Weichmagnetische Pulververbundwerl<stoffe

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Weichmagnetische Pulververbundwerl<stoffe
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Magnetwerl<stoffe
Weichmagnetische Pulververbundwerl<stoffe
Elel<tromobilitat: Weichmagnetische Verbundwerkstoffe ermtiglichen in den
Antrieben und Generato ren fUr Elektro- oder Hybridfahrzeuge htihere Arbeitsfrequenzen bei einer dreidimensionalen Magnetflussfi.ihrung. Dam it lassen sich
neue Motorentechnologien entwickeln, die in besonderer Weise den Anforderun gen der Elektromobilitat entsprechen. Neuartige Transversalflussmotoren mit einem breiten Drehzahlbere ich und hoher Leistungsd ichte sichern den Betrieb.
Or. Andreas Schoppa, PMG Fuss en
GmbH, Hiebelerstr. 4, 87629 Fiissen
preiswert, standardisiert und seit vielen
Jahren im Elektromaschinenbau bekannt. Dennoch unterliegt der Einsatz
von Elektroblechen einigen Einschrankungen. In den aus Elektroblech gebauten elektromagnetischen Kompo-
johann Sontheim, Compact
Dynamics GmbH, Moosstr. 9,
82319 Starn berg
-+ Bild 1 Frequenzabhangiges Verlustverhalten ausgewahlter Elel<t robandsorten und weichmagnetischer Verbundwerl<stoffe (SIRON 5 von PMG Fuss en
GmbH) bei J 1 T, gem essen an Proben gleicher Geometrie (Toroida lproben A<f>
55 mm , 14> = 4 5 mm , H = 5 mm)
=
P Mit der Entwicklung im Bereich der
Elektromobilitat steigt die Bedeutung der
optimalen Nutzung von Energieressourcen eines Elektrofahrzeuges durch den
Einsatz hocheffizienter Stromabnehmer.
Dabei spielt die Erhiihung der Leistungsdichte (effektive Leistung pro Masse) eingesetzter Elektromotoren eine wesentliche Rolle. Diese kann mit verschiedenen
MaBnahmen erreicht werden. Zu den
wichtigsten MaBnahmen gehoren unter
anderem die entsprechende Auswahl der
Maschinengeometrie und der optimale
Einsatz des weichmagnetischen Werkstoffes fur die magnetflussfUhrenden
Komponenten des Elektromotors.
Verluste
Mit uber 95% der produzierten Gesamtjahresmenge weichmagnetischer
Werkstoffe nehmen die Stahlbandprodukte (Eiektrobleche) den ersten Platz
in der Elektromotoren- und Transformatorenfertigung an. Diese im Kaltwalz- und Gluhprozess hergestellten
Stahlbander sind verhaltnismaBig
I
em a 11-12.2013
0,5
=
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-•· N020
- ... M270-3SA
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-•· M330-3SA
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- - SIRON S280b
- -SIRON S300b
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0,2
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Magnetwerl<stoffe
2000
1800
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-
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-
M330-35A
1800
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1000
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- SIRON S280b
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~ M27 0- 35 A
~ M270-35A
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1400
I 200
117
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I 000
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0
10
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1000
H[A/m[
10 000
100000
-+ Bild 2
Permeabilitat weichmagnetischer Werkstoffe bei f = 1000 Hz ohne Luftspalt (Bild lin ks) und mit 0,6% Luftspalt
(Bild rechts) gemall der Gleichung (2)
nenten kann die Magnetflussfuhrung,
abgesehen von einigen Sonderfallen,
nur zweidimensional realisiert werden.
Des Weiteren ist die Nenndicke des
Elektrobleches auf minimal 0,20 mm
begrenzt, wobei sporadisch und mit
hohem Aufwand auch Elektrobleche in
niedrigeren Dicken (bis min. 0, 10 mm)
gefertigt werden. Da die klassischen
Wirbelstromverluste gemaB der Gleichung (1) abhangig sind,
(;r{dBr
P.=-'
6yp
(1)
f: Frequenz, d: Blechdicke,
8: lnduktion, y. Dichte,
p: spezifischer, elektrischer Widerstand,
(abhangig von der Blechdicke und der
Frequenz)
ist der Einsatz von Elektroblechen bei
hohen Frequenzen mit einem erheblichen Anstieg der so genannten Eisenverluste in den elektrischen Maschinen
verbunden.
