BG BAU aktuell 2015 / Ausgabe 1

Transcrição

BG BAU aktuell 2015 / Ausgabe 1
Unternehmermagazin für die Bauwirtschaft
Ausgabe 1 | Februar 2015
BG BAU aktuell
Achtung:
unterirdische
Leitungen
Kompaktinfo
Passender
Gehörschutz
www.bgbau.de
Im Interview:
Andrea Nahles,
Bundesministerin
für Arbeit und Soziales
Geld von der BG BAU –
neue Arbeitsschutzprämien
NEU! Folgen Sie uns auf Twitter:
www.twitter.com/bg_bau
Beilage des Kompetenzzentrums
For tbildung nach der DGU V Vorschrif t 2
T hema: Passender Gehörschut z
Inhalt
ARBEITSSCHUTZ ZAHLT
SICH AUS
LAUFEND GESUND
BLEIBEN
„PSYCHISCHE BELASTUNGEN SCHIFFBAU „MADE IN
MEHR IN DEN FOKUS RÜCKEN“ PAPENBURG“
Die BG BAU verlängert ihr Prämienmodell für Mitgliedsunternehmen in Sachen Arbeitsschutz.
Fitness und Wohlbefinden steigern mit regelmäßigem Ausdauertraining.
Interview mit Andrea Nahles,
Bundesministerin für Arbeit
und Soziales.
Die Meyer Werft baut Schiffe für
Kunden in aller Welt. Firmen aus
der Bauwirtschaft sind beteiligt.
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IN KÜRZE
MENSCH UND BETRIEB
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Info-CD 2015 – Basiswissen und umfassende Informa tionen zu Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz
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„Mein Rollstuhl ist meine Kommandozentrale“ – wie
die BG BAU Morton Müller nach schwerem Arbeitsunfall
unterstützt
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Schiffbau „made in Papenburg“ – auch Firmen der
Bauwirtschaft sind beteiligt
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Änderungen im Beitragsbescheid
Höchst-Jahresarbeitsverdienst gestiegen
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Feiern ohne Folgen – wer zu Karneval trinkt, fährt nicht
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INFOMEDIEN
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Gymnastik auf der Baustelle – bauspezifische Gesundheitsförderung bei der Heckmann GmbH in Hamm
SCHWERPUNKT
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Achtung: unterirdische Leitungen – sorgfältige Arbeitsvorbereitung verhindert schwere Unfälle
REHABILITATION UND LEISTUNGEN
AUS UNFÄLLEN LERNEN
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Tödlicher Absturz im Aufzugsschacht
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Arbeitsschutz zahlt sich aus – die BG BAU erweitert ihr
Prämienmodell in Sachen Arbeitsschutz
Vergleichen und verbessern – mit dem GDA-ORGAcheck die
Qualität der eigenen Arbeitsschutzorganisation überprüfen
ARBEITSSICHERHEIT
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IM BLICK
MITGLIEDER UND BEITRÄGE
IM FOKUS
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Interview mit Andrea Nahles, Bundesministerin für
Arbeit und Soziales
SICHER UNTERWEGS
ARBEITSMEDIZIN
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Laufend gesund bleiben – mit regelmäßigem Ausdauertraining Fitness und Wohlbefinden steigern
Wenn die Stoßdämpfer schlappmachen – Bandscheibenvorfälle
Zum aus der Haut fahren – Gürtelrose
MIT GUTEM BEISPIEL
IMPRESSUM
BG BAU aktuell
Mitgliedermagazin der Berufsgenossenschaft
der Bauwirtschaft
Heft 1_2015 | ISSN 1615-0333
Herausgeber:
Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft
(BG BAU)
Hildegardstr. 29/30, 10715 Berlin
www.bgbau.de
Verantwortlich:
Klaus-Richard Bergmann,
Vorsitzender der Geschäftsführung
Redaktion:
Rolf Schaper (verantw.)
Tel.: 0511 987-2530
E-Mail: [email protected]
Dagmar Sobull
Tel.: 0511 987-1528
E-Mail: [email protected]
Fax: 0511 987-2545
BG BAU, Bezirksverwaltung Nord
Hildesheimer Str. 309, 30519 Hannover
Änderungen Presseversand:
[email protected]
Agentur:
steindesign Werbeagentur GmbH, Hannover
Titelbild:
Mirko Bartels, Einklinker: ddpimages
Druck:
Printmedienpartner GmbH, Hameln
Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben
nicht in jedem Fall die Meinung der Redaktion
wieder. Bezugspreis ist im Mitgliedsbeitrag
enthalten.
natureOffice.com | DE-000-000000
Liebe Leserinnen,
liebe Leser,
die Bauwirtschaft bekommt Rückenwind aus Berlin. Das angekündigte zehn Milliarden
schwere Investitionsprogramm der Bundesregierung für die Jahre 2016 bis 2018 soll etwa
zur Hälfte in die Erneuerung unserer Verkehrsinfrastruktur fließen. Andere wichtige
Investitionsfelder sind eine bessere Energieeffizienz und Gebäudesanierung. Zeitgleich
startet die Deutsche Bahn das größte Investitionsprogramm der deutschen Eisenbahngeschichte. Rund 28 Milliarden Euro sollen bis 2019 in die Sanierung von Strecken, Brücken
und Signalanlagen fließen.
Klaus-Richard
Bergmann,
Vorsitzender der
Geschäftsführung
der BG BAU
Die Auftragsbücher vieler Mitgliedsunternehmen dürften für die nächsten Jahre also gut
gefüllt sein und die Zahl der Beschäftigten wird voraussichtlich wieder steigen. Doch mit
mehr Beschäftigung auf den Baustellen kann auch das Risiko von Arbeitsunfällen steigen. Deshalb müssen alle Beteiligten auch bei der Arbeitssicherheit kooperieren, um die
Gefahren zu minimieren.
Die BG BAU unterstützt ihre Mitgliedsbetriebe dabei mit einem neu aufgelegten und stark
erweiterten Prämienmodell. Mit einer finanziellen Förderung wollen wir die Betriebe motivieren, ihre Bemühungen um Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz über das gesetzlich vorgeschriebene Maß hinaus zu steigern. Eine Liste der förderfähigen Maßnahmen
sowie Details zu den genauen Förderbedingungen finden Sie in diesem Heft auf S. 14 und
auf unserer Internetseite www.bgbau.de. Ziel all dieser Maßnahmen ist es, durch gezielte
Prävention Unfallschwerpunkte zu bekämpfen.
Häufig werden bei Bauarbeiten Wasserleitungen oder erdverlegte Stromleitungen beschädigt, wenn zuvor nicht geprüft wurde, ob sich im geplanten Arbeitsbereich Leitungen befinden. Dabei ist der Bauunternehmer im Rahmen seiner Gefährdungsbeurteilung
sogar dazu verpflichtet. Für die effektive Ortung von Kabeln und Rohrleitungen gibt es
heute verschiedene moderne Suchgeräte, die wir im Rahmen unseres Beitrags „Achtung:
unterirdische Leitungen“ auf S. 6 vorstellen. Wenn eine sorgfältige Arbeitsvorbereitung
fehlt, kann es zu tragischen Arbeitsunfällen mit mehreren Todesopfern kommen, wie im
vergangenen Jahr bei Bauarbeiten in der Nähe von Gasleitungen.
Nutzen Sie die Erfahrung unserer Präventionsexperten und unser erweitertes Prämienmodell. Unterstützen Sie uns in dem Bemühen, die Zahl der Arbeitsunfälle trotz wachsender
Beschäftigung am Bau zu senken. Es lohnt sich für alle Beteiligten.
Ihr
Klaus-Richard Bergmann
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In Kürze
BG BAU aktuell 1 _2015
Tag gegen Lärm 2015
„LÄRM – VOLL NERVIG“
Über die Hälfte aller Berufskrankheitsfälle in der Bauwirtschaft entfällt auf Hörschäden durch Lärm. Doch der schädigt nicht nur das Gehör bis zur Taubheit. Lärm kann auch
zu Schlafstörungen, verminderter Konzentration, Tinnitus
und einer erheblichen Belastung des Herz-Kreislauf-Systems
führen.
Die Veranstalter des Tages gegen Lärm unter Federführung
der Deutschen Gesellschaft für Akustik e. V. wollen dieses
Problem am diesjährigen Tag gegen Lärm, am 29. April 2015,
schon jungen Menschen und deren Lehrern und Ausbildern
bewusstmachen.
Beim Tag gegen Lärm
vermitteln Fachleute
der BG BAU jungen
Menschen Wissen über
Gefahren und Schutzmöglichkeiten.
Die BG BAU startet ab diesem Tag erneut eine bundesweite
Aktionskampagne in verschiedenen Ausbildungszentren der
Bauwirtschaft. Unter dem Motto „Lärm – voll nervig“ vermitteln Fachleute der BG BAU etwa 2.000 Auszubildenden
aus der Bauwirtschaft im ersten Lehrjahr bundesweit, wo die
Gefahren liegen und wie man sich schützen kann. Neben der
Theorie stehen dabei auch praktische Schallmessungen auf
dem Programm.
TLU
Fachtagung
Frist abgelaufen
TÖDLICHE ABGASE IN HALLEN
LOHNNACHWEIS 2014 –
SCHNELL NACHREICHEN
Motorabgase von Baumaschinen führen in Hallen und tiefen
Gräben immer wieder zu schweren Vergiftungen von Beschäftigten, manchmal sogar zum Tode. Benzinbetriebene Maschinen erzeugen giftiges Kohlenmonoxid, dieselbetriebene Maschinen den krebserzeugenden Dieselruß.
Ob Rüttelplatten, Glätter, Trennschleifer, Stampfer oder andere Maschinen: Als Schutzmaßnahmen können bei Benzinmotoren Katalysatoren oder abgasarme Motoren und bei Dieselmotoren Dieselpartikelfilter eingesetzt werden.
TLU
Foto: iStockphoto
Über die Hintergründe und mögliche Auswege informierten
Fachleute der BG BAU in dem Fachgespräch „Abgase in Hallen“, zu dem Dr. Reinhold Rühl, Leiter des Bereiches Gefahrstoffe der BG BAU, eingeladen hatte. 60 Experten von großen
Bauunternehmen, Baumaschinen-Vermietern und Herstellern, Regierungspräsidien, dem Hessischen Sozialministerium sowie Unfallversicherungen in Deutschland, Österreich
und der Schweiz nutzten die Gelegenheit zu einem Erfahrungsaustausch.
Die gesetzliche Frist, den Lohnachweis für 2014 einzureichen,
endete bereits am 11. Februar 2015. Dies gilt sowohl für die
Meldung der Arbeitsentgelte als auch für die Meldung „Fehlanzeige“, sofern im Jahr 2014 keine Mitarbeiter beschäftigt
wurden.
Wer den Lohnnachweis für 2014 noch nicht abgegeben hat,
sollte das so schnell wie möglich nachholen. So lässt sich
vermeiden, dass die Arbeitsentgelte geschätzt werden und
gegebenenfalls ein Bußgeld fällig wird.
AST
BG BAU aktuell 1_2015
In Kürze
Messestand
Bundesverdienstkreuz
BG BAU AUF DER ISH 2015
IN FRANKFURT
LEITENDE ÄRZTIN DER
BG BAU AUSGEZEICHNET
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Vom 10. bis 14. März 2015 findet die Internationale Sanitär- und
Heizungsmesse (ISH) 2015 in Frankfurt am Main statt. Die Veranstalter erwarten etwa 2.400 Aussteller aus dem In- und Ausland.
Auch die BG BAU und die Berufsgenossenschaft Holz und Metall
(BGHM) sind dort mit einem gemeinsamen Messestand vertreten. Experten der BG BAU stehen den Besuchern bei Fragen zur
Arbeitssicherheit und zum Gesundheitsschutz Rede und Antwort. Schwerpunktthemen sind die Kampagne „Denk an mich.
Dein Rücken“, die Gefährdungsbeurteilung und das GefahrstoffInformationssystem „WINGIS“ der BG BAU. Der Stand mit der
Bezeichnung 6.2 D 96 befindet sich in der Halle 6.
MSC
Weitere Informationen rund um die ISH:
www.ish.messefrankfurt.com
Dr. Anette Wahl-Wachendorf erhielt das Bundesverdienstkreuz am
Bande vom ehemaligen Minister für Soziales, Arbeit, Gesundheit und
Demografie in Rheinland-Pfalz, Alexander Schweitzer.
Dr. Anette Wahl-Wachendorf, leitende Ärztin des Arbeitsmedizinisch-Sicherheitstechnischen Dienstes der BG BAU (ASD der
BG BAU), wurde am 1. Oktober 2014 mit dem Bundesverdienstkreuz am Bande ausgezeichnet. Damit wurde ihre langjährige
ehrenamtliche Tätigkeit im Verband der Deutschen Betriebsund Werksärzte gewürdigt, dem Wahl-Wachendorf seit 2003 als
Präsidiumsmitglied und seit 2011 als Vizepräsidentin angehört.
Im Rahmen ihrer Tätigkeit bei der BG BAU ist Wahl-Wachendorf
in zahlreichen Ausschüssen des Bundesministeriums für Arbeit
und Soziales sowie der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) vertreten.
DRA
Berufskrankheiten
VIER NEUE AUF DER LISTE
Die Liste der Berufskrankheiten (BK) wird von 73 auf 77 erweitert. Der Empfehlung des ärztlichen Sachverständigenbeirats
entsprechend werden vier weitere Erkrankungen in die Liste
aufgenommen:
In der Baubranche arbeiten beispielsweise Dachdecker und
Straßenbauer häufig im Freien unter direkter Sonneneinstrahlung und sind im Sinne der BK 5103 gefährdet. Dachdecker,
Zimmerer und Fußbodenleger, die regelmäßig kraftvoll mit
der Hand zugreifen oder mit Motorsägen und Steinbohrern
arbeiten, könnten von der BK 2113 betroffen sein und alle
Berufsgruppen, die regelmäßig kraftbetriebene Werkzeuge
wie Schlagbohrer und Presslufthämmer verwenden, von der
BK 2114. Gefährdende Tätigkeiten im Sinne der BK 1319 hingegen, wie die Herstellung von Seifen, das Beizen von Me-
Foto: 123RF
• das Larynxkarzinom (Kehlkopfkrebs, BK-Nr. 1319)
• das Karpaltunnel-Syndrom (BK-Nr. 2113)
• das Hypothenar-Hammer-Syndrom/Thenar-HammerSyndrom (BK-Nr. 2114) und die
• Plattenepithelkarzinome oder multiple aktinische Keratosen der Haut durch natürliche UV-Strahlung (BK-Nr. 5103).
tallen und die Fertigung von Bleiakkumulatoren, sind in der
Baubranche selten. Den Verdacht auf eine Berufskrankheit
können der behandelnde Arzt, der Arbeitgeber oder die Betroffenen selbst an die BG BAU melden.
