Die vollständige Regionalstudie 2012

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Die vollständige Regionalstudie 2012
NAB-Regionalstudie Aargau 2012
Der Kanton Aargau:
Demographie, Wohnen, Immobilienmarkt
2
Inhalt
Einleitung3
Konjunktur4
Standortqualität9
Bevölkerungsentwicklung und Migration
17
Wohnen und Immobilien
30
Fazit43
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14. September 2012
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Diese Publikation dient nur zu Informationszwecken. Die darin vertretenen Ansichten sind diejenigen des Economic Research der Credit Suisse zum Zeitpunkt der Drucklegung (Änderungen
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3
Einleitung
Die Schweiz ist ein Zuwanderungsland. Im Sommer 2012
die Aargauer Bevölkerung bereits seit längerem stärker als
hat die Anzahl Einwohner die Schwelle von 8 Millionen über­
das Schweizer Mittel.
schrit­ten. Während die Bevölkerungsentwicklung einst vor
Die Bevölkerungsentwicklung hat unmittelbare Auswir-
allem durch Geburten- und Sterberaten geprägt ­
wurde,
kungen auf den Immobilienmarkt. Neuer Wohnraum wird
wächst die heutige Schweiz hauptsächlich aufgrund der
geschaf­fen, bestehende Flächen werden umgenutzt, neue
Zuwanderung. Noch bis ins 19. Jahrhundert war dies an-
werden bebaut. Das aktuelle Zinsumfeld hat die Nachfrage
ders: Hunger und mangelndes Ackerland zwangen ­grosse
nach Wohneigentum zusätzlich angekurbelt; das Wunsch-
Bevöl­
kerungsteile, in die damals «neue Welt» überzusie-
objekt zahlreicher Zürcher, Zuger und Basler Haushalte
deln – Ortschaften wie New Berne, North Carolina, zeu-
liegt dabei jedoch oft im Aargau. Bau- und Immo­bi­lien­unter­
gen noch ­heute von den Schweizer Auswanderern. Auch
neh­mer profitieren von einer stabilen Nachfrage; weitere
heute basie­
­
ren Wanderungsbewegungen hauptsächlich
Wirtschaftsbereiche, etwa der Detailhandel, sind indirekte
auf wirtschaftlichen Überlegungen: Ein schweizweit und
Nutzniesser.
europaweit zusam­men­hän­gen­der und weitgehend offener
Ziel der NAB-Regionalstudie 2012 ist es, die Bevölkerungs-
Arbeits­markt ermöglicht es Arbeitskräften, grossräumig, das
entwicklung in den Aargauer Regionen sowie deren Auswir-
heisst international, nach neuen Stellen zu suchen. In ­einer
kungen auf die lokalen Immobilienmärkte aufzuzeigen. Die
kleinräumigen und eher natio­na­len Sicht steht vor ­allem die
damit einhergehenden strukturellen Veränderungen sowie
Optimierung der Wohnsituation im Vordergrund. Auch das
die künftigen Aussichten werden ebenfalls thematisiert.
löst wiederum Wanderungsbewegungen aus, ­zumal inner-
Die Frage, wo der Aargau momentan am stärksten wächst,
halb der Schweizer Zentren der Wohnraum knapper und
steht dabei im Fokus. Um die Nachfrage nach Wohn­objek­
teurer wird. Ein Wunschobjekt lässt sich deswegen aus­
ten zu analysieren, haben wir die Nutzerdaten der NAB-
ser­halb oft einfacher finden und finanzieren. Kommt hinzu,
eige­nen Immo­bi­lien­platt­form nabhome.ch ausgewertet. So
dass effi­ziente Strassen- und Bahnverbindungen die räum-
können wir zeigen, welche Aargauer Gemeinden im Fokus
liche Trennung von Wohn- und Arbeitsort immer besser
von poten­tiel­len Käufern stehen. Zusätzlich betrachten wir
ermöglichen.
die aktuellen konjunkturellen Entwicklungen, welche mit der
Der Aargau zählt seit 2010 zu den drei attraktivsten Schwei-
Demographie und dem Immobilienmarkt verknüpft sind.
