Hausarbeit für Anfänger

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Hausarbeit für Anfänger
Prof. Dr. Johannes Kaspar
Universität Augsburg
SoSe 2013
Hausarbeit für Anfänger
Dörte (D) sind die Umtriebe der Waffen- und Rüstungslobby in Deutschland schon seit
langem ein Dorn im Auge. Trotz mehrerer Demonstrationen und Diskussionsrunden
kann sie kein Umdenken in Politik und Gesellschaft erkennen. Um sich Gehör zu verschaffen, damit die Menschen endlich verstehen, dass Waffen für das Leid der Welt verantwortlich sind und um für den Frieden in der Welt einzutreten, beschließt sie notgedrungen, zu radikaleren „Demonstrationsmitteln“ zu greifen. Im Internet sucht sie daher
nach Anleitungen zum Bau einer Bombe und wird auch schnell fündig. D besorgt sich
daraufhin die entsprechenden „Zutaten“ für den Bau zweier Sprengsätze, wobei einer
mit einem Zeitzünder und ein anderer mit einer Lichtschrankenkonstruktion ausgestatten werden soll.
Schließlich ist für D der Tag der Abrechnung gekommen. In Augsburg wird feierlich die
Militär- und Waffenmesse eröffnet. Als Stargast ist der bekannte Jungschauspieler und
Waffennarr Arnulf Armbruster (A) geladen. Die Anschläge der D sollen sich sowohl auf
die Messebesucher als auch auf A beziehen.
Bevor D sich zu dem Hotel begibt, in dem A untergebracht ist, nimmt sie die Pistole ihres
langjährigen Mitbewohners und besten Freundes (M), der von D´s Plänen und deren
politischen Ansichten allerdings nichts wusste, an sich und steckt sie in ihren Rucksack.
Die geladene Waffe hatte dieser nach einer Schießübung am Vorabend auf dem Flurtisch
versehentlich liegengelassen. D will nach begangener Tat die Pistole sofort wieder zurück an ihren Platz legen, damit M nichts bemerkt. Nachdem sie die Waffe eingesteckt
hat, packt sie vorsichtig die beiden Sprengsätze ein und macht sich auf den Weg.
Am Hintereingang des Hotels, der hauptsächlich – wie D weiß – vom Reinigungspersonal
genutzt wird, platziert sie unbemerkt eine der Bomben in einem Gebüsch. Sie weiß, dass
ein Taxi den A abholen wird, damit dieser von der Öffentlichkeit unbehelligt bleibt. Beim
Verlassen des Hotels soll A die Lichtschranke des Sprengsatzes unterbrechen und
dadurch den Zündmechanismus auslösen. D macht die Bombe scharf und verlässt den
Hotelbereich in Richtung Messe.
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Das Taxi fährt einige Minuten später vor. Allerdings tritt nicht A, sondern dessen Leibwächter L aus dem Hintereingang, wodurch die Detonation ausgelöst wird. Von der
Wucht der Explosion wird L durch die Glastür des Hintereingangs geschleudert und erleidet Verletzungen, die glücklicherweise keine bleibenden Schäden nach sich ziehen. A
befindet sich zu diesem Zeitpunkt noch auf seinem Zimmer und bekommt nichts von
dem Attentat mit.
Mittlerweile erreicht D das Messegelände. Sie kauft sich am Ticketschalter eine Eintrittskarte, um unauffällig zu wirken. Da sie sich in den Messehallen nicht gut auskennt,
steckt sie sich heimlich – mit Wissen um die im Rucksack befindliche Bombe und die
Pistole des M – ein an sich entgeltliches Programmheft mit Lageplan in ihre Jackentasche
und begibt sich in die Halle, in der die Eröffnungsshow stattfinden soll. Sie deponiert die
zweite Bombe unter der – 200 Personen fassenden – Haupttribüne, stellt einen Zeitzünder auf den Zeitpunkt des Beginns der Eröffnungsshow ein und verlässt den Raum. Dabei stellt sie sich vor, dass durch die Wucht der Explosion die Tribüne einstürzen und
die sich darauf befindenden völlig ahnungslosen Zuschauer zu Tode kommen werden.
Die Sprengkraft der Bombe ist von D so dosiert worden, dass Zuschauer neben der Tribüne nicht in Mitleidenschaft gezogen werden können. Da der Zünder bei dieser Bombe
allerdings fehlerhaft angebracht wurde – was D nicht wusste – kommt es am Abend nach
Zeitablauf nicht zu einer Detonation.
Der Sicherheitsmann X, der D nicht kennt, beobachtet unterdessen wie D fluchtartig die
Halle verlässt, was ihm reichlich komisch vorkommt. Er nimmt daher die Verfolgung auf.
D bemerkt ihren Verfolger, zieht die Pistole des M aus ihrem Rucksack und gibt einen
Schuss nach hinten ab. Dabei nimmt sie an, X tödlich treffen zu können, was sie auch billigend in Kauf nimmt. Sie geht davon aus, dass X ihren Attentatsversuch bereits entdeckt
hat; ihr kommt es ausschließlich darauf an, zu entkommen und dabei ihre Identität zu
verbergen. Die Kugel trifft den X, der tot zusammensackt.
Wie haben sich D und M nach dem StGB strafbar gemacht? Evtl. erforderliche Strafanträge sind gestellt.
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Bearbeitervermerk:
1. Delikte des 28. Abschnitts des StGB sowie §§ 123 und 252 StGB sind nicht zu prüfen!
2. Alle aufgeworfene Rechtsfragen sind (ggf. hilfsgutachtlich) zu prüfen!
3. Der Umfang der Arbeit darf 50.000 Zeichen (mit Leerzeichen), ausschließlich Fußnoten, Gliederung und Literaturverzeichnis, nicht überschreiten. Nachweise in Fußnoten
dienen allein als Quellenbeleg und dürfen keine inhaltlichen Ausführungen beinhalten.
Die das Zeichenlimit überschreitenden Darstellungen werden nicht gewertet.
Folgende Formatierung ist einzuhalten: Seitenrand links 1,5 cm, rechts 5,5 cm, oben und
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Fußnotentext mindestens 10pt Schrift. Die Arbeit ist einmal ausgedruckt und gebunden
sowie zusätzlich als Word-Dokument auf einer CD gespeichert abzugeben (CD mit Vorund Nachname beschriftet in einer Versandtasche hinten in die Arbeit kleben). Bitte auf
der Hausarbeit oben links Nachname, Vorname, Anschrift und Matrikelnummer
angeben.
Abgabe: spätestens Montag, 14. Oktober 2013, 12.00 Uhr in Zimmer 2034 oder durch
rechtzeitigen Einwurf in den Hausbriefkasten des Prüfungsamtes der Juristischen Fakultät. Als Bearbeitungszeit sollten vier bis sechs Wochen ausreichen. Anmeldezeitraum in
studis: 23.9., 12.00 Uhr – 14.10.2013, 12.00 Uhr.
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Tatkomplex I: In der WG
A. Strafbarkeit der D wegen Diebstahls gemäß §§ 242 I, 244 I Nr. 1a 1. Alt StGB
Indem D die Sportpistole ihres Mitbewohners einsteckte, könnte sie sich eines Diebstahls mit Waffen gem. §§ 242 I, 244 I Nr. 1a 1. Alt. StGB schuldig gemacht haben.
