Selbstklimatisierende Verpackungen auf der Basis von

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Selbstklimatisierende Verpackungen auf der Basis von
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FASERN UND
COMPOSITE
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VERPACKUNGEN
UND KONFORMITÄT
» DRUCK UND
FUNKTIONALE OBERFLÄCHEN
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PAPIERWIRTSCHAFT 4.0
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MATERIALPRÜFUNG
UND ANALYTIK
PTS-FORSCHUNGSBERICHT IK-MF 130038
SELBSTKLIMATISIERENDE VERPACKUNGEN AUF DER BASIS VON
HYDROGELEN IM PAPIERSTRICH
S. Genest, J. Schulz:
Selbstklimatisierende Verpackungen auf der Basis von Hydrogelen im Papierstrich
(Klimapack)
PTS-Forschungsbericht 14/12
Oktober 2015, zweite geringfügig überarbeitete Auflage November 2015
Papiertechnische Stiftung (PTS)
Heßstraße 134
D - 80797 München
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Download-Information:
Diese Studie steht auf der Homepage der
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Ansprechpartner:
Sabine Genest
Tel. 03529 / 551-645
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Papiertechnische Stiftung PTS
Institut für Zellstoff und Papier IZP
Pirnaer Straße 37
01809 Heidenau
Die Ergebnisse wurden im Rahmen des Forschungsvorhabens MF
130038 gewonnen, das im Programm zur "Förderung von Forschung
und Entwicklung bei Wachstumsträgern in benachteiligten Regionen"
mit finanziellen Mitteln des Bundesministeriums für Wirtschaft und
Energie (BMWi) über den Projektträger EuroNorm Gesellschaft für
Qualitätssicherung und Technologie mbH aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages gefördert wurde. Dafür sei an
dieser Stelle herzlich gedankt.
Unser Dank gilt außerdem den beteiligten Firmen für die Probenbereitstellung und für die freundliche Unterstützung bei der Projektdurchführung.
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Titel
Selbstklimatisierende Verpackungen auf der Basis von Hydrogelen im Papierstrich
S. Genest, J. Schulz
Inhalt
1
Zusammenfassung .................................................................................................................... 3
2
Abstract ....................................................................................................................................... 4
3
Einleitung..................................................................................................................................... 6
4
Versuchsdurchführung ............................................................................................................. 7
5
Vorbetrachtung: Stand der Technik bei Hydrogelentwicklungen....................................... 8
6
Quellungsverhalten der eingesetzten Hydrogele in Wasser ............................................. 10
7
Quellungsverhalten der eingesetzten Hydrogele an feuchter Luft ................................... 11
8
Einfluss hygroskopischer Materialien auf den Quellungsgrad ......................................... 14
8.1
Quellungsgrad in Wasser........................................................................................................... 14
8.2
Quellungsgrad an feuchter Luft ................................................................................................. 16
9
Formulierung und Applikation von Funktionsstreichfarben sowie Bewertung der
Schichtbildung.......................................................................................................................... 17
9.1
Bewertung eingesetzter Bindemittel .......................................................................................... 17
9.2
Bewertung der Schichtbildung ................................................................................................... 19
10
Untersuchung der Funktionsstriche ..................................................................................... 20
10.1 Wasserdampfaufnahme ............................................................................................................. 20
10.2 Anwendungstechnische Eigenschaften .................................................................................... 23
11
Wirtschaftlichkeitsbetrachtung .............................................................................................. 25
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1 Zusammenfassung
Thema
Feuchteregulierende Verpackungen auf der Basis von Hydrogelen im Papierstrich.
Zielstellung
Ziel dieses Forschungsprojektes war die Entwicklung eines Verpackungsmaterials, das feuchtigkeitsregulierende Eigenschaften besitzt. Hierfür wurden
Streichfarben für Faltschachtelkarton entwickelt, die als aktive Komponente
Hydrogele enthalten.
Ergebnisse
Die wesentlichen Projektergebnisse können zu den folgenden Punkten zusammengefasst werden:
•
Es erfolgte der erfolgreiche Einsatz synthetischer Hydrogele in wasserbasierenden Beschichtungsmassen auf Faltschachtelkarton. Hierbei
wurden kommerzielle Produkte zur Herstellung einer Beschichtung für
aktive Verpackungen verwendet.
•
Die Feuchteregulation der Beschichtung wird nicht durch wechselnde
klimatische Bedingungen reduziert, sie ist auch über die Lagerzeit stabil.
•
Die Wasserdampfaufnahme in feuchter Luft ist ausreichend, um signifikanten Einfluss auf die Luftfeuchtigkeit in Verpackungen auszuüben. So
können Wasserdampfaufnahmen von bis zu 0,68 g/g aktiver Substanz in
der Beschichtung realisiert werden.
•
Eine Dynamik der reversiblen Quellung wurde mit diesen Schichten
nachgewiesen.
•
Eine Modifikation der Hydrogele ohne LCST mit hygroskopischen Materialien steigert die Adsorptionsmenge sowohl von flüssigen als auch
dampfförmigen Wasser um bis zu 20%.
•
Bei Hydrogel mit LCST wirkt sich der Zusatz hygroskopischer Materialien
negativ auf den Quellungsgrad an feuchter Luft aus. Auch ein Einfluss
auf die Lage des LCST war nicht nachzuweisen.
Die Immobilisierung der Hydrogele im Strich erzielt hinsichtlich der Homogenität,
der resultierenden anwendungstechnischen Eigenschaften sowie der Wechselwirkungen mit anderen Strichkomponenten noch keine optimalen Ergebnisse,
wird jedoch in Kooperation mit externen Firmen weiterverfolgt werden.
Ausblick
Die wirtschaftliche Bedeutung zeigt sich besonders dadurch, da solche neuen
feuchteregulierenden Oberflächen völlig ungefährlich und nicht toxisch sind. So
lassen sich für den hart umkämpften Markt für Papiererzeuger und -verarbeiter
mit Anwendungen im aktiven und intelligenten Verpackungsbereich Zukunftsmärkte generieren. Solche speziellen Beschichtungen sind auch auf andere
bahnförmige Materialien wie Textilien oder Kunststoffe übertragbar.
Auf Basis der in diesem Vorhaben erzielten Ergebnisse können in weiteren
Entwicklungsarbeiten diese Beschichtungen auf Verpackungen aus Faltschachtelkarton optimiert werden.
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2 Abstract
Theme
Humidity regulating packaging based on paper coating containing hydrogels.
Project
objectives
The aim of this project is to develop packaging material which offers the possibility of binding water in such a way that it will be released / absorbed at low / high
internal moisture, thus providing a humidity self-regulating packaging. In this
project folding boxboard will be modified by a coating which contains hydrogels
as active components.
Results
The main results of this project can be summarized to the following points:
•
Synthetic hydrogels have successfully been applied in water based coatings on folding boxboard. For this purpose commercial products have
been used to produce a coating for active packaging material.
•
The humidity regulation of the coating will not be reduced by changing
climate conditions and is also stable during the time of storage.
•
The possible water vapor absorption is sufficient enough to have a significant impact on the relative air moisture in the packaging. Water vapor
adsorption can be realized up to 0.68 g/g of active substance within the
coating.
•
Dynamics of a reversible swelling behavior with these coating have been
successfully proved.
•
The modification with hygroscopic materials increases the absorption capacity of hydrogels without LCST of both liquid water and water vapor up
to 20%.
•
The impact of the combination of hygroscopic materials and hydrogels
with LCST affects the swelling behavior in humid air negatively. In addition, no influence on the LCST has been proved.
The hydrogel immobilization in the coating layer doesn’t achieve optimal results
yet concerning homogeneity, application-technological properties as well as
concurrent interactions with coating components. However this will be pursued in
cooperation with external companies.
