Pep, bitte kommen! - Höher, schneller, Invalide

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Pep, bitte kommen! - Höher, schneller, Invalide
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VERANSTALTUNGN
90+4 – Der RevierSport-Talk
RevierSport | Nr. 36 | 2015
Der RevierSport-Talk
an der BiTS Iserlohn
präsentiert von:
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90+4 – Der RevierSport Talk zum SpoBiS 2014
Prunk und Pleiten - Steuert der Amateurfußball im Schatten
der Profis in seine größte Krise?
Pep, bitte kommen!
Führt eine zunehmende Kommerzialisierung von Vereins-Identifikation und Fan-Bewusstsein den Fußball-Breitensport
in die größte Krise seit Bestehen? Hat Fußballtradition neben den Monopolisten der Champions League noch eine Zukunft?
RevierSport widmet sich anlässlich des SpoBiS 2014 diesem Thema mit einer crossmedial geführten Diskussion und
Bestandsanalyse am Beispiel des Ruhrgebiets, Deutschlands Fußballplatz Nr.1 mit rund 1.000 Vereinen und mehr als
1 Million aktiven Fußballern.
PODIUMSGÄSTE:
Alexander Jobst
Dr. Michael Welling
Marketing-Vorstand FC Schalke 04
Geschäftsf. Vorstand Rot-Weiss Essen
Bernd Faust
Ulrich Homann
Medienbeauftragter Westfalia Herne
Gründer und Geschäftsführer RevierSport
Philipp Klotz
Ralf Piorr
Mitglied der Geschäftsleitung SPONSORS
MODERATION
Historiker, freier Publizist und Autor,
Emmy-Preisträger 2013
Höher, schneller, Invalide: Spitzensportler am Limit – ein Diskussionsabend zum Nachdenken
Dienstag, 21.01.2013, 19:00 Uhr, Halle 2, Zeche Zollverein
Iserlohn (RS) – Es war 22.16 Uhr,
als die Bilder von Arjen Robbens Auswechslung durch ganz Deutschland
gingen. So auch über die Großbildleinwand im Audimax des BiTS in Iserlohn. Der Bayern-Star war nach seiner
Bauchmuskelverletzung eine Viertelstunde zuvor eingewechselt worden,
da humpelte er auch schon wieder vom
Rasen. Als hätte es noch eines Beweises dafür bedurft, dass „Playing hurt“
(„Verletzt spielen“) im Spitzensport
längst kein Tabu mehr ist.
Genau diese These hatte Prof. Dr.
Thomas Rieger in seinem Vortrag im
Rahmen der von der Techniker Krankenkasse präsentierten Veranstaltung
„90+4“ am Dienstagabend formuliert.
Der Prodekan für Sport und Eventmanagement am BiTS verwies auf Tatsachen, die zum Nachdenken anregen.
Warum spielt Dirk Nowitzki auch mit
39 Grad Fieber? Was geht in AtleticoKicker Diego Costa vor, wenn er seine
Muskelverletzung von einer serbischen
Ärztin mit Flüssigkeit aus einer PferdePlazenta behandeln lässt?
Aus Iserlohn berichtet
Elmar Redemann
Und schließlich war es ausgerechnet
FCB-Trainer Pep Guardiola, der mit
dem hochangesehenen Mannschaftsarzt Dr. Müller-Wohlfahrt aneinandergeraten war, weil er Spieler lieber vorgestern als morgen wieder einsetzen
will. Nach dem Motto „Reparatur statt
Heilung“. Wohin das führen kann, das
wurde allen Teilnehmern beim gemeinsamen Genuss des Pokaldramas
noch mal vor Augen geführt.
Freizeitsportler sollten sich nicht
zu viel von den Leistungssportlern abschauen, darin waren sich die Experten auf dem Podium einig. Schließlich
besagt eine wissenschaftliche Studie,
dass glatte 30 Prozent der Spitzensportler „in hohem Maße bereit“ wären, für einen Weltmeistertitel eine
Verkürzung der Lebenserwartung in
Kauf zu nehmen.
So weit wäre Jens Nowotny nie gegangen. Der ehemalige Nationalspieler, der in seiner langen Karriere nicht
Prof. Dr. Thomas Rieger, Dr. Joachim Schubert, Moderator Ralf Bosse, Michael Scharf und Jens Nowotny (v. li.) diskutieren über das
weite Feld der Sportverletzungen.
Foto: Böcker (BiTS)
weniger als vier Kreuzbandrisse erlitt,
hat aber erfahren, wie hart das Geschäft ist: „In Leverkusen war ich Kapitän und habe mit Trainer Christoph
Daum über jede einzelne Szene eines
Spiels gesprochen. Wenn ich jedoch
verletzt war, dann hat er mich nicht
einmal gegrüßt. ‚Jens, du bist verletzt.
Ich kann dich also nicht gebrauchen‘,
erklärte er mir mal.“
„Jens, du bist verletzt.
Ich kann dich also
nicht gebrauchen.“
Anekdote von Jens Nowotny über
seinen früheren Trainer Christoph Daum
Der WM-Dritte plauderte zur Freude
der rund 100 Anwesenden auch aus
seinem stattlich gefüllten Nähkästchen - zum Beispiel zum Thema Ernährung: „Paolo Rink ist mit einer Kiste Cola im Gepäck ins Trainingslager
gefahren. Ich glaube, der hat täglich
sechs Liter von dem Zeug getrunken“,
erzählte Nowotny, der auch mit kuriosen „Nahrungsergänzungsmitteln“
in Kontakt kam. Pulver aus Haifischflossenknorpel beispielsweise. „Hat
interessant geschmeckt, das würde
ich jedem mal empfehlen. Die Haare
wachsen davon allerdings nicht“,
lachte der Ex-Profi.
Dr. Joachim Schubert, früher unter
anderem Mannschaftsarzt des VfL
Bochum, ist in Togo, wo er die Nationalmannschaft betreut hat, sogar auf
Voodoo-Zauberer getroffen: „Die Zusammenarbeit mit dem Medizinmann
hat eigentlich sehr gut geklappt. Emmanuel Adebayor ist vor allem dann
zum Zauberer gegangen, wenn er
mal ein bisschen frei haben wollte.“
Womit die Diskussionsrunde beim
weiten Feld der Sportpsychologie angelangt war.
Entscheidend für das persönliche
Wohlbefinden ist etwas anderes. Eine
im wahrsten Sinne des Wortes „gesunde“ Eigenmotivation und ein großes
Maß an Bewegung im Alltag. Es muss
nicht so weit gehen, dass es am Ende
tatsächlich „höher, schneller, inavalide“ heißt. „Es gibt auch Leistungssportler, die noch gesund sind. Ich bin
das beste Beispiel“, meinte Michael
Scharf, früher Fünfkämpfer und heute
Wirtschaftskoordinator am Olympiastützpunkt Rheinland, treffend.
Der zweite 90+4-Talk war also der
erwartete Erfolg und für alle Teilnehmer ein Gewinn. Bei der dritten Auflage sollte vielleicht auch Pep Guardiola
mal vorbeischauen.
Mit freundlicher Unterstützung von: