Fundraising in Nordamerika - Deutscher Fundraising Verband

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Fundraising in Nordamerika - Deutscher Fundraising Verband
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Abschlussbericht der Studienreise
» Fundraising in Nordamerika «
Mit freundlicher Unterstützung von:
EDITORIAL
Liebe Mitglieder, liebe
Leserinnen & Leser,
Fundraising in Nordamerika bedeutet vor allem: Think Big! Nach dieser Devise leisten und bewegen die Fundraiser 1 in den USA und Kanada bemerkenswerte Projekte,
von denen sich die Teilnehmer unserer Studienreise im Oktober 2011 überzeugen
konnten. Wir sind uns sicher, dass – auch wenn wir in Deutschland nicht die gleichen
philanthropischen Voraussetzungen wie in Nordamerika haben – wir doch einiges
von unseren Kollegen lernen können.
Deswegen möchten wir Sie – gemeinsam mit der Brakeley GmbH – mit dem vorliegenden Abschlussbericht herzlich einladen, an den Themen und Erkenntnissen unserer Exkursion teilzuhaben. Mit dem Blick über den Atlantik und der Vorstellung der
Fundraising-Aktivitäten unserer Gastgeber möchten wir Ihnen Perspektiven aufzeigen
und neue Impulse für Ihre Arbeit geben. Viele Dinge, die bei uns im Entstehen sind,
gehören in den USA und Kanada bereits zum Standard. Der Beruf des Prospect
Researcher oder die Capital Campaigns unserer Gastgeber, die wir Ihnen in dieser
Dokumentation vorstellen, sind hierfür gute Beispiele.
Die Förderung des grenzüberschreitenden Wissens- und Erfahrungsaustausches
rund um das Thema Fundraising ist ein wichtiges Ziel unseres Fachverbandes. Hierzu
führen wir nicht nur Studienreisen durch, sondern ermöglichen unseren Mitgliedern –
dank unserer Partner – vergünstigte Teilnahmegebühren zu Fundraising-Kongressen
weltweit. In einer globalisierten Welt ist es für uns wichtiger denn je, sich international
auszutauschen und zu vernetzen.
Für die umfangreiche Vorbereitung und Begleitung der Studienreise wie den internationalen Aktivitäten, danke ich dem Team der Geschäftsstelle, insbesondere Claudia Bierhoff. Ein weiterer Dank gilt unserem Reisesponsor, der Brakeley GmbH.
Ich wünsche Ihnen für Ihre Fundraising-Arbeit Mut, Stärke und viel Erfolg!
Ihr
Matthias Buntrock
Vorstandsvorsitzender
Deutscher Fundraising Verband
1 Ausschließlich aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird in dieser Publikation vorwiegend die männliche Sprach-
form verwendet. Bei allen männlichen Funktionsbezeichnungen sind stets auch Frauen mitgemeint.
3
GRUSSWORT
INHALT
Liebe Mitglieder, liebe
Leserinnen & Leser,
Impressum
was bewirken Erfolgsgeschichten nordamerikanischen Fundraisings? Zunächst einmal Erstaunen über die gänzlich anderen Maßstäbe. Verglichen mit den eigenen
Arbeitsbedingungen erscheinen die Unterschiede oft so gewaltig, dass dem Erstaunen manchmal ein Gefühl der Hoffnungslosigkeit folgt. Haben Sie auch schon einmal
erlebt, wie der Impulsvortrag des amerikanischen Fundraising-Stars, der Sie so inspiriert hatte, plötzlich demoralisierend wirkt, wenn Sie wieder am Schreibtisch sitzen
und sich fragen, wie Sie so etwas jemals in Ihrer eigenen Organisation verwirklichen
sollen?
Trotz und gerade wegen dieser Herausforderung haben wir gerne zugesagt, als
uns der Deutsche Fundraising Verband anbot, die Studienreise nach Nordamerika zu
unterstützen und den vorliegenden Abschlussbericht mitzugestalten. Unser Unternehmen wurde vor gut 90 Jahren in den USA gegründet und ist seit 20 Jahren im deutschsprachigen Raum tätig – die Übertragung nordamerikanischer Fundraising-Methoden
auf den deutschsprachigen Raum ist also Grundlage unserer täglichen Arbeit.
Die Studienreise ermöglichte den Teilnehmern eine unmittelbare und unverfälschte
Wahrnehmung nordamerikanischen Fundraisings, und der Abschlussbericht gewährt
auch jenen einen Einblick, die nicht selbst mitkommen konnten. Mit unseren vier
inhaltlichen Beiträgen zum Abschlussbericht möchten wir die Erfahrungsberichte der
Reiseteilnehmer in einen direkten Bezug zu Fundraising im deutschsprachigen Raum
setzten und konkrete Handlungsempfehlungen ableiten. Dazu widmen wir uns im
ersten Beitrag der übergeordneten Frage, inwieweit nordamerikanisches Fundraising überhaupt auf den deutschsprachigen Raum übertragbar ist und welche Herangehensweise dabei hilfreich sein kann. Mit den Beiträgen zu den Themen Moves
Management, Prospect Research und Methodik im Spendergespräch beleuchten wir
anschließend drei konkrete Arbeitsmethoden, die Fundraisern auch hierzulande wirksame Hilfe bieten können.
Durch unsere Beiträge zum Abschlussbericht möchten wir Ihnen auch Mut verleihen,
sich nordamerikanische Fundraising-Methoden einfach beherzt zu eigen zu machen.
Beginnen Sie mit überschaubaren Schritten, denn Wandel braucht Zeit. Aber fangen
Sie an! Verlieren Sie Ihren Respekt vor Amerika! Vieles was dort geht, geht auch hier
– das können wir Ihnen versichern.
Think Big! Abschlussbericht der
Studienreise nach Nordamerika.
Eine Publikation des Deutschen
Fundraising Verbandes (DFRV).
Veröffentlicht:
Februar 2012
Projektverantwortung:
Jörg Fester
Projektkoordination:
Claudia Bierhoff
Redaktion:
Claudia Bierhoff
Dr. Marita Haibach
Johannes Ruzicka
Anzeigendisposition:
Claudia Bierhoff
Lektorat:
Dr. Nicolas Dobra
Grafik & Layout:
Ronald Schrodt
Auflage:
1
Einführung
6
Bunt und inspirierend wie die Farbenpracht des Indian Summer – Reisetagebuch
6
Wie hilfreich ist nordamerikanische Fundraising-Erfahrung?
14
2
Fundraising in Nordamerika
17
Giving Canada & USA – Zahlen und Trends
17
Events – zentrale Fundraising-Standbeine
21
Der Fundraising-Tipp für Charity-Events: Stille Auktionen
23
Die Capital Campaigns unserer Gastgeber: Einblicke und Erkenntnisse
24
Moves Management im Großspenden-Fundraising
28
Fundraising: Ein Berufsfeld mit Perspektive und Renommee
30
Prospect Research im Großspenden-Fundraising
34
Spenderbindung durch Spenderbefragung
36
SonZuBeFra – Mit Methode ins Spendergespräch
38
Erfolgsfaktoren des Fundraisings – ein Blick in die USA 44
Autoreninformation
46
3
2.000
Ich hoffe, wir wecken mit dem vorliegenden Abschlussbericht Ihre Lust auf Veränderung!
Ihr
Johannes Ruzicka
Geschäftsführer, Brakeley GmbH
5
EINFÜHRUNG
Bunt und inspirierend wie die Farbenpracht
des Indian Summer – Reisetagebuch
Von Claudia Bierhoff
Der Deutsche Fundraising Verband (DFRV) führte im
Oktober 2011 für seine Mitglieder eine einwöchige
Studienreise nach Ost-Kanada und Neu-England
durch. Die Reisegruppe besuchte regionale und internationale Organisationen aus verschiedenen Themenfeldern der Fundraising-Welt. Ziel der Treffen war es,
einen Einblick in die jeweiligen Fundraising-Aktivitäten der Organisationen zu bekommen und sich über
Trends und Herausforderungen auszutauschen. Dieses
Reisetagebuch soll einen kleinen Eindruck von den
besprochenen Inhalten geben:
Das Goethe Institut Montreal
Währungsrechner
Kanadischer Dollar
(CAD) - Euro (EUR)
1 CAD = 0,760 EUR
1 EUR = 1,315 CAD
Werte vom 26.01.2012
Die Sonne scheint bei unserer Ankunft: Es hat 20
Grad, Indian Summer in der zweitgrößten französischsprachigen Stadt der Welt. Unser erster Tag fällt
auf Thanksgiving, ein wichtiger Feiertag in Kanada
und eine willkommene Begrüßung für die Exkursion.
Schließlich ist es das Ziel, die nordamerikanische Kultur des Gebens kennen zu lernen.
Das Goethe Institut liegt in der Altstadt Montreals.
Obwohl die Einrichtung als weltweit tätiges Kulturinstitut der Bundesrepublik Deutschland zu zwei Dritteln
vom Auswärtigen Amt finanziert wird, gewinnt Fundraising auch hier zunehmend an Bedeutung. Die Leiter der nordamerikanischen Goethe Institute haben
sich für 2012 erstmalig die Aufgabe gestellt, je Institut zusätzlich 10.000 EUR an Drittmitteln zu akquirieren. Bisher spielte Fundraising hauptsächlich bei den
Partnern des Goethe Instituts Montreal eine entscheidende Rolle. Das Fundraising wird maßgeblich von
der Institutsleiterin, Mechtild Manus, betreut. Die Einstellung einer ausschließlich dafür zuständigen Person
ist derzeit nicht geplant. Das Kernteam wird so klein
wie möglich gehalten. Die wichtigste Zielgruppe sind
Unternehmen, die sich kulturell engagieren. Deren
Förderung ist immer projektbezogen. Der Standort ist
dabei nicht unwesentlich. New York ist zum Beispiel
ein beliebter Kultur-Kooperationspartner für deutsche
Unternehmen. Das macht es für die in Montreal ansässige Einrichtung nicht immer leicht.
CAD pro Jahr spendet sollte man ihn fragen, ob er
den Betrag auch monatlich spenden würde. Falls nein,
dann kann man ihn immer noch bitten, den Jahresbetrag auf 120 CAD zu erhöhen. Das Mailing ist ihrer
Meinung nach immer noch „Bread and Butter“ und
wird so schnell nicht durch Online-Fundraising ersetzt.
Wie alle Fundraiser, die wir auf unserer Studienreise
getroffen haben, betont auch Korf, dass es wichtig
ist, die individuellen Interessen der Spender zu kennen. „Ask your donors how they feel about their level
of giving“, lautet ihr Tipp. Hierzu verschicken sie und
ihr Team regelmäßig Email-Umfragen. Bei der Suche
nach Spendern wird die Stiftung von Ärzten, Pflegekräften und Verwaltungsangestellten des Kinderkrankenhauses unterstützt. Sie geben den Fundraisern
Tipps, welche Personen sie gezielt ansprechen sollen.
Schließlich profitieren alle davon. Für die Kollegen
des Kinderkrankenhauses scheint keine Herausforderung zu groß. Wie das alles zu bewerkstelligen ist,
fragen wir. Korf lacht: „A lot of meetings“!
Im Jahr 2010 nutzen 212.473 Personen die Angebote
des Goethe Instituts Montreal. Bedenkt man, dass
sich 400 Mitglieder im Förderverein engagieren, so
erkennt man schnell, dass hier noch viel Potenzial liegt.
Wie wichtig der Förderverein für die Arbeit des Instituts ist, zeigte sich bspw. bei einem vor kurzem umgesetzten Projekt. Die Mitgliedsbeiträge ermöglichten
die Anschubfinanzierung für eine Online-Videothek.
Montreal Children´s Hospital Foundation
Unser zweiter Programmpunkt war der Besuch der
Stiftung des Montrealer Kinderkrankenhauses. Der
Weitblick aus dem 22. Stockwerk des Bürohauses, in
dem die Stiftung ihr Domizil hat, ist spektakulär, doch
die Informationen, die unsere Delegation erhielt, übertrafen diesen Eindruck noch. Das Team der Stiftung
besteht aus 26 Personen. Eine für uns noch unvorstellbar große Mitarbeiterzahl. Sie sichern die Finanzierung von modernen Therapiemethoden, innovative
Forschung und die Anschaffung von medizinischem
Equipment. Dass sich die personelle Investition auszahlt, belegen die Spendeneinnahmen. Im Geschäftsjahr 2009/2010 lagen diese bei über 19,5 Mio. CAD.
Der größte Teil der Spenden (54%) kommt von Einzelpersonen und Gemeindegruppen aus der Region.
Die meisten Förderer haben einen persönlichen Bezug
zum Krankenhaus. 24% der Gelder kommen von Stiftungen und weitere 22% von Unternehmen. Die Fundraising-Aktivitäten konzentrieren sich auf fünf Felder,
wie folgende Abbildung zeigt:
10 % In Honor / in Memoriam
& Planned Giving
20 %
Capital Campaign
20 % Annual Support
20 %
Special Events
30 % Major Gifts
Einnahmeverteilung
» Ask your donors how they feel about their level
of giving «, lautet ihr Tipp.
Canadian Cancer Society
Der Bereich Major Gifts ist mit 30% die wichtigste
Einnahmequelle. Die Förderer machen ihr finanzielles
Engagement gerne öffentlich, bspw. im Jahresbericht.
Die Transparenz stärkt das Vertrauen in die Arbeit der
Stiftung und zeigt den Förderern, dass sie gemeinsam
mit den Fundraisern viel Gutes tun.
Großes Wachstumspotenzial sieht Suzanne Korf –
Director of Individual Giving, die über 25 Jahre Erfahrung im Krankenhausfundraising hat – in der Erhöhung
der Dauerspenden. Ihr Beispiel: Wenn jemand 100
Das Chapter Quebec der Canadian Cancer Society, dritter Programmpunkt unserer Exkursion, befindet sich am Stadtrand von Montreal in einem eher
bescheidenen Flachbau mit Konferenzraum im Erdgeschoss. Mit 200 Mitarbeitern in 14 Regionalbüros
und dem Hauptsitz in Montreal, 16 Servicecenter und
27.000 Ehrenamtlichen ist sie eine der größten NGOs
im Osten Kanadas. Im Jahr 2011 hat die Organisation knapp 21 Mio. CAD für ihre Satzungszwecke
ausgegeben. Die Investitionen für die einzelnen Auftragsfelder wurden in den vergangenen Jahren konstant erhöht. Ermöglicht wird dies durch einen Mix an
Fundraising-Aktivitäten, der dafür sorgt, dass auch die
Einnahmen kontinuierlich steigen. Die NGO deckt die
ganze Bandbreite der Fundraising-Möglichkeiten ab.
7
Unsere Reisegruppe
und die Gastgeber
der McGill Universität in Montreal.
Im Bereich Online-Fundraising kann die Krebsorganisation ebenfalls mit positiven Zahlen aufwarten. In
den letzten drei Jahren erhöhten sich die Einnahmen
pro Jahr um 100.000 CAD. Das Team sieht die größte
Herausforderung in den nächsten Jahren in der Umsetzung einer Großspender-Kampagne. Ein Projekt, das
wir im Auge behalten sollten, schließlich stehen viele
NGOs in Deutschland vor der gleichen Aufgabe.
Jewish Public Library
Über Events, integrierte Spendenkampagnen, OnlineFundraising, Unternehmenskooperationen oder Nachlässe wurden so im Jahr 2011 mehr als 30 Mio. CAD
eingenommen. Die direkten und indirekten Fundraising-Kosten betrugen zusammen 7,7 Mio. CAD.
Gemeinsam mit seinem Team präsentiert uns Denis
Lalode, Director of Development, die stetig wachsenden Einnahmezahlen der letzten Jahre. Die wichtigste
Einnahmequelle bilden Events. Fast über die Hälfte
der Spendengelder nahm die NGO im Jahr 2011
hierüber ein. Aber auch der Bereich Planned Giving
ist erfolgreich. Jede Woche erhält die Organisation
mindestens einen Nachlass. Im Jahr 2011 wurde die
NGO in über 70 Testamenten berücksichtigt, das
bedeutete Einnahmen von 2,54 Mio. CAD.
Development-Ergebnisse der Canadian Cancer Society 2010
$ 3.000.000,00
$ 2.500.000,00
$ 2.000.000,00
$ 1.500.000,00
$ 1.000.000,00
$
500.000,00
Mass
Solicitation
Daffodil
Ball
Planned
Giving
Healthpartners
Quelle: Präsentation der Canadian Cancer Society für die Exkursions
Teilnehmer
Überaus herzlich war auch der Empfang der DFRVReisegruppe in der Jewish Public Library in Montreal.
Die öffentliche Bibliothek besitzt in Nordamerika die
größte Sammlung von Judaica. Gegründet im Jahr
1914, verfügt die Einrichtung heute über 5.900 Mitglieder. Durchschnittlich besuchen 700 bis 800 Menschen pro Woche die Einrichtung. Die Bibliothek stellt
ein breites Kulturangebot für Erwachsene, Jugendliche
und Kinder in den Sprachen Englisch, Französisch,
Russisch, Hebräisch und Jiddisch zur Verfügung.
Das Jahresbudget der Bibliothek beträgt 1,4 Mio.
CAD. Fast die Hälfte der jährlichen Zuwendungen
kommt von der im gleichen Haus ansässigen Jewish
Federation. Die anderen 50% setzen sich aus staatlichen Förderungen und Fundraising-Einnahmen
zusammen. In den vergangenen Jahrzehnten stand
der Einrichtung eine Gruppe von Großspendern treu
zur Seite. So kommen 80% der jährlichen Spenden
von 20% der Unterstützer. Dieser Förderkreis setzt
sich maßgeblich aus jüdischen Familienoberhäuptern
zusammen, die während der Nazizeit emigrierten und
denen die Erhaltung und Pflege des jüdischen Kulturguts sehr am Herzen liegt. So gab es bei der Umsetzung der vergangenen Capital Campaigns z.B. immer
eine Person, die allein 10% der Zielsumme gespendet hat. Der Generationswechsel bei den Spendern
ist eine der großen Herausforderungen für das Team.
Für die jüngeren Generationen ist es nicht mehr selbstverständlich, sich für jüdische Anliegen zu engagieren.
