befinden sich hier. - Globale Verantwortung

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Wahlen zum Europäischen Parlament 2014
Fragen an KandidatInnen
1. Entwicklungspolitik spielt in zahlreichen Feldern, die im Europäischen
Parlament behandelt werden, eine wichtige Rolle. Die im Vertrag von Lissabon
festgeschriebene Verpflichtung zu Politikkohärenz für Entwicklung bedeutet,
dass Maßnahmen aus anderen Politikfeldern die Ziele der Entwicklungspolitik
nicht untergraben dürfen (siehe AEUV Art. 208).
 Wie werden Sie als Abgeordnete/r im Europäischen Parlament (MEP)
darauf achten, dass dieser Grundsatz eingehalten wird?
 Wo sehen Sie Handlungsbedarf oder Verbesserungsmöglichkeiten
hinsichtlich der Kohärenz der Entwicklungspolitik der EU und anderen
Politikbereichen?
ÖVP: In der Gesetzgebung auf EU-Ebene überprüfen wir Abgeordnete die Vorlagen im
Sinne dieses Grundsatzes, wobei die Gesetzesentwürfe bereits vor dem Hintergrund der fünf
Kommissionsschwerpunkte Handel & Finanzen, Klimawandel, Ernährungssicherheit,
Migration und Sicherheit entstehen. Wichtigstes Anliegen für uns ist die Bekämpfung und auf
lange Sicht die Beseitigung von Armut. Trotz aller Bemühungen auf den diversen Ebenen ist
die größte Herausforderung für Fortschritte in diesem Bereich die Frage der Messung der
Ausgangslage, der Ziele und der Indikatoren inklusive Kosten. Es braucht deshalb spezielle
Forschung in diesem Gebiet und es gibt Verbesserungspotenzial bei der Harmonisierung der
Entwicklungspolitik innerhalb der Gemeinschaft und in den Mitgliedsländern.
SPÖ: In der Tat gibt es eine Verpflichtung zur Politikkohärenz, die bereits im Programm für
"Politikkohärenz im Interesse der Entwicklung" vom Jahr 2005 thematisiert wurde. Zugrunde
liegt dabei die Definition der OECD1.
Dieses Programm gilt für 12 verschiedene
Politikbereiche, unter anderem auch Handel, Migration und Verkehr.
Das Grundsatzdokument der EU, "Agenda für den Wandel", das im Mai 2012 vom
Europäischen Rat angenommen wurde, enthält Vorschläge, die Entwicklungspolitik der EU
wirkungsvoller zu gestalten. Dabei werden zwei Säulen der Entwicklungspolitik definiert, die
implizieren, dass entwicklungspolitische Ziele auch in anderen Politikbereichen der
Europäischen Union von größter Bedeutung sind. Die zwei Säulen sind die "Förderung der
Menschenrechte, der Demokratie, der Rechtsstaatlichkeit und der verantwortungsvollen
Staatsführung" und das "breitenwirksame und nachhaltige Wachstum". Die Agenda für den
Wandel stellt ausdrücklich einen, an demokratischen Prinzipien orientierten und sicherlich
1
Laut der von der OECD vorgeschlagenen Definition bedeutet Politikkohärenz im Interesse der Entwicklung,
darauf hinzuarbeiten, dass die Ziele und Ergebnisse regierungsamtlicher Entwicklungspolitik nicht von anderen
Maßnahmen derselben Regierung beeinträchtigt werden, die sich auf die Entwicklungsländer auswirken, und
dass diese anderen Maßnahmen die Entwicklungsziele unterstützen, wo immer es möglich ist. (vgl. Policy
Coherence for Development: Institutional Approaches: Technical Workshop: Workshop der OECD, der am 13.
Oktober 2003 in Paris stattfand).
1
auch differenzierten Ansatz in der EU-Entwicklungszusammenarbeit dar. Sie bringt zum
Ausdruck, dass die Verpflichtung der Partner zur Achtung von Menschenrechten,
Demokratie und Rechtsstaatlichkeit eine Grundvoraussetzung ist.
Für uns als SPÖ-EU-Team sind vor allem jene Politikbereiche relevant, in deren
Ausschüssen wir auch vertreten sind. Bei mir sind das etwa die Ausschüsse Verkehr und
Fremdenverkehr, Auswärtige Angelegenheiten, aber auch der Unterausschuss
Menschenrechte. Diese Bereiche sind also in Hinblick auf die Synergieeffekte mit der
Entwicklungspolitik von besonderem Interesse. Hier können wir darauf achten, dass die
Verpflichtung zur Politikkohärenz für Entwicklung eingehalten wird und eben in diesen
Ausschüssen setzen wir uns auch für die Einhaltung dieses Grundsatzes ein.
Der Ansatz der Kohärenz ist aber auch etwa in der Migrationspolitik, aber auch im Rahmen
von Verhandlungen zu den Wirtschaftspartnerschaftsabkommen mit den als AKP-Ländern
bezeichneten 79 Staaten aus Afrika, der Karibik und des Pazifiks von zentraler Bedeutung.
Und auch Klimapolitik sollte immer gleichzeitig als Entwicklungspolitik verstanden werden.
Angesichts der Herausforderungen der unterschiedlichen Krisen, denen wir
gegenüberstehen (Finanzen, Wirtschaft, Klima und Ernährungssicherheit), ist die
Bearbeitung der negativen entwicklungspolitischen Konsequenzen von Inkohärenz
verschiedener Politiken noch dringlicher geworden; nicht nur auf der europäischen, sondern
auch auf nationaler Ebene. Abgestimmtes Handeln verschiedener Politikfelder ist mehr denn
je notwendig.
Die Erfahrung zeigt, dass nicht so sehr die Struktur der Politikkoordinierung für mehr
Politikkohärenz ausschlaggebend ist, sondern vielmehr Bemühungen in der
Netzwerkbildung.
Damit
meinen
wir
etwa
regelmäßigen
Personalund
Informationsaustausch zwischen den Abgeordneten, gewachsene gemeinsame
Arbeitsstrukturen und fokussierte Vereinbarungen. Diese sind zentral für das
Zusammenwirken der unterschiedlichen Politikbereiche und auch Ausschüsse in Hinblick auf
die Entwicklungszusammenarbeit. Entwicklungspolitik muss in einen ganzheitlichen Ansatz
eingebettet werden, der nicht nur den Entwicklungsausschuss miteinbezieht, sondern auch
andere relevante Ausschüsse und somit Politikbereiche.
FPÖ: Die unterschiedlichen Politiken der EU widersprechen sich manchmal. Auf der einen
Seite räumt die EU der Entwicklungshilfe einen hohen Stellenwert ein, auf der anderen Seite
behindern Zölle und Einfuhrbeschränkungen z.B. Landwirte in Afrika. Hier hat die EU zuerst
einmal zu klären, welche Schwerpunkte sie setzen will. Schließlich kann es nicht Sinn der
Sache sein, auf der einen Seite die Bedeutung der Entwicklungspolitik zu beschwören, und
auf der anderen Seite mit konträren Maßnahmen gleichsam den Bedarf für Entwicklungshilfe
zu schaffen.
Grüne: Für uns Grüne ist der Grundsatz der Politikkohärenz im Interesse der Entwicklung
selbstverständlich sowohl auf nationaler, als auch auf europäischer Ebene Programm.
Entwicklungspolitik muss als Querschnittsthema gedacht und auch gemacht werden. Die
Aufgabe im Europäischen Parlament besteht darin, die Worte des Vertrages in der Realität
auch durchzusetzen und mit Leben zu füllen. Als Grüne im EP konnten wir im Kampf für die
Verpflichtung zu Politikkohärenz für Entwicklung kleine Erfolge erzielen bzw. Schritte in die
richtige Richtung erzwingen. So ist es den Grünen etwa gelungen, einen ständigen Sprecher
bzw. eine Sprecherin für Politikkohärenz im Entwicklungspolitischen Ausschuss
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durchzusetzen. Doch ein Blick auf die gegenwärtigen Weichenstellungen in der
europäischen Agrar-, Handels-, Migrations- und Ressourcenpolitik legt die großen
Versäumnisse der EU und ihrer Mitgliedsstaaten offen und zeigt, dass leider immer noch
vieles den Zielen einer globalen nachhaltigen Entwicklung zuwider läuft.
Wir fordern:

verbindliche sozial-ökologische und menschenrechtliche Normen in internationalen
Handelsabkommen

niedere Einfuhrzölle für Entwicklungsländer

die Bekämpfung von Steuerflucht in Entwicklungsländern

strenge Regeln der durch das EP mitbestimmten Investitionspolitik für europäische
Unternehmen im Ausland

eine effektive und nachhaltige Rohstoffstrategie für Europa

eine europäische Finanztransaktionssteuer

klare Regeln für eine menschenrechtskonforme und nachhaltige Förderung der
Entwicklung durch fairen Handel

eine EU-Beschwerdestelle einzurichten, die auch Menschen außerhalb der EU anrufen
können, wenn europäische Politiken und in Europa ansässige Unternehmen bei ihnen
Schaden anrichten.
Wir wollen die europäische EZA zu einem Kooperationsinstrument für die Verbesserung der
sozialen und ökologischen Lebensbedingungen entwickeln. Verantwortliches Handeln
innerhalb der EU muss einhergehen mit einem nachhaltigen Entwicklungspfad für alle
Länder.
NEOS – Angelika Mlinar: NEOS bekennt sich zu diesem Grundsatz und ich werde mein
politisches Handeln an ihm ausrichten. Verbesserungspotenzial könnte insbesondere durch
eine echte gemeinsame Außen- und Nachbarschaftspolitik gehoben werden
NEOS – Stefan Windberger: Der Grundsatz der Politikkohärenz muss selbstverständlich
verstärkt in die Ausschüsse getragen werden. Je nach Einteilung der Komitees werden
meine KollegInnen und ich natürlich besonders darauf achten, welchen Einfluss aktuell
besprochene Maßnahmen auf die Entwicklungspolitik der Union haben würden. Ich möchte
mich auch innerhalb der ALDE für einen stärkeren Fokus auf Kohärenz einsetzen.
Handlungsbedarf besteht insbesondere bei der Gemeinsamen Agrarpolitik. Diese befindet
sich teilweise in völligem Widerspruch mit den entwicklungspolitischen Zielen der Union. Es
macht wenig Sinn, Entwicklungshilfe zu leisten, wenn wir den Menschen gleichzeitig die
Möglichkeit zur Selbsthilfe verweigern, indem wir ihre Märkte mit hochsubventionierten
Lebensmitteln überschwemmen. Viele Zielländer europäischer Entwicklungshilfe sind in
hohem Maße von ihrer Landwirtschaft abhängig. Geben wir ihnen die Chance zu
wirtschaftlichem Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit!
NEOS – Anton Fink: Ich interessiere mich neben dem Ausschuss für Wirtschaft und
Währung auch für den Entwicklungs-Ausschuss und würde versuchen, dort
hineinzukommen. Wir dürfen Entwicklungshilfe (EH) nicht als „Spende“ oder „milde Gabe“
sehen, sondern als integrierten Bestandteil unserer gesamten Politik, also Außenpolitik
umfassend genauso wie Handelspolitik, Migrationspolitik und Sicherheitspolitik. EH ist als
Investition in Länder zu sehen, mit denen wir dort bessere Bildung, bessere Infrastruktur
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und niedrigere Geburtenraten erzielen. Zudem erhalten wir damit Handelspartner, die von
uns nachgefragte Produkte erzeugen und andererseits einen aufnahmefähigen Markt bilden.
