Flottenmanagement und Telematik

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Flottenmanagement und Telematik
Seminar Sommersemester 2010:
Automobile Systeme in der Automatisierung
Prof. Dr. Dieter Zöbel, Universität Koblenz-Landau, FB Informatik
Flottenmanagement und Telematik
Robin Schrage
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Zusammenfassung Die vorliegende Arbeit vermittelt einen Einblick in den Bereich
des Flottenmanagements, insbesondere unter dem Gesichtspunkt der Möglichkeiten,
die sich durch Integration von Flotten-Telematik eröffnen. Ergänzend wird das Vehicle
Routing Problem in seiner grundsätzlichen Form eingeführt, denn es stellt die Basis für
Tourenplanung im Flottenmanagement dar. Die Anforderungen an Transportprozesse
und damit auch an das Flottenmanagement sind heutzutage sehr hoch. Telematikanwendungen haben das Potenzial, das Flottenmanagement durch rechtzeitige und zuverlässige
Informationen in Echtzeit zu ergänzen und somit Disponenten sowie Softwaresysteme
in die Lage zu versetzen, dynamisch zu planen und den Transportprozess effizienter im
Sinne der Anforderungen zu gestalten. Telematik basiert auf Technologien der Telekommunikation und der Informatik und kann in Flottenmanagement-Informationssystemen
dazu eingesetzt werden, viele Managementaktivitäten zu erleichtern bzw. zu ermöglichen
und teilweise zu automatisieren. Bei Betrachtung einer typischen Architektur und eines
etablierten Systems bestätigen sich die Potenziale.
Schlüsselwörter Flottenmanagement, Telematik, Flotten-Telematik, ManagementInformationssysteme, Vehicle Routing Problem
1 Einleitung
Der Einsatz von Fahrzeugflotten, sei es für Personen- oder Frachttransport, realisiert
durch PKW, LKW, Schiffe, Züge oder Flugzeuge, erfordert umfangreiche Managementund Planungsaktivitäten, welche unter dem Begriff Flottenmanagement zusammengefasst werden. Flottenmanagement im Großen umfasst alle Managementaufgaben von
der Anschaffung, Wartung und dem Austausch von Fahrzeugen einer Fahrzeugflotte bis
hin zur Kontrolle und zur Planung des Ablaufs von Aufträgen [1],[2]. Powell beschreibt
das Flottenmanagement–Problem als die Verwaltung von Ausrüstungsflotten, mit dem
Ziel, die sich über die Zeit entwickelnden Anforderungen der Kunden zu erfüllen [10].
Diese Definition impliziert die Dynamik des Umfeldes, in dem Flottenmanagement
Universität Koblenz-Landau, Institut für Informatik
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http://www.uni-koblenz-landau.de/koblenz/fb4/institute/IST/AGZoebel
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stattfindet und die es zu handhaben gilt. Der Aspekt der Dynamik betrifft insbesondere den Kernbereich des Flottenmanagements, welcher zumeist mit allen Aktivitäten
der Planung, Überwachung und Steuerung von Transportprozessen assoziiert wird [2],
[4], [14]. Hauptakteure in diesem Kernbereich sind Disponenten und Fahrer. Zu den
Aufgaben eines Disponenten gehört es, Zeitpläne zu erstellen, Fahrzeuge und Fahrer
den Aufträgen zuzuweisen, die Fahrer über ihre Aufgaben zu informieren und auf Zwischenfälle zu reagieren. Dafür muss dem Disponenten stets der aktuelle Zustand des
Transportsystems bekannt sein. Insbesondere da heutzutage die Anforderungen an die
Qualität von Transportprozessen sehr hoch sind, ist effizientes Flottenmanagement von
großer Bedeutung.
Im Folgenden werden diese Anforderungen, Herausforderungen und Ziele im
Flottenmanagement betrachtet und in Verbindung damit die Potenziale der Telematik
im Flottenmanagement aufgeführt. Im zweiten Kapitel geht es um die technologische
Basis für Telematikanwendungen im Transportsektor, bevor in Kapitel 3 ein Überblick
über die Managementaktivitäten folgt. Kapitel 4 dreht sich um FlottenmanagementInformationssysteme, und Kapitel 5 behandelt das Vehicle Routing Problem. Abschließend beinhaltet Kapitel 6 Fazit und Ausblick zu dieser Arbeit.
1.1 Herausforderungen und Ziele im Flottenmanagement
Globalisierung, Liberalisierung der Märkte und Deregulierung im europäischen Transportmarkt haben zu einer Verschärfung des globalen Wettbewerbs geführt und neue
Herausforderungen für Transportunternehmen mit sich gebracht [1], [2], [4], [5], [6],[13].
Der globale Wettbewerb macht es notwendig, Kosten zu verringern, damit weiterhin attraktive Tarife bzw. Produktpreise geboten werden können. Bei Fabrikationsbetrieben
werden daher Versorgungsketten mit anderen Unternehmen gebildet und ”just-in-time”
Praktiken1 eingesetzt, was hohe Anforderungen an Transportprozesse bedeutet [2], [4],
[8], [11], [13]. Die richtige Menge von Gütern muss zur richtigen Zeit an den richtigen
Ort geliefert werden. Pünktlichkeit, Zuverlässigkeit, Flexibilität und Transparenz sind
essenziell, damit die Versorgungskette nicht gestört wird. Die Effizienz von Transportprozessen soll unter Berücksichtigung dieser Anforderungen maximiert werden. Somit
gilt es, Kosten zu verringern und gleichzeitig die Qualität und damit die Kundenzufriedenheit zu erhöhen [1], [2], [4], [8].