Die staatliche Unterstützung deckt lediglich die
Verwaltungskosten und die Erfüllung des öffentlichen
Auftrags ab. Deshalb baut das Team gezielt Partnerschaften und Beziehungen zu anderen Organisationen und Einrichtungen auf. „Gemeinsam können wir
einfach mehr erreichen“, meint der Direktor der Bibliothek, Michael Crelinsten. Für das Fundraising stehen
ihm zwei Mitarbeiter zur Seite. Aufgrund der engen
Verbindung zum jüdischen Dachverband, müssen die
Fundraiser für ihre Aktivitäten viel Abstimmungsarbeit
leisten. Die jährliche Fundraising-Kampagne der Federation Combined Jewish Appeal – die im Jahr 2011
über 41 Mio. CAD eingenommen hat – findet immer
im Herbst statt. Da sie der größte Geldgeber der Bibliothek ist, können die Fundraiser in dieser Zeit keine
eigenen Aufrufe starten. Um den Besucherkreis zu vergrößern, organisiert das Team zahlreiche Kulturevents.
Für ihre wichtigste Veranstaltung wird zusätzlich eine
Zeitung an über 60.000 Haushalte in Montreal verschickt, die das Engagement der Großspender in den
Mittelpunkt stellt.
McGill University
Unsere letzte Station in Montreal war die McGill University. Das altehrwürdige Gebäude der Alumnivereinigung der Hochschule, mitten in Montreal, untermauert: McGill versteht sich als eine Institution mit Tradition
und Renommee. Die größte englischsprachige der vier
Universitäten Montreals belegt auf der Liste eines 2011
durchgeführten internationalen Hochschulrankings
(World’s Best Universities) unter den Topuniversitäten
in Kanada den 1. Platz. Derzeit sind 36.000 Studenten an 11 Fakultäten eingeschrieben.
» Heute sind Fundraising-Kenntnisse sogar eine Einstellungsvoraussetzung für die Hochschulleitung «, ...
Die Abteilung Development and Alumni Relations,
kurz DAR, hat ihren Sitz im Zentrum der kanadischen
Metropole und besteht aus 175 Mitarbeitern. Eine für
deutsche Hochschulen gigantische Zahl, in Nordamerika aber nicht außergewöhnlich. Im Jahr 1997 wurde
die Abteilung mit der Einführung eines Vize-Präsidenten für DAR fest in das Senior-Management der Uni
integriert. Das ist eine wichtige Voraussetzung für die
Arbeit des Teams. „Heute sind Fundraising-Kenntnisse
sogar eine Einstellungsvoraussetzung für die Hochschulleitung“, betont Lori Yersh, Managing Director,
Strategy and Donor Engagement.
Von Beginn an wurde das Fundraising an der Hochschule zentral gesteuert. Das DAR-Team musste bei
einigen Dozenten auch Überzeugungsarbeit leisten.
Stellen Sie sich vor, Sie dürften nur zuhören und nie reden!
9
Stephen Perkins,
Director of Development des ECHO
Lake Aquarium
Centers, zeigt der
Reisegruppe die
Naturschutzgebiete.
„Es ist wichtig, dass die Dozenten verstehen, dass unser
Team dafür da ist, ihnen zu helfen“, erklärt Yersh. Seit
fünf Jahren werden die Dozenten aktiv in das Fundraising einbezogen. Jeder Fakultät wurden hierzu ein bis
vier Fundraiser zugewiesen. Die Alumni der McGill
Universität werden mittels Mailingaktionen oder Telefonanrufen um Unterstützung gebeten. Interessanterweise nahm Yershs Karriere als Hochschulfundraiserin
von einer Stelle als studentische Telefonistin für die
Alumni-Gewinnung ihren Ausgang in McGill. Datenbasis sind die Absolventenlisten. Mit einer durchschnittlichen Fördereranzahl von 30.000 Personen
pro Jahr, wird ein Schwerpunkt in den kommenden
Jahren im Aufbau der Major Gifts liegen. „Voraussetzung hierzu ist ein starkes Annual Giving“, ergänzt
Yersh. Ihrer Erfahrung nach spendet eine Person 37 bis
38 Mal kleine Beträge bis sie eine Großspende gibt.
Aber auch die Regierung bleibt ein wichtiger Förderer.
So erzählt uns Yersh, dass sie den Staat davon überzeugen konnte, den Betrag von 10 Mio. CAD, den ein
Großspender für die Anschaffung von neuen Computern zur Verfügung stellte, zu verdoppeln.
Dann ging es weiter in die USA – Einreise auf dem
Landweg, ein Erlebnis der besonderen Art. Doch die
bunten Wälder entlang des Weges und erst recht
unser Ziel, die sympathische Universitätsstadt Burlington, mit 42.500 Einwohnern die größte Stadt des
US-Bundesstaates Vermont, brachten die Stimmung
schnell wieder nach oben.
ReSOURCE
Unsere erste Station in Burlington ist eine kleine, regional tätige Organisation, die sich zu 53% aus der
Wiederaufbereitung und dem Verkauf von gebrauchten Haushaltsgegenständen sowie einem Reparaturservice finanziert. Dies läuft alles im Rahmen eines
Aus- und Fortbildungsprogrammes für Arbeitslose und
benachteiligte Jugendliche. Der Geschäftsführer, Thomas Longstreth, arbeitet seit 13 Jahren für die NGO,
die 1991 mit dem Namen ReCircle North gegründet wurde. Da der ursprüngliche Name nicht das
ganze Aufgabenfeld der Organisation widerspiegelte,
wurde im Jahr 2010 ein vollständiges Rebranding
durchgeführt.
Vor fünf Jahren stellte die NGO den ersten Fundraiser ein. Seit dem sind die Gesamteinnahmen stetig
gewachsen. Im Mittelpunkt der Fundraising-Aktivitäten
steht eine Capital Campaign mit der Zielsumme von
1,734.000 USD. Mit der Summe soll eine historische
Lagerhalle in ein neues Bürgerzentrum umgebaut werden. Leider ist deren Betreuung aufgrund von Jobwechseln und Personalentlassungen in den vergangenen
Monaten ins Stocken geraten. Daher muss sich der
Geschäftsführer derzeit eigenständig um die Förderansprache kümmern. Die Gelder, die über die Capital
Campaign akquiriert wurden, machten im vergangenen Jahr 5% der Gesamteinnahmen aus. Die größten
Förderungen kommen von öffentlichen Zuwendungen
(18%) und von Stiftungen (10%).
University of Vermont
Das Thema, das die größte Universität des US-Bundesstaates Vermont bei unserem Besuch stark beschäftigte, war die Verlagerung des Fundraisings in die neu
gegründete Universitätsstiftung ab Januar 2012. Das
Projekt wird von Richard Bundy, Vize-Präsident für
Development and Alumni Relations, geleitet, der auch
die Geschäftsführung übernehmen wird. Die Hochschule ist eine der letzten staatlichen Universitäten in
den USA, die dieses Fundraising-Modell einführt. Die
Hauptgründe für die neue Stiftung sind:
1. Stärkere Bindung und Einbeziehung der wichtigsten Förderer
2. Erhöhung der privaten Förderungen
3. Bessere Kontrolle über die Fundraising-Kosten
4. Kontinuität und Stabilität der Fundraising Unternehmungen
Mit der Stiftung sollen für langjährige Spender und
angesehene Absolventen (max. 125 Personen) im
Rahmen eines sogenannten Leadership Council (Führungsgremiums) aktive Mitgestaltungsmöglichkeiten
geschaffen werden. Eine weitere Aufgabe des Gremiums ist, die stärkere und nachhaltige Fokussierung
des philanthropischen Auftrags sicherzustellen und
das 70-köpfige Fundraisingteam in seiner Arbeit aktiv
zu unterstützen. Zudem sollen mithilfe der Stiftung, die
Fundraisingkosten reduziert werden.
Verantwortung, Vertrauen und Transparenz bilden
auch hier die Kommunikationsgrundlage. Um dies
gegenüber den Spendern zu verdeutlichen, druckt
die Universität auf die Rückseite jeder Spendenquittung die von den nordamerikanischen Fundraisingverbänden (AFP, AHP) entwickelten Donor Bill of Rights.
Das vom Deutschen Fundraising Verband erarbeitete
Pendant, die Charta der Spenderrechte, soll im April
2012 auf der Mitgliederversammlung verabschiedet
werden.
Obwohl die University of Vermont einen Ruf als
öffentliche Eliteuniversität, Public Ivy, genießt, hat sie
im Großspenden-Bereich ihre Potenziale bislang zu
wenig genutzt. Auch dies soll sich mithilfe der Stiftung
ändern. Bereits jetzt kennt das DAR-Team 4.500 Absol-
venten, die in der Lage wären, 100.000 USD pro Jahr
zu geben. Derzeit werden aber nur 900 Abgänger
von den sechs Frontline Fundraisern angesprochen.
Die jährlichen Spendeneinnahmen betragen momentan 30 Mio. USD. Diese Summe soll bereits im Jahr
2012 um 15 Mio. USD erhöht werden.
Währungsrechner
US Dollar (USD) Euro (EUR)
1 USD = 0,762 EUR
1 EUR = 1,313 USD
Werte vom 26.01.2012
ECHO Lake Aquarium and Science Center
Das ECHO Lake Aquarium and Science Center liegt
am Ufer des Champlainsees und begrüßt pro Jahr
150.000 Besucher. Es ist Teil des Leahy Center for
Lake Champlain, einem 20.000qm großen UmweltCampus, der zur Erforschung und Erhaltung bzw.
Regenerierung des umliegenden Ökosystems errichtet wurde. Im Jahr 2003 wurde das Aquarium neu
gebaut. Die Finanzierung des 15 Mio. USD Projekts
wurde durch das persönliche Engagement und die
Schirmherrschaft eines US-Senators ermöglicht, der
auch Namensgeber des Campus ist. Er hat das Team
des Aquariums nicht nur beim Akquirieren von staatlichen Fördergeldern unterstützt, sondern auch zahlreiche Privatpersonen und Unternehmen zum Spenden
animiert. Als Dankeschön wurde sein Namen sowie
der seiner Frau über dem Besuchereingang verewigt.
Die laufenden Kosten für die Einrichtung betragen pro
Wissen, was Spender wirklich wollen!
Fundgiver – die Nummer Eins bei Spenderbefragungen.
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11
Leckeres Eis und
soziales, ökologisches
Engagement. Ein Zwischenstopp war die
Ben & Jerry`s FactoryTour in Waterbury.
Dartmouth College
Dartmouth verfügt über eine traditionsreiche Alumnikultur. Von den 56.000 Undergraduate-Absolventen
spenden 50% an ihre ehemalige Ausbildungsstätte.
Im Mittelpunkt der Mitgliedergewinnung steht die
Kampagne „You give, we give“. Für jede Person, die
eine Mitgliedschaft eingeht, verschenkt die Einrichtung
eine gleichwertige Mitgliedschaft an eine bedürftige
Familie in Vermont. Für dieses Programm arbeitet das
Aquarium mit 36 sozialen Einrichtungen zusammen.
Ziel ist es, die wirtschaftlichen und sozialen Barrieren, die Kinder und Jugendliche aus sozial schwachen
Familien oftmals von einem Besuch abhalten, zu entfernen. Derzeit verfügt ECHO über 1.200 Mitglieder,
von denen aber nur 20% jährlich ihre Mitgliedschaft
erneuern. Ein Grund hierfür liegt darin, dass viele der
jährlichen Mitgliedsanträge von Touristen eingereicht
werden. Hauptzielgruppe bleiben aber die Bewohner
der Region. Bei einer Armutsquote von 9,4% kein leichtes Umfeld für einen starken Annual Fund. Pro Jahr verschickt die Einrichtung zwei Mailings. Darüber hinaus
sollen weitere Fundraising-Instrumente – wie z.B. ein
Online-Spendenformular auf der Internetseite – implementiert werden. Wichtigstes Fundraising-Programm
ist aber auch hier die Capital Campaign.
Steppingstone Foundation
Die letzte Station unserer Studienreise führte uns ins
Herzen Bostons. Unser Gastgeber ist die Steppingstone Foundation, die seit den 1990er Jahren Kinder
und Jugendliche aus sozial schwachen Familien in ihrer
schulischen Ausbildung unterstützt, um ihnen letztendlich den College-Zugang zu ermöglichen. Hierzu werden die Kinder bereits in der 4. und 5. Klasse in Programme aufgenommen. Seit dem Jahr 2002 haben
über 1.400 Kinder davon profitiert. Gegründet wurde
die Stiftung auf private Initiative von Michael P. Danzinger hin, der Kindern aus bildungsfernen Schichten
den Zugang zu einer guten Schulausbildung ermöglichen wollte. Für die Stiftungsgründung konnte der
Harvard-Absolvent 15 Freunde gewinnen, die jeweils
50.000 und Plus beigesteuert haben.
Die Fundraising-Einnahmen betragen heute pro
Jahr 3,5 Mio. USD. Für die Gewinnung der Gelder
sind zwei Fundraiser zuständig. Die meisten Gelder
erhält die Organisation von Stiftungen. Ein weiterer
Teil kommt von staatlichen Förderungen. Ziel des zweiköpfigen Teams ist es, den Bereich der Privatspenden
auszubauen. Denn ein großer Kreis an einzelnen
Förderern sei sicherer und berechenbarer. Deshalb
konzentriert man sich auf die Ansprache von (Groß-)
Spendern und auf die Durchführung von Fundraising-Events. Über letztere wurden im Jahr 2010 über
848,885 USD eingenommen.
Die Beziehungspflege und die Kommunikation
mit den Großspendern ist dabei nach wie vor Chefsache. So erhält jeder Spender innerhalb von vier
Tagen nicht nur ein Bestätigungsschreiben, sondern
auch eine handschriftliche Danksagung vom Präsidenten. Bei einem Betrag von über 50.000 USD greift
er gleich zum Hörer, um sich persönlich zu bedanken. Der Großspender-Kreis, der ab einem Betrag von
5.000 USD Plus festgelegt ist, umfasste bei unserem
Besuch 1.020 Personen. Um die Förderer regelmäßig
über den Einsatz der Spenden zu informieren, versendet die Stiftung mindestens eine Nachricht pro Monat.
Wie auch schon bei der Mehrheit der von uns besuchten Organisationen werden alle Förderer der Stiftung
im Jahresbericht namentlich aufgeführt.
Der Besuch unserer Gastgeber hat gezeigt, dass viele
Menschen gemeinsam viel bewegen. Die Unterstützung der sozialen Netzwerke innerhalb und außerhalb der Organisationen, die aktive Einbindung der
Führungskräfte, die damit verbundene Beziehungspflege und regelmäßige transparente Kommunikation
über Projekte, Ziele und Erfolge sowie das verbindende Gefühl etwas zu erreichen, sind der Motor, der
die Arbeit der Fundraising-Teams so erfolgreich macht.
www.fotolia.de © RAMON CAMI
Jahr 1 Mio. USD. Aufgrund der derzeitigen schwierigen Haushaltlage hat die US-Regierung zahlreiche
Förderungsprogramme auf Eis gelegt. Für den strategischen Aufbau des Fundraisings wurde ein neuer Development Director eingestellt. Seine Hauptaufgabe
besteht erst einmal darin, eine Datenbank aufzubauen.
Da die wichtigste Zielgruppe der Einrichtung in Kindern und Jugendlichen besteht, ist dies nicht einfach.
Um vor allem Erwachsenen für die Arbeit des Aquariums zu begeistern, veranstaltet das Team zahlreiche
Abendveranstaltungen.
Unser nächster Programmpunkt, das Dartmouth College im Kleinstädtchen Hanover in New Hampshire,
ist Teil der Ivy League, der acht ältesten und renommiertesten privaten Eliteuniversitäten in den USA. Das
Meeting fand im universitätseigenen Hanover Inn,
einem edlen Landhotel, statt.
Die Wochenzeitung The Economist kürte die am
Dartmouth angesiedelte Tuck School of Business als
beste Einrichtung für den Master of Business Administration“ (MBA). Der Schwerpunkt von Dartmouth liegt
in der Ausbildung von 5.700 „Undergraduates“. Die
Studiengebühren des Colleges sind höher als in Harvard oder Stanford. Die jährlichen Fundraising-Einnahmen betragen ca. 150 Mio. USD.
Laut Aussage des Leiters für Kommunikation, Roddy
O. Young, verändert sich die Hochschullandschaft in
den USA derzeit rapide. Deswegen fokussieren er und
seine Kollegen darauf, dem College ein zukunftsfähiges Profil zu geben. „Wichtig für uns ist es zu wissen,
was denken unsere Alumni über Dartmouth und wohin
sollen wir uns entwickeln?“ Dartmouth verfügt über
eine traditionsreiche Alumnikultur. Von den 56.000
Undergraduate-Absolventen spenden 50% an ihre
ehemalige Ausbildungsstätte. Die jährlichen Fundraising-Einnahmen liegen derzeit bei 150 Mio. USD.
Bei der Auswertung der Zahlen der letzten Capital
Campaign wurde eine hohe Korrelation zwischen den
beiden Variablen „Mitwirkung“ und „Spendenhöhe“
festgestellt. Die Durchschnittsspende bei Personen, die
über 5 Mio. USD geben können und derzeit in die Universitätsaktivitäten involviert sind, lag bei 3.294,951
Mio. USD. Hingegen betrug der durchschnittliche
Spendenbetrag bei den nicht involvierten Personen
dieses Kreises lediglich 312.526 USD. Aus diesem
Grund werden in Zukunft die Beteiligungsmöglichkeiten für die Absolventen vergrößert.
Tue Gutes und rede darüber!
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kombinieren die Stimme der Vernunft mit
der Sprache der Herzen, auch für kulturelle
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13
Wie hilfreich ist nordamerikanische
Fundraising-Erfahrung?
