Vorlesung FH Lübeck

Transcrição

Vorlesung FH Lübeck
Vorlesung FH Lübeck
1.
2.
3.
4.
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6.
7.
8.
Spracherwerbsstörungen, 2 Std.
AVWS-Diagnostik, 2 Std.
AVWS-Therapie, 2 Std.
Stimmkrankheiten, 2 Std.
Otoakustische Emissionen (OAE), 2 Std.
Akustisch evozierte Potentiale (AEP), 2 Std.
Praktikum OAE und AEP, ca. 4 Std.
Ggf. Wiederholung vor Klausur, 2 Std.
Was ist:
Phoniatrie
Pädaudiologie
Logopädie
Historie
!1894: Erste HNO-Klinik in Deutschland:
Universität Rostock (Prof. Dr. Otto Körner)
!1907: Erste Abteilung für Phoniatrie in Deutschland:
in der HNO-Klinik der Charité Berlin
(Prof. Dr. Hermann Gutmann d.Ä.)
!1964: Erste staatlich anerkannte Logopädenlehranstalt im deutschen Sprachraum FU Berlin
(Prof. Dr. Hermann Gutzmann d.J.)
!1966: Hinzufügen der Pädaudiologie zur Phoniatrie
in Deutschland: Universität Mainz
(Prof. Dr. Peter Biesalski)
Wo gibt es das in Deutschland?
Vorlesung FH Lübeck:
Spracherwerbsstörungen
„Umschriebene“ Spracherwerbsstörungen (F80)
≅
≅
≅
„Developmental Language Disorder“, DLD
Spracherwerbsstörung „sui generis“ (Ausschlussdiagnose)
genetisch und/oder soziokulturell bedingt* („Sprachschwächetypus“)
Jungen : Mädchen = 2 : 1, ungeklärte Prävalenz 4% - 25% (?)
als Sprechstörung:
"
F80.0: nur phonetische oder phonologische Sprachebene betroffen
als Sprachstörung: „Sprachentwicklungsstörung“ (SES) oder
„Sprachentwicklungsverzögerung“ (SEV):
"
"
"
F80.1: nur expressive Sprachebenen betroffen
F80.2: nur rezeptive Sprachebenen betroffen (einschl. AVWS)
F80.9: rezeptive und expressive Sprachebenen betroffen
*z.B.: W. von Suchodoletz,
Suchodoletz, Monatsschr Kinderheilkd 151 (2003) 3131-37
G. Wirth, M. Ptok, R. Schönweiler, Dt. Ärzteverlag, Köln (2000)
Spracherwerbsstörungen mit diagnostizierbaren
Ursachen oder „Komorbiditäten“
≅ „Sprachentwicklungsbehinderung“ (SEB)
≅ „symptomatische Spracherwerbsstörung“
"
"
"
"
"
"
"
"
"
"
F70 - F79: bei Intelligenzminderung
F80.3: bei zerebralem Anfallsleiden, als Landau-Kleffner-Syndrom
F82: bei motorischer Entwicklungsverzögerung, Zerebralparese
F83: bei kombinierter Entwicklungsverzögerung
F84: bei tiefgreifender Entwicklungsstörung,
z.B. F80.4: Autismus, F84.2: Rett-Syndrom
F94.0: bei elektivem Mutismus
H53 - H54: bei Sehstörungen oder Blindheit
H90 - H91: bei Schwerhörigkeiten oder Taubheiten
J35.1 - J 35.3: Hypertrophie der Gaumen- /Rachenmandeln
Q35, Q37: bei Gaumenspalten
“Sui generis” und/oder “Ursache/Komorbidität?
1. Untersuchung aller sprachlichen Ebenen -> Schweregrad, Übungstherapie?
!
!
!
!
!
!
Semantische Ebene (rezeptiv)
Lexikalische Ebene (rezeptiv und expressiv)
Phonetisch-phonologische Ebene (expressiv)
Prosodische Ebene (expressiv)
Grammatikalische Ebene (Syntax und Morphologie, expressiv)
Pragmatische Ebene (einschl. Mehrsprachigkeit, rezeptiv und expressiv)
2. Untersuchung möglicher Ursachen/Komorbiditäten -> Kausaltherapie möglich?
!