I. Tatbestandsmäßigkeit
1. Objektiver Tatbestand
a) fremde bewegliche Sache – Sportpistole (+)
b) Wegnahme (+) – neuer Gewahrsam mit Einstecken in den Rucksack
c) Qualifikation – Beisichführen einer Waffe?
D müsste bei Tatbegehung eine Waffe bei sich geführt haben. Die Pistole ist unproblematisch eine Waffe. Diese müsste D auch bei sich geführt haben. Der Täter führt die Waffe
bei sich, wenn ihm das Tatmittel während des Tathergangs zur Verfügung steht, d.h. so
in seiner räumlichen Nähe ist, dass er es jederzeit ohne nennenswerten Zeitaufwand
und ohne besondere Schwierigkeiten benutzen kann. Mit dem Ergreifen der Waffe zum
Zwecke der Wegnahme, hatte die D die Waffe einsatzbereit in der Hand und konnte so
ohne weiteren Zeitverlust die Waffe im Falle eines auftretenden Widerstands unmittelbar benutzen.
Fraglich könnte nur sein, ob ein Beisichführen deshalb auszuschließen ist, weil die Waffe
zugleich das Diebstahlsobjekt ist, weswegen man an der Erfüllung der zeitlichen Komponente des Beisichführens zweifeln könnte. Jedoch lässt man diesen kurzen Abschnitt
unmittelbar vor der Vollendung der Tat ausreichen, da durch den Akt des Ergreifens der
Pistole die für die besondere Gefährlichkeit charakteristische konkretisierte Verfügungsmöglichkeit über die Waffe hergestellt wird.
D hat damit eine Waffe bei sich geführt und somit den Qualifikationstatbestand objektiv
erfüllt.
d) Zwischenergebnis
Der objektive Tatbestand ist erfüllt.
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2. Subjektiver Tatbestand (-). Zwar handelte die D mit Vorsatz bzgl. aller objektiven
Tatbestandsmerkmale. Sie handelte aber ohne Zueignungsabsicht, da sie vorhatte, die
Pistole später wieder zurückzulegen. Es fehlt damit am Vorsatz hinsichtlich der dauerhaften Enteignung des Eigentümers.
II. Ergebnis
D hat sich nicht gemäß §§ 242 I, 244 I Nr. 1a 1. Alt. StGB strafbar gemacht.
B. Strafbarkeit nach § 248b StGB (-). Zwar liegt eine Gebrauchsanmaßung der D bezüglich der Pistole vor, diese ist aber offensichtlich kein taugliches Tatobjekt.
C. Ergebnis: D bleibt in diesem Tatkomplex straflos.
Tatkomplex II: Vor dem Hotel
A. Strafbarkeit der D (zu Lasten des L)
I. Versuchter Mord - §§ 212 I, 211 I, II Var. 4, 5, 7, 25 I 2. Alt., 22, 23 I, 12 I StGB
Indem D die Bombe vor dem Hotel platzierte und der Zündmechanismus durch L ausgelöst wurde, könnte sie sich eines versuchten Mordes in mittelbarer Täterschaft gemäß
§§ 212 I, 211 I, II Var. 4, 5, 7, 25 I 2. Alt, 22, 23 I, 12 I StGB schuldig gemacht haben.
1. Vorprüfung
L lebt noch, damit liegt kein vollendeter Mord vor. Der Mord ist als Verbrechen gemäß
§§ 23 I, 12 I strafbar.
2. Tatbestandsmäßigkeit
a) Tatentschluss
D müsste den Entschluss zur Tatbegehung gefasst haben. Dieser umfasst den Vorsatz
hinsichtlich aller Merkmale des objektiven Tatbestandes sowie besonderer subjektiver
Tatbestandsvoraussetzungen.
aa) Vorsatz
(1) Tötung eines anderen Menschen
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D müsste Vorsatz hinsichtlich der Tötung eines anderen Menschen gehabt haben. D
wollte mit A einen anderen Menschen töten. Tatsächlich traf das Attentat aber den L, an
den D bei ihrer Tatplanung nicht explizit gedacht hatte. Fraglich ist, ob sich der Tatvorsatz der D auch auf den L bezieht.
Die Behandlung von Distanzfällen, die typischerweise im Rahmen sog. Sprengfallen auftreten, ist umstritten. Die Fallkonstellation ähnelt an sich einer aberratio ictus, bei der
statt der tatsächlich anvisierten Person (hier der A), eine andere Person getroffen wird
(hier der L). Die Vorsatzkonkretisierung, die sich aus der optischen Anvisierung des Opfers ergibt, ist aber in Fällen wie dem vorliegenden äußerst fraglich, da der Täter zum
Tatzeitpunkt nicht mehr am Tatort ist, so dass ein aktualisiertes „Anvisieren“ gerade
nicht vorliegt.
Eine hierzu vertretene Auffassung ersetzt die Vorsatzkonkretisierung durch visuelle
Erfassung des Tatobjekts durch einen bloß geistigen Konkretisierungsakt. Man fragt also
danach, wie das Geschehen vor dem „geistigen Auge“ des Täters hätte verlaufen sollen.
Nach Vorstellung der D sollte A in die Sprengfalle geraten und nicht sein Leibwächter.
Entsprechend bezog sich der Tatvorsatz der D ausschließlich auf A (a.A. vertretbar, je
nachdem von welcher Vorstellung der D man ausgeht). Letztendlich führt dies zu einer
ähnlichen Konstellation, wie sie in den herkömmlichen Fällen der aberratio ictus vorliegt. Für die Beurteilung des Vorsatzes ist es dann aber entscheidend, wie man die aberratio ictus allgemein behandelt. Folgt man der Gleichwertigkeitstheorie, dann ist trotz
des Fehlgehens der Tat der Vorsatz der D zu bejahen, da mit L ebenfalls ein Mensch getötet worden wäre. Folgt man der Konkretisierungstheorie, dann scheidet ein Vorsatz
hinsichtlich des L aus.
Eine andere Ansicht stellt allein auf den Aspekt der sinnlichen Wahrnehmung ab. Wo
diese fehlt, da kann es nicht zu einer Vorsatzkonkretisierung kommen. Tatobjekt ist mithin derjenige, der im vorliegenden Falle zuerst die Bombe auslöst. Diese Ansicht lehnt
sich tendenziell an die error in persona-Konstellation an und würde im vorliegenden
Falle einen Vorsatz der D hinsichtlich L wegen der Gleichartigkeit beider Tatobjekte bejahen.
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Die hM betrachtet das sog. Individualisierungsrisiko. Derjenige, der die Individualisierung des Tatobjekts dem Zufall überlässt muss dieser Ansicht nach auch das Risiko eines
möglichen Fehlgehens tragen. Da der Hintereingang vorliegend vom Reinigungspersonal
genutzt wird, war ein Heraustreten anderer Personen nicht ausgeschlossen. Daher bestand ein relevantes Risiko, dass ein anderer als der A die Sprengfalle auslösen könnte.
Genau dies passierte auch durch das Heraustreten des L und zwar genau in der Weise,
wie es D für A vorgesehen hatte. Dieser abweichende Verlauf der Dinge ist damit noch
mit vom Wissen und Wollen der D umfasst, weshalb auch nach dieser Sichtweise der
Vorsatz zu bejahen ist.
