigung, sondern als nützliche Information auffassen wird (Köhler/Bornkamm, UWG, 31. Aufl. 2013, § 7 UWG, Rn. 202). Nachdem § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG den Versand von Werbe-E-Mails ohne vorherige ausdrückliche Einwilligung durch den Empfänger untersagt, obliegt die Beweislast für das Vorliegen einer entsprechenden Einwilligung dem Versender. Dies entspricht der ständigen höchstrichterlichen Rechtsprechung (BGH, GRUR 2004, 517 (519) – E Mail-Werbung I; GRUR 2011, 936 ff., Tz. 30 – Double-opt-in-Verfahren). Um eine Einwilligung „gerichtsfest“ dokumentieren zu können, hat sich in der Praxis daher das sog. „Double-opt-in“-Verfahren durchgesetzt. Dieses ist dadurch gekennzeichnet, dass der Empfänger dem Werbenden bestätigen muss, dass er mit dem Erhalt von Werbe-E-Mails oder der Zusendung von Newslettern einverstanden ist. Der Emp fänger, der seine E-Mail-Adresse auf der Internetpräsenz des Werbenden oder im Rahmen eines Gewinnspiels angibt und sich etwa durch Setzen eines entsprechenden Häkchens mit dem Erhalt von Werbung oder eines Newsletters per E-Mail einverstanden erklärt, erhält daher zunächst eine Bestätigungs-Mail (ohne werbenden Inhalt), deren Empfang und Inhalt er typischerweise durch Betätigung eines Links bestätigen muss. Der Versand des Newslet- ters bzw. der eigentlichen Werbung erfolgt sodann erst nach Aktivierung des fraglichen Links. Für die werbenden Unternehmen hat das „Double-opt-in“-Verfahren den Vorteil, dass mit einer Dokumentation der positiven Reaktion des Verbrauchers auf die Bestätigungs-Mail i. d. R. belegt werden kann, dass sich dieser mit dem Erhalt von Werbung unter der fraglichen E-Mail-Adresse einverstanden erklärt hat. Zwar kann die Einverständniserklärung als solche nicht belegt werden, aber zumindest deren nachträgliche Bestätigung durch Aktivierung des Links in der Bestätigungs-Mail. Auch dem Verbraucher kommt dieses Verfahren zugute, kann er doch etwa eine ggf. voreilig getätigte Registrierung dadurch ungeschehen machen, dass er die Bestätigungs-Mail nicht bestätigt. Ein wirksames Einverständnis in den Erhalt von Werbe-E-Mails liegt dann nicht vor. Dem folgend hat die Rechtsprechung das „Double-opt-in“-Verfahren bislang regel mäßig als gangbare Möglichkeit angesehen, ein Einverständnis des Betroffenen mit dem Erhalt von E-Mail-Werbung zu dokumentieren (vgl. insoweit [allerdings für Telefonwerbung], KG, Beschl. v. 29.10.2012, Az.: 5 W 107/12; LG Berlin, K&R 2007, 430 (431); LG Heidelberg, GRUR-Prax 2009, 67; LG Essen, GRUR 2009, 353 (354)). In diesem Sinne auch Köhler/ Bornkamm, a.a.O., § 7 UWG, Rn. 189: „… grds. hinreichend dokumentiert …“). • Corporate Law Newsletter | 4. Quartal 2012 Brennpunkt E-Mail-Werbung – unlauter trotz „Double-opt-in“-Verfahren? • Fortsetzung Auch der BGH hat sich in seiner Entscheidung „Double-opt-in-Verfahren“ (BGH, GRUR 2011, 936 ff., Tz. 37) ausführlich mit diesem beschäftigt und dort – allerdings im Rahmen eines obiter dictum – ausgesprochen, dass mittels des „Double-opt-in“-Verfahrens ein Einverständnis des betroffenen Verbrauchers mit dem Erhalt von E-MailWerbung dokumentiert werden kann. Im Unterschied hierzu hat nunmehr das OLG München (OLG München, WRP 2013, 111 ff.) entschieden, dass auch die Bestätigungs-Mail im Rahmen des „Double-opt-in“Verfahrens unter das Verbot des § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG fällt. Der Senat wertet diese dabei als „Werbung“ und damit als unzumutbare Belästigung i.S.v. § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG (OLG München, a.a.O., Tz. 22). Dem entnimmt der Senat, dass den Versender einer derartigen Bestätigungs-Mail die Beweislast für die Einwilligung des Empfängers mit deren Erhalt treffe. Dies soll im Fall einer elektronisch übermittelten Einverständniserklärung deren Speicherung und die jederzeitige Möglichkeit voraussetzen, diese ausdrucken zu können. Die Einlassung des betroffenen Unternehmens im konkreten Fall, wonach sich der Betroffene unter Angabe seiner E Mail-Adresse auf der firmeneigenen Internetseite für das NewsletterAbonnement angemeldet habe, soll für einen entsprechenden Nachweis nicht genügen. Anders als die bisherige Rechtsprechung fordert das OLG München damit letztlich eine Dokumentation des Anmeldevorganges – ohne allerdings konkrete Vorschläge dafür zu unterbreiten, wie eine solche erfolgen und was im Einzelnen dafür erforderlich sein soll. Faktisch müsste damit also etwa die Registrierung auf der Internetpräsenz des Werbenden bzw. die Bestätigung der Einverständniserklärung im Rahmen einer Gewinnspielteilnahme dokumentiert werden. Sofern ein – im Hinblick auf die Anmeldezahlen untunlicher – Medienwechsel vermieden werden soll, kommt hierfür lediglich eine Speicherung des konkreten Anmeldezeitpunktes sowie eine Registrierung der 13 IP-Adresse im Zeitpunkt der Anmeldung in Betracht. Entsprechende Verkehrsdaten werden jedoch bei dem jeweiligen Provider nur für einen begrenzten Zeitraum gespeichert und weisen – ungeachtet der datenschutzrechtlichen Implikation einer exzes siven Speicherung entsprechender Daten – den zusätzlichen Nachteil auf, dass eine IP-Adresse letztlich nichts darüber aussagt, ob der dadurch identifizierte Anschlussinhaber zugleich Inhaber der fraglichen E-Mail-Adresse ist. Fälle einer missbräuch lichen Anmeldung unter Angabe einer falschen, d. h. fremden E-Mail-Adresse sind damit – anders als bei Verwendung des „Double-opt-in“-Verfahrens – nicht zu erfassen. Inhaltlich weicht die Entscheidung des OLG München insbesondere bei der Definition von „Werbung“ erheblich von der bislang herrschenden Auffassung in Literatur und Rechtsprechung ab. Dabei beschränkt sich das OLG München bedauerlicherweise auf die apodiktische Feststellung, dass eine Bestätigungs-Mail – obgleich ohne werbenden Inhalt – als Werbung anzusehen sei. Eine gesonderte Begründung dafür, warum eine derartige E-Mail bereits auf eine unmittelbare Förderung des eigenen Absatzes gerichtet sein soll, gibt das OLG München nicht. Auch eine Auseinandersetzung mit der Frage, ob die Bestätigungs-Mail nicht lediglich einen notwendigen technischen Zwischenschritt darstellt, der als solcher keine Förderung des Absatzes bezweckt, hätte einer eingehenden Begründung bedurft. Dies gilt umso mehr, als nach der Rechtsprechung des BGH u.a. der allgemeine Sprachgebrauch definieren soll, was unter „Werbung“ zu verstehen ist (BGH, GRUR 2009, 925 ff. Tz. 14 – FC Troschenreuth). Diese Rechtsprechung bemüht auch das OLG München (OLG München, a.a.O., Tz. 22), übersieht dabei allerdings, dass ein Schreiben ohne werbenden Inhalt danach gerade nicht als Werbung verstanden würde. Auch den Umstand, dass die Bestätigungs-Mail vorliegend – anders als in der vom BGH zu bewertenden Fallkonstellation „FC Troschenreuth“ – keine Nachfragehandlungen betrifft, übergeht das OLG München. Die Entscheidung des OLG München ist für die konkret betroffenen werbenden Unternehmen denkbar unbefriedigend. So wird einerseits die bislang geübte Praxis zur Dokumentation von Einverständniserklärungen als unzulässig abgetan, andererseits aber keine Handlungsanweisung dafür gegeben, welche Maßnahmen nach Vorstellung des OLG München ergriffen werden müssen, um eine Einwilligung in den Erhalt von Werbe-Mails belegen zu können. Konsequenz der Entscheidung wäre deshalb streng genommen, Einverständniserklärungen künftig ausschließlich postalisch einzuholen, um sich nicht der Gefahr eines Wettbewerbsverstoßes durch den Versand einer Bestätigungs-Mail auszusetzen. Eine derartige Methode ist allerdings bereits wegen des damit verbundenen Medienwechsels und der daraus resultierenden negativen Auswirkungen auf die Anmelderaten in der Praxis nicht gangbar. Werbenden Unternehmen ist deshalb zu raten, Einwilligungserklärungen von Verbrauchern in den Erhalt von Werbe-Mails auch künftig jedenfalls im Wege des „Double-opt-in“-Verfahrens zu dokumentieren. Der BGH hat schließlich – zumindest inzident – entschieden, dass darin grundsätzlich ein tauglicher Nachweis für eine Einwilligung liegt. Zu hoffen bleibt bei alledem, dass der BGH die Entscheidung des OLG München korrigieren und auf diese Weise zumindest den Umfang an bislang bestehender Rechts sicherheit wiederherstellen wird. Autor Dr. Sebastian Eckhardt Rechtsanwalt Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz Ernst & Young Law GmbH, Stuttgart Telefon +49 711 9881 25262 [email protected] Corporate Law Newsletter | 4. Quartal 2012 Formfreiheit einer Kostenübernahmeerklärung Rechtsprechung aktuell Keine Formbedürftigkeit der Vereinbarung zur Übernahme der Kosten einer Due Diligence in einem „letter of intent“ (OLG München) Leitsätze der Verfasser • Eine in