Neue analytische Möglichkeiten der Altersbestimmung bei

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Neue analytische Möglichkeiten der Altersbestimmung bei
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FASERN UND
COMPOSITE
» VERPACKUNG UND
KONFORMITÄT
» DRUCK UND
FUNKTIONALE OBERFLÄCHEN
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PAPIERWIRTSCHAFT 4.0
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MATERIALPRÜFUNG
UND ANALYTIK
PTS-FORSCHUNGSBERICHT IK_MF 110047
NEUE ANALYTISCHE MÖGLICHKEITEN DER ALTERSBESTIMMUNG BEI
PAPIER ZUR ERKENNUNG VON FÄLSCHUNGEN
(PAPIERALTERBESTIMMUNG)
S. Pensold, E. Pigorsch:
Neue analytische Möglichkeiten der Altersbestimmung bei Papier zur Erkennung von Fälschungen
(Papieralterbestimmung)
PTS-Forschungsbericht 25/13
Mai 2015
Papiertechnische Stiftung (PTS)
Heßstraße 134
D - 80797 München
www.ptspaper.de
Download-Information:
Diese Veröffentlichung steht auf der Homepage der PTS zum Download bereit:
www.ptspaper.de/forschungsdatenbank
Ansprechpartner:
Dr. Enrico Pigorsch
Tel. 03529 / 551-678
[email protected]
Papiertechnische Stiftung PTS
Institut für Zellstoff und Papier IZP
Pirnaer Straße 37
01809 Heidenau
Die Ergebnisse wurden im Rahmen des Forschungsvorhabens MF
110047 gewonnen, das im Programm zur "Förderung von Forschung
und Entwicklung bei Wachstumsträgern in benachteiligten Regionen"
mit finanziellen Mitteln des Bundesministeriums für Wirtschaft und
Energie (BMWi) über den Projektträger EuroNorm Gesellschaft für
Qualitätssicherung und Technologie mbH aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages gefördert wurde. Dafür sei an
dieser Stelle herzlich gedankt.
Unser Dank gilt außerdem den beteiligten Firmen für die Probenbereitstellung und für die freundliche Unterstützung bei der Projektdurchführung.
Neue analytische Möglichkeiten der Altersbestimmung bei Papier
zur Erkennung von Fälschungen
S. Pensold, E. Pigorsch
Inhaltsverzeichnis
1
Zusammenfassung .................................................................................................................... 1
2
Technisch-technologische Zielstellung des Vorhabens Zielsetzung des Vorhabens..... 3
3
Darstellung der erzielten Vorhabensergebnisse ................................................................... 7
4
Material und Methoden .............................................................................................................. 9
5
Durchgeführte Tätigkeiten im Vergleich zu den Arbeitspaketen des bewilligten
Arbeitsplanes ............................................................................................................................ 10
5.1
Arbeitspaket 1 - Beschaffung projektrelevanter historischer und moderner Papiere .............. 10
5.2
Arbeitspaket 2 - Konventionelle Papieranalytik im Hinblick auf Altersbestimmung ................ 11
5.3
Arbeitspaket 3 - Konventionelle Scanner basierende Strukturanalyse .................................... 13
5.4
Arbeitspaket 4 - Entwicklung einer mobilen Bildaufnahme ...................................................... 17
5.5
Arbeitspaket 5 - Korrelation Scanner basierter zu mobiler Bildgewinnung.............................. 18
5.6
Arbeitspaket 6 - Spektroskopische Analysen - Voruntersuchungen ........................................ 20
5.7
Arbeitspaket 7 - Spektroskopische Messungen der Referenzpapiere..................................... 24
5.8
Arbeitspaket 8 - Methodenentwicklung zur Altersbestimmung ................................................ 24
5.8.1 Spektroskopische Untersuchungen zur künstlichen Alterung von Papier ..................... 25
5.8.2 Spektroskopische Untersuchungen der natürlich gealterten Papiere ........................... 27
5.9
Arbeitspaket 9 - Bestimmung des 14C-Alters ausgewählter Projektpapiere ............................ 30
5.10 Arbeitspaket 10 - Erarbeitung einer Methodik zur Übertragbarkeit des 14C-Alters in reale
Herstellungszeiträume ............................................................................................................... 33
5.11 Arbeitspaket 11 - Erarbeitung einer komplexen Methodik zur Erkennung von
Papierfälschungen...................................................................................................................... 34
6
Wirtschaftliche Verwertung der Vorhabensergebnisse, aktualisierter
Verwertungsplan ...................................................................................................................... 36
6.1
Zielgruppen für die wirtschaftliche Verwertung des FuE-Ergebnisses,
Anwendungsbereiche................................................................................................................. 36
6.2
Schilderung der Markt- und Wettbewerbssituation ................................................................... 36
7
Veröffentlichungen................................................................................................................... 37
Literatur .............................................................................................. Fehler! Textmarke nicht definiert.
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1
Papieralterbestimmung
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Zusammenfassung
Zielstellung
Ziel des Forschungsvorhabens war es, eine umfassende Methodik zur Altersbestimmung von Papier zu entwickeln, um Fälschungen von historischen Dokumenten und Kunstwerken nachweisen und Plagiate aktueller Papierprodukte
durch schnelle Strukturvergleiche erkennen zu können.
Mit den Methoden, die nach Projektende zur Verfügung stehen, erhalten die
Nutzer die Möglichkeit der modularen Verwendung der Methodik entsprechend
der jeweiligen Aufgabenstellung (Überprüfung datierter Papiere; Erkennung von
Plagiaten).
Mit der wissenschaftlichen Angabe zu Herstellungszeiträumen und/oder Herstellern von fraglichen Papieren können derartige Untersuchungen künftig objektiviert werden und deutlich höhere Sicherheit geben.
Ergebnisse
Dem Anwender steht mit Projektende eine Methode aus konventionellen und
neuen, für Papierüberprüfungen anwendbaren Analyseverfahren zur Verfügung. Diese gliedert sich in folgende Module:
1. Konventionelle Verfahren zum Nachweis von verschiedenen Faserstoffen, mineralischen und chemischen Inhaltsstoffe, die eine Datierung ermöglichen (wie beispielsweise Holzschliff/ Zellstoffe, synthetische Leimungsmittel oder optische Aufheller).
2. Die Strukturanalyse kann für einen großen Zeitraum der Papierherstellung
durch Auswertung von Wasserzeichen sowie das Erkennen von Sieb-, Filz-,
Walzen- oder Entwässerungssystemstrukturen u.ä. zur Überprüfung von
Datierungen eingesetzt werden.
Dabei ist es möglich, neben hochauflösenden Scannern auch einfache
mobile Scanner bzw. Kameras zur Bildgewinnung einzusetzen und
damit eine noch bessere Integration solcher Analysen in die Vorortermittlungen zu gewährleisten. Damit eröffnet sich für Firmen eine schnelle Möglichkeit des Abgleichs von Papierstrukturen und dem Aufdecken von Plagiaten.
3. Über den Einsatz verschiedener spektroskopischer Verfahren, wie NIR-,
IR- und Ramanspektroskopie kann eine sehr umfangreiche Analyse der zu
untersuchenden Papiere bezüglich stofflicher Zusammensetzung vorgenommen werden, die eine eindeutige Zuordnung zu Einsatzzeiträumen ermöglicht.
Über IR-spektroskopische Auswertung spezieller Bandenintensitäten, die
den oxydativen Abbau der Zellulose beschreiben, ist es möglich, Aussagen
zum Alterungszustand der jeweiligen Papiere abzuleiten. Diese Ergebnisse
müssen allerdings entsprechend der auf das Papier einwirkenden Umwelteinflüsse wie Lagerungsdauer, Temperatur, Licht aber auch pH-Wert des
Papiers gewichtet werden.
4. Für Datierungen an Papieren, die insbesondere nach 1954 hergestellt wurden, steht mit der Ermittlung des 14C-Alters mittels AMS (Accelerator
mass spektrometry) die Möglichkeit einer relativ exakten Datierung zur
Verfügung. Sie ist sowohl an den Papieren möglich, wird jedoch noch genauer, wenn sie an aus Papieren extrahierter Stärke durchführt wird.
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Schlussfolgerung
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Die neue komplexe Methode zielt auf die Nutzung in folgenden Bereichen:
• Unterstützung der Ermittlungsarbeit der LKAs im Bereich Kunstdelikte
und historische Dokumente;
• Überprüfung der Echtheit von Papierdokumenten, die nicht auf sogenannten Wertpapieren mit speziellen Sicherheitsmerkmalen gedruckt
werden. Das betrifft offizielle Dokumente wie beispielsweise Rezepte,
Krankenscheine, Berechtigungsscheine für diverse finanzielle Leistungen verschiedener Behörden, Zollformulare, Testamente und Lotteriescheine.
• Unterstützung der 15. Arzneimittelgesetz-Novelle in Bezug auf Arzneimittelsicherheit durch die Möglichkeit des Identifizierens falscher Beipackzettel und Schutz des Endkunden vor unkontrollierten Generika.
• Sicherung der Absatzmärkte für Papierfabriken, die insbesondere in die
Verpackung von Markenartikeln liefern. Durch den sehr hohen Zustrom
von Plagiaten in diesen Bereichen (insbesondere im Pharmabereich
und bei hochwertigen Kosmetika) verlieren Hersteller von Papieren und
Kartonen im Verpackungs- und Druckbereich Marktpositionen, die insbesondere unter dem Aspekt der geringen Wachstumspotenziale dieser
Branche standortsichernd sein können.
Das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie BMWI informiert, dass
Produktpiraterie Wachstum und Arbeitsplätze gefährdet. In der heutigen hoch
spezialisierten und global vernetzten Wirtschaft haben sich Produktfälschung
und Markenpiraterie zu einer ernsten kommerziellen Bedrohung entwickelt. Die
OECD geht von einem weltweiten Schaden für die Wirtschaft in Höhe von rund
150 Mrd. € aus. Entsprechend des Anteils am Welthandel ist Deutschland dabei mit einem volkswirtschaftlichen Schaden von mindestens 15 Mrd.€ betroffen. Es sind nicht mehr nur Luxusgüter betroffen, sondern immer mehr normale
Gebrauchs- und Investitionsgüter.
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Papieralterbestimmung
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Summary
Objective
Aim of the research project was to develop a comprehensive age determination
method for paper materials to detect fake historical documents or works of art
and identify counterfeit products in present markets by fast comparative structural analyses.
The system of methods available at the end of the project can be used in modular form for specific tasks (age verification of dated papers; detection of counterfeit products).
Scientifically grounded information about the manufacturing periods and/or producers of questionable paper products will make investigations in these areas
more objective and their results clearly more reliable.
Results
The project has led to a system of methods that combines conventional and
new analytical procedures suitable for paper materials and includes the following modules:
1
Conventional detection methods for fibrous materials, mineral and
chemical ingredients that make it possible to determine the age of papers
(for example mechanical/ chemical pulps, synthetic sizing agents or optical brighteners).
2
Structural analyses aimed at assessing watermarks or detecting the
marks of wire, felt, roll or other dewatering components typically used in
specific periods of papermaking make it possible to verify a given age.
