Beninreise die achte_Teil 1 - EFB

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Beninreise die achte_Teil 1 - EFB
Beninreise die achte _ für Renate
INHALTSVERZEICHNIS
1. Vorwort
2. Anlaufschwierigkeiten
3. Anreise nach Frankfurt und Zwischenstopp In Paris
4. Weiterfahrt nach Bobo Diolassou
5. Rückreise nach Ouaga und Besuch des Skulpturenparks und des Operndorfes
6. Weiterfahrt nach Pama
7. Einreise nach Benin
8. Fahrt zum Schulprojekt von DONGA 85, Besuch des ehemaligen Weltbankgeländes
und Besichtigung des künftigen Fußballplatzes
9. Besuch bei Heinrich Roth in Natitingou und bei weiteren Projekten in Copargo
10. Teilnahme am Opferfest
11. Unser letzter Tag in Copargo
12. Ankunft und Aufenthalt in Cotonou
13. Die Zeit in der Casa del Papa und Rückflug nach Deutschland
14. Dramatische Wochen
Vorwort
Seit dem ersten Reisetagebuch über Benin sind sechs Jahre vergangen. Eine Zeit, in
der sich die Arbeit des Vereins Entwicklungsförderung Benin e. V. (EFB) stark
ausgeweitet und umstrukturiert hat. Sie widmet sich jetzt gezielt dem Aufbau einer
tragfähigen Infrastruktur in den Bereichen Bildung, Ernährung und Gesundheit in der
Gemeinde Copargo im Norden des Landes.
Einige Schulgebäude wurden errichtet, aber auch pädagogische Projekte an den
Schulen durchgeführt. Mit Hilfe von Mikrokrediten konnten zahlreiche Frauenprojekte
die Ernährungssituation und das Alltagsleben erleichtern. Der Bau und die
Innenausstattung von Krankenstationen helfen dabei, die gesundheitliche
Versorgung zu verbessern. Ausbildung von Jugendlichen, Gewährung von
Existenzgründungsdarlehen, Bau von Kindergärten und Schreib-, Lese- und
Rechenkurse für Erwachsene runden das Programm ab.
Das nächste Projekt soll der Aufbau von Schulpatenschaften für Mädchen sein, damit
sie eine weiterführende Schule besuchen können.
Jedes Jahr besuchen mehrere Gruppen für den EFB auf eigene Kosten die einzelnen
Projekte und überprüfen die zweckgemäße Verwendung der finanziellen
Zuwendungen. Seit neuestem gibt es in der Gemeindeverwaltung ein EFBVerbindungsbüro, das Ansprechpartner für die Bevölkerung und für die
Gemeindeverwaltung gleichermaßen ist und regelmäßigen Kontakt zum EFB hält.
Mit der Gemeinde Copargo wurde ebenso ein Kooperationsvertrag abgeschlossen wie
mit dem französischen Verein DONGA 85, der aus Agraringenieuren und – technikern
besteht, um auch landwirtschaftliche und technische Projekte fachlich fundiert
gemeinsam angehen zu können.
Vieles hat sich in den vergangenen Jahren geändert, aber eines ist gleich geblieben,
nämlich das Bemühen des Vereins um Verbesserungen im Rahmen einer echten
Partnerschaft auf Augenhöhe in allen Projekten. Wie die Arbeit dort abläuft, davon
erzählt der vorliegende Bericht.
Das Wertvolle daran ist meiner Meinung nach, dass hier nicht mit dem Weichzeichner
gearbeitet wird. Die Probleme in der Entwicklungszusammenarbeit werden offen
benannt. Von Misswirtschaft und Korruption ist die Rede, von Hunger, mangelnder
Hygiene und den daraus resultierenden Krankheiten, von Rohstoffen, die zu
Billigpreisen verschleudert werden.
Dadurch wird ein widersprüchliches Land auf einem von Widersprüchen geprägten
Kontinent beschrieben, dessen Menschen einfach liebenswert, freundlich und fröhlich
sind, trotz Armut, Krankheiten und geringen Chancen auf Verbesserung ihrer
Lebensqualität.
Und es gibt kurze Einblicke und Schlaglichter auf eine völlig andere, uralte Kultur, die
unsere eigene in vielen Bereichen mitgeprägt und geformt hat.
Es wird häufig danach gefragt, ob wir reichen, satten Europäer mit unserer
kolonialen Vergangenheit es uns anmaßen dürfen, einen so verschiedenen Kontinent
zu beschreiben und zu beurteilen. Wenn es mit Respekt, Fairness und liebevollem
Verständnis passiert, finde ich solche Beschreibungen sogar hilfreich.