einer Absichtserklärung (letter of intent) für den Fall des Scheiterns der Vertragsverhandlungen vereinbarte einseitige Kostenerstat- tungsklausel hinsichtlich angefallener Due Diligence Kosten bedarf nicht der Beurkundung. • Es sind nur die Kosten einer Due Diligence Prüfung erstattungsfähig, die tatsächlich angefallen, üblich und angemessen sind. Dies ist anhand von detaillierten Angaben zu den vorgelegten Rechnungen schlüssig darzu- legen. OLG München, Urteil vom 19.09.2012 – Az. 7 U 736/12 – Vorinstanz LG München I Sachverhalt Die Klägerin, eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung mit Sitz auf der Kanalinsel Jersey, forderte von der Beklagten, einer britischen Gesellschaft mit beschränkter Haftung, die Erstattung von Kosten einer Due Diligence Prüfung in Höhe von EUR 367.983,16. Hintergrund war der geplante gemeinsame Kauf eines Geschäftsbereiches einer anderen Gesellschaft. Zu diesem Zweck hatten die Parteien eine Erwerbsgesellschaft in der 14 Rechtsform einer GmbH nach deutschem Recht gegründet. In diese Gesellschaft brachte die Klägerin die zum Erwerb erforderlichen finanziellen Mittel und die Beklagte ihre Anteile an einer 100%igen Tochtergesellschaft ein. Die Parteien unterzeichneten in diesem Zusammenhang privatschriftlich einen letter of intent, in dem sich die Beklagte unter anderem bereit erklärte, im Falle des Scheiterns der Vertragsverhandlungen der Klägerin alle Kosten der Due Diligence Prüfung und der Rechtsberatung, die im Zusammenhang mit dem Erwerb entstehen würden, bis zu einer maximalen Höhe von EUR 400.000,00 zu erstatten. Nachdem die Klägerin die Verhandlungen selbst beendet hatte und damit die Transaktion gescheitert war, stellte sie der Beklagten Kosten in Höhe von EUR 367.983,16 in Rechnung. Das LG München wies die Klage in erster Instanz als unbegründet ab. Entscheidung Das OLG München hat der Klage in Höhe eines Teilbetrages von EUR 157.362,06 stattgegeben. Formbedürftigkeit der Kostenerstattungsklausel in einem letter of intent? Zunächst war zwischen den Parteien streitig, ob die Kostenerstattungsklausel in dem letter of intent formbedürftig war. Grundsätzlich ist der Abschluss eines letter of intent formfrei möglich. Hiervon war jedoch nach Ansicht der Beklagten eine Ausnahme zu machen. Die Transaktion beinhaltete die Gründung einer deutschen GmbH (§ 2 GmbHG), den Erwerb von GmbH-Anteilen (§ 15 Abs. 3 GmbH), sowie die Verpflichtung der Beklagten zur Einbringung nahezu ihres gesamten Vermögens in Form der Gesellschaftsanteile an ihrer Tochtergesellschaft und damit beurkundungspflichtige Vorgänge. Die Beklagte machte geltend, dass daher auch der letter of intent, wegen der durch die Kostenregelung eingegangenen „mittelbaren Verpflichtung“ zum Abschluss der oben genannten Verträge, beurkundungspflichtig gewesen sei. Mit anderen Worten wurde durch die Kostenerstattungsklausel in dem letter of intent und durch die mit der Transaktion verbundenen beurkundungspflichtigen Geschäfte der grundsätzlich formfreie Abschluss des letter of intent mit einer Formpflicht infiziert. Das OLG München ist dieser Argumentation jedoch mit Recht nicht gefolgt. Unstreitig sind die Parteien mit der Unterzeichnung des letter of intent keine Verpflichtung eingegangen, die unmittelbar beurkundungspflichtige Rechtsgeschäfte zum Inhalt hatte. Kennzeichnend für einen letter of intent ist nämlich gerade, dass die Parteien bis zum endgültigen Vertragsabschluss weiterhin in ihren Entscheidungen frei sind, die Transaktion durchzuführen oder nicht. • Corporate Law Newsletter | 4. Quartal 2012 Rechtssprechung aktuell Keine Formbedürftigkeit der Vereinbarung zur Übernahme der Kosten einer Due Diligence in einem „letter of intent“ • Fortsetzung Auch eine mittelbare Verpflichtung zum Abschluss beurkundungspflichtiger Verträge durch die Kostenregelung in dem letter of intent bestand nach Meinung des OLG München für die Beklagte nicht. Die Verpflichtung der Beklagten, bei Scheitern der Vertragsverhandlungen die der Klägerin durch die Due Diligence Prüfung bis dahin angefallenen Kosten zu erstatten, stellt keinen derartigen Nachteil für die Beklagten dar, dass sie deshalb mittelbar zum Abschluss der beurkundungspflichtigen Verträge gezwungen gewesen wäre. Dies muss nach Ansicht des OLG München zum einen deshalb gelten, weil die zu erstattenden Kosten bis zu einer Höhe von EUR 400.000,00 begrenzt waren. Zum anderen konnte die Klägerin nach dem Sinn und Zweck der Regelung nur die nachge wiesenen, angemessenen und tatsächlich entstandenen Kosten geltend machen. Eine derartig ausschließlich eine Partei belastende Kostentragungspflicht ist, nach Meinung des OLG München im Rahmen der Vertragsfreiheit formfrei zulässig. Weiter stellte sich das Problem, ob durch den Abbruch der Vertragsverhandlungen seitens der Klägerin ein Fall der treuwidrigen Herbeiführung eines Bedingungseintritts im Sinne des § 162 Abs. 2 BGB vorlag. Im vorliegenden Fall mangelte es jedoch an der treuwidrigen Herbeiführung des Bedingungseintritts. Nach der im letter of intent getroffenen Vereinbarung war kein rechtfertigender Grund für den Abbruch der Vertragsverhandlungen erforderlich. Jede Partei konnte die Verhandlungen grundsätzlich jederzeit abbrechen. Die Klägerin machte damit nur von einem ihr zustehenden Recht Gebrauch. Anforderungen an die Erstattungsfähig keit der Due Diligence Kosten Das OLG München hat darüber hinaus zur Frage der Erstattungsfähigkeit der Due Diligence Kosten Stellung genommen. Die Klägerin hätte, um in der Sache den vollen Betrag zugesprochen zu bekommen, die 15 angefallenen Due Diligence Kosten detailliert und schlüssig darlegen müssen. So hätten beispielsweise der Vertragsschluss mit den externen Beratern, die konkreten Tätigkeiten der jeweiligen Mitarbeiter sowie insbesondere die Stunden, in dem diese Tätigkeiten erledigt wurden, schlüssig dargelegt werden müssen. Eine schlüssige Darlegung der abgerechneten Stunden erfordert nach Meinung des OLG München, die Maßnahmen, die während des abgerechneten Zeitintervalls vorgenommen wurden, konkret und über pauschale Angaben hinaus in nachprüfbarer Weise darzulegen. Praxisfolgen Das OLG München hat die Formbedürftigkeit eines letter of intent unter den hier gegebenen Umständen verneint. Offen bleibt die Frage, ob die Formbedürftigkeit eines letter of intent mit Kostenerstattungsklausel durch andere Umstände ausgelöst werden kann. Eine Parallele könnte man beispielsweise mit einer sog. „Break-up Fee“ Klausel ziehen. In diesem Fall wird der Abbruch der Vertragsverhandlungen mit einer Strafzahlung sanktioniert. Eine solche Klausel ist dann formbedürftig, wenn die Transaktion an sich beurkundungspflichtige Geschäfte beinhaltet und damit die Vereinbarung der Break-up Fee zu einem mittelbaren Abschlusszwang führt (vgl. LG Paderborn, Urteil vom 28.04.2000 – Az. 2 O 132/00, NZG 2000, S. 899). Der Unterschied zu der oben diskutierten Entscheidung besteht darin, dass bei der Break-Up Fee Klausel derjenige mit einer Strafzahlung belastet wird, der die Vertragsverhandlungen abgebrochen hat. Bei der Entscheidung des OLG München machte dagegen der die Vertragsverhandlungen abbrechende Teil selbst die Kostenerstattung geltend. Um die Frage der Formbedürftigkeit eines letter of intent abschließend zu beantworten, bedarf es daher immer einer eingehenden juristischen Beratung, die die besonderen Umstände des Einzelfalles berücksichtigt. Autoren Dr. Claus Elfring Rechtsanwalt Ernst & Young Law GmbH, München Telefon +49 89 14331 28905 [email protected] Christoph Linck Rechtsanwalt Ernst & Young Law GmbH, München Telefon +49 89 14331 28905 [email protected] Corporate Law Newsletter | 4. Quartal 2012 Ersatzfähigkeit von Aus- und Einbaukosten. Kein Gleichlauf von B2B und B2C Verträgen. Rechtsprechung aktuell BGH: Gewährleistung durch Nacherfüllung umfasst in Kaufverträgen zwischen Unternehmern oder zwischen Verbrauchern grundsätzlich weder Aus- noch Einbaukosten (§ 439 BGB) – Konsequenzen für die Vertragsgestaltung Einleitung In jüngerer Zeit war der Umfang der Nacherfüllungspflichten bei Kaufverträgen zwischen Unternehmern (B2B – business to business) einerseits und bei Kaufverträgen zwischen einem Verbraucher und einem Unternehmer (B2C – business to consumer) andererseits Gegenstand zahlreicher Urteile und Stellungnahmen. Mit Urteil vom 17.10.2012 (Az.: VIII ZR 226/11) hat der BGH nunmehr klargestellt, dass die Gewährleistung durch Nacherfüllung bei Kaufverträgen zwischen Unternehmern oder zwischen Verbrauchern grundsätzlich nicht die Verpflichtung umfasst, die Kaufsache aus- und die Nachlieferung einzubauen oder die entstandenen Kosten zu tragen. Darüber hinaus bestätigt der BGH gleichzeitig seine frühere Entscheidung zum Bereich der Verbraucherkaufverträge (B2C-Kaufvertrag), dass der Verkäufer bei B2C-Kaufverträgen eine mangelhafte Sache im Rahmen der Nacherfüllung nicht lediglich neu liefern, sondern auf eigene Kosten die mangelhafte Sache aus- und die mangelfreie Nachlieferung einbauen muss – selbst dann, wenn der Verkäufer nach dem Kaufvertrag lediglich zur Lieferung und Übereignung der Kaufsache verpflichtet war. Die Pflicht zum Ausbau und Einbau besteht daher im B2C-Kaufvertrag unabhängig davon, ob der Verkäufer die Sache selbst eingebaut hat oder nicht. Anders ist es nun für B2B-Kaufverträge entschieden worden. 