1.2 Potenziale der Flotten-Telematik
Neben den politischen Faktoren beeinflusst auch der technologische Fortschritt die Art
und Weise, wie Frachttransport und damit auch Flottenmanagement organisiert und
ausgeführt werden [2], [8], [13]. Im Rahmen des technologischen Fortschritts ist der Begriff der Telematik entstanden. Vom französischen télématique stammend, einer Kombination aus télécommunication und informatique, bezeichnet der Begriff die Verbindung
aus Telekommunikation zur Über-mittlung von Information und der computerbasierten
Verarbeitung dieser Information [4]. Telematikanwendungen im Flottenmanagement bieten die Möglichkeit, die zuvor erwähnten Anforderungen erfüllen zu können [4], [6],
1 Das Inventar wird so klein wie möglich gehalten, um Kosten zu verringern. Komponenten
sind genau dann zu liefern, wenn sie benötigt werden.
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[8]. Im Zentrum steht dabei die Verbesserung der Kommunikationsmöglichkeiten zwischen Disponent und Fahrer [4], [5], [4] [15]. Ohne Telematik wird der Austausch von
Informationen zwischen den Akteuren meist per Mobiltelefon oder Funk vorgenommen.
Daraus ergeben sich zahlreiche Probleme: Die synchrone Kommunikation z.B. per Mobiltelefon ist nicht jederzeit möglich, der Fahrer muss in der Regel erst anhalten, der
Disponent könnte bereits mit einem anderen Telefonat beschäftigt und somit nicht zu
erreichen sein. Zudem ist diese Art der Informationsübertragung ineffizient und durch
inherenten Medienbruch fehleranfällig, denn der Fahrer muss sich die Information selbst
auf Papier notieren. Auch auf Seiten des Disponenten können Fehler entstehen, da eine
manuelle Übertragung der Information in das System notwendig ist [4], [5], [7].
Durch Telematik eröffnen sich andere Möglichkeiten zur Informationsübertragung
und Verarbeitung, wie z.B. asynchrone bidirektionale Datenübertragung mit dem
Potenzial, die Zuverlässigkeit, rechtzeitige Verfügbarkeit und Qualität von Informationen deutlich zu erhöhen [4], [5], [4] [15]. Telematik ermöglicht darüber hinaus Fahrerassistenz (Streckenführung) und Fahrzeugverfolgung (Tracking & Tracing). Letzteres
liefert dem Disponenten weitere wertvolle Informationen bezüglich Position und Aktivität von Fahrzeugen und eröffnet das Potenzial, den Transportprozess effizienter
und sicherer durchzuführen [4], [16], [17]. Die rechtzeitige Verfügbarkeit zuverlässiger
Informationen in Echtzeit befähigt den Disponenten, z.B. Abweichungen rechtzeitig
zu erkennen und darauf zu reagieren, um unnötigen Kraftstoffverbrauch und zeitliche
Verzögerungen zu vermeiden. Zudem können exakte Ankunfts- und Abfahrtszeiten automatisch gespeichert und für spätere Planung sowie automatisierten Lieferungsnachweis und die Rechnungsstellung verwendet werden, die Streckenplanung kann verändert
werden, während die betreffenden Fahrzeuge bereits unterwegs sind, es können automatisch Fahrzeugdaten übermittelt werden, und es ist ein schnelleres und präziseres Notfallmanagement möglich [4]. Realisierbar werden entsprechende Telematikanwendungen erst durch grundlegende Technologien. Einige der wichtigsten Basistechnologien
(für den Transportsektor) werden im folgenden Kapitel kurz vorgestellt.
2 Technologische Basis und Anwendungen
Grundlage für jede Telematikanwendung ist offensichtlich ein Kommunikationskanal
zur Übertragung von Informationen. Telematikanwendungen im Transportsektor verwenden dafür kabellose Kommunikationstechnologien. Eine weitere Grundlage für
Telematikanwendungen bieten Positionierungssysteme, mit Hilfe derer die Fahrzeugverfolgung realisiert wird. Geographische Informationssysteme dienen zudem zur Verwaltung von Kartenmaterial und der Visualisierung der Fahrzeugposition. Diese drei
Technologie-Bereiche als Basis für Flotten-Telematiksysteme werden nun einleitend
vorgestellt.
2.1 Kabellose Kommunikation
Kabellose Kommunikation für die Übertragung von Information und der Kommunikation zwischen Disponent und Fahrer macht Telematikanwendungen erst möglich. In
Flotten-Telematiksystemen kommt zumeist zellulare Kommunikation zum Einsatz, da
diese sehr weit verbreitet und flächendeckend einzusetzen ist sowie bidirektionale Kommunikation erlaubt [4], [15], [16]. Zellulare Kommunikationsnetzwerke sind in Zellen
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eingeteilt, welche jeweils mit einem Sender ausgestattet sind. Kommunikation findet immer mit dem nächsten Sender statt, der das Signal von Sender zu Sender über die Zellen
hinweg zum Empfänger weiterleitet. Aktuell wird die zweite und dritte Generation mobiler Kommunikationssysteme dieser Kategorie genutzt: GSM (Global System for Mobile Communication) und UMTS (Universal Mobile Telecommunications System) [4].
Per GSM und UMTS wird in Flotten-Telematiksystemen die Nachrichtenübermittlung
zwischen Disponent und Fahrer bzw. System und Fahrzeugsystem realisiert [4], [15],
[16]. Häufig kommt dafür GPRS (General Packet Radio Service) zum Einsatz, ein
verbindungsloser, paketorientierter Dienst zur Datenübertragung in GSM Netzen [7],
[18]. Eine höhere Datenübertragungsrate wird durch EDGE (Enhanced Data-Rates
for GSM Evolution) erreicht. Die höchsten Datenübertragungsraten im Bereich der
zellularen Kommunikation bieten zur Zeit UMTS bzw. HSDPA (High Speed Downlink Packet Access), und bringen somit das Potenzial mit, auch größere Datenmengen
schnell distributieren zu können.
2.2 Positionierungssysteme
Positionierungssysteme ermöglichen die Fahrzeugverfolgung (Tracking & Tracing)
sowie die Streckenführung. Die zwei wichtigsten Technologien für den Transportsektor sind Dead Reckoning und die Positionsbestimmung per Global Navigation Satellite
System (GNSS).
Beim Dead Reckoning muss zum Start-Zeitpunkt die initiale Position bekannt sein.