!
!
!
!
!
!
!
!
Pathophysiologische Interpretation der Sprachbefunde
Spiegelbefund (z.B. Ohren, Nase, Mandeln, Gaumen)
Hörvermögen, Entwicklung der auditiven Wahrnehmung
Sehvermögen, Entwicklung der visuellen Wahrnehmung
Taktil-kinästhetische Wahrnehmung
Intellektuelle Entwicklung
Motorische Entwicklung (Körper-, Hand-, Mundmotorik)
Lateralitätsentwicklung
Soziales und familiäres Umfeld
Prävalenz?
Relevanz?
„Sprechen“ oder „Sprache“?
"
„Sprechen“ (engl.: Speech)
=Bildung von Sprachlauten (Phonemen), gestört bei
• Dyslalie/Stammeln (isoliert, partiell, multipel, universell)
• Redeflußstörungen (Stottern, Poltern, Poltern-Stottern)
"
„Sprache“ (engl.: Language)
=Zusammenwirken mehrerer sprachlicher Ebenen,
gestört bei
• Sprachentwicklungsverzögerung (SEV)
• (Spzifischer) Sprachentwickungsstörung (SES, SSES)
• Sprachentwicklungsbehinderung (SEB)
Sprachliche Ebenen
!
!
!
!
!
!
!
Phonologische Ebene: Aneignung der Regeln des Lautsystems
Phonetische Ebene: korrekte Realisation von Sprachlauten,
~Artikulation, “Sprechen”
Prosodische Ebene: Verwendung sinnvoller dynamischer und
melodischer Akzente
Lexikalische Ebene: Aufbau eines passiven und aktiven
Wortschatzes
Grammatikalische Ebene: Bildung von Sätzen (Syntax),
Aneignung von Regeln der Deklination, Konjugation,
Steigerungsformen, Plural u.s.w. (Morphologie)
Semantische Ebene: Aufbau eines Sprachverständnisses
Pragmatische Ebene: situativ sinnvoller Sprachgebrauch
Wirth G., Ptok, M., Schönweiler, R.: Dt. Ärzteverlag, Köln (2000)
Normale Sprachentwicklung
Kausalkette
Sprachentwicklung im 2. Lebensjahr
Phonologie und Phonetik: beherrscht Laute
n, l, d, t, w, f, (Schwierigkeiten bei kl, pl im
Anlaut)
" Lexikon: kennt mehr als 50 Worte
" Syntax: verwendet 1-2 Wortsätze
" Semantik: zeigt benannte Körperteile
" Pragmatik: Wünsche werden sprachlich
geäußert; erstes Fragealter ("Tür auf?")
"
Artikulationsorte der Konsonanten
sog.
Engstellenbildung
l,r*,sch g,k,ch1
d,t,s
ch2,r
b,p,m
w,f
sog.
rückverlagerte
Ersatzlaute
h
sog.
Verschlußlaute
Nasenresonanz bei Vokalen
+ a,e,o
- i,u
Sprachentwicklung im 3. Lebensjahr
Phonologie und Phonetik: k, g, r, z
(Schwierigkeiten: pfl, spr)
" Lexikon: "noch", "wieder", "viel“
" Syntax: verwendet 3 - 4 Wortsätze
" Morphologie: Beginn der
Vergangenheitsbildung; Pluralbildung
" Semantik: kennt Unterschied eins - viele; erste
Präpositionen
" Pragmatik: verwendet "ich", "du“;
Selbstgespräche; benennt Tätigkeiten im Bild
"
Sprachentwicklung im 4. Lebensjahr
Phonologie und Phonetik: Lautverbindungen:
ch, ng, nt, sp, fr
" Syntax: Satzreihungen ("und dann,.. und
dann"); gebraucht Nebensätze
" Semantik: kennt Gegensätze; kennt Daumen,
Zeigefinger; Kategorienbildung; versteht:
müde, hungrig
" Pragmatik: annähernd richtiges einfaches
Nacherzählen; eventuell Redeunflüssigkeiten
" Verhalten: erkennt und bestimmt Spielregeln
und Spielverlauf (Sprachuntersuchung!)