16 Sachverhalt In dem Fall, der der Entscheidung des BGH zugrunde lag, hatte die Klägerin bei der Beklagten eine Lieferung Granulat eines polnischen Produzenten erworben. Nachdem die Klägerin das Granulat bei der Erstellung eines Kunstrasenplatzes verwendet hatte, stellte sich heraus, dass das von der Beklagten gelieferte Granulat mangelhaft war. Die Beklagte lieferte neues Granulat, lehnte es allerdings ab, im Rahmen der Nacherfüllung das alte Granulat auszubauen und das neu gelieferte Material einzubauen. Die entsprechenden Aus- und Einbaukosten, die der Klägerin durch Einschaltung eines Drittunternehmens zur Erledigung dieser Arbeiten entstanden waren, verlangte die Klägerin von der Beklagten ersetzt, unterlag jedoch schließlich auch vor dem BGH. Entscheidung § 439 Abs. 1 BGB gewährt dem Käufer bei mangelhafter Kaufsache einen Nacherfüllungsanspruch gegen den Verkäufer, verbunden mit einem Wahlrecht zwischen der Lieferung einer neuen mangelfreien Sache oder der Nachbesserung an der gelieferten Sache. Dieser Nacherfüllungsanspruch besteht verschuldensunabhängig, allein schon bei einem Sachmangel des verkauften Produktes. Zwar ist neben besagtem Nacherfüllungsanspruch auch ein verschuldensabhängiger Schadensersatzanspruch denkbar, der die nicht unerheblichen Aufwendungen und Kosten für den Ausbau mangelhafter und den Einbau reparierter bzw. als Ersatz gelieferter Produkte umfassen könnte. Allerdings wird es in der Praxis meist an dem für eine Schadensersatzhaftung notwendigen Verschulden des Verkäufers im Hinblick auf den Sachmangel fehlen, da der Verkäufer, insbesondere der Zwischenhändler, im Regelfall keine Kenntnis von dem Sachmangel hatte. Somit ist aus praktischer Sicht entscheidend, ob nicht auch der verschuldensunabhängige Anspruch auf gewährleistungsmäßige Nacherfüllung den Aus- und Einbau bzw. die Übernahme der entsprechenden Kosten umfasst, selbst wenn die ursprüngliche Lieferverpflichtung dies nicht tat. Mit der Entscheidung des BGH vom 17.10.2012 ist diese für Unternehmen zentrale Fragestellung des Kaufrechtes nunmehr so geklärt worden, dass der BGH den Verkäufer bei B2B-Kaufverträgen nicht verpflichtet, im Rahmen der Nacherfüllung die Aus- oder Einbaukosten zu übernehmen. § 439 Abs. 1 BGB, der auf die Verbrauchsgüterkauf-Richtlinie 1999/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25.05.1999 zurückgeht, sei nämlich lediglich im Rahmen von B2C-Kaufverträgen, also einer vertraglichen Beziehung zwischen Unternehmer und Verbraucher, richtlinienkonform mit der Folge auszulegen, dass der Verkäufer zum Aus- und Einbau verpflichtet gewesen wäre und deshalb die entsprechenden Kosten tragen müsse. • Corporate Law Newsletter | 4. Quartal 2012 Rechtssprechung aktuell BGH: Gewährleistung durch Nacherfüllung umfasst in Kaufverträgen zwischen Unternehmern oder zwischen Verbrauchern grundsätzlich weder Aus- noch Einbaukosten (§ 439 BGB) • Fortsetzung Diese Feststellung hatte der BGH für B2CKaufverträge vorher bereits in seinem Urteil vom 21.12.2011 zum sog. „Fliesenfall“ (Az.: VIII ZR 70/08) getroffen. Der BGH setzte damit die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs(EuGH)vom 16.06.2011 um, wonach ein Verkäufer nach der Verbrauchsgüterkauf-Richtlinie verpflichtet sei, den Aus- oder Einbau vorzunehmen oder die Kosten zu übernehmen (EuGH, Urteil vom 16.06.2011, Rechtssachen C-65/09 und C-87/09). In der Entscheidung zum „Fliesenfall“ war die Frage, ob besagte richtlinienkonforme Auslegung des § 439 Abs. 1 BGB auch für Unternehmerverträge gelten könnte, offen geblieben. In der Literatur war teilweise eine entsprechende Anwendung befürwortet worden, weil § 439 BGB nur einen Wortlaut habe und eine gespaltene Auslegung systemwidrig sei. Der BGH schloss sich in der Entscheidung vom 17.10.2012 dieser Sichtweise nun ausdrücklich nicht an. Zwar sei § 439 BGB – im Gegensatz zur VerbrauchsgüterkaufRichtlinie – nicht nur auf Verbraucherkaufverträge, sondern auf alle Arten von Kaufverträgen anwendbar. Allerdings sei der deutsche Gesetzgeber – so der BGH – bei der Umsetzung der VerbrauchsgüterkaufRichtlinie von einer unternehmerfreund lichen Auslegung des § 439 Abs. 1 BGB ausgegangen. Der Gesetzgeber habe von Anfang an regeln wollen, dass der Verkäufer im Rahmen der Nacherfüllung bereits eingebaute mangelhafte Sachen nicht ausbauen und die nachgelieferte Sache auch nicht einbauen müsse. Daher könne bei der Auslegung des § 439 Abs. 1 BGB im B2BVerhältnis die verbraucherfreundliche richtlinienkonforme Auslegung außer Acht gelassen werden. Im Ergebnis schulde der Verkäufer im B2BVerhältnis lediglich Neulieferung einer mangelfreien Sache und Rücknahme bzw. Entsorgung. Der BGH überträgt damit die verbraucherfreundliche EuGH-Rechtsprechung zur Haftung für Aus- und Einbaukosten im Rahmen der Nacherfüllung nicht auf den 17 reinen Unternehmer- oder den reinen Verbraucherverkehr. Fazit und Handlungsempfehlungen für die Vertragsgestaltung Die Entscheidung des BGH beseitigt die Unsicherheit, die hinsichtlich einer möglichen Übertragbarkeit der Rechtsprechung zum „Fliesenfall“ auf B2B-Kaufverträge entstanden war. Die Bedeutung der Fragestellung lässt sich u.a. daran ersehen, dass der Referentenentwurf (RefE) zur Umsetzung der nun aktuellen EU-Verbraucherrichterichtlinie (2011/83/EU) vom 19.09.2012 noch eine gesonderte Regelung (§ 474a BGB-RefE) vorsah, die den Anspruch auf Aus- und Einbaukosten explizit nur Verbrauchern zugestand. Angesichts der Tatsache, dass dies die Rechtslage infolge des hier besprochenen BGH-Urteils vom 17.10.2012 ist, verwundert es nicht, dass der aktualisierte Gesetzentwurf vom 19.12.2012 zu besagtem Umsetzungsgesetz den § 474a BGB-RefE nicht mehr enthält. Darüber hinaus beeinflusst die BGH-Entscheidung selbstverständlich auch, wie die Frage der Haftung allgemein, aber auch speziell für Aus- und Einbaukosten in Unternehmerverträgen und in Lieferanten-/ Zulieferketten vertraglich geregelt werden kann und sollte. Zunächst ist zu betonen, dass der Verkäufer, der die Kaufsache an den Verbraucher veräußert, sich von der Verpflichtung zur Tragung der Kosten für Aus- und Einbau bei Vorliegen eines Sachmangels nicht vertraglich freizeichnen kann, so dass er dieses Risiko einpreisen oder über eine entsprechende Versicherung abdecken muss. Alternativ kann er als sog. „Letztverkäufer“ über die Regressvorschrift des § 478 BGB bei seinem Lieferanten (und dieser wiederum bei seinem Lieferanten) erleichternd Rückgriff nehmen. • Corporate Law Newsletter | 4. Quartal 2012 Rechtssprechung aktuell BGH: Gewährleistung durch Nacherfüllung umfasst in Kaufverträgen zwischen Unternehmern oder zwischen Verbrauchern grundsätzlich weder Aus- noch Einbaukosten (§ 439 BGB) • Fortsetzung Für unternehmerische Einkäufer besteht grundsätzlich Handlungsbedarf, soweit die Produkte in Gewährleistungsfällen erhebliche Aus- und Einbaukosten nach sich ziehen (und nicht ein Fall des Lieferregresses gemäß § 478 BGB vorliegt, weil letztlich die Kaufsache unverändert an einen Verbraucher verkauft wurde). Denn diese Ausund Einbaukosten erhalten sie nach der Gesetzeslage nun nicht ersetzt. Allerding dürfte auch eine Erweiterung der eigenen Einkaufsbedingungen derart, dass der Verkäufer sich ohne Rücksicht auf Verschulden zur „Nacherfüllung plus Aus- und Einbau“ verpflichtet, angesichts der aktuellen deutschen AGB-Rechtsprechung nicht wirksam möglich sein. Im Unternehmerverkehr hilft dem Einkäufer insoweit vor allem eine entsprechende Individualvereinbarung zur Erweiterung der Erfüllungspflicht im Hinblick auf Aus- und Einbaukosten. Alternativ müsste der Vertrag möglichst so ausgestaltet werden, dass sich realistisch ein Verschulden des Verkäufers im Hinblick auf den vorgefundenen Sachmangel darlegen lässt. Dies sind nur einige Aspekte, die es in diesem Zusammenhang zu beachten gilt. Auch unter Berücksichtigung des BGH-Urteils vom 17.10.2012 ist Verantwortung für Aus- und Einbaukosten im Rahmen der Nacherfüllung je nach Art des Endabnehmers (Verbraucher oder Unternehmer) und der Position des Verkäufers in der