Erfahrungsbericht – Praktikum in einer Primary School und einer
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Erfahrungsbericht – Praktikum in einer Primary School und einer
Erfahrungsbericht – Praktikum in einer Primary School und einer Blindentöpferwerkstatt bei FOSTER, in Tabora, Tansania Ich habe ein gut viermonatiges Praktikum bei FOSTER in Tansania, Tabora gemacht. Die kirchliche Organisation FOSTER hat in Tabora mehrere Projekte, unter anderem eine Primary School und eine Blindentöpferwerkstatt, „Simba Clay“, ein Ausbildungszentrum für Blinde und Sehbehinderte Menschen und Albinos. Im Rahmen meines Praktikums habe ich Vormittags in der Primary School gearbeitet und Nachmittags in der Blindentöpferwerkstatt. Die Blindentöpferwerkstatt wird unter anderem von einem kleinen Verein in der Nähe von Freising, mit dem Namen „Marafiki wa Afrika“ unterstützt. Von der Praktikumsstelle habe ich durch eine Freundin erfahren, die bereits vor mir bei einem anderen Projekt des Vereins, „Marafiki wa Afrika“, an einem anderen Ort in Tansania war und dort für ihr Studium der Sozialen Arbeit ein Praktikum in einem Kindergarten und einem Projekt für HIV-infizierte Frauen gemacht hat. Sie wusste, dass ich Sonderschulpädagogik studiere und gerne ein Praktikum im Ausland machen würde und wusste, dass es hier in Tabora eine Primary School und eine Blindentöpferwerkstatt gibt. Sowohl FOSTER, als auch „Marafiki wa Afrika“ haben eine Internetseite, wo Informationen zu den einzelnen Projekten zu finden sind: www.marafiki.de und www.fosterafrica.org Ich habe mich entschlossen zu diesen beiden Projekten zu gehen und wurde durch den Verein „Marafiki wa Afrika“ auch auf meinen Auslandsaufenthalt vorbereitet. Wir hatten vorher vier Treffen, bei denen ich mit Leuten, die bereits in Tansania einen längeren Auslandsaufenthalt gemacht haben und teilweise mit den Projekten vor Ort vertraut waren, über die Projekte, Land und Leute in Tansania, gesundheitliche Aspekte und auch über meine Erwartungen gesprochen habe. So wurde ich gut auf meinen Auslandsaufenthalt vorbereitet. Auch die Chance einer dreitägigen Einführung in das Suaheli hab ich bekommen und wahrgenommen. Über die LMU hab ich an einem eintägigen interkulturellen Training teilgenommen. Das Buch „Kultur-Schock“ vom Verlag „Reise Know How“ fand ich sehr gut um einen Einblick in die Geschichte, Kultur und politische, wirtschaftliche sowie gesellschaftliche Aspekte Tansanias zu bekommen. Außerdem verwendete ich den Reiseführer des gleichen Verlags, der auf den ersten 183 Seiten verschiedenste Themen, wie Kunst und Kultur, Bevölkerung, Gesundheitswesen, Wirtschaft, Politik und Geschichte, abdeckt und praktische Reisetipps gibt. Für einen ersten Einblick in die Sprache kann ich, auch von diesem Verlag, das Buch „Kauderwelsch – Kisuaheli Wort für Wort“ empfehlen. Obwohl Englisch die offizielle Sprache für mein Praktikum war, habe ich während meines Aufenthalts hier gemerkt, dass sich die Einheimischen unheimlich freuen, wenn man auch nur ein paar Brocken Suaheli sprechen und verstehen kann. Das Suaheli ist wie ein Schlüssel zu den Herzen der Menschen hier. Für einen Aufenthalt, der drei Monate überschreitet, benötigt man ein Visum mit Arbeitserlaubnis, das vorher bei der Einwanderungsbehörde in Dar Es Salaam beantragt werden muss. Es gibt auch sogenannte Volunteer Visas, die jedoch nur für drei Monate gültig sind oder ein ganz normales Touristen Visum, das ebenfalls für drei Monate gültig ist. Das Touristen Visum gibt es für 50 Dollar dierekt am Flughafen. Offiziell dürfte man dann jedoch nicht als Praktikant in Tansania arbeiten. Außerdem muss bei den beiden Letzteren bei einem längeren Aufenthalt, nach drei Monaten ausund wieder eingereist