zer Kantonen im Standortqualitätsindikator der Credit
­Suisse. Zusätzlich weisen seine Gemeinden eine hohe finanzielle Wohnattraktivität auf. Mittelstandshaushalte leben hier
deutlich günstiger als etwa in den nahe gelegenen Zentren
Zug, Zürich und Basel. Die Bevölkerungsentwicklung ist eng
an die Standortqualität gebunden. Attraktive Standorte verfügen tendenziell über eine erfolgreichere Wirtschaftsentwicklung und ziehen neue Einwohner an. Mit seiner hohen
Standortqualität und dank der vergleichsweise günstigen
wirtschaftlichen Entwicklung der Schweiz profitiert der Kanton Aargau seit einigen Jahren von einer regen Zuwanderung, einerseits aus dem Ausland, andererseits aus Nachbarkantonen. Seine hohe Attraktivität für Familien verjüngt die
Bevöl­kerung und belebt die Gemeinden. Insgesamt wächst
4
Konjunktur
Die Schweizer Volkswirtschaft ist stark von der internatio-
Strukturelle Vorteile verschaffen der Schweizer Wirtschaft
nalen Konjunkturentwicklung abhängig. Sie wird daher in-
auch 2013 eine gute Ausgangslage. Dank dem Status als
direkt von den Turbulenzen im Zuge der Eurokrise erfasst.
rer Hafen» und der tiefen Staatsverschuldung ist
«siche­
Die Weltwirtschaft zeichnet sich 2012 durch moderates
Kapi­tal so günstig wie nie. Die tiefen Zinsen stützen die
Wachstum, grosse regionale Unterschiede sowie zahlrei-
Nach­frage nach Bauinvestitionen und verschaffen Haus-
che Unsicherheiten aus. Schwächste Weltregion bleibt die
halten und Unter­neh­men sowie dem Staat namhafte finan-
südliche «Peripherie» Europas, die in der Rezession verharrt.
zielle Entlastungen. Der flexibel ausgestaltete Arbeitsmarkt
Sparmassnahmen, hohe Risikoprämien sowie Engpässe in
bleibt attrak­
tiv – entsprechend dürfte die Zuwanderung
der Kreditvergabe lassen auch 2013 keine robuste Konjunk-
nichts von ihrer Dynamik einbüssen. Das dadurch höhe-
tur erwarten. Die Realwirtschaft in «Kerneuropa» profitiert
re Wachstumspotential schlägt sich insbesondere in einer
von der äusserst lockeren Geldpolitik, weshalb hier mit einem
Zunahme des Privatkonsums nieder. Gleichzeitig gibt die
höhe­ren Wachstum zu rechnen ist.
Nationalbank durch die Verteidigung der Frankenunter-
In den USA befinden sich der Immobiliensektor und der
grenze
Arbeits­markt zwar auf Erholungskurs, doch ist die Un­sicher­
womit sich die Lage für die Schweizer Exporteure weiter
heit über Ausgabenkürzungen des Staates ein Wachstums-
verbessert. In Anbetracht dieser Faktoren halten wir an un-
hemmnis. Wir gehen jedoch davon aus, dass nach den Wahlen
serer Prognose vom März 2012 fest, wonach die Schweizer
im November ein Kompromiss gefunden wird, der Steuer­
Wirtschaft 2013 um 1.5 % expandieren wird (Abbildung 1).
erhöhungen und Ausgabensenkungen in Grenzen hält.
Trotz intakter Aussichten bleiben Unsicherheit und Nervosi-
Auch in zahlreichen Schwellenländern, ins­be­son­dere China,
tät 2013 ständige Wegbegleiter. Das Jahreswachstum ver-
­dürfte sich das Wachstum 2013 nicht merklich beschleu­ni­
birgt die zu erwartende hohe Volatilität. Von Monat zu Monat
gen. Zu stark spüren sie die Schwäche der Handelspartner in
sind grosse Schwankungen zu erwarten. Auch versperrt das
­Europa. Angesichts wachsender Inflationsrisiken sind zudem
Durchschnittswachstum den Blick auf «Einzelschicksale». So
nur noch in begrenztem Mass geld- und fiskalpolitische Sti-
können sich beispielsweise nicht alle Exportbranchen gleich
mulusmassnahmen zu erwarten.
