Megalomania im Holzhausenschlösschen

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Megalomania im Holzhausenschlösschen
Megalomania im Holzhausenschlösschen
Eine Woche junges Theater
Von Kinder für Kinder und Erwachsene: Ach, Julie!
Marans: Old Wicked Songs (in englischer Sprache)
Shakespeare; Komödie der Irrungen
Ach, Julie!
Ein Stück mit Kindern,
für Kinder und Erwachsene
Über das Stück:
Die Geschichte zweier Kinder, die so sein wollen, wie sie sind und nicht, wie
andere wollen, dass sie sind.
Julie ist lebhaft und deutlich. Sie ist lieb, aber nicht immer. Sagt die Oma: "Für
eine Zehnjährige bist du aber schon groß." antwortete sie: „Für eine Sechzigjährige bist du aber noch klein." Julie liebt es, auf Bäume zu klettern und EisenherzBücher zu lesen. Ihre Mutter meint, sie hätte wohl besser ein Junge sein sollen.
Simon will nicht Fußball spielen und wenn ihm nach Heulen ist, heult er …
Basierend auf einem Bilderbuch von Christian Bruel wurde das Stück zuerst für
Schülerinnen und Schüler der Ernst-Reuter-Schule II geschrieben. Schon dort
wurde auf Wunsch der (damaligen) Fünftklässler der Text erweitert und extra
eine Szene für die Darstellerin von Simons Mutter geschrieben. Auch in der
Probenzeit im Megalomania Theater kam Text dazu, aber auch Szenen mit Musik
(Cello und Geige), und ein Lied aus Bernsteins "Candide" erhielt einen zum Stück
passenden deutschen Text, den alle darstellenden Kinder singen.
Jetzige Spieldauer: Ca 80 Minuten
Ach, Julie! Liedtext
Oma
Diese Kleidung ist wirklich abscheulich,
do-ch Julie zieht sie freiwillig an.
Wie kann sie nur so etwas tragen
damit sieht sie ja aus wie ein Mann!
(ja sieht aus wie ein Mann)
Ihre Haare sind oft ganz zerstrubbelt
ihre Hosen nicht selten zerfetzt
Oh, was wird aus dem Kind denn nur
werden?
Ja das fragen die Leute entsetzt.
Refrain
Ach, Julie! Ach, Julie!
And're Mädchen benehmen sich auch
nicht wie du.
Es ist falsch, pass' dich an,
damit man dich brav nennen kann.
Lehrerin
In der Schule, da ist Julie vorlaut
und bei Lehrern fehlt ihr der Respekt.
Kann sie sich nicht ein bisschen beherrschen?
Ja dann wäre doch alles perfekt.
(wär‘ doch alles perfekt)
In den Pausen, da hat sie's nicht einfach
und Freunde die findet sie kaum
kriegt sie bald nicht doch noch die Kurve
Oh, wie halten wir sie nur im Zaum?
Eisenherz
Diese Julie sie ist doch recht seltsam
mit 'ner ganz eig'nen Philosophie
Wie ein Junge mit Schwert will sie
kämpfen
So ein Mädchen das traf ich noch nie
(ja das traf ich noch nie)
Für die Kampfkunst sind Frauen zu
schwächlich
das ist doch gemeinhin bekannt
doch gelten hier wohl and're Regeln
was ist das bloß für ein Land?
Melodie:
„What‘s the use?“ aus der Oper
„Candide“ von Leonard Bernstein
Julie
Warum müssen die andern nur meckern?
Oh, sind wir denn wirklich so schlimm?
Wer bestimmt denn was wirklich normal
heißt?
Und zum Kuckuck wie kriegt man das
hin?
(ja wie kriegt man das hin?)
Normal sein heißt sich zu verbiegen
doch das sehe ich gar nicht ein.
Ohne all diese Zwänge und Normen
wie schön könnt' das Leben sein!
Simon
Ach, Julie! Das hörst du wohl häufig
doch was ist damit denn gemeint?
ist einer denn gleich ein Weichei
wenn er ab und zu auch mal weint?
(wenn er auch mal weint)
Viel schöner wär's doch wenn jeder
so sein könnte wie er mag
das ersparte doch allen viel Ärger
oder rede ich etwa nur Quark?