Folglich kommt man nur dann zu einer Ablehnung des Vorsatzes, wenn man der „aberratio-ictus-nahen“ Lösung folgt und dort die Konkretisierungstheorie vertritt (je nachdem natürlich, wie man oben die Vorstellung der D interpretiert hat). In den klassischen
Fallkonstellationen ist die Konkretisierungstheorie vorzugswürdig. Für die Gleichwertigkeitstheorie spricht zwar, dass trotz des Fehlgehens der Tat der Täter genau das Tatobjekt (hier: Mensch) trifft, das er auch treffen wollte. Von der Qualität der Rechtsgutsverletzung aus betrachtet, scheint eine Unbeachtlichkeit des Fehlgehens einleuchtend.
Hiergegen spricht aber, dass die Gleichwertigkeitstheorie theoretisch auch dann den
Täter bestrafen müsste, wenn der Erfolg durch völlig unvorhersehbare Kausalverläufe
hervorgerufen würde. Man ersetzt einfach den auf eine bestimmte Person konkretisierten Vorsatz des Täters durch eine allgemeine abstrakte Vorstellung irgendeinen Menschen zu töten. Damit wird angesichts der tatsächlichen Vorstellung des Täters von der
Tat der Vorsatz bedenklich weit ausgedehnt, weshalb die Konkretisierungstheorie die
überzeugendere Lösung darstellt.
In Fällen wie dem Vorliegenden fehlt nun aber gerade eine tatsächliche Konkretisierung
des Tatobjekts durch den Täter. Vielmehr stellt die „aberratio-ictus-nahe“ Lösung auf
einen bloß geistigen Individualisierungsakt ab, der aber für die tatsächliche Verengung
des Vorsatzes nicht ausreichen kann. Letztere wird praktisch dem Zufall überlassen.
Wer dadurch aber bewusst das Risiko schafft, dass andere durch die Tat zu Schaden
kommen können, der muss auch das Verwechslungsrisiko tragen. Daher ist der hM hier
zu folgen. Mithin war die Tötung des L vom Vorsatz der D umfasst.
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Hinweis: Eine Behandlung dieses Problems in dieser Ausführlichkeit ist von den Studierenden nicht zu erwarten. Zur Behandlung des aberratio ictus im Allgemeinen siehe Rengier,
AT § 15 Rn. 27 ff., Wessels/Beulke, Rn. 250 ff; zu den sog. Distanzfällen siehe Rengier, AT, §
15 Rn. 42 ff.
(2) Vorsatz hinsichtlich der Begehung durch einen anderen
Genau genommen hat D nicht selbst den Zündmechanismus ausgelöst, sondern der L.
Dessen Handlung könnte aber der D als mittelbarer Täterin zuzurechnen sein (§ 25 I 2.
Alt. StGB). D wusste, dass die Person, welche die Sprengfalle auslöst, sich selbst töten
würde und damit tatbestandslos handeln würde.
Sie wusste als einzige von der am Hintereingang platzierten Bombe, weswegen sie auch
Tatherrschaft kraft überlegenen Wissens hatte, so dass nach der Tatherrschaftslehre D
in mittelbarer Täterschaft handelte. Zu diesem Ergebnis kommt auch die subjektive
Theorie der Rechtsprechung, da D die Tat „als eigene“ wollte und damit über den notwendigen Täterwillen verfügte. D kannte damit die Umstände, die zu einer Zurechnung
der Handlung des L iSd § 25 I 2. Alt. StGB führen würden. Mithin handelte sie auch hinsichtlich der Tatbegehung durch einen anderen vorsätzlich.
(3) Vorsatz hinsichtlich objektiver Mordmerkmale
(a) Heimtücke
D könnte Vorsatz hinsichtlich des Mordmerkmals der Heimtücke gehabt haben. Dazu
müsste sie die Arg- und Wehrlosigkeit eines anderen in feindlicher Willensrichtung ausgenutzt haben. Arglos ist, wer sich bei Beginn des Angriffs keines tätlichen Angriffs auf
sein Leben oder seine körperliche Unversehrtheit versieht. Nach der Vorstellung von D
lag dies bei dem von ihr anvisierten Opfer vor.
D müsste auch Vorsatz bzgl. der Wehrlosigkeit des A gehabt haben. Wehrlos ist, wer
aufgrund seiner Arglosigkeit in seiner Verteidigungsfähigkeit stark eingeschränkt ist.
Durch die Unkenntnis vom drohenden Anschlag durch D hätte A keine Vorsichts- oder
Verteidigungsmaßnahmen für den Fall eines Angriffs ergreifen können. Damit wäre seine Verteidigungsfähigkeit hier praktisch ausgeschaltet gewesen, was D wusste und wollte.
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D wollte auch gerade (in feindlicher Willensrichtung) die aus der Arglosigkeit resultierende Wehrlosigkeit für ihre Zwecke nutzen.
Teilweise wird weitergehend für die Bejahung der Heimtücke ein verwerflicher Vertrauensbruch verlangt, der hier abzulehnen wäre. Dafür spricht, dass dieses Merkmal
das „Tücke“-Element noch besser erfassen würde. Zudem könnte auf diese Weise die
Weite des Heimtückemerkmals (auch im Sinne der Rechtsprechung des BVerfG) eingegrenzt werden. Gegen dieses Merkmal sprechen jedoch die Unbestimmtheit des Kriteriums des verwerflichen Vertrauensbruchs sowie die Tatsache, dass gerade der aus dem
Hinterhalt agierende „Meuchelmörder“ dann nicht mehr erfasst wäre.
D hatte damit Vorsatz hinsichtlich der heimtückischen Begehungsweise.
(b) Gemeingefährlichkeit
D könnte zudem Vorsatz hinsichtlich einer gemeingefährlichen Begehungsweise gehabt
haben. Gemeingefährlich tötet, wer ein Tötungsmittel so einsetzt, dass er in der konkreten Tatsituation die Ausdehnung der Gefahr auf andere Personen als das oder die individualisierten Opfer nicht beherrschen und dadurch eine Mehrzahl weiterer Menschen in
Lebensgefahr bringen kann. Sprengsätze zählen zweifellos zum Kreise der unkalkulierbaren Tötungsmittel. Im vorliegenden Falle waren zumindest die Mitglieder des Reinigungspersonals sowie mögliche Begleitpersonen des A (z. B. L als Leibwächter) zusätzlich dem Gefahrenbereich der Bombe ausgesetzt, was D wusste. Somit ist der Vorsatz
betreffend der Gemeingefährlichkeit zu bejahen.
bb) Subjektives Mordmerkmal – Niedrige Beweggründe
Zusätzlich könnte D aus niedrigen Beweggründen gehandelt haben. Niedrig ist ein Beweggrund, wenn er nach allgemeiner sittlicher Wertung auf tiefster Stufe steht und deshalb besonders verachtenswert ist. Dies ist beispielsweise dann nicht der Fall, wenn die
Motivation irgendwie menschlich begreiflich oder „nachvollziehbar“ ist oder einer „gewissen Berechtigung“ nicht entbehrt.
D handelte aus einer Protesthaltung gegen die Waffenlobby heraus. Sie wollte mit ihrer
Handlung auf die Gefährlichkeit von Waffen hinweisen und den Menschen die Augen für
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die Problematik öffnen. Sie sah keine andere Möglichkeit, als diese drastischen Schritte
zu unternehmen, um die nötige Aufmerksamkeit für ihr Anliegen zu bekommen.
Der BGH hat entschieden, dass Anschläge auf das Leben, die auf einer Protesthaltung
beruhen, nicht zwangsläufig zur Bejahung der niedrigen Beweggründe führen müssen
(BGH NStZ 1993, 341 (342)).