Von Johannes Ruzicka
Die Frage nach der Übertragbarkeit drängt sich
jedem Fundraiser auf, der seinen Blick auf Nordamerika richtet. Und tatsächlich ließen sich Gründe finden, weshalb Erfolge dieser Art im deutschsprachigen
Raum nicht möglich sind – die Rolle des Staates, die
gesellschaftliche Haltung zu Reichtum, die Höhe der
Einkommenssteuer und die steuerliche Behandlung
von Spenden, um einige zu nennen. Eine genauere
Untersuchung dieser Faktoren wie auch unsere eigene
Erfahrung legen jedoch nahe, dass diese Rahmenbedingungen eine untergeordnete Rolle spielen. Der
wirklich bedeutende Unterschied besteht in einer einfachen Tatsache: Nordamerika ist uns in der Professionalisierung des Fundraisings ein paar Jahrzehnte
voraus!
Die größten Unterschiede im Fundraising diesseits
und jenseits des Atlantiks sind im Bereich des Großspenden-Fundraisings zu finden. Und das, liebe Leser, sollte uns zuversichtlich stimmen!
Was nordamerikanische Fundraiser im vergangenen
Jahrhundert erreicht haben, können auch wir erreichen. Dabei haben wir einen entscheidenden Vorteil:
Während wir von den Erfahrungen unserer Kollegen
jenseits des Atlantiks lernen können, muss dort weiterhin harte und oft frustrierende Pionierarbeit geleistet werden. Wir dürfen nicht vergessen: Auch Fundraising à la Nordamerika ist lediglich ein Abschnitt
einer stetigen Weiterentwicklung. Während wir bspw.
ein Fundraiser-Jahresgehalt von einer halben Million
USD als unvorstellbar hoch empfinden, halten es amerikanische Vordenker wie Dan Pallotta für zu gering.
Er kämpft dafür, dass Fundraising-Manager endlich
Gehälter bekommen, die denen vergleichbar verantwortlicher Manager in der freien Wirtschaft entsprechen; denn nur durch Maßnahmen dieser Art könne
die tief verankerte Benachteiligung des gemeinnützigen Sektors überwunden werden.
Pallottas interessante Argumente sind auf seiner
Website www.uncharitable.net zu finden.
Als Fundraiser im deutschsprachigen Raum befinden
wir uns also in einer beneidenswerten Ausgangslage,
denn wir können eine immense Vorwärtsentwicklung
im europäischen Fundraising mitgestalten. Dass dies
möglich ist, zeigt ein Blick auf Großbritannien. Dort
stand Fundraising vor etwa 20 Jahren da, wo wir
heute stehen – und hat sich zwischenzeitlich prächtig
entwickelt.
Inhaltlich gesehen halten wir annähernd die
gesamte Vorgehensweise nordamerikanischen Fundraisings auf den deutschsprachigen Raum für übertragbar. Der kritische Punkt besteht in der Geschwindigkeit
der Adaption neuer Methoden. Sofern die Organisationsleitung nicht ausgesprochen innovationsfreudig
ist, sind Fundraiser gut beraten, nordamerikanisches
Know-how in Teilschritten anzuwenden, die auch im
kleineren Maßstab funktionieren, zügig zu ersten sichtbaren Erfolgen führen und die Bildung einer neuen
Haltung gegenüber Fundraising begünstigen. Eine
kleine Auswahl von Aspekten und Maßnahmen, die
sich für die schrittweise Übertragung bewährt haben,
ist im Folgenden zusammengefasst:
Die größten Unterschiede im Fundraising diesseits
und jenseits des Atlantiks sind im Bereich des Großspenden-Fundraisings zu finden. Direktmarketing
und Sponsoring sind auch hier vergleichsweise reife
Märkte; im Großspenden-Fundraising besteht hingegen immenser Spielraum – hinsichtlich des unerschlossenen Spendenpotentials, aber eben auch hinsichtlich des Professionalisierungsgrads im Fundraising.
Gemeinnützige Organisationen sollten sich intensiv
mit der Frage befassen, welche Rolle Großspender
für sie spielen können. Die folgenden Ratschläge und
auch unsere weiteren Beiträge in diesem Abschlussbericht beziehen sich deshalb in erster Linie auf
Großspenden-Fundraising.
Um das richtige Verständnis von GroßspendenFundraising zu entwickeln, hat sich folgende Definition bewährt: „Um Großspenden-Fundraising handelt
es sich dann, wenn die Höhe der erwarteten Spende
ein individuelles Herangehen und den Aufbau einer
persönlichen, vertrauensvollen Beziehung zum potentiellen Spender rechtfertigt.“ Wenn dieses Verständnis bei der Leitung der gemeinnützigen Organisation
angekommen ist, hat der Fundraiser viel erreicht, da
sich daraus folgende Konsequenzen ableiten lassen:
Konsequenz 1: Wenn persönliche Beziehungen zu vermögenden Personen aufgebaut werden sollen, erfordert dies die Mitwirkung der Organisationsleitung.
Richtung Großspende bringen und gut vor- und nachbereitet werden.
Konsequenz 7: Wenn über einen längeren Zeitraum
mit zahlreichen potentiellen Spendern zahlreiche individuelle Begegnungen mit klar definierten Etappenzielen und sorgfältiger Vor- und Nachbereitung bewerkstelligt werden sollen, erfordert dies ein systematisches
Management dieser Begegnungen (siehe Beitrag
„Moves Management“).
Konsequenz 2: Um die Mitwirkung der Organisationsleitung zu rechtfertigen, muss es sich um strategisch
bedeutende Förderprojekte von ausreichend großem
Finanzvolumen handeln.
Konsequenz 3: Wenn vermögende Personen davon
überzeugt werden sollen, viel Geld zu geben, müssen ihre Motive berücksichtigt werden. Die meisten
Großspender entscheiden aus der Perspektive eines
Investors. Sie lassen sich für visionäre, aber konkret
definierte Vorhaben begeistern, die auf den unbestrittenen Stärken einer Organisation aufbauen.
Konsequenz 4: Wenn vermögende Personen erfolgreich angesprochen werden sollen, erfordert dies bestmögliche Kenntnis über deren Ansichten, Interessen,
Motive und persönliche und berufliche Vernetzung.
Eine fundierte Recherche zu potentiellen Spendern ist
wichtig (siehe Beitrag „Prospect Research“).
Konsequenz 5: Wenn vermögende Personen erfolgreich angesprochen werden sollen, erfordert dies individuelle Kontaktstrategien, den Einsatz des eigenen
Kontaktnetzwerks und eventuell die Unterstützung von
Türöffnern.
Konsequenz 6: Wenn vertrauensvolle Beziehungen
zu vermögenden Personen aufgebaut werden sollen,
erfordert dies Zeit und in der Regel jeweils mehrere
individuelle Begegnungen. Jede Begegnung muss
inhaltsreich sein, die Beziehung einen weiteren Schritt
15
FUNDRAISING IN NORDAMERIKA
Giving Canada & USA –
Zahlen & Trends
Von Dr. Marita Haibach
Zusammengefasst bestehen sinnvolle erste Schritte
zur Übertragung nordamerikanischer FundraisingMethoden also darin, sich gezielt dem Bereich Großspenden-Fundraising zu widmen; sich auf Spender
zu konzentrieren, deren Potential ein individuelles
Herangehen und den Aufbau einer persönlichen, vertrauensvollen Beziehung rechtfertigt; die Organisationsleitung einzubinden; mit visionären, aber konkreten Förderprojekten zu arbeiten, die von strategischer
und finanzieller Bedeutung für die Organisation sind
und auf deren Stärken aufbauen; durch Recherchen so
viel wie möglich über potentielle Spender in Erfahrung
zu bringen; die Ansprache potentieller Spender durch
individuelle Kontaktstrategien, den Einsatz des eigenen Kontaktnetzwerks und die Hilfe von Türöffnern zu
optimieren; individuelle Begegnungen mit potentiellen
Spendern zur Kernaufgabe im Großspenden-Fundraising zu machen; diese Begegnungen bestmöglich vorund nachzubereiten und den Ablauf der zahlreichen
Einzelschritte, die bis zum Erreichen der Zielsumme
erforderlich sind, systematisch zu managen.
Diese Schritte kann jeder Fundraiser gehen. Was
es dazu braucht, sind die entsprechenden Kenntnisse,
die Bereitschaft, von anderen zu lernen, und die
erforderliche Überzeugungskraft, um die Organisationsleitung für ihre aktive Mitwirkung zu gewinnen. In
unserer Erfahrung ist es oft die Scheu davor, potentielle Großspender persönlich um einen beträchtlichen
Geldbetrag zu bitten, die gemeinnützige Organisationen davon abhält, diesen viel versprechenden Weg
zu beschreiten. Viele Fundraiser und Organisationsleiter verweilen lieber in den vertrauten Bereichen des
Direktmarketings und Sponsorings. Dabei ist es genau
der Aufbau persönlicher Beziehungen zu potentiellen
Großspendern, der den Erfolg unserer nordamerikanischen Kollegen ausmacht. Dort ist es für einen Fundraiser nicht ungewöhnlich, jährlich 100 bis 200 persönliche Spendergespräche zu führen. Glücklicherweise
können wir auch für das Spendergespräch Methoden
entleihen, die unsere Arbeit erleichtern und uns die
Angst vor dem Ungewissen nehmen (siehe Beitrag
„SonZuBeFra – Mit Methode ins Spendergespräch“).
Wem es schwer fällt, das vertraute Umfeld zu verlassen um das wirklich Wichtige anzupacken, sei die Lektüre „Eat That Frog!: 21 Great Ways to Stop Procrastinating and Get More Done in Less Time“ von Brian
Tracy empfohlen.
Ein spannender Aspekt unserer Studienreise war die
Möglichkeit, in beiden Ländern nach Gemeinsamkeiten und Unterschieden bei den Kulturen und dem Volumen des Gebens Ausschau zu halten. Beim privaten
Engagement liegen die USA vorne und werden, wie
auch in unseren Landen, auf dem Gebiet immer wieder als leuchtendes Vorbild dargestellt. Das jährliche
Fördervolumen lag 2010 in den USA bei 290 Mrd.
USD, während es sich in Kanada bei rund 10 Mrd.
kanadischen Dollar bewegte. Allerdings sind Kanada und die USA, was die Fläche angeht, zwar etwa
gleich groß, doch die Einwohnerzahl der USA ist fast
zehnmal so hoch (311 Mio gegenüber 34 Mio). Rechnet man die 10 Mrd. CAD hoch, so wären dies etwa
100 Mrd. USD. (Der Wechselkurs von USD und CAD
liegt inzwischen fast bei 1:1). Im Folgenden werden
einige der Zahlen etwas differenzierter beleuchtet.
Das private Förderaufkommen in den USA
und Kanada im Überblick
In den USA veröffentlicht die Giving USA Foundation
jährlich einen gut recherchierten Überblick über die
aktuellen Zahlen und Trends. In Kanada gibt es kein direktes Pendant dazu. Statistics Canada, die staatliche
Statistikbehörde, veröffentlicht seit 1997 im Abstand
von drei bis vier Jahren eine Erhebung über Spenden
und ehrenamtliches Engagement, Giving, Volunteering & Participating. Die jüngste Untersuchung wurde
2009 publiziert und bezieht sich auf das Jahr 2007 2.
Zudem veröffentlichte Imagine Canada – eine Organisation, die aus dem Canadian Centre for Philanthropy
(CCP) und der Coalition of National Voluntary Organizations (NVO) entstanden ist – kürzlich einen Trendbericht über die Spenden von Individuen 3. Außerdem
stehen ergänzende Recherchen privater Forschungsinstitute und Beratungsfirmen zur Verfügung, wie die
des Fraser Institute (The Generosity Index 4) oder KCI
(Philanthropic Trends 5).
Sowohl in den USA als auch in Kanada kommt der
größte Teil der Einnahmen von Individuen. In den USA
liegen Stiftungen an zweiter und Unternehmen an drit-
ter Stelle, während es in Kanada umgekehrt ist. In beiden Ländern ist das Gesamtvolumen im Verlaufe der
vergangenen Jahrzehnte kontinuierlich gewachsen;
in der Finanzkrise 2009 war allerdings ein leichter
Rückgang zu verzeichnen, doch 2010 ging der Trend
bereits wieder leicht nach oben.
Privates Förderaufkommen USA 2010
2010 contributions: $290.89 billion by source of contributions
(in billions of dollars – all figures are rounded)
5%
Corporations$15.29
14 % Foundations $41.00
8%
Bequests
$22.83
73 % Individuals
$211.77
Total giving, 1970-2010 (in billions of dollars)
350
300
250
Inflation-adjusted dollars
Current dollars
Inflation-adjusted dollars
in recessions
Quelle: Giving USA
200
Foundation: Giving
150
USA 2011. The
100
Annual Report on
Philanthrophy for the
50
Year 2010
0
1970
1980
1990
2000
2010
2 „Caring Canadians, Involved Canadians: Highlights from the 2007
Canada Survey of Giving, Volunteering and Participating“, ed.
Statistics Canada, www.givingandvolunteering.ca/files/giving/en/
csgvp_highlights_2007.pdf, 5.1.2012.
3
Research Bulletin Trends in Individual Donations: 1984-2010, Image
Canada, www.imaginecanada.ca/files/www/en/researchbulle tins/rb1501en.pdf, 5.1.2012
4
www.fraserinstitute.org/uploadedFiles/fraser-ca/Content/research-
news/research/publications/generosity-index-2011.pdf
5
www.kciphilanthropy.com/lang/en/#panel-4-b
17
Privates Förderaufkommen Kanada
12
Individuals
Giving in $ billions
10
Corporations
Foundations
Total
8
6
4
2
0
97 98 99 00 01 02 03 04 05 06 07 08 09
Quelle: KCI Philanthropic Trends 2010
Die Großzügigkeitskluft zwischen USA
und Kanada
Das Fraser Institute in Vancouver, eine Denkfabrik mit
Nonprofit-Status, vergleicht seit 1999 die Großzügigkeit beim Spenden zwischen den USA und Kanada.
Der „Generosity Index 2011“ gelangt ebenso wie
seine Vorgänger zu der Schlussfolgerung, dass ein
„Generosity Gap“, eine Großzügigkeitskluft, zwischen
den USA und Kanada besteht. Die Kanadier, so die Ergebnisse 2011, spenden im Landesdurchschnitt 0,64%
ihres Haushaltseinkommens an gemeinnützige Organisationen, die US-Amerikaner mit 1,32% das Doppelte. Würden die Kanadier den gleichen Prozentsatz
ihres Einkommens spenden wie die US-Amerikaner, so
wäre der Spendenkuchen um 8,3 Mrd. USD größer.
Die spendenfreudigste Provinz in Kanada ist seit
Jahren Manitoba, während das von unserer Delegation besuchte frankophone Quebec das Schlusslicht in
Kanada bildet. Jacqueline Pfeffer Merrill, eine in den
USA lebende Kanadierin, geht im „Philanthropy Daily“
der Frage nach, warum die Kanadier vergleichsweise knauserig sind beim Spenden. Sie nimmt Bezug
auf den US-amerikanischen Soziologen Seymour
Martin Lipset und unterstreicht dessen These, in Kanada bestehe eine eher untertänige politische Kultur
und Gemeinwohlorientierung, was dazu führe, dass
bei der Unterhaltung wichtiger Institutionen auf Eliten
und Staat geschaut werde und nicht zuerst auf die Eigenverantwortung. Zudem, so Merrill, waren bislang
die finanziellen Möglichkeiten der Kanadier geringer,
da es dem Land traditionell wirtschaftlich schlechter
ging als den USA, das Bruttoinhaltsprodukt niedriger
ist und die Steuern höher sind. Allerdings zeige sich
die kanadische Wirtschaft seit 2008 in wachsendem
Maße stärker als die US-Wirtschaft und Merrill ist optimistisch, dass die Kanadier künftig ihr Engagement für
gemeinnützige Organisationen steigern und sich die
politische Kultur verändert.
2010 constributions: $290.89 billion by type of recipient
organization (in billions of dollars – all figures are rounded)
Unallocated
To individuals
Foundations
Environment /animals
International affairs
$ 2.12
$ 4.20
$ 33.00
$ 6.66
$ 15.77
5 % Arts, culture, $ 13.28
humanities
8 % Public-society $ 24.24
benefit
8 % Health
$ 22.83
9 % Human $ 26.49
services
14% Education $ 41.67
35% Religion
$100.63
Quelle:
Giving USA 2011 10
USA
Donor rate by cause
41%
35%
Religion
39%
39%
Social services
Canada
South Africa
Netherlands
Singapore
New Zealand
Turkey
Germany
France
1.67
0.73
0.72
0.69
0.64
0.47
0.45
0.29
0.29
0.23
0.22
0.14
11%
9%
7%
10%
Environment
3%
Arts & culture
2%
3%
Law, advocacy
& politics
15%
14%
Sports & recreation
Australia
18%
15%
Education & research
UK
Rep of Ireland
58%
63%
Health & hospitals
International
In den USA fließt Jahr für Jahr ein gutes Drittel des
gesamten Philanthropie-Aufkommens in den Bereich
Religion. An zweiter Stelle steht traditionell der Bereich Bildung, dann folgen etwa gleichauf Stiftungen,
Gesundheit, Soziales und Nonprofit-Advokaten. Umwelt/Tierschutz, Kunst und Kultur sowie Internationales
bilden das Schlusslicht.
National giving levels shown as a % of GDP
Types of organizations supported
FR, grantmarketing
& voluntarism
Unterschiedliche Präferenzen bei den
Spendenzwecken
1 %
2 %
11%
2 %
5 %
In Kanada hingegen steht der Bereich Gesundheit und
Krankenhäuser an der Spitze, gefolgt von Religion
und dem Sozialbereich, während der Bildungsbereich
erst an vierter Stelle folgt.
Quelle: CAF International comparisons of charitable giving 2006, S. 7
9%
In der CAF-Studie ist von fünf wesentlichen Faktoren
die Rede, die die Größe der nationalen Spendenkuchen beeinflussen:
2%
6%
Development & housing
1%
2%
Other
2%
2%
Quebec
Other provinces
Quelle: The 2007 Canada Survey of Giving, Volunteering, and Participating: QUÉBEC 11
Internationale Vergleiche –
Grenzen und Chancen
Doch inwieweit ist es wirklich angemessen, das private Förderaufkommen unterschiedlicher Länder gegenüberzustellen, zumal Statistiken oft von ungleichen Prämissen ausgehen und die Zahlen nicht ohne weiteres
vergleichbar sind. Die in England ansässige Charity
Aid Foundation (CAF) veröffentlichte 2006 ein Briefing Paper, „International comparisons of charitable
giving“, in dem aufschlussreiche Vergleiche angestellt
werden und auf einige der Faktoren eingegangen
wird, die das Spendenengagement beeinflussen.12
Eine Gegenüberstellung der Prozentanteile des
Spendenaufkommens am Bruttoinlandsprodukt unterstreicht die Spitzenreiterrolle der USA mit 1,67%. Kanada liegt dabei immerhin mit 0,72% an dritter Stelle,
während Deutschland mit 0,22% weit unten rangiert.
