Die meisten Mütter gehen arbeiten Kreis Herford Kreis Höxter Ost

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Die meisten Mütter gehen arbeiten Kreis Herford Kreis Höxter Ost
Ostwestfalen-Lippe
Die meisten Mütter gehen arbeiten
Statistik der Woche
Sie brauchen viel Aufmerksamkeit und Zuneigung: Kinder. Für ihre Mütter sind sie wohl das
Wichtigste auf der Welt - auf Erwerbstätigkeit wollen die meisten dennoch nicht verzichten. 61,5
Prozent der Mütter in Nordrhein-Westfalen gehen einer Arbeit nach. In Ostwestfalen-Lippe sind es
im Durchschnitt sogar noch mehr. Ganz vorne liegt der Kreis Herford, 71,1 Prozent der Mütter sind
dort erwerbstätig. In allen anderen Kreisen liegt der Durchschnitt ebenfalls höher als in ganz NRW.
Selbst im Kreis Höxter, der in OWL das Schlusslicht bildet, liegt die Quote bei 62,4 Prozent.
Was die Gründe für solch eine hohe Anzahl erwerbstätiger Mütter sind und warum es noch immer
einen Unterschied zwischen den alten und neuen Bundesländern gibt - Monika Kophal hat sich für
unsere "Statistik der Woche" die Geschichten hinter den Zahlen genauer angeschaut.
Kreis Herford
Kinder zu kriegen und zu arbeiten - das scheint im Kreis Herford besonders gut zu funktionieren.
17.500 erwerbstätige Mütter (71,1 Prozent) leben im Kreis. Das Jobcenter Herford fördert laut
Ursula Obereiner, Beauftragte für Chancengleichheit am Arbeitsmarkt im Jobcenter Kreis Herford,
die Chancengleichheit von Frauen und Männern als durchgängiges Prinzip seiner Geschäftspolitik
und "richtet seine Angebote und Leistungen insbesondere darauf aus, dass geschlechtsspezifischen
Nachteilen entgegengewirkt" wird.
Die meisten berufstätigen Mütter, so Obereiner, arbeiteten allerdings in Teilzeit: "Die
Betreuungszeiten sind noch nicht so umfangreich, dass man eine Vollzeitstelle annehmen kann."
Dass die Quote insgesamt so hoch ist, liege sicherlich auch an den vielen Infoveranstaltungen, die
das Jobcenter für Mütter anbietet. "Uns ist es ganz wichtig, dass Mütter gut informiert werden. Und
zwar über Rechtsansprüche, aber auch über Teilzeitausbildungen oder Teilzeitumschulungen", so
Obereiner.
Die Veranstaltungen richteten sich teils bereits an schwangere Frauen, denn "wer schnell wieder in
den Beruf einsteigen will, der muss sich rechtzeitig um einen Kitaplatz kümmern", sagt Obereiner.
Betreuungsplätze gibt es im Kreis Herford offenbar genügend. 2.948 Kinder starten ins neue
Kindergartenjahr, davon 591 unter Dreijährige. Laut Paul Bischof, Sozialdezernent beim Kreis
Herford, steht kein Kind mehr auf der Warteliste.
"Beim U-3-Ausbau ist der Kreis Herford gut dabei", so Bischof. Insgesamt gebe es einen
Betreuungsbedarf von 38 Prozent der unter Dreijährigen, das sind 832 Kinder. "591 haben einen
Platz in der Kita", so Bischof, und "241 sind bei einer Tagespflegeperson untergekommen". Der
größte Bedarf an der U-3-Betreuung bestehe übrigens in Hiddenhausen mit 50 Prozent. In
Rödinghausen sind es hingegen nur 35 Prozent.
Kreis Höxter
Im Kreis Höxter gibt es insgesamt 9.300 erwerbstätige Mütter (62,4 Prozent). Im Vergleich zu den
anderen Kreisen ist Höxter damit das Schlusslicht in OWL. Gabriele Hanke ist wissenschaftliche
Mitarbeiterin im Kompetenzzentrum Frau und Beruf OWL, zuständig für den Kreis Höxter. Dass es
vor Ort weniger erwerbstätige Mütter als in anderen Kreisen gibt, findet sie nachvollziehbar: "Der
öffentliche Nahverkehr im Kreis Höxter ist ziemlich schlecht. In ländlichen Gebieten ist ein Auto
notwendig." Eine Familie bräuchte also zwei Autos, das allerdings würde sich oft nicht rechnen.
Hanke ist außerdem für die Auszeichnung "Familienfreundliches Siegel im Kreis Höxter" zuständig,
das erstmals im Jahr 2013 vergeben wurde. Hanke: "Wir haben gemeinsam mit der Wirtschaft
überlegt, wie man Unternehmen auszeichnen kann, die sehr familienfreundlich sind." Kriterien, um
als familienfreundlich eingestuft zu werden, seien zum Beispiel flexible Arbeitszeiten.
An Betreuungsangeboten muss die Erwerbstätigkeit jedenfalls nicht scheitern: Von den 4.335
Plätzen, die für die Betreuung der unter Sechsjährigen zur Verfügung stehen, sind nur 4.228
belegt. Und von den 23 Grundschulen sind 18 offene Ganztagsschulen. Landrat Friedhelm Spieker
(CDU) ist es wichtig, dass "gut ausgebildeten Frauen Wege offenstehen, wieder in die Arbeitswelt
zurückzukehren, wenn sie wollen".
Ost-West-Vergleich
Fast 25 Jahre ist die deutsche Wiedervereinigung nun her, Unterschiede gibt es noch immer - etwa
bei der Anzahl erwerbstätiger Mütter. Zwar liegen ostdeutsche Mütter laut Stefan Rübenbach vom
Statistischen Bundesamt mit einer durchschnittlichen Erwerbsbeteiligung von 58 Prozent lediglich
um drei Prozentpunkte vor den westdeutschen (55 Prozent), allerdings entscheiden sich von den
erwerbstätigen Müttern im Osten wesentlich mehr dafür, einer Vollzeittätigkeit nachzugehen. Der
Anteil erwerbstätiger Mütter in Vollzeit sei in den neuen Bundesländern fast doppelt so hoch wie in
den alten. In Westdeutschland sei noch immer die Teilzeitanstellung ein beliebtes Arbeitsmodell.
Westdeutsche Frauen zögen sich noch immer vermehrt für die Familie aus dem Erwerbsleben
zurück. Vielleicht, so meint Rübenach, sei der ökonomische Druck, der auf den Frauen im Osten
laste, ein Grund für die vermehrten Vollzeitstellen. Für Mütter im Westen sei häufiger die
traditionelle Rollenteilung Motivation, die Arbeit zu reduzieren.
© 2014 Neue Westfälische
09 - Herford, Freitag 29. August 2014