Inhalt - LernPlus - Institut Lernhemmungen

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Inhalt - LernPlus - Institut Lernhemmungen
LernPlus
Institut Lernhemmungen
Karin Kaffke-Rusche
Mobile 0177/8674569
www.institut-lernhemmungen.de
Falldokumentation 1
Klient: Junge, zum Zeitpunkt der Förderung 8,9 Jahre alt
Trainingsstunden: ein Jahr/ ein mal pro Woche, 45 Minute
Inhalt
1. Therapie im LernPlus
2. Beginn der Lerntherapie für Lorenz
2.1 Datenerhebung
2.2 Lernprofil als Grundlage der Therapieinhalte
2.3 Lern- und Arbeitsverhalten
2.4 Kognitive Fähigkeiten
2.5 Therapieinhalte
2.6 Kooperationen
2.7 Theoretischer Therapieverlauf
3. Verlauf der Lerntherapie
3.1 Arbeitsmaterialien
4. Elternarbeit
5. Fazit
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1. Therapie im LernPlus
Die lerntherapeutische Arbeit fand im LernPlus statt, eine Lerntherapie mit dem
Schwerpunkt Lernhemmungen. Die Therapieeinrichtung arbeitete zu dieser Zeit in
Spandau in der Lernwerkstatt der Schulpsychologie. Dort befindet sich unter
anderem auch die Regionale Fortbildungsstätte aller Pädagogen des Stadtteils.
Der Problemhintergrund der Kinder und Jugendlichen, die in der Lerntherapie mit
dem Schwerpunkt Lernhemmungen gefördert werden, ist in der Regel sehr komplex.
Für Lernhemmungen sind in der Regel mehrere Ursachen verantwortlich und wirken
zusammen. Oft sind sie nur der vorläufige End- oder Höhepunkt einer meist
langjährigen krisenhaften Entwicklung. Oberflächlich betrachtet handelt es sich um
„Schulversager“, die trotz normaler Begabung im Leistungsbereich versagen. Diese
Kinder und Jugendlichen können ihre Lernressourcen nicht ausreichend nutzen bzw.
umsetzen, da ihre Gefühlswelt vorherrscht und können durch die
Gefühlsüberschwemmung ihr Wissen nicht abrufen.
Verstand und Gefühl ins Gleichgewicht bringen
Lernen ist mehr als ein kognitiver Prozess. Emotionen sind entscheidend dafür, was
und wie wir lernen. Denn Emotionen, nicht der Intellekt, sind der Treibstoff, der den
Motor der Wissensaneignung antreibt. Der Verstand wird erheblich beeinträchtigt,
wenn unkontrollierte Emotionen unsere Energie abziehen oder unsere
Wahrnehmung verzerren. „Es ist wirklich wie Ironie und eine große Chance, dass der
Verstand weit effektiver, schärfer und klarer wird, wenn Emotionen ins Gleichgewicht
kommen und verstanden werden.“ (aus „Vom Chaos zur Kohärenz“)
Entwicklung, Reifung, Wachstum und Lernen gehen bei Kindern und Jugendlichen
Hand in Hand. Emotionen sind die entscheidenden Auslöser („Trigger“) für alle
Lernprozesse, daher pointiert die Lerntherapie mit dem Schwerpunkt
Lernhemmungen die Aktivierung der emotionalen Zentren. Angstbesetztes Lernen
kann das Einspeichern von neuen Inhalten zwar zunächst fördern, führt aber
langfristig zu chronischem Stress, zu geringer Belastbarkeit und emotionaler
Destabilisierung.
Lernen muss mit positiven Emotionen arbeiten. Denn Motivation über positive
Emotionen setzt jene Lernprozesse in Gang, die Bedeutung für das Leben haben,
die begeistern und zu bewältigen sind. Lernen in einem angenehmen emotionalem
Kontext bezieht sich sowohl auf die Lerninhalte als auch auf den Lernprozess.
Diesen Gegebenheiten will die Lerntherapie Rechnung tragen.