Die weichmagnetischen Pulververbundwerkstoffe (SMC = Soft Magnetic
emall-12.2013
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Magnetwerkstoffe
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~ Bild 3 Herst ell ung weichmagnetischer l<omponenten im pulvermetallu rgi schen Proze ss
Composites) wu rden speziell fUr den
Einsatz bei hohen Frequenzen entwickelt. lm Gegensatz zu den laminierten
Komponenten bestehen die aus den
SMC-Werkstoffen hergestellten Bauteile aus einzelnen, isolierten Eisenpartikeln, die miteinander verbunden sind.
~ Bild 4
Dam it wei sen diese Bauteile einen sehr
hohen spezifischen elektrischen Widerstand auf. Die klassischen Wirbelstromverluste gemaB der Gleichung (1) werden minimalisiert.
Vergleicht man das frequenzabhangige Verhalten der Elektrobleche mit den
Verl<ettung der Entwicklungsbereiche zur Optimierung de r Statorgeo -
metrie
weichmagnetischen Verbundwerkstoffen
so stellt man fest, dass ab einem bestimmten, Sorten- und nenndickenabhangigen Frequenzwert die Gesamtverluste der SMC -Werkstoffe niedriger sind
(Bild 1). Bei einem Vergleich mit Elektrobandsorten in den Nenndicken 0,35 mm
liegt dieser Wert bei ca. 500Hz.
Dabei sind die Hystereseverluste der
weichmagnetischen Verbundwerkstoffe
aufgrund des geringeren Anteils des
ferromagnetischen Materials (Eisen) sowie aufgrund von Restspannungen
nach dem Pressvorgang htiher als die
Hystereseverluste von Elektroblechen .
Dies ist anhand des Schnittpunktes der
Kurven mit der P/ f-Achse zu sehen.
Fur die Auslegu ng von elektrischen
Maschinen wird auch die Magnetisierbarkeit bzw. die relative Permeabilitat
des Werkstoffs im Arbeitsbereich der
Maschine betrachtet. Diese ist bei den
weichmagnetischen Verbundwerkstoffen generell niedriger als bei den Elektroblechen. Ob dies jedoch von Bedeutung ist, hangt von dem Luftspalt im
magnetischen Kreis sowie vom Anteil
der Magnetisierungsverluste (Kupferverluste) in der Gesamtbilanz der Energieverluste ab.
GemaB der Gleichung:
fl
*
1
= - 1- /
(2)
- + _L
flr /Fe
Simulation Werkzeug
Oesignanderung
Statorring
V80
Simulation
Motorcharakteristik
ema 11-12 .2013
V81
elektromagnetische Simulation
11*: Permeabilitat des gescherten Magnetkreises,
11,: relative Permeabi litat des ferromagnetischen Werkstoffes,
1,: Luftspaltlange,
1,,: Eisenlange,
ist der Unterschied zwischen den Permeabilitatswerten verschiedener Werkstoffe mit steigender Luftspaltlange
kaum wahrnehmbar (Bild 2).
Magnetwerl<stoffe
-+ Bild 5
119
HerstellungsprozessdesTransversalflussmotors DYNAX 60i
Herstellu ng
Aus der Fachliteratur ist es bekannt,
dass die magnetischen Eigenschaften
von Elektroblechen im Fertigungsprozess von Elektromotoren negativ beeinflusst werden [1 ... 5]. Dagegen werden
die Komponenten aus weichmagnetischen Werkstoffen im pulvermetallurgischen Prozess endabmessungsnah gefertigt (Bild 3) und mussen vor dem
Einbau in die elektrische Maschine in
der Regel nicht mehr nachgearbeitet
werden. Beim Pressen entsteht, anders
als beim Stanzen kein Verschnitt. Dies
erm6glicht einen sehr geringen Materialeinsatz.
lm Vergleich mit der limitierten Formgebungsmoglichkeit bei den konventionellen Motorkernen aus Elektroblech
k6nnen bei den weichmagnetischen
Komponenten aus SMC -Werkstoffen
komplizierte, dreidimensionale Formen
gefertigt werden, zudem k6nnen zusatzliche Funktionen wie Positionierstege oder Leitungskanale im Pressteil integriert werden. Ahnlich komplexe Geometrien k6nnen mit Elektroblechen
entweder uberhaupt nicht oder nur unter erheblichen, umformtechnischen
Herausforderungen und der zusatzlichen Voraussetzung zur anschlieBenden
Warmebehandlung dargestellt werden.
