Ansprache - Bethanien Diakonissen Stiftung

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Ansprache - Bethanien Diakonissen Stiftung
Ansprache bei der Beerdigung von Klaus Wichers, 22.1.16
Liebe Ursula, liebe Gundula, lieber Gunnar, lieber Matthias,
liebe Angehörige, liebe Bethanien-Schwestern, liebe
Geschwisterschaft der NJK, liebe Trauergemeinde,
Klaus Wichers hat in den Anfangsversen von Jesaja 43 immer
wieder besonderen Trost für sich, für seine Frau und in
seinen Predigten darüber auch für viele Menschen gefunden.
Diese Worte mögen auch uns heute ansprechen und trösten,
wenn wir von ihm Abschied nehmen.
43,1 Und jetzt spricht der HERR, der dich geschaffen hat, Jakob,
und dich gemacht hat, Israel: Fürchte dich nicht, denn ich habe dich
erlöst; ich habe dich bei deinem Namen gerufen; du bist mein!
Wenn du durch Wasser gehst, will ich bei dir sein, dass dich die
Ströme nicht ersäufen sollen; und wenn du ins Feuer gehst, sollst
du nicht brennen, und die Flamme soll dich nicht versengen.
Denn ich bin der HERR, dein Gott, der Heilige Israels, dein
Heiland.
„Und jetzt“ – liebe Gemeinde, so beginnt der Prophet. Dieses
„und jetzt“ folgt auf die Zeit der Not des Volkes Israel, des
Krieges, des Verlustes der Heimat, auf die Zeit der falschen
Wege, auf die Zeit des Exils. Das Volk im Exil, das verzagt
ist, wird angesprochen, die Kriegsgefangenen, die
Verstreuten und Verbannten.
„und jetzt“ – so spricht Gott durch den Propheten – jetzt
wendet sich die Geschichte zum Guten.
„und jetzt“? – das musste sich auch Klaus Wichers in
manchen schweren Momenten seines Lebens fragen.
Als 18 jähriger 1945 aus der Gefangenschaft entlassen, auf
der Suche nach der Familie, sein Bruder gestorben und dann
auch seine Mutter – Wohin sollte er gehen, was sollte er tun?
In der Bibel seiner schon 1945 verstorbenen Mutter hat er bei
Psalm 118, 17 den Vermerk gefunden: für Klaus.
Der Vers lautet: „Ich werde nicht sterben, sondern leben und des
HERRN Werke verkündigen.“
Damals hat er Gewissheit und Zuversicht im Glauben an
Jesus Christus gewonnen. Und er hörte immer deutlicher den
Ruf ins Predigtamt. Darin hat er immer wieder in den
vielfältigen Herausforderungen diesen Zuspruch erfahren.
So stellte er seinen Schlussbericht 1994 nach 28 Jahren als
Direktor bei Bethanien unter ein ganz ähnliches Wort aus 4.
Mose 14. Josua und Kaleb brachten - im Unterschied zu den
10 anderen Kundschaftern - aus dem verheißenen Land die
Botschaft mit:
„Der Herr ist mit uns, fürchtet Euch nicht!“
Und es gab eine Menge zu fürchten in den sehr bewegten
Jahren des Dienstes von Klaus Wichers: die Auseinandersetzungen um die Zukunft der Schwesternschaft, die
erzwungenen Veränderungen und z.T. Beendigung der
Krankenhausarbeit, die Trennung und dann Wiedervereinigung mit dem Teil des Diakoniewerks und der
Schwesternschaft im Bereich der DDR.
Klaus Wichers hat immer wieder Zeugnis abgelegt, dass uns
Gott gerade in solchen Herausforderungen nahe ist, ja dass
Gott uns ermutigt, ungewisse Wege im Vertrauen zu gehen.
Fürchte dich nicht, denn ich habe dich erlöst; ich habe dich bei
deinem Namen gerufen; du bist mein!