In der Lerntherapie geht es um die Entwicklung von emotionalen Faktoren wie:
▪ Die Fähigkeit, seinen eigenen Gefühlszustand und den anderer zu erkennen;
▪ Die Fähigkeit, den natürlichen Ablauf von Gefühlen zu verstehen;
▪ Die Fähigkeit, über seine eigenen Gefühle und die anderer vernünftig nachzudenken und zu urteilen;
▪ Die Fähigkeit, mit seinen eigenen Gefühlen und denen anderer richtig umzugehen.
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Und die Entwicklung von kognitiven Prozessen:
▪
▪
▪
Den Blick auf die Stärken richten;
Freude und Erfolg gewährleisten;
Für bedeutsame Erfahrungen sorgen.
2. Beginn der Lerntherapie für Lorenz
2. 1 Die Datenerhebung
Die Km Frau J. ist mir von einer langjährigen guten Kollegin aus der
Schulpsychologie geschickt worden. Sie kommt verzweifelt und voller Erwartungen in
die Lerntherapie. Sie ist offen und bereit alles darzulegen und zu berichten, was für
die Therapie von Bedeutung sein könnte. Ihre Offenheit schafft von Anfang an ein
Vertrauensverhältnis, dass leider die gesamte Therapie anhält. So erfahre ich von
den großen Schwierigkeiten in der Schule, ich erfahre von den Spannungen mit
seinen Klassenkameraden, von seiner Traurigkeit und seiner inneren Not. Ich erfahre
von den hilflosen Reaktionen der Familie, von erhöhten Konfliktpotenzialen im
familiären Setting bei Hausaufgabensituationen aber auch bei Freizeitaktionen. Ich
erfahre, dass die Eltern getrennt leben und zerstritten sind. Ich erfahre von den zwei
Geschwistern von Lorenz, die so ganz anders seien, von den Großeltern
mütterlicherseits, die Lorenz sehr nahe stünden. Ich erfahre von der
Schulpsychologin, dass Lorenz eine Rechenstörung und eine leichte LeseRechtschreibschwäche habe. Neben der diagnostizierten Dyskalkulie würden bei
Lorenz komorbide Begleit- und Folgesymptome auftreten, die für Ihn eine große
Belastung darstellen. So zeigen sich bei ihm psychosomatische Beschwerden wie
z.B. Schlafstörungen, Kopfschmerzen und emotionale Symptome wie Schulunlust
und Schulangst.
Aus dem Anamnesegespräch ergeben sich folgende Punkte:
•
Die Schwangerschaft und Geburt verliefen normal
•
Lorenz Kontaktfähigkeit entwickelt sich sehr verzögert, er beginnt erst im
Kindergarten mit 3 Jahren auf fremde Personen zuzugehen.
•
Aufgrund der Auffälligkeiten im Sozialverhalten ( sitzt viel in der Ecke, traut
sich nichts zu, spiele nur allein ) wurde er im letzten Kindergartenjahr in einem
Waldorfkindergarten Kindergarten besonders intensiv betreut.
•
Es entwickeln sich aggressive Verhaltensweisen gegen die Mutter
•
Die Eltern leben getrennt. Lorenz hat zwei Geschwister, einen älteren
Bruder und einen jüngeren Bruder, die ihm in allem überlegen sind. So ist er
meist für sich allein.
•
Er beschäftigt sich nur unter Zwang mit den Schulaufgaben, fühlt sich häufig
ungerecht behandelt , distanziert sich von den Mitschülern und „übersteht“ die
Schulzeit nur noch . Sein ganzkörperliches Unwohlsein erkennt die Lehrerin
durch seine spannungslose Körperhaltung, fast immer liegt sein Kopf auf dem
Schultisch. In den kurzen Pausen ist er häufig in einer Ecke des
Klassenraumes und wartet auf den Stundenbeginn.