Anteil der Steuern und Abgaben am Einkommen
die steuermindernde Wirkung von Spenden
Religiosität
das informelle Geben
Vermögen (und Vermögende)
-
-
-
-
-
„Manitoba top province for donating money to charity but Canadians
8
still much less generous than Americans”, ed. Fraser Institute 15.12.
2011, www.fraserinstitute.org/research-news/news/display.aspx?id
=2147484014#, 5.1.2012
Jacqueline Pfeffer Merrill, „Canadians charitable giving lags U.S.
9
giving”, in: Philanthropic Daily, 6.10.2011, www.philanthropydaily.
com/?p=7167, 5.1.2012
Giving USA Foundation: “Giving USA 2011. The Annual Report on
10
Philanthropy for the Year 2010. Executive Summary, 2010, S. 6, big.
assets.huffingtonpost.com/GivingUSA_2011_ExecSummary_Print-1.
pdf, 5.1.2012
www.givingandvolunteering.ca/files/giving/en/presentations/que-
11
bec_presentation_en_2007_21122010.pdf
12
CAF, International comparisons of charitable giving 2006, www.
cafonline.org/pdf/International%20Comparisons%20of%20Charita ble%20Giving.pdf
19
Events – zentrale FundraisingStandbeine
Von Claudia Bierhoff
Allerdings lasse sich, so CAF, aufgrund der nicht
ausreichenden statistischen Informationen nicht ausmachen, welchen Einfluss die einzelnen Faktoren haben. Ein markanter Einflussfaktor ist, wie die folgende
Übersicht belegt, die Höhe der Einkommenssteuer und
Sozialabgaben.
Individual giving & income tax plus employees´ & employers´ social security contributions (as % of labour costs), 2005
Country
Total Tax
Take
Income
Tax a
7.3
Employers´
social security
contribution b
7.3
Individual
giving as
% of GDP
USA
29.1
UK
33.5
15.7
8.2
9.6
0.73
Canada
31.6
14.8
6.2
10.5
0.72
Australia
28.3
22.7
0.0
5.7
0.69
Rep of Ireland
25.7
11.4
4.7
9.7
0.47
Netherlands
38.6
9.5
19.7
9.5
0.45
New Zealand 20.5
20.5
0.0
0.0
0.29
Turkey
42.7
12.7
12.3
17.7
0.23
c
14.6
Employees´
social security
contribution
1.67
Germany
51.8
17.3
17.3
17.3
0.22
France
50.1
10.8
9.6
29.7
0.14
c
a
b
Income tax based on single persons without children at the income level of the average worker
Payroll taxes only for Australia
Social Security is largely non-contributary in New Zealand, and offically neither employees nor
employers make contributions
Quelle: CAF International comparisons of charitable giving 2006, S. 9
Die CAF-Zahlen machen allerdings auch deutlich,
dass beim Vergleich zwischen den USA und Kanada die Höhe von Steuern und Abgaben alleine nicht
als Erklärung ausreicht, denn auf diesem Gebiet sind
die Unterschiede zwischen beiden Ländern gar nicht
so riesig. Dies trifft auch auf die steuerliche Absetzbarkeit von Spenden zu. Hier ist die Situation sowohl
in den USA (bis zu 50% des Bruttoeinkommens) als
auch in Kanada (bis zu 75% des Nettoeinkommens)
im Vergleich zu den weiteren beleuchteten Ländern
wesentlich günstiger.
Eine zentrale Rolle bei den Unterschieden spielt die
Thematik der Religion. In den USA fließt gut ein Drittel des privaten Förderaufkommens in diesen Bereich.
Dem gegenüber wird in Deutschland die für Kirchenmitglieder obligatorische Kirchensteuer nicht als Teil
des Spendenkuchens gezählt. In der CAF-Studie wird
allerdings darauf hingewiesen, dass die Einstellung
der Menschen zu Religion nicht in allen Ländern die
gleichen Auswirkungen auf das Spenden hat.
Auch das Vorhandensein von Vermögen und Vermögenden genügt nicht zur Erklärung, wie viel in einem
Lande gespendet wird. Zwar belegen verschiedene
Reichen-Rankings, dass die USA in diesem Bereich
weltweit nach wie vor vorne liegen, aber auch
Deutschland befindet sich in der Topliga und doch ist
das Gesamtvolumen der Spenden viel kleiner. Auch
wenn die Faktoren, die das Spenden in einzelnen Ländern beeinflussen, komplex und nicht so ohne weiteres
vergleichbar sind, so ist die folgende, vereinfachende
Übersicht – die auf einer Veröffentlichung des Fundraising Verbands Austria fußt – aufschlussreich.
Spenden im internationalen Vergleich
Land
Spenden/
Einwohner
USA
€ 683,00 EUR
Kanada
Schweiz
Spendenvolumen
Bevölkerung
212,64 Mrd. USD
311,5 Mio.
€ 244,00 EUR
8,3 Mrd. CAD
34,3 Mio.
€ 121,00 EUR
0,96 Mrd. EUR
7,9 Mio.
Deutschland
€ 67,00 EUR
5,5 Mrd.€EUR
81,8 Mio.
Österreich
€ 54,00 EUR
0,46 Mrd.€EUR
8,4 Mio.
Quelle: Spendenbericht 2011, FVA, S. 1 und eigene Recherchen
Nationale Traditionen spielen beim Spendenverhalten
eine zentrale Rolle, doch von noch größerer Bedeutung sind offenkundig soziokulturelle Faktoren, wie
die Unterschiede innerhalb Kanadas zeigen: In der
frankophonen Provinz Quebec ist die Spendenfreude
geringer ausgeprägt als in den anglophonen Provinzen. Doch auch Traditionen können sich wandeln,
wenn auch meist erst auf längere Sicht. In Deutschland,
Österreich und der Schweiz gibt es, was das private
Spendenengagement angeht, in dieser Hinsicht noch
viel zu tun.
Events spielen in Nordamerika für die Gewinnung
von Spendengeldern eine zentrale Rolle. Bestätigt
wird dies auch von Umfrageergebnissen der SONIUmfrage 2011 (State of Not-For-Profit Industry Survey).
Die US-amerikanischen und kanadischen Kollegen
haben dort angegeben, dass diese Fundraising-Maßnahme nach der Eins-zu-Eins-Großspenderbetreuung
die effektivste Methode ist, um Spendengelder einzuwerben. Auch bei der Mehrheit der von der deutschen
DFRV-Gruppe besuchten Einrichtungen haben Events
einen festen Platz im Development.
Mobilisierung einer großen Öffentlichkeit
Die Cancer Canadian Society ist das Beispiel par
excellence für die erfolgreiche Implementierung von
Fundraising-Events in eine Development- und Kommunikationsstrategie. Der Erfolg spiegelt sich in den
Einnahmezahlen wider: Über 64% der Spendengelder wurden im Jahr 2010 über Veranstaltungen generiert. Die renommiertesten sind dabei der Relay For
Life und der Daffodil Ball, die sich an unterschiedliche
Zielgruppen richten.
Der Relay For Life, einer der größten nationalen
Fundraising-Events, wird in Kanada seit dem Jahr
1999 jährlich von Aktionsgruppen in zahlreichen
Gemeinden durchgeführt. Auch wenn das primäre
Ziel der Aktionsgruppen die Spendenakquisition
für die Krebsorganisation ist, geht es doch letztendlich um mehr als das. Der Relay For Life ist vor allen
Dingen ein sozialer Event. Menschen, die Angehörige durch Krebs verloren oder die Krankheit besiegt
haben, kommen zusammen, um das Leben mit der
lokalen Gemeinschaft zu zelebrieren. Bei den Ehrenamtlichen steht vor allem die persönliche Betroffenheit
vom Thema Krebs und der Wunsch, die NPO bei ihren
Zielen zu unterstützen im Vordergrund: Finanzierung
der Krebsforschung und seelischer sowie finanzieller
Beistand von Krebspatienten.
Im vergangenen Jahr organisierten 7.440 Ehrenamtliche 77 Staffel- bzw. Volksläufe, Abendessen oder
andere Happenings. Die Gesamtteilnehmerzahl in der
Provinz Quebec betrug 47.396 Personen. Zusammen
erzielten sie Spendengelder von 12 Mio. CAD. Pro
Jahr steigert die Canadian Cancer Society mittels des
Relay For Life ihre Einnahmen um durchschnittlich 2
Mio. CAD:
Entwicklung der finanziellen Einnahmen des FundraisingEvents Relay of Life der Canadian Cancer Society
$16.000.000
$14.000.000
$12.000.000
$10.000.000
$ 8.000.000
$ 6.000.000
$ 4.000.000
$ 2.000.000
2002
2004
2006
2008
2010
Quelle: Präsentation der Canadian Cancer Society für die ExkursionsTeilnehmer 2011
Beziehungspflege mit Großspendern
Eine ganz andere Art von Event ist hingegen der Daffodil Ball. Der Galaabend richtet sich an einen äußerst
exklusiven Teilnehmerkreis: Die kanadische Geschäftselite. Die Zeitschrift Special Events Magazine verlieh
der Veranstaltung bereits fünf Mal ihren Gala Award
in der Kategorie „Bester Fundraising-Event“.
Ein wichtiger Erfolgsfaktor ist dabei die Einbeziehung von Führungspersonen aus der Wirtschaft.
Ein wichtiger Erfolgsfaktor ist dabei die Einbeziehung
von Führungspersonen aus der Wirtschaft. So untersteht das Fundraising für den Wohltätigkeitsball jedes
Jahr der Leitung von mindestens zwei Firmenchefs, die
ihre sozialen Netzwerke der Krebsorganisation zugutekommen lassen. Dies ist eine prestigevolle Aufgabe,
die das Who is Who der kanadischen Geschäftselite
sehr gewissenhaft und professionell betreibt. Im Jahr
2010 brachte der Event 2,2 Mio. CAD Spenden ein.
21
Der Fundraising-Tipp für Charity-Events:
Stille Auktionen
Gesehen in Boston!
Fundraising ist
in Nordamerika
allgegenwärtig.
Werbebeitrag der IML interactive GmbH
Bestandteil des Fundraising-Mix
Dass Wettbieten um die besten Auktionsobjekte in einer
stillen Auktion verspricht nicht nur höhere Spenden während eines Charity-Events, sondern bietet auch ein gutes
Entertainment. Die Technologie hierzu wird in Deutschland von IML vertrieben. Sie ist diskret, einfach zu bedienen und eignet sich für den Einsatz auf Wohltätigkeitsveranstaltungen aller Art.
Auch die Stiftung des Montreal Children´s Hospital
hat Events fest in ihr Marketingkonzept integriert. Ihr
Anteil an den Gesamtspendeneinnahmen beträgt jährlich ca. 20%. Für den Fundraising-Erfolg einer Veranstaltung ist nicht nur die Form und der Anlass oder der
thematische Bezug zu den Zielen der Organisation
entscheidend, sondern auch die Einbeziehung von
Ehrenamtlichen. Die Stiftung führt vier FundraisingEvents in Eigenregie durch, über 300 Veranstaltungen
werden von Dritten organisiert.
So funktioniert das System
Einbindung von authentischen Fürsprechern
Zweimal im Jahr organisieren die Fundraiserinnen der
Steppingstone Foundation zwei große Events: Einen
Galaabend und den Crystall Ball. Um den Erfolg ihrer
Veranstaltungen zu sichern, stellt die Stiftung für jede
Veranstaltung ein Organisationskomitee aus Ehrenamtlichen auf. Deren Aufgabe besteht darin, über
ihre sozialen Netzwerke, Teilnehmer und Sponsoren
zu gewinnen. Laut Kate Wood, Director of Individual
Giving, funktioniert die Quote 1 zu 10 am besten; d.h.
ein Komitee-Mitglied gewinnt im Durchschnitt zehn
Gäste. Die Komitee-Mitglieder sind alle Absolventen
der Bildungs-Förderprogramme der Stiftung. So ist u.a.
sicher gestellt, dass die Mitglieder die Stiftung sehr gut
kennen und glaubwürdig über deren Arbeit berichten
können, da sie persönlich von ihr profitiert haben.
Da die Stiftung noch recht jung ist, besteht die Zielgruppe aus Berufstägigen, die ein großes Interesse
daran haben, ihr berufliches Netzwerk aufzubauen.
Liest man sich die Ergebnisse der kanadischen Studie The Next Generation of Canadian Giving durch,
so ist es nicht verwunderlich, dass das Konzept der
Stiftung aufgeht. Die Studie hat in ihren Ergebnissen
festgehalten, dass die Jahrgänge von 1965 bis 1980
gerne an gesellschaftlichen Veranstaltungen teilnehmen und darüber hinaus mit großer Wahrscheinlichkeit Bekannte unterstützen, die sich für eine Organisation engagieren. Im Jahr 2010 haben 375 und im
Jahr 2009 sogar 552 Personen die Veranstaltung
besucht. Das Motto des Abends ist Spaß und – wie
es die Kolleginnen in Boston formulierten – die „Arbeit
der Stiftung auf den Radar der Young Professionals zu
bringen“. Über stille Auktionen werden die Spendeneinnahmen zusätzlich gesteigert. In den vergangenen
zwei Jahren hat die Stiftung mithilfe dieser Programmergänzung zusätzlich 20.000 USD eingenommen.
Die vorgestellten Beispiele unserer Gastgeber in
Kanada und den USA haben gezeigt, dass die Durchführung von Veranstaltungen unterschiedliche Zwecke
verfolgen kann. Nicht immer steht die unmittelbare
Gewinnung von Spendengeldern im Mittelpunkt.
Events sind auch ein geeignetes Instrument, um die
Bekanntheit der gemeinnützigen Einrichtungen zu
erhöhen. Sie eignen sich darüber hinaus, Menschen
als Spender zu gewinnen, die eine Organisation
andernfalls nicht unterstützen würden. Die Einbeziehung von Freiwilligen ist ein Faktor, der entscheidend
zum Erfolg beiträgt. Die ehrenamtlichen Komitees sind
somit eine wichtige Unterstützung für die hauptamtlichen Fundraiser. Obwohl Events eine Menge Geld
einbringen können, ist ihre Organisation auch sehr
zeit- und kostenintensiv. Der Erfolg einer Veranstaltung
hängt immer von einer sorgfältigen Planung ab.
Mithilfe der IML Funkabstimmeinheit (ähnlich einem Fernseh-TED) haben die Gäste die Möglichkeit, bequem von
ihrem Platz aus auf beliebig viele Auktionsobjekte gleichzeitig zu bieten. Um die Gebote zuordnen zu können,
schiebt jeder Teilnehmer im Vorfeld eine personalisierte
Smartcard in die Funkabstimmeinheit. Anschließend gibt
der Gast die Nummer des Auktionsobjekts ein, für das er
bieten möchte. Auf dem Display des Gerätes wird das
aktuelle Höchstgebot für das Objekt zusammen mit dem
jeweiligen Bieter angezeigt. Während der Veranstaltung
hat jeder Gast permanent einen Überblick darüber, ob er
bei einem Objekt Höchstbietender ist oder bereits überboten wurde. Zur besseren Visualisierung lassen sich die
Auktionsobjekte und die einzelnen Höchstgebote sowie
die erzielte Gesamtsumme auf einer Leinwand ständig
aktualisiert darstellen. Die Auktion erhält somit zusätzlichen Unterhaltungswert und fördert den Wettbewerb
unter den Teilnehmern. Ein weiteres Feature von Silent
Auction ist die Spendenfunktion: Gäste, die neben der
Versteigerung zusätzlich Geld für den wohltätigen Zweck
spenden möchten, geben schnell und unkompliziert den
gewünschten Geldbetrag in die Funkabstimmeinheit
ein. Die so erzielten Beträge werden automatisch in die
Gesamtspendensumme eingerechnet.
von mehr als 72 Mio. USD gesammelt. Noch bedeutender war allerdings die Tatsache, dass 72% der Gäste an
der Spendensammelaktion teilnahmen. In der Vergangenheit hatte die Stiftung mit luxuriösen Auktionen und Galaveranstaltungen gerade mal eine Publikumsbeteiligung
von drei Prozent erzielt.
„In wirtschaftlich schwierigen Zeiten ist das persönliche
Budget der meisten Menschen begrenzt – deshalb ist
nicht die Höhe einer Spende das Entscheidende, sondern vielmehr die Beteiligung an sich. Den Gästen fällt es
wesentlich leichter, ihr Gebot nicht öffentlich abzugeben.
Die Silent-Auction Technologie hat eine druckfreie Atmosphäre geschaffen, in der jeder Gast frei entscheiden
konnte, welche Spendensumme er sich leisten kann“, so
Michele Whitney, Senior Manager, Development Operations von Robin Hood.
Die Ergebnisse sprechen für sich
Erfahrungen auf dem US-amerikanischen Markt zeigen,
dass diese Technologie die dortigen Fundraising-Aktivitäten revolutioniert hat. Auf der jährlichen Spendenveranstaltung der Robin Hood Foundation, Stiftung zur Bekämpfung der Armut in New York City, wurden bspw. mithilfe
des Systems innerhalb von 18 Minuten Gelder in Höhe
23
Die Capitals Campaigns unserer Gastgeber:
Einblicke und Erkenntnisse Phasen und Ablauf
1 Organisations- und Planungsphase
2 Initialspendenphase (Stille Phase)
Von Dr. Marita Haibach
3 Öffentliche Phase
Einwerbung der Mittel:
Hochschulen
In den USA gibt es kaum eine Hochschule, die nicht
mehrere Capital Campaigns durchgeführt hat. Die
Finanzziele sind gigantisch, belaufen sich meist auf
über 100 Mio. USD und liegen bei den Topeinrichtungen sogar im Milliardenbereich. Darüber hinaus
haben sich Capital Campaigns längst auch einen
festen Platz im Fundraising-Repertoire vieler anderer
Organisationen erobert, ob Krankenhäuser, Theater, Museen, Bürgerstiftungen und andere mehr. Die
Finanzziele bewegen sich hier im ein- und zweistelligen Millionenbereich.