BUE
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Schwerpunkt
BG BAU aktuell 1_2015
Achtung: unterirdische
Leitungen
Bei Bauarbeiten in der Nähe von unterirdischen Leitungen ist
besondere Vorsicht geboten. Die Lage der verschiedenen Leitungen ist oft nicht genau aufgezeichnet oder die Verlegetiefe variiert. Das erfordert eine sorgfältige Arbeitsvorbereitung.
TEXT: Hans-Joachim Kuhnsch, Rolf Schaper
FOTOS: Picture Alliance, Fotolia, Mirko Bartels, GRAFIK: RWE Rheinland Westfalen Netz AG
Stillgelegte ältere Ferngasleitung
Regenwasserkanal
Hauptleitungen für Trinkwasser
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Schwerpunkt
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I
mmer wieder kommt es zu spektakulären schweren Unfällen bei Bauarbeiten in
der Nähe von Gasleitungen, Stromkabeln und anderen unterirdischen Versorgungsleitungen. Oft sterben dabei Menschen. Darüber hinaus entstehen Sachschäden
in Millionenhöhe. Ursache ist oft eine mangelhafte oder unsachgemäße Vorbereitung
dieser Arbeiten. Besonders dramatisch sind in der Regel Unfälle in Verbindung mit
Gasleitungen.
Gasexplosion in Ludwigshafen
Am 23. Oktober 2014 kam es in Ludwigshafen bei Bauarbeiten zu einer Explosion. Im
Auftrag einer Gastransportfirma hatte eine Tiefbaufirma eine Hochdruck-Gasleitung
freigelegt. Dabei trat aus bisher noch ungeklärten Gründen Gas aus und explodierte
kurz danach. Es gab eine 40 Meter hohe Stichflamme. Zwei Bauarbeiter kamen ums
Leben, drei Kollegen wurden schwer verletzt. Die Explosion war so heftig, dass noch
in 100 Metern Entfernung die Scheiben von Autos und Häusern platzten. Über 50 Gebäude wurden beschädigt, viele sind bis heute unbewohnbar.
Ludwigshafen: Als
Bauarbeiter ein Gasrohr
freilegten, kam es zur
Explosion. Diese zerstörte
einen ganzen Straßenzug
im Stadtteil Oppau.
Regenwasserkanal
Steuerkabel
für Ampelanlagen
Gasrohr
Glasfaserkabel
für Datenkommunikation
Hausanschluss
Trinkwasser
für Hausanschlüsse
Abwasserkanal
Telefonleitungen
Stromkabel für
Niederspannung,
Mittelspannung und
Straßenbeleuchtung
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Schwerpunkt
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Itzehoe: Ein Bild der Verwüstung. Die gewaltige Gasexplosion
hat ein Mehrfamilienhaus komplett
zerstört und angrenzende Gebäude
ebenfalls stark beschädigt.
Unten: Gefahren lauern überall,
denn in jedem Straßenzug befinden sich unterschiedliche Leitungen, Rohre, Kanäle in verschiedenen Verlegetiefen.
Gasexplosion in Itzehoe
Am 10. März 2014 kam es in Itzehoe ebenfalls zu einer Gasexplosion mit vier Toten
und 15 Verletzten, als eine Tiefbaufirma in der Nähe eine Regenwasserleitung verlegte.
Plötzlich zerstörte eine gewaltige Explosion ein dreistöckiges Gebäude und begrub einige Menschen unter den Schuttmassen. „Es sah aus wie nach einem Bombenangriff“,
berichteten traumatisierte Anwohner. 360 Rettungskräfte waren im Einsatz. Unter den
Toten war auch ein Bauarbeiter, ein anderer wurde schwer verletzt. Die Ermittlung der
genauen Unfallursache ist nach Gasexplosionen kompliziert und kann in der Regel nur
von erfahrenen Sachverständigen vorgenommen werden.
Baggerarbeiten könnten die mögliche Ursache gewesen sein. Beispielsweise könnte
durch ein Anheben der Gasleitung diese im Gebäude abgerissen sein und ein Leck
verursacht haben. Wenn Gas ausströmt, kann schon ein Funke – beispielsweise das
Anschalten eines Lichtschalters – ausreichen, um eine Explosion auszulösen. Aber
auch beim örtlichen Gasversorger könnte ein Mitverschulden vorliegen. Ersten Ermittlungen zufolge soll die betroffene Gasleitung vor etlichen Jahren beim Übertragen auf
digitale Medien nicht in die Unterlagen aufgenommen worden sein. Was genau zu dieser Katastrophe geführt hat, prüfen Sachverständige der Staatsanwaltschaft derzeit
noch. Sie ermitteln wegen fahrlässiger Tötung.
Sorgfältige Arbeitsvorbereitung erforderlich
Diese Beispiele zeigen die größten Risiken bei Tiefbauarbeiten. Doch die Gefahren lauern überall, denn in fast jedem Straßenzug befinden sich die verschiedensten Kabel,
Leitungen, Rohre und Kanäle. Ein Problem dabei sind die unterschiedlichen Verlegetiefen. Leider ist oft auch die genaue Position der Leitungen in den Plänen der jeweiligen Versorger nicht eingetragen oder nicht korrekt wiedergegeben. Das macht diese
Arbeiten so riskant und erfordert eine sorgfältige Arbeitsvorbereitung und besondere
Vorsichtsmaßnahmen.
Viel häufiger als zu spektakulären Gasexplosionen kommt es bei Bauarbeiten zur Beschädigung von Wasserleitungen, die ganze Baugruben unter Wasser setzen. Auch
erdverlegte Hochspannungsleitungen werden oft beschädigt, wobei durchaus schon
mal ein Bagger in Flammen aufgehen kann und Beschäftigte gefährdet sind. Häufig
BG BAU aktuell 1_2015
Schwerpunkt
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werden auch Telekommunikationsstränge beschädigt. Dann sind manchmal ganze
Stadtteile von der Versorgung abgeschnitten und es drohen erhebliche Schadensersatzforderungen.
Leitungen im Vorfeld erkunden
Vor dem Beginn von Erdarbeiten hat der Auftragnehmer immer zu prüfen, ob sich im
geplanten Arbeitsbereich Leitungen befinden. Das ist auch Teil seiner vom Arbeitsschutzgesetz vorgeschriebenen Gefährdungsbeurteilung und soll verhindern, dass
seine Beschäftigten oder unbeteiligte Dritte gefährdet werden. Bauarbeiten müssen
immer von fachlich geeigneten Vorgesetzten geleitet werden, die eine vorschriftsmäßige Durchführung der Arbeiten sicherstellen. Auch in puncto Arbeitssicherheit sind die
Arbeiten von Aufsichtführenden mit entsprechenden Fachkenntnissen zu überwachen.
Bei mehreren beteiligten Firmen hat der Auftraggeber gemäß Baustellenverordnung
einen Sicherheits- und Gesundheitsschutzkoordinator einzusetzen, der die Arbeiten
koordiniert.
Mit Versorgungsunternehmen und Eigentümern zusammenarbeiten
Schäden an unterirdischen Leitungen entstehen nicht nur durch Baggerarbeiten. Auch
durch Ramm- oder Bohrarbeiten, Erschütterungen, das Einschlagen von Erdnägeln,
den Einsatz von Erdraketen oder bei Abbrucharbeiten sind Beschädigungen möglich.
Die jeweilige Gefahr ist immer von den örtlichen Verhältnissen und den vorhandenen
Leitungen abhängig. Ein verantwortungsvoller Unternehmer wird sich immer vor Beginn der Arbeiten beim Eigentümer und den zuständigen Stellen erkundigen, ob im
Arbeitsbereich Kabel oder Leitungen vorhanden sind und welchen Verlauf diese haben.
Zuständige Stellen können sein: Elektrizitäts-, Gas-, Fernwärme- und Wasserversorgungsunternehmen, Telekommunikationsunternehmen, private Betreiber von Versorgungsleitungen, Betreiber von Leitungen zur Versorgung von Streitkräften, Zweckverbände,
Baugenehmigungsbehörden, Straßen-, Autobahnbau- oder Wasserwirtschaftsämter.
Eine Unfallanalyse der Sachversicherer bestätigt: Die Ursachen für die Beschädigungen von Leitungen liegen in der Regel in der unzureichenden oder gar nicht durchgeführten Erkundung von Leitungen. Rund 80 Prozent aller Leitungsschäden sind auf
Arbeiten mit Baumaschinen zurückzuführen. Daher ist jeder Unternehmer gut beraten,
wenn er sich rechtzeitig mit dem Grundstückseigentümer und den zuständigen Leitungsbetreibern in Verbindung setzt. Dann kann der Verlauf der Leitungen schon im
Vorfeld ermittelt und die erforderlichen Schutzmaßnahmen können festgelegt werden.
Übrigens sind auch geringfügige Beschädigungen von Leitungen, beispielsweise eine
angekratzte Isolierung, sofort dem Betreiber zu melden. Denn solche kleinen, nicht
behobenen Schäden können später erhebliche Folgeschäden auslösen.
Leitungskataster oder Suchschlitze
Hilfreich ist auch ein Blick in die vorhandenen Leitungskataster der zuständigen Versorgungsunternehmen. Allerdings lehrt die Erfahrung, dass diese Pläne nicht immer
zuverlässig sind. Wenn der Leitungsverlauf unklar ist, können beispielsweise Suchschlitze oder Suchgräben weiterhelfen. Auch spezielle Leitungssuchgeräte sind dafür gut
geeignet, wenn sie von geschultem Personal eingesetzt werden. Sie liefern in der Regel
zuverlässige Ergebnisse über den Verlauf und die Tiefe der Leitungen. Nach den Erkundungsarbeiten sind der Verlauf und die Tiefe der Leitungen im Baufeld möglichst
durch Sprühfarbe oder das Einmessen und Setzen von Pflöcken kenntlich zu machen.
Zu beachten ist dabei, dass bei fehlender Kenntnis über den genauen Leitungsverlauf
keine Gegenstände in den Boden getrieben werden dürfen.
Einsatz verschiedener Suchgeräte
Für die effektive Ortung von Kabeln und Rohrleitungen gibt es verschiedene intelligente
Suchgeräte. Im Rahmen dieses Beitrages können nicht alle Systeme und ihre Vorzüge
im Detail vorgestellt werden. Das Prinzip moderner Leitungsortungstechnologie
Oben: Bei Erdarbeiten
wurde eine Gasleitung beschädigt. Es kam zur Explosion und
der Bagger stand in Flammen.
Unten: Leitungskataster
geben wichtige Hinweise, wo
Leitungen verlaufen. Doch die
Erfahrung lehrt, dass die Pläne
nicht immer zuverlässig sind.
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Schwerpunkt
BG BAU aktuell 1_2015
Für die Ortung von Kabeln
und Rohrleitungen gibt es verschiedene intelligente Suchsysteme, die einfach zu handhaben sind. Wichtig ist eine
genaue Einweisung der
Mitarbeiter in
diese Geräte.
759
BG-Information
Schutzmaßnahmen bei
Erdarbeiten in der Nähe
erdverlegter Kabel und
Rohrleitungen
beruht auf einem Sender-Empfänger-Prinzip und der physikalischen Tatsache, dass
sich beispielsweise um jede metallische Leitung ein elektromagnetisches Wechselfeld ausbildet.
Bei der passiven Ortung werden Signale von Leitungen geortet, die sich ohne Zutun
der Ortungstechnologie bereits auf dem zu ortenden Kabel oder der Leitung befinden.
Bei der sogenannten aktiven Ortung wird ein künstliches Signal von einem Generator auf das Kabel induziert. So kann beispielsweise ein Kabel, sein Verlauf und auch
seine Tiefe präzise ermittelt werden.
BGI 759 September 2010
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(BG 759) beschrieben.
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Erdarbeiten in der Nähe
Schutzmaßnahmen
www.bgbau-medien.de
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(DGUV-Information 203-017)
Die Ortung nicht metallischer Leitungen funktioniert dagegen anders. Weil von diesen
Leitungen keine elektromagnetischen Wechselfelder ausgehen, wird als Signalgeber
ein sogenannter Molch eingeführt. Dieser batteriebetriebene Molch sendet eine eigene definierte Frequenz aus, die von einem Ortungssystem einwandfrei empfangen
werden kann.
Es gibt aber auch akustische Methoden, die zur Ortung von Rohren geeignet sind. Ein
Geräuschsignal kann dann mit Hilfe von Bodenmikrofonen geortet und verfolgt werden.
Die Ortung von Leitungen ist auch mit Bodenradarsystemen möglich. Dabei werden
elektromagnetische Wellen kurzer Wellenlänge in den Boden gesendet. Die Strahlung
wird an unterschiedlichen Materialien im Erdreich unterschiedlich stark reflektiert
und lässt Rückschlüsse auf die Lage von Leitungen zu. Dieses Verfahren ist zur Ortung aller Leitungen geeignet, funktioniert allerdings nur eingeschränkt bei kleinen
Durchmessern.
Auf welche Ortungsmethode man sich auf der Baustelle verlässt, bleibt jedem Unternehmer und seinem Einsatzgebiet selbst überlassen. Wichtig ist jedoch die genaue Einarbeitung seiner Mitarbeiter in diese Geräte – sonst gibt es keine zuverlässigen Ergebnisse.
BG BAU aktuell 1_2015
Aus Unfällen lernen
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Tödlicher Absturz
im Aufzugsschacht
Ein Maurer betrat bei Umbauarbeiten eines Lastenaufzuges
ungesicherte Schaltafeln und stürzte zehn Meter tief in den Tod.
TEXT: Prävention
I
m Zuge von Umbauarbeiten in einem
gewerblich genutzten Gebäude wurde
ein alter vorhandener Lastenaufzug zu
einem Personenaufzug umgebaut. Bei den
Maurerarbeiten am Rande des Schachtes
im zweiten Obergeschoss stürzte plötzlich
ein Maurer im Aufzugsschacht zehn Meter
tief ab und erlitt tödliche Verletzungen.
Was war passiert?
Niemand hatte den Absturz beobachtet.