Um einen presstechnisch- und elektromagnetisch optimalen Statorring zu
entwickeln, ist eine sehr enge Zusammenarbeit von Motorentwickler, Prozessentwickler und Werkzeugbau erforderlich (Bild 4) Bereits geringe Anderungen der Polgeometrie haben einen er-
-+ Bild 6
heblichen Einfluss auf Streufluss, lnduktivitat und Drehmoment der Maschine.
Anderseits kann durch die Geometrie die
Werkzeugbeanspruchung wie auch die
Presskraft angepasst werden.
Dreidimensionale Flussfuhrung bei Transversalflussmaschinen
Magnetische Orientierung
Polpaarsegment
Magnetische feldlinien
Phasenwindung
Stromrichtung
-+ Bild 7
Wirkungsgradkennfeld Transversalflussmaschine
Ill
1!!!1111
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em a 11-12.2013
20
Magnetwerl<stoffe
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I
:-Statorring
Tangentialwicklung
Statortrager mit
Kuhlfunktion
-+ Bild 8
Statoraufbau einer Transversafflussmaschine Typ DYNAX
Transversalfl ussmotoren
DYNAX 60i I
Versorgungsspannung
Dauerleistung
--1
42 - 58V DC ·I·
20kw
DYNAX 120e
---
DYNAX 500e
__ 2~_:::_!~?-~_[)~ 1-----~00-580V DC
20kw i
20kw
------···----------- ---- -------··1--····
Leistung maxima l _ _)_______ ---·--------+------------ ___2
_6_k_w
____,'___________ 4
_0
___k_w__
Maximaldrehmoment im ;
75Nm
80 Nm
80Nm
Drehzahlbereich
·
Gewicht
14 kg*
Abmessung
250x242x174 mm
10,2 kg .
10,2 kg
I
267x235 x107mm
267 x235x1 07mm
* ioklusive integrierte leistungselektronik
-+ Tabelle
1 Technische Daten der DYNAX-Baureihe
Die oben genannten Eigenschaften
der weichmagnetischen Pulververbundwerkstoffe wurden beispielsweise von
der Firma Compact Dynamics genutzt,
um den Anwendern aus dem Elektromobilitatsbereich Transversalflussmotoren
der Baureihe DYNAX anzubieten. Die Statoren dieser Maschinen werden aus den
pulvermetallurgisch hergestellten Ringen
gefertigt, vorgefertigte Wicklungen eingelegt, im Kunststoff eingebettet und mit
I
ema ll-12.2013
einem Glockenlaufer sowie mit der Leistungselektronik versehen (Bild 5)_
Aufbau
Der Tranversalflussmotor beherbergt nur
eine Wicklung pro Phase die tangential
unterhalb der Pole positioniert ist. Der
magnetische Fluss wird um dieWicklung
gefUhrt (Bild 6) Diese Anordnung ermiiglicht eine Wicklung ohne Wickelkiipfe. Da die Wicklung komplett im
Stator verlegt ist, wird diese optimal
uber die Statorringe entwarmt. Durch
den Umstand, dass die Wicklung nicht,
wie bei konventionellen Motoren, um
die Statorpole gelegt wird, gibt es keine
Bauraumkongruenz zwischen Statorpolen und Wicklung. Somit kann der Stator
mit beliebiger Polpaarzahl und die Wicklung mit nahezu beliebigem Kupferquerschnitt ausgefUhrt werden. Trotz des
simplen Aufbaus lassen sich Maschinen
mit hoher Polpaarzahl und geringen
Wicklungswiderstand fertigen.
Eine weitere Eigenheit der Transversalflussmaschine ist die Miiglichkeit, Wicklungen mit Windungszahl 1 zu fertigen.
Dadurch ist dieser Motorentyp besonders fur kleine Batteriespannungen geeignet. So kiinnen bei Batteriespannung
von 48V (Beruhrungsschutz gem. ECE-R
100) Leistungen von 25 kW bei SternSchaltung und uber 40 KW bei DreieckSchaltung. Diese Spannungsklasse entspricht der neuen Bordnetzspannung (LV
148) und ist somit fUr Hybridantriebe
sehr interessant, da die Kosten fur die
Sicherheitsausrustung, wie fUr HV Systeme erforderlich, entfallen.