In diesem Sinn ist der vorliegende Bericht für mich ein Dokument der gelebten
Solidarität, der viele Leserinnen und Leser verdient.
Reinhard Klimmt
Bundesverkehrsminister a.D.
Ministerpräsident a.D.
1. Anlaufschwierigkeiten
Vom 18.10. – 01.11 fand meine achte
Reise nach Benin statt. Unsere Gruppe
bestand aus drei Teilnehmerinnen,
Christiane, Renate und mir. Die beiden
anderen arbeiten am Schulzentrum der
Universitätskliniken des Saarlandes in
Homburg, ich bin seit 2 Jahren
Rentnerin.
Wir
alle
sind
Vorstandsmitglieder
des
Vereins
Entwicklungsförderung Benin e.V. und
arbeiten
dort
ehrenamtlich
in
verschiedenen Funktionen, Christiane ist
Beisitzerin, Renate Pressesprecherin und
ich Präsidentin.
Die Reisegruppe:Christiane, Heidrun, Renate
Fast hätten wir zu Hause bleiben müssen. Zum einen lag das daran, dass wir nur
schwer für die von uns gewünschte Reiseroute einen Reiseveranstalter finden
konnten, der uns ein annehmbares Angebot unterbreitete. In unseren Augen
verlangten die von uns angefragten Anbieter Wucherpreise, die wir nicht zu zahlen
bereit waren, zumal jeder, der für unseren Verein Entwicklungsförderung Benin e.V.
(EFB) unterwegs ist, für alle Reisekosten aus eigener Tasche aufkommt.
Da wir auch keinen hauptamtlichen Verwaltungsapparat haben, sondern wirklich alle
anfallenden Arbeiten ehrenamtlich erledigen, können wir immer zu Recht darauf
hinweisen, dass alle Zuwendungen an unseren Verein direkt in unsere Projekte
fließen. Daher achten wir im Zusammenhang mit den Reisekosten immer streng
darauf, dass sie sich in vertretbarem Rahmen halten. Um das zu erreichen
vergleichen wir bei unseren Planungen stets mehrere Angebote unterschiedlicher
Anbieter, was oft mühsam, zeitraubend und manchmal auch sehr frustrierend sein
kann. Der zweite Grund, warum wir beinahe nicht hätten fahren können, hing mit
der Botschaft von Burkina Faso in Berlin zusammen.
Christiane und Renate fuhren zum 4. Mal nach Benin, ich bereits zum 8. Mal. In einer
unserer Vorbesprechungen für die Reise hatten wir uns darauf geeinigt, dieses Mal
außer Benin noch mindestens ein anderes afrikanisches Land zu besuchen. Sonst
reisten wir immer über Cotonou nach Benin ein und fuhren von dort aus in einem
gemieteten Auto mit Chauffeur, oder wenn wir eine größere Gruppe waren in einem
Bus, in den Norden des Landes. In unserer Partnergemeinde Copargo besuchten wir
unsere Projekte der Entwicklungszusammenarbeit und stellten Weichen für
eventuelle neue Projekte.
Am Schluss jeder Reise stand die Besichtigung von Sehenswürdigkeiten oder ein paar
Tage Erholung in einem schönen Hotel auf dem Programm.
Für die Fahrt mit Chauffeur gab es in unseren Augen keine Alternative, denn im Bus
hätten wir mit unseren vielen Gepäckstücken Probleme bekommen und auch eine
Fahrt in einem Mietwagen wäre für uns mit Sicherheit nicht glatt über die Bühne
gegangen.
Das hat mehrere Gründe, zum einen, weil sich die Straße von Cotonou nach Copargo
in einem für europäische Verhältnisse untragbaren Zustand befindet und außerdem
die meisten Autos, auch die Mietautos, in einem nicht verkehrstüchtigen Zustand
unterwegs sind. Mit den meisten dieser Vehikel würde unser TÜV kurzen Prozess
machen und ihnen die notwendige Plakette verweigern. In Benin und den
Nachbarstaaten haben wir den Eindruck gewonnen, dass es in erster Linie darauf
ankommt, überhaupt einen fahrbaren Untersatz zu haben, egal wie abgenutzt und
wie wenig verkehrstüchtig dieser sein mag. Die damit verbundenen Gefahren werden
mehr oder weniger negiert. Hier geht Mobilität eindeutig vor Sicherheit.