Daher stützte sich die Unfalluntersuchung
auf die Indizien am Unfallort und die Angaben des Unternehmers, der dort zusammen mit seinem Mitarbeiter tätig war. Eine
andere Firma hatte die Schachtöffnung zuvor bereits vergrößert. Danach sollte der
Maurer im Öffnungsbereich zwei Wände
erstellen, eine davon mit einer Türöffnung. Als Absturzsicherung verlegte er
vor Arbeitsbeginn in der Öffnung des
Aufzugschachtes drei Kanthölzer und
legte Schaltafeln darüber. Die Tafeln waren ungesichert und ragten an den Enden
deutlich über die Kanthölzer hinaus.
Mangelhafte Absturzsicherung
Der 58-jährige Maurer führte die Maurerarbeiten von außen aus, wie die gelagerten
Steine und der Mörtel bewiesen. Eigentlich bestand auch gar kein Anlass, die
Schaltafeln zu betreten. Dennoch muss
er sich auf die Schachtabdeckung begeben
haben, wie eine dort gefundene Wasser-
waage bewies. Beim Betreten der nur lose
aufgelegten Tafeln kippten diese und er
stürzte zusammen mit zwei Schaltafeln
in die Tiefe.
Ursache dafür war die mangelhafte Abdeckung des Fahrstuhlschachtes. Diese war
nicht so beschaffen und errichtet, dass die
Standsicherheit in jeder Bauphase gewährleistet war. Sie bot nur eine scheinbare Sicherheit. Mitverantwortlich ist aber auch
der Unternehmer, der in diesem Bereich
selbst unmittelbar mitarbeitete. Er hätte
konsequent auf eine vorschriftsmäßige
Abdeckung des Schachtes achten oder
für den Einbau eines Schachtgeländers
sorgen müssen.
Unternehmer verurteilt
Nach diesem tödlichen Unfall wurde der
Unternehmer zu fünf Monaten Freiheitsstrafe verurteilt, ausgesetzt auf zwei Jahre
zur Bewährung. Ferner musste er 5.000 Euro
als Geldbuße zahlen.
Die Schaltafeln lagen
nur lose auf drei Kanthölzern. Beim Betreten
kippten zwei Tafeln und
stürzten mit dem Maurer in
den Aufzugsschacht.
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Arbeitssicherheit
BG BAU aktuell 1_2015
Arbeitsschutz zahlt
sich aus
Die BG BAU erweitert ihr Prämienmodell zur finanziellen Förderung
von Mitgliedsunternehmen in
Sachen Arbeitsschutz.
TEXT: Clemens Stosch,Thomas Glaser, Bernd Merz
FOTOS: Fotolia, DeWalt Deutschland, DGUV,
Power Towers Deutschland GmbH, Saint-Gobain Weber GmbH
Die BG BAU fördert aktuell
25 Maßnahmen zum Arbeitsund Gesundheitsschutz.
S
eit fünf Jahren setzt die BG BAU erfolgreich auf den Einsatz von bestimmten Arbeitsschutzprämien,
um ihre Mitgliedsbetriebe zu besonderen
Präventionsanstrengungen zu motivieren.
Diese Prämien sollen zusätzliche Bemühungen der Betriebe bei Arbeitssicherheit,
Gesundheitsschutz und Abwehr arbeitsbedingter Gesundheitsgefahren bewirken,
die über das gesetzlich vorgeschriebene
Maß hinausgehen. Die Erfahrung der vergangenen Jahre zeigt: Oft lösen diese Prä-
mien eine deutliche Verbesserung des Arbeitsschutzes aus.
Obwohl die Arbeitsunfälle im Langzeittrend weiter sinken, sind die Beschäftigten
der Baubranche im Vergleich zur Gesamtwirtschaft nach wie vor speziellen Risiken
ausgesetzt. Genau hier setzt das branchenspezifische Arbeitsschutzprämienmodell
der BG BAU an. Langjährige Auswertungen des Arbeitsunfall- und Berufskrankheitengeschehens zeigen die Ursachen von
BG BAU aktuell 1_2015
STUFEN
von
bis
250 €
5 % des
Umlagebeitrages,
max. 750 €
750 €
2 % des
Umlagebeitrages,
max. 2.000 €
2.000 €
1 % des
Umlagebeitrages,
max. 2.500 €
2.500 €
1 % des
Umlagebeitrages,
max. 20.000 €
STUFE A
UNTERNEHMEN MIT BEITRÄGEN
VON 250 € BIS 15.000 €
STUFE B
UNTERNEHMEN MIT BEITRÄGEN
VON 15.001 € BIS 100.000 €
STUFE C
UNTERNEHMEN MIT BEITRÄGEN
VON 100.001 € BIS 250.000 €
Arbeitsunfällen, Berufskrankheiten und
arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren.
Diese Erkenntnisse dienten als Entscheidungsgrundlage für den neuen Arbeitsschutzprämienkatalog 2015 der BG BAU.
Gefördert werden:
• die Anschaffung, Ausrüstung und
Nachrüstung von Arbeitsmitteln,
Maschinen und Geräten mit besonderen Eigenschaften;
• die Qualifikation von Maschinenführern;
• der sichere und systematische
Aufbau einer Arbeitsschutzorganisation durch das branchenspezifische
Arbeitsschutzmanagementsystem
AMS BAU;
• rückengerechtes Arbeiten (Bewegungsergonomie und Ausgleichsübungen).
Investitionen und Innovationen
fördern
Die finanziellen Anreize sollen Mitgliedsbetriebe und ihre Beschäftigten motivieren, in den Arbeitsschutz zu investieren,
und arbeitsschutzrelevante Innovationen
in den Mitgliedsbetrieben fördern. Alle
Mitgliedsunternehmen mit mindestens einem Beschäftigten und einem BG-Beitrag
von mindestens 250 Euro pro Jahr können
Zuschüsse erhalten. Bemessungsgrundlage
ist der Umlagebeitrag für den Bedarf der
BG BAU des Vorjahres, und zwar ohne Zuschlag und ASD-Beitrag. Auch Unternehmer ohne Beschäftigte können eine Fördersumme bis zu 250 Euro als Zuschuss für
die aktuellen Arbeitsschutzprämien beantragen, wenn sie bei der BG BAU freiwillig
versichert sind.
Mit insgesamt 25 Maßnahmen profitieren
alle in der BG BAU vertretenen Gewerke
von den Arbeitsschutzprämien. Mitgliedsunternehmen können im Rahmen ihrer in-
STUFE D
UNTERNEHMEN MIT BEITRÄGEN
AB 250.001 €
DIE INDIVIDUELLEN FÖRDERSUMMEN 2015
dividuellen Fördersumme für eine oder
mehrere Maßnahmen eine Förderung beantragen. Voraussetzungen dafür sind,
dass diese grundsätzlich
• zur Vermeidung von Arbeitsunfällen,
Berufskrankheiten und arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren wirksam
beitragen;
• über gesetzliche Mindestvorschriften
hinausgehen, die Einhaltung der geltenden Arbeitssicherheits- und Gesundheitsschutzvorschriften allein
genügt nicht;
• bereits realisiert sind, bloße Absichtsbekundungen zählen nicht;
• noch nicht von der BG BAU prämiert
oder finanziell unterstützt worden sind;
• die prämien- und zuschussspezifischen
Voraussetzungen erfüllen.
Weitere Informationen
Auf den Internetseiten der BG BAU gibt
es ausführliche Infos zu den Förderbedingungen, Antragsformulare zum Download,
eine Liste mit häufig gestellten Fragen,
Antworten und Ansprechpartnern. Allerdings sind die bereitgestellten Fördermittel je Maßnahme begrenzt. Eine Ampel auf
der Internetseite zeigt mit Rot, Gelb oder
Grün an, ob für die jeweilige Maßnahme
noch ausreichende Fördermittel vorhanden sind.
www.bgbau.de, Webcode: WCN2Y4,
Auskunft zur Antragstellung auch
unter Tel. 0231 5431-1007
Arbeitssicherheit
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Arbeitssicherheit
BG BAU aktuell 1_2015
BG BAU fördert zehn neue Maßnahmen:
1. Nachrüstung von Zweiwegebaggern und
Schotterplaniermaschinen mit KMS und
Nahbereichsüberwachungssystemen:
Aktive Systeme zur Nahbereichsüberwachung, z. B. auf Ultraschallbasis, können
das Risiko für Arbeitskräfte im Bewegungsbereich der Maschine noch weiter reduzieren, als es mit Kamera-Monitor-Systemen
allein möglich ist. Die Gefahr von Unfällen
durch An- und Überfahren wird so zusätzlich reduziert.
Arbeitsschutzprämie:
pro Maßnahme 50 % der Anschaffungskosten, höchstens 3.000 Euro
2. Schnellwechselausrüstungen mit automatischer Erkennung der Verriegelungsposition:
Schnellwechseleinrichtungen an Baumaschinen ohne automatische Überprüfung
der Verriegelung können sich unbeabsichtigt lösen und Personen verletzen. Mit automatischen Verriegelungssystemen durch
Sensorüberwachung können derartige Unfälle verhindert werden.
Arbeitsschutzprämie:
pro Maßnahme 50 % der Anschaffungskosten, höchstens 1.800 Euro
3. Rüttelplatten und Stampfer mit Motoren mit verbesserten Emissionswerten:
Beim Einsatz von Rüttelplatten und Stampfern in beengten und geschlossenen Bereichen (z. B. in Gräben, Hallen oder unter
Dächern) besteht die Gefahr der Vergiftung
durch Kohlenmonoxid. Durch die Ausrüstung mit Motoren mit geringen Emissionswerten kann diese Gefahr erheblich verringert werden.
Arbeitsschutzprämie:
pro Maßnahme 50 % der Anschaffungskosten, höchstens 500 Euro
4. Nachrüstung mit automatischen MotorAbschalteinrichtungen (Motor-Stopp):
Während der Einsatzzeit werden Erdbaumaschinen bis zu 30 Prozent im Leerlauf
betrieben. In dieser Zeit wird keine Arbeit verrichtet, aber Kraftstoffe werden
verbrannt und Abgase erzeugt. Mit einer
automatischen Motor-Abschalteinrichtung können gesundheitliche Belastungen
durch Abgase verringert und Kraftstoffe
eingespart werden.
Arbeitsschutzprämie:
pro Maßnahme 50 % der Anschaffungskosten, höchstens 500 Euro
5. Einwegkartons für Spachtelmassen (gefördert wird die Pump- und Mischeinheit):
Das Anmischen von Spachtelmassen aus
Säcken führt zu hohen Staubbelastungen
und körperlichen Belastungen für die Beschäftigten, die die schweren Säcke heben und tragen müssen. Spachtelmassen
in Einwegkartons können durch eine angeschlossene Misch- und Pumpeinheit staubarm und belastungsreduziert angemischt
und gepumpt werden.
Arbeitsschutzprämie:
pro Maßnahme 500 Euro
6. Manuelle Hebebühne:
Der Personenlift wird komplett ohne Strom
von Hand betrieben. Mit einem Schwungrad erreicht der Lift per Druckluft eine Arbeitshöhe von 3,50 Metern. Als Arbeitsplatz für Montagearbeiten vor allem im
Bereich des Ausbaus und bei Reinigungsarbeiten kann die Hebebühne in vielen Fällen den unfallträchtigen Einsatz von Leitern überflüssig machen.
Arbeitsschutzprämie:
pro Maßnahme 25 % der Anschaffungskosten, höchstens 900 Euro
BG BAU aktuell 1_2015
7. Schutzhelme nach DIN EN 397 mit
4-Punkt-Kinnriemen im Bergsteiger-Design:
Schutzhelme aus dem Bergsport, die mit
einem 4-Punkt-Kinnriemen fertig montiert
ausgestattet sind, können auf Baustellen
eingesetzt werden. Durch den 4-PunktKinnriemen wird ein guter Sitz des Helms
gewährleistet, so dass sich bei Arbeiten
über Kopf / mit dem Kopf nach unten sowie bei Abstürzen die Gefahr verringert,
dass der Helm vom Kopf fällt und schwere
Verletzungen drohen.
Arbeitsschutzprämie:
pro Maßnahme 50 % der Anschaffungskosten, höchstens 30 Euro
8. Abbruchhämmer mit Absaugung:
Beim Einsatz von Abbruchhämmern wird
viel Staub freigesetzt, der die Bediener
dieser Maschinen, aber auch die Umgebung belastet. Mit Kombinationen von
Abbruchhämmern und Entstaubern können diese Belastungen deutlich verringert
und Gesundheitsgefahren wie Silikose und
Krebserkrankungen durch Quarzstaub reduziert werden.
Arbeitsschutzprämie:
pro Maßnahme 25 % der Anschaffungskosten, höchstens 400 Euro
Arbeitssicherheit
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9. Hand- und Hautschutz, Schulung und
Material:
In einer Schulung wird das fachliche Wissen zum Hand- und Hautschutz vermittelt.
Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer können nach einer erfolgreichen Prüfung die
Funktion des / der „Hautschutzfachkundigen – HSF“ im Betrieb übernehmen. Mit
Hilfe dieser Schulung sollen Gefährdungen
erkannt und vermieden werden, die durch
direkten Kontakt mit hautgefährdenden
Stoffen Hauterkrankungen und Berufskrankheiten verursachen.
Arbeitsschutzprämie:
pro Maßnahme 100 Euro in Form eines
Koffers mit geeigneten Materialien zum
Hand- und Hautschutz
Weiterhin werden gefördert:
10. Rückentraining:
Die Teilnehmer an einem „Rückentraining“
erhalten Informationen zum rückengerechten Heben und Tragen von Lasten und trainieren entsprechende tätigkeitsbezogene
Übungen. Das angewandte Wissen beugt
Rückenbeschwerden vor beziehungsweise
wirkt diesen entgegen.
Arbeitsschutzprämie:
pro Teilnehmer/-in 30 Euro
• Luftreiniger zur Reinigung
staubbelasteter Luft
• Nachrüstung von Baumaschinen
(Bauj. vor 2013) und BaustellenLkw (ab 7,5 t zGG) mit KameraMonitor-Systemen (KMS)
• Zweite Kamera in Verbindung mit
Splitscreen-Monitor zur Sichtverbesserung rechts bei Baggern
(Baujahr unabhängig)
• Nachrüstung oder Erstausstattung
von benzinbetriebenen Estrichund Betonglättern mit Katalysatoren
• Akku- und druckluftbetriebene Eintreibgeräte mit Einzelauslösung mit
Sicherungsfolge beziehungsweise
Auslösesicherung
• Akkubetriebene Pendelhub-Säbelsäge und elektrisch betriebene Fuchsschwanzsäge (mit / ohne Absaugung)
• Bau-Entstauber (Staubklasse M, keine
Staubsauger)
• Montageschutzgeländer für Arbeitsund Schutzgerüste (MSG)
• Ein- oder zweiseitig besteigbare Aufstiege mit Stufen, Flachsprossen und
umwehrter Plattform (Podest)
• Leiterzubehör zur Verbesserung der
Standsicherheit und / oder Ergonomie
• Personenschutzschalter PRCD-S
• Ortsveränderliche Schutzeinrichtung
PRCD-S 5-polig
• Brenner – leise – mit Armstütze
• AMS BAU – Wiederbegutachtung
• ZUMBau – anerkannte Maschinenführerqualifikation
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Arbeitssicherheit
BG BAU aktuell 1_2015
Vergleichen und verbessern
Mit dem GDA-ORGAcheck können kleine und mittlere Unternehmen die Qualität ihrer Arbeitsschutzorganisation systematisch
überprüfen, Schwachstellen erkennen und Verbesserungen auch
mit Unterstützung der BG BAU gezielt einleiten.
