EZB öffnet Schleusen noch weiter

Transcrição

EZB öffnet Schleusen noch weiter
Helaba Volkswirtschaft/Research
WOCHENAUSBLICK
23. Oktober 2015
EZB öffnet Schleusen noch weiter
REDAKTION
Dr. Stefan Mütze
Tel.: 0 69/91 32-38 50
[email protected]
HERAUSGEBER
Dr. Gertrud R. Traud
Chefvolkswirt/
Leitung Research
Helaba
Landesbank
Hessen-Thüringen
MAIN TOWER
Neue Mainzer Str. 52-58
60311 Frankfurt am Main
Telefon: 0 69/91 32-20 24
Telefax: 0 69/91 32-22 44
1 Die Woche im Überblick............................................................................................................. 1
1.1 Chart der Woche .................................................................................................................... 1
1.2 Wochen-Quartals-Tangente ................................................................................................... 2
1.3 Finanzmarktkalender KW 44 mit Prognosen .......................................................................... 3
2 Im Fokus...................................................................................................................................... 5
2.1 EZB: Bereit zum Handeln ....................................................................................................... 5
2.2 Deutschland: Gespaltene Konjunktur ..................................................................................... 6
3 Charttechnik ............................................................................................................................... 7
4 Prognosetabelle ......................................................................................................................... 8
1
Die Woche im Überblick
1.1 Chart der Woche
Christian Apelt, CFA
Tel.: 0 69/91 32-47 26
Die Publikation ist mit größter
Sorgfalt bearbeitet worden.
Sie enthält jedoch lediglich
unverbindliche Analysen und
Prognosen zu den gegenwärtigen und zukünftigen
Marktverhältnissen. Die Angaben beruhen auf Quellen,
die wir für zuverlässig halten,
für deren Richtigkeit, Vollständigkeit oder Aktualität wir
aber keine Gewähr übernehmen können. Sämtliche in
dieser Publikation getroffenen Angaben dienen der Information. Sie dürfen nicht
als Angebot oder Empfehlung für Anlageentscheidungen verstanden werden.
US-Wachstum im Wellblech
Wachstumsbeitrag (SAAR) in %-Punkten
Quellen: Macrobond, Helaba Volkswirtschaft/Research
Die US-Wirtschaft zeigt einmal mehr keinen klaren Wachstumstrend. Nach einem schwachen
Jahresauftakt und einem kräftigen zweiten Quartal wuchs das Bruttoinlandsprodukt zuletzt vermutlich wieder merklich langsamer. Die in der Berichtswoche veröffentlichte, auf das Jahr hochgerechnete Wachstumsrate dürfte im dritten Quartal bei nur rund 1,5 % gelegen haben. Dabei stieg
der private Konsum robust – auch dank der hohen Zahl an Autokäufen. Ebenso kletterten die Unternehmensinvestitionen wohl deutlich. Einen negativen Wachstumsbeitrag lieferte voraussichtlich
der Außenhandel – wegen des starken US-Dollar sowie der schwächeren Binnennachfrage im
Ausland. Die erneute Wachstumsdelle erklärt sich in erster Linie mit einem mutmaßlich erheblich
negativen Beitrag der Lagerhaltung. Auf stark negative Lagerdaten können jedoch deutlich positive
Zahlen folgen wie z.B. im Jahr 2011. Eine auf den ersten Blick enttäuschende BIP-Rate würde sich
dadurch relativieren.