So verächtlich die Tötung eines Menschen an sich schon sein mag, so zeigen die Motivationen der D keine über diese der Tötung bereits innewohnenden Gefährlichkeit hinausgehende Verwerflichkeit ihrer Beweggründe, weshalb dieses Mordmerkmal hier verneint werden kann. (a.A. ist aber gut vertretbar)
cc) Zwischenergebnis
D hatte damit den Tatentschluss hinsichtlich eines versuchten Mordes (lediglich Heimtücke) in mittelbarer Täterschaft - §§ 212 I, 211 I, II Var. 5, 25 I 2. Alt, 22, 23 I, 12 I – gefasst.
b) Unmittelbares Ansetzen
D müsste auch zur Tatbestandsverwirklichung unmittelbar angesetzt haben (§ 22).
Wann der Zeitpunkt des § 22 StGB bei sog. Distanzdelikten überschritten wird, ist umstritten.
Eine hierzu vertretene Ansicht fordert, dass das Opfer in den Wirkungskreis des Tatmittels gelangt und daher unmittelbar gefährdet wird. L löste die Bombe aus, trat damit in
ihren Wirkungskreis ein und wurde nicht nur durch sie gefährdet, sondern tatsächlich
verletzt. Demnach wäre ein unmittelbares Ansetzen gegeben.
Die wohl hM verlangt neben einem Eintritt des Opfers in den Wirkungskreis des Tatmittels zusätzlich, dass der Täter den weiteren Geschehensablauf aus der Hand gegeben hat.
D hat zwar durch das Verlassen des späteren Tatortes das Geschehen aus der Hand gegeben, wie eben erwähnt war der L auch in den Wirkungskreis des Sprengsatzes eingetreten. Daher kommt auch diese Variante zur Bejahung des Ansetzens.
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Andere wollen ein unmittelbares Ansetzen bereits mit Beendigung der Täterhandlung
bejahen. Mit dem Aufstellen und Scharfmachen des Sprengsatzes hat D alles zur Tatverwirklichung getan, weshalb man auch mit dieser Ansicht zum unmittelbaren Ansetzen
kommt. (Zum unmittelbaren Ansetzen bei sog. Distanzdelikten siehe Rengier, AT, § 34 Rn.
45 ff.)
Damit ist nach allen Ansichten ein unmittelbares Ansetzen durch D gegeben.
c) Zwischenergebnis
Der Tatbestand ist erfüllt.
2. + 3. Rechtswidrigkeit und Schuld sind gegeben.
4. Ergebnis
D hat sich eines versuchten Mordes in mittelbarer Täterschaft zu Lasten des L schuldig
gemacht - §§ 212 I, 211 I, II Var. 5, 25 I 2. Alt., 22, 23 I, 12 I StGB.
II. Gefährliche Körperverletzung - §§ 223 I, 224 I Nr. 2, 3, 5, 25 I 2. Alt. StGB
Indem D eine Bombe platzierte, die durch L ausgelöst worden ist, könnte sie sich einer
gefährlichen Körperverletzung in mittelbarer Täterschaft gem. §§ 223 I, 224 I Nr. 2, 3, 5,
25 I 2. Alt. StGB schuldig gemacht haben.
1. Tatbestandsmäßigkeit
a) Objektiver Tatbestand
aa) Grundtatbestand (§ 223 I StGB)
(1) Misshandlung oder Gesundheitsschädigung durch L (jeweils (+))
Eine Misshandlung, also eine üble, unangemessene Beeinträchtigung des körperlichen
Wohlbefindens, ist ebenso gegeben, wie eine Gesundheitsschädigung (Hervorrufen eines
vom Normalzustand negativ abweichenden (pathologischen) Zustandes).
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(2) Begehung durch einen anderen (+)
Die Verletzungshandlung wurde aber nicht von D selbst, sondern durch L vorgenommen, indem dieser den Sprengmechanismus der Bombe auslöste.
Dessen Handlung könnte aber wiederum der D als mittelbarer Täterin zuzurechnen sein
(§ 25 I 2. Alt. StGB). Die Person, welche die Sprengfalle auslöst, verletzt sich selbst und
erfüllt damit nicht den Körperverletzungstatbestand. Wie oben bereits ausgeführt hatte
die D auch die Tatherrschaft kraft überlegenen Wissens inne bzw. wollte die Tat auch als
eigene. Mithin handelte sie als mittelbare Täterin, so dass ihr das Handeln des L gemäß §
25 I 2.Alt StGB zugerechnet werden kann.
(3) Zwischenergebnis: Grundtatbestand (+)
bb) Qualifikation (§ 224 I StGB)
(1) Mittels einer Waffe oder eines anderen gefährlichen Werkzeugs (Nr. 2)
D könnte die Tat mittels einer Waffe oder eines anderen gefährlichen Werkzeugs begangen haben.
Waffen iSd § 224 I Nr. 2 1. Alt. StGB sind Gegenstände, die nach ihrer Art dazu bestimmt
sind, erhebliche Verletzungen von Menschen zu verursachen. Insoweit könnte die Bombe der D bereits als Waffe angesehen werden. Sieht man von dem Begriff allerdings nur
Waffen im technischen Sinne im Sinne von Schuss-, Hieb- und Stichwaffen umfasst, dann
müsste man zur Verneinung der Waffeneigenschaft gelangen (beide Auffassungen sind
vertretbar).
Allerdings ist eine Subsumtion unter den Begriff des gefährlichen Werkzeugs möglich
(Nr. 2 2. Alt.). Hierbei handelt es sich um Gegenstände, die nach ihrer objektiven Beschaffenheit oder der Art ihrer Nutzung geeignet sind, im konkreten Fall erhebliche Verletzungen hervorzurufen. Derartige Verletzungen hat die Bombe bei der Explosion tatsächlich herbeigeführt, weswegen die Eignung zu bejahen ist.
Je nach Auffassung hat D damit den Qualifikationstatbestand des § 224 I Nr. 2 1. Alt. bzw.
2. Alt. erfüllt.
(2) Mittels eines hinterlistigen Überfalls (Nr. 3)
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Zudem könnte D die Tat mittels eines hinterlistigen Überfalls begangen haben.
Ein Überfall ist ein überraschender oder unerwarteter Angriff, bei dem sich das Opfer
keines Angriffs auf seine körperliche Unversehrtheit versieht. Dies kann mit der entsprechenden Begründung hinsichtlich der Arglosigkeit des L im Rahmen der Heimtückeprüfung bejaht werden.
Hinterlist setzt ein planmäßiges, auf Verdeckung der wahren Absichten gerichtetes Vorgehen voraus, welche die Abwehr des nichterwarteten Angriffs durch das Opfer erschweren soll. D versteckte die Bombe gerade um sicher zu gehen, dass der Drohende
Angriff auf das Leben durch das Tatopfer nicht bemerkt wird und dieses keine Abwehrmaßnahmen gegen den Angriff ergreifen kann. Ein entsprechendes planmäßiges Vorgehen liegt hier vor.
Damit ist auch der Qualifikationstatbestand des § 224 I Nr. 3 StGB gegeben.
(3) Mittels einer das Leben gefährdenden Behandlung (Nr. 5)
Bei einer Bombe (+), ist auch im Sachverhalt entsprechend angedeutet.