TEXT: Wolfgang Kratkey
FOTO: iStockphoto
Im GDA-ORGAcheck sind
zentrale Organisationspflichten des Unternehmers
zum Arbeitsschutz kompakt
und leicht verständlich aufbereitet.
D
er GDA-ORGAcheck wurde im Rahmen des Arbeitsprogramms „Organisation"
der Gemeinsamen Deutschen Arbeitsschutzstrategie (GDA) entwickelt. Beteiligt sind dabei Bund, Länder und Unfallversicherungsträger. Mit dem GDAORGAcheck können Unternehmen die Organisation des betrieblichen Arbeitsschutzes
im Unternehmen überprüfen. So lassen sich Potenziale gezielt erkennen und Schwachstellen kontinuierlich verbessern. Eine betriebliche Arbeitsschutzorganisation muss
so gestaltet sein, dass Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz in allen betrieblichen
Prozessen und Entscheidungsbereichen integriert sind und die Gefährdungsbeurteilung mit den festgelegten betrieblichen Maßnahmen umgesetzt wird.
BG BAU aktuell 1_2015
Arbeitssicherheit
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GDA
ORGAcheck
Arbeitsschutz mit Methode –
zahlt sich aus
GDA-ORGAcheck
Arbeitsschutz mit Methode – zahlt sich aus
Der GDA-ORGAcheck ist vor allem für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) gut
geeignet, weil er zentrale Organisationspflichten des Arbeitsschutzes für die Umsetzung im Betrieb kompakt und leicht verständlich aufbereitet. Der Check kommt im
Rahmen des GDA-Arbeitsprogramms „Verbesserung der Organisation des betrieblichen
Arbeitsschutzes“ zum Einsatz, und zwar bei der Beratung der Unternehmen durch die
Arbeitsschutzbehörden der Länder, die Unfallversicherungsträger und bei der Selbstbewertung durch die Betriebe.
Damit trägt der GDA-ORGAcheck dazu bei, die Potenziale eines gut organisierten Arbeitsschutzes für eine störungsfreie Arbeit zu nutzen und die Wettbewerbsfähigkeit
des Unternehmens zu verbessern.
Vergleich schafft Klarheit
Im Rahmen eines Benchmarkings können sich Unternehmen in puncto Arbeitsschutz
mit anderen teilnehmenden Betrieben vergleichen. Um am Benchmarking teilzunehmen,
müssen die Teilnahmeformulare mit den erforderlichen Betriebsdaten ausgefüllt und
abgesendet werden. Diese Daten werden elektronisch anonymisiert. Um einen Vergleich zu ermöglichen, sind mindestens die ersten sechs Bausteine des GDA-ORGAchecks komplett zu bearbeiten. Folgende Benchmarking-Ergebnisse werden angezeigt:
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Arbeitsschutz mit Methode – zahlt sich aus
GDA-ORGAcheck
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Arbeitsschutz mit Methode –
ORGAcheck
GDA
1. Vergleich aller teilnehmenden Betriebe
•
•
•
•
•
nach Betriebsgröße
nach Betriebsgröße in den einzelnen Branchen
nach Themen des GDA-ORGAchecks
nach Betrieben mit und ohne Arbeitsschutzmanagementsystem
nach Branchen
2. Vergleich des eigenen Betriebes
•
•
•
•
•
•
mit allen Betrieben und mit Betrieben gleicher Größe
mit Betrieben in gleicher Branche
mit Betrieben gleicher Größe in gleicher Branche
nach Themen des GDA-ORGAchecks mit Betrieben in gleicher Branche
nach Themen des GDA-ORGAchecks mit Betrieben gleicher Größe in gleicher Branche
mit Betrieben mit Arbeitsschutzmanagementsystem in gleicher Branche
Mit einem Klick in die eigene Benchmark-Box können Unternehmer sehen, wo ihr Betrieb im Verhältnis zu anderen Betrieben steht.
Handlungs- und Praxishilfen der BG BAU
Betriebe, die Schwachstellen erkannt haben und Verbesserungen gezielt einleiten wollen, unterstützt die BG BAU mit verschiedenen Handlungshilfen zur Gefährdungsbeurteilung, die auch die Überwachung der Arbeitsschutzorganisation ermöglichen, und
mit dem Arbeitsschutzmanagementsystem der BG BAU (AMS BAU). Unternehmen, die
sich näher mit dem Thema Arbeitsschutzorganisation beschäftigen möchten, bietet die
BG BAU ergänzende branchentypische Praxishilfen. In themenbezogenen Seminaren
der BG BAU erhalten Unternehmer die erforderlichen Kenntnisse. Ansprechpartner ist
die für den jeweiligen Betrieb zuständige Aufsichtsperson der BG BAU.
• ermöglicht als Online-Tool den Vergleich
mit anderen teilnehmenden Unternehmen
• gibt Hinweise zur Verbesserung der
Arbeitsschutzorganisation
• fördert den störungsfreien Betrieb und die
Produktqualität und damit auch die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen
• hilft unfall- oder störungsbedingte Kosten
zu vermeiden
• unterstützt bei der systematischen Durchführung der Gefährdungsbeurteilung
• ist der erste Schritt zur Einführung des
Arbeitsschutzmanagementsystems der
BG BAU im Unternehmen.
Hier können Sie am GDA-ORGAcheck
teilnehmen und die Broschüre sowie
Handlungs- und Praxishilfen herunterladen: www.gda-orgacheck.de
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Im Fokus
BG BAU aktuell 1_2015
„Psychische Belastungen
mehr in den Fokus rücken“
Interview mit Andrea Nahles, Bundesministerin für Arbeit
und Soziales.
FOTOS: ddp images, Picture Alliance
„Wir müssen viel mehr
darüber erfahren und wissen,
wie wir Beschäftigte besser
vor Gefährdungen durch psychische Belastungen schützen
können.“
BG BAU aktuell 1_2015
Im Fokus
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Viele Arbeitnehmer machen heute von
der Rente mit 63 Gebrauch. Ist das mit
Blick auf die demografische Entwicklung,
die Rentenkassen und den Fachkräftemangel in den Betrieben überhaupt zu
verantworten?
Die Rente mit 63 ist Anerkennung von
Lebensleistung. Wer bereits früh ins Arbeitsleben eingetreten ist, über Jahrzehnte hinweg hart gearbeitet und mit seinen
Beiträgen zur Stabilität der Rentenversicherung und zum Wohlstand beigetragen
hat, der wird belohnt. Nach 45 Beitragsjahren ohne Abschläge in Rente gehen zu
können: Das ist nicht geschenkt, sondern
verdient. Und wir verschließen die Augen
natürlich nicht vor der demografischen
Entwicklung. Wir sind bei der Beschäftigung Älterer auf einem sehr guten Weg:
Die Beschäftigtenquote der 60- bis unter
65-Jährigen hat sich in den vergangenen
zehn Jahren weit mehr als verdoppelt. Die
Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in dieser Altersgruppe ist um
fast eine Million gestiegen. Allein in den
letzten vier Jahren stieg sie um fast eine
halbe Million. Das war möglich, obwohl
die Menschen mit 63 in Rente gehen konnten. Denn den Renteneintritt mit 63 gab es
schon vor dem Rentenpaket, für besonders
langjährig Versicherte entfallen jetzt lediglich die Abschläge.
Im Baugewerbe arbeiten viele Einzelunternehmer als Scheinselbstständige. Sie
arbeiten in vielen Fällen sozialversicherungsfrei und stehen im Alter, nach einem
schweren Arbeitsunfall oder bei einer
ernsten Erkrankung oft mittellos da. Wäre
nicht eine generelle Pflichtversicherung
für Einzelunternehmer vernünftiger?
Eine allgemeine Versicherungspflicht von
Selbstständigen würde die Probleme mit
der Scheinselbstständigkeit nicht lösen.
Viel wichtiger ist eine gewissenhafte und
effektive Kontrolle der tatsächlichen Verhältnisse. Nur dadurch lässt sich klären,
ob jemand Beschäftigter, Selbstständiger
oder Scheinselbstständiger ist. Genau hier
wollen wir ansetzen: Wir haben im Koalitionsvertrag deshalb ein Bündel von Maßnahmen vereinbart, um Kontrollen wirksamer und die Ergebnisse rechtssicherer
zu machen. Im Übrigen unterliegen bereits
heute etliche Unternehmer der Versicherungspflicht. Beispielsweise sind arbeitnehmerähnliche Selbstständige, die selbst
keine Arbeitnehmer beschäftigen und im
Wesentlichen nur für einen Auftraggeber
tätig sind, in der gesetzlichen Rentenversicherung pflichtversichert. Ähnliches gilt
für die Unfallversicherung: Auch hier sind
bestimmte Unternehmer kraft Satzung der
Versicherungsträger pflichtversichert.
Auch brauchen wir natürlich die Kontrolle
der zuständigen Stellen, um Missbrauch
und Umgehung zu verhindern.
In der Bauwirtschaft ist die Beschäftigung von Nachunternehmern weit verbreitet. Ein Problem dabei ist die gesetzwidrige Arbeitnehmerüberlassung und
die Verschleierung von Sozialversicherungspflichten. Wie will die Regierung
dem Einhalt gebieten und wie bewerten
Sie in diesem Zusammenhang die Generalunternehmerhaftung?
Generalunternehmer haften ab einer bestimmten Auftragssumme für nicht
„Die Generalunternehmerhaftung hat sich
in der Baubranche bewährt.
Sie dämmt
Schwarzarbeit
und illegale
Beschäftigung
ein und wirkt
präventiv.“
Andrea Nahles,
Bundesministerin für Arbeit
und Soziales
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Im Fokus
BG BAU aktuell 1_2015
„Heute spielen
psychische Belastungen nur
bei 20 Prozent
der Gefährdungsbeurteilungen eine Rolle. Das ist viel
zu wenig.“
Andrea Nahles,
Bundesministerin für Arbeit
und Soziales
geleistete Sozial- und Unfallversicherungsbeiträge der von ihnen beauftragten
Nachunternehmer. Wir bekämpfen illegale Beschäftigung im Baugewerbe so auch
dadurch, dass wir die Selbstregulierungskräfte der Wirtschaft stärken. Das passiert
zusätzlich zur Arbeit der Finanzkontrolle Schwarzarbeit. Die Generalunternehmerhaftung in der Baubranche hat sich
bewährt: Sie dämmt Schwarzarbeit und
illegale Beschäftigung ein und wirkt präventiv. Der Generalunternehmer hat dafür
zu sorgen, dass der Nachunternehmer seinen sozialversicherungsrechtlichen Zahlungspflichten nachkommt. Ich weiß sehr
wohl, dass die Berufsgenossenschaft der
Bauwirtschaft dieses Instrument konsequent und wirksam einsetzt. Sie handelt
damit vorbildlich, das verdient unser aller
Anerkennung.
Im hoch industrialisierten Deutschland
wurden 2013 allein 772 tödliche Arbeitsund Wegeunfälle registriert. Darüber hinaus gab es 2.343 Todesfälle infolge von
Berufskrankheiten, beispielsweise durch
früheren Umgang mit Asbest. Was muss
getan werden, um diese Zahlen deutlich
zu reduzieren?
Über die letzten Jahre und Jahrzehnte betrachtet ist die Zahl der Arbeitsunfälle stetig gesunken. Das ist eine gute Nachricht.
Dennoch ist jeder Unfall einer zu viel. Deshalb werden wir bei unseren Anstrengungen nicht nachlassen. Die intensive Verwendung von Asbest hat zu einer großen
Zahl von Berufskrankheiten geführt, die
aufgrund der hohen Latenzzeit zum Teil
erst heute festgestellt werden. Darüber
hinaus sind bei Sanierungsarbeiten auch
heute noch viele Beschäftigte den Gesundheitsgefahren von Asbest ausgesetzt. Dass
in der Gefahrstoffverordnung hohe Schutzstandards vorgeschrieben sind, ist daher
wichtig und richtig. Mit der Gemeinsamen
Deutschen Arbeitsschutzstrategie (GDA)
verfolgen wir eine neue Präventionskultur
im betrieblichen Arbeitsschutz. Die enge
Zusammenarbeit zwischen Bund, Ländern und Unfallversicherung sowie Sozialpartnern und Krankenversicherung ist
dabei enorm wichtig. Denn darin liegt der
Schlüssel für eine weitere Senkung der Arbeitsunfälle. Von ihr hängt zudem ab, wie
erfolgreich die Programme der jetzt laufenden zweiten GDA-Periode sein werden.
Muskel-Skelett-Erkrankungen, arbeitsbedingte psychische Belastungen und die Organisation des Arbeitsschutzes sind dabei
die entscheidenden Themen.
Sie engagieren sich für eine Anti-StressVerordnung, um Arbeitnehmer vor Burnout zu schützen. Was genau soll diese Verordnung regeln und wann tritt sie in Kraft?
Die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und
Arbeitsmedizin, kurz die BAuA, arbeitet
im Moment an einem großen Forschungsauftrag aus dem Arbeitsministerium. Wir
müssen viel mehr darüber erfahren und
wissen, wie wir Beschäftigte besser vor Gefährdungen durch psychische Belastungen
schützen können. Rechtsetzende Maßnahmen sind nicht ausgeschlossen, aber sie
müssten auch einen konkreten Mehrwert
bringen. Das erfordert vor allem rechtssichere und durchführbare Handlungsanforderungen, die von den Betrieben
BG BAU aktuell 1_2015
umgesetzt und von den Aufsichtsbehörden kontrolliert werden können. Aber es
ist fachlich noch sehr unsicher und noch
nicht geklärt, wie mögliche Gefährdungen klar zu definieren, zu erfassen und
auf dieser Basis moderne Arbeitsformen
fachgerecht zu gestalten sind. Offen ist beispielsweise die Frage, ob und wie „weiche“
Faktoren wie das Betriebsklima, das Führungsverhalten oder das Wohlbefinden bei
der Arbeit in rechtlich handhabbarer Weise gefasst werden können. Die BAuA wird
dieses Jahr einen Zwischenbericht vorlegen, in dem schon erkennbar werden soll,
welche Arbeitsbedingungen Beschäftigte
psychisch besonders belasten und welche
Maßnahmen dagegen helfen. Wenn dann
Endergebnisse vorliegen, werden wir über
Bedarf und Nutzen einer Anti-Stress-Verordnung zu entscheiden haben.