•
Ein regelmäßiger Kontakt zur Klassenlehrerin wird aufgebaut, die Lehrerin ist
sehr offen für gemeinsame Gespräche mit den Eltern, gemeinsame Gespräche
mit der Schulpsychologin finden statt, zwei Hospitationen in der Klasse werden
3
von mir durchgeführt, sowie der regelmäßige
„Aufgabenheft“ und ausführliche Telefonate.
Austausch
über
ein
•
Den aktuellen Leistungsstand entnehme ich Proben, Nachschriften und den
Zeugnissen. Die HSP und einen basalen selbst zusammengestellten
Mathetest führe ich durch und nutze die Ergebnisse für den Therapieaufbau.
•
Erstellen des Lernprofils
2.2. Lernprofil als Grundlage der Therapieinhalte
Lorenz Gestaltgehirn ist dominant. Unter Stress sind die Bereiche des Erfassens und
Aufnehmens (rezeptiv) und der Ausdruck (expressiv) eingeschränkt.
Lernhinweise:
Lorenz lernt am Besten in der Bewegung. Er fokussiert den Gesamteindruck und
braucht immer den emotionalen Bezug zur eigenen Person.
Er muss sich bewegen, während die innere Verarbeitung geschieht; er will möglichst
wenig äußere sensorische Reize. Er braucht Zeit und Ruhe, besonders wenn neue
Vorstellungen und Gedanken integriert werden sollen und unter Stress.
Er kann in entspanntem Zustand Details und Reihenfolge von Informationen sehen,
hören und sowohl schriftlich wie mündlich leicht wiedergeben. Er schätzt Metaphern,
Beispiele und Assoziationen beim Problemlösen. Lorenz interpretiert die Sprache am
Klang, an der Melodie und am Rhythmus. Er lernt kinästhetisch und braucht
Bewegung um neuen Stoff zu verarbeiten (speziell der Hände).
Lorenz erkennt schnell den Grundgedanken, hat jedoch Schwierigkeiten Details
linear zu sehen und zu erklären. Er braucht Entspannung für Details.
Lorenz befolgt Anweisungen lieber nicht Schritt für Schritt. Er stellt sich lieber erst
das Endergebnis vor und macht dann intuitiv das, was sinnvoll zu sein scheint.
Er kann beim Lernen die Augen schließen und das Ohr zum Sprechenden wenden.
Er bewegt sich meist spontan und flüssig. Unter Stress bewegt er sich eher
vorsichtig, unbeholfen und blockiert.
Unter Stress hat er möglicherweise Schwierigkeiten zu kommunizieren, zu sehen,
zuzuhören und sich zu erinnern. Er hat einen Gesamteindruck, kann ihn aber nicht in
seine einzelnen Aspekte und sprachlichen Bestandteile zerlegen und damit
wiedergeben. Unter Stress ist es ein großes Handicap, dass für
Sinneswahrnehmungen kein Zugang zur dominanten Hemisphäre möglich ist; Lorenz
ist dann von seiner Wahrnehmung völlig abgeschnitten. In entspanntem Zustand ist
die Integration von Logik- und Gestaltgehirn dagegen sehr viel leichter möglich als
bei anderen Lernprofilen.
Die Verarbeitung durch die dominante Gestalthälfte ist auf die Hilfe der bevorzugten
Organe (Hand, Auge, Ohr) angewiesen, die in stressfreien Situationen Zugang zur
Logikhälfte haben.
Die große Herausforderung für ihn ist, sich einzelne Teile einer Information
zugänglich zu machen, sie sich logisch und linear verständlich zu machen und
danach zusammengesetzt wiederzugeben.
Lernhilfen:
Lorenz muss vorgeführt bekommen, wie er mit den Details und den linearen
Komponenten im Leben und beim Lernen umgehen kann und wie er darüber
sprechen kann.
