Handfunkgeraete im Bergsport BB_2011_02

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Handfunkgeraete im Bergsport BB_2011_02
Sicherheit/Ausrüstung
Handfunkgeräte
im Bergsport
Von Georg Süsskraut
Wer eine Wanderung, Berg- oder MTBTour plant, auf der kein Mobilfunknetz
zur Verfügung steht, und trotzdem mit
seinem Partner oder der Gruppe in Kontakt bleiben möchte, denkt vielleicht
über den Einsatz von Sprechfunkgeräten nach. Während bei Expeditionen,
Wanderungen und auch MTB-Touren der
Nutzen von mobilen Sprechfunkgeräten
leicht nachvollziehbar ist, stellt sich doch
die Frage, ob Sprechfunk beim Klettern
und Bergsteigen nicht albern wirkt oder
ob Situationen vorstellbar sind, wo man
froh ist, ein technisches Kommunikationsmittel dabei zu haben.
Bei alpinen Mehrseillängentouren oder
einem überfüllten Klettergarten kann es
durchaus solche Situationen geben, in
denen Funkgeräte weiterhelfen, wobei die
Kommunikation in erster Linie über verbale oder nonverbale Seilkommandos laufen muss. Bei normalen Seillängen bis 40 m
Abstand zwischen den Standplätzen sollte
die Verständigung auch ohne Funkgeräte
funktionieren. Bei größeren Abständen
können durch Seildehnung und Reibung in
den Zwischensicherungen nonverbale Seilkommandos (Rucken am Seil) schon mal
untergehen. Wenn kein Sichtkontakt besteht und Brüllen auch nicht mehr funktioniert, können Handfunkgeräte eine echte
Hilfe sein. Sie ermöglichen zumindest eine
brauchbare Verständigung, wenn eine Rufverbindung durch Wind oder Felskanten
nicht mehr möglich ist.
PMR-Handfunkgeräte
Für Bergsportler und Wanderer kommen
sog. PMR-Handfunkgeräte in Frage, die
ohne Funklizenz betrieben werden dürfen.
PMR-Funk (Private Mobile Radio), auch als
PMR 446 bezeichnet, ist eine sog. Jedermann-Funkanwendung, welcher der UHFFrequenzbereich (Ultra High Frequency)
446,000–446,100 MHz zugeteilt ist. PMRHandfunkgeräte sind in der Regel mit
8 Kanälen auf 446 MHz im UHF-Band ausgestattet. Zusätzlich zu diesen acht Kanälen können durch die Verwendung von Pilottonverfahren Benutzergruppen gebildet
werden, die sich gegenseitig seltener stören. Die Geräte sind sehr handlich und bereits ab ca. 20,00 - 30,00 € im Doppelpack
zu bekommen. Die von Discountern wie Aldi
und Lidl gelegentlich angebotenen Geräte
können durchaus verwendet werden, v. a.
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Wenn Wind und Nebel die Kommunikation erschweren, wünscht man sich ein Funkgerät. (Abstieg
vom Campanile San Marco, Marmarole), Foto: CN
wird es nicht so teuer, wenn mal eins runter
fällt. PMR-Handfunkgeräte aller Preis- und
Leistungsklassen findet man im Internet bei
Funk-Spezialanbietern oder auch bei Amazon und den verschiedenen Outdoorhändlern. Gewichtsmäßig stellen PMR-Funkgeräte, z. B. im Vergleich zu Digitalkameras,
mit ca. 200 g (inkl. Akkus) kein großes Problem dar. Bei PMR für den Outdooreinsatz
sollte man darauf achten, dass sie auch mit
herkömmlichen Batterien betrieben werden können.
LPD-Funkgeräte
Die entwicklungstechnisch älteren LPDFunkgeräte (Low Power Devices) im Bereich
433/434 MHz gibt es noch, sie werden jedoch wegen ihrer geringen Sendeleistung
und der leichten Störbarkeit durch andere
Dienste und Geräte durch die leistungsstärkeren PMR-Funkgeräte mit bis zu 500 mW
(statt 10mW bei LPD) verdrängt. PMR und
LPD senden in verschiedenen Frequenzbändern, die Geräte sind somit untereinander
nicht kompatibel. Echte Handfunkgeräte im
70 cm-, 2 m- oder 4 m-Band sind teuer
und zulassungspflichtig und dürfen u. U. in
bestimmten Ländern nicht eingesetzt werden. Der Betrieb von PMR ist in den meisten
europäischen Ländern gestattet.
Betrieb im Ausland
Wer seine Geräte im Ausland nutzen
möchte, sollte sich vorher informieren,
ob man die Geräte/Frequenzen dort auch
für Jedermann-Funkanwendungen (PMR)
benutzen darf. Frequenzbereiche für Jedermann-Funkanwendungen sind oft nur
national oder europaweit einheitlich vergeben. Umgekehrt gilt das gleiche für im
Ausland (im Urlaub, im Internet) gekaufte
PMR-Geräte, die in Deutschland zum Teil
nicht zugelassen sind und nicht betrieben
werden dürfen, da sie andere Frequenzen
benutzen. Infos über die in Deutschland erlaubten Frequenzbereiche erhält man bei
der Bundesnetzagentur (BNetzA).