Images can be acquired by means of both high-resolution scanners
and simple mobile scanners or cameras to make it easier to use and integrate the analyses in on-site investigations. This will enable companies to
make fast comparisons of paper structures and to quickly identify counterfeit
products.
3
The use of spectroscopic methods like NIR-, IR- and Raman spectroscopy permits comprehensive analyses of the material composition of papers making it possible to ascribe them to the periods in which the ingredients identified were used.
Information about the ageing condition of papers can be derived from the IR
spectroscopic analysis of band intensities characterizing the oxidative degradation of cellulose. However, these results must be weighted to adequately consider the effects of environmental and other factors like storage time,
temperature, light or the pH of papers.
4
PTS-Forschungsbericht
Especially for papers produced after the year 1954, the method of carbon-14 dating by Accelerator Mass Spectrometry (AMS) permits relatively accurate age determinations. Analyses can be performed directly on
the paper material, but will be even more accurate when using starch extracted from it.
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Conclusions
Papieralterbestimmung
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The new, complex methodology is intended for the following purposes and application areas:
•
Supporting Germany’s LKA’s (land offices of criminal investigation) in
detecting art forgery and fake historical documents;
•
Checking the authenticity of paper documents that are not printed on
security papers offering specific safety features. This refers especially to
official documents like prescriptions, health insurance certificates,
vouchers for grants from state authorities, customs forms, wills and lottery tickets.
•
Helping to enforce the 15th Amendment of the German Medicines Act
(AMG) by identifying fake package inserts to increase the safety of
pharmaceutical drugs and protect end users from getting unchecked
generic drugs.
•
Securing the market for paper mills specialized in branded goods packaging. The vast increase of counterfeit goods in this market (especially
packages for pharmaceutical and high-quality cosmetic products) causes packaging and printing paper and board producers to lose considerable market shares. Especially in view of the small growth potential in
this segment, the test methods could help safeguard the future of production sites.
In the new German states, quite a number of printing and pharmaceutical firms
are SME. The project results are intended to help them secure or increase their
market shares.
According to the Federal Ministry for Economic Affairs and Energy, product
piracy poses a major threat to economic growth and job safety in Germany.
Especially in the highly specialized, globally networked economy we are living in
today, product forgery and brand piracy are serious commercial risks. The
OECD estimates the global economic damage caused by counterfeiting at
around 150 billion €. In Germany these losses amount to at least 15 billion €,
based on the country’s present share in the worldwide trade. The problem is no
longer limited to luxury goods – ordinary consumer and capital goods are increasingly affected as well.
Acknowledgeme
nt
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3
Papieralterbestimmung
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Technisch-technologische Zielstellung des Vorhabens Zielsetzung des Vorhabens
Allgemein
Papier wird in den meisten Fällen als Massenerzeugnis hergestellt und verwendet; bei speziellen Erzeugnissen oder Anwendungen kann es dennoch einen
hohen materiellen Wert verkörpern und/oder auch von besonderer Bedeutung
sein und dadurch Anlass zu Fälschungen bieten.
Bedruckte und beschriebene Papiere wie Banknoten, Ausweise, Urkunden,
Testamente und andere sicherheitsrelevante Dokumente können bei Fälschung
immensen rechtlichen, finanziellen und moralischen Schaden bedeuten.
Gemälde, Zeichnungen, Aquarelle u.ä. bekannter Künstler werden von Staatlichen Kunstsammlungen, in Auktionen, von Galerien und Privatpersonen bei
Echtheit zu Preisen von z.T. weit über 100.000 € bis weit über 1 Mio € gehandelt. Der Kunstmarkt klagt in letzter Zeit, bedingt auch durch den Wunsch nach
sicheren Geldanlagen in wertvolle Kunstobjekte, über ein enormes Ansteigen
von
Fälschungen, die z.T. durch organisierte kriminelle Gruppen in Umlauf gebracht
werden [1].
Wirtschaft und Gesellschaft zeigen sich zunehmend besorgt über die hohe Anzahl an gefälschten Markenartikeln (insbesondere bei Medikamenten) durch
Plagiate und gefälschte Dokumente, wie Lotteriescheine, Zollbanderolen etc. Es
gibt momentan zahlreiche Aktivitäten, die Verbraucher vor derartigen Fälschungen künftig zu schützen [2].
Anlass zur Formulierung der
Forschungsidee
Zur Zeit kann in der Regel nur der Nachweis bestimmter Inhaltsstoffe bzw. Papierstrukturen, die im strittigen Zeitraum noch nicht Standard in der Papierherstellung waren, einen Fälschungsverdacht fundieren. Werden diese nicht nachgewiesen, ist eine Datierung nicht möglich. In der Mehrheit der untersuchten
Objekte waren diese Möglichkeiten unbefriedigend und halfen bei der Erkennung von Fälschungen nicht weiter.
Auf Nachfrage der ermittelnden Beamten der Landeskriminalämter wurde deshalb nach weiteren Möglichkeiten recherchiert, die bislang sehr unbefriedigende
und z.T. sehr unsichere Altersdatierung von Papieren zu ergänzen und zu verbessern.
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Ziele
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Ziel des beantragten Forschungsprojektes war die Entwicklung einer umfassenden Methodik der Altersbestimmung bei Papier zur Erkennung von Fälschungen. Neben der Altersbestimmung an historischen Dokumenten und Kunstwerken sollten ebenfalls Plagiate aktueller Papierproduktionen über schnelle
Strukturvergleiche erkannt werden.
Das Ziel sollte durch folgende Teilziele erreicht werden:
•
Entwicklung einer mobilen Bildgewinnung zur Strukturanalyse für eine
schnelle Vorortanalyse bei Verdacht auf Fälschung
•
Erarbeitung einer Methode zur Altersbestimmung von Papieren durch
spektroskopische Verfahren
•
Erarbeitung einer Methode zur Umsetzung eines mittels AMS gemessenen 14C-Alters von Papier in tatsächliche Herstellungszeiträume
Mit den Methoden, die in den 3 Teilzielen erarbeitet wurden, wird den Nutzern
die Möglichkeit eines modularen Einsatzes der Methoden in Abhängigkeit der
Fragestellung, der Überprüfung datierter Papiere bzw. der schnellen Erkennung
von Plagiaten, wie im folgendem Schema dargestellt, an die Hand gegeben. Mit
den wissenschaftlichen Methoden können derartige Untersuchungen künftig
objektiviert werden und es kann eine deutlich höhere Sicherheit bei der Angabe
zu Herstellern und Herstellungszeiträumen von fraglichen Papieren erzielt werden.
Schematische
Darstellung des
Einsatzes der
Methoden zur
Erkennung von
Fälschungen
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Papieralterbestimmung
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Darstellung der erzielten Vorhabensergebnisse
Strukturanalyse
mittels Bildanalysesystem DOMAS
Standardmäßig wird das Bildanalysesystem DOMAS bereits seit Jahren zur
Bewertung von Papierstrukturen eingesetzt. Die Kopplung dieser Analyse mit
dem systematischen Auffinden spezifischer herstellungsbedingter Besonderheiten in Oberfläche- und Gefügestrukturen ermöglicht die Nutzung dieses Tools
bei Datierungsuntersuchungen bzw. beim Aufdecken von Fälschungen und
Plagiaten. Das Auffinden von Sieb- oder Filzstrukturen, blind gelochter Walzenfertigungen, versetzter Bohrlöcher im Pressnip oder spezieller Trockensiebstrukturen sind Beispiele für die Möglichkeit, diese Strukturen speziellen Herstellungszeiträumen des Papiers zuzuordnen [3].
Im Rahmen des Projektes wurden diese Untersuchungen insbesondere über die
große Anzahl historischer, datierter Papiere verfeinert und validiert.
Mobile Bildgewinnung
Vor Projektbeginn war die Analyse an ortsgebundene, kalibrierte, hochauflösende Scanner gebunden.
Im Ergebnis der Projektarbeiten konnte nachgewiesen werden, dass es möglich
ist, mit einem Standardequipment der Ermittler auch vor Ort Bilder über unterschiedlichste Scannertypen bzw. Kameras aufzunehmen, die mittels DOMAS
wie oben beschreiben auswertbar sind. Dadurch werden Voraussetzungen geschaffen, diese Methode in deutlich höherem Umfang zum Erkennen von Fälschungen bzw. Überprüfungen von Datierungen einzusetzen, als es durch die
stationäre Methode der Fall sein kann.
In den meisten Fällen ist noch eine Bildnachbearbeitung notwendig, die jedoch
zentral durch entsprechendes Fachpersonal geleistet werden kann, welches
auch die Strukturen mit vergleichbaren Strukturen von Papieren der künftig fortzuschreibenden Datenbank abgleichen kann. Letzteres ist insbesondere ein
Tool zum Auffinden von Plagiaten.
Spektroskopisch
e Analyse der
Papierzusammensetzung
In den spektroskopischen Untersuchungen konnte gezeigt werden, dass sich
insbesondere mit der IR- und Raman-Spektroskopie die chemische Zusammensetzung der Papiere sehr genau bestimmen lässt. Die folgenden wesentlichen
Ergebnisse bzw. neuen Erkenntnisse wurden dabei erzielt:
• Es konnte gezeigt werden, dass durch die Auswertung der zweiten Ableitungen von IR-Spektren auch chemische Substanzen mit sehr geringen Gehalten sicher erkannt werden können, insbesondere Stärke und
Harzleimungsmittel.
• Die oberflächensensitiven ATR-IR-Messungen zeigten, dass sich die
chemische Zusammensetzung der Papieroberseiten signifikant vom
Gesamtpapier unterscheiden kann. Dadurch können Hinweise zur Herstellungsart und letztendlich zum Herstellungszeitraum gewonnen werden.
• Durch hoch ortsaufgelöste Raman-mikroskopische Messungen konnte
gezeigt werden, dass Papier nicht nur aus den bewusst zugesetzten Inhaltsstoffen besteht. Daneben findet man im Papier Substanzen, die mit
den Hauptbestandteilen hineingetragen werden, die während der Papierherstellung aus anderen Verbindungen entstehen oder beim Gebrauch bzw. bei der Alterung ins Papier gelangen. Durch die Detektion
dieser Spurensubstanzen können zusätzliche aussagekräftige und
letztendlich beweiskräftige Informationen zur Herstellungsart und –zeit
gewonnen werden.
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Spektroskopisch
e Analyse der
Papieralterung
Papieralterbestimmung
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Die für den oxydativen Abbau der Cellulose charakteristische Bande bei
1720 cm-1 wurde in den IR-Spektren aller historischen Referenzpapiere beobachtet. Die Größe der entsprechenden Bandenfläche ist ein Maß für den Grad
des Abbaus, der durch verschiedene Parameter, wie Zeit, pH-Wert, andere
chemische Substanzen und Umwelteinflüsse beeinflusst wird.
Aus den Ergebnissen der IR-spektroskopischen Untersuchungen zur natürlichen Papieralterung ergeben sich folgende Schlußfolgerungen:
•
Der Grad des oxydativen Abbaus der Cellulosefasern ist anhand der
Bandenintensität bei 1720 cm-1 abschätzbar. Die absoluten Intensitätsänderungen sind signifikant, aber absolut sehr gering.