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Ein Sitzplatz sollte so gewählt werden, dass er ungestört innerlich verarbeiten
kann, wichtig ist, dass er sich dort auch bewegen kann, ohne das andere
gestört werden. (Beschäftigung für die Hände: z.B. Knetball)
Überkreuzende Bewegungen für die Körpermitte und für die Augen können ihm
helfen, ebenfalls dreidimensionale Kunst und die Verbindung verschiedenartiger
Aktivitäten: Kunst, Musik, Bewegung interpersonaler Fähigkeiten in Verbindung mit
kognitiven Beschäftigungen im Bereich Sprache und Mathematik.
2.3 Lern- und Arbeitsverhalten
Zu Beginn der Schulzeit ist Lorenz zurückhaltend und schüchtern und beteiligte sich
nie am Unterrichtsgespräch. In Mathematik resignierte er zusehends und beginnt im
Unterricht zu stören. Seine eingeschränkte Ausdauer und Konzentration auch seine
Unselbständigkeit zeigten sich besonders im Fach Mathematik. In diesen Stunden
gibt er schnell auf und versucht die Aufgaben zu umgehen oder verweigert sich ganz
offensichtlich. Seine Mathematikhausaufgaben erledigt er nicht und verheimlicht sie
zu Hause, dies führt zu Spannungen zwischen ihm und seiner Mutter.
2.4 Kognitive Fähigkeiten
Lorenz hat große Schwierigkeiten Dinge zeitlich einzuordnen. Er kann zwar den
aktuellen Wochentag nennen, jedoch nicht den Vortag bzw. den Folgetag. Auf die
Frage, wann er Geburtstag habe, antwortet er mit dem Wochentag: Freitag. Auf die
Frage, ob er immer an einem Freitag Geburtstag habe, antwortet er nein, aber immer
im Sommer. Auf nochmaliges Nachfragen kann er den August nennen, jedoch kein
genaues Datum.
- Ultrakurzzeitgedächtnis: spricht 3 Zahlen vorwärts, rückwärts dagegen nur nach
langer Überlegung, z.T. mit Fehlern.
- Kurzzeitgedächtnis: Memory lehnt er ab „das kann ich nicht, da bin ich schlecht.“
- Langzeitgedächtnis: unauffällig
- Sensomotorik: Lorenz kann keine Schleifen binden und noch nicht Brustschwimmen. Das Seilspringen gelingt nicht, die zeitliche Koordination von Absprung
und Armbewegung ist nicht verinnerlicht.
- Auge-Hand-Koordination: Probleme bereiten Lorenz der Pinzettengriff, das Fädeln
von kleinen Perlen, Papier zu falten, das saubere ausschneiden. Er meidet diese
Art Tätigkeiten.
- Ausprägung der Lateralität: Keine festgelegte Lateralität. (Nach Angabe der Mutter
wechselte Lorenz bis zum Alter von sechs Jahren den Stift oder die Gabel o.ä. von
der rechten in die linke Hand und umgekehrt.) Erst seit Schuleintritt legt er sich auf
die rechte Hand fest. Die Unterscheidung von rechts und links bereitet ihm noch
Schwierigkeiten.
- Er verdreht die Zahlen (z.T. auch Buchstaben, vor allem b,d) in ihrer Schreibrichtung und hat keine Vorstellung von dem Stellenwertsystem.
- Mathematische Grundlagen: Lorenz kann Gegenstände nach Größe, Farbe oder
Form sortieren. Invarianz: Bei paarweiser Zuordnung erkennt Lorenz die Konstanz
der Gleichmächtigkeit zweier Mengen, bei Veränderung der flächenmäßigen
Ausdehnung ist er unsicher. Lorenz kann Mengen bis vier spontan erkennen.
