Anwendung der Incoterms Neuklassifizierung der

Transcrição

Anwendung der Incoterms Neuklassifizierung der
Januar 2011
Newsletter
Anwendung der Incoterms
Warum sollten Sie diesen Newsletter lesen?
Die Incoterms stellen ein internationales Regelwerk zur Auslegung von Handelsbegriffen dar, das von der Internationalen
Handelskammer (nachfolgend „ICC”) in Paris (www.iccwbo.org)
erarbeitet wurde. Das Hauptziel der Incoterms besteht in einer
Standardisierung der grundlegenden Bedingungen für die Lieferung von Waren und einer präzisen Bestimmung der Pflichten des
Verkäufers und des Käufers. Damit soll eine einheitliche Anwendung allgemein anerkannter Begriffe erreicht werden.
Jeder im internationalen Handel Tätige kennt Klauseln wie EXW,
DDP oder FOB! Diese Incoterms als internationale Klauseln
erleichtern die Gestaltung internationaler Lieferverträge. Sie finden
auch im Russlandgeschäft seit jeher verbreitet Verwendung.
In der Russischen Föderation kommt den Incoterms die Rolle
eines Handelsbrauches zu (Pkt. 4 der Verordnung Nr. 117-13 des
Vorstands der Handels- und Industriekammer der Russischen
Föderation vom 28. Juni 2001). Art. 9 des Übereinkommens der
Vereinten Nationen über Verträge zum internationalen Warenkauf
(UN-Kaufrecht) und die Art. 421 und 422 des russischen Zivil­
gesetzbuches bilden die Rechtsgrundlage für die Anwendung der
Incoterms in Russland.
Die Incoterms wurden erstmals 1936 veröffentlicht. Danach wurden
sie mehrfach geändert. Bis vor kurzem galt die Fassung aus dem
Jahr 2000 (Incoterms 2000). Im Jahre 2010 hat die ICC nunmehr
eine Neufassung der Incoterms erarbeitet. Dabei wurden sowohl
die Struktur als auch die Inhalte geändert. Diese Fassung ist am
1. Januar 2011 in Kraft getreten.
Die Parteien eines (idR internationalen) Vertrages sind berechtigt,
sich auf eine beliebige Fassung der Incoterms zu beziehen. Dabei
sollte im Vertrag genau angegeben werden, welche Fassung anzuwenden ist (Angabe des jeweiligen Jahres der Fassung). Zweckmäßig
ist es in der Regel, die letzte (weil modernste) Fassung auszuwählen.
Die Incoterms 2000 gelten also für früher abgeschlossene Verträge auch nach dem 1. Januar 2011 weiter, vorausgesetzt, dass
im Vertragstext ein konkreter Verweis auf sie enthalten ist. In
zwischen September 2010 und Januar 2011 abgeschlossenen
Verträgen müssen die Parteien angeben, welche Fassung der
Incoterms anzuwenden ist. Vom 1. Januar 2011 gilt der allgemeine Verweis auf die Incoterms in neuen Verträgen allerdings
als Verweis auf die (neuen) Incoterms 2010.
Neuklassifizierung der Incoterms-Klauseln
In den Incoterms 2010 wurde die Anzahl der Klauseln auf 11 reduziert, die in zwei Gruppen unterteilt sind:
Die Internationale Handelskammer in Paris hat im vergangenen
Jahr zur Anpassung an die veränderten Bedingungen des internationalen Handels eine Neufassung der Incoterms – die Incoterms
2010 – erarbeitet. Diese ist am 1. Januar 2011 in Kraft getreten
und bringt einige wichtige Änderungen mit sich, die nachfolgend
vorgestellt werden.
Grund genug also, sich zumindest mit den Grundzügen der neuen
Incoterms vertraut zu machen. Als Ansprechpartner für weitere
Fragen stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung!
Falk Tischendorf
[email protected]
Inhaltsverzeichnis
Warum sollten Sie diesen Newsletter lesen?
Seite 1
Anwendung der Incoterms
Seite 1
Neuklassifizierung der Incoterms-Klauseln
Seite 1
Grundlegende Neuerungen in den Incoterms 2010
Seite 2
Die Klauseln DAT und DAP
Seite 2
Frachtversicherung
Seite 3
1. Klauseln, die für jede Transportart gelten
■■
EXW Ex Works (Ab Werk)
■■
FCA Free Carrier (Frei Frachtführer)
■■
CPT Carriage paid to (Frachtfrei)
■■
CIP Carriage and Insurance (Frachtfrei versichert)
■■
DAT Delivered at Terminal (Geliefert am Terminal)
■■
DAP Delivered at Place (Geliefert benannter Bestimmungsort)
■■
DDP Delivered Duty Paid (Geliefert verzollt)
Seite 2
Diese Klauseln können unabhängig von der ausgewählten Transportart Anwendung finden. Sie gelten auch dann, wenn kein Seetransport stattfindet oder bei einem gemischten Transport nur
teilweise ein Schiff verwendet wird.
