Beate Hemmer

Transcrição

Beate Hemmer
Ausstellungskatalog
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Beate Hemmer
anlässlich der Vernissage am 18. Januar 2011
haben gesponsert:
ihre Gage: Gesang: Dr. Martina Schwerd
am Klavier: Bernhard Kuffer
Wein zur Vernissage von dem überregional bekannten Weingut
J. Störrlein & Krenig, Randersacker
Der Erlös des Bandes LeiseZeitlese - an der Information des
(ZOM) erhältlich - und der Verkauf des ersten Bildes kommt
dem Projekt: „Nachsorge Frühgeborener der Universitätskinderklinik“ des KIWANIS Club Würzburg-Mainfranken e.V. zugute.
Bilderausstellung „außen und innen“
In der Magistrale des Zentrums für
Operative Medizin (ZOM)
des Universitätsklinikums Würzburg
Oberdürrbacher Str. 6
97080 Würzburg
rund 40 Bilder in Ausstellung
von November 2010 - Dezember 2011
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Einführungsrede der Kunsthistorikerin
Frau Dr. Eva-Suzanne Bayer
Einführungsrede der Kunsthistorikerin
Frau Dr. Eva-Suzanne Bayer zur Ausstellung “Außen
und innen: Malerei von Beate Hemmer” am 18.1.2011
In der Magistrale des Zentrums für Operative Medizin
(ZOM) des Universitätsklinikums Würzburg
Meine sehr geehrten Damen und Herren,
liebe Frau Hemmer,
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die Farbe lebt in den Pigment- Öl- und Acrylgemälden
der Würzburger Malerin Beate Hemmer. Sie pulst, atmet,
vibriert, schwillt an wie ein mehrstimmiger Choral, versinkt
in der Tiefe der Dunkelheit oder zerstiebt in strahlender
Helle. Auf wenigen, das ganze Bildgeviert „all over“ überziehenden Farben überblendet sie langsam vom dunkelsten Skalenende einer Farbe bis zum Licht erfülltesten.
Die Farbtemperaturen gleiten von der Wärme zur Kälte.
Die Farben blühen auf und verlöschen, sie überlagern
und trennen, sie überborden sich und lassen los. Heftige
Kontraste grenzen selten aneinander. Nur verschiedene
Grade der Lichthaltigkeit fließen ineinander über, branden auf und verschwinden. Linien, akkurate Formen und
glatte Flächen tauchen so gut wie nie auf. Beate Hemmer
ist eine Koloristin, wie sie im Lehrbuch steht: Farbtöne,
Farbschwingungen, nuancierte Farbübergänge bestimmen ihre Gemälde.
Selten gerinnt Farbe zur Gegenständlichkeit. Ein Frauenkörper, ein weibliches Gesicht, ein auf die Grundformen
reduzierter Vogel. Natürlich können Sie sich in den Sog
der Farbe einfach hineinfallen lassen und im Farbgewirk
Dinge entdecken, die eigentlich aufs Erste gar nicht sichtbar sind: angedeutete Gesichter, Landschaftliches, Weltraumpanoramen, wie unter dem Mikroskop beobachtete
Flechten, schrundige Baumrinden, Nebelschwaden, Gischt
und Ornamente, die der Wind in Sanddünen gemalt hat.
Doch während Sie entdecken, merken Sie genau: das Bild
schärft und lenkt Ihren Blick auch in Ihr eigenes Inneres,
auf den Punkt, an dem sich sinnliche Wahrnehmung und
psychische, ja auch physische Reaktion auf diese Wahrnehmung begegnen.