"
Sprachentwicklung im 5. Lebensjahr
Phonologie und Phonetik: nahezu fehlerfreie
Aussprache; noch Schwierigkeiten bei s-Lauten
" Lexikon: benennt Farben
" Syntax und Morphologie: richtige (einfache)
grammatikalische Strukturen
" Semantik: versteht "schief", "rauh", "flüssig“;
Sinnwidriges wird erkannt
" Pragmatik: Erlebtes wird zeitlich korrekt erzählt
"
Lauterwerb
Lauterwerb:: Lauttreppe nach Möhring (1938)
Lauterwerb nach Grohnfeld
Sprachdiagnostik
Wer ist “sprachkrank”?
Häufigkeit
Durchschnittliche
Sprachentwicklung
SEV, SEB
2,3%
oder 16%?
(S)SES
?
Score sprachlicher Leistungen
Sprachliche
Frühreife 2,3%
Sprachbefundliche Untersuchungen
(linguistische Begriffe in Klammern)
• Lautinventar (Phonologie und Phonetik)
• Satzbau und Grammatik (Syntax und Morphologie)
• aktiver und passiver Wortschatz (Lexikon)
• Sprachverständnis (Semantik)
• Sprachgebrauch (Pragmatik)
• auditive Verarbeitung und Wahrnehmung
• visuelle Wahrnehmung
• Grobmotorik
• Feinmotorik
• orofaziale Motorik
• Lateralität (Hand, Fuß, Zunge, Auge, Ohr)
Orientierende
Sprachentwicklungsdiagnostik
■ Entwicklungsgitter
■ ELFRA
nach Kiphard
1 und 2
■ Screening nach Heinemann & Höpfner
■ Bildtafeln von Kottmann
■ Preschool-Language-Scale (PLS),
deutsche Übersetzung von Wurst,
verkürzt als Screening
Entwicklungsgitter nach Kiphard
expressiv
rezeptiv
ELFRA 1 und 2
von H. Grimm und H. Doil
Quelle: Testzentrale Göttingen oder Bern 2000
■
ELFRA 1
•
•
•
•
•
■
12-24 Monate
Sprachproduktion (7)
Sprachverständnis (17)
Gesten (11)
Feinmotorik (7)
ELFRA 2
•
•
•
•
24-36 Monate
Produktiver Wortschatz (50) #
Syntax (7)
Morphologie (2)
(Clahsen Phasen III und IV)
Interpretation: Das Unterschreiten der „kritischen Werte“ bzw.
Minimalkriterien (in Klammern) zeigt eine drohende SSES an
Vorteile:
•delegierbar
•einfache Auswertung
•geringer Zeitaufwand
Nachteile:
•enges Zeitfenster
•direktiv und unflexibel
•nicht alle sprachl.
Ebenen berücksichtigt
•Normierung nicht unter
Ausschluß von
Hörstörungen erfolgt
Bildtafeln von Kottmann
Quelle: Fa. Grünenthal, Aachen
Diagnostische
Sprachuntersuchung
Methodik:
! Standardisierte Tests SETK 2 und 3-5 (ca. 45 min)
! Für das Vorschulalter nicht mehr aktuell: HSET, PET, PLS
(ca. 60-120 min)
! Beobachtung der Spontansprache im Spiel mit Protokoll oder
Videoanalyse, bis ca. 3½ Jahre
(ca. 45 min, ggf. plus 45 min Videoanalyse)
! Strukturiertes, individuelles Interview, ab ca. 3½ Jahren
(ca. 45 min)
Ggf. Ergänzung durch:
! Untersuchung der orofazialen Motorik (ca. 30 min)
! Untersuchung speziell der Nasalität (ca. 20 min)
! Quantitative phonologische Prozessanalyse (ca. 45 min)
! Wortschatztest AWST (ca. 15 min)
! Redeflußuntersuchung (ca. 30 min)
SETK 2 und 3-5
von H. Grimm und H. Doil
Quelle: Testzentrale Göttingen oder Bern 2000/ 2001
■
SETK 2
•
•
•
•
■
Für 2 Jahre alte Kinder (d.h. bis zum 3. Geburtstag)
Ausführlich=45 min, verkürzt als Screening=20 min
Hilfsmittel: Bildkarten, Tonkassette
Verstehen von Wörtern, Verstehen von Sätzen,
Produktion von Wörtern, Produktion von Sätzen
SETK 3-5
• Für 3-5 Jahre alte Kinder (d.h. bis zum 6. Geburtstag)
• U.a. Verstehen von Sätzen,
Phonologisches Arbeitsgedächtnis (ähnlich Mottier)
Morphologische Regelbildung
Interpretation: Altersgerecht oder SSES
(oder „nur“ SEV...?), Therapiebedarf bei SSES
Preschool Language Scale (PLS) von Zimmerman, Steiner & Evatt
Deutsche Bearbeitung von F. Wurst: SPKK, Sprachprüfung für Kleinkinder.