werden. Ein Visum mit Arbeitserlaubnis ist relativ teuer. Nähere Informationen gibt es unter: http://tanzania-gov.de/content/view/42/40/. Um zu meinem Praktikumsort Tabora zu gelangen bin ich von München nach Dar es Salaam geflogen, um dann eine 18 bis 21-stündige Busfahrt nach Tabora auf mich zu nehmen. Bis zu fünf bis sechs Stunden sind davon „mud road“, je nachdem, welche Strecke der Bus fährt. Wer es bequemer möchte kann für 150-300 Dollar von Dar es Salaam nach Tabora fliegen oder von Deutschland nach Mwanza fliegen und von dort etwa sieben bis acht Stunden mit dem Bus fahren. Ich habe mich für mein Praktikum über den DAAD versichert. Dieser bietet für Studenten eine kombinierte Krankheits-, Unfall- und Privathaftpflichtversicherung an. Von meinem Praktikum habe ich mir vor allem erwartet, im schulischen Bereich und mit beeinträchtigten und marginalisierten Menschen zu arbeiten, um in diesen Bereichen neue Erfahrungen zu sammeln und meinen Horizont zu erweitern. Ich wollte Neues dazulernen und neue Perspektiven bekommen. Außerdem wollte ich erfahren, wie Schule in einer anderen Kultur, nämlich in der Tansanischen aussieht. Da ich im sonderpädagogischen Bereich der Blinden- und Sehbehindertenpädagogik bisher nur wenig Erfahrungen sammeln konnte, wollte ich in diesem Bereich Neues hinzulernen und mein bereits vorhandenes Wissen im Umgang mit Menschen mit sonderpädagogischen Förderbedarf ausbauen. Ich hoffte methodische Ideen sammeln zu können im Unterrichten von blinden- und sehbehinderten Menschen. In der Primary School erwartete ich mir, meine im Studium angereicherten Erfahrungen zum Aufbau und zur Gestaltung von Unterricht und zum Umgang mit den Schülern, anwenden und ausbauen zu können. Außerdem hoffte ich, trotz meines „Praktikantenstatus“ von den einheimischen Kollegen akzeptiert zu werden und gegenseitig Erfahrungen austauschen zu können. Ich erhoffte mir, dass sie an meinen Unterrichtsmethoden genauso interessiert sind, wie ich an ihren und, dass wir voneinander lernen können. Außerdem erwartete ich, durch einen längeren Auslandsaufenthalt und dem Erleben eines „Arbeitsalltags“ in Tansania, einen vertieften Einblick in die Kultur dieses Landes zu bekommen. Ich wollte erfahren, wie die Menschen dort leben, ihren Alltag verbringen, wie der Alltag eines Lehrers und auch die Situation von benachteiligten Menschen und Menschen mit Behinderung dort aussieht. Zudem erhoffte ich mir, Kontakte zu Einheimischen aufbauen zu können, die vielleicht auch bis nach meinem Auslandsaufenthalt andauern würden und so einen noch intensiveren kulturellen Austausch erfahren zu können. Irgendwie haben sich alle meine Erwartungen erfüllt und trotzdem war das Praktikum und Alles hier doch ganz anders, als vorher erwartet. Ich hatte in meinem Praktikum die Gelegenheit intensiv mit den Blinden- und Sehbehinderten der Blindentöpferwerkstatt in Kontakt zu kommen und mit ihnen zu arbeiten. Dass ich bereits einen Großteil meines Studiums der Sonderpädagogik hinter mir hatte war mir eine große Hilfe im Umgang mit ihnen, da ich so weniger Berührungsängste hatte. Im Bereich des Unterrichtens der jungen Erwachsenen in der Blindentöpferei bin ich jedoch auch an meine Grenzen gestoßen. Es war unheimlich schwierig den Englisch- und Mathematikunterricht ansprechend und spannend zu gestalten. Viele Ideen, die ich im Kopf hatte, ließen sich aufgrund des Mangels an zur Verfügung stehendem Material nicht umsetzen. Hinzu kam, dass ich im Bereich der Blinden- und Sehbehindertenpädagogik noch zu wenig Wissen im Bereich der Unterrichtsgestaltung mitbrachte. Trotzdem hat es unheimlich Spaß gemacht mit den Blinden zu arbeiten, ich habe unterschiedliche Methoden ausprobiert und ich werde mein Wissen in diesem