Farben stimulieren Wahrnehmungen und Gefühle. Farben
wirken auf die Nerven des Betrachters und regen chemische Prozess im Hirn an. Das ist heute eine wissenschaftlich nachgewiesene Tatsache. Doch zu Beginn des
letzten Jahrhunderts war die Erkenntnis, Farben teilten
sich- wie Musik- ohne Umweg über einen Gegenstand
oder ein Motiv der sichtbaren Wirklichkeit dem emotionalen Resonanzraum des Betrachters mit, eine atemberaubende Entdeckung. Der russische Maler Wassily
Kandinsky besuchte um die Jahrhundertwende in Moskau
eine Ausstellung mit Gemälden des französischen Impressionisten Claude Monet. Am Eingang eines Raums blieb
er fassungslos stehen: er sah ein Bild und war zutiefst
berührt, obwohl er überhaupt nicht erkennen konnte,
was es darstellte. Fast schockartig begriff er: Die „Seele“ oder das Gemüt, oder der Geist - oder wie immer
man das nennen mag - reagiert beim Anblick der Farbe.
Ein Gegenstand, ein realistisches Sujet, ist überhaupt
nicht nötig. Diese Erkenntnis führte Kandinsky nur wenige
Jahre später als Mitglied der Neuen Künstlervereinigung
München, aus der sich der „Blaue Reiter“ entwickelte, zur
Abstraktion, zum ersten autonomen Bild, das, so sagte
man damals, „das Geistige in der Kunst“ eingefangen
habe. So heißt auch eine 1911 erschienene überaus folgenschwere Schrift Kandinskys, die den amerikanischen
Abstrakten Expressionismus der Fünfziger und Sechziger
Jahre stützte und die auch heute noch nicht seine Faszination für Künstler verloren hat.
Heute ist, dank der Hirnforschung, das mit dem „Geistigen“
eine so diffizile Sache geworden, dass ich als Kunsthistorikerin mich eigentlich nicht darauf einlassen möchte. Als
Geisteswissenschaftlerin bin es inzwischen gewöhnt, dass
Naturwissenschaftler den Inhalt meines Faches in Frage
stellen und alles mit Chemie erklären. Ich finde es aber
einfach anregender, vom geistigen Gehalt der Bilder zu
sprechen, als von den Produkten seiner neuronalen Aktivitäten. Kehren wir zu Beate Hemmer zurück. Sie ist keineswegs eine Künstlerin, die in ihrem Inneren wühlt und diese
Innere zuerst der Leinwand und dann dem Betrachter mitteilt, der per se eigentlich erst mal gar nicht neugierig ist
auf das Seeleninterieur einer ihm bis dato Unbekannten,
was man ihm kaum verübeln kann. Beate Hemmer hat dieser Ausstellung mit rund 45 Gemälden schon den schönen
Titel „Außen und innen“ gegeben und ich kann mir deshalb
den ebenso grandiosen wie viel zitierten Satz des romantischen Malers Caspar David Friedrich nicht verkneifen. Er
lautet: „Schließe Dein leibliches Auge, damit du mit dem
geistigen Auge zuerst siehest dein Bild. Dann fördere zu
Tage, was du im Dunkeln gesehen, damit es fortwirke von
Innen nach Außen“.
Diesen Gestaltungsprozess verfolgt auch Beate Hemmer.
Auch sie reflektiert das Gesehene mit Verstand und Gefühl, teilt der Leinwand ihre Reaktionen mit und gibt dem
Betrachter die Möglichkeit, beim Anblick der Bilder selbst
wiederum etwas zu empfinden. All ihre Bilder gehen von
Gesehenem, Erlebtem, Erfahrenen, ganz konkret Wahrgenommenen aus. Ihre Bildtitel benennen den Entstehungsort: La Gomera, Würzburg, Würzburg/Bronnbach, einmal
auch Mexiko, Murnau oder die kroatische Insel Cres. In La
Gomera hält sie sich meistens einen Monat im Jahr auf, im
Dezember/Januar, wenn es dort so recht unwirtlich, stür-
misch, regnerisch, kurz touristenunfreundlich ist. Aber sie
verbarkadiert sich nicht in ihrer Wohnküche, sondern geht
hinaus in den Nebel, zu den sturmgepeitschten Olivenhainen und den mit Flechten bewachsenen Bäumen, deren
Bärte vor Feuchtigkeit triefen, zum schäumenden Meer, zu
den schwarzen Vulkansteinen und den rostroten Erden.