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1
W OCHENAUSBLICK
Christian Apelt, CFA
Tel.: 0 69/91 32-47 26
1.2 Wochen-Quartals-Tangente
Mario Draghi übertrumpfte sich wieder einmal selbst. So gab es vor dem EZB-Entscheid Befürchtungen, die Notenbank könnte die von ihr im Vorfeld geschürten Erwartungen nicht erfüllen. Tatsächlich fällte die EZB keinen neuen Beschluss. Dennoch beglückte Draghi auf der Pressekonferenz die Finanzmärkte, indem er neue expansive Maßnahmen für die Dezember-Sitzung in Aussicht stellte. Von einer Verlängerung oder Anhebung des Anleihekaufprogramms, einer Senkung
des Einlagezinses bis hin zu neuen Instrumenten legte der EZB-Chef alles auf den Tisch. Die
Aktienindizes schossen nach einer bis dahin eher trägen Woche nach oben. Die Bund-Renditen
wie auch die Geldmarktzinsen purzelten. Der Euro geriet deutlich unter Druck. Die Erwartungshaltung an die EZB ist damit hoch, in der jüngeren Vergangenheit hat die Notenbank in solchen Fällen
auch geliefert. Daher dürfte die EZB neben einer Ausweitung des Kaufprogramms den Einlagezins
senken (S. 5). Diese Veränderung berührt unsere Finanzmarktprognosen: Wir reduzieren neben
dem Geldmarktzins die Renditen für zehnjährige Bundesanleihen sowie die Euro-Wechselkurse.
Die Aktienkurse haben dadurch etwas mehr Luft nach oben.
In der Berichtswoche verschiebt sich der Fokus über den Atlantik. In den USA wird u.a. die erste
Schätzung zum Bruttoinlandsprodukt für das dritte Quartal veröffentlicht. Das Wachstum dürfte
sehr mäßig ausfallen, auch wenn die Binnennachfrage vergleichsweise robust war. Abgesehen
von dem fast alljährlichen Streit um die US-Schuldenobergrenze, für die bis zum 3. November eine
Lösung gefunden werden muss, trifft sich turnusmäßig die Federal Reserve. Sie wird zunächst
weiter Vorsicht walten lassen und den Leitzins nicht anheben. Schließlich enttäuschten jüngst auch
der Beschäftigungszuwachs sowie die Einkaufsmanagerindizes. Erst die Fed-Sitzung im Dezember wird um einiges spannender. Sollten sich bis dahin die Wachstumsindikatoren wieder spürbar
nach oben bewegen, wird die Zinswende ein heißes Thema. In der Eurozone stehen u.a. das ifoGeschäftsklima, Arbeitsmarktdaten sowie die Inflationszahlen auf der Agenda (S. 6). Die dann
wohl wieder positive Teuerung wird die EZB aber kaum beeindrucken. Die Perspektiven einer
global weiter sehr expansiven Geldpolitik stützen die Aktienmärkte. Die Frage, warum die Notenbanken so reagieren, scheint derzeit kein Thema zu sein. Bei Renten sind die kurzfristigen Kursrisiken begrenzt. Der Euro-Dollar-Kurs benötigt nach dem EZB-Störfeuer einmal mehr Unterstützung von einer abwartenden Fed.
Finanzmarktrückblick und -prognosen
Veränderung seit...