Alle
Dieses Stück ist nun leider zu Ende
Doch Julie ist nun nicht mehr allein
Diese kleine Geschichte sie lehrt uns
Anders muss nicht gleich unnormal sein.
(nicht gleich unnormal sein)
Auch Simon der ist jetzt zufrieden
macht sich nichts mehr aus dem Drill
Er lässt sich nicht länger verbiegen
Und kann nun so sein wie er will.
Old Wicked Songs
Inhalt
Sophie war ein Wunderkind und hat die Lust am Klavierspielen verloren. Sie tritt
nicht mehr auf, obwohl ihr die-größten Konzertsäle offen stehen.
Mashkan ist eine Gesangslehrerin, eine der besten, aber ein schwieriger Mensch
mit einer schrecklichen Vergangenheit.
Sophie reist nach Wien, um bei Professor Schiller Unterricht zu nehmen. Der aber
schickt sie zu Mashkan, die sie zwingt Schumanns Dichterliebe einzustudieren, aber
nicht am Klavier. Sophie soll singen. Während der Übungsstunden kommt es zu
heftigen Auseinandersetzungen über die Rolle des Gesangs, der Notengenauigkeit,
aber auch über die Nazi-Vergangenheit, die beide prägt, die Lehrerin aus Wien und
die junge Amerikanerin.
Zwei Darsteller und ein Klavier sind alles, was auf der Bühne zu sehen ist, aber es
zeigt sich rasch, dass man nicht über Musik sprechen kann, ohne die Welt darum
herum (hier das vergangenheitsleugnende Wien der Waldheim-soll-Präsidentwerden-Zeit) und die Vergangenheit, die selbst wenn sie geleugnet und verdrängt
wird, auch diese beiden Menschen prägt.
Aus einem Interview mit Jon Marans
Unsere Schauspielerinnen und auch das mögliche Publikum sind sehr
jung. Für die meisten Leute ihrer Generation ist Schumann nicht "cool"
und Heine ein Teil von dem, was sie in der Schule überleben müssen.
Kannst Du diesen Menschen erklären, warum Du Schumann und Heine
ausgewählt hast?
Dies ist ein sehr autobiografisches Stück. Ich war Student an der Duke Universität.
Meine Hauptfächer waren Mathematik und Wirtschaft, aber ich hatte Musik als
Nebenfach, vor allem Gesang. Also musste ich die "Dichterliebe" studieren. Ich war
sofort begeistert von ihr, angezogen von der wütenden, leidenschaftlichen, dunklen
Poesie, mehr als von der Musik. Heine war ein junger Mann, Mitte zwanzig, als er
diese Gedichte schrieb, und in ihnen ist der Zorn und die Ironie, die Leidenschaft
und Enttäuschung eines jungen Mannes. Es gibt sogar ein wenig wilden Humor
darin, wenn er sich mit den aufregenden, frustrierenden Widersprüchen der Liebe
befasst. Als junger Mann mit meinem eigenen Zorn und meiner Enttäuschung und
Verwirrung, klammerte ich mich sofort an diese Worte.
Erst Jahre später, während ich an "Old Wicked Songs" arbeitete verliebte ich mich
wirklich in Schumanns Musik. Nicht nur die Musik, auch in seine Fähigkeit, dazu
Musik zu finden und zusätzliche Schichten den Worten hinzuzufügen, ihnen eine
noch dichtere Bedeutung zu geben.
Schumann selbst hatte genau diese sechzehn Gedichte sorgfältig ausgewählt, um
seine Version von Heines Geschichte zu erzählen. Sie aus seiner Sicht zu erzählen.
Bemerkenswerterweise befreit Heines letztes Gedicht, "Die alten bösen Lieder" den
Dichter nicht wirklich von seinem Schmerz, begräbt ihn nur. Schumann wollte diese
Befreiung, und so gibt es ein Nachspiel, wenn die Worte zu Ende sind. Dieses Nachspiel hat ein Vor-und Zurück von miteinander streitenden Gefühlen und steigert sich
schließlich zu einer musikalischen und emotionalen Befreiung. Und damit kann der
Dichter - hoffentlich - seinen Schmerz hinter sich lassen und muss nicht mehr zulassen, dass er ihn so tief verwundet. Es ist verblüffend, dass Schumann diese Art von
Reife und Tiefe des Verstehens besaß und doch erst 29 Jahre alt war.