Damit kommen uns diese Investitionen selber auch zugute.
Meine Hauptaufgabe sehe ich darin, dieses vernetzte Denken zu verbreiten und ein
Umdenken in diese Richtung zu fördern, aber auch konkrete Projekte anzustoßen.
2. Die 2015 auslaufenden Millennium-Entwicklungsziele sollen durch universell
gültige internationale Entwicklungs- und Nachhaltigkeitsziele ersetzt
werden. Die EU und ihre Mitgliedstaaten können entscheidend an den neuen
Zielsetzungen mitwirken.
 Was kann das Europäische Parlament Ihrer Meinung nach zur
Formulierung der globalen Entwicklungs- und Nachhaltigkeitsagenda und
zu deren Implementierung beitragen?
 Welche internationalen Entwicklungs- und Nachhaltigkeitsziele sind Ihnen
besonders wichtig in einer neuen Agenda?
ÖVP: Wir ÖVP-Abgeordnete und das gesamte Europäische Parlament werden unsere Rolle
in der Gesetzgebung zur Entwicklungskooperation sehr ernst nehmen. Es gibt bereits seit
geraumer Zeit entsprechende Vorbereitungen für den Post-2015-Prozess. Im Rahmen
dessen fand ein Gespräch zwischen mir als zuständiger Vizepräsident für die Beziehungen
zur UN und den G20 mit dem Präsidenten der UN Generalversammlung John Ashe statt. Wir
werden uns mit unseren Möglichkeiten dafür einsetzen, dass entwicklungspolitische
Maßnahmen weiterverfolgt und die Verantwortung seitens Europa wahrgenommen wird. Die
größten Herausforderungen und Ziele liegen sicher in der weltweiten Ernährungssicherheit,
sowie im Umweltschutz und in Menschenrechtsfragen.
SPÖ: Das Europäische Parlament und auch die Europäische Kommission werden sich
weiterhin für eine wertebasierte Entwicklungspolitik einsetzen. Das bedeutet eine Betonung
demokratischer
Werte,
Menschenrechte
und
guter
Regierungsführung,
aber
selbstverständlich auch die Reduzierung von Armut und die Unterstützung demokratischer
Reformprozesse. Dafür wird sich unser Team um Eugen Freund nicht nur einsetzen,
sondern auch auf europäischer Ebene versuchen, weiterhin an einer effektiven, nachhaltigen
und natürlich kohärenten Entwicklungszusammenarbeit mitzuwirken. Dazu wird die EU auch
mehr denn je die Kooperation und Koordination mit den Mitgliedstaaten suchen müssen.
Uns SPÖ-KandidatInnen für das EU-Parlament ist besonders wichtig, dass Entwicklungshilfe
der Europäischen Union weiterhin stark bleibt und schrittweise verbessert wird, denn
ansonsten würde das Gewicht der EU und ihre Fähigkeit, ihre Werte und Interessen zu
fördern, geschwächt werden. Die Entwicklungspolitik soll weiterhin ein wirksames Instrument
der EU-Außenpolitik bleiben und zur Reduktion von Armut beitragen. Immerhin ist die EU
weltweit der größte Geldgeber von Entwicklungshilfe und darauf können wir durchaus stolz
sein. Da wir nicht alle angestrebten Millennium-Ziele bis 2015 erreichen werden, wäre es
wünschenswert diese erneut in den internationalen Entwicklungs- und Nachhaltigkeitszielen
zu verankern und einen realistischen Stufenplan zu entwickeln.
Welche Maßnahmen dieser Zielkatalog enthalten soll, ist insofern eine entscheidende Frage,
als dass man realistische Ziele definieren sollte, die auch eingehalten werden können, um
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glaubwürdig zu bleiben. Natürlich sollte man jene Ziele beibehalten, welche bei den
Millennium Goals nicht eingehalten werden konnten. Die primäre Aufgabe ist aber, sich auf
die Armutsbekämpfung zu konzentrieren. So könnte man etwa als ein Ziel festlegen, die
extremen Formen der Armut bis 2030 zu beseitigen. Was für uns zentral erscheint, ist ein
Set wirklich konkreter Ziele zu verabschieden, deren Umsetzung auch wirklich messbar ist.
Damit einhergehend braucht man Mechanismen der Beobachtung. Eine weitere
"Wunschliste" ohne Verpflichtungen würde der Glaubwürdigkeit der zentralen Akteure
schaden und auch fehlende Sicherheit für die Empfängerländer bedeuten. Man braucht
Maßnahmen, die effektive und transformative Qualität aufweisen und weitreichende
strukturelle Reformen vorantreiben. Und an allererster Stelle steht für uns immer noch die
Bekämpfung der Armut. Zu viele Aufgabenfelder drohen die Entwicklungshilfe "auszuhebeln"
- sie muss fokussierter erfolgen.
Ein integrativer Ansatz, der über die einzelnen Politikbereiche hinausdenkt ist unerlässlich.
Als Beispiel sei die Richtlinie für Erneuerbare Energien genannt, die derzeit überarbeitet
wird. In deren Bereich fallen nicht nur Umwelt- und Klimafragen sondern auch
entwicklungspolitische Fragen, die sich am Politikfeld der Agrotreibstoffe samt aller
Herausforderungen (wie dem Vermeiden indirekter Landnutzungsänderungen und
Menschenrechtsverletzungen durch Vertreibung und Land Grabbing) abbilden.
Aus sozialdemokratischer Sicht ist die Sicherung eines Mindestlebensstandards für alle
Menschen besonders wichtig. Um diesen zu ermöglichen ist ein Maßnahmenbündel
notwendig, das u.a. das Festhalten von Arbeitsstandards in internationalen Handels- und
Investitionsschutzabkommen (als absolutes Minimum die ILO Kernarbeitsnormen) umfasst.
Eine große Herausforderung in der post-2015 Agenda wird sicher der Umgang mit privaten
Unternehmen sein und die Frage, wie sichergestellt werden kann, dass diese bei deren
Aktivitäten im EU-Ausland ein Minimum an Sozial- und Umweltstandards einhalten. Im
Zusammenhang mit Privatunternehmen in der post-2015 Agenda ist es auch wichtig, den
Kampf gegen Korruption und Steuerhinterziehung weiterzuführen. Nur so kann gewährleistet
werden, dass die Staaten eigene Mittel aufbringen, mit denen sie etwa Sozialleistungen oder
öffentliche Infrastruktur bereitstellen können.
Die Förderung von Frauen soll unserer Ansicht nach eine zentrale Rolle in der post-2015
Agenda einnehmen. Unter anderem den Agreed Conclusion des CSW (Commission on the
Status of Women), die von 10. bis 21. März in New York tagte, folgend, stehen wir vom SPÖEU-Team für ein Stand Alone Goal zum Empowerment von Frauen. Das alleine wird aber
nicht ausreichen, um die Rolle der Frauen zu stärken. Genderaspekte müssen in allen Zielen
als Querschnittsmaterie mitgedacht werden.
Vor allem die sexuellen und reproduktiven Rechte spielen eine wichtige Rolle: Nur wenn
Frauen selbstbestimmt über ihr Leben und ihren Körper entscheiden können, freien Zugang
zu und Wissen über Verhütungsmittel haben, können sie ihr Potential entfalten. Dafür bedarf
es einer Stärkung von Mädchen und Frauen, Zugang zu Bildung und
Einkommensmöglichkeiten.
FPÖ: An erster Stelle muss die Bekämpfung von Korruption und schlechter
Regierungsführung stehen. Denn andererseits werden selbst die ambitioniertesten
Entwicklungs- und Nachhaltigkeitsziele zum Scheitern verurteilt sein.
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Auch wird das Augenmerk auf die Verhinderung von Bevölkerungsexplosion in den Staaten
der Dritten Welt zu legen sein. Hier müssen Maßnahmen zur Familienplanung gefördert
werden.
Grüne: Die Europäische Union und ihre Mitgliedsstaaten haben als größter Geber von
Entwicklungshilfe großen Einfluss und eine große Verantwortung im Hinblick auf die
Formulierung
und
Implementierung
der
zukünftigen
Entwicklungsund
Nachhaltigkeitsagenda. Dem Europäischen Parlament kommt dabei als einziger direkt
gewählter Institution auf europäischer Ebene eine zentrale demokratiepolitische und in
Budgetfragen auch machtpolitische Rolle zu. Vor diesem Hintergrund war und ist die Frage
der Evaluierung der Umsetzung der Millennium Entwicklungsziele, so wie auch die
Vorbereitung
der
zukünftigen
„Post-2015-Strategie“
zentrales
Thema
der
entwicklungspolitischen Debatten und des regen und fruchtbaren Austausches mit der
Zivilgesellschaft.
Die eigentliche Macht des Europäischen Parlaments kommt vor allem dann zu tragen, wenn
es um die Finanzierung und konkrete Ausgestaltung der EZA geht, da das EP am Ende des
Finanzjahres die Europäische Kommission entlasten (oder ihr das Misstrauen aussprechen)
muss bzw. wenn der mehrjährige Finanzrahmen der Europäischen Union von der
Zustimmung des EP abhängt. Die Grünen werden sich intensiv dafür einsetzen, dass das
Europäische Parlament seine Einflussmöglichkeiten effektiv, umsichtig und zukunftsorientiert
einsetzt, um die europäische EZA voranzubringen. Die Verhandlungen um den Mehrjährigen
Finanzrahmen 2014-2020 waren dafür leider aus Sicht der Grünen kein gutes Beispiel, da
beschlossene Kürzungen im Widerspruch zu den internationalen Verpflichtungen der EU
stehen. Umso mehr werden wir uns mit voller Energie auf nationaler und auf europäischer
Ebene für eine ausreichend dotierte und bestmöglich eingesetzte EZA kämpfen.
Die Aufgabe des nun erst zu wählenden Europäischen Parlaments wird aber nicht in der
konkreten Formulierung der Entwicklungs- und Nachhaltigkeitsagenda liegen, sondern
vielmehr in ihrer bestmöglichen Implementierung und effektiven Evaluierung. Und das betrifft
(wie bereits bei Frage 1 des Fragebogens) die verschiedensten Politikbereiche, von der
Fischereipolitik bis Reform der gemeinsamen Agrarpolitik, oder von der Frauenpolitik bis zur
Handelspolitik, um nur einige Beispiele zu nennen.
Für die neue Agenda ist das Wichtigste, dass man auf den Stärken der Millennium
Entwicklungsziele aufbaut und die Schwächen überwindet. Sich Ziele zu setzen ist gut, doch
müssen diese ambitionierter definiert und deren Umsetzung vor allem auch qualitativ
überprüft werden. Wir unterstützen die Idee und die Bemühungen, die Post-2015Entwicklungsziele und die von der Staatengemeinschaft in Rio formulierten
Nachhaltigkeitsziele (Sustainable Development Goals/SDGs) in einer gemeinsamen Agenda
zusammenzuführen.
Die Frage welches Ziel uns in der neuen Agenda besonders wichtig ist, ist aufgrund der
absoluten Notwendigkeit in allen Bereichen massive Verbesserungen zu erzielen, nur
schwer zu beantworten. Bedenkt man, dass etwa das Kinderhilfswerk der Vereinten
Nationen davon ausgeht, dass jedes Jahr 2,5 Millionen Kinder unter fünf Jahren an Unterund Mangelernährung sterben, so ist es kaum möglich ein Ziel als wichtiger darzustellen, als
die Bekämpfung von extremer Armut und Hunger. Dies soll aber den anderen Zielen nichts
an ihrer Wichtigkeit nehmen.
