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Die Jahreshauptversammlung liegt hinter uns, das
Ergebniss ist Euchallen bekannt... (> Rückseite).
Die LID Redaktion wünscht allen Gewählten ein
spannendes, arbeitsreiches und vor allem erfolgreiches Jahr voller politscherArbeit.
Die neue Rubrik „Zahlen bitte...!“ wird jeden Monat
eine besonders brisante Zahl vorstellen und deren
Hintergründe grob beleuchten. Sie wird sich
(falls möglich) an den Schwerpunkt anlehnen.
+++ ende ticker +++
Impressum:
Links im Druck - Die Mitgliederzeitschrift der Münchner Jusos
Druck:
V.i.S.d.P. :
Redaktion:
Layout:
Auflage:
Erscheinungsweise:
Osiris Druck, Karl-Heine-Str. 99, 04229 Leipzig
Jürgen Glatz, c/o Jusos München, Oberanger 38/IV, 80331 München
Jürgen Glatz, Hanna Kappstein, Viola Unger, Simone Burger,
Jakob Rinkewitz, Quirin Schimeta, Philipp Obermüller
Philipp Obermüller, Mike Raab (Cover)
500
11 Ausgaben pro Jahr
Wir freuen uns über Mitarbeit, Kritik, Artikel und andere Rückmeldungen;
Kontakt über [email protected] oder über Philipp Obermüller, tel. 14 72 92 52.
Namentlich gekennzeichnete Artikel geben nicht unbedingt die Meinung des Herausgebers wieder.
Die Redaktion behält sich vor, Artikel abzulehnen oder zu kürzen.
Wenn Sie spenden wollen: Jusos München, Konto-Nr. 111 500, Stadtsparkasse München, BLZ 701 500 00.
Wir stellen Ihnen unaufgefordert eine steuerabzugsfähige Spendenquittung aus.
EDITORIAL
Einfach ist nicht gleich gerecht!
Inhalt
04
Schwerpunkt
Steuern nach Backboard!
ANGELA GREULICH
07 Anzeige
Bundeskongress in München
08
Schwerpunkt
Einfacher und gerechter!
THOMAS GOGER
10
Zahlen bitte...!
Arbeitslose contra
SpitzenverdienerInnen
11
Das letzte Wort
BORIS STARK
Verfolgt man den öffentlichen steuerpolitischen Diskurs der
letzten Monate (um nicht zu sagen Jahre), so bleiben
unweigerlich einige Schlagwörter und gebetsmühlenartig
vorgetragene Formulierungen im Gedächtnis haften. In diesen Debatten ist dann stets “vom großen Wurf” die Rede, oder
auch vom “steuerpolitischen Befreiungsschlag”. Eine besonders prominente Rolle, und mithin außerordentlich
einprägsam, spielt hierbei die Vokabel von der “Steuervereinfachung”.
Aus
sozialdemokratischer
Sicht
problematisch ist dabei nur, dass sich hinter der an sich
unterstützenswert klingenden Floskel “Steuervereinfachung”,
faktisch ein gigantisches Steuersenkungsprogramm zu Gunsten der Unternehmen, Reichen und Superreichen verbirgt.
hre fadenscheinige Legitimation findet dieses massive
Umverteilungsprojekt von unten nach oben und von öffentlicher in die private Hand, letztendlich in dem Verweis auf die
angeblich nicht mehr gewährleistete steuerpolitische Wettbewerbsfähigkeit der Bundesrepublik. Mal ganz abgesehen
davon, dass es grundsätzlich abzulehnen ist, sich der Steuerthematik in erster Linie mittels Kategorien wie “Wettbewerbsfähigkeit” und “Standort” anzunähern, entspricht es auch
schlicht nicht der empirischen Wahrheit, dass die Steuerlast
in Deutschland besonders hoch sei. Im Gegenteil: die
Bundesrepublik hat im Vergleich der OECD-Staatenwelt eine
der niedrigsten Steuerquoten überhaupt.