aktueller
31.12.2014 15.10.2015 Stand* Q4/2015
(in %)
Q2/2016
11.200
11.200
Index
DAX
7,0
4,2
10.492
10.900
(10.700)
(11.000)
(11.000)
(in %)
(in Bp)
3M Euribor
Q1/2016
-13
0
-0,05
-0,10
3M USD Libor
6
0
0,32
0,60
10 jähr. Bundesanleihen
-5
-5
0,50
0,60
(0,80)
0,80
(1,00)
0,80
(1,25)
10 jähr. Swapsatz
8
-6
0,89
0,90
(1,10)
1,10
(1,30)
1,05
(1,50)
-14
1
2,03
2,60
10 jähr. US-Treasuries
(jew eils gg. Euro, %)
(-0,05)
-0,15
(-0,05)
0,90
-0,15
(-0,05)
1,10
2,80
3,00
(jew eils gg. Euro)
US-Dollar
8,9
2,5
1,11
1,15
(1,20)
1,15
(1,20)
1,10
(1,15)
Japanischer Yen
8,0
1,0
134
135
(138)
135
(138)
133
(136)
Britisches Pfund
7,6
2,0
0,72
0,72
(0,74)
0,71
(0,72)
0,70
11,3
0,1
1,08
1,10
1,10
1,10
-16,1
-1,3
48
48
50
52
-1,6
-1,4
1.166
1.200
1.200
1.280
Schweizer Franken
(in %)
Brentöl $/B
Gold $/U
*Schlusskurse vom 22.10.2015
Bei Prognoseänderungen sind die vorherigen Werte in Klammern gesetzt
Quellen: Bloomberg, Helaba Volkswirtschaft/Research
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2
W OCHENAUSBLICK
1.3 Finanzmarktkalender KW 44 mit Prognosen
Zeit
Land
Periode
Indikator
HelabaBloom berg
Vorperiode
Prognose Consensus
Montag, 26.10.2015
10:00
DE
Okt
ifo-Geschäftsklima
108,0
107,8
108,5
15:00
US
Sep
Neubauverkäufe, Tsd. (JR)
550
545
552
Dienstag, 27.10.2015
10:00
EZ
Sep
Geldmenge M3
% 3 mma
% y/y
5,0
4,9
k.A.
5,0
5,0
4,8
10:30
UK
3Q
BIP 1. Schätzung, % q/q
0,5
0,6
0,7
-1,5
-1,2
-2,3
103,0
102,0
103,0
13:30
US
Sep
Auftragseingang langlebige Güter,
% m/m
15:00
US
Okt
Verbrauchervertrauen (CB); Index
Mittw och, 28.10.2015
08:00
DE
Sep
Importpreise
% m/m
% y/y
-0,1
-3,5
-0,3
-3,6
-1,5
-3,1
08:00
DE
Nov
GfK-Konsumklima, Index
9,3
9,4
9,6
19:00
US
0,25
0,25
0,25
FOMC-Zinsentscheidung; %
Donnerstag, 29.10.2015
09:55
DE
Okt
Arbeitslose s.b.; gg. Vm. in Tsd.
5,0
-4,0
2,0
09:55
DE
Okt
Arbeitslosenquote; n.s.a./s.a., %
6,1 / 6,4
k.A. / 6,4
6,2 / 6,4
-2,5
-7,7
-3,0
k.A.
-2,2
-7,1
11:00
EZ
Okt
EU-Kommission; Saldo:
Industrievertrauen
Konsumentenvertrauen
13:30
US
Q3
BIP (1. Schätzung), % q/q (JR)
1,5
1,7
3,9
Q3
Arbeitskostenindex
% q/q
0,6
0,6
0,2
13:30
US
13:30
US
Sep
Persönliche Einkommen, % m/m
0,2
0,2
0,3
13:30
US
Sep
Persönliche Ausgaben, % m/m
0,2
0,2
0,4
13:30
US
Sep
Deflator privater Konsum
% m/m
% y/y
-0,1
0,2
-0,1
0,2
0,0
0,3
13:30
US
Sep
Kerndeflator privater Konsum
% m/m
% y/y
0,2
1,4
0,2
1,4
0,1
1,3
13:30
US
24. Okt
265
k.A.
259
14:00
DE
Okt
-0,1
0,2
0,1
-0,1
-0,2
0,0
14:10
US
14:45
US
50,5
49,5
48,7
Erstanträge auf
Arbeitslosenunterstützung, Tsd
Verbraucherpreise
% m/m
% y/y
Atlanta Fed Präsident Lockhart
Okt
Einkaufsmanagerindex Chicago
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3
W OCHENAUSBLICK
Freitag, 30.10.2015
JP
Bank of Japan Zinsentscheid; %
0,1
0,1
0,1
08:00
DE
Sep
Einzelhandelsumsatz
% m/m, real s.a.
% y/y, real s.a.
0,5
4,6
0,5
k.A.