Das bestehende Arbeitsschutzgesetz
sieht ja bereits vor, psychische Belastungen bei der Gefährdungsbeurteilung zu berücksichtigen. Warum reicht
das nicht aus?
Die Klarstellungen im Arbeitsschutzgesetz waren wichtig, denn sie lassen keinen
Zweifel mehr daran, dass der Gesundheitsbegriff die psychische Gesundheit ebenso umfasst wie die physische. Wenn im
Moment nur bei 20 Prozent der Gefährdungsbeurteilungen psychische Belastungen einfließen, ist das viel zu wenig. Wir
müssen die größere Bedeutung dieser Faktoren ins Bewusstsein der Betriebe rücken
und deutlich machen, dass die Arbeitgeber
für den Gesundheitsschutz der Beschäftigten auch in diesem Bereich eine besondere Verantwortung tragen. Vorschriften
allein genügen allerdings nicht. Sichtbare Fortschritte in der betrieblichen Praxis
können vor allem auch die Sozialpartner
bewirken. Initiativen wie das von BMAS
(Bundesministerium für Arbeit und Soziales), DGB (Deutscher Gewerkschaftsbund)
Im Fokus
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und BDA (Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände) beschlossene
gemeinsame Grundverständnis zur psychischen Gesundheit in der Arbeitswelt,
das Arbeitsprogramm „Psyche“ der GDA
oder die Initiative „Psychische Gesundheit
in der Arbeitswelt“ unter dem Dach von
INQA sind beispielgebende Aktivitäten. Sie
stoßen in den Betrieben konkrete Veränderungen an.
Wie schätzen Sie die Auswirkungen des
transatlantischen Freihandelsabkommens (TTIP) der EU mit den USA ein?
Gehen dadurch möglicherweise zahlreiche Arbeitsplätze verloren und droht
ein beispielloser Abbau von Produktionsstandards, Verbraucherschutz- und
Arbeitnehmerrechten, von Umwelt- und
Sozialauflagen, ja sogar unserer demokratischen Rechtsstaatlichkeit?
TTIP bietet Chancen, aber auch Risiken.
Ich bin überzeugt, dass dieses Freihandelsabkommen nur dann zum Nutzen aller geschlossen werden kann, wenn einige
Grundsätze glasklar gelten. Dazu gehören
die Arbeitnehmerrechte, bei denen sich
das Abkommen aus meiner Sicht ausdrücklich und direkt auf die Kernarbeitsnormen
der Internationalen Arbeitsorganisation
beziehen muss. Den Investitionsschutz
müssen wir so verhandeln und umsetzen, dass legitime Gemeinwohlinteressen wirksam geschützt werden können.
Alle Verfahren in diesem Bereich müssen
unter allen Umständen öffentlich und im
Höchstmaß transparent sein. Und nicht
zuletzt müssen wir über den gesamten Bereich der öffentlichen Daseinsvorsorge autonom und flexibel bestimmen können. Er
steht aus meiner Sicht sehr nahe am Kern
hoheitlichen Handels: Bei Wasserversorgung, Bildung, Gesundheits- und sozialen
Dienstleistungen müssen Marktöffnungsverpflichtungen rechtsklar und eindeutig
ausgeschlossen werden.
ANDREA NAHLES
Bundesministerin für Arbeit und Soziales
• geb. 1970 als Tochter eines Maurer meisters
• Studium der Literaturwissenschaften
an der Universität Bonn
Partei:
• seit 1988 Mitglied der SPD
• 1993 – 1995 Landesvorsitzende der Jusos
in Rheinland-Pfalz
• 1995 – 1999 Bundesvorsitzende der Jusos
• 1997 – 2013 Mitglied im SPD-Parteivorstand
• seit 2009 SPD-Generalsekretärin
Parlament:
• 1998 – 2002 und seit 2005 Mitglied des
Deutschen Bundestages
• 1999 – 2009 Mitglied des Kreistages
Mayen-Koblenz
• 2007 – 2009 Sprecherin für Arbeits- und
Sozialpolitik der SPD-Bundestagsfraktion
• 2008 – 2013 Mitglied des Fraktionsvorstandes der SPD-Bundestagsfraktion
• seit Dezember 2013 Bundesministerin für
Arbeit und Soziales
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Arbeitsmedizin
BG BAU aktuell 1_2015
Laufend gesund bleiben
Mit regelmäßigem Ausdauertraining lassen sich Fitness und
Wohlbefinden steigern oder sogar bestimmte Krankheiten
verhindern.
TEXT: Dr. med. Jobst Konerding
Beim Laufen ist auf eine korrekte Technik zu achten. Der
Oberkörper ist aufgerichtet.
Die Ober- und Unterarme
befinden sich in einem rechten Winkel. Die Hände sind
locker und entspannt.
FOTOS: 123RF, Fotolia
BG BAU aktuell 1_2015
T
ypische Ausdauersportarten sind
Laufen, Radfahren, Skilanglauf
oder Schwimmen. Vor allem das
Laufen lässt sich in den normalen Tagesablauf integrieren. Es ist jederzeit fast überall
möglich und erfordert keine teure Ausrüstung. Gehen und Laufen sind die natürlichen Fortbewegungsarten des Menschen.
Noch zu Anfang des 20. Jahrhunderts war
es für die meisten Menschen normal, täglich weite Strecken zu Fuß zurückzulegen.
Gut für alles
Ausdauertraining wirkt sich positiv auf
verschiedene Körperfunktionen aus. Die
Atmung wird kräftiger und die Durchblutung verbessert sich. Die Muskeln werden
fester, der Muskelstoffwechsel verbessert
sich ebenfalls. Damit lassen sich auch Rückenschmerzen positiv beeinflussen. Für
die Psyche ist Ausdauertraining ebenfalls
von Vorteil. Depressive Verstimmungen
werden abgeschwächt und die Konzentrationsfähigkeit erhöht sich. Das Herz-Kreislauf-System wird gestärkt. Dadurch wird
der Blutdruck gesenkt, man bekommt einen niedrigeren Ruhepuls und ein höheres
Herzschlagvolumen. Das Herzinfarktrisiko
reduziert sich. Zudem wird das Immunsystem verbessert. Nicht zuletzt profitieren auch übergewichtige Menschen vom
Laufen, da vermehrt Kalorien verbrannt
werden.
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läuft im anaeroben Bereich ab. Das ist nicht
zu empfehlen, weil es für den Körper eine
sehr hohe Belastung darstellt, die er wegen
Übersäuerung nicht lange durchhält. Als
Folge muss das Training oft wegen Ermüdung, Unwohlsein oder Übelkeit abgebrochen werden. Außerdem bringt es keinen
Trainingserfolg.
Drei Phasen des Lauftrainings
Das Lauftraining besteht aus drei Teilen,
dem Aufwärmen, dem eigentlichen Training
und dem Abkühlen. Beim Aufwärmen wird
die Pulsfrequenz durch normales, allmählich schneller werdendes Laufen erhöht,
bis der optimale Leistungspuls erreicht ist.
Nach dem Aufwärmen beginnt das eigentliche Laufen. Die Dauer und Intensität des
Laufens richtet sich nach dem jeweiligen
Trainingsplan. Das Laufen wird mit dem Abkühlen und Dehnen beendet. Das Lauftempo sollte allmählich über einen Zeitraum
von drei Minuten bis zu einem langsamen
Gehen gesenkt werden. Dabei ist der Erholungspuls zu kontrollieren.
Dehn- und Stretchübungen vor dem Laufen sind zum Aufwärmen und Lockern der
Muskeln empfehlenswert. Um möglichst gelenkschonend zu laufen, sollte man sich
am besten eine ebene Strecke mit federndem Untergrund suchen wie Waldboden
oder Rasen.
Auf Pulsschlag achten
Lauftechnik
Ein Lauftraining sollte weder zu leicht
noch zu anstrengend sein. Am Anfang
reicht es, etwa dreimal in der Woche mindestens 30 Minuten zu laufen. Um die individuell geeignete Trainingsbelastung zu
ermitteln, sollte zunächst die maximale
Herzfrequenz ermittelt werden. Die berechnet sich nach der Formel 220 minus Alter.
Daraus ergibt sich die maximale Herzfrequenz. Bei dieser Faustregel sind allerdings individuelle Unterschiede möglich.
Beim Laufen ist auf eine korrekte Lauftechnik zu achten. Dabei befinden sich Oberund Unterarme etwa in einem rechten
Winkel. Die Hände sind locker und entspannt. Die Handrücken werden seitwärts
gehalten, die Hände sind leicht geöffnet.
Der Oberkörper ist ganz aufgerichtet. Die
Schultern hängen locker. Man sollte mit
kleinen Schritten in einer geraden Linie
laufen. Auch die Atemtechnik ist beim
Laufen wichtig. Am besten atmet man drei
Schritte ein und drei Schritte aus.
Wie viel Belastung tut gut?
Um einen Trainingseffekt zu erzielen, sollte eine Herzfrequenz von mindestens 65
Prozent der maximalen Herzfrequenz erreicht werden. Bei einem 40-Jährigen wäre
das nach dieser Formel ein Puls von rund
120 Schlägen pro Minute. Trainiert man im
Bereich 65 bis 75 Prozent, erreicht man ein
Fettabbautraining. 75 bis 85 Prozent der
maximalen Herzfrequenz ergeben ein HerzKreislauf-Training. Ein Training bei über
85 Prozent der maximalen Herzfrequenz
Arbeitsmedizin
Die richtigen Laufschuhe
Wichtig sind ebenfalls die richtigen Laufschuhe mit federnder Sohle, die Rücken
und Gelenke auch auf hartem Untergrund
schonen. Der Fuß muss im Schuh ausreichend stabilisiert sein, um dem Umknicken im Sprunggelenk vorzubeugen. Die
Schuhe müssen zudem auf das Körpergewicht des Trägers abgestimmt sein. Eine
persönliche Beratung in einem Fachgeschäft ist auf jeden Fall gut.
TIPPS ZUM LAUFTRAINING
• Zu Beginn langsames Warmlaufen, Dauer
etwa drei Minuten
• Während des Laufens Belastungspuls kontrollieren, Richtwert: 220 minus Lebensalter
pro Minute
• Nach dem Laufen Bein- und Rumpfmuskulatur dehnen, Dauer etwa drei Minuten
• Regelmäßig laufen, etwa dreimal pro Woche für mindestens 30 Minuten
• Überlastungen vermeiden, am Anfang möglichst 48 Stunden zwischen den Trainingseinheiten pausieren
• Gute Laufschuhe verwenden, die ausreichend dämpfen und den Fuß stabilisieren
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Arbeitsmedizin
BG BAU aktuell 1_2015
Wenn die Stoßdämpfer
schlappmachen
Rückenleiden sind mittlerweile eine Volkskrankheit und einer der
häufigsten Gründe für Arbeitsunfähigkeit. Dabei stehen auch die
Bandscheiben im Fokus.
Text: Dr. med. Sascha Plackov
Fotos: 123RF, F1online, Probst Greiftechnik Verlegesysteme GmbH
Neben einseitigen Belastungen
der Muskulatur oder Unfällen kann
auch eine Bindegewebsschwäche
Ursache für einen Bandscheibenvorfall sein. Vorbeugend sind ein
konsequenter Muskelaufbau und
rückengerechtes Arbeiten.
BG BAU aktuell 1_2015
E
ine falsche Bewegung im ungünstigen Moment und schon zieht und
zerrt es im Kreuz oder Nacken.
Schnell stellt sich die Frage: Könnte das
ein Bandscheibenvorfall sein? In den
meis ten Fällen sind Verspannungen infolge von Fehlhaltungen und Überlastung
die Ursache für Rückenschmerzen. Sie betreffen zu zwei Dritteln den Lendenwirbelsäulenbereich und zu einem Drittel den
Halswirbelsäulenbereich. Doch es gibt
auch Fälle, in denen die Bandscheiben
betroffen sind.
So funktioniert die Bandscheibe
Das zentrale Element der Wirbelsäule ist
die Bandscheibe. Sie besteht aus einem
gallertartigen Kern und einem festen Faserring. Die Ernährung der Bandscheibe
erfolgt durch den ständigen Wechsel von
Belastung und Entlastung. Dieser druckabhängige Flüssigkeitsaustausch entspricht
einem Pumpmechanismus, der die Versorgung mit Nährstoffen und die Entsorgung
von Abfallprodukten des Stoffwechsels
der Bandscheibe gewährleistet. Kommt
es zu einer anhaltenden Überlastung der
Bandscheibe in Form einer Kompression,
vermindert sich die Flüssigkeitsverschiebung. Milchsäure sammelt sich an und der
pH-Wert verschiebt sich in Richtung eines
sauren Milieus. Dadurch werden Enzyme
aktiviert, die eine Auflösung von Zellen
bewirken. Die Versorgung der Bandscheibe
mit Nährstoffen wird gehemmt. Es kommt
zu Degenerationserscheinungen, die sich
in Form von winzigen Rissen im Faserring
bis hin zum Bandscheibenvorfall bemerkbar machen können.
Bandscheibenvorfall oder
Hexenschuss
Bei einem Bandscheibenvorfall tritt ein
akut stechender Schmerz in der Lendenwirbelsäule oder in den Beinen auf, der
sogar über die Knie bis in die Füße ausstrahlen kann. Dabei tritt der Gallertkern
aus dem Faserring heraus und presst sich
gegen das Rückenmark oder die seitlichen
Nervenstränge der Wirbelsäule. Weil die
Nervenstränge und das Rückenmark sehr
empfindlich sind, treten zusätzlich zu den
Schmerzen auch Sensibilitätsstörungen
und Lähmungserscheinungen auf.
