Ein Sportwett terminal ist kein Spielgerät im Sinne

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Ein Sportwett terminal ist kein Spielgerät im Sinne
Rechtsprechung
AutomatenMarkt
ISSN 0176-6759
Urteile und Entscheidungen
für die Automatenbranche
55. Jahrgang April 2011
Ein Sportwett­terminal ist
kein Spielgerät im Sinne der
Gewerbeordnung
Gründe:
vollzugs, sofern dieser eilbedürftig ist. Davon aus­
gehend ist der vorliegende Eilantrag zulässig und
begründet.
Der Antrag der Antragstellerin,
die aufschiebende Wirkung ihres Widerspruchs
vom 6. Januar 2011 gegen die Verfügung der
Antragsgegnerin vom 28. Dezember 2010,
– Zeichen:12622/008019/HGB
hat Erfolg.
Nach Paragraf 80 Absatz 5 VwGO kann das ­Gericht
die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs
gegen einen Verwaltungsakt in den Fällen wiederherstellen, in denen – wie hier – die Behörde die
sofortige Vollziehung des Verwaltungsakts nach
Paragraf 80 Absatz 2 S. 1 Nummer 4 VwGO angeordnet und damit den Suspensiveffekt des Widerspruchs (Paragraf 80 Absatz 1 S. 1 VwGO) beseitigt hat. Dabei ist maßgeblich für die gerichtliche
Entscheidung die Abwägung der widerstreitenden
Interessen an der Suspendierung der angefochtenen Maßnahme einerseits und der Vollziehung
des Verwaltungsaktes andererseits ab. Im Rahmen
­dieser Abwägung sind insbesondere die Erfolgsaussichten des eingelegten Rechtsbehelfs zu
­berücksichtigen. Ergibt die im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gebotene, aber auch ausreichende summarische Prüfung der Sach- und
Rechtslage, dass der mit der Anordnung der
­sofortigen Voll­ziehung versehene Verwaltungsakt
offensichtlich rechtswidrig ist, überwiegt das
­private Aufschub­interesse des Antragstellers, denn
an der Voll­ziehung einer rechtswidrigen hoheit­
lichen Maßnahme kann kein öffentliches Interesse
bestehen. Ist hingegen der angegriffene Bescheid
offensichtlich rechtsmäßig, überwiegt in der Regel
das öffentliche Interesse am Bestand des Sofort­
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Die vorzunehmende Interessenabwägung geht zu
Gunsten der Antragstellerin aus. Denn aller Voraussicht nach mangelt es der Verfügung der
­Antragsgegnerin an der erforderlichen Ermäch­
tigungsgrundlage, weil sie ihre Untersagungs­
verfügung zu Unrecht auf Paragraf 11 HSOG in
Verbindung mit Paragraf 3a und Paragraf 9 Absatz
2 SpielV gestützt hat. Diese Regelung ist – unabhängig davon, ob insoweit Paragraf 9 Absatz 2 des
Staatsvertrages zum Glücksspielwesen in Deutschland
(Glücksspielstaatsvertrag/GlüStV)
vom
30. Januar bis 31. Juli 2007 (GVBl. l S. 841) als lex
specialis vorrangig anzuwenden ist – nicht geeignet die streitgegenständliche Verfügung zu tragen.
Denn der von der Antragstellerin aufgestellte
Wettterminal Ambassador zur Annahme von
Sportwetten ist kein Spielgerät im Sinne des hier
allein in Betracht kommenden Paragrafen 33c oder
33d GewO, zu deren Durchführung die Spielverordnung nach Paragraf 33f Absatz 1 GewO erlassen worden ist. Der Wettterminal fällt schon
­deshalb nicht unter Paragraf 33c GewO, weil er
kein Geldspielgerät im Sinn dieser Vorschrift ist.