Auch in Kanada haben Capital Campaigns als Fundraising-Instrument in den vergangenen beiden Jahrzehnten mit Erfolg Einzug gehalten. Selbst die Finanzkrise hat dem Wachsen und Gedeihen von Capital
Campaigns in den USA und Kanada keinen Abbruch
getan, die Laufzeiten wurden teilweise verlängert, die
Einlösung von Förderzusagen über längere Zeiträume
gestreckt, der Start neuer Kampagnen hinausgezögert.
Definition
Bei einer Capital Campaign handelt es sich um ein
intensives, strukturiertes Fundraising-Programm, das eine
Institution in die Lage versetzt, eine hohe Geldsumme
in einem begrenzten Zeitraum für spezifische Förderprojekte einzuwerben. Eine Übersetzung ins Deutsche ist
schwierig, denn weder „Kapitalkampagne“ noch Großspendenkampagne treffen die Bedeutung genau.
Während unserer Studienreise hatten wir Gelegenheit, spannende Einblicke in die Capital Campaigns
unserer Gastgeber zu erhalten. Die von uns besuchten Organisationen, die aktiv Fundraising betreiben,
setzen abgesehen von zwei Ausnahmen alle Capital
Campaigns als Fundraising-Instrument ein.
Alle drei Hochschulen, die wir besuchten - McGill University in Montreal, The University of Vermont, Vermont
sowie Dartmouth College-, sind Capital Campaignerprobt und haben mehrere erfolgreiche Kampagnen
hinter sich; meist folgt eine neue direkt im Anschluss
an die vorhergehende. Jedes Mal wurde das Finanzziel stark erhöht – und das Ziel erreicht! Während der
Kampagnen nimmt die Wachstumsrate bei den Fundraising-Einnahmen in der Regel zu, während diese in
den Nicht-Kampagnen-Jahren stagnieren oder gar
nach unten gehen. Die Zeiten zwischen den Capital
Campaigns werden genutzt, um das Fundraising für
Kampagnen-Förderprojekte abzuschließen, die während der Kampagne nicht voll bedient werden konnten, die Jahresspendenkampagne stärker in den Fokus
zu nehmen oder aber „Mini-Kampagnen“ für einzelne
Bereiche durchzuführen.
Bei den Capital Campaigns im Hochschulbereich
handelt es sich in der Regel um combined campaigns,
einer besonderen Form von Capital Campaign, in der
sämtliche Fundraising-Aktivitäten und -Einnahmen der
Kampagne zugeordnet werden, selbst der annual
fund, die Jahresspendenkampagne. In der Vorbereitungsphase einer Kampagne erfolgt ein intensiver strategischer Planungsprozess, bei dem es gilt, hochschulweit zukunftsweisende Förderprojekte zu identifizieren
und einen Case for Support, ein Fundraising-Zielbild,
zu entwickeln, mit dem die Zukunftsvision für die Hochschule auf attraktive Weise vermittelt wird. Dabei ist es
wichtig, die gesamte Hochschule an Bord der Kampagne zu bekommen.
Ein wichtiger Teil der Vorbereitungsphase ist die
Durchführung einer Feasibility Study, einer Planungsund Machbarkeitsstudie, durch externe Berater. Dabei
wird gründlich geprüft, wie es um die Bereitschaft
der Institution und ihres Umfeldes im Hinblick auf die
erfolgreiche Durchführung einer Kampagne steht. Ein
zentraler Erfolgsfaktor bei der Umsetzung der Kampagne lautet leadership: Dieser besteht aus dem Präsidenten der Hochschule sowie einem hochkarätig
besetzten ehrenamtlichen Campaign Committee, des-
(inkl. Machbarkeitsstudie)
sen Mitglieder selbst hohe Fördersummen beisteuern
und sich aktiv bei der Identifizierung und Gewinnung
anderer Förderer engagagieren.
Die “History in the Making Campaign”
der McGill University, Montreal
-
von oben nach unten (höchste Spenden
zu Anfang)
-
von innen nach außen
(bereits aktive Förderer zuerst – Nutzen
von Beziehungsnetzwerken)
Die McGill University, wie alle kanadischen Hochschulen eine öffentliche Einrichtung, gilt als die kanadische
Top-Uni und verfügt über ein Budgetvolumen von rund
einer Milliarde CAD. Die Universität befindet sich seit
Zeitraum von sieben Jahren erstreckte, wurde ein Kam2007 in der öffentlichen Phase einer combined cam- pagnenziel von 260 Mio. USD erreicht. Die Universipaign. Das Kampagnenziel beträgt 750 Mio. CAD, tät hat Fundraising-Einnahmen von 30 Mio. USD pro
das bislang höchste Finanzziel einer Hochschule in
Jahr.
Kanada. Ende 2009 waren 500 Mio. CAD erreicht.
“The Campaign for the Dartmouth Experience”
Bei dieser Kampagne handelt es sich um die sechste
von Dartmouth College
Kampagne der Universität; die erste startete 1948. Bei
der vorherigen Campaign, die 2006 endete, belief
Bei dem Dartmouth College handelt es sich um eine
sich das Kampagnenziel auf 250 Mio. CAD.
der privaten Elite-Hochschulen der Ivy League in
Mit ihren immer neuen Capital Campaigns hat es
den USA, die über hohe Kapitalstöcke verfügen und
das Fundraising-Team in den vergangenen Jahren
lange Jahre den öffentlichen Hochschulen weit voraus
geschafft, die private Unterstützung für die öffentli- waren, was die Fundraising-Einnahmen und -Aktivitäche Universität kontinuierlich auszubauen. Am Ende
ten betrifft. Allerdings haben Letztere in den vergander laufenden Kampagne sind 100 Mio. CAD jährlich
genen beiden Jahrzehnten stark aufgeholt. Auch wenn
angestrebt.
alle US-Hochschulen inzwischen auf das Engagement
ihrer Alumni setzen, können sich die Ivy-League-InstituDurchschnittliche
Anzahl der
tionen doch in besonderem Maße auf deren EngageFundraising-Einnahmen
Spender
ment, auch als Fundraising- und Campaign Volunteers
2002 - 2004
40.8 Mio. CAD
29,788
stützen.
2005 - 2007
71,1 Mio. CAD
31,969
Dartmouth schloss seine letzte hochschulweite Capi2008 - 2011
78,8 Mio. CAD
32,051
tal Campaign im November 2008 ab. Dabei wurden
insgesamt 1,3 Mrd. USD eingeworben, 346 Mio. USD
Die „Investment in People Campaign“
für Gebäude und Einrichtung, 406 Mio. USD für den
der University of Vermont, Burlington
Kapitalstock und 534 Mio. USD für aktuelle Bedarfe.
Die sich seit Sommer 2011 in der stillen Phase befin- 95% der Gesamtsumme kamen von 7% der Spender
dende neue Kampagne der University of Vermont, (4.906), 57% von 0,2% der Spender (100). Diese
einer öffentlichen Hochschule mit knapp 12.500 Stu- Kampagne wurde in den vergangenen Jahren intensiv
dierenden und einem Jahresbudget von rund 600 Mio. ausgewertet, auch durch Spenderbefragungen. Die
Ergebnisse werden die Grundlage für eine neue KamUSD, ist auf 500 Mio. USD projektiert und soll bis
pagne bilden.
Sommer 2019 laufen, also acht Jahre. Die öffentliche
Fast parallel führte die Tuck School of Business, die
Phase soll im Oktober 2015 eingeleitet werden. Bei
Teil von Dartmouth ist, eine eigene Capital Campaign
der letzten Capital Campaign, die sich über einen
25
Kleine lokale Einrichtungen
durch, “Investing in Excellence”, die über 7,5 Jahre
lief und Ende 2009 abgeschlossen wurde. Es wurden
125 Mio. USD eingeworben (15 Mio. USD mehr, als
ursprünglich geplant. Die Gesamtzahl der Spender
belief sich auf 8.345, davon waren 6.973 Alumni;
82% der Alumni spendeten).
Das Zauberwort » Capital Campaign « kursiert bereits seit geraumer Zeit im deutschsprachigen Raum
Krankenhaus
Das Krankenhaus-Fundraising hat nicht nur in den USA,
sondern auch in Kanada, wo das öffentlich finanzierte
Gesundheitssystem stark ausgeprägt ist, eine große
Bedeutung. Das Engagement in diesem Bereich ist
quasi Teil der eigenen Daseinsfürsorge. Capital Campaigns werden in diesem Bereich zwar auch immer
wieder durchgeführt, allerdings eher als Individual
Project Campaigns, als Kampagnen, die neben den
regelmäßigen Fundraising-Aktivitäten durchgeführt
werden, um ein größeres Ziel zu einreichen.
„The Best Care for Children Capital Campaign”
der Montreal Children’s Hospital Foundation
Die Stiftung befindet sich fast auf der Zielgeraden
ihrer Capital Campaign, die den Bau eines neuen
Kinderklinikums zum Ziel hat. Das Finanzziel beläuft
sich auf 100 Mio. CAD, von denen bereits 87 Mio.
CAD eingeworben wurden. Chair, also Vorsitzender
des Kampagnen-Komitees (best care for children cabinet) ist Marc A. Courtois, Vorstandsvorsitzender der
Canada Post. Die Capital Campaign läuft parallel zu
den regelmäßigen Fundraising-Aktivitäten der Stiftung.
Der größte Teil der bislang eingeworbenen Spenden
kommt von Individuen. Meist handelt es sich dabei um
Personen, die, so Director of Development, Suzanne
Korf, bereits in der Datenbank der Stiftung waren.
Doch auch Firmen, wie bspw. Rio Tinto Alcan, einem
weltweit tätigen Aluminium-Hersteller mit Hauptsitz in
Montreal, beteiligten sich (2,5 Mio. CAD Spenden).
Anders als die Hochschulen und die Kinderkrankenhaus-Stiftung sehen sich die von uns besuchten kleineren Nonprofits mit personellen Herausforderungen im
Zusammenhang mit ihren Fundraising-Aktivitäten und
erst recht ihren Capital Campaigns konfrontiert, was
gelegentlich auch dazu führt, dass diese ins Stocken
geraten. Die Kampagnen dienen wie im KrankenhausBereich der Finanzierung einzelner Großprojekte.
gebracht, doch für den laufenden Betrieb und die
Weiterentwicklung sind private Fördermittel, insbesondere auch Fördermitglieder, notwendig. Nach
verschiedenen Anläufen soll das Fundraising nun mit
einem neuen Fundraiser aktiv vorangebracht werden
und dabei auch die Capital Campaign zum Abschluss
gebracht werden. Für einen neuen Pavillon wurden
bereits 3,8 Mio. des Kampagnenziels von 4,1 Mio.
USD eingeworben.
“The 100th Anniversary Campaign”
der Jewish Public Library, Monreal
Die Kapitalstock-Kampagne zum 90. Jubiläum der
Jewish Public Library kam mit der Widmung der “Wall
of Honor”, der Enthüllung der Wand in der Bibliothek
mit den Namen der Spender zum Abschluss. Die neue
Kampagne, deren Planung für Ende 2011 vorgesehen
ist, soll der Finanzierung von Zukunftsinvestitionen hinsichtlich der Infrastruktur und personellen Kapazitäten
dienen. Ziel ist es, 10 Mio. CAD einzuwerben.
Die Capital Campaign
von ReSOURCE, Burlington
ReSOURCE ist eine kleine, an mehreren Orten in Vermont tätige Nonprofit-Organisation, die sich Aus- und
Fortbildungsaktivitäten benachteiligter Jugendlicher
sowie Obdachloser auf ökologischer Basis verschrieben hat. Damit ein historisches Lagerhaus restauriert
und in ein Community Center, das Social BusinessInitiativen als Sitz dienen soll, umgewandelt werden
kann, startete die Organisation im Frühjahr 2011 die
öffentliche Phase einer Capital Campaign, mit dem
Ziel, 1.734.000 USD einzuwerben. Zu diesem Zeitpunkt lagen bereits Zusagen von 1,16 Mio. USD vor.
Weitere 600.000 USD stehen noch aus. Weil der bisherige Fundraiser ausscheiden musste, ist die Kampagne vorübergehend zum Stillstand gekommen.
Die “Get Closer to the Lake Campaign” des
ECHO Lake Aquarium and Science Center, Burlington
Diese Einrichtung am schönen Lake Champlain wurde
in erster Linie mit staatlichen Geldern auf den Weg
Richard Bundy, Vizepräsident für DAR
an der University of
Vermont, und ein Teil
der Reisegruppe.
Erfolgsfaktoren
Wesentliche Faktoren für die erfolgreiche Durchführung einer Capital Campaign sind:
- Ein überzeugender Case for Support, der die Zukunfts-
-
-
-
-
vision der Organisation und die Rolle der privaten Fördermittel bei deren Erreichung verdeutlicht,
Attraktive Förderbereiche und -projekte, die die Organisation auf dem Wege zu ihrer Vision weiterbringen,
Eine ausreichende Zahl an Großspendern, die bereit
und in der Lage sind, hohe Beträge vor der öffentlichen
Bekanntgabe der Campaign zu geben,
Interessante Namensgebungsmöglichkeiten,
Eine ausreichende Zahl an Fundraising-Fachkräften
mit Bürounterstützung (mit fundierten Erfahrungen im
Großspenden-Fundraising),
Ein hochkarätig besetztes Kampagnen-Komitee (mit einem
bzw. einer überzeugenden Vorsitzenden), dessen Mitglieder bzw. deren Unternehmen sich finanziell in der Kampagne engagieren sowie ihre Netzwerke mobilisieren,
Eine Institution, die als Ganzes hinter der Kampagne und
deren Zielen steht und diese aktiv mitträgt gute strategische
Planung im Vorfeld sowie ein reibungsloses Management
der Kampagne.
Hindernisse im deutschsprachigen Raum
Das Zauberwort „Capital Campaign“ kursiert bereits
seit geraumer Zeit im deutschsprachigen Raum. Dennoch gibt es bislang kaum Organisationen in unseren
Landen, die dieses Fundraising-Instrument einsetzen.
Ein wesentliches Problem liegt darin, dass das Groß-
spenden-Fundraising in unseren Landen nach wie
vor unterentwickelt ist. Dies gilt sowohl für die ausreichende personelle Ausstattung als auch für die Einsicht,
dass die Entwicklung und Pflege persönlicher Beziehungen mit Spendern zeitintensiv ist und zudem Kontinuität erfordert. Zudem wollen gerade Spender höherer Beträge oft ihr Engagement nicht „an die große
Glocke“ hängen. Daher ist der Mitmach-Faktor, der
ein wesentlicher Erfolgsfaktor bei den Capital Campaigns in den USA und Kanada ist, bei uns nicht ohne
weiteres mobilisierbar. Auch die Nutzung der persönlichen Netzwerke zu Fundraising-Zwecken ist nach
wie vor weitgehend mit einem Tabu belegt. Die kompetitiven Elemente, die in Nordamerika eine wichtige
Bedeutung haben („Wir geben die höchste Spende“
oder „Unsere Hochschule hat das höchste Kampagnenziel“), sind hier eher verpönt.
Die finanziellen Potenziale allerdings sind durchaus
vorhanden. Das Zeitalter der Capital Campaign wird
auch im deutschsprachigen Raum kommen.
27
Moves Management im GroßspendenFundraising
Von Johannes Ruzicka
Die Systematik des Moves Managements gehört zu
den Fundraising-Instrumenten, die in Nordamerika
gängige Grundlage, im deutschsprachigen Raum
jedoch weitgehend unbekannt sind. Unter einem
„Move“ versteht man dabei eine belangvolle Interaktion – in der Regel ein individuelles, persönliches
Treffen – mit einem potentiellen Großspender, die den
Prozess Identifizieren › Involvieren › Akquirieren › Pflegen einen signifikanten Schritt voranbringt. Das Moves
Management stellt dabei ein großartiges Instrument
dar, um die Plausibilität der Fundraising-Zielsumme zu
überprüfen, das Vorgehen in der Spendergewinnung
zu systematisieren, die dazu erforderlichen Schritte
und Anforderungen sichtbar und den Erfolg planbar
zu machen.
Summe (EUR)
5.000.000 €
1
5.000.000
1.000.000 €
3
3.000.000
500.000 €
4
2.000.000
8
10.000.000
Summe
Erforderliche Zahl der involvierten
potentiellen Spender
mit potentiellen Spendern
Der Startpunkt für das Moves Management ist die
Spendentabelle. Diese stellt eine prognostizierte
Zusammensetzung der Fundraising-Zielsumme dar. Für
ein Fundraising-Vorhaben mit einer Zielsumme von 10
Mio. EUR könnte die Spendentabelle bspw. wie folgt
aussehen:
Anzahl Spender
Erforderliche Zahl der tatsächlichen
Spender
Erforderliche Zahl der Interaktionen
Die voraussichtlich erforderlichen Interaktionen
mit potentiellen Spendern stellen den Kern des
eigentlichen Moves Managements dar.
Spendenbetrag (EUR)
sollten. Wie bereits angedeutet, ist es vielmehr sinnvoll,
zunächst die Beziehung zu potentiellen Spendern über
mehrere Schritte hinweg zu festigen.
Wenn wir in unserem Zahlenbeispiel davon ausgehen, dass durchschnittlich jeder dritte potentielle
Spender tatsächlich spendet und durchschnittlich fünf
Interaktionen erforderlich sind, bevor ein potentieller
Spender tatsächlich spendet oder klar wird, dass die
Bemühungen um ihn eingestellt werden sollten, sieht
unsere exemplarische Kennzahlentabelle wie folgt aus:
Aus der prognostizierten Zahl der erforderlichen
Großspender (im Beispiel also acht) werden Kennzahlen bezüglich der voraussichtlich notwendigen
Arbeitsschritte abgeleitet. Dabei wird berücksichtigt,
dass nicht alle angesprochenen potentiellen Spender
tatsächlich spenden werden. Zumdem wird berücksichtigt, dass potentielle Großspender nicht bereits
beim ersten Treffen um eine Spende gebeten werden
8
24
120
Die zu Grunde liegende Arithmetik hängt unter anderem von der Qualität des Kontaktnetzwerks und der
Attraktivität des Fundraising-Vorhabens ab und sollte
auf allgemeinen Erfahrungswerten im GroßspendenFundraising sowie auf spezifischen Informationsgesprächen mit Vertretern der vorgesehenen Spenderzielgruppen basieren.