Kleinkinder. Österreichischer Bundesverlag, Wien 1978
Sprachverständnis
Sprachbildung
->dito...
->Faktor=1,5
->1 P.
->1 P.
->1 P.
->1 P.
SVQ=(Σ xFaktor+12)x100/Alter [Monate] SBQ=(Σ xFaktor+12)x100/Alter [Monate]
Preschool Language Scale (PLS) von Zimmerman, Steiner & Evatt
Deutsche Bearbeitung von F. Wurst: SPKK, Sprachprüfung für Kleinkinder.
Kleinkinder. Österreichischer Bundesverlag, Wien 1978
Sprachverständnis
Sprachbildung
Dauer komplett: 30-40 min, vereinfacht als Screening: 15-20 min
Erhebung eines ausführlichen Lautbefundes
Werscherberger
-Ems, H.
-Prull-Verlag, Oldenburg
Werscherberger Lautprüf
Lautprüf-- und
und Übungsmappe
Übungsmappe,, AWO Weser
Weser-Ems,
H.-Prull-Verlag,
Oldenburg (Old.)
u.s.w.
Beispiel
Beispiel:: Bewertung eines ausführlichen Lautbefundes
Lauterwerb nach Fox & Dodd (1999)
N=177 (m=990, w=87)
Alter 1;6-5;11 Jahre
Phasen des Grammatikerwerbs
nach Clahsen (1986-1996)
I: 1-1½ Jahre, Einwortsätze („Mama!“, „nein!“, „ham‘!“)
II: 1½ -2 Jahre, Zweikonstituentensätze („Mama da!“, „Papa
Auto!“)
III: 2-2½ Jahre, erweiterte Satzkonstruktionen („Jula auch Auto
pieln“ (Julia spielt auch mit dem Auto.)
• Noch falsche Wortstellung
• Nicht finite Verbmorphologie an Verb-End-Stellung
• Sobald das Endmorphem (z.B. „–t“ in „pielt“) erworben ist, erscheint
das Wort es korrekt in Satzmitte,
d.h. Übergang zur Phase IV
IV: 2,5-3 Jahre, korrekte Hauptsatz-Wortstellung
(„Julia pielt auch mit Auto.“)
V: 3-3½ Jahre, Verwendung von Nebensätzen
x
x
x
x
Spracherwerbsstörungen
durch Hörstörungen
Prävalenz von Hör- und Sprachstörungen in einer
phoniatrisch-pädaudiologischen Sprechstunde
N=1305
Altersverteilung von Hörstörungen
bei spracherwerbsgestörten Kindern
>50 %, davon 95 % Schalleitungs-SH
N=1305
Hör- und Reaktionsschwellen
bei sprachgestörten Kindern
N=1305
Sprachaudiogramm
bei sprachgestörten Kindern
N=1305
Lautbestand und mittleres Alter bei der
Versorgung mit Hörgeräten
N=1528
Sprachstörungen und Hörvermögen
N=1528
(Alles
signifikant)
Hörverlust bei seröser Otitis media (“
Paukenerguß”)
(“Paukenerguß”)
Schönweiler, R.:
Laryngo-Rhino-Otologie
71 (1992) 637-643
n=2128
Hörverlust und Mittelohrimpedanz
Typ A: 0-50 daPa
Typ B: flacher
Kurvenverlauf
Typ C1: 50-150 daPa
Typ C2: >150 daPa
Schönweiler, R. et al.:
Int J Pediatr Otorhino
49 (1998) 251-258
Übereinstimmung von
Ohrmikroskopie und Impedanzmessung
Jahreszeitliches Auftreten von Mittelohrproblemen bei spracherwerbsgestörten Kindern
Kritische Vokal- und Konsonantformanten
KL
LL
Schönweiler, R. et al.:
Sprache, Stimme, Gehör 24 (2000) 177-181,
modifiziert nach Northern & Downs (1984)
Spektren /sch/ vs. /s/
/s/
/sch/
Auswirkungen geringgradiger
Schalleitungsschwerhörigkeiten
!