Outlook
These new and humidity regulating surfaces show their economic significance
especially being absolutely innocuous and non-toxic. Hence future markets for
paper producers and processors can be generated with applications in the field
of active and intelligent packaging. Furthermore, such special coatings can be
transferred to other plan materials as textiles or plastics.
On the basis of the obtained results in this project further developments of theses
coatings on packaging material as folding boxboard can be optimized.
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Acknowledgement
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The research project MF 130038 was funded by the German Federal Ministry of
Economic Affairs and Energy BMWi in the programme for the "Promotion of
Research, Development and Innovation in disadvantaged areas" based on the
decision of the German Parliament and carried out under the umbrella of EuroNorm in Berlin. We would like to express our warm gratitude for this support.
We would also like to express our thank to the involved German companies for
providing proper samples as well as for supporting project performance.
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3 Einleitung
Entwicklung
Neben den im verstärkten Maße geforderten werbetechnischen und informativen Anforderungen[1] dienen Verpackungen vor allem dem Schutz von Erzeugnissen. Packmittel sind heute in der Mehrzahl kein notwendiges Übel sondern
Hightech-Produkte, die Füllgutschutz, optimales Laufverhalten auf Abpackanlagen, Logistikeignung und Verbraucherinformation bei gleichzeitiger optischer
Attraktivität gewährleisten müssen. Diese Anforderungen betreffen nicht nur den
Hersteller der Verpackungen, sondern auch den Karton- oder Papierproduzenten. Unter den Randbedingungen des Marktes mit seinem hohen Kostendruck ist
die effiziente Produktentwicklung bzw. Optimierung sowohl für die Verpackungshersteller als auch in besonderem Maße bereits bei der Packstoffherstellung ein
existentielles Kriterium.
Um Füllgüter vor dem Verderben zu schützen, wird hauptsächlich das Konzept
verfolgt, Barrieren zu erzeugen, die vor Sauerstoff oder Wasser schützen. Es
werden aber auch Produkte hergestellt, die für einen optimalen Gebrauchswert
bei einer speziell einzustellenden Luftfeuchtigkeit gelagert werden müssen.
Aktuelle Marktanforderungen belegen klare Bedürfnisse, die Luftfeuchtigkeit in
Verpackungen einstellbar zu gestalten und unabhängig von äußeren Bedingungen, wie Temperaturschwankungen oder Feuchteänderungen, konstant zu
halten.
Feuchtigkeitsabsorber,
Trockenmittel
Feuchtigkeitsabsorbierende Pads, Presstabletten, Beutel, selbstklebende
Etiketten oder Saugeinlagen werden als Verpackungsbeilagen benutzt um
Flüssigkeiten von Lebensmitteln wie Fisch, Fleisch, Früchten und Gemüse
aufzunehmen. Größere Tücher absorbieren geschmolzenes Eis während Flugtransporten von Fischprodukten. Solche saugeinlagen bestehen prinzipiell aus
zwei Schichten eines mikroporösen Polyethylen- oder Polypropylen „Sandwiches“ mit einem superabsorbierenden Polymer in Form von freibeweglichen
Granulat in der Mitte.[2]
Trockenmittel werden vornehmlich für Produkte, wie Käse, Chips, Nüsse, Süßigkeiten, Gewürze aber auch Elektroartikel, Textilien, Schuhe, Taschen etc.
verwendet[3]. Trockenmittel, wie Silicagel, Molekularsiebe, Calciumoxid werden
vorrangig für trockene Lebensmittel während mikroporöse Säckchen oder Pads
mit anorganischen Salzen und Schutzschichten aus festen, polymeren Feuchthaltemittel benutzt werden, um die Feuchtigkeit im Inneren von Verpackungen zu
puffern.[4]
Als in Verpackungsmaterialien integrierte, feuchteregulierende Substanz ist bislang nur ein Produkt des Fraunhofer IVV bekannt, wobei es sich um hygroskopische Salze (u.a. NaCl, CaCl2) handelt, welche in Kunststofffolien oder -formteile eingearbeitet wurden und feuchteregulierende Eigenschaften zeigen („Regu
Pack“).[5] Für die Wasserdampfabsorption wurde ein Wert von mehr als 0,5 g
H2O/g aktive Schicht bei einer NaCl-Konzentration von 6 w% in der Verpackungsfolie nachgewiesen. Andere autonom arbeitende Systeme, welche die
Anforderungen an feuchte-regulierende Verpackungen auf Papierbasis erfüllen,
sind derzeit unbekannt, wodurch sich ein hoher Forschungsbedarf ergibt und
sich daraus ein sich breites Anwendungsspektrum eröffnet.
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Hydrogele
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Hydrogele sind zur Regulierung der Luftfeuchtigkeit in Verpackungen geeignet.
In Hygieneprodukten, wie z. B. Babywindeln oder Damenbinden, werden Hydrogele als Absorbermaterial, sogenannte Superabsorber[6] eingesetzt. Die Fähigkeit, Flüssigkeiten aufzunehmen und auch unter Druck nicht wieder abzugeben,
macht sie dort zu einem unentbehrlichen Hilfsstoff. Sie können bis zum 100fachen ihres Gewichts an Flüssigkeit aufnehmen.
Ihre chemischen und physikalischen Eigenschaften werden durch die PolymerPolymer-Wechselwirkungen des Netzwerkes und durch die Wechselwirkung des
Netzwerks mit der eingeschlossenen und der umgebenden Flüssigkeit bestimmt.
Dabei ändert sich der Quellungszustand eines Hydrogels, wenn Umgebungsbedingungen verändert werden.
Während des Quellungsprozesses wird das Polymernetzwerk durch die Aufnahme von Lösungsmittelmolekülen vergrößert. Ein Gleichgewichtszustand ist
dann erreicht, wenn die Kraft, welche die Quellung hervorruft, gleich der Rückstellkraft des Netzwerkes ist. Ob ein Hydrogel quillt oder entquillt, hängt u.a. vom
osmotischen Druck ab, der darin herrscht.[7] Auf Grund dieser Eigenschaften ist
es Hydrogelen möglich, durch Aufnahme oder Abgabe von Wasser-dampf die
relative Feuchtigkeit der umgebenden Raumluft Einfluss zu nehmen, was die
Grundlage der in diesem Projekt erfolgten Entwicklung einer feuchteregulierenden Beschichtung für Faltschachtelkarton darstellt.
Forschungsziel
Ziel dieses Forschungsprojektes war die Entwicklung eines Verpackungsmaterials, das feuchtigkeitsregulierende Eigenschaften besitzt. Hierfür wurden
Streichfarben für Faltschachtelkarton entwickelt, die als aktive Komponente
Hydrogele enthalten.
Um ein breites Einsatzgebiet zu gewährleisten, sollten die einzusetzenden
Hydrogele mit hygroskopischen Materialien modifiziert werden.
4 Versuchsdurchführung
Einflussgrößen
Die Charakterisierung der Wasseraufnahmekapazität (n Luft und in Wasser
erfolgte neben gravimetrischen Bestimmungen der Quellungsgrade die Bestimmung der dynamischen Dampfsorption von Wasserdampf mit dem automatisierten Sorptionsmessgerät DVS (dynamic vapor sorption), welcher Masseänderungen im µg-Bereich erfasst und diese sowohl quantitativ ausgewertet als auch
kinetisch erfasst.