Im folgenden LID soll herausgestellt werden, dass es für uns
Jusos bei den weiteren Reformen im Steuerbereich nicht
allein um eine Steuervereinfachung gehen kann, sondern dass
daneben unter allen Umständen das elementare Prinzip der
Steuergerechtigkeit treten muss. Erst wenn diese beiden Zielmarken miteinander kombiniert werden, kann wirklich von
einem fortschrittlichen Steuerkonzept die Rede sein. Die von
konservativer Seite auf den Tisch gelegten Steuermodelle
a la Merz und Kirchhof jedenfalls, haben mit Steuergerechtigkeit herzlich wenig am Hut. Diese Vorschläge und
Forderungen haben vor allem ein Ziel: eine weitere Zurückführung des staatlichen Einflusses und damit einhergehend
das gezielte Forcieren der Marktgesellschaft, gemäß des neoliberalen Credos vom Primat der Ökonomie.
Die konservativ-liberale Nebelkerze “Steuervereinfachung”
sollten wir als Jusos respektive SozialdemokratInnen im
Allgemeinen folglich in der Zukunft etwas kritischer hinterfragen.
JÜRGEN GLATZ
02 03
SCHWERPUNKT
Letzter Ausweg für
Captain Schröder:
Steuern nach Backbord!
Abgeltungssteuer, Gewerbesteuer,
Körperschaftssteuer,
Tabaksteuer...... beim Durchblättern der
Zeitung stösst man immer wieder auf
das leidige Thema Steuern und
verzweifelt schier an der Unübersichtlichkeit und Komplexität des
Themas. Der bei diesem Thema oft
anzutreffende rechthaberische
Fachjargon einzelner Journalisten
und Politiker trägt auch nicht gerade zum besseren Überblick bei.
Und angesichts deren konfuser, sich
immer wieder widersprechender
Reformvorschläge ist man bald
geneigt, dem Thema Steuern schnell
den Rücken zu kehren und sich
dankbareren Politikfeldern zu
widmen.
Doch gerade aus sozialdemokratischer Sicht ist das Thema von
enormer Wichtigkeit, denn durch
Steuerpolitik werden die Weichen für
eine gerechte Wohlstandsverteilung
gestellt. Beispielsweise indem der
Staat die Steuer- und Abgabenlast
für Arbeitnehmer und Familien
nachhaltig senkt. Oder indem er die
Steuerhinterziehung bekämpft.
Oder... oder... es gäbe eine ganze
Menge von Massnahmen, die zu
mehr Steuergerechtigkeit beitragen
könnten. Nur werden die in der
Presse oft so im Detail diskutiert, dass
man kaum mehr durchblickt.
Deshalb hier ein kleiner Überblick
über die Begrifflichkeiten der
Steuerpolitik:
Steuern werden in akademischen
Lehrbüchern oft folgendermassen
umschrieben: ”Steuern sind Geldleistungen, die ohne Anspruch auf
eine direkte Gegenleistung durch
öffentlich-rechtliche Gemeinwesen
auf der Basis einer gesetzlich
bestimmten Steuerpflicht erhoben
werden. Sie dienen der Finanzierung gesellschaftlich als notwendig
erachteter Güter.”
Die Steuerpolitik eines Staates hat
demnach also das das Ziel, Einnahmen in ausreichender Höhe zu
liefern, damit alle seine Ausgaben
gedeckt werden können. Neben
dieser Finanzierungsfunktion kann
die Besteuerung, zum Beispiel durch
ihre Einführung oder Abschaffung,
Erhöhung oder Senkung sowie
ihrer Ausgestaltung eine ganze
Reihe von Zielen verfolgen. Diese
Ziele können finanz-, wirtschafts-,
sozial- oder vermögenspolitischer
Art sein.
So kann die Steuer auch eine
Lenkungsfunktion haben. Dies ist
zum Beispiel bei der Ökosteuer der
Fall, die die Funktion hat, den
Benzinkonsum zu drosseln um
damit die Umweltbelastungen zu
reduzieren.
Steuern können ebenso eine
Umverteilungsfunktion besitzen,
so werden beispielsweise bei der
Einkommenssteuer
höhere
Einkommen mehr belastet als
niedrige.