Ausgehend von dieser Position wird dann die aktuelle Fahrzeugposition, abhängig von
Fahrtrichtung, Geschwindgkeit, Zeit und zurückgelegter Entfernung, kontinuierlich bestimmt. Geschwindigkeit und zurückgelegte Distanz werden durch Odometrie-Sensoren
an den Rädern bestimmt und die Fahrtrichtung z.B. durch Kreiselkompasse. Dead
Reckoning erlaubt autonome Positionsbestimmung des Fahrzeugs. Ein großer Nachteil
ist jedoch die unbegrenzte Akkumulation von Fehlern. Diese Technik erfordert somit
Korrektur und ist, für sich genommen, nicht ausreichend für die Bestimmung der
Fahrzeugposition im Straßennetz [4].
Ein globales Navigationssatellitensystem kann weltweit zur Positionsbestimmung eingesetzt werden. Am häufigsten wird GPS (Global Positioning System) verwendet [1], [16].
Nicht zuletzt dadurch, dass es noch das einzige vollständig einsatzbereite GNSS ist [4].
Für die Positionsbestimmung werden die Positionen von mindestens 4 der 24 Satelliten
und deren Entfernung zum Fahrzeug benötigt.
Da für die Positionierung per Satellitensystem Sichtkontakt zu den Satelliten
notwendig, aber nicht immer gegeben ist (Verdeckung durch Tunnel, dichte Wälder,
Hochhäuser etc.), empfiehlt es sich, diese Art der Positionsbestimmung mit Dead Reckoning zu kombinieren [4]. Darüber hinaus ermöglicht die Integration der durch Dead
Reckoning gewonnenen Daten Rückschlüsse über die Effizienz betreffend Fahrweise und
Emissionen in Bezug auf die jeweilige Strecke [12].
2.3 Geographische Informationssysteme
Geographical Information Systems for Transportation (GIS-T) sind Systeme zur
Aufnahme, Darstellung, Manipulation, Analyse und Anzeige von Kartenmaterial,
das in räumlicher Relation zur Erde steht. Für die Beschreibung und den Austausch
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von Kartenmaterial wird das Geographic Data File Format (GDF) verwendet. Dem
Format liegt ein Vektor-Modell für die Repräsentation von Straßennetzen zu Grunde,
in welchem Objekte der realen Welt auf geometrische Objekte abgebildet werden
(Punkte, Linien oder Polygone). Diese Repräsentation ist besonders speichereffizient
und eignet sich gut für die Berechnung von Routen. GIS-T Systeme finden z.B. Anwendung beim Geocoding (Zuordnung geographischer Koordinaten zu Adressdaten),
Map Matching und der Routenberechnung [4].
Die Routenberechnung ist das Problem, den kürzesten Pfad zwischen zwei Knoten
in einem gerichteten Graphen zu finden und kann z.B. auf der Grundlage von Dijkstra
gelöst werden [4].
Damit die ermittelte Fahrzeugposition von Nutzen ist, muss sie in Relation zum
Straßennetz abgebildet werden, also auf einer digitalen Karte des Netzes. Da sowohl
die Positionsermittlung als auch digitale Karten Ungenauigkeiten aufweisen können,
werden Map Matching Verfahren für den Abgleich eingesetzt [4], [12].
Mit Hilfe der beschriebenen Technologien lassen sich die Potenziale der Telematik
im Flottenmanagement nutzen. Insbesondere der zuvor angesprochene Kernbereich ist
erst durch Telematikanwendungen effizient, im Sinne der Anforderungen an Transportprozesse umzusetzen. Im nächsten Kapitel werden die Managementaktivitäten betrachtet und die Schwerpunkte herausgestellt.
3 Planung und Management
Die Managementaktivitäten im Flottenmanagement lassen sich in vier Ebenen unterteilen: strategisch, taktisch, operativ und Echtzeit [4], [13]. Crainic [2] führt die
Echtzeit–Ebene nicht explizit auf, sondern sieht die entsprechenden Aktivitäten als Teil
der operativen Ebene. Die Unterscheidung basiert darauf, wie sich die zu treffenden
Entscheidungen zeitlich auf die Unternehmensstruktur und die Unternehmensprozesse
auswirken. Die Entscheidungen höherer Ebenen begrenzen zudem alle Aktivitäten und
Entscheidungen auf darunter liegenden Ebenen [2], [4], [13]. Der Schwerpunkt, bezogen auf den Kernbereich des Flottenmanagements, liegt auf der operativen und der
Echtzeit-Ebene, auf denen es um Entscheidungen in Abhängigkeit eines hoch dynamischen Umfelds geht [2]. Somit bestehen besonders hohe Ansprüche an den Informationsfluss [4]. Auf Grund des erwähnten limitierenden Einflusses, welcher durch die
Entscheidungen auf höheren Ebenen entsteht, werden alle Ebenen kurz beschrieben.
3.1 Strategische Planungsebene
Entscheidungen auf dieser Ebene haben langfristigen Einfluss auf die gesamte Unternehmensstruktur. Sie bestimmen die grundsätzliche Entwicklung des Unternehmens
und die strategische Positionierung am Markt. Die strategische Planung betrifft auch
die Zusammensetzung und Größe der Fahrzeugflotte. Eine Entscheidung, welche offensichtlich alle weiteren Aktivitäten und Prozesse im Flottenmanagement bestimmt.
Damit verbunden ist die Festlegung, welche Transportdienste angeboten werden sollen,
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inklusive grundsätzlicher Tarifbestimmungen. Der physikalische Aufbau des Transportnetzwerks (z.B. Platzierung von Terminals) fällt ebenfalls unter die strategische Planung, wie auch die Entscheidung über strategische Allianzen und die Integration von
Informationssystemen [2], [4], [13].
3.2 Taktische Planungsebene
Entscheidungen auf der taktischen Ebene haben mittelfristige Auswirkungen und sind
eingeschränkt durch Entscheidungen, die auf der strategischen Ebene getroffen wurden.