Beate Hemmer sucht dort gegenüber den losgelassenen
Elementen keineswegs nur Atmosphäre, Stimmung oder
gar- bewahre!- malerisch Pittoreskes. Sie sammelt vielmehr Erden, Sand, kleinste Partikel, die sie zu Pigmenten
reibt, sie mit Wasser versetzt und mit Binder in eine mehr
oder weniger verfestigte Flüssigkeit verwandelt, mit der
sie malen kann. Ihre Farben sind also ein Extrakt ihres jeweiligen Umfelds. Mit diesen Naturfarben kann sie Partien
ihres Bildes so dick und dicht gestalten, dass die Farbmaterie Blasen wirft. Sie kann sie aber auch verdünnen
fast bis zum Hauch und ein großformatiges Bild entstehen
lassen, das aussieht wie ein Aquarell, in dem die Farben
lasieren oder lavieren, ineinander verfließen, sich in winzigen Farbübergängen überlagen oder unterwandern. An
dünn beschichteten Stellen strukturiert der Bildträger Leinen die zarte Farbe. Nicht nur die Reaktion der Künstlerin
auf äußere Eindrücke fließt in diese Gemälde ein, auch
ihre Bewegungen, ihre Choreographie beim Malakt. Beate
Hemmer malt häufig auf die am Boden liegende Leinwand, bewegt sich um sie herum und traktiert, streichelt,
modelliert, klopft, ritzt die haptische Farbmasse mit Pinsel,
Hölzchen, Spachtel oder mit den Händen. Den Rhythmus
eines Bildes zu skandieren, hat sie beim Holzschnitt, beim
Schnitzen des Holzstocks gelernt, eine weiteres wichtiges
Arbeitsfeld, von dem Sie aber heute nichts sehen. Die
körperlich Kraft des Schnitzens geht auch in ihre Gemälde
ein. So gelingt ihr der Spagat zwischen Energie und Leichtigkeit, Transparenz und Dichte, Bewegung und Stille.
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Die Serie von kleinen Bildern, die am dünnen Draht aneinander hängen und wie ein Mobile vor der Wand tanzen, sind- man wagt es kaum zu sagen- „Abfallprodukte“,
d.h. Flächen, auf denen sie die Reste ihrer HKS-Farbe,
einer zähen Farbmasse für den Hochdruck, abstreifte und
das Ergebnis einfach zu schön zu Wegwerfen fand. Da
ist sie weder die Erste noch die Einzige. Vor einiger Zeit
zeigte die Schirn-Kunsthalle in Frankfurt die Ausstellung
„Entdeckung der Abstraktion - Turner, Hugo, Moreau“
und präsentierte darin u.a. Mallappen, Aquarellpaletten, Farbprobeskizzen der Künstler, die so en passant
entstanden, und völlig unabsichtlich ein Vorstoß in neue
ästhetische Wirkungszonen wurden. Das sie mit der Mimesis, der Nachahmung der Wirklichkeit, überhaupt nichts
zu tun haben, werden sie, selbst Ungegenständliches
zeigend, selbst zum Gegenstand, zu einer Bereicherung
unserer Objektwelt. ( Früher bildete ein Bild Wirklichkeit
ab= Wiederholung der Realität auf illusionistischer Ebene. Blödsinn seit Erfindung der Fotografie. Dinge: von der
Natur, von Menschen gemacht. Neue Kunst: Künstler wiederholte nicht die Realität, sondern das Werk ist ein vom
Künstler neu geschaffenes Ding der Wirklichkeit.).