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Für die Post-2015-Agenda muss aber klar sein, dass eine reine Zielorientierung auf die
Entwicklungsländer wie bei den MDGs nicht ausreicht. Angesichts der großen globalen
Herausforderungen und Krisen brauchen wir zukünftig ein Zielsystem, das alle Länder in die
Pflicht nimmt. Denn auch wir in den Industrieländern müssen uns kritisch fragen lassen,
welche Auswirkungen unsere Wirtschafts- und Konsumweise auf das Klima sowie die
Lebenssituation der Menschen in anderen Ländern hat. Die Zahl der Hungernden liegt
unglaublicher Weise immer noch bei fast einer Milliarde Menschen und die Kluft zwischen
Arm und Reich, sowohl zwischen den Ländern als auch innerhalb vieler Länder, ist weiter
gewachsen. Daher ist klar, eine neue, umfassende Agenda muss die Bekämpfung von
Hunger und Armut, von sozialer Ungerechtigkeit, Einkommensungleichheiten und
Energiearmut in Einklang bringen mit den planetarischen Grenzen unserer Erde. Wir
brauchen ganz grundsätzlich eine sozial-ökologische Transformation hin zu einer
menschenrechtsbasierten nachhaltigen Entwicklung.
NEOS – Angelika Mlinar: Im Verhältnis zum Drittstaat sollte das Europäische Parlament
seinen regelmäßigen parlamentarischen Austausch fortsetzen und verstärken und auch soweit dies möglich ist - mitgliedsstaatliche Parlamente miteinbeziehen. Das Europäische
Parlament sollte auch bzgl. der Implementierung der EU-Gelder von seinem "droit de regard"
Gebrauch machen, so die Implementierungsvorschläge nicht entwicklungspolitischen Zielen
entsprechen.
Wichtige Entwicklungs- und Nachhaltigkeitsziele der post-2015-Entwicklungsagenda sollten
sich vor allem auf globale öffentlichen Güter wie Umwelt, Ressourcen, Klima, Sicherheit u. Ä.
beziehen, aber immer im Kontext des jeweiligen Staates definiert werden
NEOS – Stefan Windberger: Die Europäische Union sollte auch im Entwicklungsbereich bei
den Vereinten Nationen mit einer gemeinsamen Stimme auftreten. Daher ist es von absolut
notwendig, dass das Europäische Parlament zusammen mit den anderen Organen der
Union eine gemeinsame europäische Position zur Agenda erarbeitet. Dies muss natürlich
unter Einbindung relevanter NGOs und ExpertInnen aus der Zivilgesellschaft geschehen.
Mir liegen besonders die Auslöschung extremer Armut und die Schaffung von integrativem
Wachstum – vor allem im Hinblick auf Chancengerechtigkeit für junge Menschen - in den
LDCs am Herzen. Diese Punkte werden auch als Hauptziele im UN High Level Report zur
Post 2015 Development Agenda genannt. Außerdem ist die verstärkte Förderung von
Geschlechtergerechtigkeit von großer Bedeutung - die Europäische Union muss hier mit
gutem Beispiel voran gehen. Menschenrechte sollte ein integraler Teil der neuen
Entwicklungs- und Nachhaltigkeitsziele werden. Dies gilt insbesondere für die Förderung von
Demokratie und Rechtsstaatlichkeit.
NEOS – Anton Fink: Das EU-Parlament sollte das europäische Wirtschaftsmodell
(ökosoziale Marktwirtschaft gepaart mit Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Säkularität) in
den Mittelpunkt stellen, das nachhaltige Werte und fairen Nutzen für alle Beteiligten schafft.
Das heißt, konkrete Hilfe bei der Verbesserung der staatlichen Rahmenbedingungen, die da
sind
Aufbau und Stärkung des Rechtssystems und demokratischer Einrichtungen.
Investitionen in Schulen und Universitäten haben Priorität. Wir müssen Ansprechpartner und
Institutionen in den Empfängerländern finden und heranbilden, die sicherstellen, dass Gelder
nicht wieder auf Konten von korrupten Eliten bei westlichen Banken landen.
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3. In vielen Staaten der Welt, auch innerhalb der EU, steigt die Ungleichheit in
einem besorgniserregenden Ausmaß. Einer aktuellen Studie1 zufolge
besitzen 85 Einzelpersonen soviel wie 50% der Weltbevölkerung.
 Werden Sie sich als MEP für die Verringerung der Ungleichheiten innerhalb
und außerhalb Europas einsetzen?
 Wenn ja, wie werden Sie sich als MEP für die Verringerung der
Ungleichheiten einsetzen?
ÖVP (OK): Ich will Europa besser machen. Das heißt für mich insbesondere sozialer. Ich will
aber keine zentralistische Sozialbürokratie in Europa, sondern die Durchsetzung von
sozialen Mindeststandards in den Mitgliedsländern und die Schaffung von hochwertigen
Arbeitsplätzen, die für die Arbeitnehmer ein Auskommen sicherstellen. Begleitet werden
muss das durch Stärkung der wirtschaftlichen Wettbewerbsfähigkeit und entsprechenden
Schuldenabbau, damit Europa eine Chancenunion für alle ist. Europa kann durch
nachhaltige Handelspolitik und eine verantwortungsvolle Entwicklungspolitik auch zur
Verbesserung der Situation in Drittstaaten beitragen, damit die Menschen in diesen Ländern
von der wirtschaftlichen Kooperation mit Europa profitieren.
SPÖ: Das Phänomen der steigenden Ungleichheit von verfügbaren Einkommen seit den
1980ern, vor allem im Fall von Industrieländern, widerspricht dem Konzept des
vollkommenen Marktes immer mehr. Der Markt alleine ist als Instrument für faire soziale
Verteilung nicht ausreichend und es bedarf strikter Regulierung. Soziale Ungleichheit
verwehrt Kindern mit unterschiedlichem sozio-ökonomischem Hintergrund denselben
Bildungsweg einzuschlagen oder eine gleich gute Krankenversorgung zu erhalten. Mit
anderen Worten: Verstärkte Ungleichheit verhindert soziale Mobilität und die Art des
zukünftigen Lebens wird bereits bei der Geburt bestimmt. Dies ist der Grund warum sich die
EU-Abgeordneten und KandidatInnen der SPÖ vehement für einen sozialen Ausgleich und
die Bekämpfung der Ungleichheit einsetzen.
Dass ein verstärkter Einsatz diesbezüglich notwendig ist, wurde vor allem durch die aktuelle
Krise bestätigt. Ein Teil der Krise ist vor allem die momentane Finanzkrise und sie bestätigt
diese unfaire Verteilung, da die aus der Krise resultierenden Verluste vor allem durch das
untere bis mittlere Einkommensspektrum getragen wurden und nicht von jenen, welche die
Hauptauslöser waren. Seit der Krise hat sich die Einkommensschere noch weiter geöffnet
und deswegen ist es absolut unerlässlich sich heute für eine soziale Balance innerhalb der
Gesellschaft einzusetzen. Zahlreiche Studien haben bereits bewiesen, dass innerhalb der
Staaten mit einer niedrigen Ungleichheit auch die sozialen Probleme der Bürgerinnen und
Bürger weniger häufig sind. Dies bedeutet, dass ein Ausgleich innerhalb der
Einkommensverteilung gleichzeitig zu einer Reduktion von gesundheitlichen und sozialen
Problemen für alle führt. Hierbei ist es wichtig anzumerken, dass es nicht alleinig um die
Einkommensunterschiede zwischen verschiedenen Bevölkerungsschichten geht, sondern
auch um den Ausgleich von Einkommen von MigrantInnen und Nicht-MigrantInnen, Frauen
und Männern und viele mehr.
Sowohl innerhalb als auch außerhalb Europas setzen wir uns stark für den Ausgleich all
dieser Gruppen ein und haben diesbezüglich eine Vielzahl von Kampagnen gestartet. Vor
Zwei Jahren gründete die Progressive Allianz der SozialdemokratInnen, die Initiative
"Progressive Economy" in der sich Experten mit verschiedensten Themen befassen. Die
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jüngste Veranstaltung hat sich mit dem Thema der ungleichen Einkommenserteilung
auseinandergesetzt und führende Theoretiker, unter anderem Nobelpreisträger Joseph
Stiglitz, wurden eingeladen um dieses Thema mit PolitikerInnen, BürgerInnen und der
allgemeinen Öffentlichkeit zu diskutieren.
Initiativen wie diese sind ein wichtiger Bestandteil um die Debatte über ungleiche
Einkommensverteilung und deren Konsequenzen an die Öffentlichkeit zu tragen, aber
unsere Forderungen gehen über eine reine Debatte weit hinaus. Es gibt viele Ansatzpunkte
um die Einkommensverteilung zu bekämpfen. Die am meisten verbreitete
Herangehensweise ist es, die bestehenden Einkommensunterschiede durch Transfers im
Sinne von Steuererhebung zu berichtigen. Daher verlangen wir eine progressive
Steuerpolitik, die diese Ungleichheiten reduziert und dies ist besonders wichtig, da der Trend
in den letzten Jahren teilweise zu weniger Besteuerung der Höchstverdiener, sondern einer
Mehrbelastung des Mittelstandes geführt hat. Daher verlangen wir, dass eine neue Art der
Steuerpolitik eingeführt wird, die präzise auf die Berichtigung der Ungleichheiten abzielt. Wir
setzen uns vehement dafür ein, um eine Wiederholung der katastrophalen Ereignisse der
sozialen, finanziellen und ökonomischen Krise zu verhindern und eine weitere Möglichkeit
diesbezüglich ist die Einführung einer Finanztransaktionssteuer. Wir SozialdemokratInnen
kämpfen bereits seit mehreren Jahren für die Umsetzung einer solchen Steuer, da diese die
Beteiligung der Finanzmärkte an der Krise bedeuten und gleichzeitig die BürgerInnen
entlasten würde. Im Moment haben sich 11 Staaten dazu bekannt eine solche Steuer
einzuführen, aber um eine nachhaltige Wirkung sicherzustellen bedarf es auch einer
flächendeckenden Anwendung und wir setzten uns dafür ein, dass eine solche möglich wird.
Ein weiterer und sehr wichtiger Ansatzpunkt ist die Bekämpfung von Steuerhinterziehung
sowie von Steueroasen. Wenn jemand Steuern hinterzieht, stiehlt er oder sie von seinen
oder ihren Mitbürgerinnen und -bürgern. Dies kann man in einer gerechten Gesellschaft nicht
dulden und wir setzen uns dafür ein, dass diese Vergehen so schnell wie möglich ein Ende
finden. Es darf nicht möglich sein, dass zum Beispiel ein einziger Mann bis zu 30 Millionen
Euro an Steuern hinterzieht. In diesem Sinn geht es darum, entschlossen gegen
Steueroasen vorzugehen. Wir verlangen das Prinzip der Besteuerung in jenem Land, in dem
der Profit gemacht wurde und nicht woanders. Dieses Prinzip und der Kampf gegen
Steuerhinterziehung würde ein für BürgerInnen gerechtes Steuerverhalten widerspiegeln und
zum Gemeinwohl beitragen sowie gleichzeitig gegen die ungleiche Einkommensverteilung
vorgehen.