Und auch wenn ich vermute, dass Schumann und Heine von jungen Leuten in
Deutschland heute als "un-cool" betrachtet wird, sollte es nicht so sein! Heine war
wirklich kein müder, gesetzter Mann. Sein Leben lang war er ein Rebell. Und wenn
man Schumanns musikalische Interpretation von - zum Beispiel - "Ich grolle nicht"
hört, klingt es fast, als würde ein wütender Rock dahinter schlagen. Die Verse
scheinen freundlich, aber die eindrucksvolle Musik läßt den Sänger "Ich grolle nicht"
aufschreien und macht klar, das der junge Dichter voller Zorn darüber ist, daß er von
einer jungen Frau fallengelassen wurde. In Wahrheit sagt er: "Ich grolle nicht,
Schlampe!" und gibt dann zu, was hinter dem Zorn zu finden ist: "Wenn auch mein
Herze bricht." Welcher junge Mensch kann das nicht nachvollziehen?
Die Komödie der Irrungen
Ein Stück von William Shakespeare
von William Shakespeare, übersetzt von Frank Günther
Stellen Sie sich vor, Sie wollen zum Essen zu Ihrer Frau nach Hause, aber Sie sind
schon da. Stellen sie sich weiter vor. Sie schicken Ihren Diener nach Geld, sehen Ihn
dann wieder, und er sagt, er habe es Ihnen doch gerade gegeben.
Um Verwechslungen geht es ununterbrochen in Shakespeares albernster, aber doch
kluger und sprachschöner frühen Komödie. Kein Idyllischer Wald, sondern die
Irrungen des Lebens erwarten Figuren und Zuschauer.
Warum Irre? Wieso Shakespeare?
Von der Aufführung im National Theatre in London wird mir ein Augenblick immer
in Erinnerung bleiben. Zwei Stunden lang haben sich die Figuren mit Lust und
Schrecken an der Nase herumgeführt, als eine ältere Frau auf einen alten Mann
zutrat, ihn lange anschaute und ihm, den Verzweifelten, seine Söhne, seine Familie
wiedergab. In diesem Augenblick war jede Komödienkonvention beiseite geräumt
und Leiden und Befreiung eines Menschen sichtbar, fühlbar.
Diese unglaubliche Nähe von großer Tragik und atemlosen Herumbalgen macht den
alten Will aus Stratford einzigartig und zeitlos.
Dabei ist die Komödie der Irren wirklich irre und verzichtet auf keinen Gag und kein
Wortspiel.
"Auf einen Lacher soll man nie verzichten", sagt ein kleiner ShakespeareSchauspieler in Lubitschs "To Be or Not to Be". So ist es - und gleich darauf geht
einem Egeons Schmerz zu Herzen.
Über die Theatergruppe
Die Megalomania Theatergruppe bezog Anfang 2014 einen großen Kellerraum in
einem alten Fabrikgebäude in Frankfurt Oberrad, den wir mit einer Bühne, zwei
Tribünen, einer Licht- und einer Soundanlage einrichteten.
Im Laufe des Jahres fanden einige Veranstaltungen statt. So hatten wir im September das englische Stück „Away from home“ von und mit Rob Ward zu Gast. Im
November feierte unser Kinderensemble mit „Ach, Julie!“ Premiere.
Nach den Vorstellungen im Holzhausenschlösschen kehren wir in unsere eigenen
Räume zurück.
Neue Stücke sind in Vorbereitung, einige werden dabei zum ersten Mal in Deutschland gezeigt.
Geplant ist die Inszenierung und Aufführung der Stücke „Summerhill“, „Der/Die
Neue“, „Kaugummileben“, „Jetzt oder später“ und „Der kaukasische Kreidekreis“.
Unsere Ensemble Mitglieder sind insgesamt
zwischen 9 und 25 Jahre alt.
Mitmachen kann bei uns jeder, der Spaß an
Bewegung und Sprache hat und Lust am
Arbeiten in einer Gruppe und Geduld mitbringt. Mitgliedsbeitrag gibt es keinen, dafür
werden auch keine Gagen gezahlt.