sonderpädagogischen Bereich in Deutschland bestimmt weiter ausbauen. Doch gerade die Punkte, die anders waren als erwartet oder vorher von mir bedacht, gaben mir die Möglichkeit einen anderen Blick auf diese Dinge zu bekommen: auch mit wenig Material kann Unterricht gut funktionieren und es muss nicht alles vorher bereits perfekt durchgeplant sein. In der Primary School war es ähnlich. Mein Wissen, das ich mir im Studium bereits angeeignet hatte war sehr nützlich. Sowohl im Umgang mit (schwierigen) Schülern, als auch bei der Unterrichtsplanung und -gestaltung und beim Planen und Durchführen von Projektarbeiten. Trotzdem war alles ganz anders, als vorher erwartet. Vor allem zu Beginn hatte ich mit den Klassengrößen von 50 bis 70 Schülern und damit, dass für mich die Gesichter der Schüler alle gleich aussahen, zu kämpfen. Hinzu kam die Schuluniform, die es noch schwieriger machte die Schüler auseinanderzuhalten. Weitere Herausforderungen waren, dass die Schüler ausschließlich Frontalunterricht und viel Drill gewöhnt waren. Außerdem gibt es hier die Prügelstrafe. Sobald die Schüler gemerkt hatten, dass ich nicht schlage, war es eine Herausforderung sich trotzdem Respekt zu verschaffen und Disziplin zu wahren. In meinem Praktikum konnte ich also nicht alle, mir aus dem Studium angereicherten Erfahrungen einfach so anwenden, da Schule hier ganz anders funktioniert und vieles mit den Klassengrößen und im Hinblick auf die materiellen Möglichkeiten nicht möglich ist. Ein Beispiel ist, dass es hier einfach nicht üblich ist, täglich hunderte von Kopien an die Schüler zu verteilen. Daher lässt es sich nicht vermeiden, dass viel Zeit zum Abschreiben von Hefteinträgen benötigt wird. Ich versuchte trotzdem, den Schülern und Lehrern durch meine Art zu unterrichten, zu zeigen, wie Unterricht auch anders aussehen kann und verschiedene Methoden und Unterrichtsformen auch mit großen Klassengrößen auszuprobieren. Vieles klappte nicht auf Anhieb, musste neu geplant und anders angegangen werden. Doch vor allem aus solchen Situationen lernte ich dazu. Abbildung 1: Die Schüler machen ihre eigene "Food Pyramid" Dadurch, dass ich unter Anderem für das „Opportunity Education Programme“ zuständig war, bei dem ich Unterrichtsstunden, aufbauend auf 10-15minütigen Videosequenzen, geplant habe konnte ich auch hier viel lernen. Die Videos und das dazugehörige Material gaben teils tolle Anregungen darüber, wie Unterrichtsstunden zu bestimmten Themen gestaltet werden können, beispielsweise mit bestimmten spielerischen Elementen und Experimenten. Auch, dass der komplette Unterricht ausschließlich auf Englisch unterrichtet und geplant werden musste, war eine Herausforderung, durch die ich sprachlich viel dazugelernt habe. Im Planen von Unterricht konnte ich durch die viele Praxis schneller und effizienter werden. Wie bereits erwähnt war ich in der Primary School vor allem für das „Opportunity Education Programme“ (OEP) zuständig. Das OEP ist ein Programm aus Amerika und soll Unterrichts ergänzend eingesetzt werden. Es stellt zu verschiedenen Inhalten unterschiedlicher Unterrichtsfächer, für die Klassenstufen eins bis sechs, kurze Videosequenzen, Material sowie Tips zur weiteren Unterrichtsplanung und -gestaltung bereit. Es wird in den Kontinenten Südamerika, Asien und Afrika eingesetzt. Ich arbeitete hier mit einer anderen Praktikantin zusammen, was vor allem im Hinblick auf die Klassengrößen sehr hilfreich war. Für die Unterrichtsstunden hatten wir ein eigenes Klassenzimmer. Wir erstellten einen Stundenplan für die Klassen eins bis sieben und die entsprechenden Klassen kamen zu den jeweiligen Stunden zu uns. Wenn nötig, weiteten wir die auf dem OEP basierenden Stunden auf mehrere Schulstunden aus. Mit