2. Klauseln für den See- und Binnenschiffstransport
■■
FAS Free alongside Ship (Frei längsseits Schiff)
■■
FOB Free on Board (Frei an Bord)
■■
CFR Cost and Freight (Kosten und Fracht)
■■
CIF Cost, Insurance and Freight (Kosten, Versicherung und Fracht)
In den Klauseln FOB, CFR und CIF wurde die Erwähnung der
Schiffsreling als Lieferort gestrichen, weil das angenommene
„Überschreiten der Schiffsreling” als Lieferort relativ unbestimmt
war. Bei den Klauseln FOB, CFR und CIF gilt die Ware nach den
Incoterms 2010 als geliefert, wenn sie sich „an Bord” des Schiffes
befindet.
Trotz der neuen Klassifizierung werden die Incoterms-Klauseln
in Abhängigkeit vom Lieferzeitpunkt in zwei Gruppen unterteilt:
■■
■■
Shipping terms sind Klauseln, nach denen die Lieferung zum
Zeitpunkt der Versendung der Ware erfolgt. Damit sind alle
Risiken während des Transports grundsätzlich dem Käufer
auferlegt, obwohl in Einzelfällen auch der Verkäufer die Transportkosten übernehmen kann. Zu dieser Gruppe gehören die
Klauseln der Gruppen „E”, „F” und „C”.
Delivery terms sind Klauseln, nach denen die Lieferung zum
Zeitpunkt der Zustellung der Ware erfolgt. Hier trägt der Verkäufer grundsätzlich alle Risiken während des Transports.
Zu dieser Gruppe gehören alle Klauseln der Gruppe „D”.
Grundlegende Neuerungen in den
Incoterms 2010
Eine der wesentlichen Neuerungen in den Incoterms 2010 besteht
darin, dass die Klauseln nicht nur im internationalen, sondern auch
im nationalen Handel Anwendung finden können. Sie können also
auch in einem Vertrag verwendet werden, den zwei russische
Gesellschaften miteinander abschließen.
In den Incoterms 2010 wurden zudem zwei neue Klauseln eingeführt (siehe unten ausführlicher):
■■
■■
Die Klausel DAT (Geliefert Terminal) ersetzt die bisherige
Klausel der Incoterms 2000 DEQ (Geliefert frei ab Kai) ersetzt;
Die Klausel DAP (Geliefert benannter Bestimmungsort)
ersetzt die Klauseln der Incoterms 2000 DAF (Geliefert frei
Januar 2011
Grenze), DES (Geliefert frei ab Schiff) und DDU (Geliefert frei
unverzollt).
In den Incoterms 2010 wurde festgelegt, dass für die Auswahl
der anzuwenden Klauseln der Zusatz „Incoterms 2010” im Vertrag anzugeben ist, z.B. „Ex Works Incoterms 2010”. Dies entspricht der bisherigen Praxis.
Die Incoterms 2010 erkennen elektronische Kommunikationsmittel als der Papierform gleichwertig an, wenn die Parteien sich
dahingehend geeinigt haben oder dies als eine Gepflogenheit
gilt.
Um zu vermeiden, dass durch Waren dem Leben von Menschen
oder ihrem Vermögen ein Schaden zugefügt wird, sehen die
Incoterms 2010 eine Aufteilung der Pflichten bei der Erledigung
von Formalitäten zur Kontrolle der Sicherheit der Waren vor.
Zur Vermeidung einer doppelten Bezahlung der Kosten für die
Bearbeitung von Waren im Terminal verteilen die Incoterms 2010
die Kosten präzise zwischen dem Käufer und dem Verkäufer.
Die Incoterms 2010 berücksichtigen auch die Besonderheiten des
Handels mit Rohstoffen, die im Verlauf des Transports mehrfach
verkauft werden (sog. string sales). Zu diesem Zweck wurde eine
Pflicht zur „Bereitstellung der abgeladenen Ware” als Alternative
zur Abladung der Ware in den Incoterms-Regeln eingeführt.
Die Klauseln DAT und DAP
Nach diesen neuen Klauseln erfolgt die Lieferung an einem vereinbarten Bestimmungsort:
1. DAT (geliefert Terminal, benanntes Terminal im Bestimmungshafen, -ort) Incoterms 2010
Bei DAT wird die Ware dem Käufer vom angekommenen Transportmittel abgeladen im Terminal zur Verfügung gestellt (früher
wurde in solchen Fällen die Klausel DEQ (geliefert ab Kai) angewandt).