Hier geht es darum, die aufgebaute Infrastruktur effizient einzusetzen. Das bedeutet
die Akquisition und Planung von Aufträgen, welche über längere Zeiträume regelmäßig
auszuführen sind sowie die langfristige Zuordnung von Fahrern zu Fahrzeugen. Neben
der Bestimmung von Preisen soll auf der taktischen Ebene auch über Anpassungen im
Bereich Ausrüstung, Personal und Transportnetzwerk, an vorauszusehende Nachfrage
entschieden werden. Aber auch über die Anschaffung und das Ersetzen von Fahrzeugen und Ausrüstung, entsprechend der strategischen Planung, wird auf dieser Ebene
entschieden [2], [4], [13]. Die resultierenden Daten aus der operativen Ebene und der
Echtzeit-Ebene können auf der taktischen Ebene, z.B. im Rahmen der Kosten- und
Leistungsanalyse, ausgewertet und so für Anpassungen auf taktischer und strategischer Ebene eingesetzt werden [2].
3.3 Operative Planungsebene
Auf dieser Ebene betreffen die Entscheidungen kurzfristige Aktivitäten. Der Disponent reagiert auf tägliche Variationen in der Auftragslage und Verfügbarkeit von
Ausrüstung und Personal in einem dynamischen Umfeld. Aktivitäten der operativen
Ebene sind Akquisition, Akzeptanz, Verteilung und Umverteilung von Fracht sowie die
Planung anstehender Aufträge bzw. Touren, die Rechnungsstellung und die kurzfristige
Zuteilung von Fahrern zu Fahrzeugen. Die operative Ebene umfasst auch das Abfertigen von Fahrzeugen und Instruieren von Fahrern vor dem Start der Tour [2], [4].
Crainic [2] betont bereits für die operative Planungsebene die Rolle der Zeit als bestimmenden Faktor und nimmt, anders als Goel [4] und Roy [13], keine Unterteilung in
operative und Echtzeit Ebene vor. Jedoch erwähnt auch Goel [4], dass beide Ebenen
ineinander übergehen können und demnach nicht strikt zu trennen sind.
3.4 Echtzeit-Planungsebene
Entscheidungen auf der Echtzeit-Ebene betreffen laufende Prozesse. Der Disponent
muss auf Zwischenfälle und Diskrepanzen zwischen Planung und aktueller Ausführung
reagieren. Hier geht es also vor allem um die Überwachung und Kontrolle von
Transportprozessen. Dazu gehört auch die Akquisition, Akzeptanz und Umverteilung
von Fracht, während betreffende Fahrzeuge bereits unterwegs sind. Entsprechend
müssen Fahrer instruiert werden, die sich bereits auf einer Tour befinden, sobald
sich Änderungen in oder Abweichungen von der Planung ergeben. Die Abfertigung
von Fahrzeugen ist auf dieser Ebene ebenfalls zu finden, hier jedoch mit Bezug auf
den aktuellen Zustand des Transportsystems, also unter Berücksichtigung kurzfristig
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eintreffender Informationen und Nachfragen [4], [13].
Entscheidungen auf dieser Ebene sind in hohem Maße von der Kommunikation
zwischen Fahrer und Disponent abhängig, bzw. von rechtzeitigen und zuverlässigen
Informationen durch Fahrer und System.
Besonders die Aktivitäten und die Entscheidungsfindung auf der operativen und der
Echtzeit-Ebene verlangen Telematikanwendungen zur Unterstützung des Disponenten,
damit der notwendige Informationsfluss in Echtzeit gegeben ist und die Anforderungen
an die Transportprozesse durch das Flottenmanagement erfüllt werden können.
4 Flottenmanagement-Informationssysteme
In diesem Kapitel folgt eine grobgranulare Beschreibung der Architektur eines typischen Flottenmanagement-Informationssystems. Flottenmanagement-Systeme sind in
der Regel modular aufgebaut [4], [14]. Goel und Gruhn gehen davon aus, dass für
die Auftragsverwaltung, statische Planung sowie Kosten- und Leistungsanalyse ein
Informationssystem ohne Telematikfunktionalität (hier: Legacy Information System)
vorhanden ist und stellen ein Konzept für die Erweiterung eines solchen Systems um
ein Flotten–Telematik System vor [5], [6], [4].
4.1 Legacy Information System
Das typische Legacy Information System (Fig. 1) besteht laut Goel [4] aus dem Order &
Fleet Management System (OFMS) als zentralem Bestandteil und verschiedenen Subsystemen, welche über bidirektionale Schnittstellen an das OFMS angebunden werden
können. Im OFMS lassen sich alle Daten, bezogen auf Aufträge und Fahrzeuge, verwalten, und es stellt diese Daten auch den Subsystemen zur Verfügung. An dieser Stelle soll
darauf hingewiesen werden, dass die Semantik der Pfeile in der Abbildung (Abb. 1) in
[4] durch den Autor nicht definiert ist. Dass augenscheinlich ein UML Paketdiagramm
zur Darstellung verwendet wird, impliziert jedoch, dass die Pfeile die Abhängigkeiten
zwischen den Paketen darstellen, obgleich Goel in seinen Ausführungen nicht explizit
auf Abhängigkeiten eingeht. Deutlich ausgesagt wird hingegen, dass die Subsysteme auf
die Daten, welche im OFMS verwaltet werden, zugreifen. So könnte man die Pfeile hier
auch verstehen als Visualisierung des Datenzugriffs bzw. Datenaustausches zwischen
den Komponenten. Dies gilt auch für die noch folgenden Abbildungen.
Das Load Acquisition & Freight Exchange System dient dem Informationsaustausch mit kollaborierenden Unternehmen, welche z.B. Transportaufträge vergeben.
Mit Hilfe des Billing System lassen sich nach Abschluss eines Auftrags Rechnungen
erstellen, indem die notwendigen Daten aus dem OFMS ausgelesen werden. Ein Cost
& Performance Analysis System hilft bei der Kosten- und Leistungsanalyse, und
das Static Planning System wird für die Erstellung und Verwaltung von Zeitplänen
verwendet (bevor die zu planenden Transportprozesse beginnen) [4].