Beate Hemmer ist keine selbstherrliche Dompteuse ihrer
Bilder. Sie zwingt ihnen keine Formen auf, sondern lässt
viel geschehen. Rinnsale bilden sich, Flecken entstehen,
Farbübergänge fließen ineinander, Tropfen perlen, seltsame Lichtadern brechen auf, in denen Helligkeit gestaut
wird oder aber die Komplementärfarbe (das Grün zu Rot,
das Gelb zu Blau) den Bildcharakter abrupt wandelt.
„Gesteuerter Zufall“ – ein Begriff, der bei Naturwissenschaftler und Philosophen eine geistige Gänsehaut auslöst- nannten die gestischen Maler der deutschen Künstlergemeinschaft „Quadriga“ zu Beginn der Fünfziger Jahre
den behutsamen Eingriff des Malers in den durch seine
eigene Materialität bedingten Farbfluss und die dezente
Kontrolle der Fließrichtungen durch den Künstler, der, ganz
anders als Kandinsky, sich nicht länger als Herr und Herrscher seines Werkes verstand, sondern als Beobachter
die Dinge geschehen ließen. „Passive Aktivität“, „demütige Korrektur“ könnte man diese Haltung auch nennen.
Sie leitet Prozesse ein, reguliert aber nicht ihren Verlauf
und lässt sich von den Reaktionen und dem spezifischen
Verhalten der Werkmaterialen überraschen.
Oft lässt sich Beate Hemmer auch vom Format einer Leinwand oder eines Bildkastens inspirieren. Sie wählt gern
das Quadrat, das Ausgewogenheit, Neutralität, Harmonie, Gleichmaß oder im Sinne des österreichischen
Schriftstellers Peter Handke „Gleich- Gültigkeit“ assoziieren lässt und zieht Farbe oft über die Ränder, um die
suggerierte Raumhaltigkeit ihrer Bilder in den realen
Raum hineinsickern zu lassen. Oder sie entscheidet sich
für ein extremes Hochformat, das eigentlich der Ganzfigur entspricht, sich in den sphärischen Farbklängen Hemmers aber wie einen Schlitz in der harten Realität öffnet
und den Blick hinauslässt in eine geheimnisvoll amorphe,
lichtmodulierte Welt.
Auf einem dieser extremen Hochformate, 2007 auf La
Gomera und 2010 in Würzburg, tritt Ihnen in reinem
schwarz- weiß und fast in EINEM gestischen Pinselzug
entworfen, eine- ich lasse mich einmal unverkrampft von
Beate Hemmers Aufforderung zur freien Assoziation leiten- eine weibliche Figur mit – zugegeben- etwas kurzen
Beinen und in heftigem Kontrapost entgegen, sichtlich
keine wohlproportionierte klassische „Venus“, sondern
eher eine paläontologische „Venus von Willendorf“ mit
mächtigem Busen und ausladend geschwungenen Hüften.( Sie müssen nicht das Gleiche sehen: der Betrachter ist frei in der heutigen Kunst!). Dieses Bild ist eine
Zäsur und Kehrwendung zum Linienstakkato, zum Bildrhythmus, zur Struktur. In den anderen Bildern von 2007 tauchen nun plötzlich im türkisfarbenen Grundton purpurne
Zellen, akzentuierte Konturen, eckige, oft kurze, schnell
die Richtung wechselnde Linien auf, die sich zu grafischen
Kürzeln emanzipieren, die gleitende Farbe marmorieren
und griffige Farbparzellen herausstanzen. Von hier ist es
nur ein Schritt zu den Frauenköpfen 2009/10.. Die Köpfe,
zwar in oberen Bildbereich platziert, aber ohne folgerichtige Körperlichkeit, scheinen sich aus amorphen Farbzellen zu manifestieren oder im geheimnisvollen Leuchten
warm oder kalt temperierter Lichtinseln zu versinken. Abstraktes materialisiert sich zu Konkretem, Konkretes löst
sich im Abstrakten auf ;das „Faktische“ kann also Ausgangspunkt oder Ergebnis eines langen Malprozesses
sein. Induktiv oder deduktiv: Beate Hemmer kennt beide
Wege der Bildfindung.