Bei der Betrachtung der exemplarischen Spendentabelle und Kennzahlentabelle ergeben sich zwei konkrete Fragen:
Gibt es in unserem Kontaktnetzwerk mindestens drei Personen, die für eine Spende in Höhe von 5 Mio. EUR, neun Personen, die für eine Spende in Höhe von 1 Mio. EUR und 12 Personen, die für eine Spende
in Höhe von 0,5 Mio. EUR in Frage kommen?
Sind wir in der Lage, in der für das Fundraising-Vorhaben zur Verfügung stehenden Zeit 120 belangvolle Interaktionen durchzuführen, die in ihrer Professionalität den Erwartungen einer Person entsprechen, die letztendlich um eine Spende von bis zu 5 Mio. EUR gebeten werden soll?
aufhin die Prognose der Zahl der erforderlichen Interaktionen angepasst werden.
Mit dem Moves Management steht Fundraisern ein
Controlling-Instrument zur Verfügung, das den Erfolg
im Großspenden-Fundraising planbar macht, der
Organisationsleitung eine Entscheidungsgrundlage
für die Zielsetzung und die Ressourcenallokation im
Fundraising bietet und den Fundraiser vor unrealistischen Erwartungen schützt.
Durch diese Betrachtungsweise kann die Plausibilität
der Zielsetzung wirksam überprüft werden. Ist bspw.
die Top-Spende in Höhe von 5 Mio. EUR unrealistisch,
müsste die Zahl der Spenden in Höhe von 1 Mio. EUR
um fünf weitere Spenden erhöht werden. Somit wären
allerdings 15 zusätzliche potentielle Spender dieser
Kategorie, sowie 75 zusätzliche Interaktionen erforderlich. Dies würde zusätzliche Ressourcen im Fundraising oder eine zeitliche Streckung des FundraisingVorhabens erfordern. Falls beides nicht möglich ist,
bestünde der einzige Ausweg in der Reduzierung der
Fundraising-Zielsumme.
Die voraussichtlich erforderlichen Interaktionen mit
potentiellen Spendern stellen den Kern des eigentlichen Moves Managements dar. Sie werden für den
gesamten Prozess im Voraus geplant; einschließlich
aller Schritte, von der Identifikation und Recherche
einer ausreichenden Zahl potentieller Spender über
die Entwicklung individueller Kontaktstrategien und
die Einbindung geeigneter Türöffner bis zur individuellen Zielsetzung und Vor- und Nachbereitung für jede
einzelne Interaktion.
Während das Moves Management anfangs eine
rein statistische Prognose des Verlaufs der Spendergewinnung darstellt, kann die Planung im Laufe der
Zeit zunehmend konkretisiert werden. Sobald hinter
der Zahl der erforderlichen potentiellen Spender tatsächliche Namen stehen, kann bspw. die Qualität der
bereits bestehenden Beziehungen beurteilt und dar29
Fundraising: Ein Berufsfeld mit Perspektive
und Renommee
Von Dr. Marita Haibach
Nicht Kostenzentrum,
sondern Ertragszentrum
Beim Fundraising gibt es heutzutage zwischen den
USA und Kanada keine herausragenden Unterschiede.
Dies war allerdings nicht immer so. Erst in den vergangenen drei Jahrzehnten haben bspw. die Hochschulen
in Kanada nachgezogen. Als Lori Yersh, Leiterin des
Büros für Spendenbeziehungen an der McGill University in Montreal, vor 30 Jahren dort anfing, lag die Mitarbeiterzahl im Fundraising bei 30, heute sind es 175.
In beiden Ländern ist Fundraising als Führungsaufgabe anerkannt, was bspw. in Hochschulen darin zum
Ausdruck kommt, dass der Leiter bzw. die Leiterin des
Fundraisings meist als Vizepräsident/in Mitglied der
Hochschulleitung ist. Dies ist in Kanada allerdings
noch relativ neu.
Gemeinsame Fundraising-Verbände
In Kanada gibt es keinen eigenen Fundraising-Berufsverband. Vielmehr schließen die beiden größten USVerbände, Association of Fundraising Professionals
(AFP)13 sowie die Association for Healthcare Philanthropy (AHP)14 auch Kanada mit ein. Auf der Webseite
Die 30 besten Berufe in den USA mit guten
Perspektiven & hoher Arbeitszufriedenheit
(2009)
der AFP, mit gegenwärtig rund 30.000 Mitgliedern
der größte Fundraising Verband weltweit, werden
unter der Überschrift „International Growth and Development“ nur Mitglieder außerhalb der USA und
Kanadas als internationale Mitglieder gezählt.15 2010
hatte der Verband 300 direkte internationale Mitglieder sowie weitere 940 Mitglieder über strategische
Vereinbarungen mit Fundraising-Verbänden in anderen Ländern. Auch der Deutsche Fundraising Verband
ist „Strategic Alliance Partner“ der AFP.
Die AFP verfügt zurzeit über 222 Chapters16, lokale
Untergliederungen, die als Herz und Seele des Verbands gelten und zahlreiche Aktivitäten bestreiten, ob
Fortbildungsveranstaltungen, Veranstaltungen rund
um den National Philanthropy Day oder die Vergabe
von Stipendien. Alle Ortsgliederungen verfügen über
einen Vorstand sowie in der Regel über eine kleine
Geschäftsstelle mit Mitarbeitern. Meist gibt es eine
ganze Reihe von Komitees, wie Fortbildung, Mentoring, Ethik, Beziehungen zu staatlichen Stellen, Stipendien, Mitglieder, Öffentlichkeitsarbeit oder National
Philanthropy Day. Der reguläre AFP-Jahresbeitrag
beträgt 250 Dollar pro Person jährlich; hinzu kommt
ein zusätzlicher Posten für das Chapter, in dem die
jeweilige Person Mitglied ist. Dieser Betrag variiert
zwischen 25 und 100 Dollar.17
Knapp 90% der 30.000 AFP-Mitglieder sind in
den USA ansässig, etwa 10% in Kanada. Dies belegt,
dass der Professionalisierungsgrad des Fundraisings
in Kanada ähnlich hoch ist wie in den USA, wenn man
das Verhältnis von nicht ganz 1:10 bei der Bevölkerungsgröße berücksichtigt.
Audiologist
Managment Consultant
Biomed. Equipment Technician
Mediator
Clergy
Registered Nurse
Curriculum Training Specialist
Occupational Therapist
Engineer
Optometrist
Firefighter
Pharmacist
Fundraiser
Physical Therapist
Genetic Counselor
Physician Assistant
Ghostwriter
Politician / Elected Official
Government Manager
Urban Regional Planner
13
www.afpnet.org
Hairstylist / Cosmetologist
School Psychologist
14
Health Policy Specialist
Surgical Technologist
www.ahp.org
Higher Edu. Administrator
System Analyst
15
www.afpnet.org/About/content.cfm?ItemNumber=5373&navItem
Landscape Architect
Usability Specialist
Number=5374
Librarian
Veterinarian
16www.afpnet.org/Audiences/contentChapters.cfm?ItemNumber=
Security System Technician
Fundraiser müssen auch in Kanada und in den USA
sehr kostenbewusst arbeiten. Das belegte auch unser
Gespräch mit Rich Bundy, Vice President Development
& Alumni Relations der University of Vermont. Gegenwärtig werden dort 14 Cents ausgegeben um einen
Dollar einzuwerben. Ziel ist es, auf 11 Cents Kosten
zu kommen. Allerdings soll dies nicht dadurch erreicht
werden, dass Stellen gestrichen werden, sondern über
die Einstellung von mehr Personal und die Erhöhung
der Einnahmen. Die gegenwärtig 56 Mitarbeiter (30
Mio. USD Fundraising-Einnahmen jährlich) sollen im
Jahr 2012 auf 70 aufgestockt werden. In den USA
und Kanada gibt es eine Selbstverständlichkeit, die
es nicht immer wieder neu zu erklären und zu verteidigen gilt: Investitionen in das Fundraising, insbesondere in Fundraising-Personal, zahlen sich aus. Das
wird auch dadurch untermauert, dass in beiden Ländern die organisationsinterne Bezeichnung für das
Fundraising meist development (office) oder gelegentlich (office for institutional) advancement lautet. Die
riesigen Summen, die bspw. im Hochschulbereich Jahr
für Jahr eingeworben werden, fließen nicht zuletzt aufgrund einer – aus unserer Sicht – üppigen Personalausstattung. So hat die McGill University für Fundraising
3143&navItemNumber=565
17
www.afpnet.org/files/ContentDocuments/AFP_CA_Member_
Invitation.pdf
31
Eine Frauendomäne
und Alumniarbeit 175 Mitarbeiter zur Verfügung (Förderaufkommen 60 Mio. USD jährlich). 70 dieser Mitarbeiter sind übrigens in den Fakultäten angesiedelt.
Die Montreal Children’s Hospital Foundation (20 Mio.
USD Fundraising-Einnahmen jährlich) hat 26 Mitarbeiter und ist gerade dabei aufzustocken.
Bei kleinen Organisationen, die über lediglich eine
oder zwei Personen für das Fundraising oder gar in
Übergangszeiten über niemanden verfügten (wie
das ECHO Lake Center oder ReSource in Burlington),
bestehen keinerlei Zweifel: Mit dem Fundraising geht
es ohne Personal nicht voran.
Gefragt und (häufig) gut bezahlt
In den USA und Kanada ist allseits bekannt: Fundraising-Fachkräfte bedürfen eines guten Hegen und Pflegens, sowohl was die Bezahlung und die Aufstiegsmöglichkeiten als auch Fortbildungsangebote angeht. Die
Konkurrenz unter den Institutionen um erfahrene, nachweislich erfolgreiche Fundraising-Fachkräfte − sowohl
auf der Führungsebene als auch bei Nachwuchskräften − ist riesig. Es herrscht großer Mangel auf diesem
Gebiet und das Abwerben mit attraktiven Gehaltsangeboten ist gang und gäbe. Die Fundraiser in Leitungspositionen, die wir in Nordamerika kennenlernen durften, sind alle seit langen Jahren (oft 20 und mehr) im
Fundraising tätig und strahlen großes professionelles
Selbstbewusstsein aus. Die Mehrheit derjenigen, die an
der jüngsten AFP-Compensation und Benefit-Study teilnahmen, bezeichneten die Aussichten für die Weiterentwicklung ihrer Karriere als gut (56% der US-Amerikaner,
59% der Kanadier). Das jährliche Durchschnittsgehalt
von Fundraisern in den USA lag 2010 bei 76.138 USD,
in Kanada bei 78.388 CAD. Fundraiser, die die CFREZertifizierung (Certified Fundraising Executive) besitzen,
haben in beiden Ländern ein wesentlich höheres Einkommen als diejenigen ohne ein solches Gütesiegel.
Die höchsten Gehälter werden in den USA im Bereich
Wissenschaft & Forschung sowie im Gesundheitswesen
gezahlt. In Kanada sieht es ähnlich aus; allerdings stehen Fundraiser auch im Umweltbereich mit vorne.
Als sich Fundraising in den Sechziger- und Siebzigerjahren in den USA zu einem Berufsfeld entwickelte,
waren es zunächst Männer, welche die bezahlten
Positionen einnahmen. Heute wird das Fundraising
sowohl in den USA als auch in Kanada von Frauen
dominiert. Drei Viertel der AFP-Mitglieder sind Frauen.
Die Entwicklung der Fundraising-Branche zu einer
Frauendomäne hat verschiedene Ursachen. Die Zahl
der professionellen Fundraiser in den USA ist während der Achtzigerjahre insgesamt stark gewachsen;
Frauen profitierten von dem enormen Bedarf.
Der Frauenanteil unter den Neueinsteigern ist doppelt so hoch wie der Anteil der Männer. Frauen werden als Fundraiser eingestellt, weil es sich hierbei um
ein Tätigkeitsfeld handelt, für das sie nach Ansicht vieler Fachleute besonders qualifiziert sind. Das Durchschnittseinkommen von weiblichen Fundraisern lag
2010 in den USA bei 70.614 USD im Jahr, in Kanada
bei 74.341 CAD, während das Einkommen männlicher
Fundraiser durchschnittlich 92.540 USD bzw. 92.086
CAD betrug. Diese Kluft zeigt sich noch deutlicher im
Bereich der Spitzenpositionen. Allerdings ist festzustellen, dass sich die Bezahlung der Frauen mit wachsender Berufserfahrung auf dem Gebiet des Fundraisings
erhöht und dass sie zunehmend Führungspositionen
übernehmen.
Ausblick
Die AFP feierte 2010 ihren 50. Geburtstag. Der Deutsche Fundraising Verband begeht im Jahr 2013 seinen
20. Geburtstag, Swiss Fundraising im Jahr 2015, der
Fundraising Verband Austria 2016. Fundraising als
Berufsfeld kann also in Nordamerika auf eine mehr
als doppelt so lange Geschichte zurückblicken wie
bei uns. Das Aufschließen des Fundraisings in Kanada
auf US-Niveau, was die Einsicht in die Notwendigkeit, das Ansehen, die Bezahlung des Fundraisings
und anderes mehr angeht, macht Hoffnung, dass die
Dinge trotz vieler Hürden und Stolpersteinen auch in
unseren Landen weiter vorangehen.
Info:
Mitglieder des Deutschen Fundraising Verbandes können
zu ermäßigten (AFP-Mitglieds-) Gebühren am amerikanischen Fundraising-Kongress der Association of Fundraising Professionals (AFP) teilnehmen. Die Registrierung läuft
über das Team der Geschäftsstelle.
Kontakt:
+49 (0) 30 308831800 / [email protected]
„Ich kam das erste Mal in engeren Kontakt mit der Association of Fundraising Professionals (AFP), als ich im Rahmen des ersten Stipendiums zur Fundraising-Forschung der
Fundraising Akademie in die USA gehen konnte. 2008
startete ich das Projekt „Fundraising-Podcast“ – zunächst
in Form von Hörbeiträgen und seit 2011 auch als Videos.
Die Idee hinter dem Fundraising-Podcast VIDEO: von verschiedenen Fundraising-Konferenzen wichtigste Inhalte in
kurzen Videobeiträgen bringen − damit viele Fundraiser
an zumindest einigen Inhalten solcher Konferenzen partizipieren können. Im Jahr 2011 nahm ich so an der weltweit
größten Fundraising-Konferenz teil: Der „AFP International
Conference on Fundraising“ in Chicago. Das war wirklich ein sehr inspirierendes und motivierendes Erlebnis! Ja,
zugegeben, man muss sehr offen sein für Neues, Anderes
und mit einer „Yes, we can“-Haltung an dieser Konferenz
teilnehmen. Für diejenigen, die auf der Suche sind nach
tausendfachem Selbstbewusstsein, Inspirationen und
Ideen, gedanklichen Herausforderungen und Motivation,
empfehle ich einen Besuch. Nächster Termin ist der 1.-3.
April 2012 in Vancouver/Kanada. Vielleicht sehen wir
uns dort? Denn auch ich werde wieder vor Ort sein, um
mich fortzubilden und einige Fundraising-Podcast VIDEOs
zu produzieren. Über die Unterstützung dieses Projektes
u.a. durch den Deutschen Fundraising Verband sowie den
amerikanischen Fundraising-Verband bin ich sehr dankbar
und glücklich.“
Jan Uekermann,
Unsere kleinen Brüder und Schwestern e.V. Karlsruhe.
33
Prospect Research im GroßspendenFundraising
Von Johannes Ruzicka
Nach dem Fundraiser ist der Prospect Researcher
– also der Experte im Recherchieren von Informationen über potentielle Spender – die wichtigste Person
im Team für Großspenden-Fundraising. In den USA
haben sich Prospect Researcher bereits 1988 zur
„American Prospect Researcher Association“ zusammengeschlossen, die sich zur internationalen „Association of Professional Researchers for Advancement“
weiterentwickelt hat. Neben dem Prospect Researcher als etablierten Beruf gibt es in Nordamerika und
Großbritannien Unternehmen, die Spenderrecherchen
als Dienstleistung anbieten.
Im deutschsprachigen Raum wird die Bedeutung
professioneller Spenderrecherchen bisher unterschätzt.
Im deutschsprachigen Raum wird die Bedeutung professioneller Spenderrecherchen bisher unterschätzt.
Prospect Research existiert weder als Berufsstand,
noch als Dienstleistungssektor. Oft wird argumentiert, dass der Spenderrecherche hierzulande die
Verschwiegenheit über Vermögen und Einkommen im
Weg steht. Dabei wird übersehen, dass Finanzkraft
nur eines der drei elementaren Kriterien für die Identifikation potentieller Großspender darstellt. Wie es das
LIA-Prinzip (Linkage, Interest, Ability) verdeutlicht, sind
die Faktoren „Bezug zur Organisation“ und „Interesse
am Fundraising-Vorhaben“ mindestens ebenso wichtig. Die gute Nachricht: Über die Beziehungen und
Interessen potentieller Großspender lässt sich auch im
deutschsprachigen Raum vieles herausfinden.
Richtig ist allerdings, dass für die Spenderrecherche
hierzulande weniger Hilfsmittel zur Verfügung stehen.
Während es für die Suche nach passenden Stiftungen
zumindest in Deutschland das sehr nützliche Verzeichnis Deutscher Stiftungen gibt, existieren zu Privatpersonen keine kommerziellen Datenbanken, die unter dem
Gesichtspunkt der Philanthropie angelegt wurden.
