Euler Hermes Studie Internationaler Automobilmarkt 2015

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Euler Hermes Studie Internationaler Automobilmarkt 2015
Euler Hermes Deutschland
Euler Hermes
Spezial
Der internationale
Automobilmarkt 2015
- Leben in Mobilität
Euler Hermes Economic Research
7. September 2015
Deutschsprachige Version
Die Dinge verändern sich in der heutigen Welt der ständigen Störungen und Erreichbarkeit erstaunlich schnell - fast zu schnell. Der vernetzte Kunde ist König. Das ständige
Teilen der Informationen; eine Wirtschaft, deren Güter alle auf Abruf bereitstehen
müssen und die digitale Transformation bilden nur die Spitze des Eisbergs. Und dies
sind nur einige der Entwicklungen, welche die traditionellen Industrien herausfordern.
ein Auto zu erwerben, ein natürlicher Prozess, wenn die Leute Kinder
haben oder zu weit weg von ihrem Arbeitsplatz leben. Die gemeinsame
Nutzung ist allerdings auch kein neues Konzept im Automobilmarkt:
Vermietung, Fahrgemeinschaften, Taxis (und Autos mit Chauffeur)
haben bereits versucht, den unerbittlichen Vormarsch der Branche zu
vereiteln, doch irgendwie werden die Wachstumsmotoren immer wieder angetrieben. "Ich werde ein Auto für jedermann bauen [...], in einfachstem Design, das eine moderne Technik entwickeln kann. Und es
wird im Preis so niedrig sein, dass es keinem Mann mit einem ordentlichen Gehalt unmöglich ist, eines zu besitzen - und der dann damit gesegnet sein wird, mit seiner Familie [mit diesem Auto] Stunden der
Freude in Gottes großer weiter Welt zu genießen." So zumindest schrieb
bereits Henry Ford im Jahre 1922 in seinem Buch "My Life and Work".
In einer Zeit, da die "NATU" (Netflix, Airbnb, Tesla und Uber) die "GAFA"
(Google, Amazon, Facebook und Apple) überholen und die Aufsichtsbehörden, Steuerexperten und politischen Entscheidungsträger nicht
wissen, welchen Weg sie einschlagen sollen; in denen also aufstrebende
Länder zu "Eldorados" werden, indem sie von den Vorteilen ihrer bisherigen Rückständigkeit profitieren (im Sinne der Ablehnung des Beschreitens des langwierigen, klassischen Entwicklungspfades via industrieller
Revolution, um stattdessen lieber direkt gleich auf die neueste technologische Entwicklungsebene zu springen), zeigt sich zwar, dass der konventionelle Automobilsektor sicherlich auf dem Weg der Erholung ist, es
aber dennoch für ihn zu einer rauen Fahrt werden könnte. In diesem
Bericht zeigen wir nichtsdestotrotz auf, dass die neuen Trends, besonders umweltfreundliche oder vernetzte Autos bzw. diese gemeinsam im
Sinne eines "Carsharing" zu nutzen, (bis jetzt) weltweit gesehen jedoch
immer noch Randphänomene sind.
Übersicht über den Automobilmarkt
Das Tempo in der Automobilbranche wird unverändert von den üblichen
Faktoren bestimmt: Wachstum und Kaufkraft der Haushalte, Industriepolitik, Investitionen und (schrittweise, vorsichtige) Innovationen. Beispielsweise dient China, der derzeit weltgrößte Automobilmarkt vor den
USA, als Verstärker von Verlusten und Gewinnen. Märkte mit beträchtlichem Wachstumspotenzial wie Brasilien und Russland brechen zusammen - und es ist schwer vorauszusehen, welches das nächste gelobte
Land für amerikanische SUVs, japanische Kleinwagen und französische
oder deutsche Limousinen sein wird. Die Industrie setzt große Hoffnungen auf den Iran, aber die Öffnung des iranischen Marktes wird ein
langwieriger und komplizierter Prozess sein. Auch die Situation in Venezuela, Nigeria und Thailand erinnert schmerzhaft daran, dass der Automobilmarkt hochpolitisch ist.
Die volatilen Veränderungen in den Schwellenländern im Jahr 2015
hinterlassen auch auf dem Automobilmarkt ihre Spuren. Im Gegensatz
dazu zeigen die USA und Europa ein stabiles Wachstum und scheinen
das Schlimmste hinter sich gelassen zu haben. China ist die größte
Grauzone auf dem weltweiten Automobilmarkt inmitten der Besorgnis
über sich ständig verlangsamende Autoverkäufe. In rezessionsgeschüttelten Ländern wie Brasilien und Russland brachen die Neuanmeldungen
dramatisch ein. Letztlich zeigt der europäische Automobilmarkt nach
einer Reihe schwieriger Jahre erste Anzeichen für eine Erholung. Und
auch der US-Markt sollte sich wieder stabilisieren, nachdem er wieder
Spitzenwerte erreicht.
Erwartungen von Euler Hermes für die einzelnen Märkte:
China: Nach einer Hausse-Periode mit einer Wachstumsrate von 16% im
Jahr 2013 und 10% in 2014 dürfte das Wachstum in den Jahren 2015 und
2016 deutlich auf 3% abfallen und rund 21 Mio. Einheiten betragen, was
zu einem Risiko von Überkapazitäten und einem Druck auf die Verkaufspreise führen könnte.
Als Inbegriff des Mittelklasse-Komforts wird das Auto als Mobilitätsmittel
zur Befriedigung eines Grundbedürfnisses gesehen (obwohl der USamerikanische Psychologe Abraham Maslow dies Mitte des 20. Jahrhunderts noch nicht in seine Hierarchie der Grundbedürfnisse eingeschlossen hatte!). Unabhängig vom Zustand der Straßen ist die Entscheidung,
1
Neue Märkte: Eine Reihe von wirtschaftlichen und politischen Krisen
dämpfen in den Schwellenländern die Hoffnung auf ein automobiles
Eldorado. Wir erwarten, dass die Neuanmeldungen in Brasilien im Jahr
2015 um 14% auf 2,3 Mio. Einheiten fallen werden, was deutlich unter
der 3 Mio.-Marke aus dem Jahr 2013 liegt. In Russland wird es sogar eine
Abnahme um 36% auf 1,6 Mio. Fahrzeuge geben und die Anzahl damit
auf fast die Hälfte dessen fallen, was noch zwei Jahre zuvor abgesetzt
wurde. Dagegen wird der Umsatz Indiens 2015 um 6% wachsen, doch
das bedeutet lediglich eine Rückkehr zum Niveau von 2011. Die Automobilhersteller werden in neue Märkte wie Saudi-Arabien und die Türkei
drängen, aber Erfahrungen aus der Vergangenheit mit Ländern wie
Thailand, Argentinien und Venezuela erinnern schmerzhaft daran, dass
wirtschaftliche und politische Risiken ihnen zu jeder Zeit einen Strich
durch die Rechnung machen können.