•
Der oxydative Abbau wird ganz offensichtlich vor allem durch den
pH-Wert bzw. die chemische Zusammensetzung der Papiere bestimmt.
Eine zeitabhängige Änderung konnte bei den Untersuchungen zur
künstlichen Alterung ebenfalls nachgewiesen werden, die aber sehr gering ist.
•
Die höchsten Intensitäten der Analysebande bei 1720 cm-1 wurden für
Papiere mit sehr niedrigen pH-Werten gefunden, unabhängig vom Papieralter.
Für die Einschätzung des Papieralters müssen neben der Intensität der Analysebande bei 1720 cm-1 die anderen genannten Parameter mit berücksichtigt
werden.
14
C-Altersbestimmung von
Papier
Die prinzipielle Machbarkeit der Altersbestimmung von Papieren über das 14CAlter der darin enthaltenen Stärke oder des Faserstoffs konnte gezeigt werden.
Die Methode kann unter den folgenden Voraussetzungen angewendet werden:
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•
Sichere Analysen sind für den Zeitraum nach 1954 möglich (Beginn der
Abklingkurve der 14C-Belastung nach Ende der überirdischen Atomtests)
•
Es kann ausreichend Probenmaterial entnommen werden (ca. 2 g)
•
Für die Altersbestimmung über die Stärke müssen die Papiere genügend Stärkeenthalten, die extrahiert werden kann.
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5
Papieralterbestimmung
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Material und Methoden
Projektpapiere
Für die Untersuchungen standen ca. 200 verschiedene Papiere unterschiedlicher stofflicher Zusammensetzung und Herstellungszeiträume zur Verfügung.
Sie stammten aus unterschiedlichen Quellen wie Bibliotheken und Archiven
(Ankauf über Leistung Dritter durch den Sachverständigen Dr. Dietz), der Deutschen Nationalbibliothek Leipzig und dem Zentrum für Bucherhaltung Leipzig.
Die Papiere waren alle datiert.
Konventionelle
Papieranalytik
•
•
•
Faserstoffanalyse nach TAPPI T 401om-03
Füllstoffgehaltsbestimmung nach ISO 1762 und 2144
pH-Wert nach ISO 6588
Strukturanalyse
•
Epson PerfectionV750pro Scanner im Durchlichtmodus mit 600dpi, 24bit
Farbe,
Kamera Kodak 5X IS
DOMAS3.0-Software
•
•
Künstliche
Papieralterung
Die künstliche Alterung von Papieren wurde nach der DIN-Norm ISO 5630-3 bei
einer Temperatur von 80 °C sowie einer relativen Luftfeuchte von 65 % in einem
Klimaschrank VC 4033 (Vötsch Industrietechnik) vorgenommen. Die Alterungsdauer betrug 3, 6, 12, 24 und 36 Tage. Nach jeder Alterungsperiode wurde eine
Probe von den Papieren genommen und spektroskopisch untersucht.
IR-Spektroskopie Die IR-spektroskopischen Messungen erfolgten mit einem FT-IR-Spektrometer
Tensor 27 (Bruker Optics GmbH) mit einer ATR-Einheit (Attenuated Total Reflectance).
Für jede Papierprobe wurden an beiden Seiten je drei IR-Spektren gemessen
und für jede Seite ein Mittelwertspektrum gebildet.
NIRSpektroskopie
Die NIR-spektroskopischen Messungen erfolgten mit einem FT-NIRSpektrometer Vector 22/N (Bruker Optics GmbH) unter Verwendung eines Integrationsmoduls in diffuser Reflexion.
Für jede Papierprobe wurden an den beiden Seiten je drei NIR-Spektren
gemessen und für jedes Papier ein Mittelwertspektrum gebildet.
RamanSpektroskopie
Die Raman-Messungen wurden mit einem Raman-Mikroskop HoloLab Series
5000 (Kaiser Optical Systems) durchgeführt. Es wurde ein 785 nm Laser verwendet und die Laserleistung an der Probe betrug zwischen 10 bis 30 mW.
Es wurden nur an ausgewählten Proben Raman-Messungen durchgeführt.
14
Die 14C-Altersbestimmungen wurden vom Leibniz-Labor für Altersbestimmung
und Isotopenforschung der Universität Kiel an der AMS (Accelerator mass
spektrometry) durchgeführt.
Die Proben wurden in einer mit CuO und Silberwolle gefüllten Quarzampulle bei
900 °C zu CO2 verbrannt. Das entstandene CO2 wurde anschließend mit H2 bei
600 °C über einen Eisen-Katalysator zu Graphit reduziert und das EisenGraphit-Gemisch in einen Probenhalter für die 14C-Messung gepresst.
C Bestimmungsmethode
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Papieralterbestimmung
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Durchgeführte Tätigkeiten im Vergleich zu den Arbeitspaketen des bewilligten
Arbeitsplanes
6.1 Arbeitspaket 1 - Beschaffung projektrelevanter historischer und moderner Papiere
Beschaffung der
Papiere
Für die Methodenentwicklung wurden Papiere unterschiedlichen Alters und Zusammensetzung mit zuverlässiger Datierung der Herstellung beschafft. Die Papiere stammten aus folgenden Quellen:
•
•
•
antiquarische Beschaffung
Deutsche Nationalbibliothek Leipzig
Zentrum für Bucherhaltung Leipzig (ZfB)
Die Papiere wurden gesichtet und entsprechend den aufgedruckten oder aufgeschriebenen Jahresangaben und dem erkennbaren Verwendungszweck bezeichnet. Die Papiere wurden für jedes Jahr durchnummeriert und, nach Jahrzehnten zusammengefasst, in Sammlungskarton abgelegt.
Bewertung und
Einteilung der
Papiere
Folgende Bezeichnungen wurden für die Art der Papiere verwendet.
DP
BP
SP
ZP
SO
PWZ
AQ
VP
Druckpapiere (z.B. Rechnungen)
Buchpapiere
Schreibpapiere
Zeitungspapiere
andere Papiere
Postwertzeichenpapiere
Aquarellpapiere
Verpackungspapiere
Die Bezeichnung eine Papierprobe lautete dann z.B. 1890_03_BP für „dritte
Probe eines Buchpapiers von 1890“.
Jahrgänge und
Anzahl der
Papierproben
Das älteste Papier stammte von 1560. Jedoch lagen für die frühen Jahrgänge
bis 1890 nur sehr vereinzelt Proben vor. Ab 1890 bis 2000 waren für jedes
Jahrzehnt ca. 5 bis 10 Papiere vorhanden. Insgesamt wurden ca. 200 Papierproben untersucht.
Datenbank
Zur Speicherung und Ordnung aller Angaben zu den Papierproben und der gewonnenen Ergebnisse wurde auf der Basis der Excel-Software eine Datenbank
erstellt. Die allgemeine Struktur der Datenbank ist in der folgenden Abbildung
dargestellt.
Allgemeine Angaben
Spektroskopische Analyse
Konventionelle Charakterisierung
Probe
Faserst.
Faserst.
Status
Herkunft
Land
Füllst.
Leim
Andere
pH
DP
Füllst.
Struktur
14
Andere
Es wurde eine repräsentative Sammlung von Referenzpapieren mit definierten
Altersangaben erstellt.
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C
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Papieralterbestimmung
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6.2 Arbeitspaket 2 - Konventionelle Papieranalytik im Hinblick auf Altersbestimmung
Charakterisierun
g
Für ausgewählte Papiere wurden zur umfassenden Charakterisierung mit den
bisher angewendeten konventionellen Methoden verschiedene Papierparameter
bestimmt.
Bestimmte
Parameter
Es wurden folgende Analysen durchgeführt bzw. Parameter bestimmt:
Faserstoffanalyse
Bei den Faserstoffen ist im Wesentlichen mit folgenden Faserstoffarten zu rechnen: Hadernfaserstoff aus Textilien, Zellstoff aus Holz und Holzstoff. Die Analyse auf diese drei Faserstoffarten wurde für alle Papierproben IR- und NIRspektroskopisch durchgeführt.
•
•
•
•
mikroskopische Faserstoffanalyse (nach TAPPI T401om-03)
Kaolin- und Talkum-Gehalt
pH-Wert
Polymerisationsgrad (DP)
Für ausgewählte Proben wurden die spektroskopischen Ergebnisse durch eine
mikroskopische Faserstoffanalyse nach TAPPI überprüft. Mit dieser Analysenmethode lässt sich auch eine noch detailliertere Differenzierung der Faserstoffe
vornehmen, z.B. in Laub- und Nadelholzzellstoff oder Baumwoll- und Leinenfasern.
Füllstoffgehalt
Kaolin und
Talkum
Alte Papiere, insbesondere die ab ca. 1810 bis in die 1980er Jahre hergestellten
„sauren“ Papiere enthalten als weißen Füllstoff Kaolin und in wenigen Fällen
auch Talkum. Für die Bestimmung des quantitativen Gehalts an Kaolin und Talkum wurde eine bereits vorhandene NIR-Bestimmungsmethode verwendet [4].
In den meisten Fällen betrug der Kaolingehalt ca. 10 %. Die höchsten Gehalte
lagen bei max. 25 %. In einigen Papieren wurde Talkum nur als Spuren gefunden. In den wenigen Fällen, wo Talkum direkt als Füllstoff zugesetzt wurde betrug der Gehalt ca. 5 %.
Es konnte kein signifikanter Trend einer Zu- oder Abnahme des Füllstoffgehalts
in Abhängigkeit zum Herstellungsjahr der Papiere festgestellt werden. Die wenigen untersuchten Papiere, die vor 1880 hergestellt wurden, enthielten praktisch
keine Füllstoffe.
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pH-Wert
Papieralterbestimmung
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Der pH-Wert von Papier beeinflusst wesentlich die chemischen Veränderungen
des Faserstoffs und damit die Alterung von Papier. Vor allem saure pH-Werte
beschleunigen chemische Oxidationsprozesse in den Cellulosefasern.
Frühere Untersuchungen haben gezeigt das alte Papiere oft pH-Werte unter 6
besitzen [5]. Besonders ab ca. 1820 mit der flächendeckenden Einführung der
sauren Harzleimung sind viele Papiere sehr „sauer“ mit pH-Werten von unter 5.
Erst ab den 1980er Jahren wurde die Papierproduktion auf das basische Herstellungsverfahren umgestellt. Die pH-Werte der modernen Papiere liegen daher meist über 6.
pH-Wert
Der beschriebene Trend für den pH-Wert von Papier wurde in den durchgeführten Untersuchungen bestätigt. Das folgende Diagramm zeigt ausgewählte
Bespiele für die bestimmtem pH-Werte in Abhängigkeit vom Herstellungsjahr.
10
9
8
7
6
5
4
3
2
1
0
1560
1808
1886
1907
1938
1975
1982
2012
Herstellungsjahr des Papiers
Polymerisationsgrad (DP)
Der Polymerisationsgrad (DP) gibt die durchschnittliche Anzahl von Monomeren
in der Cellulosemolekülkette an und ist ein Maß für den chemischen Abbau der
Cellulose. Die Ausgangswerte für unabgebaute Cellulose liegen zwischen 1000
und 2000.