Lieferkette (Hersteller, Zulieferer eines Teilproduktes, 18 Zwischenhändler, Verarbeiter, Letztver käufer) sehr unterschiedlich ausgestaltet und wird gerade nicht identisch in der Regresskette nach oben weitergegeben. Hieraus ergeben sich für die Unternehmen – je nach Position und Rolle in der Lieferkette – teilweise erhebliche Regresslücken und Haftungsrisiken, die allein nach der Gesetzeslage nicht ohne weiteres ausgeglichen werden. Dies dürfte erst recht gelten, wenn Einkauf und Weiterverkauf grenzüberschreitend erfolgen, da selbst innerhalb der EU die Frage des Umfangs der Nacherfüllung in derartigen Fällen weiterhin national und damit potentiell anders geregelt ist als sich die Rechtslage nach der besprochenen BGHEntscheidung darstellt. Diesen potentiellen Regresslücken und Haftungsrisiken ist mit den Mitteln der Vertragsgestaltung – soweit möglich – zu begegnen. Das aktuelle BGHUrteil gibt Unternehmen daher Anlass, die bisherige Vorgehensweise im Bereich Einkauf/Verkauf zu überprüfen und die Vertragspraxis sowie Vertriebswege ggf. neu zu gestalten, um Risiken möglichst zu minimieren. Autor Frank Schäfer, LL.M. Rechtsanwalt Ernst & Young Law GmbH, Hannover Telefon +49 511 8508 23755 [email protected] Corporate Law Newsletter | 4. Quartal 2012 Rechtsprechung aktuell Vorrang des Aktienrechts vor dem Kommunalrecht Hessischer Verwaltungsgerichtshof, Urteil vom 09. Februar 2012, 8 A 2043/10 Leitsätze der Verfasser •Die Regeln des Aktienrechts gehen denen des Kommunalrechts vor. Sie können nicht durch eine pauschale Berufung auf das Rechtsstaats- und Demokratieprinzip oder die kommu- nale Selbstverwaltungsgarantie modi fiziert werden. • Die Kommune hat sich zur Sicherung ihrer Einflussnahmemöglichkeiten dem Instrumentarium des privaten Gesellschaftsrechts zu bedienen. Sachverhalt Die klagende Stadtverordnetenversammlung wandte sich gegen die Beanstandung eines von ihr gefassten Beschlusses durch den beklagten Oberbürgermeister. Die Stadt war alleinige Gesellschafterin der A-GmbH. Diese wiederum war zu 50,64 % an der B-AG beteiligt. Die B-AG war wiederum zu 50 % an der C-AG beteiligt, deren satzungsmäßiger Zweck die „Erzeugung, Bereitstellung und Verteilung von Energie sowie die Entsorgung einschließlich Dienstleistungen auf den vorgenannten Gebieten“ war. Der beanstandete Beschluss hatte zum Ziel, die A-GmbH anzuweisen, eine außerordentliche Hauptversammlung der B-AG einzuberufen und in dieser den Vorstand der B-AG anzuweisen, eine außerordentliche Hauptversammlung der C-AG einzuberufen und in dieser den Vorstand der C-AG anzuweisen, den Bau eines geplanten Kraftwerks durch die C-AG zu stoppen. 19 Entscheidung des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs Der Hessische Verwaltungsgerichtshof hat die Rechtmäßigkeit der Beanstandung bestätigt und ausgeführt, dass sich aus der „Vorrang“-Regel des Art. 31 GG ergebe, dass Rechte und Pflichten der Gesellschaftsorgane und ihrer Mitglieder sich ausschließlich nach Gesellschaftsrecht bestimmen und der für das Kommunalrecht zuständige (Landes-) Gesetzgeber in diesen Bereich nicht eindringen könne. Dies hindere die kommunalen Organe bereits daran, Beschlüsse zu fassen, die auf Ausführung einer (gesellschafts-)rechtswidrigen Handlung gerichtet sind. Dies wirke sich damit nicht erst auf der Ebene der betroffenen Gesellschaft (hier der B-AG), etwa in Form der Nichtigkeit eines entsprechend gefassten Beschlusses aus. Der Gerichtshof stellt insoweit fest, dass wenn sich eine Kommune an Gesellschaften beteilige, sie sich dem für diese geltenden Privatrecht unterwerfe und dieses annehmen müsse. Sie könne sich nicht mehr gleichzeitig auf ihre Funktion als „Hoheitsträger“ berufen, um in dieser Rolle die Geltung zwingender privatrechtlicher Grundsätze für sich in Abrede zu stellen. Daran, dass die Aufsichtsräte gegenüber der Aktionärin und der Vorstand gegenüber der Hauptversammlung kraft zwingenden Aktienrechts weisungsfrei sind, vermöge weder das Kommunalrecht noch eine Berufung auf das grundgesetzlich verankerte „Demokratieprinzip“ etwas ändern. Es liege kein Demokratieverlust darin, dass die Gemeinde, wenn sie aus Gründen der Kostenersparnis ihre Aufgaben teilweise in Privatrechtsform erfüllt, als „Preis“ eine geringere Einflussnahme der gewählten Gemeindevertreter auf das öffentliche Unternehmen hinnehmen muss. • Gesetzlicher Rahmen • Art. 31 GG lautet: „Bundesrecht bricht Landesrecht.“ • Die kommunalrechtlichen Vorschriften aller Bundesländer sehen vor, dass Gemeinden Gesellschaften, die auf den Betrieb eines wirtschaftlichen Unternehmens gerichtet sind, nur gründen oder sich daran beteiligen dürfen, wenn sichergestellt ist, dass die Gemeinde einen angemessenen Einfluss, insbesondere im Aufsichtsrat oder in einem entsprechenden Überwachungsorgan, erhält (z.B. § 122 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 HGO, § 108 Abs. 1 S. 1 Nr. 6 GO NRW; Art. 92 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 GO Bay; § 103 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 GemO BW; § 96 Abs. 1 Nr. 2 SächsGemO; § 137 Abs. 1 Nr. 6 NKomVG). Corporate Law Newsletter | 4. Quartal 2012 Rechtssprechung aktuell Vorrang des Aktienrechts vor dem Kommunalrecht • Fortsetzung Praxis Das Urteil passt sich nahtlos in die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und der Verwaltungsgerichte zur Tätigkeit von Gemeinden durch Unternehmen in Privatrechtsform ein. Es ist ein gutes Beispiel dafür, dass Weichenstellungen in der Gründungsphase einer kommunalen Gesellschaft im weiteren Verlauf (und ggf. bei veränderten politischen Zielsetzungen) nicht ohne größeren Aufwand und möglicherweise nicht mehr in der gewünschten Art und Weise zu korrigieren sind. Die Gründung von kommunalen Gesellschaften in Privatrechtsform will daher gut vorbereitet sein. Dies gilt umso mehr bei der Rekommunalisierung von öffentlichen Aufgaben. Werden hier mehrstufige Organisationsformen (Gemeinde – Tochtergesellschaft – Enkelgesellschaft) gewählt oder wird die Rekommunalisierung von mehreren Gemeinden gemeinschaftlich durch Joint-Ventures bzw. Gemeinschaftsunternehmen durchgeführt, ist eine exakte Ausgestaltung der gesellschaftsrechtlichen Regelungen notwendig, um den Beteiligten die gesetzlich geforderten und ggf. zusätzlich gewünschten Überwachungs- und Eingriffsrechte bis in die Beteiligungsgesellschaften hinein einzuräumen. Das zur Verfügung stehende gesellschaftsrechtliche Instrumentarium hierfür ist vielfältig: von der Rechtsformwahl über die Implementierung kommunalrechtlich geforderter Steuerungsinstrumente durch die Einräumung besonderer mitgliedschaftlicher Rechte bzw. Pflichten (z. B. Prüfungsumfang und Unterrichtung nach §§ 53, 54 HGrG) im Gesellschaftsvertrag, die Etablierung von fakultativen Aufsichts- oder Beiräten bis hin zum Abschluss von Unter nehmensverträgen (Beherrschungsver trägen). 20 Autoren Dr. Philipp Grenzebach Rechtsanwalt Ernst & Young Law GmbH, Düsseldorf Telefon +49 211 9352 16256 [email protected] Dr. Robert Bürger Rechtsanwalt Ernst & Young Law GmbH, Düsseldorf Telefon +49 211 9352 14511 [email protected] Corporate Law Newsletter | 4. Quartal 2012 Unterscheidung zwischen den Begriffen „Interessenkonflikt“ und „Unabhängigkeit“ Rechtsprechung aktuell Anforderungen an die Berichterstattung des Aufsichtsrats über Interessenkonflikte im Hinblick auf Beziehungen zu einem Groß- oder Mehrheitsaktionär OLG Düsseldorf, Urteil vom 22. November 2012, I-6 U 18/12 Leitsatz der Verfasser •Verbindungen von Aufsichtsratsmitgliedern zu einem Groß- oder Mehrheitsaktionär begründen keinen nach Ziff. 5.5.3 S. 1 DCGK i.d.F. vom 18. Juni 2009 berichtspflichtigen Interessenkonflikt. Sachverhalt Mit ihren Anfechtungsklagen griffen die Kläger u. a. die Entlastung der Aufsichtsratsmitglieder der Beklagten, einer Bank, die zuvor von einer Investorin übernommen worden war, auf der ordentlichen Hauptversammlung im Jahr 2010 für das Geschäftsjahr 2009/2010 an. Einige Mitglieder des Aufsichtsrats der Beklagten waren bei der US-amerikanischen Hauptaktionärin der Beklagten oder bei anderen, mit dieser verbundenen Unternehmen beschäftigt. Die Kläger argumentierten u.a., diese Aufsichtsratsmitglieder hätten sich deswegen bei der Prüfung des Abhängigkeitsberichts gem. § 314 AktG in einem Interessenkonflikt befunden. Dieser Interessenkonflikt sei aber weder in dem Bericht an die Hauptversammlung noch in der gemeinsamen Entsprechenserklärung von Vorstand und Aufsichtsrat zum Deutschen Corporate Governance Kodex (DCGK) offengelegt. Daher sei diese Entsprechenserklärung unrichtig. Diese Unrichtigkeit begründe eine eindeutige und schwerwiegende Pflichtverletzung, die einer Entlas- 21 tung sowohl der Vorstände wie auch der Aufsichtsräte der Beklagten zwingend entgegenstehe und die Anfechtbarkeit der dennoch erfolgten Entlastungsbeschlüsse zur Folge habe. Das Landgericht gab den Klagen teilweise statt. Auf die Berufung der Beklagten wurden die Klagen vollumfänglich abgewiesen. Inhalt der Empfehlung in Ziff. 5.5.3 Satz 1 DCGK i.d.F. vom 18. Juni 2009 „Der Aufsichtsrat soll in seinem Bericht an die Hauptversammlung über aufgetretene Interessenkonflikte und deren Behandlung informieren. Wesentliche und nicht nur vorübergehende Interessenkonflikte in der Person eines Aufsichtsratsmitglieds sollen zur Beendigung des Mandats führen.