Änderungen bei Auto-Zulassungen ausgewählter Märkte
(12 Monate rollierend, in Prozent)
25,0%
Europa (30)
Japan
Russland
20,0%
USA
China
Brasilien
Indien
15,0%
10,0%
+6
5,0%
0,0%
-5,0%
-8
-10,0%
- 13
-15,0%
-20,0%
Grün, autonom, geteilt: Das Auto von morgen
muss erst noch vollständig Gestalt annehmen
- 24
-25,0%
Jun 14
Sep 14
Dez 14
Mrz 15
Jun 15
Quellen: OICA, Euler Hermes
USA: Der Markt hat sieben Jahre in Folge Wachstum erlebt und klettert
wieder auf das Vorkrisenniveau zurück. Wir erwarten für 2015 einen
weiteren Anstieg um 4% auf 17,5 Mio. Fahrzeuge vor einem Abflachen
um 1% im Jahr 2016 auf immer noch sehr hohe 17,35 Mio.
Japan: Der japanische Markt wurde in den vergangenen Jahren durch
eine Reihe von Beben erschüttert: die Finanzkrise von 2008-2009, der
Tsunami im Jahr 2011 und die Folgewirkungen der Mehrwertsteuererhöhungen vom April 2014. Wir erwarten eine Abnahme um 8% im Jahr
2015, bevor 2016 eine Erholung um 4% auf 5,3 Mio. Einheiten eintritt.
Immer strengere Umweltvorschriften sind Ansporn für die Entwicklung
von "Null-Emission"-Fahrzeugen. Zunehmend anspruchsvollere Antriebstechnologien ebnen den Weg für vollautonome Autos. Die Branche
muss auch Antworten auf die Fragen nach neuen Möglichkeiten der
Verwendung von Autos finden, wie zum Beispiel das "Carsharing". Evolution oder Revolution? Wir präsentieren Ihnen drei ExpertenStandpunkte, um die Vor- und Nachteile dieser drei großen Verschiebungen in der Automobilindustrie besser verstehen zu können.
Europa: Die Erholung des Automobilmarktes ist in vollem Gange mit
einer Wachstumsprognose von 5% für das Jahr 2015 und 4% für das Jahr
2016, womit die Zahl der Neuzulassungen über die 14 Mio.-Marke steigt.
Allerdings ist dieser Ausstoß um ein gutes Stück niedriger als im mittelfristigen Niveau (aus Sicht der Jahre nach der Jahrtausendwende und vor
der Krise 2008-2009) mit durchschnittlich 15,5 bis 16 Mio. Einheiten.
Unter solchen Bedingungen ist der Wettbewerb intensiver und die
Margen sind immer noch niedrig.

Deutschland: Wir erwarten für 2015 ein Wachstum von 3% und für
2016 von 1,5% auf 3,2 Mio. Einheiten, was wieder in die Nähe des
mittelfristigen Niveaus von 3,3 Mio. Einheiten rückt.

Frankreich: Der Markt zeigt Anzeichen einer Erholung und der
Absatz sollte um 4% im Jahr 2015 und 2% in 2016 auf 1,9 Mio. Fahrzeuge zunehmen, was aber immer noch um fast 10% unter dem
langfristigen Durchschnitt liegt.

Italien: Der rasche Aufschwung ist die Folge einer profanen Aufholjagd. Nach der Talfahrt von 2,5 Mio. Einheiten im Jahr 2006 auf 1,3
bzw.1,4 Mio. in den Jahren 2013 und 2014 sollte der Markt im Jahr
2015 um bis zu 13% steigen und damit die 1,5 Mio.-Marke übertreffen. Für 2016 rechnen wir mit einer Zunahme um 7%.


Grünes Auto: Hier ist ein weiterer Kick-Start erforderlich. Verkäufe von
"grünen", d.h. umweltfreundlichen Elektroautos stecken bei einem
Weltmarktanteil von weniger als 1% im Jahr 2014 sozusagen unverändert im ersten Gang fest. Die Kosten sind immer noch sehr hoch und die
Batterielaufzeiten gering. Dazu gibt es noch zu wenige Ladestationen.
Wie die Dinge derzeit stehen, scheint das Elektroauto nur eine Zwischenlösung bei dem Ziel "Null-Emission" zu sein, bis Autos mit Wasserstoff-Brennstoffzellen in Massenproduktion hergestellt werden können.
Unser Fazit: Das Elektroauto ist eine echte Mittelfristlösung, doch für eine
volumenabhängige Automobilindustrie zu teuer.
Spanien: Der Markt wird zu einem großen Teil immer noch durch
Abwrackprämien (2.000 Euro) gefördert, die, was aus dem Jahr 2014
zu schließen ist, das Umsatzwachstum im Jahr 2015 auf 18% steigen
lassen wird. Jedoch wird dieses Programm Ende 2016 auslaufen und
das Wachstum wird im Jahr 2016 wahrscheinlich auf nur noch 3%
fallen - das wären kaum mehr als eine Mio. Einheiten und damit
deutlich weniger als die 1,6 Mio. Ende 2007.
Länderziele für den durchschnittlichen CO2-Ausstoß pro
Automobil im Jahr 2020 (in g/km)
130
121
120
117
105
110
UK: Großbritannien ist der einzige europäische Markt, der 2015 sein
Allzeit-Hoch aus dem Jahr 2014, als es einen Anstieg um 9% auf 2,6
Mio. Einheiten gegeben hatte, noch um 5% verbessern konnte. Damit liegt man um 200.000 Einheiten über dem Durchschnittsniveau.