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Mehr Elemente muss er abzählen; eine Menge in überschaubare Teilmengen zu
zerlegen misslingt ihm. Lorenz kann die Zahlenreihe bis 20 fehlerfrei aufsagen,
danach ist er sich unsicher und es unterlaufen ihm Fehler, vor allem bei den
Zehnerübergängen. Lorenz kann nur zählend zu einer vorgegebenen Zahl, die kleine
als 10 ist, die zu 10 ergänzende Zahl finden. Er hat große Schwierigkeiten
Zahlenreihen fortzusetzen. Muster fortsetzen gelingt ihm dagegen. Er hat bis jetzt
noch keine Grundvorstellung über Multiplikation oder Division entwickelt. Er benutzt
immer seine Finger als Hilfsmittel, um Aufgaben zu lösen. Wird der Zahlenraum
größer als 20 unterlaufen ihm permanent Fehler und er beginnt zunehmend durch
albernes Gehabe abzulenken.
2.5 Therapieinhalte
Auf Grundlage der vorliegenden Daten und meiner eigenen Beobachtungen während
der Hospitationen und der Testsituationen mit Lorenz, plane ich folgende Inhalte:
Lesen:
• Buchstaben- und Silbensynthese
• Förderung des Lesens (Intra Act Plus)
• Sinnerfassung
Schreiben:
• Freude am Schreiben
• Schwungübungen
• Förderung der Graphomotorik – Buchstaben und Ziffern
Mathematik:
• Erwerb von Rechenstrategien
• arithmetisches Denken entwickeln
• Symbolverständnis entwickeln
• Zahlenwortkonstruktionen
• Gedächtnisleistung erweitern
• geometrische Gestalten aus dem Gedächtnis rekonstruieren
Zahlensinn entwickeln:
• Zahlen zusammensetzen und zerlegen,
• flexibel zwischen verschiedenen Repräsentationen zu wechseln und zu
erkennen, wann eine Repräsentation günstiger als eine andere ist
• relative Größe von Zahlen erkennen
• Umgang mit absoluten Größen von Zahlen
• mit leichten Zahlen rechnen
• Effekte von Operationen verstehen
• Kopfrechnen mit Hilfe eigener Strategien unter Ausnutzung numerischer
Eigenschaften
• Zahlen flexibel verwenden
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weitere Inhalte:
●
●
●
●
Merk- und Gedächtnisübungen
Konzentrationsübungen
Förderung der Frustrationstoleranz
Förderung des Selbstwertes und Entlastung vom Leistungsdruck
2.6 Kooperationen
Die erste Einzelfallbesprechung mit der Schule, der Mittagsbetreuung, der Km und
der Lerntherapie ergaben folgende Festlegungen: Regeln müssen konsequent
eingehalten werden, Feedback durch Lob (Prinzip der positiven Verstärkung).
Entspannung in der Familie: Hausaufgaben werden ausschließlich in der
Mittagsbetreuung des Schulhortes angefertigt. Für das Fach Mathematik gilt, dass
Lorenz in der kommenden Zeit von den regulären Hausaufgaben befreit wird. Die
Hausaufgaben ergeben sich aus den Inhalten der Lerntherapie. Die Schule wird
Lorenz zukünftig individuell nach seinem Leistungsstand in der Freiarbeit
unterrichten, um die Grundlagen im Fach Mathematik anzubahnen und zu festigen.
Weitere Misserfolge und negativer Leistungsdruck soll von Lorenz ferngehalten
werden. Durch sichtbare kleine Erfolge soll er wieder für das „ungeliebte Schulfach“
motiviert werden. Diese Vereinbarungen werden Lorenz Selbstwertgefühl stärken
und sich ganzheitlich auf seine Persönlichkeit auswirken.
2.7 Theoretische Therapieverlauf
Der Ablauf einer einzelnen Therapiestunde sollte bei Lorenz einen steten Rahmen
haben. Bei der didaktischen Aufarbeitung der einzelnen Stunden sollte ein ständiger
Methodenwechsel maßgebend sein, da seine Motivation und Konzentration schnell
abnimmt. Ein Wechsel zwischen Bewegungs- und Ruhephasen, zwischen laut und
leise. Ein Wechsel zwischen gemeinsamer Erarbeitung und selbständiger
Auseinandersetzung sowie die Entwicklung der auditiven Wahrnehmung und der
visuellen Wahrnehmung, Übungen zur Psychomotorik und Konzentrationstraining
und die Entwicklung von intra- und Interpersonalen Fähigkeiten sollten ebenfalls
einen Raum in der Stundendifferenzierung einnehmen.