Aufgrund der dreidimensionalen
FlussfUhrung konnten bisher nur Transversalflussmaschinen mit Statorbauteilen vorwiegend aus massivem Eisenmaterial gefertigt werden, da der dreidimensionale Fluss einen geblechten
Aufbau verbietet. Dadurch entstehen
bei hiiheren Drehzahlen hohen Eisenverluste (siehe Gleichung 1). Deshalb
war dieser Maschinentyp bisher vorwiegend als Torquemotor bekannt. Durch
moderne SMC Werkstoffe kiinnen diese
hochpoligen Motoren nun auch bei sehr
hohen Frequenzen und in einem groBen
Leistungsbereich mit hoher Effizienz betri eben werden (Bild 7).
Magnetwerl<stoffe
Die Bauweise dieser Maschinen ist
denkbar einfach. So besteht ein Stator
einer dreiphasigen Maschine aus sechs
SMC -Ringen und drei Tangentialwicklungen die auf einen tiefgezogenen Statortrager befestigt werden. Drei Enden der
Wicklungen werden zum Sternpunkt verbunden, die drei verbleibenden Wicklungsenden werden direkt mit der Leistungselektronik verbunden. Eine Zusammenschaltung von Einzelwicklungen entfallt. Die wenigen Bauteile wie auch die
geringe Anzahl an Fertigungsprozessen
ermi:iglichen eine einfache Fertigung und
eine gute Automatisierbarkeit (Bild 8).
Die Elektromotoren der DYNAX-Baureihe sind sowohl fUr den Einsatz als
Antriebe in leichten Elektrofahrzeugen
wie auch als Generatoreinheiten fUr die
so genannten Range Extender in ver-
Referenzen
[1] A. Schoppa, »Einfluss der
Be- und Verarbeitung auf die
magnetischen Eigenschaften von schl ussgegluhtem,
nichtkornorientiertem Elektroband« , Dissertation RWTH
Aachen, 2001
[2] A. Schoppa, J Schneider, CD. Wuppermann , T. Bakon,
»Influence of welding and
sticking of laminations on
the magnetic properties of
non-oriented electrical
steels«, 15th Soft Magnetic
Materials Conference
(SMM), Bilbao, Spain, 2001,
in: j. Magn . Magn. Materials ,
Vol. 254-255 (2003), p. 367369.
[3] W Wilczynski, A. Schoppa , J
Schneider, >>Influence of the
different fabrication steps
I
of magnetic cores on their
magnetic properties«, 16th
Soft Magnetic Material Con ference (SMM) , 13-15.Sept.
2003, Dusseldorf.
[4] 1< . Hameyer. D. van Riesen ,
F. Henrotte , »About the
Modelling of the Magnetic
Circuit and the Ferromagnetic Materials in Electrical
Machines« , Proceedings of
the WMM'2004 (Workshop
Metall urgy and Magnet ism). Freiberg, Germany,
2004.
[5] H. Harstick, W Riehemann ,
»Influence of Punching and
Tool Wear on the Magnetic
Properties of Non-Oriented
Electrical Steel. Soft Magnetic Materials Conference
SMM21« , Budapest, Hungary, 2013.
schiedenen Spannungsbereichen : 4811,
120V und 400V, geeignet. In Verbindung mit leichten Otto- oder Dieselmotoren ki:innen so Range Extender mit bis
zu 40 kW Leistung dargestellt werden .
Die technischen Daten der DYNAXMotoren stellt die Tabelle 1 dar.
Resiimee
Mit den weichmagnetischen Pulververbundwerkstoffen sind komplexe Bauformen real isierba r. So eignen sich diese
Werkstoffe nicht nur fUr den Einsatz in
den Transversalflussmaschinen sondern
auch in Axialflussmaschinen und allen
elektrischen Aktuatoren, bei denen die
geometrischen Formen mit den Ublichen Werkstoffen nicht darstellbar sind .
In Verbind ung mit niedrigen Ummagnetisierungsverlusten bei erhi:ihten Frequenzen ki:innen so Elektromotoren mit
geringer Baugri:iBe und mit geringem
Gewicht bei einer gleichzeitig hohen
Lei stung gebaut werden.
•
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