“ Gemäß § 161 Abs. 1 AktG erklären Vorstand und Aufsichtsrat einer börsennotierten Gesellschaft jährlich, dass den Empfehlungen des Deutschen Corporate Governance Kodex entsprochen wurde und wird oder welche Empfehlungen nicht angewendet wurden oder werden und warum nicht. Entscheidung des OLG Düsseldorf In seiner abweisenden Entscheidung hat das Oberlandesgericht bezüglich der von den Klägern gerügten Abhängigkeit mehrerer Mitglieder des Aufsichtsrats der Beklagten von deren Mehrheitsaktionärin ausgeführt, dass diese aus rechtlichen Gründen von vornherein nicht dazu geeignet ist, einen berichtspflichtigen Interessenkonflikt im Sinne der Regelung von Ziff. 5.5.3 Satz 1 DCGK zu begründen. Der Begriff des „Interessenkonflikts“ sei im DCGK einheitlich zu verstehen. An anderer Stelle im DCGK werde jedoch ausgeführt, dass jedes Aufsichtsratsmitglied Interessenkonflikte, insbesondere solche, die aufgrund einer Beratung oder Organfunktion bei Kunden, Lieferanten, Kreditgebern oder sonstigen Geschäftspartnern entstehen können, dem Aufsichtsrat gegenüber offenzulegen hat. Großaktionäre würden an dieser Stelle nicht erwähnt. Ein abweichendes Verständnis des Begriffes des „Interessenkonflikts“ im DCGK stünde nach Ansicht des Gerichts auch im Widerspruch zu der Systematik des Aktiengesetzes. Dass die Aufsichtsratsmitglieder einer abhängigen Gesellschaft, die in der Regel von dem Hauptaktionär mit Personen seines Vertrauens besetzt werden, nach der gesetzlichen Konzeption (§ 314 AktG) den Abhängigkeitsbericht zu prüfen haben, spreche dafür, dass diese bei der Prüfung keinem Interessenkonflikt unterliegen. Schließlich spreche auch das Erfordernis eines unabhängigen Finanzexperten bei kapitalmarktorientierten Kapitalgesellschaften (§ 100 Abs. 5 AktG) dafür, dass der Gesetzgeber die Gefahren einer Einflussnahme durch Groß- und Mehrheitsaktionäre gesehen habe, eine weitergehende Regelung dieses Problemfeldes aber dennoch nicht vorgenommen und daher auch nicht für angebracht gehalten habe. • Corporate Law Newsletter | 4. Quartal 2012 Rechtssprechung aktuell Anforderungen an die Berichterstattung des Aufsichtsrats über Interessenkonflikte im Hinblick auf Beziehungen zu einem Groß- oder Mehrheitsaktionär • Fortsetzung Praxis Die Entscheidung des OLG Düsseldorf steht im Einklang mit der nach der jüngsten Änderung des DCGK vom 15. Mai 2012 in der Literatur verstärkt vorgenommenen Unterscheidung zwischen den Begriffen „Interessenkonflikt“ einerseits und „Unabhängigkeit“ andererseits. Interessen konflikte treten hiernach immer dann auf, wenn im Aufsichtsrat eine konkrete Beratungs- oder Abstimmungssituation entsteht, in der sich das Unternehmensinteresse und anderweitige Interessen des Aufsichtsratsmitglieds gegenüberstehen. Die von den Klägern angeführte abstrakt generelle „Gefährdungssituation“ aufgrund der Beziehung eines Aufsichtsratsmitglieds zu einem Groß- oder Mehrheitsaktionär ist eine Frage der Unabhängigkeit des Aufsichtsratsmitglieds. Vorgaben zur Unabhängigkeit von Aufsichtsratsmitgliedern enthält aber bereits Ziff. 5.4.2 DCGK, die jüngst verschärft wurden (hierzu auch der Beitrag des Autors in Corporate Law Newsletter 4). Die Ausführungen des OLG Düsseldorf betreffen unmittelbar nur die Regelung der Ziff. 5.5.3 Satz 1 DCGK i.d.F. vom 18. Juni 2009. Da diese Regelung aber wortgleich und unverändert in der aktuellen Fassung des DCGK enthalten ist und mit den Änderungen betreffend die Unabhängigkeit von Aufsichtsratsmitgliedern in keinem systematischen und sachlichen Zusammenhang steht, dürften die Aussagen des Gerichts auch für die aktuelle Fassung Geltung beanspruchen. Autoren Dr. Philipp Grenzebach Rechtsanwalt Ernst & Young Law GmbH, Düsseldorf Telefon +49 211 9352 16256 [email protected] Dr. Robert Bürger Rechtsanwalt Ernst & Young Law GmbH, Düsseldorf Telefon +49 211 9352 14511 [email protected] 22 Corporate Law Newsletter | 4. Quartal 2012 Rechtsprechung aktuell Insolvenzverursachungshaftung des Geschäftsführers nach § 64 S. 3 GmbHG BGH vom 9.10.2012 (Az.: II ZR 298/11) Nach § 64 Satz 3 GmbHG ist der Geschäftsführer einer GmbH zum Ersatz von Zahlungen verpflichtet, soweit diese zur Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft führen mussten, es sei denn, dies war auch bei Beachtung der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmanns nicht erkennbar. Die Vorschrift wurde durch das Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen (MoMiG) vom 23. Oktober 2008 mit Wirkung zum 1. November 2008 neu in das GmbH-Gesetz eingeführt und war Gegenstand zahlreicher kontrovers diskutierter Fragen. Mit Urteil vom 9. Oktober 2012 (II ZR 298/11) hat der BGH zu einigen Fragen nun erstmals Stellung genommen. Leitsätze des BGH • Die Zahlungsunfähigkeit wird durch eine Zahlung an den Gesellschafter nicht im Sinne des § 64 Satz 3 GmbHG verursacht, wenn die Gesellschaft bereits zahlungsunfähig ist. • Bei der Ermittlung der Zahlungs unfähigkeit nach § 64 Satz 3 GmbHG ist eine fällige Forderung des Gesell schafters in der Liquiditätsbilanz zu berücksichtigen. Ersteres erscheint selbstverständlich: wenn Zahlungsunfähigkeit bereits vor Zahlung vorliegt, wird die Zahlungsunfähigkeit nicht durch die Zahlung verursacht, sondern höchstens vertieft. Für Zahlungen, die nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft oder nach Feststellung ihrer Überschuldung geleistet werden, haften die Geschäftsführer nach § 64 Satz 1 GmbHG aber ebenfalls - es sei denn, die Zahlung wäre mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes vereinbar (§ 64 Satz 2 GmbHG). Es handelt sich um Ausnahmefälle, in denen eine Zahlung mehr Vor- als Nachteile für die Gläubigergemeinschaft verspricht (Baumbach/Hueck, GmbHG, 20. Auflage, § 64 Rz. 72 mwN.). Als Beispielsfälle werden vielfach Zahlungen zur Aufrechterhaltung des Betriebes aufgeführt, um die Entscheidung der Gläubigerversammlung insoweit nicht zu präjudizieren (so BGH ZIP 2008, 72, 73; Baumbach/ Hueck, GmbHG, 20. Auflage, § 64 Rz. 73). Von wesentlicher Bedeutung sind allerdings die Feststellungen unter Ziffer 2 und Ziffer 3. Von Zahlungsunfähigkeit nach § 17 Absatz 2 Satz 1 InsO ist regelmäßig auszugehen, wenn eine innerhalb von drei Wochen nicht zu beseitigende Liquiditätslücke von 10 % oder mehr besteht und nicht ausnahmsweise mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist, dass die Liquiditätslücke demnächst vollständig oder fast vollständig geschlossen wird und den Gläubigern ein Zuwarten nach den besonderen Umständen des Einzelfalls zuzumuten ist (BGH, Urteil vom 9. Oktober 2012 - II ZR 298/11 unter Verweis auf frühere Entscheidungen des Senats, u. a. BGH ZIP 2012, 2274). Die Liquiditätslücke bezieht sich auf die Gesamtheit der am Stichtag fälligen Forderungen (Uhlenbruck, Insolvenzordnung, 13. Auflage 2010, § 17 Rz. 5), wobei streitig ist, ob nicht auch die innerhalb der genannten drei-Wochen-Frist fällig werdenden Forderungen in die Liquiditäts bilanz einzustellen sind (Uhlenbruck, Insolvenzordnung, 13. Auflage 2010, § 17 Rz. 13). Der BGH hat diese Frage bislang offen gelassen (u. a. BGH, Beschluss vom 11.10.2010 - II ZR 130/09). Sind – wie vom BGH nunmehr festgestellt – bei Prüfung der Verursachung der Zahlungsfähigkeit nach § 64 Satz 3 GmbHG fällige Ansprüche eines Gesellschafters ebenfalls in die Liquiditätsbilanz einzustellen, ist der Anwendungsbereich der Vorschrift gering. Erfasst werden die Fälle, in denen der Gesellschafter keinen (fälligen) Rechtsanspruch auf die Zahlung hat (z. B. verdeckte Gewinnausschüttungen oder Zahlungen vor Fälligkeit), so dass die Zahlung zwar zum Abfluss liquider Mittel, nicht jedoch zur Verringerung der fälligen Verbindlichkeiten führt. • • Im Fall des § 64 Satz 3 GmbH kann die Gesellschaft die Zahlung an den Gesellschafter verweigern. 