Die Verfassung bestimmt die Steuerart und regelt ebenso, welche
Gebietskörperschaft über die
Einführung und Höhe der Steuer
entscheidet.
Bei der Verteilung der Steuererträge
unterscheidet man zwischen
Bundessteuern, Landessteuern,
Gemeindesteuern und Gemeinschaftssteuern.
Oft ist bei der Unterscheidung der
verschiedenen Steuerarten auch von
direkten und indirekten Steuern die
Rede. Bei der direkten Steuer werden
die individuellen Merkmale der/des
Steuerpflichtigen berücksichtig.
So ist es zum Beispiel der Fall bei der
Einkommenssteuer, bei der die
Höhe des Einkommens oder auch
die familiäre Situation berücksichtigt
wird. Bei der indirekten Steuer, der
Mehrwertssteuer beispielsweise, ist
dies nicht der Fall. Hier entscheidet
der Staat die Höhe der Steuer zum
Beispiel nach der konjunkturellen
Entwicklung oder dem internationalen Standortwettbewerb, sie wirkt
daher nicht ”progressiv”, sprich sie
nimmt keine Rücksicht auf die
SCHWERPUNKT
individuelle Leistungsfähigkeit der
Konsumentin/des Konsumenten
und wird aus diesen verteilungspolitischen Gründen oft kritisiert.
verkommen, um hier eine weitere
politische Bewertung einzufuegen,
Steuern auf Kapital und Eigentum zu
Bagatellsteuern.
Die Einkommenssteuer ist die bedeudenste Einnahmequelle des
Staates, sie bringt ca. ein Drittel
aller Steuereinnahmen. Die Mehrwertssteuer steuert ebenfalls gut 30%
des gesamten Steueraufkommens
bei. So tragen also die Einkommenssteuer und die indirekte
Steuern überwiegend zum Gesamtsteueraufkommen bei und somit
Bleiben wir doch gleich bei der
politischen Bewertung, Die Steuerreformen der letzten Jahre, zum
Beispiel die Entlastung durch das
Steuersenkungsgesetz und die
Reform der Unternehmensbesteuerung 2001 haben dem Staat
erhebliche
Mindereinnahmen
eingebracht. Hierbei wurden
Unternehmer bei weitem mehr
entlastet als ArbeitnehmerInnen. So
sank das Lohnsteueraufkommen nur
um 2,2 %, das der Körperschaftssteuer und der veranlagten Einkommenssteuer allerdings gleich um
56,6%.
Überhaupt läuft in punkto Steuergerechtigkeit seit geraumer Zeit
einiges schief. Zu weiten Teilen ist
das auf die Ära Kohl zurückzuführen, doch die SPD-geführte
Bundesregierung hat bisher nicht
merklich zur Besserung der
Situation beigetragen.
Offensichtlich wurde die Notwendigkeit, etwas gegen die immer
größer werdenden sozialen Differenzen in Deutschland zu unternehmen,
noch nicht ausreichend erkannt.
Noch nie zuvor in der deutschen
Geschichte wurde soviel Vermögen
angehäuft und von einer Generation an die nächste vererbt, wie dies
gegenwärtig
und
in
den
kommenden zehn Jahren der Fall
sein wird. Und die Schere zwischen
Arm und Reich in Deutschland
droht, sich weiter zu öffnen: Der
Anteil der Einkommensarmen an der
Gesamtbevölkerung
wächst
kontinuierlich und die „Nationale
Armutskonferenz“ kommt zu dem
Ergebnis, dass die Kinderarmut in
Deutschland weiter zunimmt, auch
unter der rot-grünen Koalition.
>>
04 05
SCHWERPUNKT
Immer noch werden Steuergeschenke an die oberen 10% gefördert, die
zu Lasten der unteren Einkommensschichten gehen. Dazu zählt
beispielsweise die Senkung des
Spitzensteuersatzes oder die Zinsabgeltungssteuer. Wir Jusos fordern seit
Jahren eine stärkere finanzielle
Belastung der oberen Schichten, aus
deren Einnahmen dann in sozialstaatliche Reformen, Bildung und
Qualifizierung investiert werden
muss.