Zur Bewertung der Zumischversuche hygroskopischer Materialien und Eigenschaften der entwickelten Funktionsstriche wurde ein Untersuchungsprogramm
entwickelt, das folgende Eigenschaften und Einflussgrößen berücksichtigt:
A
Stoffzusammensetzung
B
Quellungseigenschaften
C Strichbildung
D Festigkeitseigenschaften gestrichener Testliner
E
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Reversibilität der Wasserdampfaufnahmemenge
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5 Vorbetrachtung: Stand der Technik bei Hydrogelentwicklungen
Herstellung und
Modifizierung
von Hydrogelen
Die Herstellung von Hydrogelen durch Vernetzungsreaktionen findet entweder
während der Polymerisation direkt aus der Monomerlösung[8,9] oder durch eine
nachträgliche Vernetzung der linearen Polymerketten statt.[10] Oft kommt auch
eine Kombination beider Verfahren zum Einsatz, wobei sog. Kern-SchaleStrukturen entstehen, deren äußere Bereiche stärkere Vernetzungsgrade
aufweisen als die inneren.[11,12] Diese Strukturen zeichnen sich durch höhere
Festigkeiten der Hydrogele im gequollenen Zustand und ein höheres Quellungsvermögen unter Druck aus. Außerdem kann so Gel-Blocking-Effekten
(Auftreten von Barriereschichten und Verhinderung des Eindringens von Lösungsmittel in das Innere des Hydrogels) entgegengewirkt werden, wodurch der
Quellungsgrad und die Quellungsgeschwindigkeit verbessert werden[11]. Darüber hinaus erfolgt die Verknüpfung zu Hydrogelen in der Industrie über folgende Wege:
•
physikalisch (reversible Netzknoten durch Verschlaufungen oder Verhakungen bzw. durch Einfrier-Auftau-Vorgänge),[13]
•
chemisch (irreversible kovalente Bindungen zwischen den Ketten)[13]
•
thermisch (Veresterung von Polymeren),[14]
•
photochemisch (Polymere mit UV-aktiven Gruppen vernetzt durch UVStrahlung[15] oder
•
mittels γ-Strahlung durch Radikalbildung (nachträgliche Vernetzung linearer Polymere).[16]
Einige neuartige Modifizierungsmöglichkeiten von Hydrogelen wurden aktuell
veröffentlicht und beinhalten zumeist Hybrid- bzw. Kompositmaterialien: Lu et al.
stellen die Synthese eines Polyacrylamid-Hybridnanogels mit Goldpartikeln für
biomedizinische Zwecke vor.[17] Auch wurden Hydrogel-Coatings (Poly-2-alkylacrylsäure) vorgestellt, die in Abhängigkeit von Bakterien-induzierter Säuerung
des Mediums antibakteriell wirken und eine pH-getriggerte Hydrophobie aufweisen.[18] Natürliche Polymere, besonders Polysaccharide, werden weitgehend in
Kombination mit Polyacrylamid-Polymeren[19,20] eingesetzt. Jiang et al. stellen
die in ionischen Flüssigkeiten stattfindende Synthese eines neuartigen Copolymers vor, welches zur Entfernung von Cr(VI) aus wässrigen Lösungen benutzt
wird.[21]
Variation des
Quellungsverhaltens
Die charakteristische Quellungszeit eine Gels ist abhängig vom Quadrat des
Partikelradius a und vom Diffusionskoeffizienten D, was bereits 1976 durch
Tanaka, Hocker und Benedek eingeführt wurde.[22] Diese Betrachtungen zur
Kinetik sind Fehler behaftet, da die Quellungszeit durch die Diffusion der Gelmoleküle bestimmt wurde und nicht, wie notwendig, durch die Diffusion des
Gelnetzwerkes.
Bis heute gibt es mehrere Erweiterungen und Verbesserungen dieser Theorie:
Yong führte einen Richtungsvektor ein, der die Abweichung eines Punktes im
Netzwerk von der Gleichgewichtslage des gequollenen Gels beschreibt.[23]
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Peters stellte fest, dass sich der scheinbare Diffusionskoeffizient D der Polymere je nach Form der Gelpartikel unterscheiden,[24] so dass D für Platten und
Zylinder einen fast doppelt so hohen Wert erreichen kann, wie für Kugeln
desselben Gels.
Eine thermodynamische Betrachtung dieses Gleichgewichtzustandes liefert den
Ansatzpunkt für die Flory-Rehner-Theorie, die ein gequollenes Hydrogel mathematisch beschreibt. Nach der Flory-Rehner-Theorie ist der Quellungsgrad
proportional zur Anzahl der Monomereinheiten zwischen den Vernetzungspunkten.[25]
Einflussgrößen
auf LCST
Bringt man Co-Monomere in die Polymerstruktur ein, ist es möglich je nach Art
der Co-Monomere die Hydrophilie zu verändern oder H-Brücken auszubilden.
Polymere können funktionelle Gruppen in ihrer Gerüststruktur besitzen, die
ionisierbar sind und somit für ein temperatursensitives Verhalten sorgen.
Handelt es sich dabei um saure oder basische Gruppen, kann der pH-Wert
einen Einfluss auf die Lage des LCST (lower critical solution temperature)
haben.[26]
Das Lösungsmittel kann ebenfalls einen Einfluss auf das Quellungsverhaltens
haben. So wurde bei PNIPAAm mit zunehmenden DMSO-Anteil eine diskontinuierliche Volumenänderung[27] und für ein ionische Gel (Acrylamid/ MAPTAC)
mit zunehmenden NaCl-Gehalt ein abnehmender Quellungsgrad erzielt.
Der Vernetzungsgrad hat keinen Einfluss auf die LCST, was durch Kuckling
et al.[28] bewiesen wurde. Jedoch nimmt mit zunehmender Vernetzung der
Quellungsgrad ab, da eine erhöhte Starrheit der Polymerketten erreicht wird, die
dem Lösungsmittel beim Quellen einen höheren Widerstand entgegenbringt.
Immobilisierung
von Hydrogelen
Eine Immobilisierung von Polymersystemen auf Oberflächen bietet verschiedene Vorteile: Im Gegensatz zu Systemen in Lösung sind feste Substrate wesentlich einfacher zu benutzen. Für technische Anwendungen und automatisierte
Prozesse sind definierte Abmessungen und ein fester Träger unerlässlich.
Oberflächengebundene Systeme sind zudem haltbarer und weniger anfällig
gegenüber falscher Handhabung als Flüssigkeiten. Darüber hinaus können
oberflächengebundene Systeme wesentlich komplexer aufgebaut werden.
Die übliche Vorgehensweise, Polymere auf Oberflächen zu immobilisieren,
besteht darin, sie kovalent anzubinden: mit reaktiven Gruppen über Pfropfungsreaktionen[29,30] oder ohne reaktive Gruppen über Plasmabehandlung. Auch
können Hydrogel-Copolymere über photovernetzbare Gruppen auf festen Oberflächen immobilisiert werden.[31] In einem anderen Ansatz bilden amphiphile
Blockcopolymere selbstorganisierte Strukturen und binden über hydrophobe
Wechselwirkungen an Oberflächen.[32] Im „layer-by-layer“-Verfahren binden
Polyelektrolyte beispielsweise rein über elektrostatische Wechselwirkungen.[33]
Die physikalische Immobilisierung der Hydrogele durch die Anwendung als
Streichfarbenbestandteil ist ein neuer Ansatz, der im Projekt verfolgt wurde.
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6 Quellungsverhalten der eingesetzten Hydrogele in Wasser
Vorgehensweise
Es erfolgten Untersuchungen des Quellungsverhaltens von Hydrogelen ohne
und mit LCST in Wasser sowie die Identifikation relevanter Einflussgrößen auf
den Quellungsvorgang (Kinetik, Quellungsgrad).