!
!
!
Phonologische Ebene: Fehlwahrnehmung von
Formanten
Lexikalische Ebene: neue Worte werden aus der
Entfernung nicht mit ausreichender Konstanz und
Signalqualität wahrgenommen
Grammatikalische Ebene: z.B. unbetonte
Endungen werden zu leise übertragen und nicht
wahrgenommen
Semantische und pragmatische Ebene: Kontext
wird fehlerhaft wahrgenommen
Schönweiler, R. et al.: Int J Pediatr Otorhino 49 (1998) 251-258
Folgen geringgradiger wechselnder
Schalleitungsschwerhörigkeiten
unmittelbar:
!Diskontinuität des Hören- und Sprechenlernens
(Downs 1984)
!eingeschränktes Langzeithörvermögen*
!eingeschränkte Jahreshörbilanz*
(*Schönweiler & Radü 1993)
später:
!SEV
!AVWS
!LRS
!Lernstörungen
Gehörverbessernde Maßnahmen
Konservativ=abschw. Nasentropfen, Mucolytika, Otovent/Otobar,
AT=Adenotomie, TE=Tonsillektomie,
PC=Paracentese, PR=Paukenröhrchen
n=666
Operative Therapie
Paracentese
Adenotomie
l,r*,sch g,k,ch1
d,t,s
ch2,r
Paukenröhrchen
Tonsillektomie
b,p,m
w,f
h
Paukenröhrchen
2 Tübinger ->
gold-PR
(ohne und
mit Draht)
<-3 Richards
tubes
(Weichkunststoff)
T-tube ->
<-modified
T-tube
Mittelohrschwerhörigkeit und Sprachentwicklung:
Doch kein falscher „ärztlicher Glaube“?
HNO?-
Behandlung der
serösen Otitis media*
dB
„What is hearing loss?“
! Kinder ohne Risiko** für Sprachstörungen und
Lernstörungen:
! 3 Monate “watchful waiting”
! Operative Eingriffe erst, wenn SOM >4 Monate mit Hörverlust
! Kindern mit Risiko** für oder manifesten Sprachstörungen
und Lernstörungen:
! Zeitigere (“more promptly”) Untersuchungen des Hören, Sprechens,
der Sprache und des Therapiebedarfs
! zeitigere operative Behandlung
! auch unabhängig vom Hörverlust!
* US “Clinical practice guideline”, 5. Mai 2004, Am Acad Family Physicians, Am Acad
Otolaryngol Head Neck Surg, Am Acad Pediatrics: Pediatrics 113 (2004) 1412-29
** Permanente Hörverluste sowie Liste mit weiteren Komorbiditäten
Akzeptanz der Eltern für AT, PC, ggf. PR
Antworten der Eltern im Mittel 1,7 Monate postoperativ bei 166
operativen Eingriffen von April 1991 bis Mai 1992
(Adenotomie, davon 83 % mit Einlage von Paukenröhrchen)
Frage (Mehrfachantworten möglich)
%
Das Kind ist aufmerksamer für Geräusche geworden
78
Das Kind ist reger geworden
43
Das Kind ist sprechfreudiger geworden
48
Das Kind spricht insgesamt deutlicher
43
Das Kind artikuliert mehr Laute
43
Der Satzbau ist komplexer geworden
29
Die Motorik ist besser geworden
23
Das Kind hat weniger Erkältungen
27
Das Kind hat weniger Mittelohrentzündungen
20
Das Kind atmet nicht mehr durch den Mund
40
Wenigstens ein positiver Effekt bezügl. der Sprache
75
Postoperativ hat sich nichts verändert
5
Ich würde die Operation unter gleichen
Umständen noch einmal durchführen lassen
94
Spracherwerbsstörungen
durch/bei
Entwicklungsverzögerungen
Psychologische Maßnahmen
•
•
•
•
•
•
•
•
Münchener Funktionelle Entwicklungsdiagnostik
HAWIK
S.O.N., S.O.N.-R.