Es ist uns auch ein Anliegen schon bereits bei der Einkommensverteilung vor Steuern
anzusetzen. So ein Vorhaben ist vor allem durch eine Stärkung der
ArbeitnehmerInnenrechte möglich. Eine hohe prozentuelle Mitgliedschaft in der
Gewerkschaft ist generell ein Indikator für eine gute Repräsentation der Arbeitnehmerinnen
und Arbeitnehmer. Daher ist es nicht verwunderlich, dass Länder mit einem elaborierten und
funktionierenden Gewerkschaftssystem auch jene sind, in denen die Ungleichheit der
Einkommensverteilung geringer ist. Wir SPÖ-EU- -KandidatInnen haben wir uns stets für die
Rechte der ArbeitnehmerInnen und für eine faire Lohnfindung eingesetzt. Jeder soll eine
gerechte Entlohnung für geleistete Arbeit enthalten, frei von jeglicher Diskriminierung. In der
momentanen ökonomischen, finanziellen und sozialen Krise ist es auch von großer
Bedeutung, die Beschäftigung der Bevölkerung sicherzustellen. Im europäischen Parlament
setzen wir uns vehement dafür ein, dass gegen die steigende Arbeitslosigkeit angekämpft
wird und werden das auch weiterhin tun. In vielen Ländern ist die Arbeitslosenrate in den
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letzten Jahren rasant angestiegen und vor allem mit Bezug auf die Jugendarbeitslosigkeit ist
die Lage besonders prekär. Die Initiativen der Fraktion der Progressiven Allianz der
SozialdemokratInnen sind zum Beispiel "Europe Back to Work: A 10 Point Plan for Change"
und "Relaunching Europe", welches vor allem auf die jüngere Bevölkerung abzielt. Diese
Initiativen zielen direkt darauf ab, dass die Beschäftigungsrate innerhalb der Europäischen
Union zunimmt und stellt einen wichtigen Schritt aus der Krise hinaus dar.
Ein weiterer wichtiger Schritt aus der Krise und gleichzeitig auch für die Bekämpfung von
Ungleichheit, stellt das Ende der Troika dar. Wir verlangen schon seit längerem, dass die
Troika aufgelöst wird, denn diese Politik hat vor allem dazu geführt, dass sich die Kluft
zwischen Arm und Reich noch mehr ausgeweitet hat und dies wollen wir berichtigen. Durch
Kürzungen der öffentlichen Ausgaben wurden vor allem jene, die dem unteren
Einkommensspektrum angehören, getroffen und weniger die Auslöser. Durch Einsparungen,
zum Beispiel im Gesundheits- oder Bildungswesen, wurde die Schere der
Einkommensunterschiedes noch weiter aufgemacht und führte vor allem zu einer
Verschlechterung der Lebenssituation des ärmeren Teils der Bevölkerung. Als
SozialdemokratInnen wollen wir dies nicht mehr dulden und verlangen ein Ende dieser
Sparpolitik.
Der Ausgleich der Einkommensverteilung sowohl innerhalb, als auch außerhalb Europas ist
ein essentieller Bestandteil unserer politischen Forderungen und ist in den letzten Jahren
immer wichtiger geworden. Wir setzen uns vehement für eine Chancengleichheit aller ein,
die unabhängig von Einkommen ist, und fordern daher einen Ausgleich der
Einkommensverteilung. Dies kann sowohl in Bezug auf Vorsteuereinkommen im Sinne von
hohen Standards an ArbeitnehmerInnenrechten als auch durch staatliche Transfers gegeben
sein. Daher ist auch die Einführung einer Finanztransaktionssteuer und das Ende der Troika
von besonderer Wichtigkeit. Wir kämpfen gegen eine steigende Ungleichverteilung an und
fordern eine gerechte Einkommensverteilung.
FPÖ: Die Kluft zwischen Arm und Reich wird immer größer, dies lässt sich nicht abstreiten.
Jedoch bin ich der Meinung, dass eine erneute Steuerbelastung nicht der richtige Ansatz ist.
Viel wichtiger ist es, dass wir jenen, denen es nicht so gut geht, Hilfe zur Selbsthilfe geben,
um den Bedürftigen unter die Arme greifen zu können. Um diesen Lösungsansatz werde ich
mich auch bemühen.
Grüne: Der Kampf für eine Verringerung der Ungleichheiten ist wesentlicher Bestandteil
grüner Parteiprogrammatik seit unserem Bestehen und dafür kämpfen wir auch auf allen
politischen Ebenen: von der Durchsetzung des Grundrechts auf Nicht-Diskriminierung
des/der Einzelnen bis zu einer effektiven und nachhaltigen Entwicklungszusammenarbeit für
eine gerechtere Welt. Inhaltlich besteht die Antwort dieser Frage aus den Bestandteilen der
anderen Fragen dieses Fragebogens: Vom Einsatz für die Durchsetzung des Grundsatzes
der Politikkohärenz über die Formulierung und Umsetzung einer wirkungsvollen Post-2015Agenda inklusive einer wesentlich besser dotierten EZA, über den Kampf gegen Korruption,
Geldwäsche und Steuerflucht, über konkrete Maßnahmen wie die Einführung einer
Finanztransaktionssteuer, bis zum Einsatz für strukturelle Veränderungen zur stärken
Demokratisierung der Verhandlungs- und Entscheidungsforen durch die stärkere Einbindung
der Zivilgesellschaft und der Bevölkerungen.
Wir können Ihnen versichern, mit vollem persönlichen Einsatz und der Rückendeckung
unserer Partei unsere Arbeit im Europäischen Parlament diesem essentiellen Ziel der Politik
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zu dienen und bieten Ihnen (und bitten Sie dafür um) eine umfassende Kooperation auf allen
Ebenen.
NEOS – Angelika Mlinar: Ja, denn das birgt enorme gesellschaftliche Sprengkraft.
Das lässt sich nicht isoliert auf EU-Ebene lösen. Hier braucht es einen breiten politischen
Konsens auf allen Aktionsebenen – insbesondere auch in den nationalstaatlichen
Steuergesetzgebungen.
NEOS – Stefan Windberger: Europa liegt in punkto Verteilungsgerechtigkeit mit einem
GINI-Koeffizienten von 0,3 weiterhin vor allen anderen Kontinenten.
Um die Situation auch in anderen Staaten dieser Welt zu verbessern, wollen wir auf
ökosoziale Marktwirtschaft und integratives Wachstum setzen. Denn nur wenn
Chancengerechtigkeit herrscht, können Ungleichheiten überwunden werden. Innerhalb der
EU möchte ich insbesondere Maßnahmen gegen Jugendarbeitslosigkeit forcieren. Dazu
müssen nicht nur die Barrieren für StartUp-Unternehmen verringert, sondern auch faire
ArbeitnehmerInnenrechte im Sinne der Jugend geschaffen werden. Außerdem müssen wir
den Binnenmarkt noch stärker von Ungleichheiten befreien und die vorhandenen
Finanzmittel gerechter und zukunftsorientierter investieren.
NEOS – Anton Fink: Ja, ich werde mich für eine Verringerung der Ungleichheiten einsetzen.
Ein wichtiges Thema ist Steuerehrlichkeit, also die Bekämpfung von Steuerbetrug und auch
die Abschaffung von Steueroasen. Weiters befürworte ich Initiativen wie jene in der Schweiz,
wo die Aktionäre von AGs mehr Rechte bekommen, über die Vergütungspolitik von Vorstand
und Aufsichtsrat abstimmen zu können. Zudem sollten in Ländern mit hohen
Lohnnebenkosten und relativ hohen Steuern schon bei niedrigen Einkommen diese gesenkt
werden. Schließlich wäre ich dafür, dass Bürger mit sehr hohen Einkommen keine
Sozialleistungen wie zB Familienbeihilfe usw. mehr erhalten sollten.
4. Durch Steuerflucht, Korruption und Geldwäsche entgeht Entwicklungsländern
ein Vielfaches der Entwicklungszusammenarbeit. Auch die EU büßt jährlich rund
1000 Milliarden Euro auf Grund von Steuerflucht ein.
 Werden Sie sich im Rahmen der EU für verschärfte Regelungen gegen
Steuerflucht, Korruption und Geldwäsche einsetzen?
 Welche Maßnahmen werden Sie unterstützen, um Steuerschlupflöcher zu
schließen? (z.B.: internationalen automatischen Informationsaustausch von
Steuerdaten; verpflichtende Offenlegung der EigentümerInnen von
Unternehmen, Trusts, Stiftungen etc.; Einschränkungen der
Gewinnverschiebung in Niedrigsteuerländer für multinationale Unternehmen
bzw. des Steuerwettbewerbs)
ÖVP: Die gesamte ÖVP-Delegation im EP setzt sich mit Nachdruck für den Kampf gegen
Steuerbetrug, Steuerflucht, Korruption und Geldwäsche ein. Mit unseren Stimmen haben wir
im Mai 2013 beispielsweise eine Resolution zu diesem Thema mitbeschlossen und erst
heuer im März eine Verschärfung der Geldwäsche-Richtlinie erwirkt. Um mehr Transparenz
sicherzustellen müssen etwa die existierenden Firmenregister in der EU erweitert und besser
vernetzt werden, damit Firmenkonstruktionen sichtbar werden. Außerdem sind die
Mitgliedsländer dringend aufgefordert den Aktionsplan der EU-Kommission umzusetzen.
11
SPÖ: Ja, dies ist jetzt schon der Fall! Das Europäische Parlament hat einen
Sonderausschuss zum Thema Organisiertes Verbrechen, Korruption und Geldwäsche
(CRIM-Ausschuss) eingerichtet, dessen Arbeit im Oktober 2013 mit der Abstimmung über
den Schlussbericht beendet wurde. Dieser Ausschuss beschäftigte sich intensiv damit, den
Umfang des organisierten Verbrechens, der Korruption und Geldwäsche zu untersuchen und
geeignete Maßnahmen für die EU zur Prävention und Bekämpfung dieser Bedrohungen auf
internationaler, europäischer und nationaler Ebene auszuarbeiten. Für uns
SozialdemokratInnen ist es wichtig hier auf europäischer Ebene einen harmonischen
rechtlichen Rahmen im Bereich des organisierten Verbrechens, der Korruption und der
Geldwäsche sicherzustellen, da die Mitgliedstaaten im Alleingang diese Probleme nicht
ausreichend bekämpfen können.
Die verstärkte Zusammenarbeit nationaler Behörden und mehr Transparenz durch
Offenlegung von Eigentümerstrukturen (bzw. die Offenlegung der Begünstigten)
verschiedenster Unternehmungen, sind zum Beispiel wichtige Maßnahmen.
Korruption stellt weltweit ein großes Problem dar. Angaben der Weltbank zufolge, macht
Korruption ca. 5 % des weltweiten BIP aus (2,6 Mrd. US-Dollar), wobei jedes Jahr über eine
Milliarde US-Dollar an Bestechungsgeldern gezahlt werden. Besonders besorgniserregend
ist die Situation in Entwicklungsländern, da dort Korruption 25 % der Kosten von öffentlichen
Aufträgen ausmacht. Hohe Korruptionsraten sind nicht nur eine ernste Bedrohung für die
Demokratie, die Rechtsstaatlichkeit und die Gleichbehandlung aller Bürger durch den Staat,
sondern belasten auch die Unternehmen unnötig, da fairer Wettbewerb verhindert wird. Dies
sind genügend Gründe warum wir uns im Rahmen der EU für verschärfte Regeln gegen
verschiedenste Arten von organisierter Kriminalität, sei es Korruption und Geldwäsche, oder
Steuerflucht einsetzen. Nur wenn wir es schaffen diese Probleme einzudämmen, kann ein
sozial gerechtes Wirtschaftsmodell auf europäischer Ebene verwirklicht werden.
