Janz Franz - Galerie Altnöder

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Janz Franz - Galerie Altnöder
Janz Franz
Bei Rot über den Zebrastreifen
von Wolfgang Richter
„Psychose”. 1997, Dispersion auf Leinwand, 160 x 270 cm. Hermann Nitsch 1997: „janz franz ist ein extremer grenzgänger, der seine ausnahmeposition bewältigt und dadurch zum finder des seins und zum übermittler weit über dem klischee stehender wahrheiten wird”.
Zum 70. Geburtstag widmet die Galerie der Stadt Salzburg in Lehen
Janz Franz die Austellung „Psychose”
mit großformatigen Bildern des Künstlers aus den neunziger Jahren.
Stadtgalerie Lehen, Inge Morath-Platz 31, 5020 Salzburg
Ausstellung: 12. Februar bis 2. April 2016
Di Do Fr 14-18 Uhr, Mi 14-19 Uhr, Sa 11-15 Uhr
Weitere Informationen zum Künstler: www.galerie-altnoeder.com/janz.html
Fotos: Galerie Altnöder, Salzburg und Wolfgang Richter, alle: ©Janz Franz, Salzburg
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Die Bilder von Janz Franz sind Energie und
Urzustand in Form und Farbe gebracht.
1946 in Graz geboren, kam Janz 1971 nach
Salzburg. Als von der Salzburger Künstlerschaft argwöhnisch beobachteter Außenseiter stürzte er sich 1976 ins Wagnis des
Zeichnens und Malens.
Das fühlte sich an, als ob man bei Rot über
den Zebrastreifen gehe. Janz Franz waren
Regeln nicht bedeutungslos, aber ihre Übertretung löste einen energetischen Schub aus.
Jetzt, nach 70 Jahren und 40 Jahren Werkprozess, lässt sich sein verschlungener Weg
von den Dämonen über die Pferde zu den
Katzen besser überschauen.
SET ME FREE. 1997, Dispersion auf Leinwand, 160 x 270 cm. „Set me free” ist ein Song von Ray
Davies, häufig, zuerst 1965 von The Kinks interpretiert. Viele von Janzens Bildern sind vom Rock
inspiriert. Janz gehörte in seiner Jugend zu den „Mottls”, der „ersten langhaarigen Band in
Graz”, so Janz.
Brigitte Bardot. 1997, Dispersion auf Leinwand, 135 x 105 cm.
Superfrau Bardot trifft auf Voodoo King Schildkröte.
Begonnen hat alles im Schatten des Untersberges. In seinem Atelier in der mythisch
beredten Moorlandschaft von LeopoldskronMoos übten Wichtel und Dämonen großen
Einfluss auf ihn aus. Die Energie, die von
Kraftplätzen ausgehen soll, transformierte er
in animalistische Bekenntnisse. Auch die
Magie matriarchaler Weltbilder spiegelt sich
in diesen Bildern. Göttin, Frau, Mutter,
gewendet als Hexen, Huren, Fut bestimmten
im nächsten Atelier in Elsbethen seine
Malerei.
Jedes Bild ist bei Janz (wie) ein Energiehaushalt. Entweder sie haben eine positive
Ausstrahlung, wenn die Wellenlänge zum
Betrachter stimmt, oder sie wirken bedrohlich und destruktiv. Es kommt vor, dass
manche diese Bilder nicht aushalten; vielleicht, weil man darin "die andere Seite"
sieht, der "dunklen Macht" begegnet. In
jedem dieser Bilder steckt eine ambivalente
Kraft – wie das auch bei Mythen und
Märchen zu finden ist.
Nach einer Zeit der Vergewisserung wagte
sich Janz Franz mit zwölf Malaktionen an
die Öffentlichkeit. Hier äußerte sich der
archetypische Gärungsprozess in Farborgien, Formendickicht und wilder Entschlossenheit. 1991 fand im Heimathaus in
Grödig die erste dieser Aktionen statt, 2006,
anlässlich der Geburtstagsausstellung zum
Sechziger in der Galerie Altnöder, Salzburg,
die letzte.
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Khalaat I. 1999, Dispersion auf Leinwand, 70 x 195 cm. Khalaat, einst im Besitz von Janz Franz, war eine der letzten echten Wüstenaraberstuten in
Europa. Sie kam 1980 mit drei Hengsten und sieben Stuten unter abenteuerlichen Umständen aus Khuzestan/Iran nach Österreich. Es war dies der
einzige Import aus dieser Region und dieser Pferdefamilie weltweit.