CFT1, CFT2
Testbatterie zur Dyspraxie (van Uden)
Visuelle und auditive Wahrnehmungsdiagnostik
Beurteilung der seelischen Entwicklung
Erziehungsberatung der Eltern
Allgemeine Entwicklung
4. Lebensjahr (I)
"
Motorik
• wohlkoordiniertes Treten und Steuern z.B.
eines Dreirades; 1 Hüpfer auf einem Bein
"
Handmotorik
• korrekte Stifthaltung; knöpft auf und zu;
knetet Kugel und Schlange; wäscht und
trocknet Hände
Allgemeine Entwicklung
4. Lebensjahr (II)
"
Kognitive Entwicklung
• Differenzierte Rollenspiele (z.B.
Kaufladen); W-Fragen: warum, wieso,
weshalb, wo, woher, wann; erkennt Sinn
der (schmerzfreien) HNO-Untersuchung
Allgemeine Entwicklung
4. Lebensjahr (III)
"
Sprachentwicklung
• Laut / Lautverbindungen: ch, ng, nt, sp, fr
• Satzreihungen ("und dann,.. und dann"); gebraucht
Nebensätze
• kennt Gegensätze; kennt Daumen und Zeigefinger;
Kategorienbildung; versteht: müde, hungrig
• erkennt und bestimmt Spielregeln und Spielverlauf;
• annähernd richtiges einfaches Nacherzählen
• eventuell Redeunflüssigkeiten
Allgemeine Entwicklung
4. Lebensjahr (IV)
"
soziale Kompetenz
• versteht Spielregeln; verteilt auch an
andere; telefoniert; hat spezielle Freunde;
kooperiert bei Sprachuntersuchung am
Tisch
Entwicklungsstand bei
spracherwerbsgestörten Kindern
N=1305
Spracherwerbsstörungen und
psychomotorische Entwicklung
Schönweiler, R.:
Folia Phoniatr Logop
46 (1994) 18-26
(Alles
signifikant)
Spracherwerbsstörungen
bei soziokulturellen Faktoren
Hörstörungen, Sprachstörungen und Entwicklungsverzögerungen bei verschiedenem Sozialstatus
10 %
10
10 %
%
Soziodemographische* Stadtkarte
Gewichtete Häufigkeiten (n=638)
(*Variablen
(*Variablen:: Schulabschluß,
Schulabschluß, Beruf,
Beruf, Miete/
Miete/Eigentum,
Eigentum, Personen pro Zimmer, Anzahl Bad/WC, Öfen/
Öfen/Sammelheizung)
Sammelheizung)
Folgestudie: Sozialstatus und Erstsprache
•
•
•
•
•
•
•
Datenerhebung 1996
142 von insges. 188 Bochumer RegelKindergärten (77%)
1641 von 3718 gemeldeten Kinder (43%)
Alter 4,0-5,0 Jahre
810 Mädchen, 831 Jungen
1327 Sozialstatus bekannt (81%)
1443 Erstsprache Deutsch (88%)
(Doleschal und Radü 1998)
Sprachstörungen und Sozialstatus
n=1327
Sprachstörungen und Erstsprache
n=1443
Mehrsprachigkeit
Spracherwerbsstörungen
als multifaktorielles
Geschehen
Einzelfaktoren?
Schönweiler, R.:
Folia Phoniatr Logop
46 (1994) 18-26
+/-10 % Effekt durch sozio-kulturelle Faktoren?
N=1528
Oder multifaktorielle Genese?
+/-10 % Effekt durch sozio-kulturelle Faktoren?