1. Warming up/ Bewegungseinheit /Kinesiologie / autogenes Training
2.Gesprächssituationen aus dem Alltag / Stimmungsdarstellung
3. Wie geht es dir? Was war gut? Was war nicht gut?
4. Arbeitsphase mündlich/schriftlich
5. Konzentrationstrainung
6. optische Differenzierung
7. akustische Wahrnehmung
8. Spielphase
•„Lingoplay“ wie z.B.
• Silbolo (Wörter in Silben gliedern)
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• „Haus-Maus-Laus“ (auditive Wahrnehmung durch erkennen von Reimen
fördern) •„Vokalo“ (Heraushören von Vokalen) usw.
Zur Förderung der Konzentration und Feinmotorik boten sich „Stapelmännchen“,
„Mikado“ (große und kleine Stäbchen), „Memory“, „Rushour“ usw. an.
9. Computertraining
Abschlussspiel „Hanno Hamster“
Zur Belohnung am Ende einer Therapiestunde durfte er das Computerspiel von
„Hanno Hamster“ spielen. Durch „Hanno Hamster“ wird die phonologische
Bewusstheit nochmals trainiert. Z.B. durch das Erkennen von bestimmten
Buchstaben in Wörtern, Reimpaare, usw. kann der Spieler für seinen Hamster
Punkte sammeln.
3. Verlauf der Lerntherapie
3.1 Arbeitsmaterialien und Aufgabenbeispiele
Wahrnehmung und Gedächtnisförderung:
Streichhölzer nachlegen, Streichholzmuster weiterlegen, Streichholzmuster aus dem
Gedächtnis legen ( vorher zeigen, abdecken, nachlegen, vergleichen).
Zusätzliche Förderspiele: Make n Break
Nikitin-Matrial, Warming-up
Raum-Lage-Sinn Förderung:
„Takto“: Positionsbegriffe üben: über, unter, neben, rechts, links...
Pilot-Spiel: Kind und Therapeut sitzen nebeneinander. Rollen festlegen Pilot und CoPilot. Der Pilot gibt die Flugrichtung an. Ggf. Abänderung in Rennfahrer o.ä.
Simultane Mengenerfassung:
Würfelaugen auf einen Blick erkennen. Großer Schaumstoffwürfel. Vorteil, Lorenz
bleibt in Bewegung, höherer Anreiz. Genannte Zahl auf Rechenschieber ohne Zählen
schieben. Geschobene Menge auf dem Rechenschieber ohne Zählen nennen.
Lorenz soll lernen hinter den Symbolen der Zahlen die entsprechenden Mengen zu
denken. Zunächst im Zahlenraum bis 10. (Später erweitert bis 20 und dann bis 100.)
Zahlenstrahl als innere Struktur: Teppichfliesen als Zahlenstrahl legen und sich in
diesem realen Zahlenraum bewegen, sowohl vorwärts als auch rückwärts.
Geheimsprache: meine Zahl ist kleiner als zehn und größer als fünf. Abwechselnd
raten und Geheimrätsel aufgeben. Zu Beginn anschaulich an der Rechenschlange,
zunächst nur bis 10, später erweitert bis 20, 50, 100.
Fünferpakete erkennen:
Hilfsmittel zum Rechnen ohne Zählen Material: Halli Galli, Duplosteine, immer fünf in
einer Farbe als Stange zusammengesteckt, eine weitere Zehnerstange, unterteilt in
zwei Farben (Fünferpakete) , dient als Maßstab.
Zeitliche Dimension:
Montessori Material:
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Einerwürfel, Zehnerstangen, und Zahlentafeln
Dekadischen Zählprinzips
Rechenstrategien:
Addition
/Subtraktion
als
Ergänzungsund
Zerlegungsaufgabe.