den siebten Klassen planten und führten wir Projektarbeit durch, da es für diese Klassenstufe keine Inhalte im OEP mehr gibt. Abbildung 2: "Continents" Gruppenarbeit zu Da sich in unserem Raum auch die Schulbücherei befand, mussten wir die Arbeit der Bücherei übernehmen, wenn die dafür zuständige Person abwesend war. Am Ende des Schuljahrs testeten wir das Wissen der Schüler über die OEP-Stunden. Außerdem halfen wir im Office bei kleineren Arbeiten, wie Tippen der Abschlussexamen, Packen der Schultüten mit Unterrichtsmaterialien für das nächste Schuljahr oder Verwaltung der Schulgebühren. Am Nachmittag arbeitete ich in der Blindentöpferwerkstatt. Auch hier war noch eine andere Praktikantin vor Ort. Wir unterrichteten dort Mathematik und Englisch in Kleingruppen. Abbildung 3: Joshua tippt neue Inhalte von Englisch auf der Schreibmaschine Außerdem gestalteten wir die Freizeit mit den Blinden. Abbildung 4: Fußball mit den Blinden Ab und zu arbeiteten wir einfach in der Töpferei mit und halfen, wo Hilfe benötigt wurde. Ich war in meinem Praktikum gut ausgelastet und vor allem die Abwechslung zwischen meinem Vormittag in der Primary School und dem Nachmittag in der Blindentöpferei empfand ich als sehr angenehm. Insgesamt war das Praktikum eine sehr gute Erfahrung, die ich auf keinen Fall missen möchte.Es hat super viel Spaß gemacht in der Primary School und vor allem auch bei den Blinden zu arbeiten. Der gegenseitige Austausch mit den anderen Lehrern gestaltete sich schwierig. Die Lehrer erzählten mir oft, wie sie unterrichten und ich schaute mir, vor allem Anfangs, viele Stunden anderer Lehrer an. Sie selbst zeigten jedoch kaum Interesse zu erfahren, wie Unterricht in Deutschland gestaltet wird. Kaum ein Lehrer setzte sich je in meinen Unterricht mit hinein. Vielleicht bestand in dieser Hinsicht deshalb wenig Interesse, da hier keine so große Methodenvielfalt herrscht, wie wir es von Deutschland kennen. Trotzdem tauschten wir uns oft gegenseitig über das Schul- und Bildungssystem in Deutschland und Tansania aus. Die von mir erhoffte Akzeptanz auf Seiten meiner Kollegen war größtenteils vorhanden. Ich wurde jedoch nicht so vollständig integriert, wie ich es mir erhofft hatte. Obwohl die meisten Kollegen immer sehr höflich, freundlich und wirklich sehr nett waren, wahrten vor allem die weiblichen Kollegen immer eine gewisse Distanz und waren sehr zurückhaltend mir gegenüber. Manche verhielten sich auch sehr kritisch uns Praktikanten gegenüber und warfen uns beispielsweise die deutsche, koloniale Vergangenheit in Ostafrika vor. Auch auf Unverständnis, warum wir eigentlich hier sind, stießen wir. Manche Lehrer kamen mit Geldforderungen an uns Praktikanten heran oder wollten unsere Uhr, unser Handy oder andere persönliche Gegenstände aus Deutschland. Es war oft schwer immer als „reicher Weißer mit viel Geld“ gesehen zu werden. Wir versuchten dann oft zu erklären, dass wir in Deutschland auch nicht unbegrenzt Geld zur Verfügung stehend haben, sondern beispielsweise auch viel gearbeitet haben, um uns das Praktikum im Ausland zu ermöglichen. Trotzdem war dieser Punkt ein ständiger Konfrontationspunkt während meines Auslandsaufenthalts, nicht nur bei den Lehrern, sondern auch bei anderen Arbeitern am Praktikumsort und bei anderen Einheimischen. Zu zwei- bis drei Kollegen hatte ich zusammen mit einer anderen Praktikantin jedoch ein sehr gutes Verhältnis und wir trafen uns auch ab und zu außerhalb der Schule mit diesen, beispielsweise zum Essen in einem lokalen Restaurant. Dadurch und durch viele Gespräche mit diesen und anderen Kollegen bekam ich einen Einblick darüber, wie viele meiner Lehrerkollegen ihren Alltag hier verbringen und auch, mit welchen Problemen sie täglich neben der