Hinzu kam noch, dass wir in dem herrschenden Verkehrschaos, wo beispielsweise
jederzeit aus jeder Richtung Mopeds heran schießen und sich zwischen die Autos zu
drängen versuchen, mit Sicherheit nervös und überfordert gewesen wären.
Die einzige asphaltierte Straße von Cotonou nach Copargo war wegen mangelhafter
Wartung und einem ständigen Aufschieben auch der dringendsten Reparaturen mit
den Jahren in einzelnen Abschnitten immer schlechter geworden. Vielleicht hatte sich
das Verkehrsaufkommen gesteigert, vielleicht lag es daran, dass man wegen der
vielen und tiefen Schlaglöcher nicht vorwärts kam, jedenfalls hatten wir während
unseres letzten Aufenthaltes in Benin für die ca. 600 km von Cotonou nach Copargo
länger als 12 Stunden gebraucht. Deshalb wollten wir dieses Mal über Burkina Faso
einreisen und von Cotonou aus zurückfliegen.
Wir waren gespannt darauf, ob die Berichte von einigen Freunden aus Copargo
zutrafen, die uns darüber informiert hatten, dass der Streckenabschnitt von
Ouagadougou nach Corpago wesentlich besser sei als derjenige von Cotonou nach
Copargo.
Was die Sehenswürdigkeiten in Burkina Faso betraf, so hatten wir in der
Medienberichterstattung von einem Operndorf in Burkina Faso gehört, das sich in
Laongo in der Nähe der Hauptstadt Ouagadougou befindet.
Der verstorbene deutsche Regisseur Christoph Schlingensief hatte es gegründet,
konnte aber wegen seines frühen Todes aufgrund einer Krebserkrankung die
Realisierung seines Planes nicht mehr erleben. Das Projekt, das von seiner Witwe
weiterverfolgt wird, besteht im Augenblick aus einer Grundschule.
Eine Krankenstation wird gerade gebaut und für die Opernbühne haben die Arbeiten
ebenfalls begonnen. Wir waren gespannt darauf, vor Ort zu erfahren, wie man sich
die weitere Realisierung vorstellte und vor allem, wie man so viele Opernbesucher/
innen in diese relativ abgelegene Gegend locken wollte, um genügend finanzielle
Mittel für die Realisierung der weiteren Schritte dieses Vorhabens erwirtschaften zu
können.
Auch die Stadt Bobo Diolassou im Süden des Landes mit ihrer einzigartigen Moschee
und dem aus dem Mittelalter stammenden und heute noch bewohnten Stadtviertel
wollten wir besichtigen. Wir waren gespannt auf die alten Handwerksbetriebe und
wollten sehen, wie die Menschen des Viertels in diesen alten Behausungen lebten.
Anschließend wollten wir mit dem Auto nach Copargo fahren und einmal
ausprobieren, ob es stimmt, dass die Einreise über Burkina Faso viel angenehmer ist,
weil sich die Straße in einem wesentlich besseren Zustand befindet als über die mit
Schlaglöchern übersäte, inzwischen fast zur Piste verkommene Route von Cotonou
nach Copargo.
Mit etwas Mühe und per Zufall fanden wir über einen Kölner Reiseveranstalter, der
sich auf Afrika-Reisen spezialisiert hat, eine Agentur, die von einer Deutschen
betrieben wird, die in Mali lebt und die aufgrund der dortigen Unruhen gerade mit
ihrem Unternehmen in anderen westafrikanischen Ländern Fuß fassen möchte.
Über Mail nahmen wir Kontakt auf und waren froh, dass wir unsere Pläne nicht billig,
aber für einen in unseren Augen annehmbaren Preis realisieren konnten. Das Risiko,
uns einem Unternehmen anzuvertrauen, das wir nicht kannten und mit dem auch
noch niemand aus unserem Verein etwas zu tun gehabt hatte, war uns bewusst,
aber wir waren bereit, es einzugehen.
Von den beninischen Reiseagenturen, die regelmäßig von einem Jahr auf das andere
ihre Preise für die gleiche Leistung z.T. verdreifachten und wo dann zeitaufwendig
verhandelt werden musste, hatten wir die Nase voll. Wir buchten über unser
normales Reisebüro unsere Flüge und nahmen für unsere Visa nach Burkina Faso
und nach Benin den dortigen Visadienst in Anspruch.
Für Donnerstag, den 18.10. war die Abreise nach Frankfurt geplant, wo wir wegen
der frühen Abflugzeit am nächsten Morgen in einem Hotel in der Nähe des
Flughafens übernachten wollten. Als freitags davor die Pässe mit den Visa für Burkina
Faso und Benin eintrafen, habe ich sie, in der Annahme, dass nun alle Formalitäten
erledigt sind, zusammen mit den Flugtickets und den Impfnachweisen einfach bei
Seite gelegt. Das sollte sich als schwerer Fehler herausstellen.