Verdoppelungsaufgaben mit Ableitung z.B.: 6+7 = 6+6 und eins mehr. etc.
In den ersten Stunden war es mir wichtig einen guten Kontakt zu Lorenz
herzustellen. Durch Gespräche über ihn und sein Hobby sowie über mich und meine
Arbeit gelang mir das gut.
Die Therapiestunden dauern, angelehnt an die Schulstunden, jeweils eine dreiviertel
Stunde. Eine Einheit ist unterteilt in eine Warming-up Phase (ca. 10 Minuten), einen
Hauptteil (25 Minuten) und ein Abschlussspiel nach Wahl (ca. 10 Minuten). Die
Lernziele wollte ich für Lorenz in sehr kleine Abschnitte unterteilen. Durch die Spiele
zu Beginn bzw. am Ende der Stunde wollte ich ihm einen Anreiz geben, dass
Mathematik auch Spaß machen kann. In der Planung der einzelnen Stunden achtete
ich auf Lorenz Konzentrationsphasen und habe dementsprechend leichte bzw.
schwierigere Übungen abwechselnd durchgeführt. Konzentration beinhaltet immer
einen Wechsel zwischen Anspannung und Entspannung. Da Lorenz in Mathematik in
letzter Zeit immer angespannt gewesen ist, ist so seine Konzentrationsfähigkeit
blockiert gewesen.
Zum Stundenbeginn führte ich mit ihm kinesiologische Übungen durch, um seine
beiden Gehirnhälften zur aktivieren. Offenbar gelang mir die optimale Passung von
Erfolgserwartung und Wert. Die Ziele waren für ihn erreichbar, aber nicht zu einfach.
Da Lorenz keine Krabbelphase hatte und die Lateralität nicht deutlich ausgeprägt
war, wollte ich die Überkreuzbewegungen der kinesiologischen Übungen an den
Stundenbeginn setzen. Zunächst wollte Lorenz die Übungen nicht mitmachen. Sein
Fußballtraining aufgreifend erklärte ich ihm, dass seinem Gehirn, genau wie seinem
Körper, ebenfalls ein Aufwärmtraining gut tut, es aber nicht unbedingt sein müsse. In
der darauf folgenden Stunde wollte Lorenz die Übungen von sich aus machen und
sie wurden fester Bestandteil in unserer Förderung.
Die Lerninhalte sowie den Hauptteil der Stunde wurden vorgegeben. Zum Ende jeder
Stunde sollte er Mitspracherecht haben und sich, zur Belohnung, ein Spiel oder den
Computer aussuchen dürfen. Durch den festen Rhythmus im Stundenaufbau sollte L.
Beständigkeit und Zuverlässigkeit erfahren. Es ist wichtig, dass er im Vorfeld weiß,
was ihn erwartet und er sich so auf die Stunde innerlich einstellen kann.
Die Lernziele unterteilte ich in sehr kleine Abschnitte. Zu Beginn war ich mir etwas
unsicher, in wie kleine Schritte ich die Lerninhalte aufteilen sollte. Ich wollte Lorenz
nicht überfordern, um ihm weitere Misserfolge zu ersparen, andererseits wollte ich
ihn aber auch nicht unterfordern, so dass er evtl. das Gefühl bekommt ich würde ihn
für „unfähig“ halten.
Die Untergliederung der Stunden in feste Abschnitte kam bei Lorenz sehr gut an. Er
freute sich schon auf das Computerspiel am Ende der Stunde (meistens
Mathematikus) und machte daher überwiegend motiviert mit. Wir hatten einen guten
„Draht“ zueinander gefunden. Lorenz fühlte sich von mir angenommen und
verstanden.
Ich gestaltete die Stunden abwechslungsreich und wählte zu einem Thema
verschiedene Fördermittel, so dass möglichst alle Sinneskanäle angesprochen
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wurden. Besonders aktive und schnelle Spiele kamen bei ihm an und er lernte
schnell dazu.
4. Elternarbeit
Die Elternarbeit gestaltet sich etwas schwierig. Frau J. ist zeitlich voll ausgelastet.