Ohne Telematikfunktionalität bestehen, wie einleitend erwähnt, Probleme durch
den Medienbruch im Informationsfluss. Alle relevanten Informationen müssen vom
Disponenten manuell in das OFMS eingegeben werden. So auch die Informationen, die
aus Telefonaten mit den Fahrern resultieren. Der Fahrer muss sich, wie erwähnt, die
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Abb. 1 Komponenten eines typischen Flottenmanagement-Informationssystems ohne
Telematikfunktionalität [4].
relevanten Informationen manuell notieren. Dieses Problem soll durch ein Telematiksystem gelöst werden.
4.2 Standard Flotten-Telematiksystem
Ein kommerzielles Standard Flotten-Telematiksystem besteht, laut Goel [5], [6], [4]
und wie in der Praxis zu sehen [18], aus einem mobilen Fahrzeugsystem mit Hardwarelösung (Vehicle System) und einem stationären Fleet Communication System
(FCS) (Abb. 2).
Abb. 2 Komponenten eines typischen Flotten-Telematiksystems [4].
Das FCS kann eine Applikation sein, die auf den Rechnern des Unternehmens installiert wird, oder ein Web-System. Bidirektionale Kommunikation zwischen Vehicle
System (VS) und FCS findet über einen kabellosen Kommunikationskanal statt. Das
VS beinhaltet in der Regel einen GPS-Empfänger und das Navigationssystem für den
Fahrer. Durch die Anbindung an ein Traffic & Travel Information System (TTIS)
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kann das VS bei der Streckenführung aktuelle Daten über die Verkehrslage verwenden
und Schätzungen der Reisezeiten präzisieren. Über das FCS können Disponent und
Fahrer miteinander kommunizieren, indem Nachrichten versendet werden (asynchrone
Kommunikation per GMS/UMTS). Zudem kann das VS, sofern es mit einem GPS
Empfänger ausgestattet ist, automatisch Nachrichten bezüglich der Fahrzeugposition
oder auch Warnungen bei Abweichungen von der geplanten Route versenden [5], [4].
Die Möglichkeit der asynchronen Kommunikation zwischen Disponent und Fahrer
trägt dazu bei, die Kommunikation zu erleichtern. Zum einen, da die Problematik
der Erreichbarkeit gelöst ist, zum anderen, da der Fahrer die Nachrichten auf dem
VS abrufbar vorliegen hat und ein Mitschreiben entfällt. Jedoch muss der Disponent
die Daten aus dem FTS in das OFMS übertragen, damit in Letzterem der aktuelle
Zustand des Transportsystems abgebildet ist. Dies lässt weiterhin Raum für Fehler
und bedeutet hohen Arbeitsaufwand für den Disponenten. Die Lösung liegt in der
Kombination beider Systeme oder dem Ersatz durch ein System, welches beide Bereiche
vereint.
4.3 Kombination der Systeme
Der größte Nutzen ergibt sich, wenn das Legacy Information System mit dem
Flotten-Telematik System verbunden werden kann. Laut Goel [5], [4] sind die unternehmenseigenen Informationssysteme zumeist an die Bedürfnisse des Unternehmens
angepasst, lange getestet, bewährt und zuverlässig und können nicht einfach ersetzt
werden. Er geht jedoch davon aus, dass sowohl das vorhandene Speditionssystem
als auch ein handelsübliches Flotten-Telematik System Schnittstellen bietet und
stellt eine Möglichkeit vor, die Systeme über ein eigens entwickeltes Subsystem
zu verbinden, damit der Gewinn an wertvollen Informationen systemübergreifend
nutzbar wird. Dieses Subsystem, genannt Messaging & Fleet Monitoring System
(MFMS), bildet die Brücke zwischen den aktuellen Daten aus dem FCS und dem
TTIS und den Planungsdaten im OFMS. Es soll die Kommunikation zwischen
Disponent und Fahrer noch weiter erleichtern und dem Disponenten automatisierbare
Arbeitsschritte abnehmen [5], [4]. So werden dem Disponenten, der nun über eine
graphische Oberfläche mit dem MFMS arbeitet, Nachrichten-Templates bereitgestellt,
indem das MFMS die relevanten Informationen aus dem OFMS ausliest und bereits
in die Vorlage einträgt. Per Knopfdruck kann der Disponent z.B. einen neuen Auftrag
an den Fahrer senden, da alle Auftragsdaten automatisch bereitgestellt werden. Der
Fahrer auf der anderen Seite kann diesen Auftrag ebenfalls per Knopfdruck bestätigen.
Darüber hinaus beschreibt Goel [5], [4], dass Nachrichten automatisch durch das
MFMS analysiert werden, um zu überwachen, ob die aktuellen Daten, die vom VS
über das FCS versendet werden, mit den Planungsdaten übereinstimmen und um
andernfalls automatisch eine Warnung an den Disponenten ausgeben zu können. Die
Nachrichtenanalyse dient auch der Überwachung der Datenintegrität, denn das MFMS
aktualisiert die Daten im OFMS. Damit entfällt auch die manuelle Übertragung durch
den Disponenten, und die Abbildung des Zustands des Transportsystems im OFMS
ist stets aktuell. Alle gesendeten Nachrichten werden zudem im OFMS gespeichert.
Da zu jeder Nachricht eine Lesebestätigung durch den Fahrer erwartet wird, weiß
der Disponent auch bei der asynchronen Kommunikation, ob eine Nachricht durch
den Fahrer zur Kenntnis genommen wurde. Dafür überwacht das MFMS, ob die
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Bestätigung innerhalb eines gewissen Zeitlimits eingegangen ist und informiert den
Disponenten falls nicht [5], [6], [4].
Die Implementation des beschriebenen Systems hat laut Goel [4] 2002 bis 2003
stattgefunden, und es wurde 2003 bei der Firma Georgi Transporte GmbH eingesetzt.
Das Unternehmen hatte ein eigenes Speditionssystem während man als Telematiksystem DATAfleet mit dem Fahrzeugsystem fleetec III einsetzte. Beides stammte von der
Firma datafactory AG, welche 2005 von TomTom WORK aufgekauft wurde [19].