> Eine Vermögenssteuer mit einem
Freibetrag, der dafür sorgen soll,
dass nur größere Vermögen zur
Besteuerung herangezogen werden
und selbstgenutztes Wohneigentum
freigestellt wird.
> Eine Erhöhung des Aufkommens
aus der Erbschaftssteuer.
Folgende konkrete Massnahmen
würden zu mehr Steuergerechtigkeit
beitragen:
> Ein stärkerer Progressionsverlauf
der Einkommenssteuer und eine
Senkung des Mindeststeuersatzes
für die einkommensschwachen
Bevölkerungsschichten.
> Eine Harmonisierung sämtlicher
Steuerarten innerhalb der EUStaaten.
Der
momentan
herrschende zwischenstaatliche
Wettbewerb um den niedrigsten
Steuersatz auf Kapital, der Anleger
ins Land locken soll, ist mit dem Ziel
einer redistributiven Steuerpolitik in
keinster Weise vereinbar.
> Eine Revitalisierung der Gewerbesteuer, die auch bisher von der
Gewerbesteuer befreite Selbstständige (freie Berufe) heranzieht und alle
Wertschöpfungsbeiträge in die
Bemessung einzubeziehen sind.
> Die Wiedereinfuehrung einer
Körperschaftssteuer für Kapitalgesellschaften mit einer Mindestbesteuerungskomponente.
> Die Einfürung einer Luxussteuer,
bei dem Erwerbs von Luxusgegenständen durch einen dritten
Mehrwertssteuersatz besteuert wird.
Die Existenz von Bankgeheimnissen,
von Amnestien für Steuersünder und
von diversen Steuerschlupflöchern
für Superreiche ist für uns absolut
unakzeptabel.
Kurzum, wir wollen dass in
Deutschland wieder jeder entsprechend
seiner
finanziellen
Leistungsfähigkeit besteuert wird.
ANGELA GREULICH
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Bundeskongress
in
München
Unter dem Motto “Gerecht weiter denken” findet der Bundeskongress 2004 vom 18. bis 20. Juni 2004
in München in der Kultfabrik statt.
Der Bundeskongress ist zum einen eine große organisatorische Herausforderung, zum anderen aber auch eine
einmalige Gelegenheit den Unterbezirk München bundesweit vorzustellen. Mit 400 TeilnehmerInnen, zahlreichen VertreterInnen der Presse und prominenten TeilnehmerInnen aus der Regierung und der Partei ist der
Bundeskongress ein Großprojekt. Gleichzeitig bietet dieses Projekt den Mitgliedern der Jusos München die
Möglichkeit an so einem Kongress teilzunehmen. Deshalb ist der Bundeskongress kein reines Vorstandsprojekt,
sondern hier sind wir auf die Hilfe aller Mitglieder angewiesen.
Die bisherige Tagesordnung:
Freitag den 18.07.04 (Beginn 15.00 Uhr)
Grußworte von Christian Ude und Michael Sommer (Vorsitzender des DGB)
Referent zur Situation der SPD: Klaus Uwe Benneter
Bericht des Bundesvorstands
Vorstellung der Kampagne “Gerecht weiter denken”
Samstag den 19.07.04
Vormittag: Wirtschaft und Globalisierung
Wahlen (Bundesvorsitzender und Stellv. Bundesvorsitzende)
Nachmittag: Europäische Sicherheits- und Verteidigungspolitik
(Kurze Unterbrechung wegen EM Fußballspiel)
Abends: Franz Müntefering und 35 Jahre Linkswende
Danach Kongressparty im Kalinka (ausgerichtet von den Jusos München)
Sonntag den 20.07.04 (Beginn 9.30 Uhr)
Soziale Innovation – Referentin: Edelgard Buhlmann (Bundesministerin für Bildung und Forschung)
Steuer- und Finanzpolitik – Referent: Hans Eichel (Bundesminister der Finanzen)
Außerdem wird auf dem Bundeskongress, nach dem Rücktritt von Niels Annen auch unser
neuer Bundesvorsitzender gewählt.