Quellungsvorgang
Quellen Hydrogele, bindet zunächst das Wasser direkt an polare Gruppen und
solvatisiert hydrophobe Gruppen der Polymerketten (primär- und sekundär
gebundenes Wasser). Über den osmotischen Druck wird weiter Wasser (freies
Wasser) in das Netzwerk gezogen, bis die elastische Rückstellkraft des Netzwerkes einem weiteren Quellen entgegenwirkt.[34]
Hydrogele mit
LCST
Unter gezielt steuerbaren Bedingungen zeigen Polymere mit einer LCST (lower
critical solution temperatur) einen stimuli-responsiven, reversiblen Phasenübergang, der mit einer charakteristischen Volumenänderung einhergeht. Erzielt wird
diese Änderung durch Variation des pH-Wertes,[35] der Polarität des Lösungsmittels, der Temperatur[36] oder der Ionenkonzentration.[37]
Poly-N-Isopropylacrylamid (PNIPAM, PN) unterliegt in wässriger Umgebung bei
einer Temperatur von ca. 32 °C der LCST.[38] Dies bedeutet, dass beim Überschreiten der LCST ein charakteristischer Wechsel von der losen, vernetzten
Knäuelstruktur in Lösung hin zum festen, wasserunlöslichen Partikel mit hydrophober Oberfläche ohne weitere signifikante Quellungseigenschaften des
Hydrogels von statten geht. Die Bestimmung des Quellungsgrades von PN
wurde aus diesem Grund nicht für T > 30 °C durchgeführt.
Quellungsgrad
Ein Überblick über die Partikelgrößen der Hydrogele ohne und mit LCST
befindet sich in Tab. 1. Die Partikelgrößen der Hydrogele (bis zu 200 µm)
wurden durch Mahlung soweit zerkleinert, dass nach vollständigem Quellungsvorgang übliche Auftrags-dicken von funktionalen Strichen (100 µm) nicht
überstiegen wurden. Einzig das Hydrogel mit LCST (PN) musste nicht zusätzlich
zerkleinert werden, da die ursprüngliche Partikelgröße im Zielbereich lag (≤
50 µm). Tab. 1 gibt die Partikelgrößen nach vorangegangener Mahlung wieder.
Mit diesen zerkleinerten Hydrogelpartikeln erfolgten alle weiteren Versuche.
Tab. 1: Partikelgrößen der Hydrogele
FP
ST
TF
PN-1
PN-2.5
PN-5
34 ± 5 µm
49 ± 4 µm
42 ± 5 µm
14 ± 1 µm
16 ± 1 µm
16 ± 1 µm
Die ungemahlenen Produkte wiesen geringfügig höhere Quellungsgrade als die
gemahlenen Proben auf, was auf die höhere Oberfläche zurück geführt wird.
Die Ergebnisse der Bestimmung ihrer Quellungsgrade in Wasser in Abhängigkeit von der Temperatur sind in Tab. 2 aufgeführt. Je mehr Vernetzer bei der
Synthese der Hydrogele mit LCST zum Einsatz kam, desto höher sollte theoretisch ihr Vernetzungsgrad und desto geringer der zu erzielende Quellungsgrad
sein. Es war jedoch kein signifikanter Einfluss der Vernetzerkonzentration auf
den Quellungsgrad der Hydrogele mit LCST zu beobachten.
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Tab. 2: Quellungsgrade [g/g] der Hydrogele ohne/mit LCST in Abhängigkeit von
der Temperatur des adsorbierten Wassers (n.b. = nicht bestimmt)
ohne LCST
mit LCST
Temperatur
FP
ST
TF
PN-1
PN-2.5
PN-5
20 °C
259
365
212
14
16
16
30 °C
216
430
176
n.b.
n.b.
n.b.
40 °C
218
455
168
n.b.
n.b.
n.b.
50 °C
200
391
176
n.b.
n.b.
n.b.
Das kommerzielle Hydrogel ST wies mit 365-455 g/g einen deutlich höheren
Quellungsgrad als die anderen Produkte mit Werten in der Größenordnung von
ca. 200 g/g für TF und FP auf. Gründe hierfür können eine kleinere elastische
Rückstellkraft durch einen geringeren Vernetzungsgrad, ein höher Neutralisationsgrad, ein niedriger Flory-Huggins-Parameter oder eine Kombination dieser
Eigenschaften der Copolymere sein, welche im Detail nicht von den Herstellern
vorliegen. Die Hydrogele mit LCST (PN) hingegen besaßen einen deutlich
geringeren Quellungsgrad mit ca. 16 g/g. Auch hier war nur die Konzentration
des zum Einsatz gekommenen Vernetzers, nicht jedoch der tatsächliche Vernetzungsgrad bekannt. So konnte der Vergleich zu den anderen Hydrogelen
lediglich über den Quellungsgrad erfolgen.
Einflussgrößen
auf den
Quellungsgrad
Die Partikelgröße, Umgebungs- und Wassertemperatur sowie Hydrogelkonzentration bei Wasserüberschuss (= Mindestmenge zum Erreichen eines maximalen Quellungsgrades) zeigten keinen signifikanten Einfluss auf den Quellungsgrad aller getesteten Hydrogele ohne/mit LCST in Wasser.
Mit Abnahme der Partikelgröße (Zunahme der relativen Oberfläche) wurde für
die meisten Hydrogele ein geringfügig kleinerer Quellungsgrad festgestellt.
Grund hierfür könnten verstärkte Gel-Blocking-Effekte durch die höhere Partikeloberfläche gewesen sein. Die Quellung ist reversibel und bereits nach sehr
kurzer Zeit (1-2 min) abgeschlossen. Eine Nachquellung bis zum Erreichen der
Gleichgewichtskonformation des polymeren Netzwerkes und damit ggf. verbundener weiterer Aufnahme von Quellungsmittel ist vernachlässigbar. Hingegen
erfolgt eine Entquellung (durch Verdunsten des freien Wassers) umso schneller,
je größer die Hydrogeloberfläche ist.
7 Quellungsverhalten der eingesetzten Hydrogele an feuchter Luft
Versuchsdurchführung
Die Feuchteregulierung in Verpackungen findet bevorzugt durch die Wechselwirkung der Beschichtung mit der Gasphase statt. Daher wurden die Wasserdampfaufnahme und der damit verbundene Quellungsgrad der Hydrogele in
Abhängigkeit von verschiedenen Klimata untersucht. Um bei verschiedenen
Temperaturen und rel. Luftfeuchten (rLF) die maximale Feuchteaufnahme der
verschiedenen Materialien zu ermitteln, wurde in folgenden aufeinander aufbauenden Schritten vorgegangen:
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1. Quellungsgrad (Feuchteaufnahme) ausgehend vom getrockneten Ausgangspunkt bei definierten Bedingungen (20 und 50 °C sowie 20, 50
und 90% rLF)
2. Änderung des Quellungsgrades während variierender Klimaverläufe (20,
60, 75, 90, 50% rLF bei 20 °C)
3. Änderung der Partikelquellung während Trocknungsprozessen des Lösungsmittels Wassers (Entquellungsvorgänge)
Tab. 3 enthält Angaben zu dem in der Luft vorhandenem Wasserdampfgehalt in
Abhängigkeit von der Temperatur und rel. Luftfeuchte, welche in die Auswertung
des Quellungsverhaltens mit einbezogen wurden.
Tab. 3: Wasserdampfgehalt [g/kg] feuchter Luft in Abhängigkeit von der
Temperatur und relativen Luftfeuchtigkeit laut Mollier-h,x-Diagramm[39]
T / rLF
20%
50%
90%
20 °C
2,9
7,4
13,5
50 °C
15,7
n.b.
n.b.
Quellungsgrad in Vergleicht man die Quellungsgrade der Hydrogele ohne/mit LCST bei jeweils
feuchter Luft
einer Temperatur und Feuchte, so unterscheiden sie sich nur marginal. Tab. 4
stellt die Ergebnisse im Überblick dar.
Tab. 4: Maximal erreichte Quellungsgrade [g/g] der Hydrogele in Abhängigkeit
von der Temperatur und relativen Luftfeuchte rLF (n.b. = nicht bestimmt) in
einem Zeitraum von 24 Tagen
T / rLF
20%
50%
90%
FP
20 °C
0,7
0,9
2,5
50 °C
0,5
0,2
4,1
ST
20 °C
1,1
1,3
3,7
50 °C
0,3
0,1
4,0
TF
20 °C
1,0
1,3
3,6
50 °C
0,4
0,2
4,3
PN
20 °C
0,2
2,5
3,3
50 °C
n.b.
n.b.
n.b.
