ERASMUS-Erfahrungsbericht Nimwegen 2011/2012 Francesca

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ERASMUS-Erfahrungsbericht Nimwegen 2011/2012 Francesca
ERASMUS-Erfahrungsbericht
Nimwegen 2011/2012
Francesca Caratti
An der Vorbereitung durch meine Heimathochschule lasst sich fast nichts aussetzen, die
Informations-Veranstaltungen und -Materialien waren zahlreich, eigentlich schon zu zahlreich. Eine
einzige Broschure mit den wichtigsten Information hatte denke ich den meisten schon gereicht. Zu
bemangeln hatte ich jedoch die Tatsache, dass mir seitens meiner Hochschule die ERASMUS
betreffende Burokratie etwas verharmlost dargestellt wurde. So sagte man mir, das Learning
Agreement seie eigentlich nicht so wichtig und musse nicht genau befolgt werden und auch sonst
wurde das Auslandssemester mehr als Freizeit als Studienaufenthalt dargestellt. Nun hatte ich jedoch
meine Gasthochschule aufgrund des vorzuglichen Tages der offenen TLir gewahlt, den ich dort in
meinem zweiten Semester hatte geniel?en kbnnen, und freute mich auf die dort angebotenen Kurse.
Die natigen Papiere um mich fUr meine Bewerbung bei ERASMUS fUllte ich rechtzeitig aus und
wartete nun gespannt auf die Ruckmeldung durch meine Gasthochschule.
Diese Hel? auf sich warten. Ich erhielt sie schliel?lich und hatte nun ein bis zwei Wochen (den genauen
Zeitraum weil? ich ,Ieider nicht mehr) um meiner Gasthochschule aile natigen Papiere zu schicken,
unter anderem das Learning Agreement. Hier begangen nun die ProbLeme. Die Liste der Kurse war,
wie betont wurde, unvollstandig. Auch fehlten aul?er den Namen jegliche Informationen daruber,
was diese Kurse denn nun beinhalteten . Nun gut, in der wenigen Zeit die mir blieb wahlte ich wahllos
irgendwelche Kurse und schickte das Learning Agreement abo
Weiterhin erhielt ich die Information, dass die Gasthochschule uns ein Zimmer zur VerfUgung stellen
wurde. An dieser Stelle sollte gesagt werden, dass mein Freund dieselbe Hochschule fUr sein
Auslandssemester gewahlt hatte, und wir angegeben hatten, zusammen untergebracht werden zu
wollen. Wir stellten uns hierunter Zimmer im selben Wohnheim vor, denn man hatte uns vorher
gesagt, dass die Unterbringung durch die Uni uns in ein Wohnheim bringen wurde. Dies war nun
nicht der Fall, sondern das Zimmer befand sich in einem Haus im Stadtzentrum. 25 m 2 fUr zwei Leute,
zu einer Monatsmiete von 525 €. Wir hatten eine Woche Zeit uns zu entscheiden, und da man uns
mehrmals gesagt hatte, dass es sehr schwer sei, eine Wohnung in unserer Zielstadt zu finden und es
nun schon relativ spat war, um dies noch auf eigene Faust zu tun, nahmen wir an.
Uber den Sommer hinweg erhielt ich sehr viele E-Mails von meiner Gasthochschule, Information uber
Sportprogramme und weiteres, und eine Einladung zur EinfUhrungswoche. Die Teilnahme an dieser
Veranstaltung wurde uber 100 € kosten, Trank und Speise nicht mit einbezogen. Ich lehnte ab, da ich
den hohen Preis unangemessen fand. Ende August zogen wir dann in unser winziges Zimmer. Dieses
befand sich im zweiten Stock eines Hauses, das dringend einer Renovierung bedurfte. Die Treppe war
steil und eng, das Gelander laste sich aus seiner Halterung und war deshalb unbenutzbar. Der Flur
war schlecht beleuchtet und Waschestander, die fast permanent belegt waren und aul?erdem direkt
uber der Treppe angebracht, schluckten auch noch das letzte bisschen Licht. Das Internet
funktionierte nur sporadisch, und war bei fUnf Bewohnern fUr so aufwendige Tatigkeiten wie das
Aufrufen von Internetseiten fast nicht zu benutzen. In der Dusche fand sich Schimmel und die
Toilette war offensichtlich seit Jahren nicht mehr gereinigt worden. Die Mabel in unserem Zimmer
waren wackelig, insbesondere das Bett, auf dessen durchgehangener Matratze es sich vor
Quietschen kaum schlafen liel?. Alles in allem, verzeihen Sie mir den umgangssprachlichen Ausdruck,
eine Bruchbude . Ich bin Allergikerin und leide unter Heuschnupfen und diversen damit
einhergehenden Uberempfindlichkeiten, aul?erdem bin ich allergisch gegen Hausstaub, was ich
naturlich in meiner ERASMUS-Bewerbung angegeben hatte. Hier begangen nun meine wirklichen
Probleme, denn durch meine permanent gereizten Atemwege wurde ich sehr schnell krank. Dies
sollte bis zum Ende meines Aufenthalts anhalten.