23 Corporate Law Newsletter | 4. Quartal 2012 Rechtsprechung aktuell Insolvenzverursachungshaftung des Geschäftsführers nach § 64 S. 3 GmbHG • Fortsetzung Besteht hingegen ein fälliger Anspruch des Gesellschafters, ist die Zahlung – absolut betrachtet - liquiditätsneutral. Dem Abfluss liquider Mittel entspricht auf der Passivseite eine deckungsgleiche Verringerung der Verbindlichkeiten. Der absolute Betrag der Deckungslücke bleibt unverändert. Nur relativ bezogen auf den Gesamtbetrag der fälligen Verbindlichkeiten vergrößert eine solche Zahlung die Deckungslücke, weil sich nämlich dieser Gesamtbetrag verringert, sich die (absolut) unverändert gebliebene Deckungslücke also auf weniger Verbindlichkeiten bezieht. Die Zahlung verursacht in diesen Fällen dann die Zahlungsunfähigkeit, wenn die (absolut unverändert gebliebene) Deckungslücke zunächst weniger als 10% der fälligen Verbindlichkeiten ausmachte und infolge der Änderung der Relation auf über 10% der fälligen Verbindlichkeiten anwächst. Fazit Das Zahlungsverbot des § 64 Satz 3 GmbHG betrifft im Wesentlichen Zahlungen auf nicht fällige oder nicht bestehende Forderungen, die zur Zahlungsunfähigkeit einer GmbH führen. Soweit fällige Forderungen (vor Insolvenzreife, sonst gilt § 64 Satz 1 GmbHG!) bedient werden, sind nur Grenzfälle erfasst, in denen die sich eine Deckungslücke infolge der Zahlung auf über 10% des Bestands der Verbindlichkeiten vergrößert. Der Anwendungsbereich des § 64 Satz 3 GmbHG beschränkt sich nach der nunmehrigen Rechtsprechung des BGH also auf (i) Zahlungen ohne fälligen Anspruch (unrechtmäßige Vermögensverschiebungen) und (ii) Zahlungen, die zur Folge haben, dass sich die relative Höhe der Deckungsl ücke von unter 10 % auf über 10 % der fälligen Verbindlichkeiten erhöht. In diesen Fällen, dies hat der BGH nunmehr klargestellt, darf ein Geschäftsführer dann auch die Zahlung verweigern. Dies erscheint richtig. Denn es kann nicht sein, dass ein Geschäftsführer kraft Gesellschafter weisung zu einer Zahlung verpflichtet wird, die ihn einer persönlichen Haftung aussetzt. Gleichwohl ist es gut zu wissen, dass der BGH – zumindest der II. Zivilsenat - dies ebenso sieht. Autor Ingo Windhagen Rechtsanwalt Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht Ernst & Young Law GmbH, Stuttgart Telefon: +49 711 9881 26061 [email protected] 24 Corporate Law Newsletter | 4. Quartal 2012 Compliance-Maßnahmen müssen umfassend alle kartellrechtlichen Konstellationen abdecken Rechtsprechung aktuell Strafbarkeit von Submissionsabsprachen und Haftung einer juristischen Person für unterlassene Aufsichtsmaßnahmen Das OLG Celle (Beschluss vom 29.3.2012, Az.: 2 Ws 81/12) hat zu zwei wichtigen Fragen an der Schnittstelle zwischen Kartellrecht, Strafrecht und Compliance Stellung genommen: Wann machen sich Mitarbeiter von Unterneh men, die bislang als Haupt- und Subun ternehmer tätig waren, bei Ausschreibun gen nach § 298 StGB strafbar? Welche Anforderungen müssen Organe einer juristischen Person im Rahmen von Compliance-Maßnahmen erfüllen, um ihren Aufsichtspflichten zur Verhinde rung von Rechtsverstößen nach § 130 OWiG nachzukommen? Sachverhalt Im Rahmen einer Ausschreibung hatte eine Behörde aus dem Bereich des staatlichen Baumanagements Angebote für die Lieferung und Montage einer Videoüberwachungsanlage eingeholt. Mehrere Unternehmen, darunter B und N, reichten Angebote ein. N, ein kleineres Unternehmen, war bisher als Subunternehmer für B tätig. Bevor B und N ihre Angebote abgaben, hatte – so die Anklage – ein Mitarbeiter von B einem Mitarbeiter von N eine Berechnung von B übersandt, die höher lag als das Angebot, das B anschließend beim staatlichen Baumanagement einreichte. Der Mitarbeiter von N soll dann die Berechnung von B mit unwesentlichen Änderungen für sein Angebot gegenüber dem staatlichen Baumanagement verwendet haben. B erhielt den Zuschlag und beauftragte N als Subunternehmer für diverse Werkleistungen im Rahmen dieses Bauprojekts. Auch in einem zweiten Fall besteht der Verdacht, dass sich die beiden Unternehmen über die Höhe der 25 abzugebenden Angebote verständigt und vereinbart hatten, dass N nach erfolgtem Zuschlag für B als Subunternehmer tätig werden sollte. Rechtlicher Rahmen Vereinbarungen oder abgestimmte Ver haltensweisen zwischen Unternehmen, die eine Beschränkung des Wettbewerbs bezwecken oder bewirken, stellen – sofern nicht ausnahmsweise eine Freistellung eingreift – einen Verstoß gegen das Kartellverbot des § 1 GWB dar. Wer gegen § 1 GWB verstößt, handelt gemäß § 81 Abs. 2 Nr. 1 GWB ordnungswidrig. Nach § 81 Abs. 4 Satz 1 GWB kann dies mit einer Geldbuße bis zu einer Million Euro geahndet werden. Über diesen Bußgeldrahmen hinaus können nach § 81 Abs. 4 Satz 2 GWB gegen Unternehmen Geldbußen von bis zu 10 % des weltweiten Konzernumsatzes im letzten Jahr verhängt werden. Bestimmten Arten von wettbewerbsbeschränkenden Absprachen stellen nicht nur Ordnungswidrig keiten, sondern sogar Straftaten dar. Submissionsabsprachen, das heißt wettbewerbsbeschränkende Absprachen bei Ausschreibungen, werden unter den Voraussetzungen des § 298 StGB strafrechtlich geahndet. Im Hinblick auf die Reichweite von § 298 StGB bestehen teilweise erhebliche Aus legungsschwierigkeiten. Dies hängt insbesondere mit der sog. Kartellrechtsakzesso rietät dieser Norm zusammen, worunter verstanden wird, dass sich der Regelungsgehalt maßgeblich nach den materiell-rechtlichen Vorschriften des GWB richtet. In dem zitierten Beschluss hat das OLG Celle die Auffassung vertreten, dass „nicht nur horizontale, sondern auch vertikale Absprachen, also Absprachen über Preise zwischen einem marktbeherrschenden Anbieter und einem sonst nur als Subunternehmer tätigen Anbieter“ wettbewerbswidrig seinen und sowohl unter § 298 Abs. 1 StGB als auch unter den Tatbestand einer Ordnungswidrigkeit nach § 81 Abs. 2 Nr. 1 GWB i.V.m. § 1 GWB fallen würden. Diese Begründung ist in mehrfacher Hinsicht zumindest missverständlich. Erstens setzen kartellrechtlich verbotene vertikale Absprachen über (Wiederverkaufs-)Preise keine marktbeherrschende Stellung eines Unternehmens voraus. Vorgaben eines Lieferanten an seinen Abnehmer im Hinblick auf dessen Wiederverkaufspreise (sog. Preisbindung der zweiten Hand), gelten unabhängig von den Marktanteilen der beteiligten Unternehmen als schwerwiegende Kernbeschränkungen. Zweitens geht es im vorliegenden Fall letztlich nicht um eine „vertikale Absprache“, sondern um die Frage, ob ein bisheriger Subunternehmer in der Lage ist, aus dieser Rolle herauszutreten und eigenständig Angebote abzugeben. Wenn dies der Fall ist, ist das (zumindest potenzielle) horizontale Wettbewerbsverhältnis zwischen den Unternehmen betroffen. Unabhängig von der zweifelhaften Begründung lässt sich das Ergebnis des OLG Celle auf folgenden Punkt bringen: Wenn ein Unternehmen im Rahmen einer Ausschreibung auf die Angebotsabgabe seines bisherigen Subunternehmers Einfluss nimmt, kann dies nicht „nur“ eine Ordnungswidrigkeit im Sinne von § 81 Abs. 2 Nr. 1 GWB i.V.m. § 1 GWB, sondern auch nach § 298 StGB strafbar sein. • Corporate Law Newsletter | 4. Quartal 2012 Rechtsprechung aktuell Strafbarkeit von Submissionsabsprachen und Haftung einer juristischen Person für unterlassene Aufsichtsmaßnahmen • Fortsetzung Die zweite Kernaussage des OLG Celle betrifft die Haftung des Unternehmens B für unterlassene Aufsichtsmaßnahmen, die zur Verhinderung von Zuwiderhandlungen im Betrieb oder Unternehmen erforderlich sind. Unterlassen Organe einer juristischen Person solche Aufsichtsmaßnahmen und begehen sie dadurch eine Ordnungswidrigkeit nach § 130 Abs. 1 OWiG, kann gemäß § 30 Abs. 1 Ziff. 1 OWiG wegen dieser Ordnungswidrigkeit, also den unterlassenen Aufsichtsmaßnahmen, auch gegen die juristische Person eine Geldbuße verhängt werden. Das Landgericht Stade (Az. 12 KLs 5/09) war in der Vorinstanz der Auffassung, dass es für die Festsetzung einer Geldbuße gegen B schon an dem nach § 130 Abs. 1 OWiG erforderlichen Aufsichtsverschulden der für das Unternehmen B handelnden Personen fehle. B habe eine Vielzahl von Regelungen getroffen, die auf die Verhinderung von Absprachen mit Wettbewerbern gleicher Marktstärke ausgerichtet gewesen seien. Typischerweise vollzögen sich wettbewerbswidrige Absprachen in diesem Bereich. Eine Absprache zwischen Unternehmen unterschiedlicher Marktstärke, bei welcher kein Konkurrenzdruck bestehe, sei eine atypische Konstellation, mit der die Unternehmensleitung nicht habe rechnen müssen. Um eine solche atypische Absprache habe es sich hier gehandelt, weshalb der Unternehmensleitung kein Vorwurf gemacht werden könne. Dieser Wertung hat das OLG Celle ausdrücklich widersprochen. Es könne nicht darauf ankommen, ob Wettbewerbsabsprachen zwischen Unternehmen gleicher Marktstärke oder ungleicher Marktstärke stattfänden. Durch die vom Gesetzgeber geschaffene Aufsichtspflicht sollen Verstöße gegen alle straf- oder ordnungswidrigkeitenrechtlich geschützten Rechtsgüter verhindert werden. Diese Anforderungen hätten die Aufsichtsmaßnahmen offenbar nicht erfüllt. 