gut behaupten. Die positive Umsatzentwicklung ­wurde stark
fortgesetzte
währungspolitische
Schützenhilfe,
Die Schweizer Wirtschaft präsentiert sich äusserst robust
gegenüber dem Krisenumfeld im Ausland. Das Brutto­inland­
pro­dukt (BIP) lag im 2. Quartal 2012 laut Angabe des Staats-
Abbildung 1
Prognosen für die Schweizer Volkswirtschaft
Reale Veränderung in Prozent gegenüber dem Vorjahr
(zu Preisen des Vorjahrs); p: Prognose
sekretariats für Wirtschaft (Seco) um 0.5 % über seinem Vorjahresstand. Der Arbeitsmarkt erweist sich als robust: Die
2010
2011
2012 p
2013 p
Arbeitslosenquote ist mit unter 3 % eine der tiefsten welt-
Bruttoinlandprodukt, real
3.0
1.9
0.5
1.5
weit, und allein in den vergangenen zwölf Monaten sind ­netto
Privater Konsum
1.6
1.2
1.5
1.5
knapp 50’000 Stellen geschaffen worden. Zudem ist die
Staatlicher Konsum
0.7
2.0
1.5
1.0
vielerorts befürchtete Konsumflaute ausgeblieben, und allen
Ausrüstungsinvestitionen
5.8
5.2
0.0
3.0
Unkenrufen zum Trotz konnte das Exportvolumen gehalten
Bauinvestitionen
3.5
2.4
1.5
2.0
werden. Dank der Stabilisierung des Wechselkurses vor
Exporte (Güter und Dienstleistungen)
7.8
3.8
0.0
4.0
einem Jahr dürfte der Margentiefpunkt im Exportgeschäft
Importe (Güter und Dienstleistungen)
7.4
4.2
2.0
3.0
durchschritten sein. Die Exporteure konnten seither Preis-
Arbeitslosenquote in Prozent
3.9
2.8
2.9
3.0
steigerungen von bis zu 10 % durchsetzen und ihre Kosten
Inflationsrate
0.7
0.2
–0.3
1.0
dank gefallener Importpreise senken.
Quelle: Staatssekretariat für Wirtschaft, Credit Suisse Economic Research
5
durch die Uhren- und die Nahrungsmittelindustrie getrieben,
Teuerungsraten wieder positive Vorzeichen aufweisen wer-
während andere Branchen – wie die Maschinenindustrie –
den, dürfte das milde Teuerungsklima noch eine ganze Weile
einen Rückgang im zweistelligen Prozentbereich hinneh-
anhalten. Dies allein schon deshalb, weil sich die wiederhol-
men mussten. Auch das Beschäftigungswachstum ist alles
ten Zinssenkungen aufgrund der expansiven Geldpolitik der
­andere als breit abgestützt. Der Stellenzuwachs ist nur weni-
Nationalbank über den träge reagierenden Referenzzinssatz
gen Branchen zu verdanken, namentlich dem Gesundheits-
mietpreissenkend auswirken. Gemäss unserer Einschätzung
wesen, dem Bau und damit verbundenen Branchen, der Ver-
ist in den nächsten zwölf Monaten ausserdem nicht mit einer
waltung und der Uhrenindustrie.
Zinsstraffung zu rechnen.
Darüber hinaus türmen sich aufgrund des nunmehr fünf
­Jahre dauernden ständigen Krisenmodus zahlreiche Risi-
Regionales Konjunkturbarometer
ken auf. Die Geldschwemme, welche die Nationalbank zur
Da keine offiziellen Daten über das kantonale Bruttoinland­
Verteidigung der Wechselkursuntergrenze von CHF 1.20 pro
produkt vorliegen, muss die Beurteilung der regionalen
Euro schafft, birgt ein hohes Inflationspotential. Zwar wird
Konjunktur auf indirektem Weg erfolgen. Dazu haben wir
die Liquidität derzeit gehortet, und entsprechend gering ist
für die Schweizer Kantone ein System von vierteljährlichen
ihr Einfluss auf die Realwirtschaft. Doch im Zuge einer all-
Konjunkturindikatoren entwickelt. Die Analyse beruht auf
fälligen Erholung der Weltwirtschaft müsste die Geldmenge
folgenden Grössen: gemeldete offene Stellen, Importe,
zweifellos rasch wieder abgeschöpft werden. Die Kunst wird
Exporte, Logiernächte, Neuzulassungen von Fahrzeugen
­
darin bestehen, den richtigen Zeitpunkt zu treffen. Gleich-
sowie Baubewilligungen und Baugesuche im Hochbau. Das
zeitig nimmt mit steigenden Immobilienpreisen die Sorge
Kon­junk­tur­baro­meter, das aus diesen Indikatoren abgeleitet
um eine Immobilienblase zu. Dabei sind die Preissteige-
wird, ermöglicht es, die konjunkturelle Entwicklung eines
rungen Folge einer nachfragegetriebenen Überbewertung
Kantons darzustellen, indem Tendenz und Wendepunkte der
und keine spekulative Preisblase. Und einer der wichtigsten
wirtschaftlichen Aktivität dargestellt werden. Es ermöglicht
Wachstumspfeiler der letzten Jahre gerät unter Druck: Die
jedoch nicht, Schlüsse über das Niveau der Wirtschaftstätig-
Zuwanderung wird mehr und mehr zu einem Politikum. Dar­
keit zu ziehen oder genaue Prognosen zu erstellen. Demnach
über hinaus nimmt der internationale politische Druck auf die
signalisiert eine Ab­nahme des Indikators eine Wachstums-
Schweiz zu, was unserem Land ebenso viel Diplomatie wie
verlangsamung, aber nicht zwangsläufig eine Rezession.