Deshalb suchen wir noch freiwillige Helfer:
Wer Zeit hat an diesem Wochenende möge sich im Büro melden: [email protected]
Dies gilt auch für Gäste , die sich den Bundeskongress anschauen wollen, bitte meldet euch im Büro an!!!
Mehr Infos findet ihr unter www.jusos.de
06 07
SCHWERPUNKT
Einfacher und gerechter!
Für einen Kurswechsel in
der Steuerpolitik
Noch sind die im Dezember 2003
von der SPD-geführten Bundesregierung Hand in Hand mit der
Opposition beschlossenen Steuersenkungen für Spitzenverdiener nicht
vollständig in Kraft getreten, schon
werden die Forderungen nach noch
weiterreichenden Entlastungen der
selbsternannten Leistungsträger mit
freundlicher Unterstützung der Kommentatoren in den bürgerlichen
Medien unüberhörbar. Da angesichts der bereits erfolgten und noch
ausstehenden Absenkungen des
Spitzensteuersatzes auf am Ende 42
% den Medienberatern von CDU/
CSU und FDP klar ist, dass die ungeschminkte Forderung nach weiteren Steuergeschenken an die Reichen und Superreichen in diesem
Land nicht auf ungeteilte Zustimmung stoßen wird, wurde eben etwas Schminke aufgetragen: “Vereinfachung des Steuerrechts” lautet
das Zauberwort, das sich bei genauerer Betrachtung als das übliche
und ewig gleiche Verlangen nach
weiterer Umverteilung von unten
nach oben entpuppt.
Richtig ist: Eine Vereinfachung und
Re-Systematisierung des deutschen
Steuerrechts tut Not. Ob es dafür
erforderlich ist, ein zwar mit einigen
Schwächen behaftetes aber im großen und ganzen doch bewährtes
Steuersystem komplett aufzugeben,
oder ob es nicht reichen würde,
wenn sich der Gesetzgeber etwas
Mäßigung auferlegen und nicht Jahr
für Jahr (fast sogar Monat für Monat) die nächste “größte Steuerreform aller Zeiten” ins Gesetzblatt
ankündigen würde, steht auf einem
anderen Blatt. Zumal einer Vereinfachung des Steuersystems systemimmanente Grenzen gesetzt sind:
Eine einfachere, im Ergebnis also
vor allem auf Pauschalbetrachtungen abstellende, Steuergesetzgebung wird denknotwendig
Abstriche beim Bestreben nach
Einzelfallgerechtigkeit und möglichst
umfassender Besteuerung nach der
tatsächlichen individuellen Leistungsfähigkeit machen müssen.
Wenn es richtig ist, dass die
Entscheidungsmöglichkeiten der
ökonomischen Akteure ständig
wachsen, wirtschaftliche Betätigung
mithin immer komplexer und vielgestaltiger wird, muss sich das
Steuerrecht dem anpassen. Da es
dann aber zwingend ist, dass derselbe Sachverhalt in Flensburg
genauso steuerlich entschieden
wird, wie in Nürnberg, bleibt nichts
anderes übrig, als in allgemeingültigen Gesetzen, Verordnungen,
Verwaltungsvorschriften und Gerichtsurteilen für eben diesen
Zustand zu sorgen. Kurz gesagt:
Was nutzt es, wenn das Einkommensteuergesetz zwar auf wenige Seiten
passt, dafür die Zahl der außergesetzlichen Vorschriften umso stärker
wachsen muss?