-0,6
2,1
11:00
EZ
Sep
Arbeitslosenquote; %
11,0
11,0
11,0
Okt
Konsumentenpreise
Frühschätzung
% m/m
% y/y
0,1
0,1
k.A.
0,0
0,2
-0,1
Okt
Konsumentenpreise Kernrate
Frühschätzung
% m/m
% y/y
0,1
1,0
k.A.
0,9
0,5
0,9
11:00
EZ
11:00
EZ
15:00
US
16:45
US
San Francisco Fed Präsident
Williams
Kansas City Fed Präsidentin
George
Quellen: B lo o mberg, Helaba Vo lkswirtschaft/Research
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W OCHENAUSBLICK
Dr. Johannes Jander
Tel.: 0 69/91 32-36 32
2
Im Fokus
2.1 EZB: Bereit zum Handeln
Die EZB hält vorerst still. Gleichwohl betonte EZB-Präsident Mario Draghi die Bereitschaft der
Notenbank zu handeln und falls nötig, alle verfügbaren Instrumente zu nutzen, um die Inflation
mittelfristig auf den Zielpfad zurückzuführen. Mit Verweis auf eine Neubewertung der laufenden
Programme im Dezember wurden die Erwartungen weitergehender Maßnahmen wie eine Reduzierung des Einlagenzinses geschürt.
Anpassung des Kaufprogramms und Zinssenkung
wahrscheinlich
Mit der Ankündigung, der EZB-Rat werde im Dezember auf Basis der neuen Projektionen für
Wachstum und Inflation die Ausrichtung der Geldpolitik überprüfen und gegebenenfalls handeln,
sollte der anvisierte Anstieg der Teuerung ausbleiben, hat EZB-Präsident Mario Draghi die Erwartungen bezüglich einer Erhöhung des Expansionsgrades der Geldpolitik zusätzlich befeuert. Die
Wahrscheinlichkeit für zusätzliche Maßnahmen im Dezember ist deutlich gestiegen, zumal einige
Ratsmitglieder bereits auf der gestrigen Sitzung für eine weitere Lockerung der Geldpolitik plädiert
haben. Vor diesem Hintergrund dürften die kommenden Wochen von der Diskussion um die Frage
nach geeigneten geldpolitischen Maßnahmen geprägt sein. Bezüglich der zahlreichen QEStellschrauben lässt sich nur spekulieren. Zum einen kommt eine Verlängerung des Anleihekaufprogramms über das Jahr 2016 hinaus in Betracht. Der bisherige Plan sieht lediglich eine automatische Verlängerung ab kommenden September vor, wenn das Erreichen des EZB-Inflationsziels
von nahe aber unter zwei Prozent nicht absehbar ist. Die größere Wirkung und das stärkere Signal
für die Märkte hätte jedoch sicherlich die Erhöhung des monatlichen Ankaufvolumens über die
derzeitigen 60 Mrd. Euro hinaus. Darüber hinaus ist unseres Erachtens eine erneute Senkung des
aktuell bei -0,2 % liegenden Einlagensatzes wahrscheinlich. Dafür spricht nicht nur, dass Mario
Draghi diese Option ohne Not wieder auf die Agenda gehoben hat, sondern auch die Tatsache,
dass der EZB-Rat die außenwirtschaftlichen Risiken in den Vordergrund rückte. In unseren Augen
scheint eine den Euro schwächende Zinssenkung der effektivere Weg zu sein, diesen Risiken zu
begegnen. Wenngleich wir die Wirksamkeit einer solchen Maßnahme für begrenzt halten und die
möglichen Nebenwirkungen nicht unterschätzt werden sollten.
Geldmarkt-Futures spielen Zinssenkung
Renditeboden auf dem Weg nach unten?
%
%
0,1
0,1
%
%
1,6
1,6
3-Monats-Euribor
0,05
0,05
0
-0,05
0
-0,05
3-Monats-Euribor-Future
-0,1
02.01.2015
1,2
Aktuell
0,8
0,4
-0,1
17.04.2015
-0,15
Apr. Mai. Jun.