26 Praxisrelevanz Im Rahmen von Ausschreibungen dürfen Unternehmen keinen Einfluss auf die Angebotsabgabe eines bisherigen Subunternehmers nehmen. Wenn der Subunternehmer in der Lage ist, selbstständig ein Angebot abzugeben, kann die Koordinierung des Angebotsverhaltens einen bußgeldbewährten Kartellverstoß und eine strafbare Submissionsabsprache darstellen. Unternehmen, deren Subunternehmer selbst an Ausschreibungen teilnehmen, sowie diese Subunternehmen müssen in solchen Konstellationen besonders gründlich jeden Verdacht der Koordinierung vermeiden. Unterlassen die Organe einer juristischen Person Aufsichtsmaßnahmen, die zur Verhinderung von Zuwiderhandlungen im Betrieb oder Unternehmen erforderlich sind, kann gegen die juristische Person eine – zusätzliche – Geldbuße verhängt werden, wenn es zu Gesetzesverstößen kommt. Die erforderlichen Aufsichtsmaßnahmen dürfen sich nicht darauf beschränken, typische wettbewerbsbeschränkende Absprachen zu verhindern. Die Compliance-Maßnahmen von Unternehmen müssen folglich umfassend geeignet sein, jede Art von Kartellverstößen zu verhindern, damit die Organe ihrer Aufsichtspflicht genügen. Autor Marcus Mayer Rechtsanwalt Ernst & Young Law GmbH, Stuttgart Telefon +49 711 9881 11203 [email protected] Corporate Law Newsletter | 4. Quartal 2012 Aktuelle Meldung 8. GWB-Novelle vor dem Scheitern? Der Bundesrat hatte in seiner Sitzung am 23. November 2012 beschlossen, zu der vom Deutschen Bundestag am 18. Oktober 2012 verabschiedeten 8. GWB-Novelle die Einberufung des Vermittlungsausschusses zu verlangen. In der Sitzung vom 12. Dezember 2012 hatte der Vermittlungsausschuss seine Beratungen zunächst auf Januar 2013 vertagt. In der Sitzung des Vermittlungsausschusses vom 29. Januar 2013 wurde nunmehr deutlich, dass eine schnelle Einigung nicht in Sicht ist und die 8. GWB-Novelle möglicherweise in dieser Legislaturperiode überhaupt nicht mehr in Kraft tritt. Inhaltlich besteht zwar im Hinblick auf zahlreiche Kernregelungen des Gesetzesvor habens Konsens zwischen den jeweiligen Mehrheiten in Bundestag, Bundesrat und Vermittlungsausschuss. Dies gilt vor allem für die Angleichung des materiellen Beur teilungsmaßstabes der deutschen Fusionskontrolle an die EU-Fusionskontrolle und die Änderungen im Marktbeherrschungsrecht. Es gibt aber auch einige politisch umstrittene Themen, die einen Konsens im Vermittlungsausschuss bisher unmöglich gemacht haben. Dabei geht es in erster Linie um die Anwendbarkeit des Kartellrechts auf die gesetzlichen Krankenkassen und die kartellrechtliche Missbrauchsaufsicht über öffentlich-rechtliche Wassergebühren. Der Vermittlungsausschuss hält es außerdem für erforderlich im Gesetz klarzustellen, dass im Rahmen der Missbrauchskontrolle keine Durchleitungsansprüche im Bereich der Wasserversorgung ermöglicht 27 werden. Zudem soll klargestellt werden, dass Kommunen im Rahmen der Fusionskontrolle nicht als Konzern betrachtet werden und damit eine Umsatzzurechnung unterschiedlicher unternehmerischer Tätigkeiten nicht stattfindet. Es gibt nunmehr Anhaltspunkte dafür, dass die 8. GWB-Novelle insgesamt scheitern könnte. Die Anzeichen verdichten sich, dass insbesondere die SPD-geführten Bundes länder mit Ihrer Mehrheit im Vermittlungsausschuss keinem Einigungsvorschlag zustimmen oder – nachdem sie nach der Landtagswahl in Niedersachsen auch im Bundesrat die „Gestaltungsmehrheit“ haben – Änderungen beschließen, die wiederum für die Regierungskoalition im Bundestag nicht akzeptabel sein könnten. Im Zusammenhang mit einem möglichen Scheitern der Gesetzesnovellierung ist zu berücksichtigen, dass für den Bundestag das Diskontinuitätsprinzip gilt. Dies bedeutet in sachlicher Hinsicht, dass alle Gesetzesvorlagen, die vom Bundestag in dieser Legislaturperiode nicht mehr beschlossen werden, in der nächsten Legislaturperiode vollständig neu eingebracht und verhandelt werden müssten. Zwar hat der Bundestag die 8. GWB-Novelle bereits beschlossen. Sollte der Einigungsvorschlag des Vermittlungsausschusses aber eine Abweichung von dem ursprünglichen Gesetzesbeschluss vorsehen, wovon auszugehen ist, müsste der Bundestag gem. Art. 77 Abs. 2 Satz 5 GG erneut damit befasst werden und über den geänderten Vorschlag einen Beschluss fassen. Die Wahl zum 18. Deutschen Bundestag wird voraussichtlich am 22. September 2013 stattfinden. Nach dem derzeitigen Sitzungskalender des Bundestages ist die letzte Sitzungswoche des 17. Deutschen Bundestages für Ende Juni 2013 geplant. Sofern der Bundestag bis dahin keinen Beschluss über die 8. GWB-Novelle gefasst hat, weil die etwaigen Änderungen aus dem Vermittlungsausschuss und dem Bundesrat keine Mehrheit finden, oder er gar keinen Beschluss fassen konnte, weil der Vermittlungsausschuss sich nicht auf einen Vorschlag einigen konnte, müsste in der neuen Legislaturperiode mit dem Gesetzgebungsverfahren von vorne begonnen werden. Im Hinblick auf die politisch umstrittenen Themen mag man darin – je nach Standpunkt – eine „Blockadepolitik“ sehen oder eine verantwortungsvolle Politik, Gesetzesvorhaben abzuwehren, die aus inhaltlichen Gründen abgelehnt werden. Es würde aber auch bedeuten, dass zahlreiche sinnvolle Änderungen des GWB, bei denen Konsens besteht, auf absehbare Zeit nicht in Kraft treten würden. Autor Marcus Mayer Rechtsanwalt Ernst & Young Law GmbH, Stuttgart Telefon +49 711 9881 11203 [email protected] Corporate Law Newsletter | 4. Quartal 2012 Aktuelle Meldung Reform des Beschäftigtendatenschutzes wieder aktuell Um den Beschäftigtendatenschutz gerade im Hinblick auf Compliance-Maßnahmen genauer zu regeln, wurde bereits 2010 eine Reform auf den Weg gebracht. Koalitions intern konnte jedoch lange keine Einigung erzielt werden. Als Anfang 2012 der Entwurf einer vollharmonisierenden EU-Datenschutzverordnung vorgestellt wurde, schien die Initiative völlig eingeschlafen. Allerdings enthält der Verordnungsentwurf in Artikel 82 eine Öffnungsklausel, so dass nationaler Beschäftigtendatenschutz weiter möglich wäre. Gleichwohl überraschend hat die Regierungskoalition Anfang 2013 einen überarbeiteten Entwurf eines neuen Beschäftigtendatenschutzes mit dem Ziel der raschen Verabschiedung vorgestellt. Die neuen §§ 32a bis 32l Bundesdaten- schutzgesetz (BDSG) sollen insbesondere folgende Änderungen enthalten: Für den Bewerbungsprozess werden die Fragerechte und Befugnisse weiter detailliert (Eignungstests, ärztliche Untersuchungen etc.). Zudem findet künftig der automatisierte, verdachtsunabhängige Abgleich von Beschäftigtendaten zu ComplianceZwecken eine rechtliche Grundlage. Zu intensiven Diskussionen haben die neuen Regelungen der Videoüberwachung geführt. Während eine heimliche Videoüberwachung vorher ausnahmsweise zulässig war, soll diese nun komplett verboten werden. Die offene Videoüberwachung soll dagegen zum Schutz bedeutender Rechtsgüter zulässig sein, darf jedoch nicht der Leistungs- oder Verhaltenskontrolle dienen. Weiterhin wird der Einsatz von (GPS-) Ortungssystemen begrenzt, der Diebstahlschutz von Leasingflotten jedoch weiter zulässig bleiben. Erleichtert wird die konzerninterne Übermittlung von Daten durch ein sog. „kleines Konzernprivileg“. Weder durch eine Einwilligung noch durch eine Betriebsvereinbarung soll von den neuen Vorgaben zum Datenschutz negativ abgewichen werden können. Autor Dr. Peter Katko Rechtsanwalt, licencié en droit Ernst & Young Law GmbH, München Telefon +49 89 14331 25951 [email protected] Auskunftsansprüche auch von mittelbaren Gesellschaftern Der Bundesgerichtshof hat in zwei Urteilen vom 05. Februar 2013 (Az. II ZR 134/11 und II ZR 136/11, Urteilsgründe noch nicht veröffentlicht) entschieden, dass auch Treugeber, die über einen Treu handgesellschafter an einer Publikumsge sellschaft beteiligt sind, einen Auskunfts anspruch haben können. Beiden Urteilen (und darüber hinaus noch zahlreichen weiteren anhängigen Verfahren vor dem BGH sowie diversen Land- und Oberlandesgerichten) lagen weitgehend identische Sachverhalte zugrunde: Ein in der Form einer Kommanditgesellschaft organisierter Fonds bot Anlegern neben der Beteiligung als Kommanditist noch eine weitere Beteiligungsmöglichkeit. Anleger konnten sich als Treugeber über einen Treuhänder als sogenannte „mittelbare Gesellschafter“ beteiligen. Zu diesem Zweck wurde ein Treuhandvertrag mit einem Treuhänder geschlossen. Dieser Treuhänder wurde als Kommanditist ins Handelsregister eingetragen. Die Satzung der Gesellschaft nimmt auf die jeweiligen Treuhandverträge Bezug und stellt die Treugeber im Innenverhältnis den 28 Kommanditisten gleich. Einige Anleger klagten