Für viele Ansätze offen, sich in vielen Bereichen erprobend, neugierig nach Neuem und Ungewohnten, so kristallisiert sich Beate Hemmer auch aus ihrer Biographie.
Sprachlich und künstlerisch begabt, unterwarf sie den
Wildwuchs der Talente zuerst einer strengen Disziplin und
studierte Jura, unter anderem in Genf. Gleichzeitig schulte
sie sich in der Malerei und nahm nach dem zweiten juristischen Staatsexamen Unterricht in Würzburg bei den
großen Menschenschilderern Dieter und Peter Stein und
dem Landschaftsmaler Thomas Wachter. Sie studierte in
Salzburg bei Prof. Jacobo Borges, lernte die Technik des
Holzschnitts bei Jo Bukowsky in Bad Reichenhall und das
Radieren bei Melissa Mayer- Galbraith in Bad Reichenhall und München. Doch allein das stille Atelier, das sich
in Würzburg oder auf den Kanaren befinden kann, genügten ihr seit 1996 nicht. Sie will sich nicht im selbstverliebten Schaffesrausch verlieren, sondern auch Kreativität
in anderen Menschen wecken, getreu dem Beuys´schen
Grundsatz „Jeder Mensch ist ein Künstler“ oder kann es
unter der richtigen Anleitung werden. 1998 begann sie
als „Art- Director“ bei der Hemmer/ Wüst Verlags GmbH
und gestaltete dort Bücher und Zeitschriften. Seit sieben
Jahren leitet sie Team- und Kreativtrainings für Firmen und
weckt in Workshops mit einer Verbindung aus Tanz, Bewegung und Malen in isolierten Schreibtischtätern den
kreativen Gemeinschaftssinn. Bis 65 Teilnehmer schult sie
in Kursen „Das dynamische Kunstwerk im Team“. Sie stellte u.a. in Tegernsee und Heilbronn, in Gießen, Würzburg
und Berlin aus.
Doch wie Sie auch in dieser Ausstellung sehen: die Künstlerin ist nicht nur Malerin, sondern schreibt auch Gedichte.
Wort und Bild ergänzen sich und auch hier geht immer der
Weg vom geschauten Außen zum erlebenden Inneren.
Seit diesem Jahr ist sie auch Autorin der Frankfurter Bibliothek in dem Editionsprojekt Standartwerk neuer Lyrik.
Eines ihrer Gedichte, entstanden 2009, möchte ich Ihnen
zitieren:
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Es heißt WORTE
Worte sind wie Tunnel,.
Sie bohren sich hindurch,
Ohne rechts und links
-wenn wir ihnen glauben.
Worte sind Spiegel.
Sie spiegeln alles
- nur nicht die Wirklichkeit.
Worte können Brücken sein,
wenn sie die Kluft überwinden,
wenn sie zusammenführen,
wenn sie Unbewusstes bewusst machen.
Dasselbe gilt natürlich für BILDER.
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Sie können schauen,
was die Bilder für Sie sind,
Tunnel, Spiegel oder Brücken.
Beim Durchschreiten der Tunnel, die immer wieder ins
Licht führen, bei der Begegnung mit Spiegeln, die die
Welt nachbuchstabieren, aber doch umdrehen, bei der
Überquerung von Brücken, die mittels Bilder Menschen
zueinander führen wünsche ich viel Entdeckungslust und
Erkenntnis.
18. Januar 2011, Eva-Suzanne Bayer
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Zweiteilig, La Gomera 2009, Pigmente/Mischtechnik auf Leinen, je 150 x 150 cm
Bild-Nr: 1 + 2
Der Baum
Ich stelle mir vor,
ein Baum zu sein,
ein alter verknorrter Olivenbaum,
- Jahrhunderte schon alt.
Müde von einem trockenen langen Sommer,
sind meine Blätter gelb von der Erde,
vom Dreck der Tiere,
die sich im Schatten meiner Blätter ausruhen.