auch Standfestigkeit abverlangt.
Den aktuellen Rand des Konjunkturbarometers bildet das 2.
Die Teuerung dürfte 2013 im Jahresdurchschnitt um 1 % über
Quartal 2012. Da dieses Baro­meter einen Vorlauf von ­einem
dem Vorjahreswert zu liegen kommen, nach einem Rückgang
Quartal besitzt, sind Prognosen bis zum 3. Quartal 2012
von 0.3 % in diesem Jahr. Die derzeit negative Teue­rungs­
möglich.
rate ist eine verzögerte Auswirkung der Frankenaufwertung
Abbildung 2 zeigt die Entwicklung des regionalen Kon-
bis zur Einführung des Mindestkurses vor einem Jahr sowie
junkturbarometers für den Kanton Aargau und die Schweiz.
das Resultat der Preiseinbrüche auf den Rohstoffmärkten
Auf Landesebene lässt sich die konjunkturelle Stimmungs-
– namentlich von Erdöl – im Frühling. Durch die Stabilisie-
verbesserung der Jahre 2002 bis 2007 erkennen, die erst
rung des Wechselkurses hat der Franken an preissenken-
2005 in einen breiten Aufschwung mündete. Danach erfolgt
der Wirkung verloren. Die Zeit starker Preisrückgänge auf
der steile Absturz, welcher hauptsächlich von der Abküh-
Importprodukten nähert sich demnach ihrem Ende. Zudem
lung der globalen Nachfrage im Nachgang der Finanzkrise
haben sich die Rohstoffpreise wieder erholt, was das Preis-
und dem Schock der Lehman-Pleite ausgelöst wurde. Es
niveau in der Schweiz in die Höhe treibt. Doch auch wenn die
­folgte eine ebenso rasche Erholung, die unter anderem auf
6
Abbildung 2
Regionales Konjunkturbarometer
Synthetischer Indikator
4
3
2
1
0
–1
–2
–3
–4
–5
1997
AG
1999
2001
2003
2005
2007
2009
2011
CH
Quelle: Credit Suisse Economic Research
die ­robuste Binnenkonjunktur und die Nachfragestimulation
In Abbildung 3 sind die Komponenten des Kon­junk­tur­baro­
durch die staat­li­chen Konjunkturprogramme zurückgeht. Am
meters für die letzten fünf Quartale dargestellt. Während
aktuel­len Rand zeigen die Tendenzen erneut gegen unten.
die Exporte gesamtschweizerisch ein über alle Quartale
Einer­seits verteuert der weiterhin starke Schweizer Franken
stetiges Wachstum aufweisen, verzeichnete der Aargau ab
die ­Exporte, andererseits wird die ausländische Nachfrage
Ende 2011 einen leichten Rückgang der Aussen­han­dels­
durch die erneu­ten Unsicherheiten im Finanzsektor und bei
tätig­keit. Grund dafür ist der Branchen- und Produktemix,
den Staatsfinanzen gebremst. Der Konjunkturverlauf im
der im Aargau vor allem aus Maschinen, Elektrotechnik und
Kanton Aargau folgt weitgehend den nationalen Entwick-
weiteren Investitionsgütern besteht. Diese sind schweizweit
lungen; an einigen Stellen sind ­jedoch klare Abweichungen
mit rückläufigen Aussenhandelszahlen konfrontiert. Schwei-
sichtbar. Während der ab 2002 einsetzenden, hauptsächlich
zer Uhren und weitere Luxusgüter sowie Chemie-/Pharma-
von der Indus­trie angetriebenen Stimmungsverbesserung
produkte werden im Ausland nach wie vor in hohem Masse
verlief die Entwicklung im Aargau leicht verzögert, nahm
nachgefragt. Deren Anteil am Aargauer Exportportfolio ist –
­jedoch einen steileren Verlauf als das Landesmittel. Zusätz-
im Gegensatz zur Gesamtschweiz – jedoch sehr gering, was
lich war der Einbruch ab 2007 im Aargau vergleichsweise
den unterschiedlichen Verlauf erklärt. Mit dem 2. Quartal des
geringer. Am aktuel­len Rand zeigt das Kon­junk­tur­baro­meter
laufenden Jahres ist die Aargauer Exportwirtschaft jedoch
für den Kanton eine Trendwende an; dies im Gegen­satz zum
wieder in die Wachstumszone zurückgekehrt. Auf Seite der
schweizweiten Verlauf.