15
15
15
Jul.
15
Aug. Sep. Okt. Nov.
15
15
15
15
Quellen: Bloomberg, Helaba Volkswirtschaft/Research
EZB wandelt auf
schmalem Grad
0,8
0,4
0,0
-0,15
Jan. Feb. Mrz.
15
15 15
1,2
EZB-Renditeboden
-0,4
1J
2J
3J
4J
5J
6J
7J
8J
9J
0,0
-0,4
10J 15J 20J 30J
Quellen: Bloomberg, Helaba Volkswirtschaft/Research
Die EZB wandelt mit der in Aussicht gestellten Zinssenkung auf einem schmalen Grad. Die Erfahrungen in der Schweiz haben gezeigt, dass ein Absenken des Einlagenzinses tiefer in den negativen Bereich kontraproduktiv sein kann, wie der Anstieg bei den Hypothekenzinsen verdeutlicht.
Aber auch die Überwälzung der negativen Zinsen auf Kunden und Sparer birgt Risiken bis hin zu
einem Abzug der Ersparnisse. Ein willkommener Nebeneffekt einer Reduzierung des Einlagenzinses wäre hingegen die Verschiebung des impliziten Renditeboden nach unten. Damit würde die
EZB die Anzahl der ankaufbaren Titel erhöhen und damit das Knappheitsproblem mildern.
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W OCHENAUSBLICK
Dr. Stefan Mütze
Tel.: 0 69/91 32-38 50
2.2 Deutschland: Gespaltene Konjunktur
Der Aufschwung in Deutschland beruht wesentlich auf dem Konsum und dem Wohnungsbau.
Dies birgt auch Risiken.
Einzelhändler jubeln
Schrittmacher der deutschen Konjunktur ist normalerweise die Industrie. Diese ist allerdings zurzeit
wenig dynamisch. So weist die gesamte Eurozone mit Ausnahme Spaniens einen beharrlichen
Investitionsattentismus auf. Dies belastet die deutschen Investitionsgüterhersteller genauso wie
der Umbau der chinesischen Wirtschaft weg von der Industrie und hin zu Konsum orientierten
Dienstleistungen. Auch in anderen Schwellenländern ist die wirtschaftliche Situation momentan
schwierig. Damit bleiben die Perspektiven für das deutsche Verarbeitende Gewerbe vorerst verhalten. Insofern ist es nicht verwunderlich, dass das vom ifo-Institut erhobene Geschäftsklima für
diesen Sektor in den vergangenen Monaten tendenziell rückläufig war. Trotz allem ist die Lage für
die deutsche Wirtschaft weiterhin günstig. Sowohl die Lagebeurteilung als auch die Erwartungen
des Geschäftsklimas sind über dem langjährigen Durchschnitt. So stimulieren stark steigende
Tariflöhne bei gleichzeitig stabilen Preisen und eine zunehmende Beschäftigung den Konsum. Das
Geschäftsklima des Einzelhandels hat sich seit Anfang des Jahres sprunghaft erhöht. Bei einer
Umsatzsteigerung von für deutsche Verhältnisse hohen realen 2,7 % in den ersten acht Monaten
gegenüber dem Vorjahr ist die euphorische Stimmung unter den Einzelhändlern gut nachzuvollziehen. Der starke Flüchtlingszustrom wird diesen Konsumschub vorerst weiter beflügeln. Die Stimmung in der Bauwirtschaft hat sich in den letzten Monaten ebenfalls verbessert. Dies dürfte vor
allem der Tatsache geschuldet sein, dass ein großer Bedarf an neu gebauten Wohnungen vor
allem in Großstädten und deren Umland besteht. Für den Berichtsmonat Oktober dürfte das ifoGeschäftsklima leicht gefallen sein. Dies signalisieren zumindest der ZEW-Indikator und der Einkaufsmanagerindex für die Industrie.