Die erforderlichen Informationen müssen deshalb aus
einer Vielzahl von Quellen selbst zusammengetragen
werden. Dazu haben wir im Folgenden ein paar erste
Tipps und Hinweise zusammengefasst:
Ein hilfreiches kommerzielles Recherche-Instrument bietet
GENIOS an. Über das Online-Portal können gleichzeitig
über 1.000 Datenbanken nach Personen und Unternehmen durchsucht werden. Für Großspenden-Fundraising
wichtige Informationsquellen wie Hoppenstedt, Munzinger und Who’s Who sowie 300 Zeitungen und 500
Fachzeitschriften sind in die Suche eingeschlossen.
Eine gute kostenlose Informationsquelle ist Wikipedia.
Die Personenportraits geben meist einen ausgewogenen
Überblick relevanter Informationen. Es lohnt sich, sich
etwas eingehender mit der Struktur von Wikipedia zu
befassen. Beispielsweise geben die Kategorien, denen
eine Person zugeordnet ist (zu finden am Ende des jeweiligen Eintrags), oft Hinweise auf das Netzwerk der Person.
Des Weiteren lassen sich in der Autorendiskussion (Reiter
am Beginn des jeweiligen Eintrags) oft weitere Informationen, aufschlussreiche Details und Quellenangaben finden.
Wenn GENIOS und Wikipedia keine ausreichenden
Informationen liefern, sind Suchmaschinen wie Google
ein nahe liegender nächster Schritt. Jeder kann googeln;
da Informationen im World Wide Web unstrukturiert und
ungeprüft sind, ist die Qualität der Ergebnisse hier jedoch
besonders vom Geschick des Prospect Researchers
abhängig. Suchmaschinen bieten erweiterte Suchoptionen und Suchoperatoren, um die Relevanz der Suchergebnisse zu erhöhen. Für die effiziente Auswertung der
Ergebnisse gibt es einfache methodische Möglichkeiten,
die Arbeitsgeschwindigkeit zu erhöhen. Beispiel: Relevante Treffer gleichzeitig in je einem neuen Reiter laden,
anstatt den Links nacheinander zu folgen und jedes
Mal zur Trefferliste zurückzukehren – das spart Zeit, da
das Warten auf das Laden der Seiten weitgehend entfällt. Weitere Tipps: Gelöschte Seiten mit dem Operator
„cache:“ oder dem Link „Im Cache“ aus dem Speicher
der Suchmaschine laden; fremdsprachige Seiten übersetzt darstellen lassen; Suchen durch den Operator „site:“
auf eine Domain beschränken; Suche nach Bildern nutzen,
um bei weit verbreiteten Namen die korrekte Person zu
identifizieren oder durch Gruppenfotos Hinweise zu erhalten, wer mit wem bekannt ist.
Um sicherzustellen, dass Recherche-Ergebnisse auch
später noch nutzbar sind, sollten Stand und Quelle der
Informationen dokumentiert und Online-Dokumente lokal
gespeichert werden. Recherchen zu wichtigen potentiellen Spendern sollten kontinuierlich fortgeführt werden. Ein
praktisches Instrument dazu bieten kostenlose Benachrichtigungsdienste, die sich über Google Alerts, GENIOS
Alerts, RSS-Feeds, etc. leicht einrichten lassen.
Schöne Aussicht:
Das Christian
Science Center
in Boston.
Um Hinweise auf Immobilienvermögen zu erhalten, können – neben ersten Eindrücken aus Google Street View
und der Satellitenansicht in Google Maps – über Immobilienportale durchschnittliche Immobilienpreise recherchiert
werden. Anleitung am Beispiel von Immobilienscout24.
de: Postleitzahl eingeben und Suche starten; beliebiges
Immobilienangebot auswählen; am Ende der Anzeige in
der Umgebungskarte auf “Mehr Umgebungsinfos anzeigen” klicken; in der Karte oben rechts “Preise” einblenden;
unten links auf Kaufpreis wechseln.
Unabhängig von der Informationsquelle hängt die Produktivität in der Recherche entscheidend von der Fähigkeit ab,
umfangreiche Texte schnell nach wichtigen Inhalten zu
durchsuchen. Wer seine Aufnahmegeschwindigkeit systematisch erhöhen möchte, sollte sich der Lektüre „Schneller
lesen – besser verstehen“ von Wolfgang Schmitz widmen.
35
Spenderbindung durch
Spenderbefragung
Gastbeitrag von Tom Neukirchen
Tipps für die Integration von Spenderbefragungen im Alltag:
„Know your donors“, dieser Satz war ein wichtiges
Fazit der Studienreise 2011. Die nordamerikanischen
Kollegen investieren viel Zeit in Spenderrecherche,
Spender Screening, Nutzen von beruflichen und privaten Netzwerken sowie Spenderbefragungen. Sie
bilden die Basis für ihre Fundraising-Arbeit. Standards,
die für uns in Deutschland noch Zukunftsmusik sind.
Die Quintessenz ist, dass wir in Deutschland aktiv
auf unsere Förderer zugehen müssen. Denn bisher
liegt der Schwerpunkt auf einseitiger Kommunikation.
Fundraiser sind es gewohnt, ihre Förderer über aktuelle Themen und Projekte zu informieren und sie gleichzeitig um weitere Unterstützung zu bitten. Nur wenige
Organisationen suchen gezielt den Dialog mit ihren
Spendern. Ein breiter Rückkanal, sprich ein direkter
Kontakt für Feedbacks, Anregungen oder Gespräche,
bildet derzeit noch die Ausnahme.
Kirchenturm der
Ira Allen Chapel
an der University
of Vermont.
Das bestätigt auch Birgit Kern, Gruppenleiterin Fundraising „Brot für die Welt“. Ihrer Meinung nach wissen
viele Fundraiser, abgesehen von soziodemographischen Daten, zu wenig über ihre Spender. Deshalb
führte sie im Jahr 2011 die erste Spenderbefragung
durch. Insgesamt wurden 75.000 Förderer, darunter
Großspender, Aktive, Inaktive und Neuspender, angeschrieben. Die Zielgruppen erhielten differenzierte
Fragebögen; die Resonanz war überwältigend:
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
Return on Investment von 1,6, also mehr als Kostendeckung über eingehende Spende, inkl. aller Kosten
(Konzept, Druck, Porto, Erfassung, Interpretation,
MwSt. etc.)
Rücklauf zwischen 15,2% (Großspender) und 8,1%
(normale Aktive)
251 neue Testamentsinteressierte
104 potenzielle Zustifter
297 Interessierte für Zinsspenden
703 Anlassspenden-Interessierte
319 Dauerspenden-Interessierte
Über 15.000 Einzelangaben (z.B. Einkommen,
Alter, Anzahl Kinder, Beruf)
Tausende individuelle Angaben zu Alter, Beruf u.ä
und offene Antworten auf andere Fragen (Lob &
Kritik, Bewertung unserer Medien, zur Mission etc.)
„Die Ergebnisse zeigen, dass Spender sich einen Dialog wünschen. Gleichzeitig sind sie unsere besten
Berater. Sie geben uns konkrete Hausaufgaben mit,
wie wir für sie besser werden können. Dabei haben
sie auch sehr viel von sich preisgegeben und uns mitgeteilt, welche anderen Engagements sie sich vorstellen können: viel mehr, als wir je zu hoffen gewagt
haben. Jetzt haben wir alle Hände voll zu tun, das
identifizierte, personengebundene Potential zu
erschließen“, freut sich Birgit Kern über die Ergebnisse.
Die Spenderbefragung birgt ein enormes UpgradingPotenzial, das sich in großen Teilen wirklich erschließen lässt. Natürlich nicht sofort, aber nach ein paar
Jahren bestimmt. Denn eine Befragung wirkt per se
Nutzen Sie jeden persönlichen und telefonischen
Kontakt, um Spendern einige Fragen zu stellen.
Rufen Sie einige bessere Spender einfach mal an –
und bitten sie um ihre Meinung.
Bitten Sie im PS von Briefen darum, Fragen auf der
Rückseite des Anschreibens oder einen Begleitbogen zu beantworten.
Befragen Sie regelmäßig die User ihrer Website.
Das ist technisch einfach und günstig zu realisieren.
Weisen Sie in allen Emails im Footer auf die
Online-Befragung hin.
Ermutigen Sie Ihre Spender immer, mit Ihnen Kontakt
aufzunehmen und Ihnen ihre Meinung zu sagen –
mit Telefonnummer und Ansprechpartner.
Neben den Fragen, die Sie speziell beschäftigen, sind
folgende allgemeine Fragen häufig sinnvoll:
-
-
-
-
-
-
bindend, weil nicht nur die Antwortenden, sondern
alle Empfänger der Befragungen offenkundig in der
Folge insgesamt besser reagieren (höhere Spenden,
weniger Inaktivierung) als Kontrollgruppen. Deshalb
gehen erste Organisationen wie Greenpeace dazu
über, Befragungen als Dauerinstrument zu implementieren, um Förderer zu binden.
Dabei müssen Befragungen weder teuer noch ExtraMaßnahmen sein. Man kann auch bestehende Kanäle
nutzen, um seinen Unterstützern Gehör zu verschaffen
bzw. Mini-Umfragen durchzuführen:
Wie zufrieden sind Sie mit unserer Organisation/
Spenderkommunikation und -betreuung?
Wie fühlt es sich an, für uns zu spenden?
Welcher Bereich unserer Arbeit interessiert Sie am
meisten?
Was würden Sie gerne näher kennenlernen?
Gefällt Ihnen an unserer Arbeit irgendetwas ganz
besonders gut oder überhaupt nicht?
Vervollständigen Sie den Satz: Ich spende für sie,
weil …!
Die Spenderbefragung ist kein Allheilmittel, sondern
der erfolgreiche Einstieg in dieses neue, arbeitsreiche Fundraising. In Nordamerika hat sich der Begriff
„Donor Loyalty“ durchgesetzt, der eher auf die intrinsische Motivation und Treue der Spender abzielt.
Gegen die geläufige Meinung ist der Lastschrifteinzug kein Bindungsinstrument, sondern nur ein Symptom, das Ausdruck einer Bindung ist, die der Spender
empfindet und die wir stärken müssen, z.B. mit echtem
Dialog in zwei Richtungen und mit mehr individuellem
Service. Alle Fundraiser können auf diesen Zug aufspringen − er fährt auch ohne sie los!
37
SonZuBeFra – Mit Methode ins
Spendergespräch
Von Johannes Ruzicka
Sein Gegenüber im persönlichen Gespräch um eine
wirklich große Spende zu bitten, fällt nicht leicht. Die
Anspannung ist groß, denn die Antwort fällt nur dann
positiv aus, wenn die richtige Person zur richtigen Zeit
im richtigen Umfeld von der richtigen Person auf die
richtige Weise um den richtigen Betrag für das richtige
Vorhaben gebeten wird. Die Vielzahl dieser Erfolgsvoraussetzungen könnte einem fast den Mut nehmen. Mit
der richtigen Betrachtungsweise lässt sich das Blatt
jedoch wenden: Wenn wir vorab sicherstellen können,
dass alle Erfolgsvoraussetzungen erfüllt sind, gibt es
keinen Grund, nicht um eine wirklich große Spende
zu bitten. Wie auch immer die Antwort ausfallen mag,
die Frage ist unter den gegebenen Voraussetzungen
legitim.
Um sicherzustellen, dass die genannten Erfolgsvoraussetzungen gegeben sind, benötigen wir im
Wesentlichen drei Dinge:
1
2
3
Fundierte Spenderrecherche (siehe unser Beitrag zum Thema „Prospect Research“)
Mehrere persönliche Treffen mit dem potentiellen
Großspender, durch die eine Beziehung aufgebaut und Informationen aus der Spenderrecherche
bestätigt und ergänzt werden (siehe unsere Beiträge zu den Themen „Übertragbarkeit“ und
„Moves Management“)
Eine individuelle Gesprächsstrategie, die uns zur
Erreichung unseres Etappenziels im jeweiligen
Gespräch verhilft und mit der wir den Entwicklungsstand der genannten Erfolgsvoraussetzungen überprüfen. Hierzu wurde von Brakeley die SonZuBeFra-
Methode entwickelt.
Die SonZuBeFra-Methode basiert auf der Unterteilung
des Gesprächs in vier Phasen mit jeweils definiertem
Zweck. Das Ziel der Methode besteht darin, dem
potentiellen Großspender am Ende des Gesprächs
eine spezifische Frage zu stellen und als Antwort darauf ein „Ja“ zu erhalten. In den ersten Gesprächen
bezieht sich die Frage auf die Bereitschaft des poten-
tiellen Großspenders, den nächsten Schritt im Beziehungsaufbau zu gehen. Erst in späteren Gesprächen
bezieht sich die Frage auf die Bereitschaft, das Fundraising-Vorhaben mit einer Großspende zu unterstützen.
Ziel jedes Gesprächs ist zudem, die Kontrolle über
den weiteren Verlauf im Beziehungsaufbau zu behalten. Ein „Ich melde mich, wenn ich Ihre Unterlagen
gelesen habe“ des potentiellen Großspenders wäre
bspw. ein missglückter Gesprächsabschluss, da wir
die Kontrolle über das weitere Vorgehen aus der
Hand gegeben hätten.
Die vier Phasen der SonZuBeFra-Methode beziehen
sich auf: Sondieren / Bestätigen / Zuordnen / Fragen
Phase 1: Sondieren
Der Zweck des Sondierens besteht darin, herauszufinden, was den potentiellen Großspender interessiert
und motiviert, welche Themen ihn bewegen, worin
seine Ziele bestehen und welche Erfahrungen ihn
geprägt haben. Während des Sondierens sollte der
Fundraiser offene Fragen stellen (Was? Weshalb?
Wie? Wer?). Der Fundraiser sollte in dieser Gesprächsphase viel zuhören und wenig reden. Das widerspricht der – leider falschen – Intuition der meisten
Fundraiser, möglichst viel Gutes über die Organisation und das Fundraising-Vorhaben kommunizieren zu
wollen! Die deutlich erfolgreichere Strategie besteht
darin, zunächst die Anliegen und Motive des potentiellen Großspenders kennen zu lernen und anschließend
zielgenau zu zeigen, wie diese zum Fundraising-Vorhaben passen.
Exemplarischer Gesprächsverlauf:
Fundraiser:
Vielen Dank, Frau Müller, dass Sie sich die Zeit für ein
persönliches Gespräch nehmen. Wie Sie vielleicht wissen,
fördert unsere Organisation die Integration von Migranten.
Mit unserem neuen Projekt möchten wir durch erfolgreiche
Integration eine Antwort auf den zunehmenden Fachkräftemangel in Deutschland bieten. Ihre Meinung zu unserem Vorhaben interessiert mich sehr, da Ihr Verband ja
klar sagt, dass die deutsche Wirtschaft dringend auf die
Arbeitskraft von Migranten angewiesen ist. Woran liegt
es, dass bisher so wenige Migranten den Weg in die
Mitgliedsunternehmen Ihres Verbands finden?
Müller:
Migranten sind manchmal nicht auseichend über das
breite Spektrum an Berufen informiert, treffen ihre Berufsentscheidung unüberlegt, machen Fehler im Bewerbungs-
prozess oder verfügen nicht über ausreichende Deutschund Mathematikkenntnisse.
Fundraiser: Woran liegt es aus Ihrer Sicht, dass bestehende Hilfsangebote nicht besser greifen?
Müller:
Vielen Hilfsangeboten fehlt es an Qualität und Kontinuität.
Bestehende Angebote sind unübersichtlich und zerstreut.
Eine koordinierte Zusammenarbeit zwischen den Trägern
der Hilfsangebote, den Schulen, den Berufsschulen und
den Unternehmen ist nie richtig zustande gekommen.
Ziel jedes Gesprächs ist zudem, die Kontrolle
über den weiteren Verlauf im Beziehungsauf bau
zu behalten.
Gelegentlich lässt der Gesprächspartner dem Fundraiser keine Zeit zum Sondieren, sondern kommt von
sich aus auf eine Spende für das Vorhaben zu sprechen. Die Gefahr besteht darin, dass der potentielle
Großspender die Angelegenheit mit einer schnellen,
aber kleinen Spende hinter sich bringt. Der Fundraiser
sollte versuchen, das Gespräch nochmals auf die Herzensangelegenheiten seines Gegenübers zu lenken
und ihn auf dieser Basis zu einer großzügigen Spende
zu motivieren.
Phase 2: Zuordnen
Der Zweck des Zuordnens besteht darin, dem potentiellen Großspender zu zeigen, dass das FundraisingVorhaben gut zu seinen Anliegen und Motiven passt.
Es ist nicht notwendig, auf alle Themen der Sondierungsphase einzugehen; vielmehr sollte der Fundraiser
einige wichtige Themen herausgreifen, auf die er eine
überzeugende Antwort liefern kann. Um treffsicher
argumentieren zu können, sollte der Fundraiser bereits
während des Sondierens wichtige Stichpunkte notieren. Mit erfolgreichem Zuordnen kann dann gerechnet
werden, wenn die Auswahl des Gesprächspartners auf
Basis einer fundierten Spenderrecherche erfolgt ist.
39
Phase 4: Fragen
Eingangsbereich der
Jewish Public Library.
Fundraiser:
Frau Müller, was Sie über die Anliegen Ihres Verbands
erzählt haben, ist für unsere Arbeit sehr hilfreich. In unserem Gespräch sind mir bereits einige Ideen gekommen,
wie wir unser Projekt weiter verbessern können. Vielen
Dank für Ihre Unterstützung! Darf ich später nochmals auf
Sie zukommen, um Ihnen zu zeigen, wie wir unser Vorhaben auf Basis unseres heutigen Gesprächs weiterentwickelt haben?
Phase 3: Bestätigen
Der Zweck des Bestätigens besteht darin, zu überprüfen, ob der potentielle Großspender der Zuordnung
seiner Anliegen zu den Aspekten des Fundraising-Vorhabens zustimmt. Für das Bestätigen sollten geschlossene Fragen verwendet werden. Das Bestätigen ist ein
entscheidender Schritt im Spendergespräch – es sollte
auf keinen Fall ausgelassen werden.