Ein gerechtes Steuersystem kann die Schlupflöcher und die Steueroasen schließen und
dadurch Milliarden Euro einbringen, die für Arbeitsplätze, Innovation, öffentliche Dienste und
ausgeglichene Haushalte ausgegeben werden können.
Wir SozialdemokratInnen waren daher VorreiterInnen bei der Einführung einer europäischen
Finanztransaktionssteuer, damit die Finanzinstitutionen, die an der Verursachung der
Finanz- und Wirtschaftskrise wesentliche Mitverantwortung tragen, einen gerechten Anteil an
den entstandenen Kosten tragen.
Wir setzen uns auch für jegliche Maßnahmen zur Schließung von Steueroasen und der
Abschaffung von Steuerhinterziehung ein, die Europa jedes Jahr Milliarden Euro kostet.
Steuerbetrug treibt die Steuern für alle anderen in die Höhe, verschärft die Schuldenkrise
und verringert die verfügbaren Mittel für Investitionen. Wir wollen vor allem eine engere
europäische Koordinierung bei der Besteuerung von Unternehmen, damit die großen
Konzerne sich nicht mehr aussuchen können, wo sie Steuern zahlen und nicht mehr damit
drohen können, in Länder mit niedrigeren Steuern abzuwandern.
Auch im Zuge von Handels- und Assoziierungsabkommen setzen wir uns für spezifische
Klauseln bezüglich einer Zusammenarbeit bei der Bekämpfung von Steuerhinterziehung und
Steuerflucht ein.
12
FPÖ: Im Hinblick auf Steuerflucht, Geldwäsche und Korruption müssen wir unbedingt mehr
Transparenz aufbringen. Der jährlich zugefügte Schaden ist einfach viel zu hoch. Darunter
leiden müssen die Steuerzahler. Dies gilt es unbedingt in naher Zukunft zu verhindern und
Klarheit zu schaffen. Aber mindestens genauso wichtig ist es den Datenschutz zu bewahren.
Man muss hier eine wohlüberlegte Lösung finden, bei der sich Datenschutz und Transparenz
die Waage halten.
Grüne: JA! Wir Grüne setzen uns sowohl auf österreichischer wie auch auf europäischer
Ebene entschieden für die Schließung aller Steueroasen ein und fordern harmonisierte
Steuern in der EU. Wir sind für ein Ende des Steuerwettbewerbs zwischen den
Mitgliedsländern und kritisieren daher die Rolle Österreichs als Steueroase (in Bezug auf die
Vermögenssteuern) und als intransparenter Finanzplatz und Anlaufstelle für Fluchtgelder (in
Bezug auf das Bankgeheimnis). Wir fordern ein Ende der Ausnahmeregelung für Österreich
innerhalb der Zinsenrichtlinie und ein Ende der Blockadepolitik Österreich in Brüssel, wenn
es um den Abschluss von Betrugsbekämpfungs- und Informationsabkommen mit Drittstaaten
geht. Wir wollen, dass die Zinsenrichtlinie nicht nur in gleicher Weise in der ganzen EU gilt,
sondern auch, dass sie ausgeweitet und ausgebaut wird (Anwendungsgebiet auf juristische
Personen und alle Arten von Kapitalerträgen ausweiten). Daher haben die Grünen die
Steuerabkommen mit der Schweiz und Liechtenstein abgelehnt, da diese nichts anderes als
eine Amnestie für Steuerhinterzieher bewirken.
Wir Grüne treten für einen automatisierten Datenaustausch zwischen den nationalen
Steuerbehörden ein und fordern ein Ende der Ausnahmeregelung Österreichs bei der
Zinsenrichtlinie und eine Erweiterung des Anwendungsbereichs der Zinsenrichtlinie. Wir sind
für eine Überarbeitung der Doppelbesteuerungsabkommen (nach OECD Standard) bzw. für
eine Kündigung der Abkommen mit Steueroasen. Wir unterstützen internationale
Anstrengungen gegen Steuerdumping sowie die aktuellen Bemühungen, aggressive
Steueroptimierungen, etwa beim „transfer-pricing“, abzustellen.
Außerdem fordern wir ein Verbot intransparenter Geschäftsstrukturen. Das betrifft in
Österreich etwa Inhaberaktien, Stiftungen, deren Begünstigte geheim bleiben oder
Treuhandkonstruktionen.
NEOS – Angelika Mlinar: Ja. Steuerwettbewerb ist nichts an sich Schlechtes, weil es die
öffentlichen Verwaltungen anhält, sparsam mit Steuermitteln umzugehen. Steuerflucht ist
aber entschlossen entgegenzutreten. Gerade Österreich spielte hier in den letzten Jahren
(als Nutznießer) die Rolle des Bremsers. Die Hebel sind Transparenz und europäische
Zusammenarbeit.
NEOS – Stefan Windberger: Ja, internationale Bemühungen gegen Steuerflucht sind
integraler Teil unseres Programms.2 Auf europäischer Ebene wollen wir Korruption durch
verstärkte Transparenz bei Personalauswahl und Stimmverhalten entgegentreten.
Transparente
Spielregeln
sind
aber
auch
im
Lobbyingbereich,
bei
Unternehmensbeteiligungen und Trusts von großer Bedeutung und müssen ausgebaut
werden.
Grundsätzlich sollen Steuern und Abgaben als gerecht empfunden werden, um einerseits
Leistungsanreize zu geben, andererseits Abgabenhinterziehung zu stoppen. Internationalen
2
http://neos.eu/_download/plaene-fuer-ein-neues-oesterreich.pdf S.32
13
Datenaustausch bei Steuerthemen befürworten wir natürlich. Wir sollten hier nicht
Schwarzgeld decken. Österreich sollte mit dafür kämpfen, dass wir hier zu einem weltweiten
Transparenzstandard kommen.
NEOS – Anton Fink: Wie bereits unter 4 ausgeführt, bin ich für verschärfte Regelungen. All
die von Ihnen angeführten Maßnahmen halte ich prinzipiell für gerechtfertigt.
5. Die Einführung einer Finanztransaktionssteuer geht in die Umsetzungsphase.
 Werden Sie sich für eine umfassende Finanztransaktionssteuer einsetzen, in
der auch Derivate und Anleihen besteuert werden?
 Werden Sie sich dafür einsetzen, dass die Einnahmen auch für Entwicklungsund Klimafinanzierung eingesetzt werden?
ÖVP (OK): Ich kämpfe für die geplante Finanztransaktionssteuer (FTS) und habe für die
EVP auch als Chefverhandler mitgewirkt, auch wenn ich die derzeitige Variante mit den
derzeit 11 Mitgliedsländern für nicht optimal erachte. Ich wäre dafür gewesen sie global,
unionsweit
oder
zumindest
für
die
gesamte
Eurozone
einzuführen,
um
Wettbewerbsverzerrung zu verhindern. Wichtig ist, dass die Finanztransaktionssteuer einen
Lenkungseffekt hat. Zudem fordern wir Abgeordnete einen höheren Steuersatz für
außerbörsliche Geschäfte, um den Handel an regulierten Märkten attraktiver zu machen. Die
Verwendung der Mittel aus der FTS ist aktuell für Bildung und Bekämpfung der
Jugendarbeitslosigkeit vorgesehen, kann aber auch auf andere Bereiche erweitert werden.
SPÖ: Durch eine Finanztransaktionssteuer müssen ausreichend Erträge erwirtschaftet
werden, um die Folgen der Krise abzufedern und sie muss regulierend in die Finanzmärkte
eingreifen. Wir, vom SPÖ-EU-Team, haben uns stets für eine breite Bemessungsgrundlage
- inkl. Derivate und Anleihen - eingesetzt und sind gegen jegliche Verwässerung.
Die Kommission rechnet mit etwa 30 bis 35 Milliarden Euro Steuereinnahmen, wobei noch
nicht klar definiert ist, wie diese Mittel verwendet werden. Faktum ist, dass die Mehrzahl der
EU-Mitgliedstaaten zur Zeit haushaltspolitische Schwierigkeiten haben und nicht mehr in der
Lage sind, wichtige politische Ziele zu verfolgen, dazu zählen u.a. die Bekämpfung von
Jugendarbeitslosigkeit, die Finanzierung der öffentlichen Dienste, aber auch die
Entwicklungshilfe und der Klimaschutz. Wir SPÖ-EU-KandidatInnen unterstützen die
Finanzierung dieser politischen Zielen und haben bereits 2010 in einem Bericht des
Entwicklungsausschusses den Vorschlag unterstützt, wonach ein Teil der Steuereinnahmen
für Entwicklungshilfe ausgegeben werden soll.
FPÖ: Gerade in den letzten Jahren haben die Einnahmen aus reinen
Spekulationsgeschäften stark zugenommen. Dies hat zu einer immer stärkeren
Entkoppelung zwischen Real- und Finanzwirtschaft beigetragen. Eine weltweite
Finanztransaktionssteuer
ist
eine
Möglichkeit
dieser
negativen
Entwicklung
entgegenzuwirken und eine stabilisierende Wirkung auf die Finanzmärkte zu erzeugen. Bei
Einführung einer derartigen Steuer ist jedoch zu beachten, dass gerade auch die großen
Finanzzentren weltweit eingebunden sind.
Auch europaweit hat sie viele Vorteile aber auch Nachteile. Man darf nicht vergessen, dass
Firmen ihren Sitz ins nichtbesteuerte Ausland verlagern können und es in der EU zu
14
Arbeitsplatzverlusten und Einbußen bei anderen Steuern (Körperschaftssteuer, etc.)
kommen kann.
Für die Kleinanleger darf es jedenfalls zu keiner Doppelbesteuerung kommen. Wichtig ist,
dass der Hochfrequenzhandel und die Hedge-Fonds besteuert werden.
Eine Finanztransaktionssteuer muss jedenfalls national eingehoben werden und darf nicht
ins EU-Budget fließen.
Grüne: JA! Die österreichischen Grünen sind seit Jahren (gemeinsam mit verschiedenen
NGOs) Vorreiter für die Einführung einer Spekulationssteuer. Diese Steuer soll spekulative
Finanztransaktionen durch einen niedrigen Steuersatz unrentabel machen und damit
dämpfend auf Spekulationen insbesondere im kurzfristigen Hochfrequenzhandel wirken. Die
Vorläufer der FTT waren die Tobin-Steuer und die Spahn-Steuer, jeweils benannt nach den
Ökonomen, die sie ins Leben riefen. Die derzeitige Finanztransaktionssteuer entspricht nicht
mehr dem ursprünglichen Konzept der Tobinsteuer, da sie keine Steuer auf Währungssondern auf alle sonstigen Finanztransaktionen ist.
Im Jahr 2006 konnte das erste Mal auf grünen Druck ein einstimmiger Entschließungsantrag
zur Einführung einer FTT im österreichischen Parlament erreicht werden. Nach Ausbruch der
internationalen Finanzkrise im Jahr 2008 folgten weitere Entschließungen im Europäischen
Parlament und viele Lippenbekenntnisse von Politikern sie in allen Ländern einzuführen. Im
Herbst 2011 legte schließlich die EU-Kommission einen Vorschlag für eine EU-Richtlinie zur
Einführung einer FTT vor. Dieser sieht einen Steuersatz von 0,1% auf Aktien und 0,01% auf
Derivate vor.