Es sei angemerkt, dass zur Realisierung des MFMS sowohl das vorhandene
Speditionssystem als auch das eingesetzte Flotten-Telematiksystem über geeignete
Schnittstellen verfügen muss. Zudem kann die automatische Analyse von Nachrichten
nur dann realisiert werden, wenn sich die Struktur der Nachrichten dafür eignet. Ob
z.B. zusätzliche Anpassungen am Speditionssystem notwendig waren, wird von Goel
nicht erwähnt.
4.4 Beispiel: Daimler FleetBoard
Die folgende Darstellung des Daimler FleetBoard Systems der Daimler FleetBoard
GmbH basiert auf Informationen von der Internetpräsenz und aus Prospektmaterial,
da leider im Rahmen dieser Arbeit kein Testzugang zur Verfügung gestellt werden
konnte. Auch weiterführende Dokumente konnte man nicht herausgeben. Andere
Darstellungen, wie z.B. in [15], beziehen sich ebenfalls auf Prospektmaterial und sind
nicht mehr aktuell. Die hier verwendeten Quellen sind unter [18] einzusehen.
Das Daimler FleetBoard System ist modular aufgebaut und basiert auf Web-Services
[18]. Es verspricht über Schnittstellen die Möglichkeit der Integration in vorhandene
Speditionssoftware. Die Datenübertragung ist über GPRS realisiert und zur Positionsbestimmung wird GPS eingesetzt.
Im Bereich Fahrzeugmanagement soll eine Reduzierung der Kraftstoffkosten zu
erreichen sein, indem Fahrzeugdaten automatisch ausgelesen und gespeichert werden. Mit diesen Daten, die unter anderem auch Drehzahlüberschreitungen und
das Bremsverhalten beinhalten, lässt sich das Fahrverhalten individueller Fahrer
analysieren. Zur Erhebung und Übermittlung der Daten ist ein Gerät notwendig, der
Fahrzeugrechner (Abb. 3, links). Dieser kann in einen Standard DIN Schacht eingebaut
werden. Der Fahrzeugrechner verfügt über ein integriertes GSM/GPRS-Modem für
die Übertragung der Daten zur Zentrale. Neben der Sammlung von Fahrzeugdaten,
ermöglicht er auch die Fahreridentifikation per Fahrerkarte [18].
Für die Nutzung der Transportmanagement-Dienste wird zusätzlich das
Fahrzeugsystem, genannt DispoPilot (Abb. 3, rechts), benötigt. Über den DispoPilot
kann der Fahrer per Knopfdruck Statusmeldungen an den Disponenten senden, wie z.B.
Empfangs- und Lesebestätigungen. Zudem übermittelt es Ankunfts- und Abfahrtzeiten
sowie die Fahrzeugposition. Die Nachrichten vom Disponenten erscheinen auf dem DispoPilot und können auch später erneut abgerufen werden. Auftragsbestätigung seitens
des Fahrers erfolgt per Knopfdruck, und die Adressdaten des Auftrags werden automatisch in das integrierte LKW-Navigationssystem übernommen. Der DispoPilot wird
über einen Touchscreen und ein Tastenfeld bedient. Auf dem Touchscreen kann der
Fahrer zudem die Unterschrift des Kunden, z.B. für die Empfangsbestätigung, erfassen
Flottenmanagement und Telematik
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Abb. 3 Der Fahrzeuchrechner und Fahrerkarte (links) und der DispoPilot (rechts) [18].
und unmittelbar an die Zentrale senden. Darüber hinaus wird der Soll-Ist-Abgleich bei
Auslieferung erleichtert, da der DispoPilot einen integrierten Barcode-Scanner bietet
[18].
Durch die Transportmanagement-Dienste wird der Disponent jederzeit über die
aktuelle Position und den Status der Fahrzeuge informiert. Die Kommunikation mit
dem Fahrer ist vereinfacht, eindeutige Auftragsübermittlung per Knopfdruck ist
möglich, da die relevanten Daten automatisch ausgelesen werden. Dieser Systemteil
entspricht also dem, nach Goel beschriebenen, FCS bzw. MFMS. Zudem dient das
System zur Auftragserfassung und Tourenplanung in Echtzeit.
Anhand der Beschreibung ist festzustellen, dass dieses am Markt etablierte System,
dem von Goel [5], [4] beschriebenen Telematik-System, bezüglich Funktionsumfang und
grundsätzlichem Aufbau stark ähnelt.
5 Vehicle Routing Problem: Eine Einführung
Die Aufgabe der Tourenplanung ist ein Hauptbestandteil im Flottenmanagement und
wird durch Informationssysteme unterstützt. Nach Möglichkeit soll ein System dynamische Änderungen in der Planung ermöglichen. Das verspricht z.B. Daimler FleetBoard (Tourenplanung in Echtzeit). Goel [4] beschreibt, dass der verbesserte Informationsfluss durch ein Flotten–Telematiksystem, insbesondere die Rechtzeitigkeit und
Zuverlässigkeit der Informationen, die Entwicklung eines Dynamic Planning System,
zur Entscheidungsunterstützung in Echtzeit ermöglicht. Grundlegendes Problem der
Tourenplanung ist das Vehicle Routing Problem (VRP). Dem VRP liegt wiederum das
Travelling Salesman Problem (TSP) zu Grunde, ein Optimierungsproblem, bei dem
es darum geht, eine endliche Anzahl von Orten (z.B. Kunden) zu erreichen und zum
Ausgangsort zurückzukehren. Ziel ist es, die Rundreise so zu absolvieren, dass dafür
minimale Kosten (z.B. hinsichtlich der Reisezeit) entstehen. Dieses Problem gehört
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Flottenmanagement und Telematik
in die Komplexitätsklasse NP, es ist ein NP-vollständiges Problem2 . Somit konnte
bisher kein Algorithmus gefunden werden, der das Problem in polynomieller Zeit exakt lösen kann. Da das VRP eine Generalisierung des TSP darstellt, ist es ebenfalls
NP-vollständig. Es unterscheidet sich vom TSP hauptsächlich darin, dass nicht nur ein
Kaufmann bzw. Fahrzeug unterwegs ist, sondern mehrere Fahrzeuge zugleich. Da das
Problem der Tourenplanung in Realität von vielen Einflüssen abhängt und sehr komplex ist, gibt es verschiedene Varianten und Erweiterungen zum VRP um z.B. Zeitfenster, heterogene Flotten, Regulationen der Arbeitszeit von Fahren etc. berücksichtigen
zu können [4]. Im Rahmen dieser Arbeit wird das Basismodell dargestellt.