Merz, Faltlhauser, Kirchhof und Co.
geht es aber gar nicht um ein einfacher zu handhabendes Steuerrecht. Sie wollen ihre Klientel weiter
auf Kosten der großen Mehrheit der
Bevölkerung entlasten. Steuerpolitik
nach den Plänen der Union funktioniert weiter getreu dem Leitsatz:
Die Krankenschwester hat die Steuergeschenke an den Chefarzt zu
finanzieren. Dieses Ansinnen der
Unionspolitiker wird sehr schnell
offensichtlich, wenn man sich deren
Hauptforderungen in Sachen “Steuervereinfachung” vor Augen führt:
So vertreten alle “radikalsten Steuervereinfacher” die Auffassung,
dass es letztlich der Steuertarif sei,
der unser Steuersystem so unnötig
kompliziert mache. Kirchhofs Antwort ist der einheitliche Steuersatz
von 25 % für alle. Merz profiliert sich
mit seinem Drei-Stufen-Tarif: Statt
eines progressiven Einkommensteuertarifs soll es in Zukunft nur noch
drei Steuersätze für unterschiedliche
Einkommensklassen geben. Dies
hat die Grenze zur Volksverdummung jedoch deutlich überschritten.
Die Frage nach der Tarifgestaltung
SCHWERPUNKT
hat nichts mit der Frage eines komplizierten oder einfachen Steuersystems zu tun. Wenn erst einmal das
zu versteuernde Einkommen ermittelt ist, ist die Anwendung des Tarifs
eine Frage des Ablesens aus Steuertabellen oder (heute) einer banalen Computerberechnung. Dieser
Arbeitsschritt bleibt gleich, egal ob
der Tarif linear-progressiv, drei- oder
einstufig oder im Zick-Zack verläuft.
Die komplexe Frage ist die nach
dem zu versteuernden Einkommen.
Hier müssen Reformbemühungen
ansetzen, weitere Steuerschlupflöcher und Gestaltungsmöglichkeiten
geschlossen werden. Wer jedoch –
wie Kirchhof und CDU/CSU – mit
dem Schlachtruf Vereinfachung
nach Absenkungen des Spitzensteuersatzes auf im Extremfall 25 % verlangt, betreibt letztlich ideologische
Verblendung.
Umso deutlicher wird dies, wenn
man sich anschaut, wie die Herren
aus der Union und auch Prof. Kirchhof ihre Steuergeschenke an die
Reichen und Reichsten finanzieren
wollen. Die Entfernungspauschale
steht genauso auf den diversen
Listen von “Gegenfinanzierungsmaßnahmen” wie die Übungsleiterpauschale oder die Steuerfreiheit von
Zuschlägen für Schicht-, Nachtund Feiertagsarbeit. Die große
Masse der Beschäftigten soll also
(mal wieder) die Zeche für Steuergeschenke an Familie Quandt &
Co. zahlen.
Es ist zu begrüßen, dass die SPDgeführte Bundesregierung dem
Drängen nach weiteren Entlastungen der Besserverdienenden nicht
nachgegeben hat. Völlig aus den
Augen geraten ist nämlich ein weiteres wichtiges Kriterium, das an ein
zukunftsfähiges Steuersystem anzulegen ist. Selbiges hat nämlich dafür zu sorgen, dass den staatlichen
Haushalten die zur Erfüllung ihrer
Aufgaben notwendigen Mittel bereitgestellt werden. Hier hakt es derzeit
gewaltig: Die Steuergeschenke der
letzten Jahre wurden weitestgehend
erkauft mit einer Handlungsunfähigkeit der öffentlichen Hände. Dem
Staat fehlt an allen Ecken und
Enden das Geld zur Finanzierung
notwendiger Zukunftsinvestitionen in
Bildung, Forschung und Infrastruktur. Dieses Geld zu beschaffen, wäre
Aufgabe der Steuerpolitik. Und es ist
dort zu beschaffen, wo in den letzten 20 Jahren die Steuergeschenke
reichlich verteilt wurden.
Damit wird klar, welche Anforderungen an ein wirklich einfaches und
gerechtes Steuersystem zu stellen
sind. Es muss zuvorderst das Auf-
kommen erwirtschaften, das das
staatliche Gemeinwesen benötigt,
um wieder handlungsfähig zu werden. Das bedeutet, dass für weitere
Steuersenkungen bei den Spitzenverdienern kein Spielraum ist. Im
Gegenteil: Über eine verfassungskonform ausgestaltete Vermögensteuer, über eine weiterentwickelte
Erbschaftsteuer und über eine
angemessene Erhöhung des Spitzensteuersatzes bei gleichzeitiger
Anhebung des Progressionsverlaufs
ließen sich die Einnahmen erbringen, auf die die staatlichen Körperschaften dringend angewiesen sind.