Ein Hexenschuss äußert sich als blitzartig
einschießender Kreuzschmerz mit einer sofortigen Bewegungsstarre meist in gebückter Haltung. Husten, Niesen und Pressen
verstärken den Schmerz. Ursache für den
Arbeitsmedizin
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Hexenschuss sind Massenverschiebungen
innerhalb der Bandscheibe, die umliegendes Gewebe reizen. Bei langanhaltenden
und immer wieder auftretenden Kreuzschmerzen spricht man hingegen vom
chronischen Lumbalsyndrom. Ursache
dafür sind Elastizitäts- und Volumenänderungen der Bandscheiben im Lendenbereich. Gehen die Beschwerden von den
kleinen Wirbelgelenken aus, handelt es
sich um ein Facettensyndrom.
Wer ist besonders betroffen?
Zwischen dem 35. und 55. Lebensjahr kommen Bandscheibenvorfälle am häufigsten
vor. Denn der Gallertkern behält seinen
hohen Ausdehnungsdruck bis zum 55. Lebensjahr, während der Faserring ab dem
35. Lebensjahr immer schwächer wird.
Ein gleichbleibend starker Gallertkern
drückt auf einen immer schwächer werdenden Faserring. Das führt mit der Zeit
zu altersbedingten Bandscheibenvorfällen. Bewegungsmangel, falsche Ernährung, Übergewicht und Rauchen tragen
ebenfalls dazu bei.
SIEBEN TIPPS FÜR RÜCKENGERECHTES ARBEITEN
Diagnose und Therapie
1. Vorher prüfen, ob die Last zu schwer ist.
Um die Diagnose zu sichern, sind neben
einer ärztlichen Untersuchung auch radiologische Methoden wie die Magnetresonanz- oder Computer-Tomographie
angezeigt. Bei der Behandlung des Bandscheibenvorfalls werden heute verstärkt
konservative Therapiemaßnahmen eingesetzt. Physiotherapie und eine kontrollierte Medikamentengabe gegen die Schmerzen für einen begrenzten Zeitraum haben
sich dabei bewährt. Operative Maßnahmen
sollten nur in Fällen von Lähmungen oder
schwerwiegenden neurologischen Ausfallerscheinungen zum Einsatz kommen.
Schmerzhaft und teuer
Eine Befragung der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin im Jahr
2012 unter 20.000 Erwerbstätigen zeigte,
dass 40 Prozent der Männer und 45 Prozent der Frauen unter Rückenbeschwerden
leiden. Wenn man sich die Arbeitsunfähigkeitstage, Frühberentungen und die
Kosten aufgrund von Rückenbeschwerden aus dem Bericht der Bundesregierung anschaut, entfielen beispielsweise
im Jahr 2012 allein 122,1 Mio. Arbeitsunfähigkeitstage auf diese Diagnose. Das sind
23,4 Prozent aller Arbeitsunfähigkeitstage.
Insgesamt verursachen Rückenbeschwerden einen volkswirtschaftlichen Schaden
von über 50 Milliarden Euro.
2. Beim Heben schwerer Lasten Hilfsmittel
verwenden.
3. Beim Anheben den Rücken gerade und
aufrecht halten.
4. Lasten nah am Körper heben und tragen.
5. Gewichte gleichmäßig verteilen.
6. Drehbewegungen vermeiden.
7. Ruckartige Bewegungen vermeiden.
Weitere Infos:
www.bgbau.de/ergonomie-bau
www.deinruecken.de
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Arbeitsmedizin
BG BAU aktuell 1_2015
Zum aus der Haut fahren
Das Wort Gürtelrose klingt recht harmlos. Dahinter verbirgt
sich eine Erkrankung, die fast jeden treffen kann.
TEXT: Dr. Sascha Plackov
FOTOS: iStockphoto, Fotolia
Das Varizella-Zoster-Virus,
welches die Windpocken
hervorruft, bleibt ein Leben
lang im Körper und kann Jahre
oder Jahrzehnte später eine
zweite Erkrankung verursachen,
die sogenannte Gürtelrose.
W
indpocken hat fast jeder Erwachsene als Kind schon einmal gehabt. Das Besondere und Gemeine an dieser Kinderkrankheit: Wer sie durchgemacht hat,
bekommt zwar im Leben nie wieder Windpocken, aber das Varizella-ZosterVirus, welches die Windpocken hervorruft, bleibt ein Leben lang im Körper und kann
auch Jahrzehnte später eine zweite Erkrankung verursachen, die sogenannte Gürtelrose.
Der Mediziner spricht dann vom Herpes Zoster. Der Keim nistet sich in den Hirnnerven
und Nervenwurzeln des Rückenmarks ein und schlummert dort. Unter bestimmten
Umständen, beispielsweise bei einem geschwächten Immunsystem, kann es passieren, dass die Viren Oberhand gewinnen, sich erneut vermehren und an den Nerven
entlang nach außen an die Haut wandern. Dort lösen die Varizella-Zoster-Viren eine
Gürtelrose aus. Typisch dafür ist ein streifenförmiger Hautausschlag mit Rötung und
Bläschen, der sich wie ein Gürtel entlang des Rückens oder der Brustwand ausbreitet
und mit starken Schmerzen einhergehen kann. Aber auch andere Körperregionen oder
das Gesicht können betroffen sein.
BG BAU aktuell 1_2015
Arbeitsmedizin
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Verbreitet wie der Wind
In Deutschland geht man davon aus, dass pro Jahr ungefähr 700.000 Menschen an
Windpocken erkranken. Bei etwa 95 Prozent aller Erwachsenen sind nach Angaben
des Robert-Koch-Instituts hierzulande Antikörper gegen das Varizella-Zoster-Virus
nachweisbar. Demnach hatten die meisten Erwachsenen in Deutschland schon einmal
Kontakt mit dem Erreger, weil sie im Laufe ihrer Kindheit oder Jugend Windpocken
hatten, sofern kein Impfschutz gegen die Erkrankung besteht.
In Form der Windpocken ist das Varizella-Zoster-Virus hoch ansteckend. Der Erreger
wird über den Luftweg übertragen, selbst wenn es keine direkte Berührung einer infizierten Person gibt. Im Gegensatz dazu ist eine Gürtelrose weniger ansteckend. Nur die
mit Flüssigkeit gefüllten Bläschen des Hautausschlags enthalten das Virus und sind
ansteckend. Wer damit nicht direkt in Kontakt kommt, muss keine Ansteckung fürchten.
Viren werden aktiv
Wer sich zum ersten Mal mit dem Varizella-Zoster-Virus infiziert, entwickelt in der Regel
nach 14 bis 16 Tagen Windpocken. Eine Gürtelrose können nur Menschen bekommen,
die in früheren Jahren bereits Windpocken hatten. Dafür lässt sich die Zeit von der
Infektion bis zum Ausbruch der Krankheit nicht angeben, weil die Erkrankung nicht
durch eine neue Infektion mit von außen stammenden Erregern herrührt, sondern durch
eine Reaktivierung von schon im Körper schlummernden Viren. Auslöser dafür können
beispielsweise steigendes Alter, geschwächtes Immunsystem, Stress mit psychischer
Überlastung, Krebserkrankungen, Infekte oder UV-Strahlung in hohen Dosen sein.
Bei Verdacht auf einen Herpes Zoster sollte immer ein Arzt aufgesucht werden. Denn
unter bestimmten Umständen kann die Erkrankung sehr kompliziert verlaufen. Folgende Probleme können auftreten:
•
•
•
•
•
•
bakterielle Infektion geschädigter Hautareale
Einblutungen und Einschmelzungen der Haut
Empfindungsstörungen bis hin zu Lähmungserscheinungen
Hirnnerven- und Hirnhautentzündungen
Schäden an Augen und Ohren
Befall des gesamten Körpers
Arbeit ruhen lassen
Der Arzt stellt die Diagnose anhand des klinischen Bildes sowie der Schmerzen und
leitet eine entsprechende Therapie ein. Normalerweise heilt eine Gürtelrose bei gesundem Immunsystem binnen weniger Wochen aus. Nachdem die Bläschen aufgeplatzt
sind, verkrusten sie und nach einigen Tagen fällt der Schorf ab. Die Ansteckungsgefahr
ist damit ebenfalls verschwunden. Ziel der Behandlung ist es, die Virusvermehrung
zu hemmen, die Rückbildung der Hautläsionen zu beschleunigen, Schmerzen zu lindern sowie Komplikationen zu verhindern. Außerdem ist es ratsam, die entzündete
Haut sorgfältig zu pflegen. Medikamente kommen bei der Behandlung einer Gürtelrose nicht immer zur Anwendung. Denn in zwei Drittel der Fälle heilt die Gürtelrose
von ganz allein ab.
Mit den ersten Symptomen einer Gürtelrose sind die Betroffenen arbeitsunfähig und
erhalten sofort eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung. Das ist notwendig, um den Heilungsprozess zu unterstützen. Denn mit Stress verbundene Tätigkeiten begünstigen
das Fortschreiten der Krankheit. Außerdem lässt die Konzentrationsfähigkeit nach, so
dass sich Fehler bei der Arbeit häufen. Die Arbeit sollte deshalb bis zum Abheilen der
Gürtelrose ruhen. Außerdem besteht seit dem 29. März 2013 eine Meldepflicht gemäß
Infektionsschutzgesetz an das zuständige Gesundheitsamt.
Impfung schützt
Wichtig: Es gibt eine Impfung gegen Windpocken. Hierdurch ist auch die Gefahr, an
Gürtelrose zu erkranken, um einiges geringer. Und selbst wenn sie auftritt, ist der Verlauf nicht so drastisch. Wer schon einmal an Windpocken erkrankt war, kann sich mit
der Impfung allerdings nicht mehr gegen Gürtelrose schützen.
Sobald die ersten
Symptome einer
Gürtelrose auftreten,
sind die Betroffenen
arbeitsunfähig und
brauchen Ruhe.
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Mensch und Betrieb
BG BAU aktuell 1_2015
Info-CD 2015
Die neue Info-CD der BG BAU mit Basiswissen und umfassenden
Informationen zu Medien über „Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz“ liegt jetzt in einer überarbeiteten Fassung vor.
TEXT: Martin Schneider
FOTOS: Fotolia, iStockphoto, Mirko Bartels
Wenn die CD hier fehlt,
wenden Sie sich bitte an den Zentralversand
Ihrer BG BAU:
Fax: 0800 6686688-38400
E-Mail: [email protected]
BG BAU aktuell 1_2015
Was ist neu?
Diese Rubrik enthält eine aktuelle Auflistung zu Neuigkeiten und Änderungen.
Nachfolgend einige Beispiele:
Informationen für Ihr Gewerk
Hier finden Sie eine Zusammenfassung des Medienangebotes zu Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz speziell für Ihr Gewerk.
Die BG BAU
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Jahresbericht der BG BAU
Erläuterungen zum Beitragsbescheid
Informationen zum Lohnnachweis 2014
Anpassung freiwillige Unternehmerversicherung
Prävention
• Seminarbroschüre 2015
• Messetermine 2015 mit Beteiligung der BG BAU
• Arbeitsschutzprämien
Medien zu Fachinfos
• Broschüre „Ladungssicherung auf Fahrzeugen der Bauwirtschaft“
(umfangreiche Überarbeitung)
Bausteine, Merkhefte
Neue Bausteine F 7 „Beauftragung von Erdbaumaschinenführern“
und A 246 „Sicherheits- und Gesundheitsschutzkennzeichnung, Flucht- und Rettungsplan“
Vorschriften, Regeln
• Staatliches Recht
– Neue Regeln für Arbeitsstätten
(z. B. ASR A 2.1 „Schutz vor Absturz
und herabfallenden Gegenständen,
Betreten von Gefahrenbereichen“) sowie
neue Technische Regeln (z. B. TRGS 519
„Asbest – Abbruch-, Sanierungs- oder Instandhaltungsarbeiten“)
• DGUV-Regeln und DGUV-Informationen
Übernahme der neuen Nummerierungssystematik
für das Vorschriften- und Regelwerk der gewerblichen
Berufsgenossenschaften
Neu aufgenommene und überarbeitete Schriften, beispielsweise:
– DGUV Information 206-006 „Arbeiten: entspannt, gemeinsam, besser“
– DGUV Information 206-007 „So geht’s mit Ideen-Treffen“
– DGUV Information 201-053 „Einsatz von landwirtschaftlichen Traktoren auf Erdbaustellen“
Arbeitshilfen, Formulare
Neu aufgenommen:
• Sifa-Bestellformular (Bestellung als Fachkraft für Arbeitssicherheit)
Weitere Informationen: www.bgbau-medien.de
Mensch und Betrieb
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Rehabilitation und Leistungen
BG BAU aktuell 1_2015
„Mein Rollstuhl ist meine
Kommandozentrale“
Nach einem Arbeitsunfall vom Hals abwärts gelähmt, lässt
sich Morten Müller nicht unterkriegen. Sein unerschütterlicher
Optimismus und viel Hightech im Haus ermöglichen ihm ein
fast normales Leben.
TEXT: Martin Nebel
FOTOS: Doris Leuschner
Der Elektro-Rollstuhl von
Morten Müller mit vielen
Spezialeinstellungen funktioniert mit Kinnsteuerung
und hat eine Schnittstelle
zu seinem Smartphone.
E
s passierte während der Lehre zum
Zimmerer. Bei Dacharbeiten stürzte
der Auszubildende drei Meter tief
von einer Leiter. Seitdem ist Morten Müller
ab dem vierten Halswirbel querschnittgelähmt, kann Arme und Beine nicht mehr
bewegen. Lediglich in der linken Schulter
und dem Oberarm ist eine geringe Beweglichkeit geblieben.
Doch statt mit seinem Schicksal zu hadern, bemühte sich der heute 23-Jährige
von Anfang an darum, seine Selbstständigkeit wiederzugewinnen. Die BG BAU
unterstützte ihn dabei mit allen geeigneten Mitteln – von der aufwendigen Heilbehandlung über die Rehabilitation bis hin
zur Planung und Finanzierung des Hausbaus und der Pflege rund um die Uhr.
BG BAU aktuell 1_2015
Nach dem Unfall stand zunächst die medizinische Rehabilitation an erster Stelle.
Doch bereits während der stationären Heilbehandlung stand Martin Nebel als RehaManager der BG BAU Müller und seiner
Familie zur Seite. Er hat neben den medizinischen Fragen eingehend darüber beraten, wie die Wohnung und ein geeignetes
privates Kraftfahrzeug behindertengerecht
umgebaut werden können und ein Pflegedienst gefunden werden kann.
Bereits in der ersten Woche in der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik (BGU)
Ludwigshafen stellte ihm die BG BAU ein
Laptop mit Mundsteuerung zur Verfügung.
Damit konnte Müller von Anfang an Kontakt zur Außenwelt halten, seine Post
erledigen und sich jederzeit mit seinem
Reha-Manager der BG BAU in München
in Verbindung setzen, der ihn bei allen
Schritten begleitete.