5.1 VRP Basismodell
Die grundsätzliche Darstellung erfolgt nach Goel [4], darüber hinaus wurden
ergänzende Beschreibungen bzw. Erklärungen hinzugefügt. Zunächst wird das Straßennetz zu einem Netzwerk (N, A) abstrahiert, wobei N die Menge der Knoten (entspricht
Orten) sei und A die Menge der Verbindungen von einem Knoten zu einem anderen.
Somit ist (n, m) ∈ A die kürzeste Verbindung vom Knoten n zum Knoten m. Zudem
gilt:
A ⊆ N × N \{(n, n)|n ∈ N } .
(1)
A enthält also alle Verbindungen zwischen zwei verschiedenen Knoten.
Eine Tour ist nun eine Sequenz von Knoten, die durch ein Fahrzeug besucht werden.
Für das Problem sind jedoch nicht alle Knoten von Bedeutung, sondern die Knoten,
welche die Orte darstellen, an denen sich Kunden befinden, die auf Lieferung oder
Abholung warten. Diese Menge sei mit C bezeichnet. Zusätzlich bezeichnet ndepot das
Depot, an dem alle Fahrzeuge ihre Tour starten und beenden. Und es gilt:
N := C ∪ {ndepot } .
(2)
A := N × N \{(n, n) ∈ C} .
(3)
Gleichung (2) definiert somit die Knotenmenge neu, als die Menge aller relevanter
Kundenpositionen inklusive dem Depot, welches sich jedoch nicht in C selbst befindet.
Im Anschluß wird in (3) auch die Menge der Verbindungen neu definiert, als die
Menge aller Verbindungen zwischen jeweils zwei verschiedenen Knoten aus C und
zusätzlich (ndepot , ndepot ).
Jedem Pfad (n, m) ∈ A sind seine Kosten cnm > 0 zugeordnet, und an jeder
Kundenposition n ∈ C besteht entweder eine Anfrage nach Lieferung von Gütern,
rn < 0 oder eine Verfügbarkeit von Fracht rn > 0 (Anfrage nach Abholung). Für das
Basismodell gilt jedoch die vereinfachende Annahme, dass entweder alle Kunden einer
Tour nach Lieferung oder nach Abholung fragen. Ferner bezeichne rmax die maximale
Ladekapazität eines Fahrzeugs und rndepot ∈ [0, rmax ] die initiale Ladung am Depot.
Auf dieser Basis werden folgende Definitionen festgelegt:
2 NP ist die Menge aller von nichtdeterministischen Turingmaschinen in Polynomialzeit
lösbaren Probleme [3].
Flottenmanagement und Telematik
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Definition 1 Eine Abfolge von Knoten θ = (n1 , ..., nλ ) ist eine VRP Tour genau
dann, wenn
n1 = ndepot und nλ = ndepot .
(4)
ni ∈ C für alle i mit 1 < i < λ − 1 .
(5)
für alle i, j ∈ {2, ..., λ − 1} wenn ni = nj dann i = j .
(6)
Gleichung (4) legt also fest, dass eine VRP Tour immer am Depot starten und enden
muss (erster und letzter Knoten sind das Depot). Zudem müssen nach Gleichung (5)
alle übrigen Knoten Orte sein, an denen Kunden sind, die auf eine Transportdienstleistung warten und (6) legt schließlich fest, dass sich ein Fahrzeug niemals an zwei
Orten gleichzeitig aufhalten kann.
Definition 2 Eine VRP Tour θ = (n1 , ..., nλ ) ist ausführbar bezüglich Kapazitätsbeschränkungen genau dann, wenn
0≤
j≤i
X
rnj ≤ rmax für alle i mit 1 < i < λ .
(7)
j=1
Eine VRP Tour ist also ausführbar, wenn die Ladung zu keinem Zeitpunkt in der Tour
die maximale Ladekapazität des Fahrzeugs übersteigt.
Unter Einbezug dieser Definitionen ist das Vehicle Routing Problem das Problem
ausführbare VRP Touren zu finden, bei denen alle Orte, an denen sich Kunden
befinden, abgedeckt werden, so dass jeder Kunde genau ein Mal erreicht wird und die
Kosten für die Tour minimal sind.
Für die mathematische Darstellung sind zwei weitere Variablen notwendig: xnm
gebe an, ob m ∈ N unmittelbar nach n ∈ N durch ein Fahrzeug aufgesucht wird.
Wenn dem so ist, gilt xnm = 1, andernfalls xnm = 0. Die zweite Variable, ρn bezeichne
zudem die aktuelle Beladung des Fahrzeugs am Knoten n ∈ N .
Das VRP ist dann die Minimierung von
X
xnm cnm .
(8)
(n,m)∈A
unter Berücksichtigung folgender Einschränkungen:
X
X
xnm =
xmn für alle n ∈ N .
(n,m)∈A
(9)
(m,n)∈A
Durch (9) wird festgelegt, dass alle Fahrzeuge, die bei m ankommen, den Knoten m
auch wieder verlassen (Flow Conservation Constraint).
X
xnm = 1 für alle n ∈ C .
(10)
(n,m)∈A
Die Gleichung (10) besagt, dass jeder Kunde genau ein Mal erreicht werden muss.
ρndepot = rndepot .
(11)
14
Flottenmanagement und Telematik
Die aktuelle Beladung eines Fahrzeugs am Depot entspricht der am Depot vorhandenen
Ladung (11).
für alle (n, m) ∈ A mit m ∈ C gilt: wenn xnm = 1 dann ρm = ρn + rm .