Schule konfrontiert sind. Ich war jedoch nie bei persönlichen Festen von diesen dabei oder gar bei ihnen zu Hause. Da an meinem Praktikumsort jedoch noch andere Projekte waren, wie eine Secondary School, ein Waisenhaus für Jungs und ein Internat für Mädchen, hatte ich neben der Schule auch andere Kontakte zu Einheimischen. Ein paar der Jungs des Waisenhauses waren schon erwachsen, teilweise über zwanzig und wohnten nicht mehr im Waisenhaus, sondern ihrer eigenen Wohnung oder Zimmer. Mit diesen hatten wir vermehrt Kontakt, gingen mit ihnen aus, saßen bei uns zusammen oder wurden von einem auch zu sich nach Hause eingeladen. Nach Feierabend und an Wochenenden waren wir oft bei den kleineren Jungs im Waisenhaus und gestalteten die Freizeit mit ihnen. Auch in der Stadt knüpften wir Kontakte, mit welchen wir ab und zu etwas unternahmen. Guten Kontakt konnte ich auch zu einer sehr netten etwa Gleichaltrigen aufbauen, die mir durch den Manager vorgestellt wurde und mich für ein paar Tage bei sich aufnahm, als ich in ihrer Stadt war. Enge Freundschaften haben sich leider aus keinem der Kontakte entwickelt. Trotzdem denke ich, dass ich zu manchen der Einheimischen auch in Deutschland weiterhin Kontakt haben werde. Das Management meiner Praktikumsstelle ist ein kirchlicher Träger mit Hauptsitz in Indien. Dadurch, dass uns die Priester an Wochenenden oft bei ihrer täglichen Arbeit in kleine Dörfer mitgenommen haben, konnten wir tolle Einblicke in das Leben und den Alltag von Familien bekommen und hatten interessante und spannende Begegnungen. Bei meiner Vorbereitung auf meinen Aufenthalt in Tansania, wurde ich bereits auf bestimmte Dinge aufmerksam gemacht, die, wenn möglich vermieden werden sollten. Trotzdem war es vor Ort und in der Praxis schwieriger, als gedacht. Bei unseren Fahrten in die Dörfer waren wir unter anderem bei Familien zum Essen eingeladen. Die Familien empfinden es als unhöflich und fühlen sich sehr gekränkt, wenn man ihr angebotenes Essen ablehnt oder viel zu wenig isst. Wird man zum Essen eingeladen sind Äußerungen, wie „Ich habe gerade schon gegessen.“, fehl am Platz. Sie geben den Gastgebern das Gefühl, man möchte ihr Essen nicht. Die Familien geben den Gästen das Beste zu Essen, was sie sich leisten können und für mich war es trotzdem meist eine Überwindung dies zu essen. Fleisch wird hier nicht, wie bei uns in Deutschland zubereitet, sondern mitsamt der Knochen, Knorpel und Flachsen und viel Fett. Dabei schwimmen in einer Fettsauce große Brocken Fleisch, bei denen sich das für uns „essbare“ Fleisch kaum finden und kaum vom Rest trennen lässt. Auch im Lehrerzimmer nahmen wir meist ein zweites Frühstück ein. Für die einheimischen Lehrer gab es in der Vormittagspause stets ein Frühstück. Da wir morgens im Haus des Projektleiters bereits immer frühstückten, lehnten wir anfangs oft ab, wenn die Lehrer uns von ihren Chabatis, Mandazis oder gekochten Erdnüssen, die in Kübeln geliefert wurden, etwas anboten. Da sie sehr beleidigt reagierten, wenn wir nicht wenigstens eine Kleinigkeit aßen, planten wir unser zweites kleines Frühstück im Lehrerzimmer stets mit ein. Obwohl Hosen hier bereits von vielen Frauen getragen werden gibt es immer noch sehr traditionell denkende Menschen, die dies beispielsweise am Arbeitsplatz oder in der Kirche nicht gerne sehen. Hier muss man jedoch für sich selbst einen Weg finden, wie man damit umgeht. Ein weiterer Punkt, der nicht ganz einfach war, sind die Begrüßungsfloskeln hier in Tansania. Respekt vor dem Alter wird hier sehr groß geschrieben und ältere oder beruflich besser stehende Personen begrüßt man dementsprechend. Für mich war es jedoch oft sehr schwierig zu erkennen, ob der oder die mir gegenüberstehende TansanierIn nun wirklich