(4) Zwischenergebnis
D hat die Qualifikationstatbestände des § 224 I Nr. 2 (Alt. 1 bzw. 2), 3 und 5 objektiv
verwirklicht.
cc) Zwischenergebnis
Der objektive Tatbestand ist erfüllt.
b) Subjektiver Tatbestand
aa) Vorsatz hinsichtlich des Grundtatbestands (+)
bb) Vorsatz hinsichtlich der Qualifikationen (+)
cc) Zwischenergebnis
Der subjektive Tatbestand ist erfüllt.
2. + 3. Rechtswidrigkeit und Schuld sind gegeben.
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4. Ergebnis
D hat sich gemäß §§ 223 I, 224 I Nr. 2 (Alt. 1 bzw. Alt. 2), 3, 5, 25 I 2. Alt StGB strafbar
gemacht.
B. Ergebnis
Zu Lasten des L hat sich D eines versuchten Mordes in mittelbarer Täterschaft in Tateinheit mit einer gefährlichen Körperverletzung in mittelbarer Täterschaft gemäß §§ 212 I,
211 I, II Var. 5, 25 I 2. Alt., 22, 23 I, 12 I StGB - § 52 StGB - §§ 223 I, 224 I Nr. 2 (Alt. 1 bzw.
Alt. 2), 3, 5, 25 I 2. Alt. StGB strafbar gemacht.
Tatkomplex III: In den Messehallen
A. Strafbarkeit der D
I. Versuchter Mord gemäß §§ 212 I, 211 I, II Var. 4, 5, 7, 22, 23 I, 12 I StGB
Indem D die (fehlerhaft konstruierte) Bombe unter der Zuschauertribüne platzierte,
könnte sie sich eines versuchten Mordes gemäß §§ 212 I, 211 I, II Var. 4, 5, 7, 22, 23 I, 12
I StGB schuldig gemacht haben.
1. Vorprüfung
Es liegt kein vollendeter Mord vor. Der Versuch ist auch gemäß §§ 23 I, 12 I StGB strafbar. Hieran ändert auch die Tatsache nicht, dass hinsichtlich des Tatmittels (der fehlerhaft gebauten Bombe) ein untauglicher Versuch vorliegt. Dies ergibt sich aus dem Strafgrund des Versuchs und aus einem Umkehrschluss aus § 23 III StGB.
2. Tatbestandsmäßigkeit
a) Tatentschluss
aa) Tötung eines anderen, Kausalität und objektive Zurechnung - § 212 I StGB (+)
bb) Objektive Mordmerkmale
(1) Heimtücke (Var. 5)
- Arglosigkeit der Zuschauer (+)
- Wehrlosigkeit aufgrund der Arglosigkeit (+)
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- Ausnutzung der Arg- und Wehrlosigkeit zur Tatbegehung (+)
 Heimtücke (+)
(2) Gemeingefährliche Mittel (Var. 7)
D könnte wiederum Vorsatz hinsichtlich der Verwendung gemeingefährlicher Mittel
gehabt haben. Gemeingefährlich handelt, wer ein Tötungsmittel so einsetzt, dass er in
der konkreten Tatsituation die Ausdehnung der Gefahr auf andere Personen als das oder
die individualisierten Opfer nicht beherrschen und dadurch eine Mehrzahl weiterer
Menschen in Lebensgefahr bringen kann.
Was die Mindestzahl der betroffenen Personen betrifft, so liegt man mit 200 gefährdeten
Menschen deutlich über der geforderten Mindestzahl zwischen 3 und 10 Betroffenen.
Der vorliegende Fall weist jedoch die Besonderheit auf, dass sich der Tötungsvorsatz der
D auf sämtliche Personen auf der Tribüne erstreckt. Damit wären sämtliche Individuen,
die sich in der Gefahrenzone befinden als vom Täter individualisiert zu betrachten. Dies
führt zu dem etwas kuriosen Ergebnis, dass D, hätte sie nur eine Person auf der Bühne
töten wollen, das Mordmerkmal erfüllt hätte, im konkreten Fall aber die Gemeingefährlichkeit aufgrund der weitreichenden Individualisierung entfallen müsste. Der Grad der
tatsächlichen Individualisierung der einzelnen Tatopfer ist hier aber derart reduziert,
dass die Ungleichbehandlung beider Fallkonstellationen nicht recht einleuchtet.
Die wohl h.M. will diese Ungereimtheit damit lösen, dass sie das Mordmerkmal weniger
stark mit der Reichweite des Tötungsvorsatzes gekoppelt sehen will. Man behilft sich
damit, dass zu den Opfern einer Gemeingefahr jeder gezählt wird, der als austauschbarer Repräsentant der Allgemeinheit und nicht als ausgesuchte Individualperson betroffen wird, um eine Subsumtion unter das Merkmal der Gemeingefahr zu erreichen. Damit
würde man nach dieser Auslegungsvariante die Verwirklichung des Mordmerkmals der
gemeingefährlichen Mittel bejahen können. (a.A. aber vertretbar)
Diesbezüglich ist dann auch der Vorsatz der D gegeben.
cc) Subjektive Mordmerkmale - Niedrige Beweggründe (Var. 4) – eher (-), siehe
oben (a.A. aber bei entsprechender Argumentation gut vertretbar)
dd) Zwischenergebnis
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D hatte den Entschluss zur Begehung eines Mordes in heimtückischer Begehungsweise
und unter Verwendung gemeingefährlicher Mittel gefasst.
b) Unmittelbares Ansetzen
D müsste auch zur Tatbegehung unmittelbar angesetzt haben (§ 22 StGB). Dazu müsste
sie subjektiv die Schwelle zum „Jetzt geht es los“ überschritten und objektiv Handlungen
vorgenommen haben, die nach ihrem Tatplan, bei ungestörtem Fortgang ohne wesentliche Zwischenakte unmittelbar zur Tatbestandserfüllung führen oder in einem unmittelbaren räumlichen und zeitlichen Zusammenhang mit ihr stehen.
Mit dem Verlassen der Messehallen hat die D den weiteren Geschehensablauf aus der
Hand gegeben. Die Zuhörer, die sich mit Ablauf der Countdowns des Zeitzünders auf der
Haupttribüne befanden sich auch im unmittelbaren Gefahrenbereich der Bombe.
Dass der Sprengsatz defekt war, ändert an dieser Beurteilung nichts. Man könnte argumentieren, dass für die betroffenen Personen zu keinem Zeitpunkt eine ernsthafte Gefahr bestand, so dass die Tatbestandserfüllung und damit die Rechtsgutsverletzung zu
keinem Zeitpunkt bevorstanden. Jedoch genügt es beim (untauglichen) Versuch bereits,
wenn nach Tätervorstellung (vgl. Wortlaut des § 22 StGB) vom Ablauf und der Tauglichkeit des Geschehens keine wesentlichen Zwischenakte bis zur eigentlichen Tathandlung
mehr erforderlich sind (LK-Hillenkamp, § 22 Rn. 187; Fischer, § 22 Rn. 40). Es ist also
maßgeblich auf die Vorstellung der D abzustellen, auf die Tauglichkeit des Tatmittels
kommt es nicht an.
Nach D´s Vorstellung vom Tatablauf waren die Besucher auf der Haupttribüne in den
Gefahrenbereich der vermeintlich funktionstüchtigen Bombe geraten (wie oben bereits
ausgeführt). Mit dem Verlassen der Hallen glaubte D zudem, den Geschehensablauf aus
der Hand gegeben zu haben, ohne dass noch weitere wesentliche Zwischenschritte zur
Tatbestandsverwirklichung nötig gewesen wären.