Klaus Wichers hat es auch in den letzten Monaten und
Wochen seines Lebens erfahren. Er durfte die letzten Monate
wieder in seinem vertrauten und geliebten Bethanien in der
Martinistr. leben, es war ein Weg nach Hause - in guter
Versorgung und Begleitung und am Ende im Kreise der
Familie die letzten Tage bis zu seiner ewigen Heimat.
Das Besondere an dem Zuspruch durch Jesaja ist, dass hier
zwar das Volk Israel angesprochen ist – und dann doch der
einzelne Mensch – Fürchte dich nicht, denn ich habe dich erlöst;
ich habe dich bei deinem Namen gerufen; du bist mein!
Das ist ein Geheimnis der Erwählung Gottes. Gott ist der
Schöpfer, Mutter und Vater der ganzen Menschheit und doch
spricht er jeden einzelnen von uns mit dem Namen als
einzigartigen Mensch an. „Da ich noch nicht geboren war, ... da
hast du mich erkoren“ – haben wir erst vor kurzem gesungen.
Der Ruf des Einzelnen führt nicht zu einsamen Helden,
sondern zu einem Bund der von Gott Geretteten, Gerufenen,
Erwählten.
So hat der Prophet das Volk des Bundes angesprochen, so hat
Jesus seine Nachfolger - bis heute - als den neuen Bund
gesehen, so sind wir als Einzelne gerufen und doch als Bund
unterwegs, so sind wir als Bund der Ordinierten unterwegs
und als Bund der Bethanien Schwesternschaft.
Klaus Wichers hat seine Rolle in Bethanien vor allem auch als
Seelsorger verstanden, der den Schwestern und anderen ihm
Anvertrauten in Krankheit und manchen Problemen
beistand, ihnen das „fürchte dich nicht“ zusprach und zu
dem Bund einlud.
Lassen wir uns heute erneut ansprechen von Gottes
Zuspruch und Ruf: ich habe Dich bei deinem Namen
gerufen, du bist mein. Du gehörst zu der neuen
Gemeinschaft Gottes dazu.
„Ich habe dich erlöst“ sagt uns Gott durch Jesaja.
Dieses hebräische Wort „erlöst“ entstammt einem Gebot, das
besagt: wenn jemand in Schuldknechtschaft gerät, muss sein
nächster Verwandter ihn auslösen – erlösen, damit er wieder
als freier Mensch leben kann. Gott hat sich in Jesus Christus
selbst zum Löser, zum Erlöser gemacht, zu dem nächsten
Verwandten, der für uns zahlt, der für uns einsteht.
Welch Vorrecht einen solchen Bruder einen solchen nächsten
Verwandten zu haben, der für uns eintritt, wenn uns das
Wasser bis zum Hals steht oder uns das Feuer des Schmerzes
bis zum äußersten plagt.
Klaus Wichers hatte auch solche Geschwister, die für ihn
eintraten: Schwestern die bei den nicht einfachen
Auseinandersetzungen über die Ausrichtung der
Schwesternschaft in den 70er Jahren zu ihm standen, der
Verwaltungsrat, der ihm bei den schwierigen
Entscheidungen bzgl. der Fortführung der Krankenhäuser
den Rücken stärkte oder auch die Direktoren der anderen
methodistischen Diakoniewerke. Am meisten aber fand er
menschlichen Rückhalt bei Dir, Ursula.
Gott beauftragt Menschen, um aus Wasserströmen und
Feuersbrunst zu retten, das war zur Zeit Jesajas so, indem der
Perserkönig Kyros die babylonische Herrschaft und das Exil
des jüdischen Volkes beendete.
Und Gott beauftragt auch heute Menschen, um zu sammeln,
zu befreien, zu erretten, zu erlösen. Und dem liegt zugrunde,
dass Gott selbst zum Löser, zum Erlöser geworden ist, der
die Schuld, die Not, den Tod auf sich genommen hat.