Aus den Ergebnissen der Polymerisationsgradbestimmung konnten keine eindeutigen definierten Korrelationen zwischen dem Polymerisationsgrad und dem
Herstellungsalter der Papiere festgestellt werden. Das liegt vor allem daran,
dass der Abbaugrad der Cellulosefasern mehr vom pH-Wert und den unterschiedlichen Umwelteinflüssen während eines „Papierlebens“ abhängt. Die
niedrigsten DP-Werte von 300 bis 400 wurden für Papiere mit einem pH-Wert
von unter 5 bestimmt. Papiere mit einem pH-Wert über 6 zeigten DP-Werte von
600 bis 700.
Status
Die vorgesehenen Arbeiten wurden vollständig durchgeführt.
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6.3 Arbeitspaket 3 - Konventionelle Scanner basierende Strukturanalyse
Aufgabenstellun
g
Anhand einer systematischen Auswahl von Projektpapieren sollte die Möglichkeit einer Datierung über das Auffinden herstellungsbedingter Papierstrukturen
und ihre Zuordnung zu Herstellungszeiträumen der Papiere untersucht werden.
Die exakte vorgegebene Datierung der Projektpapiere diente dabei als Validierungsinstrument.
Systematische
Papierauswahl
Für die Auswertungen wurden – so vorhanden und geeignet – pro Jahrzehnt
jeweils 10 Papiere für die Untersuchungen ausgewählt. Letztendlich papierstrukturanalytisch ausgewertet, wurden im Rahmen dieses Teils der Untersuchungen
88 Papierproben.
Methodisches
Vorgehen
Herstellungsbedingte Papierstrukturen stellen minimale Papierdickenunterschiede bzw. Füllstoffgehaltsabweichungen dar, die bei der Faserablage auf
dem Papiermaschinensieb bzw. bei der sich anschließenden Entwässerung der
Papierbahn entstehen. Bei der Papierstrukturanalyse werden entsprechende
Markierungen aus den Scans der Papierproben mittels einer Fast Fourier Transformation (FFT) in ausgewählten Wellenlängenbereichen herausgefiltert. Abhängig von ihrer Wellenlänge und Struktur lassen sich diese bestimmten Markierungsverursachern, wie z. B. Entwässerungswalzen oder Bespannungen der
Papiermaschine, zuordnen. Sind diese eindeutig bestimmt, kann über Patentanmeldungen, Gesetze, Umweltauflagen etc. eine Eingrenzung des Herstellungszeitraumes erfolgen.
Die ausgewählten historischen Papiere wurden an vier Stellen in der Größe 100
x 100 mm mit einem Epson PerfectionV750pro Scanner im Durchlichtmodus mit
600dpi, 24bit Farbe gescannt. Die Papierstrukturauswertungen erfolgten mit der
aktuellen DOMAS3.0-Software.
Für die eigentlichen DOMAS-Auswertungen wurde aus diesen Originalscans
anschließend mittels PhotoshopCS3 ein zumeist mittig platzierter 30 x 30mmAusschnitt in 300dpi erzeugt. An diesen erfolgte dann die Papierstrukturanalyse.
Um den Informationsgehalt der rücktransformierten Bilder zu erhöhen, wurden
die Strukturbilder vereinzelt mit PhotoshopCS3 nachbearbeitet. Zeigte sich vorab, dass einzelne Scans zu hell oder dunkel waren, wurde bei diesen bereits vor
den DOMAS-Untersuchungen eine digitale Helligkeits- und Kontrastveränderung vorgenommen.
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Ergebnisse
Papieralterbestimmung
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Die angegebenen Papierdatierungen konnten (mit einer Ausnahme) bei allen 88
untersuchten Papieren durch die Ergebnisse der Strukturanalyse bestätigt werden.
Nicht wenige der gescannten/für die Untersuchung bereitgestellten Scans waren zu dunkel oder zu hell. Teilweise ermöglichte eine Bildnachbearbeitung bei
diesen dann doch noch eine Untersuchung. Durch Weiterentwicklung bzw. Optimierung der durch den Scanner erzeugten Bildaufnahme besteht hier künftig
noch Verbesserungspotenzial.
Farbintensive Bedruckungen beeinträchtigen immer die Bildaufnahmequalität.
Sofern die Musterpapiere über eine aufgedruckt Linierung verfügten, bestand
diese überwiegend aus Punktierungen im regelmäßigen Abstand. Diese wurden
dann häufig im Wellenlängenbereich der Sieb- und Filzmarkierungen als besonders starke regelmäßige Struktur erkannt. Auch bei Verwendung von Schreibmaschinen und Computerbedruckung, überlagerten die Buchstaben wegen der
regelmäßigen Buchstaben- und Zeilenabständen häufig Saugwalzenmarkierungen.
Überraschend war, dass sich markierungsrelevante technische Neuerungen
erst mit erheblicher zeitlicher Verzögerung in den Papieren feststellen ließen.
Dies könnte daran liegen, dass es sich bei den gewählten Papierproben zumeist
um „Feinpapiere“ handelte, bei denen papiermaschinenbautechnisch kein Risiko eingegangen wurde bzw. Neuerungen erst dann eingeführt wurden, wenn sie
sich bei markierungsunempfindlicheren Sorten bewährt hatten. Möglicherweise
ist dies aber auch damit zu erklären, dass die untersuchten Papiere eher auf
kleineren, langsamer laufenden (auf kleinere individuelle Produktionsmengen
abgestimmt), möglicherweise älteren Maschinen hergestellt wurden. Zur Überprüfung dieser These könnten vergleichbare Untersuchungen an z.B. Tageszeitungspapieren wiederholt werden.
Vor dem PaSec-Projekt war hypothetisch angenommen worden, dass sich bezogen auf den Untersuchungszeitraum eine rückläufige/verringernde Markierungsintensität, infolge der immer feiner werdenden Siebe etc. feststellen lassen
ließe. Dies bestätigte sich so nicht eindeutig. Zwar läuft die Markierungsintensität insgesamt zurück (ein Papier aus den 1990er-Jahren weist insgesamt weniger Markierungen/Struktur auf als ein Papier aus den 1910er-Jahren), doch
lässt sich eine „Wellenbewegung“ feststellen, die ungefähr auch mit den markierungsrelevanten technischen Innovationen korrespondiert. Eine belastbare
Schlussfolgerung wäre aber sicher erst nach einer nochmaligen umfangreichen
Einzelobjektbegutachtung möglich. Hierbei sollten auch die Rahmenbedingungen (Papierart, gesellschaftliche und wirtschaftliche Situation z.B. im Zusammenhang mit 1. und 2. Weltkrieg etc.) mit berücksichtigt werden.
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Papieralterbestimmung
FFTAmplitudenbereich der 15
stärksten Papierstrukturen
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Papieralterbestimmung
Wellenlängenber
eiche der der 15
stärksten Papierstrukturen
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Status
Papieralterbestimmung
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Die vorgesehenen Arbeiten wurden vollständig durchgeführt.
6.4 Arbeitspaket 4 - Entwicklung einer mobilen Bildaufnahme
Ausgangssituati
on
Zu dem Strukturanalysemodul DOMAS sollte ein mobiles Bildgewinnungssystem entwickelt werden, dessen Bilder nach Anpassung analog zum Scanner
gestützten System auswertbar sind. Ziel war es dabei ursprünglich, hochauflösende Kameras bzw. Handytypen vorrangig einzubeziehen, da sie Standardausrüstung bei Ermittlern sind. Bei der Diskussion während des Kick-offMeetings zum Projekt und einer Umfrage unter den LKAs wurde jedoch die
Verwendung von stationären bzw. mobilen Scannern als wichtige Möglichkeit,
die im Rahmen von Ermittlungen zu Fälschungen zur Verfügung stehen, bestätigt.
Ringversuch
Es wurde deshalb verabredet, dass 6 verschiedene Papiere an die entsprechenden Einrichtungen der LKAs Bayern, Berlin und Sachsen sowie an der
Forschungseinrichtung mit je nach Verfügbarkeit unterschiedlichen Scannern
entsprechend einer festgelegten Prozedur gescannt werden und eine vergleichende Strukturanalyse durchgeführt wird, um zu ermitteln, ob die unterschiedlichen, im Einsatz befindlichen mobilen Bildaufnahmesysteme geeignet sind,
vergleichbare Strukturanalysen durchzuführen.
Die 6 Papiere wurden aus unterschiedlichen Herstellungszeiträumen (aus 1956,
1969, 2010 und 2012) und Sorten (Schreibpapier, Vorsatzpapier, gestrichene
Druckpapiere und sonstige Qualitäten) ausgewählt und entsprechende Muster
den technischen Abteilungen der Kriminaltechniken bei den LKAs Bayern, Berlin
und Sachsen zur Verfügung gestellt. Die Scanns erfolgten an unterschiedlichen
Scannern (z.T. auch mehreren Typen innerhalb einer Einrichtung). Parallel wurden die gleichen Muster an der Forschungseinrichtung mittels Scanner und
Kamera aufgenommen.
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Ergebnisse
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Diese Scans wurden zunächst mittels Photoshop auf 300 dpi heruntergerechnet
und aus diesen wurde dann jeweils aus der Bildmitte ein neues 3x3 cm großes
Digitalbild erstellt. Hierdurch sollten nahezu identische Papierscans für die Auswertungen zur Verfügung stehen, bei denen die Einflüsse der Papierproben
vernachlässigbar sind.
Aus anderen Gründen problematisch waren hierbei die Bilder von der PTSKamera, da diese nicht maßstäblich waren. Hierbei wurde auf Basis des mitfotografierten 10×10 Rahmens die maßstäbliche Größe eingestellt. Anschließend
wurde mit diesen Kamerabildern mit der gleichen Prozedur wie schon bei den
Scans verfahren.
Status
•
Nach Auswertung der mit dieser Methode untersuchten Ergebnisse
scheinen alle für diese Versuche verwendeten Bilderfassungsgeräte
geeignet. Mit allen werden Markierungen erfasst und Auswertungen
selbiger sind möglich.
•
Unterschiede zeigten sich vor allem in Bezug auf die FFTAmplitudenhöhen. Der Arcus-Scanner Berlin generierte hier überdurchschnittlich hohe Amplituden. Hohe FFT-Amplituden bzw. eine große
Schwankungsbreite selbiger sorgen aber nicht automatisch für mehr erkannte Markierungsgruppen, wie dieser Test zeigte. Generell scheinen
die Epson-Scanner mehr geglättete Bilder zu produzieren. Hierdurch
sollte man annehmen, dass der Unterschied zwischen Markierung und
Rauschen dann nicht mehr so groß ist, was zu weniger Markierungen
führen würde. Dies bestätigte sich so aber nicht.
•
Bei den Aufnahmen der PTS-Kamera wurden relativ gesehen weniger
Markierungen detektiert, doch auch hier war der Unterschied nicht signifikant.
•
Die PTS-Scans erscheinen, rein optisch verglichen, dunkler als die übrigen. Möglicherweise liegt hierin die Ursache für die Abweichungen.