Damit hatte D, nach ihrer Vorstellung von der Tat, unmittelbar zu dieser angesetzt.
3. Zwischenergebnis
Der Tatbestand ist erfüllt.
2. Rechtswidrigkeit und Schuld sind gegeben.
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3. Ergebnis
D hat sich eines versuchten Mordes gemäß §§ 212 I, 211 I, II Var. 5, 7, 22, 23 I, 12 I StGB
in 200 Fällen schuldig gemacht.
II. Schwerer Diebstahl - §§ 242 I, 244 I Nr. 1a 1. Alt. StGB
Indem D das Programmheft in ihre Jackentasche steckte, könnte sie sich eines schweren
Diebstahls gemäß §§ 242 I, 244 I Nr. 1a 1.Alt. StGB schuldig gemacht haben.
1. Tatbestandsmäßigkeit
a) Objektiver Tatbestand
aa) Grundtatbestand - § 242 I StGB
(1) Fremde bewegliche Sache (+) – Programmheft stand im Eigentum des Messeveranstalters
(2) Wegnahme (+)
Fremder Gewahrsam (+) – Heft befand sich in der generellen Gewahrsamssphäre des
Messeveranstalters
Bruch (+) – Gewahrsamswechsel fand gegen den Willen des Messeveranstalters statt
Neuer Gewahrsam (+) – Mit Einstecken in Jackentasche (Gewahrsamsenklave)
(3) Zwischenergebnis
Objektiver Tatbestand des Grunddelikts (+).
bb) Qualifikation gemäß § 244 I Nr. 1a 1. Alt. StGB
D könnte zusätzlich den Qualifikationstatbestand des § 244 I Nr. 1a 1. Alt. StGB verwirklicht haben. Dazu müsste sie bei Tatbegehung eine Waffe bei sich geführt haben.
(1) Pistole
Im Rucksack der D befand sich die geladene Sportpistole des M. Eine Pistole ist eine
Waffe im Sinne des § 244 I Nr. 1a 1. Alt. StGB. Fraglich ist aber, ob sie diese Waffe auch
bei sich geführt hatte. Der Täter führt eine Waffe bei sich, wenn ihm diese während des
Tathergangs zur Verfügung steht, also so in seiner räumlichen Nähe ist, dass er sie jederzeit ohne nennenswerten Zeitaufwand und ohne besondere Schwierigkeiten benutzen kann.
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Klar ist, dass die Waffen nicht in der Hand gehalten werden muss, sondern dass es genügt, wenn sie griff- und einsatzbereit am Körper des Täters mitgeführt wird. Im Falle
der D ist daher ein Beisichführen der Waffe im Rucksack nicht zwangsläufig ausgeschlossen.
Gegen ein Beisichführen könnte allerdings sprechen, dass D ggf. nur mit einigem Zeitaufwand an die Waffe gelangen kann, da sie erst ihre Tasche vom Rücken nehmen und
öffnen müsste. Daher kann die abstrakte Gefährlichkeit der Waffe, welche den Strafschärfungsgrund des Qualifikationstatbestands bildet, noch verneint werden (so auch
BayObLG NJW 1999, 2535; a.A. Wessels/Hillenkamp, Rn. 267). Die Bejahung oder Verneinung des Beisichführens ist hier eine Wertungsfrage und lässt beide Lösungsmöglichkeiten zu. Je nach Argumentation des Bearbeiters ist dieser frei darin, den Qualifikationstatbestand als gegeben anzusehen oder abzulehnen. Hier wird der engeren Ansicht des
BayObLG gefolgt. Damit ist der Qualifikationstatbestand zu verneinen.
(2) Bombe
Fraglich ist, ob D durch die im Rucksack befindliche zweite Bombe einen Qualifikationstatbestand erfüllt haben könnte.
Mit den oben angeführten Argumenten kann man sagen, dass es sich bei der Bombe
nicht um eine Waffe im technischen Sinne handelt. Ebenso scheitert eine Einordnung als
gefährliches Werkzeug im Sinne des § 244 I Nr. 1 2. Alt. StGB. Folgt man bei der Interpretation der Gefährlichkeit einer Waffe, der subjektiven Betrachtungsweise, so fehlt es der
D an einem Verwendungswillen der Bombe bei Begehung des Diebstahls. Folgt man eher
der objektiven Sichtweise und verlangt die Eignung zur Herbeiführung erheblicher Verletzungen, so muss man aufgrund der Funktionsuntüchtigkeit der Bombe ebenfalls die
Eigenschaft als gefährliches Werkzeug verneinen.
Allenfalls eine Einordnung als Scheinwaffe kommt in Betracht (§ 244 I Nr. 1 b)). Hier
lässt sich aber zum einen das Beisichführen verneinen, da die Waffe sich zum einen im
Rucksack der D befand. Zum anderen fehlt es der D auch an einer (für § 244 I Nr. 1 b)
nötigen) Verwendungsabsicht. Daher ist der Qualifikationstatbestand auch hier zu verneinen.
cc) Zwischenergebnis
D hat lediglich den objektiven Tatbestand des Diebstahls gemäß § 242 I StGB erfüllt.
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b) Subjektiver Tatbestand (+)
2. Rechtswidrigkeit und Schuld (+)
3. Ergebnis
D hat sich lediglich eines einfachen Diebstahls gemäß § 242 I StGB schuldig gemacht.
III. Ergebnis für Tatkomplex III
D ist wegen versuchten Mordes in 200 Fällen gemäß §§ 212 I, 211 I, II Var. 5, 7, 22, 23 I,
12 I StGB in Tatmehrheit (§ 53 StGB) mit Diebstahl gemäß § 242 I StGB zu bestrafen.
Der gem. § 248a StGB erforderliche Strafantrag wurde gestellt.
Tatkomplex IV: Die Verfolgungsjagd
A. Strafbarkeit der D
I. Mord zum Nachteil des X - §§ 212 I, 221 I, II Var. 5, 9 StGB
1. Tatbestandsmäßigkeit
a) Objektiver Tatbestand
aa) Tötung eines anderen (+)
bb) Kausalität und objektive Zurechnung (+)
cc) Heimtücke
Auch wenn X die D wegen ihrer verdächtigen Verhaltensweise verfolgte, dürfte er nicht
mit einem schweren tätlichen Angriff auf Leib oder Leben gerechnet haben. Damit war X
arglos. Infolgedessen konnte er auch keine Maßnahmen zur Abwehr des Angriffs ergreifen, war mithin wehrlos. Diese Wehrlosigkeit aufgrund der Arglosigkeit müsste D
schließlich noch bewusst ausgenutzt haben. Je nach Auslegung des Sachverhalts kann
man diese Voraussetzung im gegebenen Fall verneinen oder bejahen.
b) Subjektiver Tatbestand
aa) Vorsatz
D müsste den X vorsätzlich getötet haben. D hielt eine tödliche Verletzung des X für möglich und nahm diese billigend in Kauf. Sie handelte damit mit dolus eventualis.