auf Auskunftserteilung über Namen, Anschrift und Beteiligungshöhe der übrigen Anleger (diese waren als Treugeber bzw. mittelbare Gesellschafter gerade nicht im Handelsregister eingetragen). Der Bundesgerichtshof stellt in seinen Urteilen ausdrücklich klar, dass diesem Auskunftsverlangen kein schützenswertes Anonymitätsinteresse der übrigen, über einen Treuhänder beteiligten Anleger, entgegenstehe. Ebenso wie bei einer Gesellschaft bürger lichen Rechts oder einer offenen Handels gesellschaft habe jeder Gesellschafter einen Anspruch auf Kenntnis der Identität seines gesellschaftvertraglichen Vertragspartners. Dies gelte auch für die Treugeber, da diese nach dem Gesellschaftsvertrag gerade einem unmittelbaren Kommanditisten gleichgestellt sind. Autor Johannes Kromer Rechtsanwalt Ernst & Young Law GmbH, Stuttgart Telefon +49 711 9881 10074 [email protected] Treugeber Treuhänder als Kommanditist Kommanditist Komplementär Publikums- Kommanditgesellschaft Corporate Law Newsletter | 4. Quartal 2012 Aktuelle Meldung Vorschläge für Änderungen des Deutschen Corporate Governance Kodex 2013 veröffentlicht Am 05.02.2013 hat die Regierungskom mission Deutscher Corporate Governance Kodex die im Verlauf des Januar 2013 abgestimmten Formulierungsvorschläge für Änderungen am Deutschen Corporate Governance Kodex auf ihrer Website – www.corporate-governance-code.de – veröffentlicht. Viele der vorgeschlagenen Änderungen weisen keinen materiellen Regelungsgehalt auf, sondern sollen zu einer weiteren Verschlankung und besseren Lesbarkeit des Kodex beitragen. Besonderes Augenmerk hat die Regierungskommission bei ihren Vorschlägen darauf gelegt, dass der Kodex weiterhin als eigenständiges Werk erhalten bleibt. Nationale und internationale Investoren sowie Aufsichtsratsmitglieder der deutschen börsennotierten Gesellschaften sollen anhand des Kodex weiterhin ein gutes Gesamtverständnis der Kernaspekte der deutschen Corporate Governance erhalten. Die Regierungskommission schlägt insbesondere Anpassungen in Kapitel 4.2 „Vorstand – Zusammensetzung und Vergütung“ 29 vor. Die Änderungen sollen vor allem zu mehr Transparenz und einer besseren Vergleichbarkeit führen. So wird u. a. vorgeschlagen, zu empfehlen, dass die individuellen Vergütungen in ihrem Gesamtbetrag und auch ihren einzelnen Vergütungsteilen nach oben begrenzt sein sollen. Der Aufsichtsrat soll aber weiterhin die systemimmanenten und individuellen Obergrenzen unternehmensspezifisch festlegen (4.2.3 Abs. 2 Satz 6). Ferner wird vorgeschlagen, dass der Aufsichtsrat bei der Festlegung der Vorstandsvergütungsstruktur das Verhältnis zwischen der Vorstandsvergütung sowie der Vergütung des oberen Führungskreises einerseits und der Gesamtbelegschaft andererseits auch in ihrer zeitlichen Entwicklung berücksichtigen soll (4.2.2 Abs. 2 Satz 3). Des Weiteren soll eine neue Empfehlung aufgenommen werden, nach welcher der Aufsichtsrat das jeweils angestrebte Altersversorgungsniveau für den Vorstand definiert und den daraus abgeleiteten jährlichen sowie langfristigen Aufwand für das Unternehmen berücksichtigt (4.2.3 Abs. 3). Um die Vergleichbarkeit zu anderen Unternehmen für den Aufsichtsrat, aber auch für die breite Öffentlichkeit zu verbessern, regt die Kommission an, die wichtigen zahlen mäßigen Informationen zur Vorstandsvergütung einheitlich aufzubereiten. Hierzu wird angeregt, die von ihr vorgeschlagenen und im Rahmen des Konsultationsverfahrens zu diskutierenden Tabellen zu verwenden (4.2.5 Abs. 3 Satz 2). Mit Blick auf einen möglichen organisatorischen Umstellungsaufwand sollen die Empfehlung zu Angaben im Vergütungsbericht sowie Anregung zur Verwendung der Tabellen die den Unternehmen allerdings erst ab 2014 in Kraft gesetzt werden. Autor Yasmin von Khurja Rechtsanwältin, Diplom-Kauffrau Ernst & Young Law GmbH, Stuttgart Telefon +49 711 9881 13603 [email protected] Corporate Law Newsletter | 4. Quartal 2012 Ihre Ansprechpartner bei der Ernst & Young Law GmbH Berlin Dr. Cornelius Grossmann Rechtsanwalt Ernst & Young Law GmbH, Berlin Telefon +49 30 25471 25050 [email protected] Frankfurt Heike Jagfeld Rechtsanwältin Ernst & Young Law GmbH, Frankfurt Telefon +49 6196 996 28035 [email protected] München Dr. Claus Elfring Rechtsanwalt Ernst & Young Law GmbH, München Telefon +49 89 14331 28905 [email protected] Düsseldorf Dr. Nicole Franke Rechtsanwältin Ernst & Young Law GmbH, Düsseldorf Telefon +49 211 9352 23800 [email protected] Hamburg Ilja Schneider Rechtsanwalt Ernst & Young Law GmbH, Hamburg Telefon +49 40 36132 25778 [email protected] Nürnberg Jörg Leißner Rechtsanwalt, Steuerberater Ernst & Young Law GmbH, Nürnberg Telefon +49 911 3958 28369 [email protected] Essen Dr. Christopher Riedel, LL.M. Rechtsanwalt, Steuerberater Ernst & Young Law GmbH, Essen Telefon +49 201 2421 29688 [email protected] Hannover Frank Schäfer, LL.M. Rechtsanwalt Ernst & Young Law GmbH, Hannover Telefon +49 511 8508 23755 [email protected] Stuttgart Dr. Christian Bosse Rechtsanwalt Ernst & Young Law GmbH, Stuttgart Telefon +49 711 9881 25772 [email protected] Die „EY Tax & Law DE News“ App ist verfügbar für iPhone und Android und bietet Ihnen unseren eNewsletter bequem auf Ihrem Smartphone – aktuell und kompakt für unterwegs. Scannen Sie nebenstehenden QR-Code für weitere Informationen oder kontaktieren Sie uns per E-Mail an [email protected]. 30 Corporate Law Newsletter | 4. Quartal 2012 Ernst & Young Assurance | Tax | Transactions | Advisory Die globale Ernst & Young-Organisation im Überblick Die globale Ernst & Young-Organisation ist einer der Marktführer in der Wirtschaftsprüfung, Steuerberatung und Transaktionsberatung sowie in den Advisory Services. Ihr Ziel ist es, das Potenzial ihrer Mitarbeiter und Mandanten zu erkennen und zu entfalten. Die 167.000 Mitarbeiter sind durch gemeinsame Werte und einen hohen Qualitätsanspruch verbunden. Die globale Ernst & Young-Organisation besteht aus den Mitgliedsunternehmen von Ernst & Young Global Limited (EYG). Jedes EYGMitgliedsunternehmen ist rechtlich selbstständig und unabhängig und haftet nicht für das Handeln und Unterlassen der jeweils anderen Mitgliedsunternehmen. Ernst & Young Global Limited ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung nach englischem Recht und erbringt keine Leistungen für Mandanten. Weitere Informationen finden Sie unter www.de.ey.com In Deutschland ist Ernst & Young mit über 7.000 Mitarbeitern an 22 Standorten präsent. „Ernst & Young“ und „wir“ beziehen sich in dieser Publikation auf alle deutschen Mitglieds unternehmen von Ernst & Young Global Limited. © 2013 Ernst & Young Law GmbH Rechtsanwaltsgesellschaft Steuerberatungsgesellschaft All Rights Reserved. Bildquellen: Corbis, Getty Images. Ernst & Young Law GmbH Die Ernst & Young Law GmbH Rechtsanwaltsgesellschaft Steuerberatungsgesellschaft (Ernst & Young Law) berät als Full Service-Kanzlei in allen wirtschaftsrechtlichen Fragestellungen. Interdisziplinäres Arbeiten ist aufgrund der Zugehörigkeit zur Ernst & Young-Gruppe eine Selbstverständlichkeit. Sie arbeitet eng mit anderen Spezialisten aus den Bereichen Corporate Finance, Steuerberatung, Transaction Services und Wirtschaftsprüfung zusammen. Durch die Präsenz an elf deutschen Standorten gewährleistet sie Mandantennähe, denn kurze und direkte Wege können für eine zeitnahe und effiziente Umsetzung von Projekten entscheidend sein. In Deutschland finden Sie sie daher in allen großen Ballungsräumen, um Sie bei Bedarf schnell und unkompliziert unterstützen zu können. Zugleich steht den Mandanten für jedes konkrete Mandat das spezialisierte Know-how der entsprechenden Praxisgruppen standortübergreifend zur Verfügung. Bei grenzüberschreitenden Transaktionen und Fragestellungen arbeiten wir mit über 650 Rechtsanwälten von Ernst & Young in 17 Jurisdiktionen in Europa zusammen. 31 Diese Publikation ist lediglich als allgemeine, unverbindliche Information gedacht und kann daher nicht als Ersatz für eine detaillierte Recherche oder eine fachkundige Beratung oder Auskunft dienen. Obwohl sie mit größtmöglicher Sorgfalt erstellt wurde, besteht kein Anspruch auf sachliche Richtigkeit, Vollständigkeit und/oder Aktualität; insbesondere kann diese Publikation nicht den besonderen Umständen des Einzelfalls Rechnung tragen. Eine Verwendung liegt damit in der eigenen Verantwortung des Lesers. Jegliche Haftung seitens der Ernst & Young Law GmbH Rechtsanwaltsgesellschaft Steuerberatungsgesellschaft und/oder anderer Mitgliedsunternehmen der globalen Ernst & Young-Organisation wird ausgeschlossen. Bei jedem spezifischen Anliegen sollte ein geeigneter Berater zurate gezogen werden. BKR 0213-082 ED None Corporate Law Newsletter | 4. Quartal 2012