Reichweite
Bedingt durch die gesetzlich erlaubte
Sendeleistung von maximal 500 mW kann
unter günstigen Bedingungen (wie z. B.
Sichtverbindung) eine Reichweite von etwa
5 km erzielt werden. Hersteller werben häufig mit Reichweiten bis zu 10 km, die jedoch nur unter optimalen Bedingungen,
z. B. zwischen zwei Berggipfeln, zu erreichen sind. In stark verbauten Gebieten
kommt man oft nicht einmal einen Kilometer weit. In Wäldern liegt die Reichweite
meist zwischen 2 und 3 km. Die meisten
Handgeräte (v. a. aus dem unteren Preissegment) schaffen in bebauten Gebieten nur
knapp 200 m. Am Berg gilt es zu berücksichtigen, dass die Tonübertragung schon
bei mäßigem Wind verrauscht ist und man
auf den Jedermann-Frequenzen z. B. in Gipfelnähe nicht mehr allein ist.
Neue Entwicklungen
Seit dem Jahre 2006 stehen zusätzliche
Frequenzen oberhalb derer von PMR-446
zur Verfügung, auf denen digitale Sprachübertragung (DPMR-446) unter identischen
Nutzungsbedingungen wie für PMR-446
vorgeschrieben ist. Die Geräte sind allerdings deutlich teurer und eher für gewerbliche Einsätze konzipiert.
Eine neue sehr interessante Entwicklung
sind sog. HF-Gateways, mittels derer via
Berliner Bergsteiger 02/2011
Sicherheit/Ausrüstung
DeTeWe Outdoor 8000, Quelle: www.pressebox.
de/attachment/125519/DeTeWe+Out
Midland G7, Quelle: www.wetterladen24.de
Motorola TLKR 7, Quelle: www.digitalo.de/products/127328/100-xl
Internet weite Entfernungen überbrückt
werden können. Voraussetzung hierfür ist
lediglich eine Relaisstation (HF-Gateway),
welche in Reichweite des Funkgerätes liegt
und mit dem Internet verbunden ist. Dann
können weltweite Sprachverbindungen zu
weiteren Relaisstationen getätigt werden
und von dort aus natürlich auch wieder zu
anderen Funkgeräten.
– Bevor man mit dem Klettern anfängt,
sollte auch dieser Teil der Ausrüstung überprüft werden. (Gleicher Kanal eingestellt?
Batterien voll? Sprechprobe.)
torola-Geräte TLKR T6, T7, T8. Die Preise für
diese Geräte bewegen sich zwischen 50,00
und 100,00 € / Paar. Mit dem Preis steigen
in der Regel die Sendeleistung und damit
die Reichweite sowie das Gewicht, wobei
sich dies bei den genannten Handgeräten
in Grenzen hält. Spezialanbieter wie Neuner
Funk oder Conrad haben eine Vielzahl von
Geräten in allen Preisklassen im Angebot.
Neuner bietet im Internet ausführliche technische Beschreibungen der Geräte, so dass
man sich einen guten Überblick verschaffen
kann. Empfehlenswert ist in jedem Fall, sofern vorhanden, ein Besuch beim Händler, da
man bestimmte Geräteeigenschaften besser
beurteilen kann, wenn man die Geräte anfasst und ausprobiert. Hilfreich sind natürlich auch persönliche Empfehlungen oder
das Stöbern in Bergsportforen, wo man ein
breites Spektrum an Meinungen und Empfehlungen zum Thema PMR im Bergsport
vorfindet.
Umgang mit den Geräten
Beim Umgang mit den Geräten sind einige einfache Verhaltensregeln hilfreich:
– Erst den Sprechknopf drücken, dann
lossprechen. Das erste Wort wird sonst
möglicherweise verschluckt. Auch kann
man nur abwechselnd reden, nicht wie im
Telefon gleichzeitig.
– Immer zuerst den Namen des Kletterpartners sagen, falls man auf der Frequenz
nicht alleine ist.
Berliner Bergsteiger 02/2011
Hersteller
Die Hersteller von PMR-Handfunkgeräten
heißen z. B. Albrecht, Alan (Midland), DeTeWe, Motorola, Stabo, Topcom usw. Während man beim Wandern nicht unbedingt
die robustesten Geräte mit sich führen muss,
sollte man für den Einsatz im Bergsport
schon auf stabile Gehäuse, Spritzwasser (IP
54) oder Tropfwasserschutz (IPX2) und sehr
gute Sprachwiedergabe achten. Beispielsweise bietet DeTeWe das Outdoor 8000 an,
welches laut Herstellerangaben als tropfwassergeschütztes PMR-Handfunkgerät
für den Betrieb unter extremen Bedingungen ausgelegt ist. Beliebt sind z. B. auch die
Midland-Modelle G6, G7, G8 und die Mo-
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