Wir erwarten den Beginn einer Abschwächung im Jahr 2016 mit einem Rückgang um 4% auf 2,5 Mio. Einheiten, die immer noch über
dem mittelfristigen Durchschnitt liegen.
95
100
90
80
USA
China
Quellen: Kölner Institut, VDA, Euler Hermes
2
Japan
Europa
Autonomes oder "Google"-Auto: Kurzum, es ist noch keine Lösung für
heute! Vollautonome Autos gibt es zwar schon als Konzeptstudien der
Autohersteller oder entwickelt von Technologiespezialisten wie Google;
die tatsächliche, d.h. praktische Verfügbarkeit eines 100%ig autonomen
Autos auf unseren Straßen liegt allerdings angesichts der hohen Kaufpreise und der Notwendigkeit, stark in die Straßenverkehrsinfrastruktur
zu investieren, noch in weiter Ferne. Hinzu kommt, dass alle auf unseren
Straßen vorhandenen Fahrzeuge umgebaut werden müssten, um eine
volle Vernetzung untereinander zu gewährleisten.
Unser Fazit: Eine Fülle von technischen, finanziellen und rechtlichen
Fragen müssen geklärt werden, bevor eine tatsächliche Anwendung
realistisch erscheint.
Carsharing: Hier ist die Revolution bereits im Gange. Die gemeinsame
Nutzung eines Fahrzeugs von mehreren Personen reduziert die laufenden Kosten, sei sie zwischen Individuen, zwischen Unternehmen oder
den Automobilherstellern selbst. Diese "Auf Abruf"- Flexibilität unterscheidet sich damit auch von der herkömmlichen Autovermietung.
Carsharing ist damit eine Lösung für eine neue, meist junge Generation
von Nutzern in (Groß-)Stadtregionen, die für sich abzuwägen haben,
wofür sie ihr Einkommen ausgeben wollen und eine Alternative zu
traditionellem Autobesitz suchen - wodurch sich der Autoabsatz langfristig verlangsamt. Allerdings bleibt auch hier Fakt, dass ein Familienzuwachs unverändert einer der Hauptgründe bleibt, warum sich Menschen
schließlich doch ein eigenes Auto kaufen.
Unser Fazit: Carsharing ist eher eine ergänzende, temporäre Lösung für
gelegentliche Autofahrer, denn basierend auf einer substantiellen und
nachhaltigen Änderung der Lebenseinstellung.
Autofreundliche Länder müssen ihre Produktionsstraßen gründlich anpassen und überholen
Wo befinden sich die Schlaglöcher und Stolpersteine für die Automobilhersteller in 2015?
Europa nimmt allmählich Fahrt auf
Europa, der drittgrößte Markt der Welt, befindet sich nach wie vor auf
dem im Sommer 2013 begonnenen Aufwärtstrend und sollte in diesem
Jahr und 2016 ein Wachstum von 6% bzw. 4% erreichen. Das entspricht
über 14 Mio. Einheiten, was allerdings immer noch unter dem Niveau
der ersten Hälfte des ersten Jahrzehnts des 21. Jahrhunderts liegt (knapp
16 Mio.). Europa weist damit immer noch Überkapazitäten auf und
bleibt ein Schlüsselmarkt für alle Automobilhersteller. Er ist einer der am
stärksten umkämpften Märkte der Welt in Bezug auf Margen, aber auch
ein Pilotmarkt für die Senkung von CO2-Emissionen bzw. ein weltweites
Schaufenster für emissionsarme Technologien. Großbritannien ist einer
der wenigen europäischen Märkte, der seine Allzeithochs übertrifft. 2015
wurde ein Umsatzsprung von 5% auf 2,6 Mio. Fahrzeuge erreicht, während die Volumina für Italien und Spanien um 40% bzw. 60% unter dem
Niveau von vor 10 Jahren liegen werden, trotz des diesjährigen Wachstums von 13% und 20 % in den beiden Märkten.
Alle Märkte haben wieder Fahrt aufgenommen, mit Ausnahme von
Österreich mit einer Abnahme um 5% und den Niederlanden, deren
Wachstum um 3% sank. Als einer der wichtigsten Faktoren, die es dabei
zu beachten gilt, wird der für 2016 geplante Stopp des AbwrackprämienProgramms in Spanien sein. Dieser Bonus von 2.000 Euro hat das
Wachstum des spanischen Automobilmarktes der vergangenen zwei
Jahre getragen. Derzeit erwarten wir für Spanien einen Umsatz von 1
Mio. Fahrzeugen, obwohl wir die Auswirkung der Beendigung des Programms in den ersten Monaten des Jahres 2016 nicht genau absehen
können.
Die CO2-Emissionen sanken in Europa von 2009-2014 pro Fahrzeug
bereits um 19%, dennoch wurde für 2015-2020 ein noch strengeres Ziel
festgelegt, eine Verringerung um 27%, welche die durchschnittlichen
Emissionen von 123g/km in 2014 auf nur 95g verringern soll!
Wie zwischen 2007 und 2014 festzustellen war, hat es eine stetige Verlagerung der Autoproduktion hin zu den Schwellenländern gegeben, die
als Auto-freundlich wahrgenommen werden (d.h. attraktive Märkte, um
Produktionskapazitäten zu etablieren).
Das Wachstum der globalen Autoproduktion wird sich zudem in 2015
auf 2% verlangsamen, bis es sich dann in den kommenden Jahren wieder
auf 3 bis 4% erholen wird. Aber wie auch immer, die Nachfrage verlagert
sich und das Angebot der Fahrzeuge muss den Bedürfnissen der
schwankenden Nachfrage angepasst werden. Zusammen mit der Anpassung der Modellreihen an die Bedürfnisse der regionalen Märkte, die
Implementierung neuer Technologien, eine allgemeine Senkung der
CO2-Emissionen und die generelle Verbesserung der Sicherheit der
Fahrzeuge sind die wesentlichen Herausforderungen, mit denen sich die
Automobilindustrie zur Zeit konfrontiert sieht. Dies wird nicht zuletzt
eine Reihe von erheblichen Investitionen in die Modernisierung der
Fahrzeugfabriken und Fertigungsstraßen notwendig machen.
