MOSKAUER STUDIENGEFÄHRTEN «RussischeR BRahms»

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MOSKAUER STUDIENGEFÄHRTEN «RussischeR BRahms»
Moskauer Studiengefährten
«Russischer Brahms»
Als Rachmaninow mit seinem 2.­ Klavierkonzert c-Moll op. 18 im Jahr 1901 einen
der Höhepunkte der russischen Konzertliteratur schuf, brachte Paul Juon mit der
Sonate D-Dur op. 15 für Bratsche und Klavier ein vergleichbar gewichtiges Gegenstück innerhalb der Sonatenliteratur für Viola hervor.
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Sergej Wassiljewitsch Rachmaninow (1873 Oneg bei Nowgorod–
1943 Beverly Hills) trat 1886 ins Moskauer Konservatorium ein,
wo er wie Paul Juon Kompositionsunterricht bei Anton Arensky
und Sergej Tanejew nahm. 1892 wurde er in den Fächern Klavier
und Komposition mit der Grossen Goldmedaille ausgezeichnet. Die
Examensarbeit war die einaktige Oper «Aleko» nach Puschkins
Dichtung «Die Zigeuner». Denselben Stoff vertonte vier Jahre
später auch sein Studiengefährte Juon. Dessen «Aleko» wurde
noch im Entstehungsjahr 1896 in Kislowodsk und ein Jahr später
in Tiflis aufgeführt. Nach der Oktoberrevolution (1917) verliess
Rachmaninow seine russische Heimat für immer. Seit 1918 lebte
er in New York, 1934 zog er in Hertenstein am Vierwaldstättersee
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in die Villa «Senar» (Sergej Natalja Rachmaninow) ein, wo die
«Rhapsodie über ein Thema von Paganini» für Klavier und Orchester und die 3. Sinfonie entstanden. Sein letztes Konzert in Europa
gab er im August 1939 in Luzern, wobei er von Ernest Ansermet
begleitet wurde.
Nikolaj Karlowitsch Medtner (1880 Moskau –1951 London) trat
1892 ins Moskauer Konservatorium ein und studierte bei Paul
Pabst und Wassili Safonow (Klavier) sowie bei Anton Arensky und
Sergej Tanejew (Komposition). Am selben Institut wurde er 1909
Professor für Klavierspiel. Nach einer Konzertreise durch Westeuropa blieb er 1921 in Berlin, danach lebte er in Paris und in
London. Den grössten Teil seines Schaffens widmete er dem Klavier. Zu den Besonderheiten von Medtners Klaviermusik zählen
die 14 Sonaten und 33 Märchen. Zu dieser musikalischen Gattung
könnte der in Moskau bei denselben Kompositionslehrern wie
Juon ausgebildete Musiker von dessen «Märchen» op. 8 für Violoncello und Klavier angeregt worden sein, das 1904 im Druck erschien. Seine ersten beiden Märchen – ebenfalls unter der Opuszahl 8 – komponierte Medtner ein Jahr später.
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1Sergej Rachmaninow nach einer Kohle­
stiftzeichnung (1916) von Leonid
Pasternak, Vater des Schriftstellers
Boris Pasternak.
2Unisono-Einleitung zum 3.Satz der
Bratschensonate op. 15 von Paul Juon.
RLM
3Erstausgabe des Klavierauszugs, Moskau
1901. Aus dem Vorbesitz des Schweizer
Pianisten und Komponisten Emil Frey
(1889 Baden – 1946 Zürich), der als
Leiter der Virtuosenklasse von 1912
bis 1917 am Moskauer Konservatorium
unterrichtete. DWL
4 Nikolaj Medtner, einer der letzten
bedeutenden Kompositionsschüler von
Anton Arensky und Sergej Tanejew.
5Erstausgabe, Berlin 1904. DWL