älter ist oder nicht und ab wie viel Altersunterschied eine entsprechende Begrüßung notwendig ist, oder nicht. Auch übermäßiges Aufregen in der Öffentlichkeit sollte man in Tansania vermeiden. Für uns Deutsche gibt es viele Dinge, die komplett anders sind, als bei uns zu Hause. Für Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit gelten dort andere Maßstäbe. Busse und Kleinbusse, die dort das hauptsächliche Fortbewegungsmittel für Reisen und Kurzstrecken sind, werden oft ziemlich überladen, sodass man kaum mehr Luft bekommt oder seinen Sitzplatz mit ein bis drei anderen Personen teilen muss. Dies führt oft zu Busunglücken oder Pannen, bei denen man ein paar Stunden im Nirgendwo steht. Auch Unterkünfte und sanitäre Einrichtungen besitzen andere Maßstäbe, als in Deutschland. Dies sind nur ein paar Beispiele, auf was man sich hier einstellen muss. Sich ständig zu beschweren kommt dabei nicht gut und macht einen selbst auch nicht glücklich, wenn man eine längere Zeit dort verbringen möchte. Ich hatte hier keinen Verein oder Treffpunkt, zu dem ich regelmäßig gegangen bin und bezweifle auch, dass es so etwas in Tabora gibt. Mit mir waren jedoch drei andere Praktikanten vor Ort. Eine davon war am Vormittag mit mir in der Primary School. Die anderen beiden haben im MontessoriKindergarten gearbeitet. Nachmittags arbeiteten zwei von uns in der Blindentöpferei und zwei im Kinderheim. Dadurch, dass wir auch den Arbeitsalltag gemeinsam verbrachten verstanden wir uns sehr gut. Wir wohnten auch in der gleichen Unterkunft und unternahmen sehr viel zusammen, wie Ausflüge an Wochenenden und abendlichen Aktivitäten. Auch von anderen Praktikanten, die über die gleiche Organisation, jedoch an anderen Orten in Tansania oder Kenia ihr Praktikum gemacht hatten, bekamen wir ab und zu an Wochenenden oder im Rahmen ihres Urlaubs Besuch oder besuchten diese selbst. Lokale Restaurants gibt es in Tabora viele. Schön war das „Kiti Moto“Essen mit den Lehrern, in kleinen Restaurants im freien auf dem Weg in die Stadt. Auch das Golden Eagles ist zu empfehlen und die Banana Bar in der Nähe der Unterkunft. Etwas „teurere“ Restaurants mit leckerem Essen sind das Wilcas und das Tabora Hotel. Im Tabora Hotel, auch Orion Hotel genannt, gibt es auch Mittwochs und Samstags live-Musik, was sehr schön ist. Ein Besuch sind auch der Igombe Damm und das Livingstone House wert. Ich selbst hatte eine SIM-Karte von Airtel. Mit diesem Anbieter konnte ich mir wöchentliche Pakete für nur 2000 Tansanische Schilling auf mein Handy buchen, mit denen ich unter anderem 150 freie Megabyte Internet zur Verfügung hatte. Die Vouchers zum Aufladen des Handys gibt es an jedem Straßenstand. Die Unterkunft haben wir vom Praktikumsgeber gestellt bekommen. Wir mussten monatlich 150 Euro bezahlen und bekamen dafür Unterkunft, Verpflegung, sowie Strom, Wasser und Sonstiges für den täglichen Bedarf. Die Unterkunft war sehr einfach. Jedes Zimmer hatte ein Bett mit Mosquitonetz, ein kleines Tischchen und einen Plastikstuhl. Wir hatten „französische“ Klos, kein fließendes Wasser und mussten das Wasser um uns zu „duschen“ selbst aus dem Brunnen holen. Trinkwasser wurde uns extra gebracht. Strom war meistens vorhanden, fiel jedoch in der Regenzeit öfter aus. Ich habe mich trotzdem sehr wohl gefühlt. Etwas anstrengend war die Verpflegungssituation. Ich hätte es besser gefunden, weniger zu zahlen und mich selbst zu verpflegen. Oft haben bestimmte Dinge in unserem Haus gefehlt und wir mussten mehrere Male darum bitten, bis wir es dann nach einiger Zeit endlich bekamen. Auch unser Essen wurde vor allem am Wochenende, wenn es uns gebracht werden sollte, ab und zu vergessen. Frühstück und Mittagessen nahmen wir stets im Haus der Projektleiter