Die geplanten Arbeiten und Projektergebnisse wurden erreicht.
6.5 Arbeitspaket 5 - Korrelation Scanner basierter zu mobiler Bildgewinnung
Ziele
In diesem Arbeitspaket sollten die Ergebnisse der Strukturanalysen, die mit Aufnahmen an den unterschiedlichen mobilen Systemen ermittelbar sind, mit denen eines eingerichteten und kalibrierten Scannersystems abgeglichen werden.
Letzterer war der Scanner an der Forschungseinrichtung Epson PerfectionV750pro (siehe 5.3)
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Ergebnisse
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Nach Auswertung der Scans gleicher Papierproben von unterschiedlichen Bildaufnahmemethoden konnten mit den gewählten Prüfverfahren keine signifikanten Einschränkungen festgestellt werden, die das PaSec-Verfahren (Bildaufnahme an verschiedenen Orten mit verschiedenen Geräten) prinzipiell infrage
stellen.
Die unterschiedlichen Bildaufnahmeverfahren erzeugen Bilder mit unterschiedlichen FFT-Amplitudenhöhen.
Diese waren teilweise auch innerhalb gleicher Papierproben und bei gleichem
Bildaufnahmegerät relativ hoch. Die Ursache hierfür ist momentan nicht ersichtlich, so dass ggf. auch von Bedienfehlern etc. ausgegangen werden muss. Es
sollten daher die zu prüfenden Papiere immer von beiden Papierseiten und an
mehreren Stellen erfasst werden (Statistik!).
Bezogen auf die rücktransformierten Strukturen waren diese bei den mit den
Basiseinstellungen erzeugten Bildern teilweise nur schwer zu sehen. Mit einer
Bildnachbearbeitung dieser rücktransformierten Bilder waren diese besser
sichtbar. Ursache hierfür ist vermutlich, dass die Bilder „zu hell“ gescannt werden. Sofern eine Kontrastverstärkung notwendig sein sollte, sollte diese daher
schon vor der DOMAS-Analyse stattfinden.
Die Verwendung weiterer bzw. alternativer Papiervergleichskriterien (Papierfarbe und Texturparameter) sind als Kriterien bei unterschiedlichen bzw. nicht „geeichten“ Bildaufnahmegeräten nicht zulässig.
Es sollte geschaut werden, ob es weitere (automatisierte) Verfahren gibt, die
durch den Ringversuch gelieferten Papierstrukturinformationen zu bewerten, da
die gewählten Auswerteverfahren während der Tests auch ihre Einschränkungen zeigten.
Status
Die vorgesehenen Arbeiten wurden vollständig durchgeführt.
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6.6 Arbeitspaket 6 - Spektroskopische Analysen - Voruntersuchungen
Ziele
Für eine genaue spektroskopische Charakterisierung der Papiere ist es notwendig, Voruntersuchungen zur spektroskopischen Detektierbarkeit von Inhaltsstoffen und chemischen Strukturänderungen durchzuführen. Dazu wurden
IR-, NIR- und Raman-Spektren von Papieren mit bekannter Zusammensetzung
sowie von reinen Papierinhaltsstoffen aufgenommen und analysiert. Die folgenden Ergebnisse sollten die Grundlage für die Analyse der alten Referenzpapiere
bilden:
•
•
•
IR-Spektren der
Faserstoffe
Datenbank von Referenzspektren
Kenntnisse zur spektroskopischen Nachweisbarkeit der Stoffe in Papieren
Vorgehensweisen zum Sichtbarmachen und zur Analyse von nur geringen
chemischen Strukturänderungen
Die folgende Abbildung zeigt die IR-Spektren von den Faserstoffarten Baumwolle (Hadern), Zellstoff aus Holz und von Holzstoff. Die Spektren sind sich sehr
ähnlich und zeigen im Wesentlichen die charakteristischen Banden der Cellulose. Die größten Unterschiede beobachtet man im Spektrum von Holzstoff, durch
die Banden des Lignins, insbesondere bei 1733 und 1508 cm-1.
Eine weitere Unterscheidung zwischen Baumwollzellstoff und Holzzellstoff ist
nur durch die Bildung der 2. Ableitung möglich, wie es in der folgenden Abbildung dargestellt ist.
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Raman-Spektren
der Faserstoffe
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Die folgenden Abbildungen zeigen die Raman-Spektren Baumwolle (Hadern),
Laubholzzellstoff und Nadelholzzellstoff. Die Raman-Spektren der Faserstoffe
zeigen nicht die in den IR-Spektren intensiven OH-Schwingungsbanden der
Cellulosemoleküle und des adsorbierten Wassers. Dadurch sind andere Banden
besser beobachtbar und eindeutige Differenzierungen der sehr ähnlichen Faserstoffe aus Baumwolle, Laubholz und Nadelholz möglich.
Das Raman-Spektrum von Holzstoff ist hier nicht dargestellt. Es unterscheidet
sich deutlich von den Spektren der anderen Faserstoffe, durch die intensiven
C=C und aromatischen Banden bei 1662 bzw. 1602 cm-1.
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NIR-Spektren der Die Faserstoffe lassen sich auch anhand der NIR-Spektren differenzieren und
Faserstoffe
identifizieren. Jedoch sind die spektralen Unterschiede sehr gering und in den
unbehandelten Spektren nicht bzw. nur schwer erkennbar. Eine eindeutige
Identifizierung ist nur über die 2. Ableitung der NIR-Spektren möglich, wie es in
der folgenden Abbildung dargestellt ist.
Spektrenbearbeitung zur
Analyse
Die genaue Analyse der Spektren erfolgte mit verschiedenen Methoden der
Spektrenbearbeitung. Neben der hier bereits dargestellten Bildung der zweiten
Ableitung können weitere Spektrenbearbeitungen, wie die Normierung und die
Differenzbildung angewendet werden.
Differenzbildung
von Spektren
Durch die Bildung der Differenz zwischen einem Papierspektrum mit verschiedenen Inhaltsstoffen und dem Spektrum des reinen Faserstoffs können in vielen
Fällen das sonst verdeckte Spektrum der Inhaltstoffe direkt sichtbar gemacht
werden. Dies ist im folgenden Beispiel dargestellt. Die Abbildung zeigt die IRSpektren einer Papierprobe und von reinem Zellstoff. Im Papierspektrum erkennt man außerdem die charakteristischen Banden des Füllstoffs Calciumcarbonat bei 1796, 1426 und 871 cm-1.
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Differenzspektrum
Die Differenz aus dem Papierspektrum und dem Zellstoffspektrum zeigt deutlicher die Banden des Calciumcarbonats und jetzt auch die vorher verdeckten
charakteristischen IR-Banden von Stärke bei 2929, 1148, 1082, 998 und
762 cm-1.
Bildung der
2. Ableitung
Durch die Bildung der 2. Ableitung von Spektren können überlappte und teilweise verdeckte Banden aufgelöst werden und so erst bzw. besser bestimmten
Papierinhaltsstoffen zugeordnet werden. Die folgende Abbildung zeigt die 2.
Ableitung der beiden Beispielspektren. Jetzt sind die beiden Banden der Stärke
bei 1080 und 998 cm-1 eindeutig erkennbar.
Status
Die Datenbank der Referenzspektren wurde erstellt. Die erarbeiteten Vorgehensweisen zum Sichtbarmachen und zur Analyse von nur geringen chemischen Strukturänderungen bilden die Grundlage für die Analyse und Bewertung
der historischen Referenzpapiere.
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6.7 Arbeitspaket 7 - Spektroskopische Messungen der Referenzpapiere
Messung der
IR- und NIRSpektren
Es wurden von allen ca. 200 Referenzpapieren die IR- und NIR-Spektren gemessen. Zur repräsentativen Bewertung der Papiere wurden auf jeder Papierseite an drei verschiedenen Stellen Spektren aufgenommen.
Messung der
Raman-Spektren
An ausgewählten Papieren wurden Raman-Messungen durchgeführt. Das waren zum einen Einzelspektren von den Papieroberflächen. Zum anderen wurden
an einigen Papieren auch Raman-Imaging-Messungen am Querschnitt durchgeführt. Dadurch ist eine detailliertere Analyse der chemischen Zusammensetzung
der Papiere möglich.
Bewertung und
Bearbeitung der
Spektren
Alle gemessenen Spektren wurden dahingehend bewertet, ob sie eine ausreichende Qualität besitzen und ob die Einzelspektren repräsentativ für das ganze
Papier sind oder nur eine bestimmte Stelle bzw. Verunreinigung auf dem Papier
darstellen. Erst wenn diese beiden Kriterien erfüllt waren, wurden aus den Einzelspektren Mittelwertspektren gebildet. Alle Spektren wurden in die Datenbank
abgelegt.
Status
Die gemessenen Referenzspektren bildeten die Grundlage für die weitere
Auswertung und die Methodenentwicklung zur Bewertung des Papieralters.
6.8 Arbeitspaket 8 - Methodenentwicklung zur Altersbestimmung
Einleitung
Die Bewertung des Alters von Papieren mittels spektroskopischer Methoden soll
auf zwei Wegen erfolgen. Zum einen lassen sich die Papiere durch eine genaue
Detektion und Identifizierung von Inhaltsstoffen bestimmten Herstellungszeiträumen zuordnen bzw. vorliegende Zuordnungen überprüfen.
Zum anderen können Abbauprodukte des Faserstoffs spektroskopisch nachgewiesen werden und prinzipiell auch quantifiziert werden. Der natürliche Alterungsprozess von Papier wird durch mehrere chemische Vorgänge, wie Oxidation, Hydrolyse und Depolymerisationsvorgänge bestimmt, die strukturelle
Veränderungen und den Abbau der Cellulose bzw. anderer Faserstoffe bewirken [6]. Als Auslöser für die chemischen Reaktionen kommen folgende Einflüsse in Frage: die Papierinhaltsstoffe, die wiederum andere chemische Parameter,
wie den pH-Wert, beeinflussen, Umwelteinflüsse (Feuchtigkeit, UV-Strahlung,
Temperatur u.a.) sowie natürliche Abbauvorgänge. Alle diese Einflüsse müssen
bei der Bewertung des Alterungszustandes und bei den Schlussfolgerungen
zum Alter des Papiers berücksichtigt und gewichtet werden.
Zur Ermittlung bzw. zur Bewertung der chemischen bzw. spektroskopischen
Veränderungen wurden u.a. Untersuchungen zur künstlichen Alterung von Faserstoffen und Papieren durchgeführt. Die entsprechenden Ergebnisse wurden
mit den spektroskopischen Ergebnissen für natürlich gealterte Papiere verglichen.
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6.8.1 Spektroskopische Untersuchungen zur künstlichen Alterung von Papier
Verwendete
Proben
Für die Untersuchungen zur künstlichen Alterung wurden reine Faserstoffe und
ausgewählte, bereits natürlich gealterte Referenzpapiere verwendet. Die untersuchten Proben bzw. Papiere sind in der folgenden Tabelle zusammengefasst.