Ein grauer Tag,
die Wolken indigoschwarz
senken sich herab,
der Horizont verschwindet.
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Strecke meine Arme weit in den Regen,
genieße seine Liebkosungen,
wie er die Spuren des Sommers
von meinen Blättern massiert.
Strecke meine Arme weit in die Landschaft,
bereit jedes Licht aufzusaugen,
zu filtern,
zu speichern,
- bereit für die Dunkelheit,
- für die Ruhe
und für einen kraftvollen Frühling.
Loutro, Oktober 2009
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Würzburg 2000, Öl auf handgrundiertem Leinen - 150 x 150 cm
Bild-Nr: 5
Sternschnuppe:
Sei mal ehrlich:
wir hätten es gern angenehm,
bequem und sicher,
wären gerne geliebt und geschätzt,
erfolgreich und wohlhabend,
gesund und schön...
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Wie fühlen wir uns auf der Reise,
wenn diese Wünsche uns navigieren?
Hungrig,
getrieben,
aufgerieben,
und in der Illusion des Steuerns?
Warum nicht reisen,
um einfach die Kunst des Navigierens zu lernen?
Was könnten wir auf dieser Reise erleben?
Den Geschmack von Menschlichkeit und Güte,
den Duft von Freiheit?
Geschenke für den Mut,
ALLES zu spüren,
Angst und Vertrauen,
Schmerz und Freude
- bis zur Sternschnuppe?
Kreta, 17.08.2010
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Bild-Nr: 6
Korsika 2004, Acryl/Pigmente auf Leinen, 180 x 200 cm
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Cran Canaria 2005, Acryl / Pigmente auf Holzkasten - je 35 x 35 cm
Bild-Nr: 10/11/12
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Cres 2001, Pigmente/Mischtechnik auf Leinen - 120 x 100 cm
Bild-Nr: 9
FRAGEN
ich lausche meinem Herzschlag
und betrachte das Strickmuster,
das sich durch mein Leben fädelt.
Spüre in mir eine starke Kraft,
die Richtung wissend,
sucht sie ihren Ausdruck.
Warum werfe ich mein Fragen
nicht hinaus in den Wind
und lasse ihn die Antworten weben?
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Um ALL das zu leben,
was mir zurückgeworfen wird,
brauche ich sie,
- meine Kraft.
La Gomera 13.12.09
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Murnau 2002, Pigmentschichten auf Leinen - 130 x 180 cm
Bild-Nr: 13
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La Gomera 2003, Acryl / Pigmente auf Leinen, 150 x 135 cm
Bild-Nr: 14
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La Gomera 2009, Pigmente/Mischtechnik auf Leinen - 150 x 150 cm
Bild-Nr: 15
Würzburg/Bronnbach 2010, Pigmente/Mischtechnik auf Leinen - 150 x 50 cm
Bild-Nr: 31/32
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(Privatbesitz)
Würzburg 2006, Acryl / Pigmente auf Leinen - je 60 x 60 cm
Bild-Nr: 16 + 17
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Würzburg 2010, Pigmente auf Leinen - 60 x 60 cm
Bild-Nr: 30
GEDANKEN
oder Spiel mit ihrer Energie
Die Brandung in den Ohren,
Erschöpft von diesem Spiel,
lausche ich meinen Gedanken:
segle ich weit nach oben,
beobachte alles,
Jede Welle bauscht sich auf
das Meer,
und fällt tosend in sich zusammen,
die Landkarte,
- welches Spektakel,
aus der heraus jede Bewegung in mein
- welche Dramaturgie.
Auge springt,
die Farben der Strömungen
Eine Möwe segelt über sie hinweg,
in denen ich gleite,
in Berührung mit der von ihr erzeugten
aufwärts ins Orange,
Energie,
hinab in helles Grau.
mit den Regenbogenfarben in jedem
Tropfen.