Die Werte für PN bei 50 °C
wurden nicht bestimmt, da die
Temperatur oberhalb der LCST
liegt. Die Messungen erfolgten
jeweils in Doppelbestimmung,
unterlagen jedoch Ungenauigkeiten. Die Messdatenaufnahme
fand damit nicht exakt während
des thermodynamischen Gleichgewichtes der Feuchtaufnahme
unter den jeweiligen Temperaturbedingungen statt. Die sich
daraus ergebenen Schwankungen sind jedoch vernachlässigbar.
Während geringer und hoher Feuchte wurde der maximale Quellungsgrad sehr
schnell (innerhalb maximal 24 h) erreicht. Bei hoher rLF von 90% und darüber
hinaus mit steigender Temperatur waren die Quellungsgrade maximal und
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lagen in der Größenordnung von 2,5-4,3 g/g. Hierbei machte es keinen Unterschied, ob die Hydrogele zu der Gruppe mit oder ohne LCST gehörten.
Änderung des
Quellungsgrades
während
variierender
Klimaverläufe
Der Quellungszustand eines Hydrogels ändert sich in dem Moment, in dem die
Umgebungsbedingungen verändert werden. Aus diesem Grund wurde der
Quellungsgrad bei verschiedenen rLF über definierte Zeiträume untersucht, um
das Ansprechverhalten der Hydrogele bewerten zu können, was in Abb. 1
veranschaulicht wird.
Abb. 1: Änderung des Quellungsgrades bei dem Wechsel der Feuchte von 20,
60, 70 auf 90% rLF bei 20 °C im Klimaschrank innerhalb von ca. 2 Monaten
Alle untersuchten Hydrogele zeigten proportional zur Luftfeuchtigkeit verändernde Quellungsgrade sowie Einstellung eines Gleichgewichtes innerhalb von
weniger als einer Stunde. Auch nach 2 Monaten Versuchszeit verlieren die
Hydrogele ohne LCST nichts an ihrer Quellungsfähigkeit.
Einflussgrößen
Die erzielbaren Quellungsgrade in feuchter Luft sind um Größenordnungen von
100 bis 400fachem kleiner als mit Wasser (siehe Tab. 4) und steigen um das 2
bis 4fache mit der relativen Luftfeuchtigkeit und der Temperatur durch die
Zunahme des Wassergehalts in warmer Luft. Es konnte kein Einfluss der
Partikelgröße (relative Oberfläche) auf den Quellungsgrad festgestellt werden.
Schlussfolgerung
Die Wasseraufnahme in feuchter Luft nimmt signifikanten Einfluss auf die
Luftfeuchtigkeit in Verpackungen. So nimmt 1 g einer Hydrogelbeschichtung
1 g Wasser bei einem Quellungsgrad von 2 g/g auf. Wird dieses Wasser in
einer Verpackung, die 1 kg (entspricht ca. 0,8 m3) Luft enthält, bei 20 °C und
30% rLF wieder abgegeben, bewirkt dies nach dem Mollier-Diagramm[39]
eine Zunahme der rLF von 6,5% auf 36,5% rLF bei gleicher Temperatur.
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8 Einfluss hygroskopischer Materialien auf den Quellungsgrad
Zusatz
hygroskopischer
Materialien
8.1
Durch die Anwendung der reinen Hydrogele werden nur diskrete Gleichgewichtszustände realisiert. Aus diesem Grunde wurde im nächsten Schritt versucht, die
Gleichgewichtslage durch hygroskopische Zusätze derartig zu verändern, dass
ein möglichst breites Feuchtigkeitsspektrum abgedeckt werden kann.
Quellungsgrad in Wasser
Vorgehen
Die Quellungsgrade wurden über eine Doppelbestimmung ermittelt und sind auf
den Hydrogelanteil bezogen, da die Quellung hauptsächlich von den Hydrogelen
ausgeht. Der Einsatz der hygroskopischen Materialien erfolgte in verschiedenen
Anteilen, jeweils bezogen auf die atro-Masse des Hydrogels. Die folgenden
Abbildungen zeigen die Ergebnisse für die Hydrogele ST, TF und PN-5. Dabei
entspricht die gestrichelte Linie in den Diagrammen dem Quellungsgrad des
Hydrogels ohne Modifikation.
Quellungsgrad in Die Proben ST, TF und PN-5 wurden mit den hygroskopischen Materialien
Wasser
Bentonit, Kieselgel und Klucel E verschiedener Massenanteile (100, 50 und 20
w% bezogen auf die atro Ausgangsmasse des Hydrogels) versetzt und anschließend deren Einfluss auf die thermodynamische Quellungscharakteristik
untersucht. Die Ergebnisse sind in den Abb. 2 (ST), sowie Abb. 3 (TF) und
Abb. 4 (PN-5) zu entnehmen. Dabei entspricht die gestrichelte Linie in den
Diagrammen dem Quellungsgrad des Hydrogels ohne Modifikation.
Abb. 2: Quellungsgrad des Hydrogels ST unter Einfluss hygroskopischer
Materialien in verschiedenen Massenanteilen (Hydrogel : Zusatz) bei 20 °C
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Abb. 3: Quellungsgrad des Hydrogels TF unter Einfluss hygroskopischer
Materialien in verschiedenen Massenanteilen (Hydrogel : Zusatz) bei 20 °C
Abb. 4: Quellungsgrad des Hydrogels PN-5 unter Einfluss hygroskopischer
Materialien in verschiedenen Massenanteilen (Hydrogel : Zusatz) bei 20 °C
Der Zusatz der hygroskopischen Materialien erhöht den Quellungsgrad der Hydrogele ohne LCST (ST um ca. 20% und den von FT um ca. 8,5%). Die Variation der Massenanteile zeigte keinen signifikanten Einfluss auf die erzielten
Quellungsgrade in Wasser.
Hingegen wirkt sich der Zusatz bei dem Hydrogel mit LCST (PN-5) negativ auf
den Quellungsgrad aus. In allen Fällen kommt es zu einer deutlichen Verkleinerung um bis zu 50% der Quellfähigkeit des Hydrogels. Die Bestimmung des
vergleichsweise sehr kleinen Quellungsgrades der Hydrogele mit LCST unterliegt methodisch bedingt hohen Schwankungen und kann zu diesem Ergebnis
führen.
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8.2
16 (29)
Quellungsgrad an feuchter Luft
Quellungsgrad
an feuchter Luft
Der Quellungsgrad der Hydrogele ohne LCST nach Modifikation mit hygroskopischen Materialien verändert sich unwesentlich bei den gewählten Bedingungen
von 30 °C und der Erhöhung der rLF auf 95%, hier ist ein höchstmöglicher
Wasserdampfgehalt von ≥ 20 g/kg in der Luft enthalten.
Eine Ausnahme bildete der Zusatz eines Cellulosederivates (HPC), wonach eine
Erhöhung der Wasserdampfaufnahme um bis zu 20% erfolgte, welches allein der
Adsorptivität dieses Materials zugeschrieben werden kann. Hingegen erfolgte bei
den Hydrogelen mit LCST in jedem Fall eine Zunahme der Wasserdampfadsorption in Abhängigkeit von der Art und Menge des hygroskopischen Zusatzes.
Beispielhaft sind die Adsorptionsisothermen für die Proben TF und PN-5 dargestellt.