ein. Meine Eindrücke von Tansania in wenigen Sätzen niederzuschreiben fällt mir sehr schwer. Tansania ist ein sehr schönes Land. Die meisten Menschen hier sind sehr freundlich und höflich, behandeln Gäste sehr zuvorkommend und man fühlt sich immer und überall willkommen. Die Menschen sind offener, als in Deutschland und ich glaube ich tauschte in Tansania an einem Tag so viele Begrüßungsfloskeln aus, wie in Deutschland in einer Woche. Trotzdem bin ich auch auf sehr kritische Tansanier gestoßen, die beispielsweise beleidigt reagierten, wenn das Suaheli nicht ihren Erwartungen entsprach. Auch Rassismus habe ich erfahren, jedoch nur vereinzelt. Wie bereits weiter oben geschrieben hatte ich den Eindruck, dass die Menschen in Tansania noch sehr an Traditionen festhalten. Die meisten Menschen sind, auch in dem doch eher städtischen Gebiet Tabora, sehr traditionell gekleidet, mit „Kangas“ oder aus „Kitenge“ geschneiderten Kleidern. Als Frau sollte man nicht zu freizügig gekleidet sein. Röcke oder Hosen, die die Knie nicht bedecken und zu weit ausgeschnittene Tops oder Tops mit Spaghetti Trägern werden von vielen Leuten als Tabu angesehen. Das Christentum und der Islam sind in Tansania die meist verbreiteten Religionen. Christen und Muslime leben friedlich zusammen und respektieren sich gegenseitig sehr. In den Schulen wird sehr viel Wert auf Disziplin gelegt. Mädchen haben entweder kurz rasierte Haare, oder geflochtene Zöpfe. Was mich sehr verwundert hat ist, dass die sexuelle Aufklärung doch noch sehr wenig fortgeschritten ist. Die Krankheit AIDS wird häufig totgeschwiegen und es wird, wie für viele andere Krankheiten auch, häufig Malaria als Erklärung herangezogen. Das Thema Verhütung ist vielen Tansaniern noch unbekannt. Trotzdem merkt man überall, wie sich das Land entwickelt und irgendwie wirkt es, als sei es zwischen Tradition und Moderne hin und hergerissen. Viele Leute haben bereits ein Handy mit Internetzugang und sind fleißig in Facebook aktiv. Neben Liedern in Suaheli hören die meisten jungen Leute auch viel internationale Musik und kleiden sich auch zunehmend moderner. Bier und Sodas in allen Variationen, die ich von Deutschland gar nicht kenne, gibt es hier sehr günstig zu kaufen und sind sehr beliebt. Als Weißer wird einem, vor allem in nicht touristischen Gebieten, oft „mzungu“ hinterhergerufen. Dies ist die Bezeichnung für Weiße. Meist ist dies freundlich gemeint und wenn man freundlich auf Suaheli grüßt, freut sich der Gegenüber und testet das Suaheli des „mzungu“ weiter aus. Hauptnahrungsmittel der Tansanier ist Ugali und Porridge, was aus Maismehl und -flocken hergestellt wird. Dazu gibt es oft Bohnen und spinat-ähnliche Gemüsesorten. Auch Reis wird viel gegessen und ab und zu Kochbananen. Außerdem gibt es eine schier unendlich scheinende Auswahl an Früchten, davon in Tabora hauptsächlich Bananen, Papaya und Mangos. Zum Frühstück gibt es häufig Chabati, was vom Aussehen einem Pfannkuchen ähnelt, oder die süßeren Mandazi. Auch Samosas sind verbreitet. Die meisten Tansanier besitzen kein Auto. Es wird gelaufen oder mit den bereits oben beschriebenen meist sehr überfüllten Bussen oder für Kurzstrecken in Kleinbussen, die auch Dala Dala genannt werden, gereist. Die oft sehr langen und anstrengenden Busfahrten werden dadurch versüßt, dass an den Bushaltestellen, sobald ein Bus einfährt, sofort Händler mit Körben zu den Bussen rennen um Chabatis, Mandazis, Samosas, Chips, Sodas und vieles mehr, zu verkaufen. Beliebt sind auch Motorrad Taxis, die sie Picky Picky nennen, oder auch Fahrrad Taxis. Tabora ist eine absolute Fahrrad Stadt und man kommt sehr gut mit dem Fahrrad, dass einem auch in der Unterkunft gestellt wird, von einem zum anderen Ort. Als Weißer sollte