Fundraiser:
Der Mangel an Abstimmung zwischen den involvierten
Parteien und die Kleinteiligkeit bestehender Hilfsangebote ist tatsächlich ein zentraler Ansatzpunkt unseres Vorhabens. Wir sind der Ansicht, dass wir als bundesweit
vertretene Organisation eine wirksame Abstimmung zwischen den Bedürfnissen der Migranten und Unternehmen
erreichen können. Interessant finde ich auch Ihre Anmerkung zur oft unüberlegten Berufsentscheidung von Migranten – wir haben festgestellt, dass die Einbindung der
Familie in Entscheidungen der Jugendlichen sehr wichtig
ist. Beim Thema Berufswahl stellt dies für die Familienmitglieder aber oft eine fachliche Überforderung dar. Deshalb haben wir eine Methode entwickelt…
Fundraiser:
Ich habe den Eindruck gewonnen, dass unser Projekt
Ihren Vorstellungen von wirksamer Hilfe entspricht. Würden Sie sagen, dass wir mit unserem Vorhaben auf dem
richtigen Weg sind?
Es ist nicht ungewöhnlich, dass der Gesprächspartner
an diesem Punkt widerspricht oder eine Diskussion
beginnt. Das ist kein schlechtes Zeichen! Ein potentieller Großspender, der sich auf eine Diskussion einlässt,
ist involviert. Die Diskussion ist ein Prozess, der oft mit
einer Spende endet.
Der Zweck des Fragens liegt nahe: Wer nicht fragt,
bekommt keine Spende! Trotzdem vertagen viele
Fundraiser das Fragen immer wieder. Sofern die Phase
des Bestätigens erfolgreich war, gibt es jedoch keinen
Grund, sich vor dem Fragen zu fürchten! Erfolgreiches
Bestätigen gewährleistet nicht, dass der Gesprächspartner der Spendenanfrage zustimmen wird, doch es
rechtfertigt die Frage nach einer Spende.
Falls der Spender mit „Nein“ antwortet, sollte dies
nicht als endgültige Entscheidung verstanden werden.
Der Fundraiser sollte sich höflich nach den Gründen
für die Absage erkundigen, ohne dabei zu diskutieren.
Es gilt herauszufinden, welche Anliegen des potentiellen Großspenders während des Sondierens übersehen oder missverstanden wurden. Anschließend
sollte der Fundraiser die Zustimmung dazu einholen,
die Beziehung aufrechtzuerhalten. Im exemplarischen
Fundraiser:
Frau Müller, zur Finanzierung unseres Projekts benötigen wir
neben dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge einen +++ 10 % RABATT +++ FUNDRAISING VERBAND +++ 10 % RABATT +++ FUNDRAIFörderer, der die verbleibenden 50% des Projekts finanziert.
Könnten Sie sich Ihren Verband in dieser Rolle vorstellen?
Das Fachmagazin
Nachdem die geschlossen und prägnant formulierte
Frage gestellt wurde, muss der Fundraiser unter allen
Umständen schweigen! Wer als erster spricht, „hat
verloren“! Selbst wenn der potentielle Großspender
lange Zeit nichts sagt, darf der Fundraiser dessen
Überlegungen nicht durch seine Nervosität stören
oder die Ernsthaftigkeit der Spendenanfrage durch
voreilige Kompromissangebote in Frage stellen.
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Gelegentlich ist der Fundraiser damit überfordert, aus
dem Stehgreif eine überzeugende Zuordnung der
Anliegen des potentiellen Großspenders zum Fundraising-Vorhaben aufzuzeigen. In diesem Fall ist es
ratsam, das Gespräch zum Ende zu bringen und das
Zuordnen auf ein späteres Gespräch zu vertagen. Ein
möglicher Gesprächsabschluss könnte so aussehen:
Ausschnitt der
Großspendertafel im
+++ 10 % RABATT +++ FUNDRAISING VERBAND +++ 10 % RABATT +++ FUNDRAI41
Gesprächsverlauf könnte dies ähnlich aussehen wie
die zweite Gesprächsvariante am Ende der Phase 2
(siehe oben: Fundraiser: Frau Müller, was Sie über die
Anliegen Ihres Verbands erzählt haben…).
Falls der Spender mit » Nein « antwortet, sollte
dies nicht als endgültige Entscheidung verstanden werden. Der Fundraiser sollte sich höf lich
nach den Gründen für die Absage erkundigen, ...
Wenn der Spender mit „Vielleicht“ antwortet, sollte
der Fundraiser das Gespräch zunächst zum Ende bringen, dabei jedoch die Zustimmung des potentiellen
Großspenders zum nächsten Schritt des Beziehungsaufbaus einholen:
Fundraiser:
Frau Müller, ich würde Sie sehr gerne von der Bedeutung
unseres Vorhabens überzeugen. Wären Sie bereit, Anfang
nächsten Monats zur Eröffnung unserer neuen Ausstellung
zu kommen und anschließend mit unserem Präsidenten über
das geplante Förderprojekt zu sprechen?
in der Regel vom Leiter der gemeinnützigen Organisation kommen. Ein abschließender Rat: Um die
Anwendung der SonZuBeFra-Methode zu proben,
haben sich Rollenspiele bewährt. Fundraisern und
insbesondere Organisationsleitern ist das meist unangenehm. Wer über seinen eigenen Schatten springt,
wird jedoch feststellen, dass sich die Übung im praktischen Umgang mit der Methode im nächsten realen
Spendergespräch als durchaus hilfreich erweist.
Möglicherweise steht der Fundraiser vor dem Problem,
dass die Phase des Bestätigens erfolglos blieb. Dann
wäre es auch falsch, zu diesem Zeitpunkt nach einer
Spende zu fragen. Vielmehr bezieht sich die Frage
in dieser Situation ebenfalls auf die Zustimmung des
potentiellen Großspenders, den nächsten Schritt des
Beziehungsaufbaus zu gehen. Im exemplarischen
Gesprächsverlauf könnte dies ähnlich wie im Szenario des „Vielleicht“ aussehen (siehe oben: Fundraiser: Frau Müller, ich würde Sie sehr gerne von der
Bedeutung unserer Arbeit überzeugen...). Unabhängig vom Verlauf des Gesprächs sollte der Fundraiser
zum Gesprächsabschluss explizit festhalten, wozu der
potentielle Großspender zugestimmt hat und nächste
Schritte vorschlagen:
Fundraiser:
Frau Müller, ich freue mich, dass Sie sich eine Beteiligung
an unserem Projekt vorstellen können. Ich werde mit Ihrem
Referenten Kontakt aufnehmen und mit ihm besprechen,
wie wir die Mitglieder Ihres Verbands wirksam in das Projekt einbinden könnten. Auf Wiedersehen und vielen Dank
für das Gespräch und Ihre Unterstützung.
Das Massachusetts
State House
in Boston.
Unmittelbar nach dem Gespräch sollten in einem
Brief oder einer E-Mail nochmals für das Gespräch
gedankt, das Vereinbarte festgehalten und nächste
Schritte zusammenfasst werden. Das Schreiben sollte
43
Erfolgsfaktoren des Fundraisings –
ein Blick in die USA
Gastbeitrag von Kerstin Plehwe
Das mobile Zeitalter ist da
Für NPOs gilt es, etliche (neue) Anforderungen im
gemeinnützigen Markt zu meistern. Die Anzahl der
um Spenden werbenden Organisationen ist groß, der
Wettbewerb steigt kontinuierlich, die generelle Spendenbereitschaft lässt − im Zuge der Wirtschafts- bzw.
Eurokrise − nach. Laut Angaben des DZI sind die Spendeneinnahmen der im DZI Spenden-Index aufgeführten Organisationen im ersten Halbjahr 2011 um 1,3%
gesunken. Doch nicht nur die zunehmende Konkurrenz prägt den Arbeitsalltag von NPOs. Darüber hinaus müssen sie sich mit sinkendenden Responsequoten
und steigenden Transparenzanforderungen von Seiten der Öffentlichkeit und ihrer Unterstützer auseinandersetzen. So wird der Ruf nach neuen Patent- und
Erfolgsrezepten laut. Aber der Blick auf die derzeitige
Fundraising-Praxis in Deutschland zeigt: Es sind keine
bahnbrechenden Innovationen in Sicht. Im Gegenteil.
Dennoch müssen neue Möglichkeiten der Spenderansprache gefunden, Organisationsstrukturen verändert,
Denkweisen und Handlungsstrukturen revidiert werden, um auch zukünftig den Erfolg gemeinnütziger
Organisation sicherzustellen. Insbesondere letzterer
Punkt, die Initialisierung organisationsinterner Veränderungen, mag einigen Verantwortlichen schwer
umsetzbar erscheinen, trotzdem gilt es genau diesen
Weg zu beschreiten. Denn er beinhaltet das Potential
für die notwendigen Veränderungen.
Zögere nicht, nach Geld zu fragen und zwar so
oft wie möglich. Für den deutschen Kontext lässt
sich von dieser Herangehensweise viel lernen.
Hier lohnt ein Blick über den eigenen Tellerrand; und
in diesem Fall auf die Strategien US-amerikanischer
NPOs. Auch wenn man diese, aufgrund soziokultureller Faktoren, nicht alle unreflektiert auf Deutschland
übertragen kann, so eignet sich der US-amerikanische
NPO-Sektor doch als Quelle der Inspiration und als
Wegweiser professionellen Fundraisings, den deutsche NPOs für ihre tägliche Arbeit nutzen können.
Darüber hinaus nutzen US-amerikanische NPOs die
mobile Welt in vielfältigen Apps und auf höchst kreativen Wegen. Auch bei uns gilt es in diesem Bereich,
medial neue Ufer zu beschreiten. Die Zahl der Smartphone-Nutzer wächst kontinuierlich. Zurzeit gibt
es weltweit bereits 700 Mio. Smartphones und laut
der Prognose von Accel Partners steigt diese Zahl im
Jahr 2014 auf 2,1 Mrd. an. Das vergangene Weihnachtsgeschäft bestätigt diese Tendenz. So gibt das
Marktforschungsunternehmen Flurry an, dass allein in
Deutschland 40 Mio. Apps nach den Festtagen heruntergeladen wurden. Das Potential von Apps ist damit
mehr als eindeutig: Potentielle Unterstützer können
unmittelbar erreicht, der Interessentenkreis mittels Kreativität und zielgruppenorientiertem Design erweitert
und damit die Verbreitung der eigenen Botschaft optimiert werden.
Selbstbewusstsein beim Thema Geld
Erfolgreiche Kommunikation ist
crossmediale Kommunikation
In den aktuellen Fundraising-Kampagnen der großen amerikanischen NPOs konnte man es wiederholt
beobachten: Multisensorische und interaktive Ansprache wirkt! Sie gestalten ihre Botschaft nicht nur so,
dass sie ihren Unterstützern mehrere Medienkanäle
anbieten können, um diese zu empfangen oder sich
interaktiv damit zu beschäftigen, sondern verwenden
auch die von ihren Zielgruppen bevorzugten Kanäle.
„Creating Multiple Touchpoints“ lautet die Strategie USamerikanischer Kommunikationsexperten. Dabei ist zu
beachten, dass die gewählten Kommunikationskanäle
inhaltlich, formal und zeitlich integriert sein müssen,
um die gewünschten Synergieeffekte hervorzurufen.
Denn um einen Wiedererkennungswert zu schaffen
und das Interesse potentieller Unterstützer zu wecken,
muss die eigene Botschaft über alle Kanäle hinweg so
konsistent wie möglich vermittelt werden.
Spätestens Obamas äußerst erfolgreiche FundraisingStrategie hat verdeutlicht: Die Amerikaner tun sich
gesellschaftspolitisch deutlich leichter bei der Ansprache des Themas Geld. US-amerikanische Fundraiser
bitten selbstbewusst und stolz um finanzielle Unterstützung für ihre gute Sache. Ihre oberste Maxime ist:
Zögere nicht, nach Geld zu fragen und zwar so oft
wie möglich. Für den deutschen Kontext lässt sich von
dieser Herangehensweise viel lernen. Vor allem im
Hinblick auf die internen Einstellungen der Mitarbeiter,
die neue Zugänge zum Thema Geld finden müssen.
Fundraising als konstitutives und selbstverständliches
Element der Organisationsstrategie, das ist das Ziel.
Darüber hinaus gilt es, das eigene Anliegen so konkret
wie möglich zu machen. Auch wenn es Mut erfordert,
dieses Vorgehen wird sich auszahlen. Denn, wie von
zahlreichen US-amerikanischen NPOs gelernt werden
kann, erhöht sich der Erfolg beträchtlich, wenn man
ein klares, anschauliches Ziel vorgibt, das es mit Hilfe
der Spender zu erreichen gilt. Zudem zeitigt dieses
Vorgehen weitere positive Nebeneffekte in Gestalt
erhöhter Transparenz im Umgang mit finanziellen Mitteln und folglich hinsichtlich der Glaubwürdigkeit der
eigenen NPO.
Mehr als nur ein Dank
Die erfolgreichsten US-amerikanischen NPOs haben
die Potentiale des Beziehungs-Marketings erkannt und
zielen darauf ab, langfristige und emotionale Beziehungen zum Spender aufzubauen. Dabei gehört ein
Ausdruck des Dankes für jede NPO zum Standardprozedere. Doch Geldgeber erwarten heute mehr als ein
standardisiertes Dankesschreiben. Die Fundraiser in
den USA machen es vor: Spendern wird individuell
und bestenfalls auch mehrfach für ihre Zuwendung
gedankt, sie werden auf dem Laufenden gehalten und
darüber informiert, was mit ihrem Geld passiert. So
fühlen sich Spender als wirkliche Unterstützer und Teil
des Ganzen, was wiederum die Wahrscheinlichkeit
einer Folgespende erhöht.
Die Fundraiser in den USA machen es vor: Spendern wird individuell und bestenfalls auch mehrfach für ihre Zuwendung gedankt, sie werden auf
dem Laufenden gehalten und darüber informiert,
was mit ihrem Geld passiert.
Zusammenfassend ist es beim Thema Trends im USamerikanischen Fundraising ähnlich wie bei Barack
Obamas Wahlkampf um das höchste Amt im Staat:
Nicht bahnbrechende mediale Neuheiten werden ihn
wieder ins Weiße Haus bringen, sondern einzig und
allein eine perfekte Mischung aus höchst professionaler Medialität und innovativer, aber konsequenter Strategie im Umgang mit Wettbewerbern und der Mobilisierung der eigenen Unterstützer.
Der Artikel basiert unter anderem auf den Erkenntnissen der Studie „Blick in die USA: Erfolgreiche NonProfit-Kommunikation“, die kostenlos unter http://prodialog.org/content/dialogwissen erhältlich ist.
45
AUTORENINFORMATION
Claudia Bierhoff,
Diplom-Soziologin, arbeitet seit 2009 für den Deutschen Fundraising Verband (DFRV) im
Bereich Mitgliedschaft und Service. Vor dieser Tätigkeit sammelte sie Berufserfahrungen bei
verschiedenen Printmedien und Nonprofit-Organisationen. Im Jahr 2011 organisierte sie im
Auftrag des Verbandes die Fundraising-Exkursion nach Kanada und Neu-England (USA) und
betreute die Reisegruppe vor Ort.
Dr. Marita Haibach,
seit gut 20 Jahren im Fundraising aktiv, gilt als eine der führenden Experten für Fundraising und
Philanthropie im deutschsprachigen Raum. Sie unterstützt als Consultant, Coach und Trainerin
Nonprofit-Organisationen und Wissenschaftseinrichtungen bei der Entwicklung und erfolgreichen Umsetzung praxistauglicher Fundraising-Konzepte. Mit ihren Büchern und Studien hat
sie die Entwicklung des Berufsfelds Fundraising im deutschsprachigen Raum entscheidend
geprägt. Sie war maßgeblich am Aufbau des Deutschen Fundraising Verbands und der
European Fundraising Association beteiligt. Sie ist stellvertretende Vorsitzende der Stiftung
Citoyen und Mitinitiatorin der Fundraising Akademie, der Stiftung Filia und des PECUNIA
Erbinnen-Netzwerkes. Für ihren ehrenamtlichen Einsatz bei der Entwicklung des bürgerschaftlichen Engagements, der Philanthropie und des Fundraisings in Deutschland wurde sie 2009
mit dem Bundesverdienstkreuz 1. Klasse und 2010 mit dem Deutschen Fundraising Preis
ausgezeichnet.
Tom Neukirchen
hat Politische Wissenschaft und Journalistik in Hamburg und Lissabon studiert und zusätzlich das
Grundstudium Rechtswissenschaften absolviert. Er war in der Werbung und als Journalist tätig,
bevor er 1997 als Pionier im Hochschul-Fundraising tätig wurde. Seit 2004 ist er geschäftsführender Gesellschafter der Fundgiver Social Marketing GmbH in Hamburg. Die Agentur
betreut große NPOs in ganz Deutschland und ist spezialisiert auf Spenderbefragungen.
Johannes Ruzicka
gründete 2005 zusammen mit Dr. Konstantin Reetz die Gesellschaft für Strategisches Fundraising und ist seit 2009 Geschäftsführender Gesellschafter der daraus hervorgegangenen
Brakeley GmbH. Von 2002 bis 2005 war er im Geschäftsbereich Fundraising der TUMTech GmbH tätig und in den ersten zwei Jahren für den Aufbau und die kommissarische Leitung des Hochschulreferats Fundraising der Technischen Universität München verantwortlich.
Brakeley wurde 1919 in den USA gegründet, eröffnete 1987 eine erste Niederlassung in
Europa und ist seit 1991 in Deutschland tätig. Die Übertragung amerikanischer FundraisingErfahrung gehört also zum Tagesgeschäft. Die Brakeley GmbH ist Gründungsmitglied der
MIRA Alliance – einem internationalen Zusammenschluss von Beratungsunternehmen für den
gemeinnützigen Sektor.
Kerstin Plehwe
arbeitet als Publizistin und Beraterin für Politik, Wirtschaft und NGOs. Von der Welt am
Sonntag als Deutschlands führende Dialogexpertin benannt, gilt die Vorsitzende der Initiative
ProDialog und Gründerin des Internationalen Instituts für Politik & Gesellschaft als engagierte
Protagonistin moderner Kommunikationswege und eines neuen Leadership-Verständnisses.
Deutscher Fundraising Verband e.V.
Chausseestr. 5 / 10115 Berlin
Telefon +49 (0) 30 308831800
[email protected]
www.fundraisingverband.de
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