Diese Klausel kann unabhängig von der ausgewählten Art des
Transportes und bei der Verwendung mehrerer Arten des Transports angewendet werden. Als Terminal ist jeder beliebige
geschlossene oder offene Ort zu verstehen, wie z.B. ein Lager,
ein Containerhof, ein Cargo-Terminal oder ein Kai.
Der Verkäufer nimmt die Lieferung vor, indem er die Ware vom
angekommenen Transportmittel ablädt und dem Käufer am
vereinbarten Terminal im benannten Bestimmungshafen oder
Bestimmungsort zu dem vereinbarten Zeitpunkt oder in der verein­
barten Frist zur Verfügung stellt.
Seite 3
Der Verkäufer trägt alle Kosten bis zum Zeitpunkt der Anlieferung
der Ware, darunter die Kosten für das Beladen, die Lieferung an
das Terminal und das Abladen. Dem Verkäufer obliegt auch die
Erledigung von Zollformalitäten, wenn dies für die Ausfuhr der
Ware erforderlich ist. Dabei ist der Verkäufer nicht verpflichtet,
bei der Einfuhr der Ware die Zollabfertigung vorzunehmen und
Importzölle zu zahlen.
Nach der allgemeinen Regel trägt der Verkäufer bis zum Zeitpunkt
der Lieferung die Risiken des Verlustes oder der Beschädigung
der Ware. Sie geht ab dem Zeitpunkt der Lieferung auf den Käufer
über. Ein früherer Übergang auf den Käufer ist möglich, falls der
Käufer seine Pflichten zur Einholung erforderlicher Lizenzen und
zur Erledigung der Zollformalitäten für die Einfuhr der Ware nicht
erfüllt oder dem Verkäufer keine Mitteilung über das konkrete
Datum oder den Ort der Annahme der Lieferung mitteilt, vorausgesetzt eine Individualisierung der Ware hat stattgefunden.
Den Parteien ist bei Verwendung der Klausel zu empfehlen, möglichst genau ein Terminal und nach Möglichkeit einen bestimmten
Punkt im Terminal im vereinbarten Bestimmungshafen oder -ort
zu bestimmen. Dem Verkäufer wird empfohlen, Frachtverträge
abzuschließen, in denen die Auswahl des Terminals und des
konkreten Punktes im Terminal ersichtlich ist.
2. DAP (geliefert benannter Bestimmungsort)
Incoterms 2010
Bei DAP wird die Ware dem Käufer fertig zum Abladen am ver­ein­
barten Bestimmungsort zur Verfügung gestellt (wie dies vorher bei
den Klauseln DAF (geliefert an Grenze), DES (geliefert ab Schiff)
und DDU (geliefert unverzollt) der Fall war).
Diese Klausel kann unabhängig von der ausgewählten Transportart und bei Verwendung mehrer Transportarten Anwendung
finden. Nach dieser Klausel nimmt der Verkäufer die Lieferung
vor, indem er dem Käufer die zum Abladen fertige Ware auf dem
angekommenen Transportmittel am vereinbarten Bestimmungsort zu einem vereinbarten Datum oder innerhalb einer vereinbarten
Frist zur Verfügung stellt.
Der Verkäufer trägt die Kosten für das Beladen und die Zustellung
der Ware an den Bestimmungsort. Dem Verkäufer obliegt auch
die Erledigung von Zollformalitäten, wenn dies für die Ausfuhr der
Ware erforderlich ist. Allerdings ist er nicht verpflichtet, bei der
Einfuhr der Ware die Zollabfertigung vorzunehmen und Importzölle zu zahlen.
Nach der allgemeinen Regel trägt der Käufer die Kosten für das
Abladen der Ware. Im Frachtvertrag können diese Kosten jedoch
dem Verkäufer auferlegt werden. Falls der Verkäufer nach den
Frachtverträgen die Kosten für das Abladen am Bestimmungs­
ort trägt, ist er nicht berechtigt, vom Käufer den Ersatz dieser
Januar 2011
Kosten zu verlangen, es sei denn, die Parteien haben etwas anderes
vereinbart.
Nach der allgemeinen Regel trägt der Verkäufer bis zum Zeitpunkt
der Lieferung die Risiken des Verlustes oder der Beschädigung
der Ware. Sie geht ab dem Zeitpunkt der Lieferung auf den Käufer
über. Es gibt jedoch auch Fälle, in denen die Risiken früher als
gemäß der DAT-Klausel auf den Käufer übergehen.
Den Parteien ist zu empfehlen, den genauen Punkt am verein­barten
Bestimmungsort festzulegen, da bis zu diesem Punkt der Verkäufer die Risiken trägt. Dem Verkäufer ist zu empfehlen, Frachtverträge abzuschließen, in denen die Auswahl dieses Punktes
präzise bestimmt ist.