In weiterer Folge stemmten sich Großbritannien und Schweden gegen die Einführung der
FTT. Die österreichischen und deutschen Grünen junktimierten ihre Zustimmung zu ESM
bzw. Fiskalpakt in den nationalen Parlamenten mit der Einführung einer FTT im Rahmen der
verstärkten Zusammenarbeit, da aufgrund des Widerstands von Großbritannien u.a. Staaten
nur diese Konstellation Aussicht auf Verwirklichung für das Projekt bietet. Beim Rat der
Finanzminister (ECOFIN) im Juni 2012 bzw. beim darauffolgenden Rat der Regierungschefs
der EU wurde die prinzipielle Einführung einer FTT in diesem kleineren Kreis (Österreich,
Deutschland, Frankreich, Belgien, Griechenland, Italien, Portugal, Slowakei, Slowenien,
Spanien und Estland) beschlossen. Im Februar 2013 legte die Europäische Kommission
einen Vorschlag für die verstärkte Zusammenarbeit vor, bei dem sie den ursprünglich
gewählten umfassenden Zugang zur Einhebung einer FTT beibehalten hat.
Mit der Junktimierung der Einführung einer FTT mit der Zustimmung der Grünen zum ESM
konnte nicht nur innerösterreichisch, sondern auch auf europäischer Ebene eine
entscheidende Weichenstellung erreicht werden. In einem gemeinsamen Brief der Grünen
mit der Regierung an alle Finanzminister der EU sowie an die EU-Kommission wurde Anfang
Juni 2012 der Prozess der so genannten „verstärkten Zusammenarbeit“, für jene die mit der
Einführung Voranschreiten wollen, angestoßen. Durch dieses Bündnis können einzelne
Länder wie Großbritannien, Niederlande und Schweden das Projekt nicht mehr blockieren.
Im Juni/Juli 2012 fand sich die notwendige Anzahl von zumindest 9 Ländern, die eine FTT
einführen werden.
Die Wegbereitung für die FTT und die Vorbereitung zur Einführung der FTT in elf Ländern
der EU ist ein wesentlicher Meilenstein. Der Weg der Umsetzung ist jedoch aufgrund
15
massiven Drucks der Finanzindustrie und von Bankenlobbys hindernisreich. Wir werden
weiterhin dafür kämpfen, dass der vorliegende Vorschlag der Kommission umgesetzt wird.
Zu Ihrer zweiten Frage: Wir Grüne fordern eine deutliche Erhöhung des Beitrags der
österreichischen und europäischen Entwicklungs- und Klimafinanzierung, unabhängig davon,
wie schnell und in welcher Form die Umsetzung der Finanztransaktionssteuer gelingt. Eine
Koppelung erscheint uns in diesem Sinne zwar wünschenswert und im Moment der
tatsächlichen Einführung politisch sinnvoll, doch darf die dringende Erhöhung der
Entwicklungsgelder nicht weiter verschoben werden.
NEOS – Angelika Mlinar: Ja. Generell halten wir eine Finanztransaktionssteuer jedoch nur
dann für sinnvoll, wenn diese weltweit eingeführt wird; ohne das Finanzzentrum London
macht sie jedenfalls keinen Sinn. Entwicklungszusammenarbeit ist ein wichtiges politisches
Feld, das entsprechend dotiert werden muss. Starre Zweckwidmungen wirken aber meist
kontraproduktiv, weil sie den Handlungsspielraum einschränken. Zum Thema Klimawandel
möchte ich auf die Antwort der nächsten Frage verweisen
NEOS – Stefan Windberger: NEOS hat eine weltweit akkordierte Finanztransaktionssteuer
in sein Programm aufgenommen. Eine FTT auf europäischer Ebene führt zu einer
Verlagerung von Transaktionen ins Ausland und erfüllt daher ihren Zweck nicht.
Das wäre ein mögliches Verwendungsfeld. Als Voraussetzung gilt allerdings ein
grundlegendes Überdenken der Entwicklungspolitik in ihrer jetzigen Form (siehe Punkt 7).
NEOS – Anton Fink: Ich bin für eine FTS, die nicht primär auf die Instrumente, sondern auf
die „Akteure“ abstellt. Langfristig orientierte Privat- und institutionelle Anleger sollen für Käufe
und Verkäufe von Wertpapieren keine FTS zahlen, hingegen Banken für ihren Eigenhandel,
Hedge Fonds usw. für kurzfristige Geschäfte jeder Art schon (Hochfrequenzhandel,
Devisenhandel, der nicht der Absicherung dient, usw.).
Ich sehe den Zusammenhang zwischen Finanztransaktionen und Entwicklungs- bzw.
Klimafinanzierung nicht, daher wäre ich dafür, die Erlöse aus so einer Steuer entweder
einem Bankensicherungsfonds zuzuführen oder der EU als erste eigene Steuer zu
überlassen.
6. Der Klimawandel ist eine gemeinsame globale Herausforderung.
Entwicklungsländer geraten durch Häufung von Katastrophen, Überflutung
von Küstengebieten, aber auch durch Änderungen der Landnutzung für
Agrotreibstoffe, unter Druck. Industrieländer tragen als Hauptverursacher
besondere Verantwortung für eine Eindämmung des fortschreitenden
Klimawandels.
 Wie werden Sie dazu beitragen, dass 2015 ein internationales
Klimafolgeabkommen verabschiedet wird, das der Vermeidung und der
notwendigen Anpassung an den Klimawandel Rechnung trägt?
 Werden Sie sich – abgesehen von den öffentlichen
Entwicklungshilfegeldern – für zusätzliche Finanzmittel für klimarelevante
Projekte einsetzen?
16
ÖVP (OK): Das Klima und der Klimawandel sind große, globale Themen, die wir nur
gemeinsam behandeln und Probleme gemeinsam lösen können. Daher werde ich auch
meine Möglichkeiten als Parlamentarier verwenden, um im Sinne der zukünftigen
Generationen zu agieren und fordere eine Einbindung von NGOs und Parlamentsvertretern
in die Verhandlungen eines Klimafolgeabkommens. Denn demokratisch legitimierte
Beschlüsse haben mehr Substanz als reine politische Deklarationen von Staats- und
Regierungschefs. Wir müssen was den Prozess und die Ziele betreffen so ambitioniert wie
möglich sein, aber gleichzeitig darf das nicht zur Abwanderung von Unternehmen oder zu
steigenden Stromrechnungen für Bürger führen. Es dürfen keinesfalls Arbeitsplätze gegen
Umweltschutz ausgespielt werden. Ich stehe für eine ökosoziale Marktwirtschaft in Europa,
um den Spagat zu schaffen und Wettbewerbsfähigkeit, soziale Sicherheit und Nachhaltigkeit
zu verwirklichen. In diesem Sinn setzen sich die ÖVP Abgeordneten besonders dafür ein,
dass sich die Mittel der Strukturförderung noch stärker an den großen Zielen der EU
orientieren sollen.
SPÖ: Würden alle Sektoren der Wirtschaft ihre Emissionen reduzieren, könnte in den
Ländern des globalen Südens am meisten eingespart werden. Das betrifft in erster Linie die
Bereiche Energieversorgung, Energienutzung und Verkehr. Unsere Aufgabe in der EU ist es,
diese Länder bestmöglich bei der Reduzierung der Treibhausgasemissionen zu unterstützen.
Der Schwerpunkt soll dabei auf den oben genannten Bereichen liegen.
Um die Partnerländer der EU bei den Herausforderungen der Klimaänderung zu unterstützen
(vor allem bei der Umsetzung des UNFCCC = United Nations Framework Convention on
Climate Change und bei dem Kyoto-Protokoll), sind vier Schwerpunkte der
Entwicklungszusammenarbeit festgelegt worden:




Anhebung des politischen Stellenwerts des Klimaschutzes im Dialog und in
Zusammenarbeit mit den Partnerländern und innerhalb der Gemeinschaft
Unterstützung der Anpassung an die Klimaveränderungen
Unterstützung der Abschwächung der Klimaveränderungen
Kapazitätenaufbau
Zudem soll der Zugang zu Finanzmitteln für den globalen Süden verbessert werden. Die am
wenigsten entwickelten Länder sollen von Verpflichtungen ausgenommen werden.
Es braucht aber nicht nur Unterstützung für die Länder des globalen Südens. Um den
Klimawandel einzudämmen oder gar zu stoppen, muss es gerade auch in den
Industriestaaten zu einem Umdenken kommen. Umweltpolitik ist der Sozialdemokratie ein
großes Anliegen. Ein besonderes Augenmerk legen wir hierbei auf die Förderung
erneuerbarer Energien, einer Steigerung der Energieeffizienz (z.B. durch Integration
erneuerbarer Energieträger in das Gesamtsystem wie Smart Grids) sowie Beschäftigung in
der Umweltindustrie.
Grundsätzlich hat das Bewusstsein für Klimapolitik in der EU bereits deutlich zugenommen.
In der Wachstumsstrategie der EU „Europa 2020“ spielt nachhaltiges Wirtschaften eine
große Rolle. Bis wir eine ressourceneffiziente, low-carbon Wirtschaft erreicht haben, müssen
wir allerdings noch einige Hindernisse überwinden. Hierzu gehören vor allem Subventionen,
die sich nachteilig auf die Umwelt auswirken, sowie fehlende finanzielle Anreize für
Umweltinnovationen. Eine weitere Hürde stellt die Finanzierung von Environmental
Technologies dar. Würde allerdings ein ökonomisch rentabler Environmental-Technology17
Sektor aufgebaut, ließen sich die Investitionen im Umweltbereich zu einem großen Teil
begleichen. Berechnet man zudem die langfristigen Kosten und vergleicht sie mit denen
von gängigen, nicht umweltfreundlichen Technologien (ebenfalls auf längere Zeit und vor
allem unter Einberechnung der Umweltschäden), sinken die Kosten relativ.
Wir sind der Meinung, dass sich die Bewältigung der Finanzkrise sowie generelles
Wirtschaftswachstum mit einer umweltfreundlichen Politik vereinen lassen. Ziel muss es
sein, dass sich die beiden Faktoren gegenseitig positiv beeinflussen. Investitionen in die
Umwelt sind auch Investitionen in nachfolgende Generationen. Um den Erfolg der
Maßnahmen zu garantieren, muss Druck auf die EU-Länder ausgeübt werden. Das kann
durch verbindliche Maßnahmen, deren Einhaltung streng geprüft wird, sowie durch
Sensibilisierungskampagnen und Anreizsysteme (von technischer Unterstützung bis hin zu
Subventionen) passieren.
FPÖ: Der Klimawandel ist eine gemeinsame globale Herausforderung. Entwicklungsländer
geraten durch Häufung von Katastrophen, Überflutung von Küstengebieten, aber auch durch
Änderungen der Landnutzung für Agrotreibstoffe, unter Druck. Industrieländer tragen als
Hauptverursacher besondere Verantwortung für eine Eindämmung des fortschreitenden
Klimawandels.
Der Klimawandel ist allerdings ein Problem, dass sich nicht über kurze Zeit regeln lässt. Es
ist an der Zeit mehr Geld in die Forschung alternativer Energiequellen zu stecken, sowie
bestehende alternative Energiequellen zu fördern. Es obliegt letztendlich jedoch in der
Eigenverantwortung eines jeden, etwas gegen den Klimawandel zu unternehmen.
Die FPÖ tritt seit Jahrzehnten konsequent für die Stärkung der erneuerbaren Energie ein
und/bzw. gegen die Verwendung/den Ausbau der Kernenergie auf. Diese Linie vertritt die
FPÖ auch im EU-Parlament.
Grüne: Österreichs Beitrag zur Klimafinanzierung war bislang beschämend. Immer noch ist
unklar ob und wie die Bundesregierung z.B. die fix zugesagten 120 Mio. Euro für die FastStart Finanzierung für Entwicklungsländer aus "frischen" Mitteln vollständig ausbezahlt hat.