Deshalb sind wir frei, frei von Furcht, frei zum Leben.
Der Abschnitt in Jesaja 43 endet:
„So fürchte dich nun nicht, denn ich bin bei dir. Ich will vom Osten
... und vom Westen her sammeln, ich will sagen zum Norden ...
und zum Süden: ... Bring her meine Söhne und meine Töchter ...“
Noch einmal ertönt das „fürchte dich nun nicht“ mit der
grundlegende Zusage: denn ich bin mit dir!
Und es wird angekündigt, dass alle gesammelt werden aus
allen Himmelsrichtungen. Gesammelt wurde auch Klaus
Wichers nach 1945, als er sich verloren in der Welt vorfand.
Und gesammelt hat Klaus Wichers in Bethanien, z.B. auch
die Schwesternschaft nach der Wende 1989 aus der DDR.
Bring her ... alle, die mit meinem Namen genannt sind, die ich zu
meiner Ehre geschaffen und zubereitet und gemacht habe.“
„Alles, was sich nach meinem Namen nennt“ heißt es zum
Schluss. Das ist ein ganz ungewöhnlicher Ausdruck. Denn
nach biblischer Auffassung soll der Name Gottes nicht
genannt werden. Was bedeutet das also? Wer ist gemeint?
Alle Menschen sind geschaffen zu Gottes Ehre – alle sind
seine Abbilder, alle haben diese Würde, die es zu schützen
gilt. Sie endet nichte, wenn es zur Belastung wird.
Alle diese besonderen Geschöpfe Gottes, wir Menschen, sind
gerufen, seinem Namen Ehre zu machen, Gott zu antworten
auf seinen Ruf. Im Namen gleich zu werden, das heißt im
Wesen gleich zu werden, seiner Liebe und Barmherzigkeit
gleich zu werden.
Imitatio die – zum Bilde Gottes werden, dass ist unsere
Bestimmung unser Auftrag. So hat auch Klaus Wichers seine
langjährige Tätigkeit in der Diakonie und seine bleibende
Verbundenheit mit Bethanien verstanden: zum Bilde Gottes
werden.
Fürchte dich nicht, denn ich habe dich erlöst; ich habe dich bei
deinem Namen gerufen; du bist mein!
Klaus Wichers ist angekommen bei dem, der ihm das
zugesagt hat. Uns wird heute diese frohe Botschaft
zugesprochen, wir sind erlöst, Gott steht uns bei auch in der
Trauer, wir gehören dazu, wir sind gerufen. Antworten wir
auf Gottes Ruf durch unser Vertrauen, durch unsere Liebe zu
unseren Nächsten und Fernen – zu Gottes Ehre. Amen
Lied 287, 1+4: Wenn Friede mit Gott meine Seele durchdringt
Gebet und Segen: Barmherziger Gott,
was wir empfinden, lässt sich schwer ausdrücken.
Trauer über den Verlust und Dankbarkeit für alles, was
möglich und gut war im Leben von Klaus Wichers und was
wir mit ihm teilen konnten.
Schmerz über den Abschied und Erleichterung, dass er nicht
lange leiden musste.
Unsicherheit, was nun ist, und Glaube, dass wir Dir auch im
Sterben vertrauen können, weil uns nichts von Deiner Liebe
trennen kann.
So nimm Klaus Wichers bei Dir auf. Du bist ihm nahe, wie
wir es nicht mehr sein können. Hilf uns über die Trauer
hinauszublicken und neuen Lebensmut zu finden.
Wir vertrauen Dir auf dem Weg, der vor uns liegt. Amen
Und nun, wohlauf, wohlan, lasst uns den Leib des Verstorbenen zu Grabe bringen. Der Friede Gottes geleite uns:
Der Friede Gottes, der höher ist als all unsere Vernunft,
bewahre eure Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen
Musik und Auszug

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