Wenn dann noch weitere Steuerschlupflöcher geschlossen werden,
das unzeitgemäße Ehegattensplitting
als Subventionierung der Alleinverdiener-Ehe ersetzt und die dadurch
geschaffenen Spielräume zu einer
Anhebung des Grundfreibetrages
genutzt werden, wäre man dem
steuerpolitischen “großen Wurf”
einen gewichtigen Schritt näher.
Erforderlich dazu wäre aber der
Wille der Politik, sich mit den Mächtigen in der Gesellschaft anzulegen
und anzuerkennen dass staatliche
Umverteilungspolitik in den letzten
Jahren eher an Notwendigkeit und
Aktualität gewonnen hat. Jusos sollten die laufenden Auseinandersetzungen nutzen, um die steuerpolitischen Debatten auch innerhalb der
SPD wieder in diese Richtung zu
verschieben.
THOMAS GOGER
Juso-Landesvorsitzender
08 09
ZAHLEN BITTE...!
“Jetzt
wird
die
Arbeitslosenhilfe
gestrichen.
[...]
Fünf Milliarden Euro sollen dabei jedes Jahr eingespart werden
– genauso viel, wie die Spitzenverdiener dank der Senkung
des Spitzensteuersatzes an Steuern sparen.”
(Frank Bsirske, Stuttgart am 06.April 2004)
Im Jahr 1999 lag der Spitzensteuersatz noch bei 53%.
Ab 2005 soll er auf 42% sinken.
Von dieser Senkung profitieren in
aller erster Linie die Besser- und
SpitzenverdienerInnen.Nicht im
geringsten spüren die unteren und
mittleren Einkommensschichten die
Senkung eines Spitzensteuersatzes.
Für sie ist vor allem der Grundfreibetrag (ab dem überhaupt erst
Steuern berechnet werden) und der
Eingangssteuersatz (welcher auf den
Ersten steuerpflichtigen Euro anfällt)
relevant.
Die verabschiedete Steuerreform
hebt den Grundfreibetrag an
(auf dann 7664Euro) und senkt den
Eingangssteuersatz (auf 17%), was
zu begrüßen ist. Die Frage,
warum aber Familien mit einem
jährlichen
Einkommen
von
Hunderttausenden Euro am
stärksten entlastet werden müssen,
darf gestellt werden.
Die eingangs vorgestellte Rechnung
zeigt anschaulich die praktizierte
Umverteilung von unten nach oben
- zu allem Übel dirigiert und
verabschiedet von einer sozialdemokratisch geführten Regierung.
Jeder weitere berühmte ElfenbeinRückenkratzer, den sich SpitzenverdienerInnen bald leisten
können trägt - veranschaulicht und
zugespitzt - das Markenzeichen
”sponsored
by
Germany’s
Arbeitslosen”.
Die Binnen-Nachfrage belebende
Impulse kann man bei einer
Steuersenkung in Milliardenhöhe
”von oben” auch nicht erwarten.
Klar, wenn sich jemand eh schon
drei Zweitautos leisten kann, bringt
er sein übriges Geld irgendwann
zur Bank. Er ist gesättigt, seine
Grundversorgung und mehr ist
gesichert. Die Sparquote (der Anteil
des zur Verfügung stehenden
Geldes, der nicht in den Konsum
fließt) ist bei diesen Bevölkerungsschichten folglich hoch und notwendige Konsum-Impulse sind hier nicht
zu erwarten. Jemand der hingegen
wenig Geld zur Verfügung hat,
rechnen und sparen muss und dem
trotzdem am Ende des Monats
nichts übrig bleibt, findet mehr als
genügend Verwendungsmöglichkeiten für ein bisschen mehr in der
Tasche. Die Sparquote war hier
schon immer niedriger und eine
Steuerentlastung “unten” wäre
durchaus nachfragewirksam.