N=1528
Behandlung von
Spracherwerbsstörungen
Medizinische
Behandlung
& Prophylaxe
Jedes Alter:
! Risiko für (S)SES, SEV # Beratung, Behandlung von
Komorbiditäten
Ab 2 Jahre:
! SEB, z.B. infolge permanenter IOS # Übungstherapie
Ab 3 Jahre:
! SEV # Beratung, Empfehlung für einen Kindergarten
! schwere (S)SES, unphysiologische phonologische Prozesse #
Übungstherapie
Ab 4 Jahre:
! Überdauern physiolog. phonolog. Prozesse # Beratung
! SEV oder (S)SES # Übungstherapie
! schwere SEV oder (S)SES # Sprachheilkindergarten planen
Verordnung nach den aktuellen Heilmittelrichtlinien
Sprachtherapie
X
X
SP1
X
30
10
oder 45 min
X
„multiple Dyslalie“ F80.1“, individuelles Testprofil
z.B. Entwicklungsbefund, Hörhilfen
Therapieziele (z.B. „Verbesserung
der Lautunterscheidung und Artikulation“
Schwellen,
Ausschluss von
z.B. Paukenergüssen
Arzt/
Ärztin
Neu: Therapiebericht auf gesondertem Blatt
nur nach Ankreuzen von „Therapiebericht ja“
Abweichungen vom
Konzept?
Therapeut(in)
Sprech- oder Sprachtherapie?
"
„Sprechtherapie“ meist bei
• Dyslalien/Stammeln (isoliert, partiell, multipel, universell) durch
phonetische oder phonologische Störungen
• Redeflußstörungen
• Stottern
• Poltern
• Poltern-Stottern
"
„Sprachtherapie“ meist bei Kombination aus Störungen
mehrerer sog. sprachlicher Ebenen
• Sprachentwicklungsstörung (SES)
• Sprachentwicklungsverzögerung (SEV)
• Sprachentwicklungsbehinderung (SEB)
Schönweiler, R: DMW 118 (1993) 707707-711
Indikation zur Sprachübungstherapie
N=1528
Lautentwicklung und Lebensalter
bei 1528 Kindern
N=1528
Erzieherische Behandlung &
Prophylaxe:
www.hanen.org
■
z.B. 1 von 3 Trainingsprogrammen für Eltern: ITTTT
!
!
!
■
Lernsätze für die Konversation
•
•
•
■
7-10 Elternabende, 8 Ehepaare pro Gruppe
3 Hausbesuche mit Videoanalysen
Engl. und span. (dt. in Vorber.: Delia Möller, Phoniatrie UKE)
Sich beim Gespräch ansehen
Gespräch am Laufen halten, sich nach dem Kind richten
Vielfalt des Vokabulars nutzen, Schlüsselwörter betonen
Lernsätze für das Vorlesen
•
•
•
Gelegenheit für Zwischenfragen geben
Textpassagen wiederholen, Bedeutung erläutern
Mit anderen Worten wiederholen, Betonung, Gesten
Erzieherische Behandlung &
Prophylaxe:
Einige Lernsätze für die Konversation:
www.hanen.org
■ Be face to face (sich dabei ansehen)
■ Follow the child‘s lead (sich nach dem Kind richten)
■ Keep the conversation going (Gespräch am Laufen halten)
■ Use a variety of words (Vielfalt des Vokabulars nutzen)
■ Draw attention to the words (Schlüsselwörter betonen)
Einige Lernsätze für das Vorlesen:
■ Observe – wait – listen (Kind Gelegenheit zur Äußerung geben)
■ Repetition pays off (Textpassage wiederholen!)
■ Make the meaning clear (Bedeutung erläutern)
■ Rephrase the text (mit anderen Worten wiederholen)
■ Read with drama, animation, and interest (Betonung, Gesten)
Ähnliche Ratschläge auf deutsch (aber ohne Trainingsprogramm):
■ Ritterfeld U: Logos Interdisziplinär 9 (2001): 109-113
Adresse & Download
der Vortragsfolien
Prof. Dr. med. Rainer Schönweiler
Leiter der Abt. für Phoniatrie und Pädaudiologie
(Stimm-, Sprach- und kindliche Hörstörungen)
Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Campus Lübeck
Ratzeburger Allee 160
D-23562 Lübeck
Tel. +49-(0)451-500-3485, Fax +49-(0)451-500-6792
E-Mail [email protected]
www.uk-sh.de#Krankenversorgung
#Fachgebiet „Phoniatrie“ eintippen#Suchen
#Details hier#Veranstaltungen#Download von Vorträgen
(www.uk-sh.de/index_2.phtml?NavID=676.1469.3)