Österreichs gerechter Anteil an der internationalen Klimafinanzierung, die im Rahmen der
Kopenhagener Verhandlungen zugesagt wurde, läge aktuell bei 80 Mio. Euro jährlich. Dieses
Geld muss zusätzlich zu bestehenden Entwicklungshilfemitteln aufgebracht werden.
Entscheidend wird sein, ob die Europäische Union ihrer historischen Führungsverantwortung
im Kampf gegen den Klimawandel gerecht wird. Die Klimaverhandlungen kranken an einer
Vertrauenskrise, die nur die EU auflösen kann. Sie wird aber nur dann um Vertrauen v.a. bei
den Schwellenländern werben können, wenn sie selbst ihre Klimahausaufgaben macht. Wir
kämpfen daher dafür, dass die EU jetzt ambitionierte und verbindliche Klimaziele bis 2030
vorlegt und ihre Klimafinanzierung an die Entwicklungsländer in voller Höhe auszahlt.
NEOS – Angelika Mlinar: Am wirkungsvollsten ist die Bildung breiter Allianzen über Parteiund Landesgrenzen hinweg. Österreich kann im Land den CO2 Ausstoß verringern, aber vor
allem brauchen wir ein starkes Europa, das die Klimaverhandlungen mit China, Indien, den
USA und andere Weltmächten vorantreibt – ansonsten sind die Folgen unabsehbar. Konkret
fordern wir die Reduktion fossiler Energieträger um 20% bis 2020, parallel dazu die
Entwicklung und Ausweitung von erneuerbaren Technologien sowie die Einführung einer
CO2-Steuer auf europäischer Ebene.
18
Zweifellos eines der wichtigsten Themen unserer Zeit von globaler Dimension, dass
entsprechender Anstrengungen erfordert. Das geht aber weniger über punktuelle
Förderungen als über grundlegende Systemwechsel – vor allem im Bereich der
Steuersysteme.
NEOS – Stefan Windberger: Wir wollen erreichen, dass Österreich eine Vorreiterrolle auf
der nächsten Klimakonferenz COP in Paris 2015 einnimmt, und diplomatische
Anstrengungen hin zu einem ambitionierten globalen Klimaschutzabkommen unternimmt.
Einerseits möchte ich hier Druck auf die österreichische Regierung aufbauen und
andererseits mich in Brüssel für eine europäische Allianz in diesem Bereich einsetzen.
Vor dem Einsatz zusätzlicher Finanzmittel müssen erst die bisherigen effizienter eingesetzt
werden und steuerliche Belastungen stärker nach dem Verursacherprinzip orientiert werden.
EU-weit und besonders in Österreich gibt es dazu ein eine Vielzahl von Vorschlägen.3
Insbesondere die stärkere Finanzierung des Forschung- und Entwicklungssektors ist aus
meiner Sicht ebenfalls von großer Bedeutung. Die Weiterentwicklung von erneuerbaren
Energien und Technologien, welche zentrale Wirtschaftssektoren energieeffizienter gestalten
werden und sollten, spielt hier eine zentrale Rolle.
NEOS – Anton Fink: Als NEOS treten wir für eine Hinwendung zu einer
ressourcenschonenden Wirtschaftspolitik ein. Unser Ziel muss es sein, die Abhängigkeit von
fossilen Brennstoffen in absehbarer Zeit zu beenden und durch erneuerbare Energien zu
ersetzen. Hiezu benötigen wir eine vernetze europäische Politik, die Umwelt, Energie und
Infrastruktur umfasst.
Wir fordern eine stärker verbrauchsorientierte Besteuerung, zB durch eine CO2 Steuer,
durch Road Pricing, wir wollen eine Investitionsinitiative durch die EIB und andere zur
Förderung von Passiv-Häusern, verbesserter öffentlicher Mobilität usw. , um den
Energieverbrauch zu reduzieren , aber auch mehr Geld für die Forschung, um bessere und
neue Lösungen für Autos, Elektronik, Beleuchtung usw. zu finden. Wir sind für die Schaffung
eines europaweiten „Transformations-/Innovationsfonds“ für solche Projekte.
7. Die EU und ihre Mitgliedstaaten haben sich wiederholt dazu verpflichtet, 0,7%
ihres Bruttonationaleinkommens (BNE) für öffentliche
Entwicklungszusammenarbeit (ODA) aufzuwenden. Der Durchschnitt der EU15 liegt bei 0,41%, die Mittel aus Österreich bei 0,28%. Österreich trägt damit
aktiv zur Senkung des EU-Schnitts bei.
 Wie bewerten Sie die unterdurchschnittlichen Bemühungen Österreichs?
 Werden Sie sich in Ihrer Partei in Österreich dafür einsetzen, dass die Mittel
für Entwicklungszusammenarbeit und Humanitäre Hilfe erhöht werden?
 Wenn ja, wie werden Sie sich dafür einsetzen?
ÖVP: Richtig ist, dass die Österreichischen Mittel unter dem EU-15-Durchschnitt liegen.
Leider sind die budgetären Handlungsspielräume seit 2008 bedauerlicherweise noch
geringer geworden. Trotzdem konnte eine weitere geplante Kürzung in diesem Bereich
verhindert werden. Eine Erreichung von 0,7 % muss klar das Ziel sein. Alle Abgeordneten
und Entscheidungsträger der Parteien sind dazu angehalten sich dafür stark zu machen.
3
http://neos.eu/_download/downloads/2013-06-11-neos-positionspapier-umwelt.pdf S.6
19
Denn klar ist, dass faire wirtschaftliche Zusammenarbeit auf Dauer die nachhaltigste Form
der Unterstützung ist.
SPÖ: Alle Mitgliedstaaten der Europäischen Union leisten einen Beitrag zur
Entwicklungshilfe, also 28 Länder. Das passiert im Rahmen des Europäischen
Entwicklungsfonds (EEF), der außerhalb des Haushaltsplans der EU besteht und auf
freiwilligen Beiträgen der Mitgliedstaaten beruht. Er ist das älteste und gleichzeitig auch
umfassendste entwicklungspolitische Instrument der Europäischen Union. Insgesamt betrug
die öffentliche Entwicklungshilfe der EU (EU & Mitgliedstaaten) für das Jahr 2012 immerhin
55,07 Milliarden Euro, das sind 0,43 Prozent des BNE. (Um jedoch bis 2015 das Ziel von 0,7
Prozent zu erreichen, wäre ein Anstieg um 51,42 Milliarden möglich, was im Moment
unrealistisch erscheint).
Die Bemühungen Österreichs in Hinblick auf die Entwicklungszusammenarbeit sind in der
Tat wenig erfreulich. Im Koalitionsvertrag haben ÖVP und SPÖ festgeschrieben, dass sie in
den kommenden Jahren einen Stufenplan zur Erhöhung der EZA-Mittel bis zur Erreichung
des 0,7% Ziels entwickeln und diesen dann auch gesetzlich verankern wollen. Es wäre
natürlich zu begrüßen, wenn man sich nicht nur auf einen Plan einigen würde, sondern so
schnell wie möglich eine Erhöhung beschließen würde. Wie im Koalitionsvertrag der
österreichischen Bundesregierung erwähnt wird, liegt "ein zentraler Auftrag der
österreichischen Außenpolitik in der Ver¬pflichtung gegenüber den Menschen in den
ärmsten und am meisten benachteiligten Regionen und Ländern dieser Welt."
Zu begrüßen ist aber die Erarbeitung einer Gesamtstrategie der Bundesregierung in
Kooperation mit dem Parlament, den Ressorts, den Sozialpartnern, den NGOs und der
Öffentlichkeit, wie es im Koalitionsvertrag angekündigt wurde. Hierbei sollte man aber - im
Sinne der Netzwerkbildung, durchaus auch offen für Vorschläge von Seiten des
Europäischen Parlaments und namhaften Experten und Organisationen sein. Ebenso wie auf
europäischer Ebene wäre eine ressortübergreifende Zusammenarbeit in Österreich
wünschenswert.
Wir SozialdemokratInnen werden uns für jene Politik stark machen, die wir auch auf
europäischer Ebene vertreten, und das ist eine effektive und kohärente Entwicklungspolitik,
die nicht nur rhetorisch propagiert wird, sondern für welche man sich auch aktiv einsetzt.
Denn Entwicklungszusammenarbeit ist auch aktive Friedenspolitik und das sollte man
niemals aus den Augen verlieren. Natürlich haben sich die budgetären Handlungsspielräume
der Regierungen seit 2008 verringert. Doch viele DAC Peer Reviews der österreichischen
Entwicklungszusammenarbeit (OECD/DAC 2009) und auch die Evaluierung der Austrian
Development
Agency
(Breier/Wenger
2008)
attestieren
der
österreichischen
Entwicklungszusammenarbeit nicht nur finanzielle, sondern auch strukturelle und
administrative Defizite.
Wie bereits im vorherigen Punkt angeführt - im Rahmen unserer Möglichkeiten werden wir
versuchen auf europäischer Ebene zu einer effektiven Entwicklungspolitik beizutragen vorranging in den Ausschüssen Auswärtige Angelegenheiten, Verkehr und Fremdenverkehr
und natürlich im Unterausschuss Menschenrechte.
FPÖ: In Zeiten, in denen gespart werden muss, ist in Österreich eine Erhöhung der Mittel für
Entwicklungszusammenarbeit abzulehnen. Im Übrigen, ist die Sinnhaftigkeit der
Entwicklungszusammenarbeit in ihrer derzeitigen Form kritisch zu hinterfragen. Es sei hier
20
nur daran erinnert, dass die rund zwei Billionen Dollar, die weltweit seit der
Entkolonialisierung in den 1960er Jahren für Entwicklungshilfe aufgewendet wurden, nur
mäßige Erfolge gebracht haben. Afrika etwa verharrt immer noch in Armut, während Länder,
die nicht zu den Schwerpunkten der Entwicklungshilfe zählten, etwa in Südostasien, einen
bemerkenswerten Aufschwung erzielen konnten.
Grüne: Wie bereits bei der Frage der Klimafinanzierung sind die österreichischen
„Bemühungen“ wirklich beschämend. Obwohl Österreich eines der reichsten Länder der EU
ist, gehören wir bei den finanziellen Aufwendungen für die EZA zu den absoluten
Schlusslichtern. In den vergangenen Jahren ist der Beitrag zur weltweiten
Armutsbekämpfung immer weiter zurückgegangen. Obwohl sich Österreich verpflichtet hat,
mindestens 0,7 Prozent des Bruttonationaleinkommens für Entwicklungszusammenarbeit
bereitzustellen, stagniert dieser Beitrag seit Jahren bei rund 0,3 Prozent. Außerdem wird die
österreichische Entwicklungszusammenarbeit im Moment von sieben Ministerien
durchgeführt, die alle ihre eigenen Agenden und Ziele verfolgen. Es gibt keine
Langzeitstrategie, keine durchdachte Verteilung von Mitteln, keinen Diskussionsprozess zur
Schwerpunktsetzung. Um Wirkung zu erzielen, muss es eine gemeinsame, langfristige
Strategie geben, die für eine aufeinander abgestimmte Entwicklungspolitik sorgt.
In unserer Partei in Österreich müssen wir diesbezüglich keine Überzeugungsarbeit mehr
leisten.