Denn montags rief Christiane früh morgens an und fragte, ob mir an den Visa nichts
aufgefallen sei. Als ich das verneinte, bemerkte sie trocken, es sei schon gut, wenn
wenigstens eine von uns dreien aufpassen würde.
Unser Einreisevisum für Burkina Faso sei auf den 27.10. datiert, unser Flug gehe
aber bekannter Maßen bereits am 19. Nun brach natürlich die große Hektik aus,
denn niemand aus unserer Gruppe konnte sich vorstellen, dass unsere Einreise in
Burkina Faso ohne gültiges Visum problemlos verlaufen würde.
Nachdem sich herausgestellt hatte, dass die Botschaft von Burkina Faso in Berlin für
diesen Fehler verantwortlich war, wurden von dort aus alle Hebel in Bewegung
gesetzt, um uns in der noch verbleibenden Zeit zu unserem Visum zu verhelfen.
Das lief so ab, dass am Dienstag unsere Pässe von UPS am Arbeitsplatz von
Christiane und Renate, der Uni-Klinik in Homburg, abgeholt und zu einer
Sammelstelle nach Landstuhl befördert wurden. Von dort aus brachte man sie per
Nachtexpress nach Berlin, wo sie bereits am nächsten Morgen in der Botschaft von
Burkina Faso angekommen waren.
Über einen Link im Internet konnten wir den Weg unserer Pässe nach Berlin und
dann wieder zurückverfolgen.
Noch am gleichen Tag waren die Pässe in Berlin angekommen, am nächsten Morgen
wurden sie in die Botschaft von Burkina Faso transportiert. Die Annullierung der alten
und die Ausstellung der neuen Visa waren innerhalb einiger Stunden erledigt. So
konnten unsere Pässe schon am frühen Nachmittag die Heimreise nach Homburg
antreten. Am Donnerstag früh wurden sie bei mir angeliefert.
Sofort rief ich die beiden an und nun konnten wir endlich in der Gewissheit, dass
unsere Reise stattfinden würde, mit dem Packen beginnen. Am frühen Nachmittag
wollten wir in Richtung Frankfurter Flughafen aufbrechen.
Unsere Erleichterung war groß und Christiane bekam die Finanzierung aller Biere, die
sie auf unserer Reise trinken würde, zugesichert. Lachend sagte sie, das hätten wir
nicht umsonst versprochen und sie würde uns bei Bedarf daran erinnern.
Wie bei jeder Benin-Reise stellte sich auch dieses Mal die Frage, was für die
einzelnen Projekte an Geschenken mitgenommen werden könnte und was wir aus
Gewichtsgründen, wir durften pro Person zwei Koffer mit je 23 kg Gewicht
mitnehmen, leider würden zu Hause lassen müssen. Von einigen unserer Mitglieder
und auch von Firmen hatten wir großzügige Sachspenden bekommen.
In unseren Vorbesprechungen hatten wir uns dafür entschieden, den Kindergarten
Copargo, der mit Geldern unseres Vereins gebaut worden war, mit Kuscheltieren,
Malstiften, kleinen Stempeln und Malbüchern für jedes Kind zu beschenken.
Für die Frauenprojekte hatten wir verschiedene Kosmetikartikel dabei, 30 EFBKalender 2013 sollten Platz in den Koffern finden, verschiedene Schnitte und
Nähutensilien für das Nähprojekt waren zwar nicht besonders schwer, aber sperrig
und einige Fachbücher, deren Mitnahme ich unserem Mitarbeiter Constant
versprochen hatte, erlaubten den üblichen Transport von Gummibärchen und
anderen Süßigkeiten für die vielen Kinder, die uns wie immer auf allen unseren
Wegen begleiten würden, leider nicht mehr.
Dieses Mal flogen wir mit Air France, weil wegen der politischen Unruhen und des
Sturzes des ehemaligen Machthabers Ghadaffi die lybische Afriqiya Airline ihren
Betrieb auf unbestimmbare Zeit eingestellt hatte und wir auf jeden Fall keine
vermeidbaren Risiken eingehen wollten. Wir durften pro Nase 2 Koffer mit je 23 kg
Gewicht mitnehmen. Diese Möglichkeiten nutzten wir auch wieder voll aus.
Im nächsten Teil erfahren Sie mehr über unsere Ankunft in Ouagadougou.