Automobilhersteller spielen ihre technischen Fähigkeiten und ihren
Ideenreichtum untereinander über Downsizing, also abnehmendes
Fahrzeuggewicht (mehr Kunststoff und weniger Metall) und Motorgröße (Drei-Zylinder-Motoren erleben ein Comeback) aus. Sie werden
weiterhin Hybrid, aufladbare Hybrid- und vollelektrische Motoren entwickeln, obwohl das Gewicht der Batterien eine Herausforderung bleiben
wird (Batterien können mehrere hundert Kilo wiegen). Automobilhersteller arbeiten auch an Möglichkeiten zur Optimierung der Dieseltechnologie, dabei berücksichtigend, dass Dieselmotoren in der Regel 1015% weniger Kraftstoff als Benzinmotoren verbrauchen. Die neueste
Generation der Diesel-Technologie ist mit den zunehmend strengeren
Umweltschutznormen kompatibel (der neueste Standard wurde am
01.09.2015 gültig).
Deutschland: Werden auch große Limousinen in die bestehenden Carsharing-Systeme aufgenommen werden?
Deutsche Automobilhersteller erreichen operative Margen von knapp
7%, während ihre französischen Pendants näher bei 3% liegen. Es gibt
eine Reihe von Gründen für diesen Unterschied:

Hoher Preis: Deutsche profitieren von ihrer guten Markenqualität.

Internationale Märkte: Deutsche Autohersteller haben bereits seit
längerem ihr Markenimage aufgebaut, um sich in den wichtigsten
internationalen Märkten zu etablieren.

Investitionen: Stabile Margen geben den deutschen Autobauern
Spielraum für Investitionen in Produktfamilien, technologische Innovationen und Montagelinien.
Der deutsche Markt kehrt nach und nach zu seinen durchschnittlichen
Verkaufszahlen von 3,1 Mio. verkauften Einheiten (ein Plus von 3% im
Jahr 2015 und von 2% im Jahr 2016) zurück. Der Absatz beruht stärker
3
auf High-End-Modellen, was für die Margen der Automobilhersteller
zwar vorteilhaft ist, aber auch bedeutet, dass weniger umweltfreundliche Motoren (d.h. mit einer durchschnittlichen Emission pro Auto von
mehr als 130 g/km) produziert werden - zumindest im Vergleich zum
europäischen Durchschnitt von 121g/km. Als Reaktion darauf wird die
deutsche Automobilindustrie massive Investitionen in Hybrid- und Elektrotechnologien vornehmen, bei denen sie sicher sein kann, ihre Erträge
zu maximieren und das Emissionsniveau bis zum Jahr 2020 näher an das
europäische Ziel von 95 g/km zu bringen.
Frankreich: Nur im langsamen Aufschwung begriffen
Der französische Markt zieht allmählich an. Wir erwarten ein Wachstum
für 2015 und 2016 um 4% bzw. 2%. Dies wird die Anzahl der verkauften
Einheiten auf 1,9 Mio. erhöhen, was weiterhin eine relativ bescheidene
Menge ist und immer noch unterhalb des mittelfristigen Niveaus des
Marktes von 2,1 Mio. liegt. Der französische Absatzmarkt wird zudem
eher geprägt von einer Vorherrschaft günstiger Kleinwagen, denn von
Fahrzeugen der Ober- und Luxusklasse - was den französischen Autoherstellern wenig Raum für steigende Margen lässt. Andererseits macht
es Frankreich aber zu einem der Länder mit den niedrigsten durchschnittlichen Kohlendioxid-Emissionen mit 112g/Km gegenüber einem
europäischen Durchschnitt von 121g/Km (basierend auf Daten der
ersten Monate des Jahres 2015).
Exportländer deutscher Automobilhersteller (2013 in %)
Spanien
4%
Andere
15%
Benelux
5%
Alle französischen Automobilhersteller bieten auch Elektrofahrzeuge an.
Während zwar die Absatzmengen grundsätzlich ansteigen, erzielten
Elektroautos dennoch lediglich einen Marktanteil von nur 0,7% in den
ersten fünf Monaten des Jahres 2015 (5.670 verkaufte Fahrzeuge). Und
das trotz des Anreizes einer Bonuszahlung von bis zu 10.000 EUR pro
Auto! Während somit einerseits eine Präsenz auf dem Markt für Elektroautos als notwendig erachtet wird, sorgen jedoch andererseits die armseligen Verkaufszahlen nur für magere Gewinne - speziell im Verhältnis
zu den dafür erforderlichen hohen Investitionen.
England
19%
USA
18%
Frankreich
6%
Italien
6%
Asien
17%
Osteuropa
10%
Die Produktion französischer Autos dürfte insgesamt auf niedrigem
Niveau bleiben. Wir erwarten für das Jahr 2015 ein Wachstum von 4 bis
5% auf 1,35 Mio. Einheiten gegenüber 3 Mio. noch vor 10 Jahren. Während Vereinbarungen zur Wettbewerbsfähigkeit dazu beigetragen
haben, den Rückgang einzudämmen und der Aufschwung auf dem
europäischen Markt ein wenig mehr Schwung in die Absatzmengen
bringen sollte, wäre es doch unsinnig zu erwarten, dass der Umsatz auf
das Niveau des vergangenen Jahrzehnts zurückkehrt.
Quellen: VDA, Euler Hermes
Die deutsche Produktion ist mit knapp 5,7 Mio. Einheiten, von denen
etwa 80% für den Exportmarkt bestimmt sind, nach wie vor hoch. Im 1.
Halbjahr 2015 verdrängte Volkswagen weltweit Toyota vom 1. Platz mit
dem Verkauf von 5,04 Mio. Einheiten. Zeitgleich dazu verkündete Mercedes einen operativen Gewinn von 10% und übertraf seine eigene
Führungsposition. Die deutsche Automobilindustrie entwickelt sich
weiterhin überdurchschnittlich, sowohl in Bezug auf Mengen als auch
auf Margen, aber dieses erfordert massive Investitionen. Eines der jüngsten Beispiele ist die geplante Übernahme des digitalen MappingDienstes von Nokia durch Audi, BMW und Mercedes für mehrere Milliarden Euro - und dies ist nur ein Beispiel für die Kraft und die Entschlossenheit der Unternehmen aus der Branche, nötigenfalls Allianzen zu
schmieden, um ihre gemeinsame Schlagkraft und Unabhängigkeit
weiter zu verbessern.