Abb. 5: Quellungsgrad des Hydrogels TF unter Einfluss hygroskopischer
Materialien in verschiedenen Anteilen (Hydrogel : Zusatz), 30 °C , 95% rLF
Abb. 6: Quellungsgrad des Hydrogels PN-5 unter Einfluss hygroskopischer
Materialien in verschiedenen Anteilen (Hydrogel : Zusatz), 30 °C , 95% rLF
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Der Zusatz hygroskopischer Materialien zu den Hydrogelen ohne steigert die
Adsorptionsmenge von flüssigem Wasser und würde die feuchtebeeinflussenden Eigenschaften einer funktionalen Beschichtung mit diesen Materialien
unterstützen. Die Hydrogele mit LCST erfahren zwar eine Verbesserung des
Quellungsgrades an feuchter Luft, zeigen jedoch insgesamt eine zu geringe
Leistungsfähigkeit. Um eine feuchteregulierende Schicht in ihren Sorptionseigenschaften auch bei Auftreten von Kondenswasser maximal flexibel auszustatten, ist das Hydrogele ST ohne LCST mit einer Modifikation durch Bentonit
mit 50 w% zu empfehlen.
Fazit
9 Formulierung und Applikation von Funktionsstreichfarben sowie Bewertung
der Schichtbildung
9.1
Bewertung eingesetzter Bindemittel
Vorgehensweise
Es wurden Formulierungen mit den Hydrogelen ohne LCST (ST und TF) in
unterschiedlichen Anteilen entwickelt und anschließend im Labormaßstab mit
gängigen Auftragsaggregaten zur Papierveredelung appliziert.
Bindemittel
Zur Schichtbildung wurden verschiedene Bindemittel (Latex, Stärke, Polyvinylalkohol unvernetzt und vernetzt) getestet und zusammen mit Hydrogel zunächst
auf PE-Substrat aufgebracht. Die Substratwahl fiel auf ein PE-beschichtetes
Papier, um Wechselwirkungen zwischen Papier und Streichfarbe im ersten
Schritt auszuschließen. So konnten diese Schichten optimal bezüglich der Hydrogelpartikelverteilung, Homogenität, Schichtbildung analysiert werden.
Die Formulierungen enthielten Bindemittel mit einen Anteil von 0,1; 0,05; und
0,01 w% der Hydrogellösung. Nach ihrer Applikation stellten sich Nassfilmdicken von 500 µm und 800 µm als geeignet heraus. Tab. 5 in fasst beispielsweise die erzielten Filmdicken und Auftragsmengen nach der Trocknung der
Streichfarben für die 0,1 w% ST- und TF-enthaltenen Formulierungen bei
verschiedenen Nassfilmdicken unter der Verwendung eines PolyvinylalkoholBinders (PVOH) zusammen. Tab. 6 zeigt ergänzend die Partikelverteilung in
den Schichten bei verschiedenen Auftragsmengen.
Tab. 5: Filmdicken und Auftragsmengen nach Trocknung der Streichfarben für
die 0,1 w%-igen ST- und TF-Lösungen in 10 w% igem PVOH bei verschiedenen
Nassfilmdicken
ST
Nassfilmdicke
[µm]
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TF
500
800
500
800
Trockenfilmdicke
[µm]
51 ± 5
81 ± 14
35 ± 4
58 ± 5
Auftragsmenge
[g/m²]
20 ± 4
27 ± 7
20 ± 6
39 ± 7
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Die hohen Schwankungen der Trockenfilmdicke von bis zu 30% sowie die
resultierenden Auftragsmengen ergeben sich aus dem inhomogenen Auftrag
der stark gequollenen Hydrogelpartikel.
Das Hydrogel ST erzeugt durch seine größeren Partikel höhere Trockenfilmdicken. Die Auftragsmengen bei einem Nassauftrag von 500 µm sind bei beiden
Produkten mit einem Wert von etwa 20 g/m² durch die Bildung von Monolagen
der Hydrogelpartikel vergleichbar. Die Auftragsmenge bei einem Nassauftrag
von 800 µm ist bei dem Produkt TF mit ca. 40 g/m2 erheblich höher, was mit
dem ca. 50% kleineren Quellungsgrad im Vergleich zu ST zu begründen ist.
Tab. 6: Resultierende Schichtbildung von 0,1 w%-iger ST- und TF-Lösung in 10
w% igem PVOH bei verschiedenen Nassfilmdicken, nach Anfärbung der Hydrogelpartikel durch Methylenblau
500 µm Nassfilm
800 µm Nassfilm
ST
TF
Keines der getesteten Bindemittel erwies sich zur funktionalen Schichtbildung
als geeignet. Darüberhinaus lieferte die Stärke keine Schichten, welche in der
Lage waren die Hydrogelpartikel zu immobilisieren. Die im Latex zur Dispersionsstabilisierung enthaltenen Polysalze führen zur irreversiblen Entquellung der
Hydrogele, da diese die anionischen, das Hydrogelnetzwerk-aufbauenden
COO- -Gruppen der Polyacrylsäure elektrisch kompensieren und somit für den
Kollaps der Hydrogelstruktur verantwortlich sind.
Ein weiteres wesentliches Problem beim Einsatz von Bindemitteln war, dass
diese zu einer Verfilmung auf der Oberfläche der Hydrogele führen, wodurch die
Quellung weitestgehend verhindert wird. Die partikelumschließende Filmbildung
erlaubt keine ausreichende Diffusion des Quellungsmittels in das Hydrogelnetzwerk zu.
Pigmentierte
Streichfarbenformulierung
Gängige Streichfarbenpigmente, wie CaCO3 verursachen durch Komplexierung
der COO- -Gruppen mit den Ca2+-Ionen (und damit Unterbindung der Ausbildung von Wasserstoffbrückenbindungen) die sofortige Entquellung der Hydrogele und sind für die Kombination mit den Hydrogelen ausgeschlossen. Es
können alternativ Pigmente ohne Erdalkalimetalle zur Anwendung kommen, wie
z. B. SiO2. Kieselgel bewies bereits bei den Versuchen zur Modifizierung mit
hygroskopischen Materialien seine Einsatzfähigkeit.
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Darüber hinaus führen hohe Salzfrachten durch elektrostatische Neutralisation
der COO- -Gruppen zu einer starken Einschränkung des Quellungsvermögens,
was den Einsatz weiterer Materialien (Additive wie optische Aufheller, Haftvermittler, Verdicker etc.) ausschließt.
Die Applikation der Hydrogele wurde aus obigen Gründen ohne den Zusatz von
Strichbindern oder erdalkalihaltigen Pigmenten direkt auf dem Substrat absolviert. Hierfür kamen das PE-Substrat sowie Testliner als Substrat zur Anwendung. Zur Optimierung (z. B. Glättung der Schichten) wurden ausgewählte
Proben nach ihrer Beschichtung zusätzlich kalandriert.
Fazit
9.2
Bewertung der Schichtbildung
Rasterelektronenmikroskopie
Mit Hilfe der Rasterelektronenmikroskopie (REM) wurde die Schichtbildung
begutachtet. Es zeigte sich, dass sich unabhängig von der Applikationsmethode
und auch bei hohen Nassauftragsmengen ungeschlossene und inhomogene
Schichten bildeten.
Abb. 7: REM-Oberflächenaufnahme einer Hydrogelschicht auf Testliner
Die grauen Flächen in Abb. 7 entsprechen den mit Hydrogel beschichteten
Bereichen und die weißen Partikel sind Pigmente an der Oberfläche des
Testliners (TL).
Querschnitt
unterm
Lichtmikroskop
Liegt das Hydrogel immobilisiert als dünne Schicht vor, kann es nur in eine
Raumrichtung quellen. Abb. 8 zeigt, wie die Quellung der Hydrogelpartikel in die
Höhe erfolgte. Durch den Ausschluss von Bindemitteln sind die Schichten nicht
auf dem Substrat immobilisiert und gegenüber Wasser instabil.