Konsum getriebenes neues Wachstumsmodell
Kaum Produktivitätssteigerungen
ifo-Geschäftsklimaindex nach Sparten, Saldo in %
Index: Q1 2000 = 100
Quellen: Macrobond, Helaba Volkswirtschaft/Research
Quellen: Macrobond, Helaba Volkswirtschaft/Research
Gefahren nicht
übersehen
Obwohl die deutsche Wirtschaftsentwicklung auf den ersten Blick erfreulich ist, birgt doch das
aktuelle konsumorientierte Wachstumsmodell Risiken. So basiert es auf zu hohen Tarifabschlüssen, die seit längerem nicht mehr durch entsprechende Produktivitätssteigerungen „verdient“ werden. Die Folge sind Steigerungen der Lohnstückkosten. Da die anderen europäischen Konkurrenten hier zurückhaltender sind, verschlechtert sich die Wettbewerbsfähigkeit. Die momentan sehr
starke Zuwanderung nach Deutschland stimuliert zwar den Konsum. Dieser wird allerdings im
Wesentlichen staatlich alimentiert. Die hohen Ausgaben vor allem der Kommunen dürften darüber
hinaus dringend erforderliche Investitionen in die Infrastruktur erschweren. Zwischen 2010 und
2014 sind die öffentlichen Bauinvestitionen um rund 3 % gesunken. 2015 wird es voraussichtlich
zu einem erneuten leichten Minus kommen. Die Integration einer so hohen Zahl an Zuwanderern
ist zudem alles andere als sicher. Große Anstrengungen zur Qualifizierung sind erforderlich. Zumindest im Verlauf 2016 dürften die Arbeitslosigkeit und die Kosten für deren Finanzierung wieder
steigen.
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6
W OCHENAUSBLICK
3
Charttechnik
Bund-Future: Aufwärtstrend hat gehalten
Widerstände:
157,67
157,72
158,00
MACD
Unterstützungen:
156,65
156,45
155,70
Bund-Future (daily)
Ein volatiler Wochenverlauf liegt hinter dem Bund-Future,
im Zuge dessen es zunächst zu einem Test der aufwärts
gerichteten Unterstützungslinie und der 200-Tagelinie im
Bereich 155,70/80 gekommen war. In der Folge konnte sich
der Kurs wieder erholen und ein neues Hoch bei 157,72
markieren. Technische Indikatoren auf Tagesbasis haben
sich somit gefestigt und damit einhergehend sollten die
Kursrisiken in der kommenden Woche begrenzt sein, auch
wenn sich zunächst eine Verschnaufpause einstellen sollte.
Quellen: Reuters, Helaba Volkswirtschaft/Research
Ralf Umlauf (Tel.: 069/9132-1891)
Euro: Droht ein Test der 1,08?
Widerstände:
Unterstützungen:
MACD
EUR-USD (weekly)
1,1495
1,1100
1,1532
1,1017
1,1561
1,0848
Während die Wochentechnik noch konstruktiv erscheint, ist
der Euro Mitte des Monats erneut daran gescheitert, die
Hürde bei 1,15 zu überwinden. Darüber hinaus haben sich
kurzfristige Indikationen auf Tagesbasis massiv eingetrübt.
Der DMI steht auf Verkauf. Der MACD ist derweil unter
seine Signallinie gesunken. Eine Bestätigung des MACDSignals durch die gleitenden Durchschnitte (5/15) weist auf
weitere Risiken hin. Durchbricht der Euro die Marke von
1,11 dürften sich weitere Verluste bis 1,08 anschließen, mit
Haltemarken bei 1,1017 und 1,0848.