Probe / Papier
IR-spektroskopische Messungen
Faserstoff
andere Inhaltsstoffe
pH
Baumwollpapier
Baumwolle
Zellstoff Eukalyptus
Zellstoff
Zellstoff Nadelholz
Zellstoff
1560_01_SP
Hadern
Gelatineleimung
4,5
1808_01_SP
Hadern
Gelatineleimung
5,9
1886_01_BP
Zellstoff
Kaolin, Harzleimung
4,5
1892_01_DP
Zellstoff
viel Kaolin, starke Harzleimung
4,7
1893_03_BP
Zellstoff
Talkum
4,9
1905_03_DP
Hadern
Kaolin,Talkum, starke Harzleimung
5,5
1907_02_BP
Zellstoff
Kaolin, Harzleimung
4,6
1929_03_DP
Zellstoff
Harzleimung
1938_02_DP
Zellstoff
Harzleimung
1951_01_DP
Zellstoff
Kaolin, BaSO4, Harzleimung
1975_02_DP
Zellstoff
BaSO4, Harzleimung, opt. Aufheller
6,1
1982_05_SP
Zellstoff
Kaolin, Harzleimung, opt. Aufheller
6,0
2012_01_SP
Zellstoff
CaCO3, Oberflächenstärke, opt. Aufheller
9,2
5,4
Die Bewertung des chemischen Abbaus des Faserstoffs erfolgte durch die Messung und Auswertung der IR-Spektren. Für die Messungen wurden jeweils nach
3, 6, 12, 24 und 36 Tagen künstlicher Alterung bei 80 °C und 65 % Luftfeuchte,
von den Papieren Proben entnommen.
Durch die bei der Alterung stattfindenden Oxidationsprozesse werden vor allem
an den OH-Gruppen der Cellulosemoleküle Carbonylgruppen gebildet, die
durch eine charakteristische IR-Bande bei ca. 1720 cm-1 nachweisbar sind [7].
Diese Bande besitzt in der Regel nur eine schwache Intensität und ist daher nur
in der 2. Ableitung der Spektren sichtbar und auswertbar.
Im Folgenden werden ausgewählte Messergebnisse präsentiert, welche die
wesentlichen Ergebnisse und Erkenntnisse aus den IR-spektroskopischen Messungen an den künstlich gealterten Papieren zusammenfassen.
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Auswertung der
IR-Bande
(2. Ableitung) bei
-1
1720 cm
Papieralterbestimmung
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Für alle Papierproben konnte mit den zunehmenden Alterungstagen ein Anstieg
der Intensität der IR-Bande bei 1720 cm-1 beobachtet werden. Dies galt auch für
das handgeschöpfte Baumwollpapier. Die beiden reinen Zellstoffproben von
Eukalyptus und Nadelholz zeigten diese Änderungen nicht. Dies ist ein deutlicher Hinweis darauf, dass für die Oxidationsprozesse am Faserstoff neben der
Feuchte und Wärme besonders andere chemische Stoffe in den Papieren mitverantwortlich sind.
Für die Auswertung wurde für jedes Spektrum die Fläche unter der IR-Bande
bei 1720 cm-1 berechnet. Die folgende Abbildung zeigt beispielhaft die berechneten Flächen in den IR-Spektren der Papierprobe 1907_02_BP. Die verwendeten Wellenzahlgrenzen sind ebenfalls dargestellt.
Abhängigkeit der
Bandenintensität
-1
bei 1720 cm
von Alterungsdauer
In dem folgenden Diagramm ist für einige Papiere die Änderung der Bandenintensität in Abhängigkeit der künstlichen Alterungsdauer dargestellt. Das Papier
2012 zeigte praktisch keine Änderung vom Ausgangswert, was sicherlich mit
dem hohen pH-Wert von 9,2 zusammenhängt. Das Baumwollpapier zeigte nur
einen geringen Anstieg. Dies ist in Übereinstimmung mit den Aussagen aus der
Literatur, dass Hadernfasern langsamer oxydieren als Holzzellstoffasern [5]
Alle anderen Papiere, auch die nicht im Diagramm aufgeführten, zeigten mit
zunehmender Alterungsdauer einen nachweisbaren Anstieg der Bandenintensität bei 1720 cm-1. Die stärksten Änderungen zeigten die Papiere 1886 und
1907, die sehr niedrige pH-Werte von 4,5 bzw. 4,6 besitzen.
Anmerkung: Die Änderungen sind auch bei den ältesten untersuchten Papieren
von 1560 und 1808 nachweisbar. Jedoch, sowohl der Ausgangswert als auch
dessen Änderungen werden stark durch die Banden der Gelatineleimung beeinflusst, so dass die absoluten Werte der berechneten Bandenflächen nicht mit
den Werten der anderen Papiere direkt vergleichbar sind.
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Abhängigkeit der
Bandenintensität
-1
bei 1720 cm
von Alterungsdauer
Ergebnis
Die Ergebnisse der IR-spektroskopischen Untersuchungen zur künstlichen Alterung zeigen:
•
Der oxydative Abbau der Cellulosefasern ist durch die IR-Bande von
gebildeten Carbonylgruppen bei 1720 cm-1 qualitativ und quantitativ
nachweisbar. Es wurden keine weiteren signifikanten spektroskopischen
Änderungen in Abhängigkeit von der künstlichen Alterungsdauer beobachtet.
•
Die stärksten Änderungen wurden für Papiere mit niedrigem pH-Wert
registriert.
•
Das moderne Papier von 2012 mit einem hohen pH-Wert von 9,2 zeigte
über die gesamte Alterungsdauer praktisch keine Veränderungen der
Analysenbande bei 1720 cm-1.
6.8.2 Spektroskopische Untersuchungen der natürlich gealterten Papiere
Durchgeführte
Auswertungen
Die für den oxydativen Abbau der Cellulose charakteristische Bande wurde in
den IR-Spektren aller historischen Referenzpapiere beobachtet. Die Fläche
dieser Bande wurde in der 2. Ableitung für jedes Spektrum im Bereich von 1732
bis 1713 cm-1 berechnet. Die berechnete Bandenfläche wurde mit dem Alter der
Papiere in Beziehung gesetzt.
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Abhängigkeit der
Bandenintensität
-1
bei 1720 cm
vom Papieralter
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Das folgende Diagramm zeigt die Abhängigkeit der Größe der berechneten
Bandenfläche bei 1720 cm-1 vom Papieralter. Aus Gründen der Übersichtlichkeit
wurden für den Zeitraum ab 1900 nicht alle Werte dargestellt. Die Werte für die
beiden älteren Schreibpapiere von 1560 und 1808 konnten nicht berücksichtigt
werden, da sie zu stark durch die IR-Banden der vorhandenen Gelatineleimung
beeinflusst werden und nicht mit den anderen Werten direkt vergleichbar sind.
Das Diagramm zeigt zunächst, dass alle holzstoffhaltigen Papiere eine relativ
hohe Intensität der Analysenbande bei 1720 cm-1 aufweisen. Für die anderen
Werte ergibt sich ein scheinbarer Trend von zunächst niedrigen Werten vor
1900, dann einen Anstieg und wieder einen Abfall. Bei genauerer Betrachtung
zeigt sich jedoch, dass die Papiere vor 1890 mit sehr niedrigen Werten praktisch
alle Hadernpapiere sind und diese Werte ganz offensichtlich durch die bereits
festgestellte geringere Abbauneigung der Hadernfasern zurückzuführen sind.
Nach 1890 zeigen die Werte für die Holzzellstoffpapiere zwar eine starke Streuung. Es ist aber ein deutlicher Trend zu einem geringeren Abbau besonders für
die untersuchten Papiere nach 1950 erkennbar. Es ist davon auszugehen, dass
sowohl die starke Streuung als auch die Abnahme der Werte im Wesentlichen
mit den pH-Werten der Papiere im Zusammenhang stehen.
Ab der zweiten Hälfte des 19. Jh. besitzen die Papiere, bedingt durch die saure
Harzleimung, geringe pH-Werte. In Abhängigkeit von anderen Einflüssen, wie
bestimmten Papierinhaltsstoffen, Licht, Feuchte und Temperatur führt dies zu
verschiedenen Graden des oxydativen Abbaus der Cellulose.
Nach 1950 ist eine Zunahme der pH-Werte auch bei harzgeleimten Papieren zu
verzeichnen, was den oxydativen Abbau verringert. Mit der Einführung der basischen Papierherstellung besitzen alle Papiere ab Ende der 1970er bzw. Anfang
der 1980er Jahre einen pH-Wert von deutlich über 7 und zeigen eine sehr geringe Neigung zum oxydativen Abbau [5].
Abhängigkeit der Bandenfläche bei 1720 cm-1 vom Papieralter
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Schlußfolgerungen zu
Papieralterung
Papieralterbestimmung
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Die für den oxydativen Abbau der Cellulose charakteristische Bande bei
1720 cm-1 wurde in den IR-Spektren aller historischen Referenzpapiere beobachtet. Die berechnete Bandenfläche ist ein Maß für den Grad des Abbaus,
der durch verschiedene Parameter, wie Zeit, pH-Wert, andere chemische Substanzen und Umwelteinflüsse beeinflusst wird.
Aus den Ergebnissen der IR-spektroskopischen Untersuchungen zur natürlichen Papieralterung ergeben sich folgende Schlußfolgerungen:
Ergebnisse der
spektroskopischen Untersuchungen zur
Papierzusammensetzung
•
Der Grad des oxydativen Abbaus der Cellulosefasern ist anhand der
Bandenintensität bei 1720 cm-1 abschätzbar. Die absoluten Intensitätsänderungen sind signifikant, aber absolut sehr gering.
•
Der oxydative Abbau wird ganz offensichtlich vor allem durch den
pH-Wert bzw. die chemische Zusammensetzung der Papiere bestimmt.
Eine zeitabhängige Änderung konnte bei den Untersuchungen zur
künstlichen Alterung nachgewiesen werden, die aber sehr gering ist.
•
Die höchsten Intensitäten der Analysebande bei 1720 cm-1 wurden für
Papiere mit sehr niedrigen pH-Werten gefunden, unabhängig vom Papieralter.
•
Für die Einschätzung des Papieralters müssen neben der Intensität der
Analysebande bei 1720 cm-1 die anderen genannten Parameter mit berücksichtigt werden.
In den spektroskopischen Untersuchungen konnte gezeigt werden, dass sich
insbesondere mit der IR- und Raman-Spektroskopie die chemische Zusammensetzung der Papiere sehr genau bestimmen lässt. Ein wesentlicher Aspekt zur
Erlangung der im Folgenden aufgeführten Ergebnisse war die sehr große Anzahl der untersuchten Papiere verschiedenen Alters. Erst durch die zahlreichen
Vergleichsmöglichkeiten konnten die wirklich signifikanten Informationen in den
Spektren erkannt und genutzt werden. Die folgenden wesentlichen Ergebnisse
bzw. neuen Erkenntnisse wurden dabei erzielt:
PTS-Forschungsbericht
•
Es konnte gezeigt werden, dass durch die Auswertung der zweiten Ableitungen von IR-Spektren auch chemische Substanzen mit sehr geringen Gehalten sicher erkannt werden können, insbesondere Stärke und
Harzleimungsmittel.