Auf dem Markt für Elektroautos ist ein neuer Mitspieler aufgetaucht:
Bolloré hat sein "sauberes" Autolib Car-Sharing-System zunächst in Paris
gegründet, in der Folge hat man es inzwischen auch in Lyon, Bordeaux
und vor kurzem zudem in Arcachon eingeführt. Man möchte das Konzept jetzt auch in andere Länder verkaufen; kürzlich wurde hierzu ein
Abkommen mit Indianapolis (USA) unterzeichnet.
China: Droht eine Überhitzung des Marktes?
Der weltweit größte Markt ist 2015 und 2016 für einen sehr starken
Wachstumsrückgang auf 3% gewappnet, nachdem das Volumen in den
Jahren zwischen 2008 und 2014 noch um das Dreifache angestiegen
war, von 6,5 Mio. auf 20 Mio. Einheiten und mit einem jährlichen Durchschnittswachstum von mehr als 30%. Die Investitionen sind in die Höhe
geschnellt und erste Anzeichen von Überkapazitäten sind festzustellen.
Riesige Lagerbestände treiben die Preise nach unten (zum Beispiel
musste General Motors seine Preise in einer Spanne zwischen 1.613 USD
und 8.694 USD für 40 Modelle seiner drei Hauptmarken Buick, Chevrolet
und Cadillac reduzieren). Der chinesische Markt muss sich entwickeln,
um die Entstehung eines Gebrauchtwagenmarktes und die immer
strengeren Umwelt- und Verkehrsvorschriften zu bewältigen. Das bedeutet, dass mit der Produktion von erschwinglichen Fahrzeugen auch
neue Verbrauchergruppen mit weniger Kaufkraft erschlossen werden
müssen, als nur den in reichen Küstengebieten lebenden Autofahrern
gerecht zu werden.
Im Land der High-End-Autos hat Deutschland ein umfangreiches Carsharing-Netzwerk in 490 Städten und Gemeinden in Zusammenarbeit
mit einer Reihe von Unternehmen entwickelt. Marktführer ist Flinkster
(Deutsche Bahn Carsharing-Service mit 3.600 Fahrzeugen), knapp gefolgt von Car2Go (mit einer Flotte von 3.500 Fahrzeugen) und DriveNow
(2.360 Autos), das neben Daimler und BMW eigene Carsharing-Dienste
betreibt. Mehr als eine Million Deutsche sind bei einem CarsharingService registriert, gegenüber noch 200.000 im Jahr 2010.
Aufteilung des Autoverkaufs nach Fahrzeugkategorie
(Zahlen aus 2013 in Prozent)
60%
50%
40%
Das bisherige Eldorado für die Autoindustrie erlebt damit seine erste
Abschwächung. Einige von denen, die am härtesten getroffen wurden,
sind westliche Marken, die zum ersten Mal Marktanteile an inländische
Low-Budget-SUV-Marken verloren haben. Neben den Absatzmengen
müssen die Autohersteller ihre Anstrengungen in den kommenden
Monaten auf die Profitabilität konzentrieren, die in der Form von Joint
Ventures zu finden sind.
Deutschland
30%
Frankreich
20%
Europa
10%
0%
Kleinwagen
Mittelklasse
Oberklasse
Die Reaktion der chinesischen Hersteller folgte unmittelbar: Nach dem
Verlust von Marktanteilen an Joint Ventures mit westlichen Automobilherstellern haben chinesische Marken ihre Positionierung bei bestimm-
Luxusklasse
Quellen: VDA, Euler Hermes
4
ten Modellen verstärkt. Dadurch konnten sie 2015 ihren Marktanteil um
mehr als 10% auf 42% erhöhen. Die neuen chinesischen Fahrzeugtypen
sind besser auf die Bedürfnisse der chinesischen Autofahrer abgestimmt
und dies hat inzwischen westliche Automobilhersteller dazu gezwungen, ihre Produkte zu überdenken. Volkswagen (und dessen Joint Venture FAW-VW), die bislang eine solide Führung in diesem Markt innehatten, erlitten im 1. Halbjahr 2015 einen Umsatzrückgang von 4% und
präsentierten vor kurzem Pläne für eine neue Kleinwagenserie ab 2018.
Chinas monatliche Automobilverkäufe
Auto-Zulassungen in den USA
(12 Monate rollierend, Einheiten in Mio.)
18
17
16
15
14
13
(1. Hj. 2015 vs. 1. Hj. 2014 in Prozent der Veränderung)
12
12%
11
10%
10
06
8%
6%
08
09
10
11
12
13
14
15
16
Quellen: Auto Alliance, Euler Hermes Prognose
4%
Während US-Autohersteller auf ihrem heimischen Markt sehr profitabel
arbeiten, erreichen sie insgesamt nur durchschnittliche Konzernergebnisse, da sie unter der Last jahrelanger Verluste in Europa leiden (verstärkt in diesem Jahr durch die Krise in Russland, wo die Produktion
alleine im 1. Halbjahr 2015 um 27% abgestürzt ist) und in jüngerer Zeit
in Südamerika (wo die Produktion ebenfalls um fast 16% gesunken ist).
Allerdings legen die US-Autohersteller - wie die übrige westliche Autoindustrie auch - nicht ihre Gewinne mit denen aus ihren Joint Ventures in
China zusammen; letztere beliefen sich im Jahr 2014 auf mehrere Milliarden USD.
2%
0%
-2%
-4%
Januar Februar
März
April
Mai
Juni
Quellen: CCAM, Euler Hermes Prognose
US: Vollgas für das 4x4-Fahrzeugsegment
Japan: Im Auf und Ab der Ereignisse
Der US-Markt ist 2015 mit einem Wachstum von 4% zurück auf dem
Kurs zu seinem Rekordumsatz von 17,5 Mio. Stück. 2015 markiert das
sechste Wachstumsjahr inmitten eines wieder ansteigenden Wirtschaftswachstums, niedrigerer Zinsen, einer Verlängerung der Kreditlaufzeiten über sechs Jahre und dem Ölpreis auf einem historischen
Tiefstand. Allerdings könnte der Markt im Jahr 2016 mit einem leichten
Abtauchen um 1% gedeckelt werden. Es besteht auch das Risiko einer
Zinserhöhung und möglicherweise das Ende des billigen Benzins. Diese
beiden externen Faktoren könnten den US-Markt beeinflussen.