Noch schwebender Vogel bin,
erfaßt mich schon die Schwerkraft,
Noch segelt sie auf dem Wellenkamm,
die Sehnsucht,
gleitet hinab in die Strömung,
ein Erdwesen sein zu dürfen,
vorwärts gedrängter Luft,
ein Wesen,
diese verdichtet sich schon und
das die Weite sich erhält.
leitet sie hinaus
über den explodierenden
Meeresschaum.
Gomera, Dezember 2010
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La Gomera 2007, Acryl / Mischtechnik auf Leinen - 100 x 100 cm
Bild-Nr: 18
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La Gomera 2007, Acryl / Pigmente auf Leinen, 145 x 145 cm
Bild-Nr: 19
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La Gomera 2006, Acryl, Tonerde auf Leinen - je 153 x 40 cm
Bild-Nr: 20/21
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Bild-Nr: 22
La Gomera 2009, Pigmente/Mischtechnik auf Leinen - 150 x 150 cm
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Bronnbach/Würzburg 2006, Pigmente auf Leinen - 60 x 60 cm
Bild-Nr: 23
Der Stein
Am Rande liegt er da,
Er splittert,
- der STEIN,
er ächzt
schwerfällig,
und er rollt,
kantig und rauh.
mal unten,
mal oben,
Ruhend träumt er von der großen Reise
geschmeidig bald,
ins Meer
und rund
- und setzt Moos an.
und glatt.
Unwetter,
Überall sind sie,
Steinschlag,
die Schläge der anderen,
er rollt hinein
- unglaublich,
- in den Fluss.
... es Liebkosungen sind.
Wo ist unten,
wo ist oben,
überall sind sie,
- die Schläge der anderen.
Beate Hemmer, Kreta, Juni 2008
publiziert in dem Jahrbuch für das Neue Gedicht
2011
(Frankfurter Bibliothek) Brentano-Gesellschaft
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La Gomera 2009, Pigmente/Mischtechnik auf Leinen - 150 x 150 cm Bild-Nr: 24
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La Gomera 2007, Acryl / Tonerde auf Leinen - 150 x 150 cm
Bild-Nr: 25
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Mexiko 2003, Acryl, Pigmente auf Leinen - 100 x 100 cm
Bild-Nr: 26
Bild-Nr: 27
Bild-Nr: 28
Würzburg/Bronnbach 2009, Pigmente/Mischtechnik auf Leinen - 150 x 50 cm
Würzburg 2010, Pigmente/Mischtechnik auf Leinen,150 x 50 cm
La Gomera 2007, Acryl auf Leinen - je 185 x 47 cm
Bild-Nr: 7 + 3 + 8
Bild-Nr: 4
La Gomera 2007, Acryl auf Leinen 185 x 47 cm
Bild-Nr: 29
Würzburg 2010, Pigmente/Mischtechnik auf
Leinen - 187 x 48 cm
zeitlos?
Übermütig erprobt das Mädchen mit den Wellen
- seine Kraft.
Mutig probt es im Boot des Mannes
- die Liebe.
Selbstbewußt navigiert die Frau ihr Boot
- in der strömenden Zeit.
Das Boot läuft auf,
das Wasser davon,
die Zeit steht.
Im JETZT ist sie,
ohne Boot,
bodenlos getragen im Auf und Ab
zwischen Angst und Vertrauen,
im Wasser.
Sri Lanka, Februar 2011
Bild-Nr: 33 - 36
Bild-Nr: 37 - 40
Impressum
Herausgeber:
hemmer-design
Beate Hemmer / Irene Köhler
Text & Bilder:
Beate Hemmer
Idee:
Beate Hemmer / Irene Köhler
Layout: Beate Hemmer / Irene Köhler
Druck:
hemmer-design
Mergentheimer Str. 44
97082 Würzburg
fon: 09 31/79 78 2-37
mail: [email protected]
mail: [email protected]
www.hemmer-art.de

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