Die Uni war eine Viertelstunde mit dem Fahrrad entfernt, eine halbe Stunde zu Ful?. Eine
Busverbindung gab es nicht. Dies ist eigentlich keine schwer zu bewaltigende Strecke, ist man jedoch
krank stellt sich das ganz anders dar. Aber ich greife vorweg.
Wir waren nun schon eine Woche im Ausland und die Flut aus E-Mails durch unsere Gasthochschule
war versiegt. Langsam machten wir uns Sorgen, denn unsere Kurse sollten doch nun sicher bald
losgehen, und da uns dann wieder eine EinfUhrungsveranstaltung angeboten wurde, nahmen wir
diese dankend an. Hierbei handelte es sich um einen Tag, der mit anderen auslandischen Studenten
verbracht wurde und sehr angenehm war. Hier jedoch erfuhren wir, dass viele von Ihnen schon seit
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zwei Wochen an ihren Kursen teilnahmen. Da jedoch die Einfuhrungsveranstaltung an einem Freitag
stattfand, und die Tore der Uni zu ihrem Ende nun schon geschlossen waren, mussten wir uns bis
Montag gedulden. Am Montag also gingen wir zum Info-Bereich der Uni und erfuhren dort, dass wir
uns dort sofort hatten melden mussten, was wir aber nicht wussten. Dieses Missverstandnis erwuchs
sich daraus, dass aile anderen auslandischen Studenten in Wohnheime gesteckt wurden, und sich zu
diesem Zweck ihre Schlussel im Info-Bereich hatten abholen mussten, wo ihnen auch ein Koordinator
zugeteilt wurde und samtliche andere Informationen gegeben hatte. Da wir jedoch nicht in einem
Wohnheim untergekommen waren, und unsere SchlUssel von unserer Vermieterin erhalten hatten,
wussten wir nicht, dass wir dorthin mussten. Ein Missverstandnis also, an dem niemand wirkliche
Schuld trug. Wir nahmen also unsere ganzen Broschuren entgegen, erhielten den Namen unserer
zustandigen Koordinatorin, und machten uns auf den Weg zu ihr.
Besagte Koordinatorin fuhr uns an, warum wir denn solange auf uns hatten warten liefSen, fiel uns
dann ins Wort, als w i,r versucht en, ihr diese Frage zu beantworten, und herrschte uns noch ein
bisschen an. Sie unterbrach uns stets, ging auf Fragen nicht wirklich ein, wiederholte sich konstant,
und sprach mit uns wie mit zwei ungezogenen Grundschulern.
Hier erfuhr ich nun auch, dass ein Tei! der Kurse den ich gewahlt hatte, schon begonnen hatte, und
ich mir nun neue Kurse suchen musste. Leider gab es nicht mehr viele, die nicht schon zwei Wochen
liefen, die mich auch interessierten, und so belegte ich im ersten Quartal nur einen Kurs, der jedoch
interessant war. Ich sorgte mich jedoch nicht sehr, denn das erste Quartal wurde nicht mehr lange
dauern, und fUr das zweite Quartal hatte ich genug Kurse gewahlt.