Der japanische Markt ist seit 2008 sehr unbeständig, der Automobilabsatz schwankt zwischen 4 und 6 Mio. Einheiten im Zeitraum von 20082015. Er wurde sowohl von der Finanzkrise von 2008-2009, dem Tsunami von 2011, der Entscheidung für staatliche Anreize für den Verkauf
von benzinsparenden Fahrzeugen aus dem Jahr 2013 und den Mehrwertsteuererhöhungen von 5% auf 8% beeinflusst. Für 2015 erwarten wir
insgesamt eine Abnahme des Absatzes um knapp 8%, bevor er im Jahr
2016 wieder um 4% ansteigt. Dennoch ist die langfristige Grundtendenz
auf dem japanischen Markt mit einer weiter alternden Bevölkerung und
Verkehrsrestriktionen rückläufig. Eine der Eigenschaften, die den japanischen Automobilmarkt von den übrigen weltweiten Märkten abhebt ist,
dass er für ausländische Marken relativ unzugänglich ist. Japanische
Marken machen fast 94% des inländischen Marktes aus. Zumindest
dieses "Quasi-Monopol" sichert den japanischen Automobilhersteller
stetige Gewinne.
Der Umsatz hat an Dynamik gewonnen, so wie auch die Produktion, die
sich verdoppelt hat, da die Talsohle von 5,5 Mio. Einheiten im Jahr 2009
auf mehr als 11 Mio. in diesem Jahr verdoppelt wurde, zumal wenn man
bedenkt, dass im gleichen Zeitraum die Personalstärke in den Produktionsstätten nur um 50% erhöht wurde.
Zusammen mit der wirtschaftlichen Erholung haben die niedrigen Ölpreise für eine deutliche Erhöhung des Umsatzes der LUV (Light Utility
Vehicle) gesorgt. Diese Fahrzeuge sind sehr lukrativ für die drei USAutomobilhersteller, die sich mehr als 55% des Marktes teilen. Doch ihre
spritfressenden Motoren stehen kaum im Einklang mit den neuesten
ehrgeizigen Kohlenstoff-Emissionsreduktionszielen der USA.
Auto-Zulassungen in Japan
(12 Monate rollierend, Einheiten in Mio.)
6,0
Genau hier zeigen sich die Widersprüche der amerikanischen Automobilindustrie, die sonst Spitzenreiter bei neuen Technologien ist:
5,5

5,0

07
Im Elektro-Auto-Segment mit Tesla, einem Start-up, das sein erstes
Modell im Jahr 2008 auf den Markt gebracht hat und erwartet, rund
55.000 Einheiten seines "Modell-S" auf der ganzen Welt zu verkaufen. Tesla hat ein High-End-Modell entwickelt, das ausschließlich mit
Strom läuft, Höchstgeschwindigkeiten vergleichbar denen stärkster
Sportwagen erreichen kann und zudem eine Batteriereichweite von
knapp 400 km besitzt. Die Preise beginnen bei umgerechnet ca. 70
TEUR für dieses Wunder der Technik, der Aktienwert Teslas liegt inzwischen bei 30 bis 35 Milliarden USD (und damit relativ nahe bei
GM mit 50 Milliarden USD und Ford mit 55 Milliarden USD).
4,5
4,0
3,5
06
Die US-Hersteller sind führend bei der Entwicklung autonomer
Fahrzeuge sowohl mit Projekten der großen Automobilhersteller
selbst (Ford und General Motors) als auch bei sehr fortgeschrittenen
Modellstudien von Google - und bald auch von Apple.
07
08
09
10
11
12
13
14
15
16
Quellen: Jama, Euler Hermes Prognose
Die finanzielle Leistungsfähigkeit der japanischen Automobilhersteller
steht auf einer Stufe mit denen der Hersteller von westlichen Premium5
marken. Dies wird unterstützt von einem geschützten Binnenmarkt,
soliden und profitablen Marktanteilen in Amerika und einer attraktiven
Positionierung in China. Die erheblichen finanziellen Mittel ermöglichen
es ihnen, ganze Modellreihen zu produzieren, die den spezifischen
regionalen Anforderungen genügen und erlauben ihnen, in verschiedene Zukunftstechnologien zu investieren. Sie erhalten zudem Unterstützung von Japans stark anpassungsfähiger Geldpolitik, die den Rückgang
des Yen gegenüber dem Dollar von fast 50% mit sich gebracht und somit
bei den japanischen Automobilherstellern dazu geführt hat, einen Teil
ihrer US-gebundenen Produktion zurück nach Japan zu verlagern.
In ihrem Bestreben, führend in den "grünen" Technologien zu werden
und auf ihr umfangreiches bestehendes Standbein im Hybrid-Segment
(bei denen Toyota ein Vorreiter war) bauend, haben Japans Autohersteller aufladbare Hybrid-Systeme entwickelt, die nicht nur energieeffizienter sind, sondern auch mehr Unabhängigkeit (von den immer noch nicht
weit verbreiteten E-Ladestationen) sicherstellen. Sie sind allerdings
trotzdem auch im Markt für "pure" Elektrofahrzeuge präsent, der darum
kämpft, endlich Fahrt aufzunehmen, da er mit langen Ladezeiten (bis zu
mehreren Stunden) und begrenzter Reichweite (ca. 150 km) bisher
seine Grenzen hat. Japanische Hersteller haben zudem gerade die ersten
Wasserstoff-Brennstoffzellen-Autos (der Motor erzeugt Strom durch
Verbrennung von Wasserstoff - d.h. mit Null-Emission von CO2 - und
eine Tankfüllung dauert nur Minuten) entwickelt und auf den Markt
gebracht. Dies ist zwar eine sehr kostspielige Technik, die jedoch das
Zeug zu einer besonders effizienten Lösung für die Zukunft besitzt.