(12)
An einem Knoten, der erreicht wird, ändert sich die aktuelle Beladung eines Fahrzeugs.
Nach (12) entspricht die neue aktuelle Beladung der Summe der Beladung vor Erreichen
des Knotens zuzüglich der am erreichten Knoten vorhandenen Fracht (je nachdem, ob
eine Lieferung oder Abholung vorzunehmen ist, wird die Beladung größer oder kleiner).
0 ≤ ρn ≤ rmax für alle n ∈ N .
(13)
Und schließlich darf die Beladung eines Fahrzeugs an keinem Knoten die maximale
Fahrzeugkapazität überschreiten (13).
Die letzten drei Gleichungen bilden zusammen die Capacity Constraints.
Damit ist das VRP in seiner einfachsten Form modelliert. Das Thema ist in Forschung
und Praxis nach wie vor hoch relevant. Wie bereits erwähnt, wurden zahlreiche Variationen entwickelt, die darauf abzielen, relevante Aspekte des Transports und die
Dynamik der Umgebung für die Planung mit einzubeziehen, um nach verschiedenen
Qualitätskriterien bessere Lösungen zu erhalten (z.B. in [4] und [9]).
6 Fazit und Ausblick
Im Rahmen dieser Arbeit wurden die Anforderungen an Transportprozesse und
die Potenziale von Telematikanwendungen im Flottenmanagement vorgestellt. Insbesondere im Hinblick darauf, die Anforderungen erfüllen zu können. Als besonders
wichtig haben sich dabei die Verbesserung der Kommunikation zwischen Disponent
und Fahrer und allgemein die rechtzeitige Verfügbarkeit zuverlässiger Informationen herausgestellt, damit der Zustand des Transportsystems für den Disponenten
jederzeit ersichtlich ist und auf dieser Basis dynamisch Entscheidungen getroffen
werden können. Nachdem die wichtigsten Technologien vorgestellt wurden, die
Telematikanwendungen erst ermöglichen, wie z.B. Technologien zur kabellosen Kommunikation und Positionsbestimmung, kamen die Managementebenen zur Sprache,
um aufzuführen, welche Aktivitäten und Planungsprozesse das Flottenmanagement
bestimmen. Insbesondere die Aktivitäten auf der operativen und Echtzeit-Ebene
bilden den Kernbereich des Flottenmanagements. Daraus ergibt sich ein Eindruck
dessen, was durch Flottenmanagement-Informationssysteme unterstützt werden soll.
Einer grobgranularen Sicht auf den typischen Aufbau solcher Systeme und der
Beschreibung einzelner Komponenten folgte ein Beispiel eines am Markt etablierten
Flotten-Telematik Systems, welches die meisten zuvor beschriebenen Telematikfunktionalitäten tatsächlich anbietet. Zu guter Letzt wurde das Vehicle Routing Problem
vorgestellt, das die Basis für die Tourenplanung bildet. In seiner grundsätzlichen Form
wurde es zur Verdeutlichung zudem mathematisch modelliert.
Wie sich in vorhandenen Lösungen, wie dem Daimler FleetBoard System, zeigt,
werden viele Potenziale der Telematik bereits ausgenutzt, um das Flottenmanagement
zu verbessern. Auch das System, das Goel beschreibt und bereits 2003 für die Georgi
Transporte GmbH umgesetzt wurde, klingt sehr vielversprechend. Der größte Vorteil
Flottenmanagement und Telematik
15
ergibt sich allerdings erst dann, wenn tatsächlich alle Teilsysteme über die notwendigen
Schnittstellen verfügen und verbunden werden können. Manche Anbieter, so auch
Daimler, werben explizit damit, dass ihr System über Schnittstellen zur Anbindung
externer Software verfügt; allerdings mit Gewicht auf Software bestimmter Hersteller.
Goel legt für die Anbindung sogar die Entwicklung einer eigenen Softwarekomponente dar, welche auf Basis der vorhandenen Schnittstellen die Kompatibilität und
zusätzliche Funktionalität herstellt. Letzteres ist natürlich mit hohem Aufwand und
Kosten verbunden. Die Kombination und Erweiterung von Systemen könnte eventuell
vereinfacht werden, wenn eine Norm für die Schnittstellen von Softwarekomponenten
im Speditionsbereich entstünde. Durch die gewonnene Flexibilität bezüglich der Einsetzbarkeit würde zudem ein Mehrwert bei Softwarekomponenten bestehen, die einer
solchen Norm entsprechen. Ein anderer, weniger strikter Ansatz für Kompatibilität ist
der Einsatz von generischen Schnittstellen.
Insbesondere im Bereich der dynamischen Tourenplanung und der Entwicklung
und möglichst präzisen Lösung von Vehicle Routing Modellen, die reale Gegebenheiten stärker einbeziehen, wird weiterhin aktiv geforscht. Nicht zuletzt werden mit
der Weiterentwicklung von Technologien auch weitere Anwendungsmöglichkeiten für
das Flottenmanagement auftreten. Letztendlich ist, auf Grund der beschriebenen Anforderungen (bezüglich Flexibilität, Zuverlässigkeit, Pünktlichkeit, Transparenz) und
der notwendigen Effizienz von Transportprozessen, kaum vorstellbar, dass ein Transportunternehmen heutzutage und in Zukunft ohne integrierte Telematikanwendungen
im Flottenmanagement bestehen kann. Zudem wird es, nicht zuletzt durch steigende
Preise für Kraftstoff und verschärfter Emissionsrichtlinien und der Notwendigkeit, Maßnahmen zum Schutz der Umwelt zu ergreifen, weiterhin hoch relevant bleiben, die Effizienz von Transportprozessen zu erhöhen. Dabei wird die Forschung im Bereich der
Informationstechnik und Technologie weiterhin eine tragende Rolle spielen, insbesondere jedoch die Informatik, wie Crainic bereits 2003 aussagte: ”[...] the major technological factor inflecting the evolution of transportation has to do with information and
software rather than the traditional hardware” [2].
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