Arbeitssuchende, die gerade von
Managern
der
besonders
”fleißig-rationalisierenden Art” auf
die Straße gesetzt wurden und
werden, finanzieren so seine
Steuerentlastung.
PHILIPP OBERMÜLLER
DAS LETZTE WORT
Das letzte Wort:
Nun ist es soweit ... Big Brother is watching you
Vor kurzem wurden die mobilen Überwachungskameras am Stachus Rondell und am
Hauptbahnhof in Betrieb genommen. Nie wieder kann man nun unbesorgt seinen
Milchshake trinken oder gemütlich eine Zigarette an den Stachus Fontänen rauchen
ohne dass einem dabei zugeschaut wird. Sieben Tage die Woche, 24
Stunden am Tag. Zumindest wird man darauf hingewiesen, dass diese High Tech Kameras auch das Muttermal hinter deinem linken Ohr erkennen können
(“ Schau mal die hat ein Muttermal hinter dem Ohr, oh wie süß!”).
Vielleicht beschweren sich auch hier ein paar Anwohner, wie einige Schwabinger, die
sich
durch
die
Zoom-Webcam auf dem Olympiaturm belästigt fühlen.
Aber der Überwachungsstaat herrscht nicht nur in München
Auch im Willy-Brandt-Haus in Berlin kann es passieren, dass man als Jusos wie verrückt kontrolliert wird.
So geschehen zur 100 Jahr Feier der Jusos vor ein paar Wochen. Obwohl jeder von uns ein schönes Namensschild mit Juso-Logo bekommen hat und wir alle nur den 100. Geburtstag der Jusos feiern wollten, kontrollierte der
Sicherheitsdienst jedes Mal unsere Taschen wenn wir zur Feier wollten (davon abgesehen, dass man diese Leute
nicht gerade als freundlich bezeichnen konnte; nach dem “Was guckst du” - Motto: “Du kommst hier nicht rein!”).
Natürlich ist es selbstverständlich, dass Kontrollen etwas härter sind wenn der Parteivorsitzende “Münte” eine
Rede hält. Aber gleich so heftig?!
Was wäre gewesen, wenn Gerhard Schröder vor den Jusos gesprochen hätte?
Na ja, vielleicht hätten uns die netten Mitarbeiter vom Sicherheitsdienst dann mit Metalldetektoren gescannt.
Was soll’s, Hauptsache unsere Straßen werden sicherer, damit man in aller Ruhe einen Milchshake trinken und
eine Zigarette rauchen kann
BORIS STARK
10 11
Simone Burger
Vorsitzende
tel. 26 02 30 90
[email protected]
Jürgen Glatz
Publikationen
tel. 81 89 45 94
[email protected]
Dunja Langer
Frauenbeauftragte
tel. 54 76 79 89
[email protected]
Boris Stark
Regionalverband Ost
tel. 43 57 48 98
[email protected]
Viola Unger
Pressesprecherin
tel. 98 10 86 21
[email protected]
D
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Anno Dietz
Öffentlichkeitsarbeit,
Stellvertretender
Vorsitzender
tel. 44 88 233
[email protected]
Simona Winkler
Regionalverband West,
Stellvertretende
Vorsitzende
tel. 56 04 63
[email protected]
Alex Ben Chaouch
Regionalverband Süd
tel. 77 79 53
[email protected]
Martina Bögl
Mitgliederbetreuung
[email protected]
Florian Hiemeyer
Regionalverband Nord
tel. 32 38 76 51
[email protected]
Eva Winkelmeier
Politische Bildung
[email protected]
RV Nord
RV West
Das Münchner Stadtgebiet ist in vier
Regionalverbände, entsprechend den
Bundestagswahlkreisen, eingeteilt. Für
jeden RV gibt es einen Ansprechpartner im
Vorstand (s.o.).
Büro der Jusos München:
RV Ost
RV Süd
Oberanger 38 / IV, 80331 München
Tel. 26 02 30 90, Fax 26 02 30 91
[email protected]

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