Die eigenen vier Wände
Schnell organisierte Nebel für den Versicherten einen Elektrorollstuhl mit Kinnsteuerung und Schnittstelle zu seinem
Smartphone. Damit konnte er erste Ausflüge aus der Klinik unternehmen. „Nachdem
ich aus der BGU kam, war mein toller Rollstuhl erst mal das Wichtigste für mich“,
sagt Müller. Doch der Elektro-Rollstuhl mit
vielen Spezialeinstellungen hat einen großen Wendekreis und braucht viel Platz.
Deshalb setzte sich der Reha-Manager der
BG BAU schon frühzeitig mit Familie Müller zusammen, um ein häusliches Umfeld
zu schaffen, in dem Müller ein weitgehend
eigenständiges Leben führen kann. „Bald
war klar, dass ich zwar mit meinen Eltern
in einem Haus leben wollte, jeder jedoch
seine eigene Wohnung haben sollte“, erzählt Müller.
Wohnen ohne Barrieren
Allerdings war das Haus der Familie Müller
weder rollstuhlgerecht noch gab es Möglichkeiten zu einem Umbau. Ein Neubau,
angepasst an Müllers Behinderung, war
erforderlich, in dem er mit seinem 24-Stunden-Pflegedienst weitgehend selbstständig
leben kann. In Zusammenarbeit mit Architekten, Bauunternehmen und Familie
Müller wurde unter Federführung der BG
BAU ein Konzept zur Realisierung dieses
Vorhabens erstellt. Der rollstuhlbedingt
erforderliche Mehrbedarf an Platz, bei-
Rehabilitation und Leistungen
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spielsweise im Hinblick auf die Flur- und
Türbreite sowie Zimmergröße, wurde so
umgesetzt, dass Müller mit seinem Rollstuhl gut durch sein Haus steuern kann.
Die behinderungsbedingten Mehrkosten dafür sowie die im Haus integrierte
Sprachsteuerung, mit der Müller trotz
seiner Einschränkungen alle Türen, Elektrogeräte, Licht und Jalousien ohne Hilfe
steuern kann, finanzierte die BG BAU. Eine
weitere Besonderheit wurde mit einem zusätzlich eingebauten Deckenliftsystem geschaffen, das Müller vom Pflegebett in das
rollstuhlgerechte Badezimmer befördert.
Damit wird der Pflegedienst unterstützt,
den Müller rund um die Uhr benötigt.
Mobil und mitten im Leben
Die Ausmaße des Rollstuhls stellten Familie
Müller auch bei der Wahl eines geeigneten
Autos vor Probleme. „Fahre ich zur Seitentür oder von hinten ins Auto? Sitze ich an
der Stelle des Beifahrersitzes oder hinter
den Vordersitzen? Wie wird der Rollstuhl im
Auto befestigt? Fragen wie diese waren im
Vorfeld zu klären“, erläutert Müller. Nachdem die Entscheidung für ein Auto in ausreichender Größe gefallen war, beteiligte
sich die BG BAU an dessen Beschaffung und
übernahm sämtliche Kosten für notwendige Um- und Einbauten. Die Anschaffung
dieses Autos bedeutete für Müller einen
weiteren großen Schritt auf dem Weg zur
selbstständigen Mobilität. Denn vorher waren ihm Fahrten nur in ganz wenigen speziellen Rollstuhltaxis für Krankentransporte
möglich. „Mit meinem großen grünen Bus,
der genau an meine Bedürfnisse angepasst
ist, kann ich wieder aktiv am Leben teilnehmen, mit meinen Pflegern Konzerte und Festivals besuchen, Freunde treffen und meinen Hobbys nachgehen“, freut sich Müller.
Sogar mit seinen Modellautos, die er mit
dem Kinn steuert, kann er wieder auf Tour
gehen. Dabei ist er mindestens so geschickt
und erfolgreich wie seine Kumpels, die ihre
Modellautos auf herkömmliche Weise mit
den Händen steuern.
Inklusion gelungen
Das Beispiel von Morten Müller zeigt,
wie Inklusion gelingen kann und welche
Möglichkeiten die gesetzliche Unfallversicherung hat, infolge von Arbeitsunfällen
schwerstverletzte Menschen bei der Rückkehr ins Leben „mit allen geeigneten Mitteln“ zu unterstützen.
BG BAU Reha-Manager
Martin Nebel (oben links)
unterstützte Morten Müller und
Familie in allen Fragen – von
der Heilbehandlung über
den behindertengerechten
Ausbau des neuen Hauses
bis zur Anschaffung eines
geeigneten Pkw.
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Im Blick
BG BAU aktuell 1_2015
Schiffbau „made
in Papenburg“
Die Meyer Werft baut Kreuzfahrtschiffe, Fähren, Tanker
und Spezialschiffe für Kunden in aller Welt. Auch zahlreiche
Firmen aus der Bauwirtschaft sind daran beteiligt.
TEXT: Rolf Schaper
FOTOS: Meyer Werft, Picture Alliance
D
ie Auftragsbücher der Meyer Werft
sind gut gefüllt. Es gibt bereits
Aufträge bis 2019. Damit ist die
1795 gegründete Traditionswerft, die seit
sieben Generationen an der Ems angesiedelt ist, ein Segen für die Wirtschaft
in der strukturschwachen Region. Heute
arbeiten am Standort im Emsland rund
3.100 eigene Mitarbeiter. Dazu kommen
noch rund 10.000 bis 12.000 Arbeitsplätze in der näheren Region, wo sich viele
Zulieferunternehmen angesiedelt haben.
BG BAU aktuell 1_2015
Im Blick
|
33
Die „Quantum of the
Seas“ lief am 13. August
2014 vom Stapel. Sie
ist das bisher größte
Kreuzfahrtschiff,
das in Deutschland
gebaut wurde.
Auf dem 348 Meter langen Schiff, das
gerade gebaut wird, der „Anthem of the
Seas“, arbeiten auch zahlreiche Firmen
aus der Bauwirtschaft, beispielsweise Gerüstbauer, Fliesenleger, Innenausbauer,
Isolierer, Maler und Lackierer.
Kreuzfahrtboom schafft
Arbeitsplätze
Das private Familienunternehmen wird
heute vom 66-jährigen Bernard Meyer
geleitet. Er zieht als geschäftsführender
Gesellschafter die Fäden und kennt
34
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Im Blick
BG BAU aktuell 1_2015
Rostock mit heute 480 Beschäftigten erworben. Dort werden jetzt überwiegend
Flusskreuzfahrtschiffe gebaut. Im letzten
Jahr wurden 70 Prozent des finnischen
Konkurrenten STX aus Turku mit rund
1.300 Mitarbeitern übernommen. Die restlichen 30 Prozent sind im Besitz des finnischen Staates. Damit ist die Meyer Werft
gut aufgestellt und kann weltweit größte
Aufträge bewältigen.
Stärke durch Expansion
Oben: Schiffbauer
Günther Kolbe (li.) und
Dr. Roland Wittig von der
Meyer Werft setzen auf
Aufklärung und Einsicht,
um die Arbeitssicherheit
zu fördern. Unten: Gerüstbau nur mit Persönlicher
Schutzausrüstung (PSA).
sich aus mit schwierigen Manövern, beispielsweise mit der Frage nach dem geeigneten Standort der Werft. Dieser – im
küstenfernen Binnenland liegend – wurde
in den 1980er Jahren immer wieder kritisch diskutiert. Wegen der immer größer
werdenden Schiffe war eine Vertiefung der
Ems erforderlich. Das hatte vor allem die
Umweltschützer auf den Plan gerufen, die
eine Verlagerung der Werft an die Küste
forderten – allerdings vergeblich. Das Land
Niedersachsen unterstützte damals den
Ausbau, um die Wettbewerbsfähigkeit der
Werft und ihrer Zulieferbetriebe zu sichern.
Jede Überführung eines großen Ozeanriesen über die Ems zur 40 Kilometer entfernten Nordsee ist Präzisionsarbeit. Das Manöver ist aber auch immer ein besonderes
Event für interessierte Besucher, die dazu
aus ganz Deutschland anreisen. Manchmal kommen über 100.000 Menschen,
um die Überführung eines neuen Kreuzfahrtschiffes zu bestaunen. Das vor einigen
Jahren eingerichtete Besucherzentrum der
Werft ist heute ebenfalls ein Magnet. Fast
250.000 Menschen kommen pro Jahr nach
Papenburg, weil sie sich für den Bau von
Großschiffen interessieren. Kein Wunder,
denn das Interesse an Kreuzfahrten ist bis
heute ungebrochen.
Die Meyer Werft hat konsequent expandiert. 1997 hat sie die Neptun-Werft in
Im Unternehmen kann heute auch in Forschung und Entwicklung gemeinsam gearbeitet werden. „In vielen Bereichen, beispielsweise im Kreuzfahrtmarkt, erzielen
wir durch eine Kooperation bei unseren
Arbeitsabläufen positive Synergieeffekte“,
erläutert Schiffbauer Günther Kolbe. Der
Erfolg der Papenburger Werft beruhe auch
auf den modernen Fertigungsanlagen und
einem Konzept der kurzen Wege, erklärt
Kolbe. Hier steht beispielsweise das größte
computergesteuerte Laserzentrum Europas, wo große Stahlteile im Laser-HybridVerfahren miteinander verschweißt werden. Das geht wesentlich schneller als das
konventionelle Schweißen und verhindert
Verformungen.
Moderner Schiffbau ist wesentlich energieeffizienter und umweltfreundlicher als
früher. Immer mehr Reeder setzen mittlerweile auf wirkungsvolle Abgasreinigungssysteme, damit es in Häfen und Naturreservaten, wie der Arktis, später keine
Konflikte gibt. Zur Energieeinsparung werden die am Computer entwickelten Schiffskörper mit einem maßstabsgerechten Modell in einem hydrodynamischen Prüfkanal
getestet und optimiert.
Modernste Technik und effektive
Produktion
Auf den großen Schiffen werden heute im
Durchschnitt rund 250 Kilometer Rohrleitungen verlegt, um die Ver- und Entsorgung an Bord zu gewährleisten. Im Rohrzentrum der Werft werden die Rohre an
speziellen Biege- und Flanschmaschinen
bearbeitet und dann in die Blöcke eingebaut. Schiffbau erfolgt heute nach dem
sogenannten Blockbau-Prinzip. Etwa 70
Blöcke, die jeweils bis zu 800 Tonnen wie-
BG BAU aktuell 1_2015
Im Blick
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35
gen, bilden am Ende ein komplettes Schiff.
Die Blöcke werden so weit wie möglich parallel vorgefertigt und dann mit großen
Brückenkranen eingebaut. „So kann sehr
effektiv parallel gearbeitet und ein Schiff
in kurzer Zeit fertiggestellt werden“, sagt
Dr. Roland Wittig, der bei der Meyer Werft
für die Arbeitssicherheit und den Umweltschutz zuständig ist. Auf der Werft wird in
einigen Bereichen sogar im Drei-SchichtBetrieb gearbeitet, weil die Fertigstellungstermine für das Unternehmen absolut verbindlich sind.
Zentrales Thema: Arbeitssicherheit und Umweltschutz
Zu seinem Team gehören mehrere Fachkräfte für Arbeitssicherheit und 70 Sicherheitsbeauftragte, die sich um die
Arbeitssicherheit kümmern. „Wir haben
mittlerweile in einigen Bereichen eine
Quote von 25 – 35 Arbeitsunfällen pro eine
Million Arbeitsstunden erreicht“, sagt Wittig. Das ist ein guter Wert für diese Branche. Im Arbeitsschutz beschreitet Wittig
seit kurzem ganz neue Wege. Mit Unterstützung einer Psychologin betreibt er
die sogenannte „verhaltensbezogene Prävention“, um die aktuellen Unfallzahlen
weiter zu senken. Ziel ist es dabei, durch
Aufklärung und Einsicht nachhaltige Verhaltensänderungen bei den Beschäftigten
zu bewirken.
Die Meyer Werft legt großen Wert auf ständige interne Fortbildungen ihrer Mitarbeiter. Jedes dort beauftragte Fremdunternehmen muss vor Arbeitsbeginn nachweisen,
dass es beispielsweise eine Gefährdungsbeurteilung, Betriebsanweisung, Unterweisungen für die Beschäftigten und ein
aktuelles Gefahrstoffkataster erstellt hat.
Für alle Firmen stehen eine komplette Sanitätsstation und ein eigener Betriebsarzt
zur Verfügung.
Risiko Nummer eins: der Absturz
Das größte Risiko beim Schiffbau sind die
Absturzgefahren, denn die großen Schiffe
sind über 50 Meter hoch. Daher müssen
in jeder Bauphase Absturzsicherungen
und Gerüste errichtet und immer wieder
an den Baufortschritt angepasst werden.
Drei Gerüstbaufirmen arbeiten ständig auf
der Werft. Eine davon ist die Firma Nietiedt aus Wilhelmshaven. Deren Bauleiter
Andre Buse wacht mit Argusaugen darüber, dass die Gerüste nur mit Persönlicher
Schutzausrüstung (PSA) errichtet und erst
nach einer schriftlichen Freigabe benutzt
werden.
Bei der Entwicklung von Unterwasserbeschichtungen hat die Meyer Werft Maßstäbe gesetzt. Dazu werden spezielle Antifouling-Farben verwendet. Diese verhindern
den Bewuchs von Algen und Seepocken
auf den Schiffsrümpfen. Das reduziert den
Treibstoffverbrauch deutlich. Heute verarbeitet die Werft umweltfreundliche Mittel auf der Basis von Fluoropolymer, einer
Weiterentwicklung von Silikon. Statt wie
früher üblich sieben Anstrichen sind heute nur noch vier nötig. Bei einer Fahrtgeschwindigkeit von über zehn Knoten können sich keine Meeresorganismen mehr
ansiedeln. Die Schiffe müssen nur noch
alle fünf Jahre zur Neubeschichtung ins
Dock, das spart Millionen.
Rund drei Jahre dauert es, bis ein neuer
Kreuzfahrtriese vom Stapel laufen kann. So
ein Luxusliner kostet heute rund 800 Mio.
Euro und kann über 5.000 Passagiere aufnehmen. Die Schiffe sind im Prinzip wie
eine kleine Stadt aufgebaut, mit einer eigenen Energieerzeugung und einer Abwasseraufbereitung.
MEYER WERFT
Die Werft wurde 1795 in Papenburg gegründet. Das Unternehmen ist seit sieben Generationen in den Händen der Familie Meyer.