•
Die oberflächensensitiven ATR-IR-Messungen zeigten, dass sich die
chemische Zusammensetzung der Papieroberseiten signifikant vom
Gesamtpapier unterscheiden kann. Dadurch können Hinweise zur Herstellungsart und letztendlich zum Herstellungszeitraum gewonnen werden.
•
Durch hoch ortsaufgelöste Raman-mikroskopische Messungen konnte
gezeigt werden, dass Papier nicht nur aus den bewusst zugesetzten Inhaltsstoffen besteht. Daneben findet man im Papier Substanzen, die mit
den Hauptbestandteilen hineingetragen werden, die während der Papierherstellung aus anderen Verbindungen entstehen oder beim Gebrauch bzw. bei der Alterung ins Papier gelangen. Durch die Detektion
dieser Spurensubstanzen können zusätzliche aussagekräftige und
letztendlich beweiskräftige Informationen zur Herstellungsart und –zeit
gewonnen werden.
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Die Abbildung zeigt das Raman-Bild vom Querschnitt der Papierprobe
1938_02_DP. Aus den chemischen Informationen in den Raman-Spektren lässt
Gips-Partikel und
sich die Faserstruktur (grau) darstellen. Zusätzlich werden Partikel von zwei
CaSO4
verschiedenen Formen von Calciumsulfat CaSO4 gefunden, der wasserhaltigen
Gipsform (rot, Raman-Bande bei 1008 cm-1) und der wasserfreien Form (grün,
1018 cm-1). Es wird angenommen, dass CaSO4 nicht als eigentlicher Füllstoff in
das Papier gebracht wurde, sondern sich aus dem Sulfat des Leimungshilfsmittels Aluminiumsulfat und den Calciumionen im Prozesswasser zunächst als
Gips CaSO4 . 2H2O bildet. Bei der Trocknung in der Papiermaschine bildet sich
dann bei Temperaturen über 120 °C wasserfreies CaSO4.
Beispiel
Raman-Bild des Querschnitts von Papier 1938_02_DP
Status
Auf der Grundlage der Ergebnisse der spektroskopischen Untersuchungen wurden Methoden und Kriterien zur Bewertung des Papieralters erarbeitet.
6.9 Arbeitspaket 9 - Bestimmung des 14C-Alters ausgewählter Projektpapiere
14
Bestimmungsme Die C-Analyse sollte auf zwei verschiedene Arten zur Anwendung kommen.
thoden
Zum einen sollte das 14C-Alter des Faserstoffs im Papier bestimmt werden. Da-
bei ist davon auszugehen, dass der Faserstoff eine Mischung aus Holzzellstoff
von 10 bis 20 Jahre alten Bäumen darstellt.
Eine engere Eingrenzung des tatsächlichen Alters könnte man für Substanzen
aus Einjahrespflanzen erreichen. Daher sollte überprüft werden, ob es möglich
ist, die zugesetzte Stärke aus einem Papier zu extrahieren und deren 14C-Alter
zu bestimmen. Dabei geht man davon aus, dass die Stärke in der Regel maximal zwei Jahre nach der Ernte der stärkehaltigen Pflanzen im Papier verarbeitet
wurde.
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Papieralterbestimmung
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Stärkeextraktion
Nach mehreren Versuchen wurde folgende Methode zur Extraktion der Stärke
aus Papier gewählt. 3 g der Papierprobe wurden in einer Schlagmühle zerfasert
und ca. 12 h in 50 ml destilliertem Wasser quellen gelassen. Danach wurde der
Faserstoff 15 min in einen Blitzmischer aufgeschlagen und im Weiteren in einem
Autoklaven 30 min bei 137 °C behandelt. Die Suspension wurde dann mehrmals zentrifugiert, solange, bis der Extraktlösung vollständig von Fasern befreit
war. Die Vorversuche hatten gezeigt, dass relativ hohe Konzentrationen an Calciumionen die Ausfällung der Stärke stören. Deshalb wurde zunächst für die
Extraktlösung ein neutraler bis leicht basischer pH-Wert eingestellt und durch
Zugabe einer 1M Na2CO3-Lösung die Calciumionen als CaCO3 ausgefällt. Die
Lösung wurde erneut zentrifugiert und das CaCO3 abgetrennt. Zum Schluss
erfolgte die Fällung der Stärke durch die tropfenweise Zugabe von Ethanol.
Mittels Raman-Spektroskopie wurde überprüft, ob die ausgefällte Substanz
auch wirklich zum überwiegenden Teil Stärke enthielt. Nur Proben, die Stärke
enthielten, wurden zur 14C-Analyse verwendet.
Ergebnisse der
14
C-Altersbestimmung von
Stärke
Die folgende Tabelle fasst die wesentlichen Ergebnisse zur Altersbestimmung
von Papieren über das 14C-Alter der extrahierten Stärke zusammen. Die Referenzpapiere wurden so ausgewählt, dass es sich möglichst um industriell gefertigte Papiere handelte, die genügend Stärke enthielten.
Papierprobe
Bewertung der
Ergebnisse zur
14
C-Altersbestimmung von
Stärke
Anmerkungen
Herstellungsjahr
14
C-Alter Stärke
1982_04_AQ
Aquarellpapier
1982
1982 - 1983
1989_01_SO
Schreibpapier
1989
1986 - 1988
1989_02_DP
Druckpapier
1989
1988 - 1990
1990_02_SP
Schreibpapier
1990
1984 - 1986
1990_14_AQ
Aquarellpapier
1990
1984 - 1986
KL 1998
Kraftliner
1998
1995 - 1999
SC 2000
SC-Papier
2000
1996 - 2000
FK 2010
Kartonpapier
2010
1954 - 1957
PTS 2013
Papier aus PTS-Technikum
2013
2008 - 2009
Praktisch für alle untersuchten Proben zeigt das bestimmte 14C-Alter der extrahierten Stärken eine sehr gute Übereinstimmung mit dem tatsächlichen Herstellungsjahr des entsprechenden Papiers. Die maximale Abweichung beträgt
– 4 Jahre. Eine Ausnahme bildet das Kartonpapier FK 2010. Das Papier enthielt
relativ viel Stärke, die auch gut extrahiert werden konnte. Die Ursache für die
starke Abweichung der Altersbestimmung konnte nicht ermittelt werden.
Insgesamt zeigen die Ergebnisse die prinzipielle Machbarkeit und relativ hohe
Genauigkeit der Methode. Die Ergebnisse müssen jedoch durch weitere Untersuchungen, insbesondere mit noch älteren Papieren, bestätigt werden. Des
Weiteren ist diese Methode zur Papieraltersbestimmung nur in den Fällen anwendbar, in denen die Papiere Stärke enthalten und auch genügend Probenmaterial entnommen werden kann.
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Ergebnisse der
14
C-Altersbestimmung von
Faserstoff
Papieralterbestimmung
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Die folgende Tabelle fasst die wesentlichen Ergebnisse zur Altersbestimmung
von Papieren über das 14C-Alter des Faserstoffs zusammen.
Papierprobe
Anmerkungen
14
Herstellungsjahr
C-Alter
Faserstoff
1982_04_AQ
Aquarellpapier
1982
1984 - 1985
1989_01_SO
Schreibpapier
1989
1985 - 1987
1989_02_DP
Druckpapier
1989
1985 - 1987
1990_06_SP
Schreibpapier
1990
1983 - 1984
1990_11_DP
Druckpapier
1990
1982 - 1983
1990_13_SP
Schreibpapier
1990
1983 - 1984
1990_14_AQ
Aquarellpapier
1990
1984 - 1986
SC 2000
SC-Papier
2000
1985 - 1987
FK 2010
Kartonpapier
2010
2003 - 2005
Bewertung der
Ergebnisse zur
14
C-Altersbestimmung von
Faserstoff
Es wurde davon ausgegangen, dass der Faserstoff eine Mischung aus Holzzellstoff von 10 bis 20 Jahre alten Bäumen darstellt und zunächst das 14C-Alter des
Faserstoffs um ca. 10 bis 15 Jahre über dem eigentlichen Papieralter liegen
müsste. Dies ist bei dem Papier SC 2000 auch der Fall. Alle anderen untersuchten Papierproben zeigen überraschenderwiese deutlich geringere Abweichungen, in einigen Fällen sogar eine praktische Übereinstimmung.
Dieses Ergebnis ist zunächst nicht erklärlich und muss hinterfragt werden. Eine
Möglichkeit wäre, dass die 14C-Altersbestimmung eines Fasergemisches stark
fehlerbehaftet ist und die beschränkte Anzahl der Ergebnisse nur zufällig diese
gute Übereinstimmung zeigen. In jedem Fall bedarf es auch für die Entwicklung
einer endgültigen Bestimmungsmethode des Papieralters über das 14C-Alter
des Faserstoffs weiterer Untersuchungen. Die prinzipielle Machbarkeit der Methode konnte gezeigt werden [8].
Status
Die vorgesehenen Arbeiten wurden vollständig durchgeführt.
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6.10 Arbeitspaket 10 - Erarbeitung einer Methodik zur Übertragbarkeit des 14C-Alters in
reale Herstellungszeiträume
Bewertung der
Ergebnisse zur
14
C-Altersbestimmung
Es konnte gezeigt werden, dass die Altersbestimmung von Papieren über das
14
C-Alter der darin enthaltenen Stärke möglich ist. Dabei geht man davon aus,
dass die Stärke in der Regel maximal zwei Jahre nach der Ernte der stärkehaltigen Pflanzen im Papier verarbeitet wurde. Mit den Ergebnissen der durchgeführten Untersuchungen konnte diese Annahme bestätigt werden. In den meisten Fällen ergab sich für das bestimmte 14C-Alter der extrahierten Stärken eine
sehr gute Übereinstimmung mit dem tatsächlichen Herstellungsjahr des entsprechenden Papiers, mit Abweichungen von unter drei Jahren.
Auch für die Altersbestimmung von Papieren über das 14C-Alter des darin enthaltenen Faserstoffs ergaben sich sehr gute Übereinstimmungen, mit Abweichungen von deutlich weniger als fünf Jahren. Diese Ergebnisse bedürfen jedoch weiterer Überprüfungen, da man eigentlich annehmen muss, dass
zunächst das 14C-Alter des Faserstoffs um ca. 10 bis 15 Jahre über dem eigentlichen Papieralter liegen müsste.
Methodik zur
14
C-Altersbestimmung von
Papier
Status
Die prinzipielle Machbarkeit der Altersbestimmung von Papieren über das 14CAlter der darin enthaltenen Stärke oder des Faserstoffs konnte gezeigt werden.
Die Methode kann unter den folgenden Voraussetzungen angewendet werden:
•
Sichere Analysen sind für den Zeitraum nach 1954 möglich (Beginn der
Abklingkurve der 14C-Belastung nach Ende der überirdischen Atomtests)
•
Es kann ausreichend Probenmaterial entnommen werden (ca. 2 g)
•
Für die Altersbestimmung über die Stärke müssen die Papiere genügend Stärke enthalten, die extrahiert werden kann.
Die Machbarkeit der 14C-Altersbestimmung von Papieren wurde gezeigt und die
Voraussetzungen für die Entwicklung einer endgültigen Bestimmungsmethode
geschaffen.