Mit Sechzig kommt Janz in seinem Schaffen
an einen Punkt der Umkehr. Er will das
Hexen-, Huren- und Hunde-Potential nicht
weiter ausschlachten, klinkt sich aus der
Kommerzialisierung aus, und macht sich
wieder auf den Weg menschlich und als
Künstler Boden unter den Füßen zu gewinnen. Auf dieser Suche ist er in seiner
Biographie fündig geworden. Schon als
Kind haben ihn Pferde fasziniert. Im
Lenbachhaus hat es ihm das "Blaue Pferd"
von Franz Marc angetan. In Salzburg wurde
er Besitzer von zwei Ponys. Schicksalshaft
war die Begegnung mit zwei Araberpferden.
In ihrer Eleganz, Kraft, Ausdauer und Ausstrahlung fand er den Inbegriff jenes Animalischen, das ihn seit Beginn seiner künstlerischen Laufbahn in den Bann zog. Seit 1986
begann er sich mit asil gezogenen Vollblutaraberpferden zu beschäftigen. Darunter
versteht man Pferde, deren Abstammung
sich lückenlos ins Land der Beduinen zurückverfolgen lässt. Sie zählen für ihn zum
Weltkulturerbe, weil sie mit der Kultur und
Geschichte ihrer Züchtung ein völkerverbindendes Element darstellen.
Aus der Distanz wird deutlich, was Janz an
der Pedigreeforschung fesselte. Es ist die
Suche nach dem Ursprünglichen. Beim
Studium der Stammbäume asiler Araber erkannte er, dass bei der Züchtung durch
Kreuzungen Reinheit und Ursprünglichkeit
zugunsten der Vermarktung verwässert
worden sind. Dem wollte er entgegenwirken, indem er nach asilen Arabern mit
möglichst idealen Nachweisen suchte und
selbst zum Züchter wurde. In einem eigens
entwickelten Darstellungssystem hat er in
über 30-jähriger Arbeit die Verflechtungen
in den Abstammungsnachweisen wichtiger
asiler Araber visuell anschaulich gemacht.
In kolorierten Stammbäumen erhalten die
Urbilder, die durch die Züchtungen verwischt worden sind, Form und Farbe zugewiesen. Alle asilen Araberpferde lassen sich
zurückführen auf vier Grundfamilien.
Diesen ordnete Janz Franz die Farben
Orange, Grün, Rot und Violett zu. Zeitweise hat die Forschungsarbeit, die über 10
Ordner füllt, die künstlerische Arbeit fast
zum Erliegen gebracht.
„WENN DA HERRGOTT SO WÖLL...” 1999,
Dispersion auf Leinwand, 180 x 180 cm.
Nach dem Wiener Lied: „Wenn der Herrgott
net will…”
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„Detl und Nutl”. 1997, Dispersion auf Leinwand, 140 x 250 cm. Der Künstler verkehrte schon als junger Bursch im Kreis der Prostituierten und
Bettler in Graz. Laut Otto Breicha hätten „Detl und Nutl ohne weiteres in die Grazer Halbwelt der sechziger Jahre gepasst”.
Die Beschäftigung mit dieser Welt hat Janz
aus den Selbstzweifeln seiner ersten Phase
gerettet. Die Pferde führen in der Zeichnung
und in der Malerei zu einem neuen Aufbruch, den er selbst das "zweite Werk"
nennt. Entstanden sind – wieder – Urbilder,
die zurück zu den eigenen Wurzeln, aber
auch zurück zum Ursprünglichen führen.
Auf dieser Reise zu sich selbst werden die
Pferdeporträts zu Psychogrammen menschlicher Existenz. Es erscheint mir nicht
verwegen, in den Verzweigungen seines
Lebenswegs, in der Erforschung von
Felix der Vampir. 2012,
Mischtechnik auf Papier, 56 x 76 cm
Stammbäumen, in der Magie des kollektiven
Un(ter)bewusstseins Spuren des Transzendenten erkennen zu wollen.
Das alles hat physisch Substanz gekostet
und zwang Janz Franz in den Rollstuhl.
Jetzt, im dritten Werk, wo sein Aktionsradius auf die Wohnung beschränkt ist,
nimmt das Animalische eine andere Gestalt
an. Selbstständig und unabhängig sucht die
Katze die Nähe des Menschen, unterwirft
sich jedoch nicht. In den letzten Bildern von
2012 bis 2014 wird der Kater Felix gewis-
sermaßen zum Medium. Als Symbol für
Weisheit, Klugheit und Glück sagt man der
Katze nach, dass sie dem Geheimnis von
Leben, Tod und Wiedergeburt verbunden
ist. Für die alten Ägypter stand sie in Beziehung zum Dämonischen.
Es ist doch merk-würdig, wie schlüssig sich
hier der Kreis eines Lebenswerks schließt.
Auf der Suche nach den Wurzeln und dem
Vollkommenen durchmisst Janz Franz den
Kosmos möglicher Inkarnationen, ohne die
irdische Bodenhaftung zu verlieren.
Janz Franz als Pferdezüchter. Seine Araberpferde hat der an den
Rollstuhl gebundene Künstler vor Kurzem verschenkt.
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