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Abb. 8: Mikroskopischer Querschnitt einer gequollenen Hydrogelschicht nach
Wasserzugabe auf Testliner
10 Untersuchung der Funktionsstriche
10.1 Wasserdampfaufnahme
Vorgehen
Zur Untersuchung standen Testliner mit unterschiedlichen funktionalen Beschichtungen, deren Funktionseigenschaften zu bestimmen waren. Insbesondere die
Gleichgewichtslage der Wasserdampfaufnahme bzw. -abgabe wurden in Abhängigkeit von der Zeit, Temperatur, der Art des Hydrogels sowie des eingesetzten
hygroskopischen Materials bestimmt. Hieraus wurden Aussagen zur Dynamik
der Wasserdampfaufnahme/-abgabe möglich, die Rückschlüsse auf die Sorptionskinetik und Aufnahmekapazität geben.
Dynamische
Dampfsorption
Der Quellungsgrad in feuchter Luft ist sehr gering und die Schichtauftragsmenge
auf Papier (aktive Anteil an Hydrogel) ist damit ebenso gering. Folglich kam man
mit der Bestimmung des Quellungsgrades nach Lagerung der Proben im Klimaschrank mittels Gravimetrie an Grenzen.
Zur Ermittlung der Wasserdampfadsorption und -desorption der mit Funktionsstriche wurde deshalb zusätzlich eine äußerst sensitive Methode herangezogen.
Hierfür wurde das Messgerät DVS (differential vapor sorption analyser) angewandt, welches den genannten Gegebenheiten durch gravimetrische Messung in
einer ± 0,1 °C und ± 0,1 % rLF thermostierten Kammer im unteren µg-Bereich
nachkommen kann.
Die Detektion von sehr kleinen Massenänderungen durch Wasserdampfaufnahme sind nur mit derartigen, äußerst sensiblen Methoden möglich. Die Dynamische Dampfsorption ermöglicht, die Wasseraufnahme zeitabhängig und gravimetrisch zu bestimmen. Mit Hilfe dieser Methode wurden Adsorptionsisothermen
verschiedener gestrichener Testliner aufgenommen. Da sich je nach Hydrogel
und hygroskopischen Zusatz die Auftragsmengen unterscheiden, wird im Folgenden die Wasseraufnahme pro Gramm aktiver Substanz in der Beschichtung
berechnet und bewertet.
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Wasserdampfaufnahme
21 (29)
Tab. 7 im fasst die Ergebnisse der Auftragsmengen, Schichtdicken und Wasserdampfaufnahmen bei 30 °C und 95% rLF am thermodynamischen Gleichgewicht
nach 24 h der Hydrogel-beschichteten Testliner zusammen, welche aus den
Adsorptionsisothermen aus Abb. 9 hervorgehen.
Der Vergleich der Hydrogelbeschichtungen (TF, ST und PN-5) zeigt, dass die
Auftragsmengen von 4-37 g/m² trotz gleicher Nassauftragsdicke von 500 µm
sehr unterschiedlich waren, was sowohl an den Partikelgrößen als auch den
maximal möglichen Quellungsgraden der Hydrogele, die bei der Applikation
erreicht wurden, lag. So war die Wasserdampfaufnahme pro g aktiver Substanz
von TL-PN-5 trotz hohem Auftragsgewicht von 37 g/m² am kleinsten mit 0,19 g/g.
TL-TF zeigte trotz ungeschlossener Schicht die effektivste Wasserdampfaufnahme mit 0,49 g/g.
Aus diesem Grund wurden weitere Untersuchungen dieses Hydrogels mit Zusatz
hygroskopischer Materialien durchgeführt. Die Ergebnisse sind in Tab. 8 und in
Abb. 10 dargestellt und bestätigen die Zunahme der Erhöhung der Wasseraufnahme um 25 % (TL-TF-SiO2) bis zu 70% (TL-TF-HPC), analog der Zunahme
der Quellungsgrade nach Zusatz hygroskopischer Materialien.
Tab. 7: Trockenauftragsmengen, Schichtdicken und Wasserdampfaufnahmen bei 30 °C und 95%
rLF nach 24 h am thermodynamischen Gleichgewicht der Testliner (TL) mit verschiendenen
Hydrogelbeschichtungen (aktive Substanz)
Auftragsmenge
[g/m2]
dm [%]
nach 24 h
(1440 min)
Wasseraufnahme
gesamt
[mg]
Wasseraufnahme
aktive
Substanz
[mg]
Masse
aktive
Substanz
[mg]
Wasseraufnahme/g
aktive
Substanz
[g/g]
TL
0,0
16,2
17,5
-
-
-
TL-TF
6,6
18,7
18,5
2,44
4,93
0,49
TL-PN-5
36,9
20,4
19,7
4,08
21,6
0,19
TL-ST
4,0
19,1
17,5
2,63
2,77
0,95
Tab. 8: Trockenauftragsmengen, Schichtdicken und Wasserdampfaufnahmen bei 30 °C und 95%
rLF nach 24 h am thermodynamischen Gleichgewicht der Testliner (TL) mit aktiver Substanz TF und
Zusatz von hygroskopischen Materialien
TL
TL-TF
TL-TFSiO2
TL-TFHPC
Auftragsmenge
[g/m2]
dm [%]
nach 24 h
(1440 min)
Wasseraufnahme
gesamt
[mg]
Wasseraufnahme
aktive
Substanz
[mg]
Masse
aktive
Substanz
[mg]
Wasseraufnahme/g
aktive
Substanz
[g/g]
0,0
6,6
6,1
16,2
18,7
19,0
17,5
18,5
18,5
2,44
2,72
4,93
4,42
0,49
0,61
5,1
19,4
20,3
3,32
4,02
0,83
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Adsorptionsisotherme
Abb. 9: Adsorptionsisothermen von Testliner (TL) ohne und mit Hydrogelbeschichtung
Abb. 10: Adsorptionsisothermen von Testliner (TL) ohne und mit TF-Hydrogelbeschichtung und Zusatz von hygroskopischen Materialien
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10.2 Anwendungstechnische Eigenschaften
Vorgehen
In diesem Arbeitspaket wurden die hergestellten Papiere mit feuchteregulierenden Beschichtungen hinsichtlich ihrer Gebrauchswerteigenschaften charakterisiert. Hierfür erfolgte die Untersuchung einer reversiblen Wasserdampfaufnahme
entsprechend dem Wechsel verschiedener, klimatischer Bedingungen von
beispielsweise wechselnden Aufenthaltsorten der transportieren Verpackung.
Daneben sollten die mechanischen Schichteigenschaften sowie die Wasserdampfdurchlässigkeit ermittelt werden.
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Klima-Zyklen
24 (29)
In Anlehnung an Kapitel 7 wurden das reversible Ansprechverhalten der
funktionalen Beschichtungen bei wechselnden klimatischen Bedingungen
getestet. Abb. 11 zeigt den Verlauf der prozentualen Massenänderung in Bezug
auf die Ausgangsmasse der Probe nach vollständiger Trocknung (m(ref)) vor
Beginn der Messung im Zuge einer zyklischen Änderung der rLF zwischen 30%
und 90% bei konstant 30 °C.
Abb. 11: Adsorptionsisothermen von Testliner (TL) ohne und mit Hydrogelbeschichtungen mit hygroskopischen Materialien
Wie bereits Tab. 7 zeigte, dass die Auftragsmenge der funktionalen Beschichtung für die Wasserdampfaufnahme pro Gramm aktiver Substanz ausschlaggebend ist, werden die entsprechenden Ergebnisse für die einzelnen Hydrogele in
Abb. 12 für die einzelnen Zyklen dargestellt.
Abb. 12: Adsorptionsisothermen von Testliner (TL) ohne und mit Hydrogelbeschichtungen mit hygroskopischen Materialien
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25 (29)
Im Vergleich zu den Untersuchungen der Hydrogelpartikel allein zeigte die
Beschichtung mit ST eine geringere Wasserdampfaufnahme, welche sich zudem
mit jeder Wiederholung des Zyklus weiter deutlich verringerte. TF hingegen
besaß mit 0,68 g/g eine reversible und im Vergleich zu den anderen Hydrogelbeschichtungen hohe Aufnahmekapazität für Wasserdampf. PN-5 zeigte mit ca.