Quellen: Reuters, Helaba Volkswirtschaft/Research
Ralf Umlauf (Tel.: 069/9132-1891)
DAX: Widerstände im Test
Widerstände:
10.652
11.037
11.670
Unterstützungen:
10.057
9.890
9.745
DMI
DAX (weekly)
Der deutsche Leitindex hat sich deutlich erholt und konnte
von dem Tief Anfang Oktober bei 9.325 Zählern bereits
wieder rund 1.300 Punkte zulegen. Auf Tagesbasis überwiegen zwar die positiven Indikationen, der Blick auf den
Wochenchart mahnt aber vor zu viel Euphorie. Der DMI
steht auf Verkauf und auch der MACD hat noch kein
Kaufsignal geliefert. Aktuell im Test steht der Widerstand
bei 10.652 Punkten, hergeleitet vom Tief Mitte Juli und der
55-Periodenlinie. Ein Sprung darüber eröffnet Potenzial bis
an die 200-Tagelinie bei 11.037 Punkten.
Quellen: Reuters, Helaba Volkswirtschaft/Research
Ralf Umlauf (Tel.: 069/9132-1891)
Die Ausführungen auf dieser Seite basieren ausschließlich auf einer charttechnischen Analyse.
Unsere fundamentalen Analysen gehen in diese Betrachtung nicht ein.
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7
W OCHENAUSBLICK
4
Prognosetabelle
Euroland
Bruttoinlandsprodukt
Verbraucherpreise
reale Veränderung gg. Vorjahr, %
Veränderung gg. Vorjahr, %
2013
2014
2015p
2016p
2013
2014
2015p
2016p
-0,2
0,9
1,5
1,5
1,4
0,4
0,1
1,1
Deutschland*
0,4
1,6
1,6
1,6
1,5
0,9
0,3
1,4
Frankreich
0,7
0,2
1,0
1,2
1,0
0,6
0,2
1,2
Italien
-1,7
-0,4
0,6
1,0
1,3
0,2
0,2
1,0
Spanien
-1,2
1,4
3,1
2,5
1,5
-0,2
-0,7
0,8
Niederlande
-0,4
1,0
2,0
1,8
2,6
0,3
0,4
1,1
Österreich
0,3
0,4
0,6
1,4
2,0
1,7
0,9
1,5
Griechenland
-3,9
0,8
-1,5
0,5
-0,9
-1,4
-1,0
0,5
Portugal
-1,6
0,9
1,2
1,5
0,4
-0,1
0,6
1,0
Irland
1,4
5,2
5,0
3,8
0,5
0,3
0,1
1,3
Großbritannien
2,2
2,9
2,4
1,8
2,6
1,5
0,2
1,9
Schw eiz
1,8
1,9
0,8
1,2
-0,2
-0,1
-1,2
-0,1
Schw eden
1,2
2,3
2,7
2,6
0,0
-0,2
0,0
1,0
Norw egen
0,7
2,2
0,7
1,3
2,1
2,0
1,8
2,0
Polen
1,7
3,4
3,3
3,2
0,9
0,0
-0,7
2,0
Ungarn
1,9
3,7
3,1
2,6
1,7
-0,2
0,2
1,7
Tschechien
-0,5
2,0
3,5
2,8
1,4
0,4
0,5
1,6
Russland
1,3
0,6
-3,3
0,0
6,8
7,8
14,5
7,5
USA
1,5
2,4
2,4
3,0
1,5
1,6
0,0
2,0
Japan
1,6
-0,1
0,7
1,3
0,4
2,7
0,8
1,0
Asien ohne Japan
5,7
5,8
5,3
5,2
4,6
3,6
3,0
3,5
China
7,7
7,4
6,8
6,5
2,6
2,1
1,8
2,5
Indien
6,9
7,3
7,0
6,5
10,7
6,7
6,0
6,0
2,8
1,4
0,3
1,5
8,1
10,7
12,0
9,5
2,7
0,2
-2,5
0,0
6,2
6,3
8,5
6,0
3,0
3,2
2,9
3,3
3,1
3,1
2,8
3,1
Lateinamerika
Brasilien
Welt
p = Prognose; * kalenderbereinigt
Quellen: EIU, Macrobond, Datastream, Helaba Volkswirtschaft/Research
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