Frachtversicherung
Wie auch schon in den Incoterms 2000 erwähnen lediglich zwei
Klauseln in den Incoterms 2010 die Frachtversicherung – CIF
und CIP. Bei der Verteilung der Pflichten zur Frachtversicherung
berücksichtigen die Incoterms 2010 die Änderung der sog. Institute
Cargo Clauses.
Gemäß den Klauseln CIP und CIF ist der Verkäufer verpflichtet,
auf eigene Kosten die Fracht zu versichern, wobei die Versicherung die im Punkt „C” der Institute Cargo Clauses oder in ähn­
lichen Regeln vorgesehene Mindestdeckung aufweisen muss.
Die Versicherung muss also mindestens den im Liefervertrag
angegebenen Preis plus 10% (d.h. 110%) abdecken. Die Ver­
siche­rung hat die Ware ab dem Zeitpunkt der Lieferung und bis
zum benannten Bestimmungsort abzusichern.
Auf Verlangen des Käufers ist der Verkäufer verpflichtet, auf Kosten
des Käufers eine zusätzliche Frachtversicherung abzuschließen,
die in den Punkten „A” oder „B” der Institute Cargo Clauses aufgeführt ist. Diese soll eine umfassendere Versicherung der Fracht
sicherstellen.
Die Punkte „A”, „B”, und „C” der Institute Cargo Clauses sehen
Ausnahmen aus dem Versicherungsschutz vor, z.B. bei Schäden
im Ergebnis von Kriegshandlungen, Streiks, zivilen Unruhen u.a.
Solche Risiken bedürfen einer zusätzlichen Versicherung.
Bei der Auswahl der Art und des Umfangs der Versicherung der
Fracht muss der Käufer bedenken, welcher Schaden der Fracht
während des Transports droht. Zum Teil wird davon ausgegangen,
dass beim Transport von fertigen Industrieerzeugnissen die Wahr­
scheinlichkeit eines Diebstahls oder einer nicht ordnungsge­
mäßen Lagerung relativ hoch ist und deshalb eine Frachtversicherung nach Punkt „A” der Institute Cargo Clauses abzuschließen
sei. Für Rohstoffe, die keiner besonderen äußeren Einwirkung
ausgesetzt sind, sei es ausreichend, eine gewöhnliche Versiche-
Seite 4
Januar 2011
rung nach den Punkten „B” oder „C” der Institute Cargo Clauses
abzuschließen.
Da in den anderen Klauseln der Incoterms 2010 die Frachtver­
sicherung nicht erwähnt wird, verzichten die Parteien häufig auf
die Versicherung von Frachten. Sie sind der Auffassung, dass das
Risiko der Beschädigung oder des Verlusts ausreichend durch die
Versicherung des Frachtführers abgedeckt sei. In der Praxis entstehen allerdings Schwierigkeiten bei der Geltendmachung von
Schadenersatz gegenüber einem Frachtführer, da die Höhe der
Haftung des Frachtführers häufig durch nationale Gesetze bzw.
internationale Übereinkommen begrenzt ist.
In diesem Zusammenhang ist den Parteien eines Kaufvertrages
zu empfehlen, die Pflichten zur Versicherung auch bei Verwendung anderer Klauseln der Incoterms 2010 aufzuteilen, da bei
einer Frachtversicherung – im Unterschied zu einer zivilrecht­lichen
Haftpflichtversicherung – allein die Tatsache der Beschädi­gung
oder des Verlusts dem Eigentümer das Recht gewährt, Ausgleich
von der Versicherungsgesellschaft zu verlangen. Der Eigen­tümer
ist nicht verpflichtet, den Kausalzusammenhang zwischen den
Handlungen des Frachtführers und der Beschädigung oder dem
Verlust der Fracht nachzuweisen.
Falk Tischendorf
Partner, Repräsentanzleiter
BEITEN BURKHARDT Moskau
E-Mail: [email protected]
Anastasia Averyanova
Associate
BEITEN BURKHARDT Moskau
E-Mail: [email protected]
Aliya Chervonnaya
Associate
BEITEN BURKHARDT Moskau
E-Mail: [email protected]
BEITEN BURKHARDT · RECHTSANWÄLTE (ATTORNEYS-AT-LAW)
ST. PETERSBURG · MARATA STR. 47-49 LIT. A · OFFICE 402 · 191002 ST. PETERSBURG · TEL.: +7 812 4496000 · FAX: +7 812 4496001
NATALIA WILKE · [email protected]
WWW.BEITENBURKHARDT.COM
02/2011
MOSKAU · TURCHANINOV PER. 6/2 · 119034 MOSKAU · TEL.: +7 495 2329635 · FAX: +7 495 2329633
FALK TISCHENDORF · [email protected]

Documentos relacionados