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Papieralterbestimmung
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6.11 Arbeitspaket 11 - Erarbeitung einer komplexen Methodik zur Erkennung von
Papierfälschungen
Ziel
Ziel des Projektes war es, unterschiedliche analytische Methoden auf ihre Eignung zum Erkennen von Papierfälschungen und Papierplagiaten zu untersuchen. Dabei wurden sowohl konventionelle Analytik, wie sie aus anderen Gebieten der Papieranalytik bereits bekannt sind, als auch bisher in diesem Bereich
noch nicht eingesetzte Methoden auf ihre Eignung geprüft.
Mit den Projektergebnissen sollte eine modular aufgebaute Methode zur Verfügung stehen, mit der es möglich ist, in Abhängigkeit von der Fragestellung bez.
Überprüfung der Datierung einzelne oder auch Kombinationen mehrerer Messmethoden zu nutzen.
Konventionelle
Methoden
In der folgenden Tabelle sind die wichtigsten konventionellen Prüfmethoden
zusammengestellt:
Methode
Mögliche Zeitliche Zuordnungen
Faserstoffanalyse
Holzschliff nach 1843 [11]
Zellstoffe nach 1860 [11]
Strukturanalyse
Optische Aufhellung
Einsatz opt. Aufheller nach 1945 [9]
pH-Wert
Saure bzw. alkalische (ab. ca. 1970) Papierherstellung
Synthetische Leimungsmittel
Einsatz nach 1970 [10]
Inhaltsstoffe (mineralisch/chemisch)
Je nach gefundener Substanz [11]
Die Strukturanalyse kann für sehr viele Fragestellungen und interessierende
Zeiträume eingesetzt werden.
Im Bereich nicht maschinell hergestellter Papiere sind hier die WasserzeichenAnalysen und der Abgleich mit historischen Verzeichnissen für spezielle Herstellungszeiträume und Hersteller von Bedeutung.
Im Bereich der maschinell hergestellten Papiere sind neben Wasserzeichen das
Auffinden von im Papier vorhandenen Strukturen aus dem Bereich der Papiermaschine (Sieb-, Filz- oder Trockenfilzstrukturen, Walzen- und Entwässerungssystemstrukturen u.ä.) und ihre Zuordnung zu historisch verbürgten Einsatzzeiträumen eine sicher Möglichkeit zum Eingrenzen der Herstellungszeit des
Papiers.
Die Auswertung der aufgenommen Bilder erfolgt mittels digitaler Bildanalyse
und Fourier-Transformation. Dabei ist es möglich neben hochauflösenden
Scannern auch einfache mobile Scanner bzw. Kameras zur Bildgewinnung einzusetzen.
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Spektroskopisch
e Analysen
Papieralterbestimmung
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Über den Einsatz verschiedener spektroskopischer Verfahren, wie NIR-, IR- und
Ramanspektroskopie kann eine sehr umfangreiche chemische Analyse der zu
untersuchenden Papiere bezüglich stofflicher Zusammensetzung vorgenommen
werden. Zahlreiche Inhaltsstoffe sind einem bestimmten Einsatzzeitraum zuzuordnen [11].
Über IR-spektroskopische Auswertung spezieller Bandenintensitäten, die den
oxydativen Abbau der Zellulose beschreiben, ist es möglich, Aussagen zum
Alterungszustand der jeweiligen Papiere abzuleiten.
14
AMS mit Auswer- Für den Zeitraum ab 1954 steht mit der Ermittlung des C-Alters von Papieren
14
tung der Cmittels AMS (Accelerator mass spektrometry) die Möglichkeit einer relativ exakAlters
ten Datierung von Papieren bereit. Die 14C- Altersbestimmung ist dabei sowohl
an den Papierfasern möglich, wird jedoch noch genauer, wenn sie an vorhandener extrahierter Stärke durchführt, da Stärke als Einjahrespflanze mit höherer
Genauigkeit zu detektieren ist.
Im Gegensatz zur Strukturanalyse und zu den oben beschriebenen spektroskopischen Methoden ist diese Analyse nicht zerstörungsfrei und kann deshalb bei
historisch sehr wertvollen Papieren nicht immer eingesetzt werden. Im Bereich
der Echtheitsuntersuchungen an weniger alten Dokumenten, wie Testamenten,
Krankenakten, Zollbanderolen u.ä. birgt diese Methode deutliches Potenzial zur
Verbesserung der Aufklärungsquote. Durch die AMS ist die Analysenmenge
bereits auf 2 g und weniger gesunken, so dass in jedem Einsatzfall individuell
geprüft werden muss, ob ein Einsatz dieser Methode möglich ist.
Status
Entsprechend Forschungsziel steht mit Abschluss der Arbeiten eine komplexe
Methode zur Überprüfung von Datierungen und Überprüfung von Fälschungen
und Papierplagiaten zur Verfügung.
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7
Papieralterbestimmung
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Wirtschaftliche Verwertung der Vorhabensergebnisse, aktualisierter
Verwertungsplan
7.1 Zielgruppen für die wirtschaftliche Verwertung des FuE-Ergebnisses, Anwendungsbereiche
Zielgruppen und
Anwendungsbereiche
Die neue komplexe Methode zielt auf die Nutzung in folgenden Bereichen:
•
Unterstützung der Ermittlungsarbeit der LKAs im Bereich Kunstdelikte
und historische Dokumente [12];
•
Überprüfung der Echtheit von Papierdokumenten, die nicht auf sogenannten Wertpapieren mit speziellen Sicherheitsmerkmalen gedruckt
werden. Das betrifft offizielle Dokumente wie beispielsweise Rezepte,
Krankenscheine, Berechtigungsscheine für diverse finanzielle Leistungen verschiedener Behörden, Zollformulare, Testamente und Lotteriescheine.
•
Unterstützung der 15. Arzneimittelgesetz-Novelle [13] hinsichtlich der
Arzneimittelsicherheit, durch die Möglichkeit des Identifizierens falscher
Beipackzettel und des Schutzes der Endkunden vor unkontrollierten
Generika.
•
Sicherung der Absatzmärkte für Papierfabriken, die insbesondere in die
Verpackung von Markenartikeln liefern. Durch den sehr hohen Zustrom
von Plagiaten in diesen Bereichen (insbesondere im Pharmabereich
und bei hochwertigen Kosmetika) verlieren Hersteller von Papieren und
Kartonen im Verpackungs- und Druckbereich Marktpositionen, was wegen der geringen Wachstumspotenziale dieser Branche Standorte gefährden kann (siehe Statistik des Verbandes der deutschen Papierfabriken VDP unter http://www.vdp-online.de/ ).
In den neuen Bundesländern arbeiten sowohl im Bereich der Druckereien aber
auch im Pharmabereich eine Reihe von kmUs. Die Projektergebnisse sollen
einen Beitrag zur Festigung und zum Ausbau ihrer Marktanteile leisten.
7.2 Schilderung der Markt- und Wettbewerbssituation
Situation
Die Wettbewerbssituation besteht in der Sicherung der Marktanteile von Papierfabriken, Druckereien und Hersteller von Arzneimittel bzw. hochwertigen Verpackungen insbesondere im Kosmetikbereich gegenüber der immer größer werdenden Anzahl an Fälschungen/Plagiaten in diesem Bereich.
Das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie BMWI informiert, dass
Produktpiraterie Wachstum und Arbeitsplätze gefährdet. In der heutigen hoch
spezialisierten und global vernetzten Wirtschaft haben sich Produktfälschung
und Markenpiraterie zu einer ernsten kommerziellen Bedrohung entwickelt. Die
OECD geht von einem weltweiten Schaden für die Wirtschaft in Höhe von rund
150 Mrd. € aus. Entsprechend des Anteils am Welthandel ist Deutschland dabei mit einem volkswirtschaftlichen Schaden von mindestens 15 Mrd. € betroffen. Es sind nicht mehr nur Luxusgüter betroffen, sondern immer mehr normale
Gebrauchsgüter und Investitionsgüter [14].
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8
Papieralterbestimmung
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Veröffentlichungen
J. Hempel, Paper Analysis at PTS
13th EDEWG - European Document ExpertsWorking Group Business Meeting 2013.
11 to 12 June 2013, Oslo, Norway
1
Kunstmarkt „Der Hippie und die Expressionisten“, Der Spiegel, 44, 2010, S. 147-151
2
Kock, H. „Fingerabdruck für Verpackungen: Papierstruktur verrät Produktpiraten“,
Informationsdienst Wissenschaften 08.12.2009, idw-online.de/pages/de/news348046
3
D. Dietz, Kapitel zur Papierindustriegeschichte im Hinblick auf deren Markierungen im
Papier, Dissertation, Philosophische Fakultät Bern, 15.10.2010
4
E. Pigorsch, Möglichkeiten der Prozessoptimierung und Sicherung der Stoff konstanz durch
zeitnahe Messung von Papierrohstoff en und – hilfsmitteln, PTS-Forschungsbericht
Paperanalyzer-Wetend 2009
5
Clapp V.W., The story of permanent /durable book-paper 1115-1970
Restaurator 1 (1972) 1- 51
6
Havermans J. and Dafour J., Photo Oxidation of Paper Documents. A Literature Review
Restaurator 18 (1997) 103-114
7
Lojewska J. et al., Carbonyl groups development on degraded cellulose. Correlation
between spectroscopic and chemical results, Appl. Phys. A 89 (2007) 883-887
8
Grootes, P.M., Nadeau, M-J., Rieck, A. “ 14C-AMS at Leibniz-Labor; Radiometric dating
and isotope research”
Nuclear Instruments and Methods in Physics Research Sectioon B 223-224, 55-61, 2004
9
10
Werthmann, B. „Altersbestimmung von Papier und der Nachweis von Fälschungen“
Vortrag auf der Jahrestagung der IADA (Inetrn. Arbeitsgemeinschaft der Archiv-,
Bibliotheks- und Graphikrestauratoren
Götsching, L. Katz, C. „Papier-Lexikon“ Deutsche Betriebswirte Verlag 1999
11
Weiß, W. „Zeittafel der Papiergeschichte“, VEB Fachbuchverlag Leipzig 1983
12
OVB online „Maya Picasso – Bild ist falsch“ – Bericht über Gerichtsverhandlung am
Rosenheimer Amtsgericht; http://www.ovb-online.de/lokales/rosenheim/landkreis/mayapicasso-bild-falsch-782730.html
13
Deutscher Bundestag: Drucksache 16/13428 vom 17.06.2009
„Entwurf eines Gesetzes zur Änderung arzneimittelrechtlicher und anderer Vorschriften“
14
Neue Zahlen zur Produktpiraterie, http://www.jurablogs.com/de/neue-zahlen-zurproduktpiraterie vom 18.04.2011
PTS-Forschungsbericht
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www.ptspaper.de
Papiertechnische Stiftung
Heßstraße 134 · 80797 München · Telefon +49 (0)89-12146-0 · Telefax +49 (0)89-12146-36 · Mail [email protected]
Pirnaer Straße 37 · 01809 Heidenau · Telefon +49 (0)3529-551-60 · Telefax +49 (0)3529-551-899 · Mail [email protected]