0,27 g/g zwar nur ein Drittel dieser Kapazität, diese bleibt jedoch über mehrere
Zyklen hin stabil.
Der Zusatz hygroskopischer Materialien zu den Beschichtungen mit dem effektivsten Hydrogel TF bestätigte die erzielten Ergebnisse aus Tab. 8 und hatte
keinen negativen Einfluss die Reversibilität der Wasserdampfaufnahme von TF
als alleinigen Bestandteil der Beschichtung.
Funktionalität
Die prinzipielle Funktionalität der Hydrogelbeschichtungen mit einer mehrfach
reversiblen Wasserdampfsorption von bis zu 0,68 g/g (TF) konnte nachgewiesen
werden. Hierfür wurde zusätzlich eine äußerst sensitive, jedoch sehr zeitintensive Methode mit Hilfe des DVS entwickelt. Da die Schichten jedoch durch die
angewandten Applikationsverfahren nicht geschlossen und homogen vorlagen,
zeigte sich, dass die Porosität, die Wasserdampfdurchlässigkeit und die Bruchkraft unter denen einer gängigen Papierbeschichtung lagen und daher nicht
weiter verfolgt wurden.
11 Wirtschaftlichkeitsbetrachtung
Finanzieller
Nutzen durch
Verringerung von
Produktschäden,
wie Lebensmittelverderb
Eine Kalkulation des finanziellen Nutzens ist schwer abzuschätzen. Nach VdWEinschätzungen werden bis zu 25% aller im Zentral- und Kommissionierlager
hervorgerufen Schäden durch einen fehlenden Feuchtigkeitsschutz hervorgerufen[40], woraus sich der Bedarf feuchteregulierender Verpackungen ableiten
lässt. Temperaturschwankungen auf dem Transportweg stellen das größte
Risiko für die Qualität von Lebensmitteln dar.[41]
Insbesondere Nahrungsmittel verkommen nicht nur beim Endverbraucher,
sondern auch auf den langen Wegen vom Produzenten in die Läden: Die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen schätzt, dass
weltweit rund ein Drittel der Nahrung bei Herstellern, Händlern und Verbrauchern
verloren geht.[42] Wegen des hohen Gesundheitsrisikos für die Verbraucher wird
häufig auch aus lebensmittelrechtlichen Gründen die komplette Ladung als Abfall
deklariert, selbst wenn nur geringe Mengen davon verdorben sind.[41] Das
Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft veröffentlichte eine Studie
der Universität Stuttgart, welche eine Gesamtmenge von knapp 11 Mio. t Lebensmitteln errechnete, die jedes Jahr von Industrie, Handel, Großverbrauchern
und Privathaushalten in Deutschland entsorgt werden. Hinzu kommt, dass der
Großteil der Lebensmittelabfälle nach übereinstimmenden Untersuchungen in
Privathaushalten entsteht.[43]
Ein Feuchtigkeitsschutz durch Verminderung oder gar Vermeidung von Kondenswasserbildung im Verpackungsinneren, wie sie schnell bei Temperaturschwankungen auftreten, kann zum Reduzieren von Schäden durch Verderb
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26 (29)
beitragen. So wird dem mikrobiellen Wachstum eine wesentliche Basis entzogen
– die Feuchtigkeit. Eine verbesserte Haltbarkeit trägt ebenso zum Schutz vor
Imageschäden bei und dem daraus resultierenden Verlust von Marktanteilen an
Mitbewerber.
Erzeugniskalkulation
Die Materialkosten einer neuentwickelten Schicht, welche auf etwa 33 % der zu
funktionalisierenden Fläche (Innenseite) Faltschachtelkarton aufgetragen werden, belaufen sich bei einer Auftragsmenge von 5 g/m2 (vergleichbar mit den
Proben TL-TF und TL-FT in Tab. 7) auf ca. 0,11 €/m2. Zu Grunde liegt der
aktuelle Marktpreis für Polyacrylamid mit ca. 22 €/kg.[44] Diese Kosten sind nur
abgeschätzt. Ein erhöhter Bedarf an solchen Polymeren würde zur Preisreduzierung und damit auch zur Reduzierung der Materialkosten für die Funktionsschicht führen.
Leistungsfähigkeit
Auf Grund der hohen Quellungsgrade von Hydrogelen kann davon ausgegangen
werden, dass der Aufwand an Materialkosten minimal ist. Die Wasserdampfaufnahme nimmt signifikanten Einfluss auf die Luftfeuchtigkeit in Verpackungen.
Ebenso wird gebildetes Kondenswasser aufgrund eines schnellen Temperatursturzes durch das Hydrogel gebunden.
Legt man beispielhaft für eine Verpackung die Ausgangswerte des Referenzmodells "EU-Würfel" (1 kg Lebensmittel wird umhüllt von 6 dm2 Packstoff) zugrunde,
wessen Innenfläche zu ⅓ mit 5 g/m2 Funktionsschicht (am Beispiel ST) ausgestattet ist, hat diese eine Aufnahmekapazität von ca. 32 g flüssigem Wasser bzw.
0,18 g Wasserdampf.
Bei einer Temperaturänderung von 30 °C auf 20 °C bei 70 % rLF entstehen in
genanntem EU-Würfel 4,56 mg Kondenswasser, welches durch die wasserdampfgesättigte Luft nicht mehr aufgenommen werden kann. Dieses maximal
mögliche Kondenswasser wird von der Funktionsschicht vollständig aufgenommen.
Das Referenzmodell EU-Würfel hat ein besonders kleines Verhältnis von Verpackungsoberfläche zu Füllgutmenge. Bei nicht-würfelförmigen Verpackungen
erhöhen sich dieses Verhältnis (größere Innenfläche und damit Beschichtung)
und so auch die potentielle Leistungsfähigkeit im Vergleich zu der Beispielrechnung sogar noch. Bei dem aufgeführten Beispiel ist fast die gesamte Aufnahmekapazität der Funktionsschicht noch vorhanden.
Kosteneinsparungen der
Papiererzeuger
und -verarbeiter
Durch Anwendung der zu entwickelnden feuchteregulierenden Verpackung
können in Unternehmen Mehrerlöse erwirtschaftet und Kosten eingespart
werden. Die mittelbaren Kosteneinsparungen, die mit dem Dienstleistungsprodukt beim Papiererzeuger angestrebt werden, ergeben sich aus der Einsparung
von Materialkosten durch Einsatz kostengünstiger Polymere zur Beschichtung
mit deutlich kleinerem Materialverbrauch im Vergleich zu feuchtigkeitsabsorbierenden Verpackungsbeilagen, Trocken- oder Feuchthaltemitteln.
Trockenmittelbeutel werden nach Einheiten gefüllt. Gemäß DIN 55473 ist eine
Trockenmitteleinheit (TME) ist diejenige Menge Trockenmittel, die im Gleichgewicht mit Luft bei 23 °C (± 2) mindestens 3 g bei 20% rLF an Wasserdampf zu
adsorbieren vermag. Eine TME entspricht 28 g Silicagel (MD Serie[45]). Um mit
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dem Hydrogel (ST) 3 g Wasserdampf adsorbieren zu können, werden bei einem
Quellungsgrad von 2 g/g 1,5 g benötigt.
Unter der Berücksichtigung der Materialkosten (Polyacrylamid bei 22 €/kg[44] im
Vergleich zu einem herkömmlichen Trockenmittel mit 12 €/kg[46]) ist der Preis
einer TME mit dem neuen Material um das 10fache geringer.
Ansprechpartner für weitere Informationen:
Dr. Sabine Genest
Tel. 03529 / 551-645
[email protected]
Papiertechnische Stiftung PTS
Pirnaer Straße 37
01809 Heidenau
Tel. 03529 / 551-60
Fax 03529 / 551-899
e-Mail: [email protected]
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