Sie arbeitet halbtags in einem Büro, muss alleine den Haushalt führen und ihre drei
Kinder erziehen. Gleich zu Beginn der Lerntherapie sagt sie ehrlich, dass sie nur
einwilligt, wenn sie dadurch eine Entlastung verspürt. Da sie sowohl in die Schule als
auch in die Mittagsbetreuung sporadisch zu Elterngesprächen kommt, kann sie nicht
noch mehr Zeit investieren. Um ihr entgegen zukommen und um sicher zu gehen,
dass Lorenz die Förderung erhält, die er benötigt, vereinbarten wir überwiegend
telefonischen Kontakt. Die häusliche Situation von Lorenz ist durch die Tatsache,
dass er mit einer seinem kleinen Bruder das Zimmer teilt, angespannt. Zudem
schwankt Lorenz zwischen zwei Extremen. Auf der einen Seite seine
perfektionistische Mutter, die kompromisslos erzieht und auf der anderen Seite sein
unzuverlässiger Vater, der ihn immer wieder menschlich enttäuscht. Diese
Pendelerziehung wird in den Elterngesprächen thematisiert. Der Rat an die Eltern,
sich eine familientherapeutische Hilfe zu suchen, wird nicht realisiert. Frau J. griff
gerne Vorschläge auf, wie zum Beispiel das Kinderzimmer durch Raumteiler zu
trennen, so dass jedes Kind seine Privatsphäre erhält, allerdings müssen die
Vorschläge sofort umsetzbar sein. In ihrer Persönlichkeit ist Frau J. so sehr
festgelegt, dass nur kleine Veränderungen im Erziehungsstil erreicht werden. Die
starren Regeln und Konsequenzen geben der Km Sicherheit und Halt. So erlebt Frau
J. Veränderung als Bedrohung. Der Vater ist laut Aussage der Mutter zu keinen
Gesprächen bereit. Die Meinung: Der Junge müsse sich schon irgendwie selber
durchschlagen, der Vater habe dies auch geschafft !, ist die einzige Gemeinsamkeit
der Eltern. Da die tägliche Fürsorge bei der Mutter liegt und die Eltern nach der
Trennung sich keinen Konsens in der Kindererziehung erarbeiten konnten, ist ein
gemeinsames Gespräch mit den Eltern eher die Ausnahme.
5. Fazit
Lorenz ist heute in der Lage sich Arbeitsanweisungen und kleine Texte zu erlesen.
Den Inhalt von Sachtexten kann er ohne Mühe verstehen. Er kennt alle Buchstaben
und kann sie lesen und schreiben. Er beginnt Texte zu verfassen, d.h., er beginnt
seine Gedanken in kurzen Sätzen notieren zu können.
In Mathematik gelingt ihm das Schreiben der Zahlen, er beginnt sich im Zahlenraum
bis 20 sicherer zu fühlen und bewältigt überwiegend Additions- und
Subtraktionsaufgaben in diesem Zahlenraum selbständig, aber noch zählend. In der
Arbeit mit dem Hunderterquadrat wurde deutlich, dass Lorenz eine Vorstellung von
den Zehnern bis Hundert hat.
Lorenz Entwicklung zeigt ganz deutlich einen Leistungszuwachs. Es ist zu vermuten,
dass er bei regelmäßiger individueller Begleitung und Förderung im Unterricht sein
Wissen festigen kann, um verlässlicher darauf zurückgreifen und aufbauen zu
können.
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Lorenz ist ein neugieriges, offenes Kind geworden, das gerne in de Schule geht. Er
hat einen gesunden Ehrgeiz entwickelt und übernimmt mehr und mehr die
Verantwortung für sein Lernen. Therapeutisches Potenzial liegt in der familiären
Situation der getrennt lebenden Eltern. Eine Familientherapie hat immer noch nicht
begonnen, aber es wurde schon häufig von beiden Eltern darüber laut nachgedacht.
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