Hinsichtlich der heimtückischen Begehungsweise (sofern man oben von deren Vorliegen
ausgegangen ist) ist der Vorsatz fraglich. Da D davon ausgeht, dass X sie beim Legen der
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Bombe beobachtet hat, könnte es ihr an einem Vorsatz hinsichtlich seiner Arglosigkeit
und damit am Heimtückevorsatz insgesamt fehlen. Je nachdem kann man hier vertretbar
den subjektiven Tatbestand bejahen oder verneinen.
bb) Verdeckungsabsicht
D könnte mit Verdeckungsabsicht gehandelt haben. Verdeckungsabsicht beschreibt den
zielgerichteten Willen, durch die Tötung zu verhindern, dass eine andere Tat von den
Strafverfolgungsbehörden entdeckt wird.
Mit dem oben beschriebenen versuchten Mord ist solch eine Tat gegeben. Vorliegend
ging die D allerdings davon aus, dass ihre Tat bereits entdeckt wurde. Sie geht lediglich
davon aus, dass ihre Identität noch verdeckt werden kann. Fraglich ist, ob die Verdeckungsabsicht hinsichtlich der Tatbeteiligung für die Annahme des Mordmerkmals ausreicht.
Aufgrund der erheblichen Sanktionsandrohung des § 211 und der tatbestandlichen Unschärfen, werden die Mordmerkmale tendenziell eher restriktiv ausgelegt. Indem man
unter das Verdecken einer Straftat, wie es der Wortlaut des § 211 II StGB fordert, auch
die Verdeckung der Täterschaft subsumiert, wählt man jedoch eine extensive Tatbestandsinterpretation, die den einschränkenden Anwendungsbestrebungen zuwiderläuft,
was gegen eine Erstreckung der Verdeckungsabsicht auf die bloße Beteiligungsverdeckung spricht.
Bei wertender Betrachtung allerdings macht es keinen Unterschied, ob der Täter einen
Menschen tötet, um eine Straftat als Ganzes zu verdecken, oder ob er dies tut, um lediglich als Täter unerkannt zu bleiben. Das krasse Missverhältnis zwischen Taterfolg und
Tatziel und die darin zum Ausdruck kommende gesteigerte Verwerflichkeit rechtfertigen in beiden Fällen die Einordnung unter den Mordtatbestand. Daher ist eine extensivere Tatbestandsauslegung vorzugswürdig. Indem es D darauf ankam, ihre Täterschaft
zu verheimlichen, hat sie insofern das Mordmerkmal der Verdeckungsabsicht erfüllt.
Fraglich ist nun noch, ob die Annahme einer Verdeckungsabsicht trotz des nur bedingten Tötungsvorsatzes der D möglich ist. Dies bejaht die ganz h.M., indem sie klar zwischen Tötungsdolus und Verdeckungsdolus unterscheidet. Nur für letzteren fordert §
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211 II StGB Vorsatz im Sinne absichtlichen Handelns. Nur in Ausnahmefällen genügt ein
dolus eventualis hinsichtlich der Tötung nicht. Dies ist dann der Fall, wenn der Täter
annimmt, dass gerade durch die Angaben des Tatopfers eine Offenbarung seiner Tat gegenüber den Strafverfolgungsorganen droht. Hier kann allein durch die Tötung sicher
erreicht werden, dass die Tat bzw. die Täterschaft verdeckt werden kann. Daher muss es
hier dem Täter gerade auf den Tötungserfolg als Mittel zum Zweck ankommen, weshalb
in diesen Fallkonstellationen ein bloßer dolus eventualis nicht genügt. Ein solcher Ausnahmefall liegt jedoch im gegebenen Fall nicht vor, weshalb hier der Eventualvorsatz
der D hinsichtlich der Tötung des X genügt.
D handelte alles in allem daher mit Verdeckungsabsicht.
c) Zwischenergebnis: Tatbestand (+)
2. Rechtswidrigkeit und Schuld (+)
3. Ergebnis:
Da hat sich eines Mordes zum Nachteil des X schuldig gemacht (§ 212 I, 211 I, II Var. 5, 9
StGB)
II. Ergebnis für D in Tatkomplex III
D hat sich eines Mordes §§ 212 I, 211 I, II Var. 5, 9 StGB schuldig gemacht.
B. Strafbarkeit des M
I. Fahrlässige Tötung zu Lasten des X - § 222 StGB
Indem M die Pistole mit der D den X erschossen hat offen auf dem Flurschrank liegen
ließ, könnte er sich einer fahrlässigen Tötung gemäß § 222 StGB schuldig gemacht haben.
1. Tatbestandsmäßigkeit
a) Erfolg (+), Y ist tot.
b) Kausalität (+), hätte er seine Waffe nicht liegen gelassen, hätte D diese nicht entwendet und hätte nicht den Y erschießen können.
c) Objektive Sorgfaltspflichtverletzung
M müsste gegen eine Sorgfaltspflicht verstoßen haben. Eine solche ergibt sich aus § 36 I
WaffG, wonach Personen, die Waffen besitzen, diese so zu verwahren bzw. solche Vor21
kehrungen zu treffen haben, die verhindern, dass Dritte unbefugt die Waffen an sich
nehmen. Durch das Herumliegenlassen der Tatwaffe hat M mithin gegen eine Sorgfaltspflicht verstoßen.
d) Objektiver Zurechnung
Fraglich ist allerdings, obdem M der Eintritt des Taterfolgs auch zuzurechnen ist.
Hiergegen wendet sich die Lehre vom Regressverbotsgedanken, welche schon die Kausalität bei vorsätzlichem Agieren eines Zweittäters ablehnt. Insoweit würde die Tat der
D aus dem Verantwortungsbereich des M fallen, so dass dies seiner Strafbarkeit entgegenstehen könnte. Diese Lehre wird aber mittlerweile als zu pauschal abgelehnt und
überdies als mit der Äquivalenztheorie heute nicht mehr vereinbar angesehen (vgl.
Schönke/Schröder/Lenckner/Eisele, StGB, Vor § 13 Rn. 77).
Andere suchen daher die Lösung im Rahmen der objektiven Zurechnung und behandeln
das Problem dort unter der Leitlinie des Verantwortungsprinzips, wonach jeder sein
Verhalten grds. nur darauf einzurichten hat, nicht selbst fremde Güter zu gefährden,
nicht aber darauf, dass andere dies nicht tun. Da es also grundsätzlich Sache des anderen
sei und seiner Verantwortung unterliege, ob und wie er auf fremde Handlungen bzw.
deren Folgen reagiert, kann die Veranlassung fremder Dritt- (und auch Selbst-) Gefährdungen nicht schon deshalb dem Gefährdungsverbot unterfallen, weil eine solche Reaktion vorhersehbar war. Daher entfällt grundsätzlich auch eine Haftung dafür, dass die
mitteilbare Risikoschaffung einen von einem hieran anknüpfenden Dritten vorsätzlich
oder fahrlässig herbeigeführten Erfolg bewirkt.
Es gibt aber auch Sorgfaltspflichten, deren Zweck auch oder gerade darin besteht, die
Verletzung von Rechtsgütern durch eigenverantwortliche Taten Dritter zu verhindern.
Hat die Verletzung einer solchen Sorgfaltspflicht zur Folge, dass einem Rechtsgutsinhaber durch eigenverantwortlich vorsätzliches Handeln eines Dritten Schaden zugefügt
wird, ist dieser Schädigungserfolg dem sorgfaltspflichtwidrig handelnden Ersttäter objektiv zuzurechnen. Zu den Sorgfaltspflichten mit dieser Schutzrichtung gehören die
Vorschriften des Waffengesetzes über den richtigen Umgang mit Schuss- und sonstigen
gefährlichen Waffen. Beispielweise hat die Pflicht zur sicheren Aufbewahrung den
Zweck, den Zugriff Unbefugter auf die Waffe zu verhindern. Damit soll zum einen gewährleistet werden, dass Dritte nicht fahrlässig sich oder andere verletzen, zum anderen
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aber auch, dass niemandem durch eigenverantwortlich vorsätzliches Verhalten Schaden
zugefügt wird. Aus dem Schutzzweck der WaffG-Normen ergibt sich demnach, dass Taten, die aus einer sorgfaltswidrigen Verwahrung der Waffe resultieren durchaus in den
Verantwortungsbereich des Waffeninhabers (hier als des M) fallen (vgl. zum Ganzen
Schönke/Schröder/Sternberg-Lieben, StGB, § 15 Rn. 171; Mitsch, ZJS 2011, 128 (131);
Rengier, AT, § 52 Rn. 58 f.)
Fraglich ist aber, ob die Erfolgsherbeiführung durch D für den M auch objektiv vorhersehbar gewesen ist. In seiner Entscheidung zur Verurteilung des Vaters des Amokläufers
von Winnenden wegen fahrlässiger Tötung in 15 Fällen hatte der BGH angemerkt, dass
schon die unzulängliche Sicherung von Waffen und Munition unter Verstoß gegen die
spezifischen waffenrechtlichen Aufbewahrungspflichten den Vorwurf der Fahrlässigkeit
für Straftaten begründen kann, die vorhersehbare Folge einer ungesicherten Verwahrung sind. In Fällen ähnlich dem vorliegenden wird allgemein angenommen, dass die
Verletzung der Schutzpflichten erfahrungsgemäß andere Personen zu Vorsatztaten animieren kann (vgl. Rengier, AT, § 52 Rn. 59). Es scheint daher nicht außerhalb der Lebenswahrscheinlichkeit zu liegen, dass ein Dritter, die Waffe des M an sich nehmen
könnte, um damit ein Tötungsdelikt zu begehen. Daher kann man die objektive Vorhersehbarkeit durchaus bejahen.
Bezieht man aber in die Betrachtung mit ein, dass M und D seit langem gut befreundet
sind und in einer häuslichen Gemeinschaft lebten, könnte man ebenso zur Verneinung
der Vorhersehbarkeit gelangen. Zwischen den Mitbewohnern einer solchen Wohngemeinschaft besteht ein gewisses – wenn auch im Vergleich zur ehelichen oder familiären
Gemeinschaft schwach ausgeprägtes – Vertrauensverhältnis dahingehend, dass die einzelnen Mitglieder der Gemeinschaft nicht die Sachen des jeweils anderen unerlaubt an
sich nehmen um damit Straftaten zu begehen. Nur wenn man davon ausgeht, dass die
kausale Verknüpfung der Sorgfaltspflichtverletzung durch M mit den Handlungen der D
aus objektiver Sicht sich im Rahmen dessen hält, womit man vernünftigerweise rechnen
muss, kann man die objektive Vorhersehbarkeit bejahen. Man müsste folglich annehmen, dass es nicht außerhalb der Lebenswahrscheinlichkeit liegt, dass ein befreundeter
langjähriger Mitbewohner einer WG die liegengelassene Tatwaffe an sich nimmt um
damit eine Straftat zu begehen. Dies erscheint zweifelhaft. Mangels Sonderwissens des
M von den Plänen und den politischen Ansichten der D (zumindest geht ein solches Wis23
sen nicht aus dem Sachverhalt hervor), kann man daher die objektive Vorhersehbarkeit
des Erfolgs verneinen. Die wohl h.M. würde wahrscheinlich aber trotz der Sonderbeziehung zwischen D und M die Vorhersehbarkeit bejahen. Für die Falllösung wird daher
vom Vorliegen der objektiven Vorhersehbarkeit ausgegangen.
Zum Winnenden-Fall vgl. BGH, JA 2012, 634 mit krit. Anm. zur Fahrlässigkeitsbeurteilung
Bauer, JR 2013, 37 ff. sowie Berster ZIS 2012, 623 ff.; zur Fahrlässigkeitsfrage auch Mitsch,
ZJS 2011, 128 ff.
e) Zwischenergebnis
Der Tatbestand ist demnach erfüllt.
2. Rechtswidrigkeit (+)
3. Schuld, insbes. subjektive Sorgfaltspflichtverletzung
Entschuldigungsgründe auf Seiten des M sind nicht ersichtlich. M müsste allerdings auch
subjektiv sorgfaltspflichtwidrig gehandelt haben. Dies wäre der Fall, wenn der Eintritt
des tatbestandsmäßigen Erfolgs für M subjektiv vermeidbar und vorhersehbar gewesen
wäre.
Durch das ordnungsgemäße Wegsperren der Waffe wäre der Erfolgseintritt vermeidbar
gewesen.
Für die Frage der subjektiven Vorhersehbarkeit kommt es darauf an, ob man wieder
darauf abstellt, ob es für den M generell vorhersehbar gewesen sein muss, dass ein Dritter die liegengelassene Waffe an sich nehmen und damit Straftaten begehen könnte oder
ob man hier die besondere Beziehung zwischen M und D in die Betrachtung mit einbezieht und fragt, ob es für M vorhersehbar war, dass seine Freundin und Mitbewohnerin
seine Waffe für strafbare Handlungen an sich nehmen würde. Je nach Argumentation
kann man hier gut vertretbar die subj. Sorgfaltspflichtverletzung verneinen. Für die Falllösung wird von deren Bejahung ausgegangen.
4. Ergebnis
M ist gemäß § 222 StGB zu bestrafen.
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II. Ergebnis für M
M hat sich gemäß § 222 StGB strafbar gemacht.
Gesamtergebnis:
M hat sich wegen fahrlässiger Tötung gemäß § 222 StGB strafbar gemacht.
Aus Tatkomplex I ist D wegen Diebstahls gem. 242 I StGB zu bestrafen.
In Tatkomplex II hat sie sich eines versuchten Mordes in mittelbarer Täterschaft (§§ 212
I, 211 I, II Var. 5, 25 I 2. Alt., 22, 23 I, 12 I StGB) in Tateinheit mit einer gefährlichen Körperverletzung in mittelbarer Täterschaft (§§ 223 I, 224 I Nr. 2 (Alt. 1 bzw. Alt. 2), 3, 5, 25
I 2. Alt. StGB) strafbar gemacht.
In Tatkomplex III hat sie sich wegen Diebstahls (§ 242 I) in Tatmehrheit mit versuchtem
Mord in 200 Fällen (§§ 212 I, 211 I, II, Var. 5,7, 22, 23 I, 12 I StGB) strafbar gemacht.
Im Tatkomplex IV ist sie schließlich wegen Mordes (§ 212 I, 211 I, II Var. 5, 9 StGB) zu
bestrafen. Die Taten der einzelnen Tatkomplexe wurden tatmehrheitlich begangen.
Damit ist D strafbar gemäß §§ 242 I – § 53 - §§ 212 I, 211 I, II Var. 5, 25 I 2. Alt., 22, 23 I,
12 I; §§ 223 I, 224 I Nr. 2 (Alt. 1 bzw. Alt. 2), 3, 5, 25 I 2. Alt.; § 52 – § 53 - §§ 212 I, 211 I,
II, Var. 5, 7, 22, 23 I, 12 I; § 242 I, § 53 – § 53 – §§ 212 I, 211 I, II Var. 5, 9 StGB.
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