Auto-Zulassungen in Brasilien
(12 Monate rollierend, Einheiten in Mio.)
3,1
2,9
2,7
2,5
2,3
2,1
1,9
1,7
1,5
06
07
08
09
10
11
12
13
14
15
16
Quellen: Anfavea, Euler Hermes Prognose
Auto-Zulassungen in Russland
(12 Monate rollierend, Einheiten in Mio.)
3,0
2,8
2,6
2,4
2,2
2,0
1,8
1,6
1,4
1,2
1,0
06
07
08
09
10
11
12
13
14
15
16
Quellen: OAR, Euler Hermes Prognose
Indien und Türkei nehmen Fahrt auf
Nach zwei schwierigen Jahren befindet sich Indien auf einem guten Weg
der Erholung mit einem erwarteten Wachstum von 6% im Jahr 2015 und
7% im Jahr 2016. Dabei sind die absoluten Absatzmengen mit 2 Mio.
Einheiten (ein Zehntel der chinesischen Zahlen) immer noch niedrig
und die Margen wegen der Präferenz der dortigen Käufer für günstige
Kleinwagen eher klein.
Neue Märkte: Keine Einbahnstraße
Brasilien und Russland legen den Rückwärtsgang ein
Galten Brasilien und Russland noch nicht vor allzu langer Zeit als vielversprechende Märkte der Zukunft und Spitzenreiter auf ihrem jeweiligen
Kontinent, werden sie 2015 einen tiefen Absturz erleiden. Beide Länder
verzeichnen mit -14% in Russland bzw. -32% in Brasilien auf 2,3 Mio. bzw.
1,7 Mio. stark rückläufige Zahlen bei den Neuzulassungen und sind
damit weit von den 3 Mio. Zulassungen entfernt, die noch drei Jahre
zuvor verzeichnet wurden. Unter diesen schlechten Absatzzahlen leidet
vor allem die lokale Automobilindustrie dieser beiden Länder, wie bereits
Sozialpläne und Standortschließungen belegen.
Der Markt in Brasilien sollte 2016 zu einer gewissen Stabilität zurückkehren und auch in Russland wird der Absatz voraussichtlich wieder um 10%
wachsen, wobei aber die Volumina insgesamt niedrig bleiben. Dies hat
General Motors dazu veranlasst, praktisch alle seine russischen Produktionsstätten, vor allem diejenigen in Kaliningrad, Nischni Nowgorod und
St. Petersburg, zu schließen. Diese Märkte bieten unverändert mittelfristig große Chancen, doch unglücklicherweise erschwert die Schwankungsanfälligkeit ihrer Wirtschaft die Strategien zu deren Erschließung
und kann deshalb immer einmal wieder zu Rückschlägen und deutlichen Verlusten führen.
6
Auch die Türkei ist weiterhin ein aufstrebender Automarkt und wird in
diesem Jahr um eindrucksvolle 24% wachsen, während wir für 2016 ein
Wachstum von immerhin noch um die 15% erwarten. Doch selbst mit
diesem deutlichen Anstieg wird es lediglich zu nur 0,84 Mio. Neuzulassungen kommen - in einem Land mit einer Bevölkerung von fast 80
Millionen! An der geographischen Nahtstelle zwischen Europa und Asien
positioniert, beherbergt die Türkei Produktionsstätten von Ford, Renault,
Toyota und Hyundai-Kia. Die auf diesen Anlagen produzierten Fahrzeuge
werden zu fast 80% exportiert, vor allem nach Europa.
Auto-Zulassungen in Indien
(12 Monate rollierend, Einheiten in Mio.)
2,2
2,0
1,8
1,6
1,4
1,2
1,0
06
07
08
09
Quellen: Siam, Euler Hermes Prognose
10
11
12
13
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15
16
Dies geschieht vor dem Hintergrund der ohnehin insgesamt schleppenden thailändischen Wirtschaft und wird auch nicht gerade durch die
Entscheidung der Regierung gefördert, die staatlichen Subventionen für
Erstkäufer von Autos abzuschaffen. Allerdings wird andererseits eine
gleichzeitige Erhöhung der Subventionen beim Kauf umweltfreundlicher
Autos dem Markt in diesem Segment einen erheblichen Schub geben.
Wir erwarten, dass sich das Wachstum insgesamt im Jahr 2016 um 13%
auf 400.000 Fahrzeuge erholt, obwohl dies immer noch deutlich unter
dem Spitzenwert von 700.000 Zulassungen von Mitte 2013 liegt.
Auto-Zulassungen in der Türkei
(12 Monate rollierend, Einheiten in Mio.)
1,0
0,9
0,8
0,7
0,6
0,5
Argentinien kämpft darum, wieder in Fahrt zu kommen
0,4
Die Abwärtsspirale, die im Jahr 2014 begann (38% Rückgang über das
gesamte Jahr), setzt sich 2015 mit einer geschätzten Abnahme der
Neuzulassungen um 8% auf 390.000 Einheiten fort. Der Markt zeigt
keine Anzeichen einer Besserung, die bestenfalls Mitte 2016 eintritt. Die
erwartete Rezession in Brasilien - dem größten Markt für argentinische
Exporte - kommt zu der bereits schleppenden Inlandsnachfrage noch
hinzu. Der für dieses Jahr geplante Stopp des "ProCreAuto"-Programms
(Unterstützungsdarlehen), das eingeführt worden war, um den Auswirkungen des wirtschaftlichen Zusammenbruchs im Jahr 2014 Einhalt zu
gebieten, wird die Nachfrage zusätzlich belasten.
0,3
0,2
06
07
08
09
10
11
12
13
14
15
16
Quellen: OSD, Euler Hermes Prognose
Auto-Zulassungen in Argentinien
(12 Monate rollierend, Einheiten in Mio.)
0,70
0,65
0,60
0,55
0,50
0,45
0,40
0,35
Wo liegen die Automobilmärkte der Zukunft?