Denn der Apparat bietet mit dem Abschluss von
Wetten zwar die Möglichkeit eines Gewinns,
­verfügt jedoch nicht über eine den Spielausgang
beeinflussende technische Vorrichtung (vergleiche
dazu VG Augsburg, Urteil vom 18. Juli 2007,
– AU 4 K 06.1474 –, juris, Rdnr. 23, Hahn, in Friauf,
Kommentar zur GewO, Stand Januar 2010,
Paragraf 33c, Rdnr. 4).
Auch Paragraf 33d GewO ist vorliegend nicht
­einschlägig. Sportwetten mögen zwar als „andere
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Spiele mit Gewinnmöglichkeit“ nach Paragraf 33d
GewO anzusehen sein; sie gehören jedoch zu den
Glücksspielen im Sinne des Paragrafen 284 StGB
(vergleiche dazu BVerwG, Urteil vom 28. März
2001, – 6 C 2/01 –, juris. Rdnr. 21 ff.; Hahn in
­Friauf, a.a.O., Paragraf 33h Rdnr. 24), die nach
­Paragraf 33h Nummer 3 GewO vom Anwendungsbereich der maßgeblichen Vorschriften der
Gewerbeordnung ausgenommen sind.
Paragraf 15 Absatz 2 GewO kommt als Ermäch­
tigungsgrundlage ebenfalls nicht in Betracht, denn
diese Vorschrift setzt voraus, dass ein grundsätzlich zulassungsfähiges Gewerbe ohne Genehmigung betrieben wird. Die Veranstaltung von Sportwetten ist jedoch ein nach der Gewerbeordnung
grundsätzlich nicht genehmigungsfähiges Ver­
anstalten von Glücksspielen (vergleiche dazu
BVerwG, Urteil vom 21. Juni 2006, 6 C 19/06 –,
Rdnr. 44 ff.; VG Minden, Beschluss vom 30 Januar
2008, – 3 K 1572/06 –, Rdnr. 21).
Die streitgegenständliche Verfügung wird auch
nicht von Paragraf 35 GewO getragen, denn eine
auf diese Vorschrift gestützte Teiluntersagung der
Gewerbeausübung scheidet als Ermächtigung für
die angefochtene Verfügung ebenfalls aus. Eine
solche Gewerbeuntersagung verfolgt nämlich das
Ziel, einen bestimmten Gewerbetreibenden an
der gewerblichen Tätigkeit zu hindern, weil er
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­ nzuverlässig ist. Mit der hier angefochtenen
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­Verfügung soll demgegenüber eine bestimmte
­Betätigung, welche unabhängig davon unzulässig
ist, wer sie ausübt, unterbunden werden (vergleiche BVerwG, Urteil vom 21. Juni 2006, a.a.O.,
Rdnr. 41; VG Minden, Beschluss vom 30. Januar
2008, a.a.O., Rdnr. 19).
Ob eine Untersagungsverfügung der vorliegenden Art nach Paragraf 1 Absatz 2 des Hessischen
Glücksspielgesetzes vom 12. Dezember 2007 in
Verbindung mit 9 Absatz 2 GlüStV gestützt
­werden könnte, bedarf vorliegend keiner Entscheidung. Denn nach Paragraf 12 Absatz 1 Nummer 1 beziehungsweise Nummer 2 in Verbindung
Absatz 2 des Hessischen Glückspielgesetzes wäre
für eine derartige Untersagungsverfügung die
örtliche Ordnungsbehörde – das heißt, nach Paragraf 85 Absatz 1 Nummer 4 HSOG der Bürgermeister ­beziehungsweise die Kreisordnungsbehörde zuständig, nicht aber der Gemeindevorstand,
der die vorliegend angegriffene Verfügung erlassen hat.
(Beschluss des Verwaltungsgericht Kassel
vom 24. Januar 2011, Geschäftsnummer:
3 L 18/11.KS. Mitgeteilt und zur Verfügung
gestellt durch Rechtsanwälte Jusuf Kartal
und Kollegen, Bielefeld).
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