man nachts nicht herumlaufen. Möchte man etwas Essen oder Trinken gehen und kommt erst nach Dunkelheit nach Hause sollte, man sich die Nummer eines vertrauenswürdigen Taxifahrers besorgen und damit nach Hause fahren. Obwohl man hier oft das Gefühl hat, dass Zeit keine Rolle spielt, sind die meisten Tansanier, die ich kennengelernt habe, trotzdem sehr fleißig und arbeiten viel und oft sehr hart. Vor allem die Arbeiter, die ihre Felder noch per Hand bestellen und mit ihren Ochsen das Feld pflügen oder die Frauen, die auf dem Bau arbeiten und mit zwanzig Litern Wasser befüllte Kübel auf dem Kopf über weite Strecken schleppen, bewunderte ich stets. Auch an Samstagen und Sonntagen wird häufig gearbeitet. Die Polizei und wie mir gesagt wurde auch andere Behörden sowie die Politik sind in Tansania sehr korrupt. Ich durfte sehr viele Male erfahren, wie Polizisten bestochen wurden um wegzusehen. Ich könnte hier noch ewig weiter erzählen über meine Eindrücke von Tansania, doch ich denke, dass eine Seite schon mehr als genug ist und man sich vom Rest selbst ein Bild machen sollte. Da ich in meinem Praktikum, mit meinen Vorgesetzten, meinen Kollegen und in der Schule ausschließlich Englisch geredet habe, lernte ich nur langsam im Suaheli dazu. Durch die Blinden, die Kinder und die anderen Kontakte zu Einheimischen konnte ich jedoch immer wieder Neues aufnehmen. Außerdem lernte ich ein wenig durch Selbststudium, da ich den Ehrgeiz hatte kleine Unterhaltungen in Suaheli führen zu können. Auch, wenn vor allem der Anfang hier nicht leicht war, bin ich sehr froh dieses Praktikum gemacht zu haben. Ich konnte in diesen vier Monaten sehr viel Neues hinzulernen und freue mich nun umso mehr, wenn ich später als Sonderschullehrerin in Deutschland arbeiten kann. Das Praktikum hat mich in meiner Studienwahl bestärkt. Gewisse Dinge, die in unserem Schulsystem anders sind, als im tansanischen, lernte ich mehr zu schätzen. Dazu gehören beispielsweise die kleineren Klassengrößen in deutschen Schulen und die Fülle an Material, die uns zum Unterricht halten und planen zur Verfügung stehen. Ich nehme jedoch auch neue Ideen und Perspektiven für meine zukünftige Arbeit in einer deutschen Schule mit. Das Projekt ist auch zukünftig bereit ausländische Praktikanten und Praktikantinnen aufzunehmen. In vielen Punkten kann ich die Praktikumsstelle hier weiterempfehlen. Die möglichen Arbeitsbereiche sind sehr interessant und es hat sehr viel Spaß gemacht dort zu arbeiten. Dadurch, dass man hier viel Eigeninitiative zeigen musste, bin ich, nicht nur in „fachlicher“ Hinsicht, sehr gewachsen. Da der Komplex sehr groß ist hat man die Möglichkeit auch andere Arbeitsfelder kennenzulernen. Es ist immer etwas los und mit den Jungs im Kinderheim, den Blinden neben der eigenen Unterkunft und den Priestern, die einem einen guten Einblick in die Kultur des Gastlandes geben können, fühlt man sich, wie in einer großen Familie. Schade war, dass von Seiten der Schulleiterin und ab und zu auch von Seiten der Projektleiter, teils wenig Interesse an meiner Arbeit gezeigt wurde. Oft wurden wir Praktikanten von diesen auch nicht als vollwertige Mitarbeiter behandelt. So wurde oft vergessen uns bestimmte Dinge mitzuteilen und weiterzugeben, wie beispielsweise, wenn besondere Veranstaltungen, Lehrerkonferenzen oder Messen waren. Einmal wurden wir bei einer Ansprache für die Lehrer sogar aus dem Lehrerzimmer geschickt. Spontan fallen mir keine Verbesserungsvorschläge für die Organisation durch Student und Arbeitsmarkt ein. Auch, wenn ich während des Praktikums in Tansania oft viele andere Dinge lieber getan hätte, als meinen monatlichen Bericht zu verfassen, bin ich im Nachhinein froh, diese Berichte auch für mich selbst zu haben.