Heute wird die Werft mit gut 3.000 eigenen
Mitarbeitern von Bernard Meyer geführt. Das
Unternehmen hat seit den 1980er Jahren 37
Kreuzfahrtschiffe gebaut. Seit 1997 gehört
auch die Neptun-Werft aus Rostock mit 480
Beschäftigten dazu. Heute werden dort hauptsächlich Flusskreuzfahrtschiffe gebaut. 2014
hat die Traditionswerft auch die Mehrheit an
der STX-Werft im finnischen Turku erworben.
Weitere Infos: www.meyerwerft.de
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Mitglieder und Beiträge
BG BAU aktuell 1_2015
Änderungen im Beitragsbescheid
Der interne Lastenausgleich (ILA) entfällt ab 2014.
TEXT: Anika Strietzel
FOTO: iStockphoto
J
ede gewerbliche Berufsgenossenschaft
trägt Last und Unfallrisiko der bei ihr
versicherten Gewerke grundsätzlich allein. Einige Berufsgenossenschaften sind
jedoch durch Versicherungsleistungen höher belastet – dazu gehört auch die BG
BAU. Unter den Berufsgenossenschaften
gibt es deshalb einen Solidarausgleich.
Das bisherige Verteilungsmodell des Lastenausgleichs wurde nun durch das neue
Modell der Lastenverteilung abgelöst.
Der Umlagebeitrag setzt sich also künftig
aus folgenden Teilen zusammen:
• Hauptumlage
• Lastenverteilung nach Neurenten (LVN)
• Lastenverteilung nach Entgelten (LVE)
Ab dem Beitragsjahr
2014 gibt es für den
Beitrag zum ASD der
BG BAU einen gesonderten Bescheid.
Die Beitragsanteile LVN, LVE dienen
dazu, die Beiträge langfristig stabil zu
halten. Mit der Unterstützung anderer
Berufsgenossenschaften können die hohen Rentenaltlasten der BG BAU finanziert werden. Trotz des Eigenanteils, der
mit den Beitragsanteilen LVN und LVE
erhoben wird, profitiert die BG BAU von
der Lastenverteilung. Die darüber entstehende Entlastung senkt den Finanzbedarf der BG BAU und damit die Mitgliedsbeiträge.
Gesonderter Bescheid
Der Beitrag zum Arbeitsmedizinisch-Sicherheitstechnischen Dienst der BG BAU
(ASD der BG BAU) wurde bisher zusammen
mit dem Umlagebeitrag in einem Bescheid
erhoben. Ab dem Beitragsjahr 2014 gibt
es für den Beitrag zum ASD der BG BAU
einen gesonderten Bescheid. Die getrennten Beitragsbescheide werden jedoch wie
gewohnt gemeinsam im April übersandt.
Mit der Trennung der Bescheide wird die
Beitragserhebung übersichtlicher.
HÖCHSTJAHRESARBEITSVERDIENST UND
VERSICHERUNGSSUMMEN GESTIEGEN
Seit dem 1. Januar 2015 gilt der neue Höchstjahresarbeitsverdienst (Höchst-JAV)
von 68.040 Euro. Bis zu dieser Grenze müssen Arbeitsentgelte im Lohnnachweis nachgewiesen werden. Der Höchst-JAV beträgt das Zweifache der jährlichen
Bezugsgröße. Sie dient als Rechengröße in der Sozialversicherung und wird jedes
Jahr an die aktuelle Einkommensentwicklung angepasst. Für das Jahr 2015 beträgt
sie 34.020 Euro.
Auch die Mindestversicherungssumme für die freiwillige Versicherung richtet sich
nach der jährlichen Bezugsgröße. Sie dient als Grundlage für die Berechnung der
Beiträge und Geldleistungen der freiwilligen Versicherung. Der Unternehmer kann die Versicherungssumme bis zur Höchstversicherungssumme von
68.040 Euro frei wählen.
AST
BG BAU aktuell 1_2015
Sicher unterwegs
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Feiern ohne Folgen
Gerade zur Faschingszeit gehört für viele Jecken das eine oder andere
Glas Alkohol zum Feiern dazu. Doch auch in der fünften Jahreszeit gilt
der Grundsatz: Wer trinkt, fährt nicht, und wer fährt, trinkt nicht.
TEXT und FOTO: DVR
T
atsächlich häufen sich rund um
den Rosenmontag die alkoholbedingten Verkehrsunfälle. Die Polizei führt deshalb in dieser Zeit besonders
oft Verkehrskontrollen durch. Was viele
Verkehrsteilnehmer noch immer nicht wissen: Bereits bei 0,3 Promille und damit
verbundenen Ausfallerscheinungen geht
die Rechtsprechung von einer relativen
Fahruntüchtigkeit aus, die strafrechtliche
Konsequenzen haben kann. Bei 0,5 Promille drohen bereits 500 Euro Bußgeld, zwei
Punkte im Flensburger Verkehrszentralregister (VZR) und ein Monat Fahrverbot.
Die Grenze der absoluten Fahruntüchtigkeit liegt bei 1,1 Promille. Wer in diesem
Zustand ein Kraftfahrzeug führt, macht
sich strafbar und muss mit einer empfindlichen Geld- oder mehrjährigen Freiheitsstrafe rechnen, wenn er einen Unfall
verursacht.
Führerschein weg – auch auf
dem Fahrrad
Ähnliches gilt für Karnevalisten, die betrunken mit dem Fahrrad unterwegs sind.
Ab 1,6 Promille wird ein Radfahrer als absolut fahruntüchtig eingestuft. Er muss mit
einem Bußgeld, einer Einladung zur medizinisch-psychologischen Untersuchung
(MPU) zur Fahreignung sowie dem Entzug
des Führerscheins rechnen.
Öffentliche Verkehrsmittel sind eine preisgünstige und gesellige Alternative zum eigenen Auto, Motorrad oder Fahrrad. Wer
hingegen Ruhe bevorzugt, für den ist das
Taxi ideal.
Auch am Morgen danach – das
Auto stehen lassen
Ruhe empfiehlt sich auch für den Morgen
danach. Denn der Körper kann pro Stunde
durchschnittlich nur 0,15 Promille Alkohol
im Blut abbauen. Der im Körper verbleibende Restalkohol schränkt die Fahrtüchtigkeit stark ein. Sogenannte Wundermittel
wie Kaffee oder Tabletten, die angeblich
den Alkoholabbau im Körper beschleunigen können, helfen nicht weiter. Deshalb
heißt es in schweren Fällen auch am Morgen danach: Hände weg vom Steuer.
Bereits bei 0,5 Promille
Alkohol drohen zwei
Punkte im Flensburger Verkehrszentralregister,
500 Euro Bußgeld und ein
Monat Fahrverbot.
38
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Infomedien
BG BAU aktuell 1_2015
AKTUALISIERT: „LÄRM –
WEGHÖREN HILFT NICHT“
Die BG BAU bietet eine Reihe von Gesundheitsbroschüren für Mitarbeiter
an. In dieser Reihe wurde jetzt die
Broschüre „Lärm – Weghören hilft
nicht“ aktualisiert. Sie enthält neben allgemeinen Informationen zum
Lärm und den möglichen gesundheitlichen Folgen Informationen über berufstypische Lärmbelastungen sowie
LÄRM
Tipps für den geeigneten persönlichen Gehörschutz. Neu aufgenommen wurde die Verwendung
von Otoplastiken, die einen besonders sicheren Schutz vor
Lärmeinwirkungen gewährleisten.
MSC
Gesundheit
Weghören hilft nicht
MEDIENKATALOG 2015
Alle Medien zu den Themen Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz
für die Bauwirtschaft und baunahe
Dienstleistungen sind im aktuellen
Medienkatalog 2015 der BG BAU auf
40 Seiten zusammengefasst. Dazu
BG BAU-Medienkatalog 2015
zählen: Vorschriften, Regeln, Informationsbroschüren und Flyer,
CDs und DVDs sowie Aushänge und
Aufkleber. Der Katalog für Unternehmer, Führungskräfte und Mitarbeiter sowie Bauherren
und Planer enthält auch Hinweise auf weitere Informationsquellen, beispielsweise das Onlineangebot oder die Info CD
der BG BAU.
MSC
Infomaterial Arbeitssicherheit und
Gesundheitsschutz
Abruf-Nr.: 660
Abruf-Nr.: 713
KUGELSCHREIBER
TÖDLICHER ALS BLITZE
Viele Menschen haben Angst,
bei Gewitter vom Blitz getötet
zu werden. Doch diese Gefahr
ist verschwindend gering. Viel
eher sollten sie sich vor alltäglichen Gegenständen wie einem
Kugelschreiber fürchten. Schätzungen zufolge ersticken jedes
Jahr in Deutschland 100 bis 300
Menschen an verschluckten Kuliteilen, während lediglich vier
Menschen pro Jahr vom Blitz erschlagen werden. Diese und viele
andere verblüffende Statistiken zu den Gefahren und Risiken unseres Alltagslebens sind in einem kurzweiligen Buch
nachzulesen.
Thorsten Wiese / Cord Balthasar: „Warum Kugelschreiber
tödlicher sind als Blitze.“, 192 Seiten, 14,99 Euro; riva
Verlag. München 2014
ARBEITSSCHUTZFILM
„AN ALLES GEDACHT?“
D e r A r b e i tgeb e r i s t
für die Organisation
des Arbeitsschutzes
in seinem Betrieb verantwortlich. So steht
es im Arbeitsschutzgesetz. Aber was heißt
das genau? Ein neuer
Kurzfilm der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung
(DGUV) gibt Antwort – mit Charme, Humor und klarer Botschaft. Nach einem humorvollen Einstieg mit unterhaltsamen Alltagssituationen geht es in die betriebliche Realität.
Die Mitwirkenden sind keine Schauspieler, sondern echte
Arbeitgeber und Mitarbeiter, die sich mit Maßnahmen zum
Arbeitsschutz auseinandersetzen. In diesem Teil spielt der Arbeitgeber eines Mitgliedsbetriebs der BG BAU aus dem Gerüstbaugewerbe eine Rolle. Dabei wird deutlich, wie die betriebliche Arbeitsschutzorganisation gestaltet sein muss, damit die
Sicherheit der Beschäftigten gewährleistet ist: Dazu gehören
fachlich geeignetes Personal, erforderliche Qualifizierungen
und Unterweisungen.
TLU
Der Film ist zu sehen im Internet unter www.bgbau.de,
Webcode: WCZGNm
BESTELLUNGEN
Alle Printmedien, CDs und DVDs der BG BAU können Sie über unseren Zentralversand unter
Angabe der Abrufnummer direkt bestellen. Unter www.bgbau-medien.de können Sie die Medien
einsehen, bestellen oder herunterladen.
BG BAU – Zentralversand, Landsberger Straße 309, 80687 München
Fax: 0800 6686688-38400, E-Mail: [email protected]
BG BAU aktuell 1_2015
Mit gutem Beispiel
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39
Gymnastik auf der
Baustelle
Gesundheitsförderung ist beim Bauunternehmen Heckmann im
westfälischen Hamm ein wichtiger Baustein und fest im Arbeitsablauf verankert.
TEXT: Dagmar Sobull
FOTOS: Mirko Bartels, Andreas Rother
J
eden Dienstag legen die Mitarbeiter der Heckmann GmbH & Co. KG auf ihren Baustellen die Werkzeuge aus der Hand und trainieren mit Pezzibällen, Therapiebändern
und Isomatten. Eine halbe Stunde dauert das bauspezifische Übungsprogramm,
welches speziell auf die typischen Belastungen und Bewegungsabläufe auf Baustellen
abgestimmt ist. Das hat sich der Chef, Martin Karnein, einiges kosten lassen. Für rund
20 Baustellen hat er die notwendigen Sportgeräte angeschafft und dafür insgesamt
rund 7.000 Euro investiert. Außerdem gibt es eine Betriebsvereinbarung, welche die
Teilnahme am Turnunterricht verpflichtend macht. Die dafür benötigte Zeit wird je
zur Hälfte vom Arbeitgeber und vom Mitarbeiter eingebracht.
„Dass unsere Mitarbeiter nach einem langen Arbeitstag abends noch ins Fitnessstudio gehen, kann man nicht erwarten“, sagt Karnein. „Aber wir wollten ein effektives
Training anbieten, das speziell auf die Belastungen im Baugewerbe ausgerichtet ist.“
Einen weiteren wichtigen Aspekt ergänzt Bernd Schleimer, Leiter für Qualitätssicherung, Arbeits- und Gesundheitsschutz bei Heckmann: „Wir wollten den Sport in die
Arbeitsabläufe auf den Baustellen integrieren.“
Bauspezifisches Übungsprogramm
Im Rahmen eines Pilotprojektes mit einem Baustellenteam in Zusammenarbeit mit der
Krankenkasse AOK und einem Diplom-Sportlehrer wurde ein bauspezifisches Übungsprogramm mit insgesamt zwölf Übungen erarbeitet, orientiert an den typischen Belastungen auf einer Baustelle wie Heben und Tragen von Lasten oder das Arbeiten in
Zwangshaltungen. „Dabei zeigte sich, dass die größten Belastungen im Rücken und
im Schulterbereich liegen“, so Karnein.
Nach erfolgreichem Abschluss des Pilotprojektes wurden alle Poliere und Vorarbeiter
in jeweils zehn Schulungseinheiten zu Übungsleitern ausgebildet, um das Training
ihrer Kolonnen, welches seitdem für alle verpflichtend ist, fachkundig zu leiten. Bei
Rückfragen steht der Sportlehrer den Übungsleitern zur Verfügung und gibt bei Bedarf auch Tipps auf der Baustelle. „Mit der Zeit schlug die anfängliche Skepsis bei den
meisten in Begeisterung um, weil die Mitarbeiter gemerkt haben, dass das Training
wirklich was bringt“, beobachtet Personalchef Jürgen Seiler. Seit November 2013 nehmen auch die Mitarbeiter in der Verwaltung an dem Projekt teil und machen einmal
pro Woche eine halbe Stunde lang Gymnastik, die speziell auf die Belastungen von
Büroarbeitern zugeschnitten ist. Dafür steht in der Firma ein entsprechend ausgerüsteter Gymnastikraum zur Verfügung. Karnein: „Wir sind davon überzeugt, dass diese
Form der Gesundheitsprävention wirklich was bringt.“
Geschäftsführer
Martin Karnein (oben) weiß,
dass die größten körperlichen
Belastungen auf der Baustelle
im Rücken- und Schulterbereich
liegen. Das bauspezifische
Übungsprogramm orientiert
sich daran.
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