Alle
Parteibeschlüsse,
Wahlprogramme,
Anträge
im
Parlament,
Presseaussendungen belegen unseren gemeinsamen Einsatz. Wir fordern:







Die stufenweise Erhöhung des EZA Budgets auf 0,7% des BIP bis 2015;
Ein EZA Budget ohne Tricksereien und die Veröffentlichung von „bereinigten“ Statistiken
in der Entwicklungshilfe;
Einen Weißbuchprozesses zur Erarbeitung einer Langzeitstrategie im offenen Dialog mit
BürgerInnen, NGOs und anderen Akteuren der Zivilgesellschaft;
Eine Besinnung auf die relativen Stärken der OEZA im Kontext einer transparenten
Neudefinierung von Schwerpunktthemen;
Die Neuausrichtung der Schwerpunktländer und –Regionen auf Basis der gesetzten
Schwerpunktthemen;
Ein gemeinsames EZA Budget aller Ministerien mit einer Laufzeit von 5 Jahren, für mehr
Kohärenz und Transparenz;
Ein durchdachtes, strategisches und unabhängiges Evaluierungssystem der OEZA.
NEOS – Angelika Mlinar: Österreich trägt als reiches Land die solidarische Verpflichtung,
0,7% des BNE für Entwicklungszusammenarbeit aufzuwenden. Jedes andere Vorgehen ist
eine
Schande
und
Wortbrüchigkeit.
Das
Konzept
der
öffentlichen
Entwicklungszusammenarbeit muss jedoch grundlegend überdacht werden (siehe nächste
Frage).
Wir wollen uns insbesondere dafür einsetzen, dass Entwicklungspolitik in eine ganzheitliche
Strategie von Außen-, Wirtschafts- und Kulturpolitik integriert wird, um möglichst effizient zu
sein. Sie ist als proaktive internationale Kooperationspolitik zu betreiben, die auf Basis
europäischer Werte (humanistisches Menschenbild, Menschenrechte, Demokratie und
Rechtsstaatlichkeit, Nachhaltigkeit) eine Internationale Zusammenarbeit fördert, bei der ein
europäisches Wirtschaftsmodell im Mittelpunkt steht, das nachhaltige Werte und fairen
Nutzen für die Beteiligten schafft.
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Öffentliche einseitige Hilfsmaßnahmen sollen sich daher auf Nothilfe für Naturkatastrophen
und auf unter UN-Mandat stehende „failed states“ beschränken. Humanitäre Hilfe steht aber
an sich außer Streit. Wir möchten uns für einen eigenen EU-Fonds für Notsituationen stark
machen, verstärkte Koordinierung und die Suche nach multidonor funding facilities forcieren.
[Wenn ja, wie werden Sie sich dafür einsetzen?] Im Zuge der Evaluierung des
Finanzrahmens 2017.
NEOS – Stefan Windberger: Österreich erbringt hier alles andere als eine Glanzleistung.
Der Praxis, dass Schuldenschnitte und Militärexporte als Entwicklungshilfe verkauft werden,
muss ein rasches Ende gesetzt werden.
Ja. Sowohl unser Klubobmann Strolz als auch unsere EU-Spitzenkandidatin Angelika Mlinar
haben dies mehrmals öffentlich gefordert.
Das Konzept der öffentlichen Entwicklungszusammenarbeit muss jedoch grundlegend
überdacht werden. Wir wollen uns insbesondere dafür einsetzen, dass Entwicklungspolitik in
eine ganzheitliche Strategie von Außen-, Wirtschafts- und Kulturpolitik integriert wird, um
möglichst effizient zu sein.
NEOS – Anton Fink: Natürlich ist der österreichische Beitrag in Höhe von ca. 0,41%, der ja
zudem noch Exportkredite und Schuldennachlässe umfasst, sehr mager. Aber wichtiger
erscheint mir, aktiv in der EU auf die oben skizzierten Maßnahmen zu drängen, um
sicherzustellen, dass das, was investiert wird, auch an der richtigen Stelle ankommt.
8. Als einzig direkt gewählte EU-Institution zeichnet sich das Europäische
Parlament durch eine besondere BürgerInnennähe aus. Dabei spielt auch die
Einbindung der Zivilgesellschaft in politische Prozesse eine zentrale Rolle.
 Werden Sie sich für eine Stärkung der Zivilgesellschaft und eine weitere
Intensivierung der Zusammenarbeit der EU-Institutionen und
zivilgesellschaftlicher Organisationen einsetzen?
 Wie könnte die Partnerschaft zwischen den EU-Institutionen und
zivilgesellschaftlichen Organisationen gestärkt werden?
ÖVP (OK): Für mich steht fest, dass das EU-Parlament als Bürgerkammer Europas weiter
gestärkt werden muss. Dafür setze ich mich auch mit aller Kraft ein. Das heißt, dass es keine
Entscheidung mehr in der EU ohne dem Parlament geben darf. Zusätzlich soll direkt nach
der EU-Wahl ein Konvent über notwendige Reformen in der EU stattfinden. In diesen
Prozess sollen Vertreter der Zivilgesellschaft eingebunden werden, der schlussendlich in
eine europaweite Volksabstimmung mündet, was jedenfalls die Partnerschaft zwischen EUInstitutionen und zivilgesellschaftlichen Organisationen stärken würde.
SPÖ: Besonders in Zeiten in denen das Vertrauen der Zivilbevölkerung in die Europäische
Union immer kritischer wird, ist es wichtig einen guten Kontakt zu den Menschen
herzustellen. Insofern ist eine Intensivierung der Zusammenarbeit der EU-Institutionen mit
zivilgesellschaftlichen Organisationen mehr als wünschenswert. Vor allem die Europäische
Kommission sollte unserer Meinung nach zivilgesellschaftliche Organisationen verstärkt
einbinden, und zwar bereits in der Vorbereitungsphase für Gesetzesvorschläge.
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Das Europäische Parlament nimmt in Bezug auf die Zusammenarbeit mit der
Zivilgesellschaft als direkt gewählte BürgerInnenvertretung natürlich eine Sonderstellung ein
und hat hier unserer Meinung nach eine besondere Verantwortung zu tragen. Ein intensiver
Meinungsaustausch und eine gute Zusammenarbeit zwischen den EU-ParlamentarierInnen
und zivilgesellschaftlichen Organisationen sind für uns daher besonders wichtig.
Wie oben schon angesprochen gibt es im Rahmen der Konsultationsprozesse und
Expertengruppen noch Verbesserungsmöglichkeiten. Die Kommission versucht durch diese
Konsultationen vor neuen politischen Maßnahmen und Rechtsvorschriften verschiedene
Meinungen von BürgerInnen, Betroffenen und verschiedenen Institutionen einzuholen.
Allerdings sind hier nicht alle Lobbys gleich stark vertreten, NGOs sind hier oft
unterrepräsentiert. Das hängt natürlich auch mit den verfügbaren Mitteln zusammen - große
Konzerne haben in der Regel einen Vorteil, wenn es um Ressourcen geht. Oft gibt es auch
andere Hindernisse, z.B. dass Konsultationen ausschließlich in englischer Sprache
stattfinden, oder Informationen nicht ausreichend transparent verfügbar sind. Es sollten keine
Konsultationen mehr ohne ein ausgeglichenes Verhältnis zwischen zivilgesellschaftlichen
Organisationen und Industrievertretern stattfinden.
Im Europäischen Parlament selbst sollte die Zusammenarbeit mit der Zivilgesellschaft noch
weiter institutionalisiert werden (z.B. bei verschiedenen Anhörungen in den Ausschüssen,
verstärkte Einbindung bei Studien etc.). Inwiefern diese Organisationen eingebunden
werden, liegt zu einem großen Teil aber in der Verantwortung der ParlamentarierInnen
selbst. Wir SPÖ-EU-Abgeordneten und -KandidatInnen sehen uns als Sprachrohr und
Vertretung der BürgerInnen, nicht für Konzerninteressen. Aus diesem Selbstverständnis
heraus war es uns stets ein großes Anliegen die Zivilgesellschaft in unsere Arbeit
einzubinden und das wird es auch weiterhin sein.
FPÖ: Die Zusammenarbeit zwischen dem Parlament und den zivilgesellschaftlichen
Organisationen ist essentiell. Wir leben in einer Demokratie, umso wichtiger ist es, dass wir
die Stimme unserer Staatsbürger repräsentieren. Dies geht eben nur, wenn wir uns intensiv
mit der Bevölkerung auseinandersetzen.
Die Partnerschaft zwischen den EU-Institutionen und der Bevölkerung könnte durch
Volksabstimmungen deutlich gestärkt werden. Wir brauchen mehr direkte Demokratie.
Man könnte auch Meetings mit zivilgesellschaftlichen Organisationen oder zumindest mit
deren Vertretern organisieren, um sich mehr mit deren Situation befassen zu können und im
nächsten Schritt diese mehr einzubinden.
Grüne: Selbstverständlich werden wir uns für eine Stärkung der Zivilgesellschaft und für eine
weitere Intensivierung der Zusammenarbeit auf allen Ebenen einsetzen, denn der Austausch
mit der Zivilgesellschaft ist gerade im Bereich der Entwicklungspolitik essentiell. Das betrifft
sowohl Information über die Kenntnisse und die Erfahrungsberichte von lokalen NGOs in
Partnerländern der EU, um sich überhaupt ein Bild von der Lage vor Ort machen zu können,
als auch die Beratung und die Vorschläge der hoch professionell arbeitenden Expertinnen
und Experten in Brüssel sowie in den Mitgliedsstaaten. Dem Europäischen Parlament kommt
im Rahmen der Zusammenarbeit der Europäischen Union und der Zivilgesellschaft als
einziger direktgewählter Institution eine wichtige demokratiepolitische Rolle zu, die wir gerne
weiter ausbauen würden. Einerseits selbstverständlich durch direkte Kontakte von uns
Abgeordneten selbst bzw. von unseren MitarbeiterInnen, andererseits aber auch dadurch,
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dass die Zusammenarbeit weiter institutionalisiert wird: durch ExpertInnenhearings, RoundTables, Aussprachen, Treffen mit lokalen NGOs im Rahmen von EP-Delegationsreisen, etc.
NEOS – Angelika Mlinar: Ein überraschend positiver Befund! Ja, Bürger_innen-Nähe und
die Einbindung der Zivilgesellschaft sind Gründungemotive für NEOS.
Wesentlichste Voraussetzung für die Einbindung der Menschen ist Transparenz auf allen
Ebenen. Nur vor diesem Hintergrund ist echte Beteiligung überhaupt möglich. Dabei geht es
nicht nur um die „organisierte Zivilgesellschaft“, sondern darum, Partizipationsräume und –
prozesse zu schaffen, die alle Bürger_innen einladen.
NEOS – Stefan Windberger: Ja, eine breite Einbindung der Zivilgesellschaft in die
Europäische Union ist eine Kernforderung von NEOS. Dies betrifft sowohl die Stärkung der
Repräsentation der BürgerInnen durch ein Initiativrecht für das Parlament und die Direktwahl
des Kommissionspräsidenten, als auch verstärkte Einbindung von ExpertInnen und NGOs.
Konsultationen mit entsprechenden Organisationen müssen verstärkt und gleichzeitig
transparenter durchgeführt werden.4
NEOS – Anton Fink: Eine der zentralen Forderungen von NEOS ist die aktive Teilhabe der
Bürger am demokratischen Prozess. Wir sind daher sehr für eine stärkere Einbindung von
NGOS. Im Speziellen sollten NGOS viel besser in den verschiedenen Expert Groups, die es
in Brüssel gibt und die bisher von Industrieinteressen dominiert werden, vertreten sein. Ich
werde mich dafür stark machen.
4
Vgl. http://neos.eu/_download/downloads/2013-06-11-neos-positionspapier-umwelt.pdf S.4
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