1m Laufe des Semesters gab es einige sogenannte ERASMUS-Veranstaltungen. Diese wurden
organisiert von unseren Mentoren, Studenten der Gasthochschule, die zu einigen dieser
Veranstaltungen seiber nicht auftauchten, oder auch von den auslandischen Studenten seiber. Meist
traf man sich dann abends fUr ein paar Stunden, mit bis zu zehn Leuten. Genug fanden aber in den
Wohnheimen statt, wo diese Studenten nun einmal wohnten, und diese waren ein ganzes StUck von
unserer Wohnung entfernt, sodass wir daran nicht teilnahmen. Mit einheimischen Studenten wurde
man eher wenig in Verbindung gebracht, ein Kurs war sogar unterteilt in auslandische und
einheimische Studenten, sodass der Kontakt zu diesen eher gering ausfiel. Das Stadtzentrum war
sehr schon, und wir verbrachten viel Zeit dort und besuchten auch die Nachbarstadt. Die Menschen
waren freundlich und die Stadt war vall von Auslandern, was fUr ein buntes Publikum sorgte. Die
Landessprache habe ich jedoch nicht wirklich gelernt, denn auf meine Frage nach Sprachkursen
lachten die Mentoren nur, und rieten mir dazu, diese nicht zu lernen. Jeder spreche Englisch, und die
Sprache zu lernen hielten sie fUr nutzlos. Da mir auch keine Sprachkurse angeboten wurden,
verzichtete ich darauf die Landessprache zu lernen.
1m Laufe des Semesters suchte ich natUrlich, meine ausgewahlten Kurse zu besuchen, jedoch wurde
mir hier schnell meine Krankheit zum Verhangnis. Der weite Weg machte es mir schwer, die Uni zu
erreichen, und wenn ich dart war, fiel es mir nicht leicht, dem Unterricht zu folgen. Auch musste ich
den Raum einige Male wegen Nasenbluten verlassen, hervorgerufen durch die schwere Reizung
meiner Nase. In einem Kurs den ich besuchte, wurde in einer Stunde der Lehrstoff der vorherigen
Stunde durch Fragen abgerufen, die der Dozent dem Kurs stellte. Wusste ein Student die Antwort
nicht, so zeigte sich der Dozent amusiert und stellte den Studenten vor seinen Kommilitonen blors.
Eine sehr unangenehme Angelegenheit.
In einem anderen Kurs war das Buch, aus dem der Dozent den Lehrstoff zag, nicht oft genug in der
Bibliothek vorhanden, und so gab er uns eine zusatzliche Ausgabe, die er besafS. Dies war
ausgesprochen freundlich von ihm, jedoch bestanden die Angaben dazu, was fUr die Klausur zu
lernen war, aus Seitenangaben, und das Buch das er uns gegeben hatte war eine fruhere Edition,
sodass diese sich als nutzlos erwiesen. In der Klausur seiber war nicht nach Verstandnis gefragt,
sondern Auswendiglernen.
Wieder in einem anderen Kurs war ein Aufsatz zu schreiben, und die Bewertung des meinen lieB
darauf schliefSen, dass der Bewertende diesen nur uberflogen hatte, denn aile seine Fragen hatten
sich bei einem genauen Lesen von seiber geklart.
Akademisch war das Auslandssemester fUr mich leider nicht von Erfolg gekront.
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Anschlie~end
mochte ich noch sagen, dass ich einen Auslandsaufenthalt von nur einem Semester fUr
zu kurz erachte. Dies geht vielleicht nicht eindeutig aus meinem Text hervor, derdoch wahrscheinlich
sehr negativ anmutet, doch mochte ich meine Grunde hier kurz erklaren.
Diverse Probleme oder Unannehmlichkeiten hatten sich bei einem langeren Aufenthalt klaren
konnen, die man mit Hinblick auf die kurze Aufenthaltsspanne jedoch einfach hinnahm, allen voran
die unmogliche Wohnungssituation, die ja doch Quelle der meisten meiner Probleme war. Auch
soziale Kontakte finden sich eher, wenn man nicht im Hinterkopf die Gewissheit hat, in wenigen
Monaten sowieso wieder zu gehen. Ein Aufenthalt von einem Jahr wurde einem das Eintauchen ins
Gastland weitaus verlockender erscheinen lassen.
Ais die schlechteste Erfahrung wurde ich eindeutig die Wohnungssituation bezeichnen . Ich denke,
auf diese bin ich bereits zur Genuge eingegangen.
Ais beste Erfahrung wurde ich den Philosophie-Kurs nennen, der mir einen wirklichen Zugang zur
Philosophie ermoglicht hat, wie ich ihn bis dahin nicht kannte.
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