0,30
Indonesien bekommt eine zweite Chance
0,25
2014 verzeichneten die Auto-Neuzulassungen kein Wachstum. Die
Entscheidung zu Beginn dieses Jahres, zudem die Treibstoffsubventionen auszusetzen, belastet die Kaufkraft der Verbraucher und damit die
Autoverkäufe im Lande. Jedoch sollten die Preiserhöhungen allmählich
absorbiert werden. Der Autoabsatz wird voraussichtlich am Jahresende
wieder anziehen, sodass für 2015 ein Wachstum von 6% möglich sein
sollte. Dieses Wachstum wird auch durch den Verkauf von preiswerten,
umweltfreundlichen Autos gestützt, die bei den indonesischen Autofahrern immer beliebter werden. Die alles entscheidende Umsatzmarke von
einer Mio. Stück sollte im Jahr 2016 mit einem Wachstum von 8% übertroffen werden.
Auto-Zulassungen in Indonesien
(12 Monate rollierend, Einheiten in Mio.)
1,2
0,20
06
07
08
09
10
11
12
13
14
15
16
Quellen: Adefa, Euler Hermes Prognose
Saudi-Arabien behält seinen Schwung
Obwohl sich das Wachstum bei den Zulassungen im Jahr 2015 verlangsamen wird (von 11% im Jahr 2014 auf 5% im Jahr 2015), bleibt SaudiArabien unter Berücksichtigung der allgemeinen wirtschaftlichen Lage
weiterhin ein sehr attraktiver Markt für ausländische Unternehmen. Dies
gilt insbesondere für asiatische Automobilhersteller, die den Löwenanteil
des Marktes unter sich ausmachen: Toyota mit einem Marktanteil von
35% und Hyundai mit 7,5%. Saudi-Arabien sollte 2016 wiederum kräftig
wachsen (um 11%) und die Absatzzahlen 700.000 Einheiten übertreffen.
Auto-Zulassungen in Saudi-Arabien
1
(12 Monate rollierend, Einheiten in Mio.)
0,8
0,8
0,6
0,7
0,4
0,6
0,2
0
06
07
08
09
10
11
12
13
14
15
0,5
16
0,4
Quellen: Gainkindo, Euler Hermes Prognose
In Thailand geht es nur stockend voran
0,3
Der steile Rückgang der Neuzulassungen im Jahr 2014 (um 34%) hat sich
bisher auch 2015 mit einer erwarteten Abnahme um 17% fortgesetzt.
7
06
07
08
09
Quellen: OICA, Euler Hermes Prognose
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Venezuela bleibt weiterhin kraftlos
Iran will zu alten Wachstumszahlen zurückkehren
Der leichte Aufwärtstrend im 2. Quartal 2015 (mit einem Wachstum um
9% gegenüber dem Vorjahreszeitraum) ist äußerst gering im Vergleich
zum Sturzflug, den der Markt seit Jahren genommen hat, betrachtet
man hierzu einmal das Spitzenjahr 2007, in dem der Umsatz zehnmal so
hoch war. Wir erwarten für das Gesamtjahr 2015 ein Wachstum um 4%
und für 2016 weitere +3%, womit dann knapp 40.000 Einheiten erreicht
werden dürften.
Die Neuzulassungen brachen im Jahr 2012 mit der Einführung der internationalen Wirtschaftssanktionen ein, stiegen aber 2014 wieder auf 1,1
Mio. Fahrzeuge an. Der Iran ist immer noch der größte Automarkt der
Region vor Saudi-Arabien und der Türkei, wobei die Führung inzwischen
chinesische und lokale Automobilhersteller von den bisherigen europäischen Marktführern übernommen haben. Die Europäer begeben sich in
Startposition, um sich einen wesentlichen Anteil des iranischen Markts
nach der geplanten Aufhebung der Sanktionen am Ende des Jahres
wieder zurück zu erobern. Das Wachstum wird sich im Jahr 2015 um 9%
und mit zunehmender Geschwindigkeit im Jahr 2016 um 17% beschleunigen, womit sich die Anzahl der Fahrzeugneuanmeldungen auf 1,4 Mio.
- und damit fast auf die Stufe des Allzeithochs aus 2011 (1,45 Mio. Einheiten) - erhöhen dürfte.
Nigeria: Vielleicht morgen einmal?
Nach der Stagnation im Jahr 2013 befand sich der nigerianische Automobilmarkt im Jahr 2014 mit einem Anstieg um 5% wieder auf Wachstumskurs. Das Wachstum wird sich in diesem Rahmen 2015 fortsetzen,
bevor es sich 2016 auf 10% beschleunigt und rund 48.500 Fahrzeuge
zugelassen werden. Diese Zahl ist dennoch extrem niedrig, zumal das
Land mit einer Bevölkerung von fast 180 Mio. ein immenses Potenzial
aufweist. Doch nach wie vor behindern den Markt

starke nicht-offizielle Kanäle,

der erschreckende Mangel an Infrastruktur und

die geplante Abschaffung von Treibstoffsubventionen, die eine Delle
in der Kaufkraft der Haushalte erzeugen wird.
Marokko steht an der Startlinie
Marokko und Südafrika sind die einzigen afrikanischen Länder mit einer
Automobilindustrie, die diesen Namen überhaupt verdient. Der marokkanische Markt wird derzeit von der Erholung des internationalen Markts
und durch erhebliche staatliche Maßnahmen zur Förderung von ausländischen Investitionen getrieben. Renault und Ford haben angekündigt,
im Mai neue Produktionsstätten im Land zu öffnen. Die Belebung der
Nachfrage, die im vergangenen Jahr (Wachstum um 2%) zu erkennen
war, wird sich 2015 (um +3%) weiter fortsetzen, ohne jedoch zu den
Spitzenwerten des Jahres 2012 zurückzukehren. Der Markt wird wohl bis
2016 warten müssen, um mit einem Wachstum von 6% die Spitze von
120.000 Neuanmeldungen zu überschreiten.
Auto-Zulassungen in Nigeria
(12 Monate rollierend, Einheiten in Mio.)
0,06
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0,04
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Outlook no. 1219 - Special Report - Auto market - a live wire"
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Quellen: OICA, Euler Hermes Prognose
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rufen Sie uns sehr gerne an oder schicken Sie uns eine E-Mail.
Schlussredaktion und verantwortlich für die deutschsprachige Version:
Andreas Heinrich
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