Importe sind die aktuellen Quartale von einer Wachs­tums­
7
Abbildung 3
Regionale Konjunkturindikatoren
Durchschnitt der letzten vier Quartale, Wachstum gegenüber Vorjahresperiode in Prozent, Arbeitslosenquote in Prozent
Kanton Aargau
Schweiz
2011 II
2011 III
2011 IV
2012 I
2012 II
2011 II
2011 III
2011 IV
2012 I
2012 II
43.6 %
44.6 %
43.5 %
33.8 %
17.0 %
30.9 %
24.1 %
16.4 %
4.3 %
–6.2 %
Arbeitslosenquote
2.8 %
2.7 %
2.9 %
3.2 %
2.9 %
2.9 %
2.8 %
3.1 %
3.3 %
3.0 %
Exporte von Waren
0.3 %
0.5 %
–1.2 %
–1.9 %
1.6 %
4.5 %
3.6 %
3.3 %
2.5 %
2.2 %
Importe von Waren
11.4 %
9.8 %
4.7 %
3.1 %
4.0 %
4.1 %
1.9 %
–0.1 %
–0.9 %
–0.1 %
Baubewilligungen Hochbau
18.2 %
24.5 %
25.5 %
18.5 %
4.1 %
14.5 %
17.9 %
16.8 %
13.0 %
7.2 %
8.8 %
9.1 %
3.4 %
–3.4 %
–3.0 %
9.5 %
9.8 %
7.6 %
5.1 %
5.6 %
Offene Stellen
Baugesuche Hochbau
Logiernächte in der Hotellerie
Neuzulassungen Fahrzeuge
3.5 %
3.2 %
1.5 %
–1.1 %
–2.6 %
0.8 %
–1.3 %
–2.0 %
–2.7 %
–3.8 %
13.4 %
18.7 %
21.2 %
18.7 %
16.6 %
9.1 %
10.7 %
13.3 %
11.6 %
12.4 %
Quelle: Bundesamt für Statistik, Staatssekretariat für Wirtschaft, Eidgenössische Zollverwaltung, Schweizer Baublatt, Credit Suisse Economic Research
abschwä­chung geprägt; ein Rückgang findet jedoch nicht
statt.
Abbildung 4
Die Binnenwirtschaft erweist sich sowohl für den Aargau als
auch für die anderen Teile der Schweiz als Kon­junk­tur­stütze.
Exportbarometer Kanton Aargau
In Standardabweichungen; Exporte als gleitender
6-Monate-Durchschnitt
3
Die Zahl der Baugesuche ist aktuell zwar rückläufig, was
wegen der hohen Bautätigkeit in den Vorquartalen teil­weise
2
einen Basiseffekt darstellt. Die Entwicklung der Baubewilligungen lässt für die nächsten Quartale jedoch auf eine vorerst noch rege Baukonjunktur schliessen. Die Entwicklung
der Logiernächte ist schweizweit und seit neuerem auch im
Aargau rückläufig. Wenn auch der Tourismus für den Aargau
1
0
­keine dominierende Branche darstellt, so sind die ansässigen Hotelleriebetriebe dennoch mit den Herausforderungen
–1
Wachstumsschwelle
der starken Währung konfrontiert. Ihre stärkere Ausrichtung
auf geschäftsbezogene Reisen wirkt stabilisierend, was den
–2
– im Schweizer Vergleich – geringeren Rückgang ­erklärt.
Neben den Logiernächten stellt die Zahl der Neu­zulas­sun­
–3
gen von Fahrzeugen einen weiteren Konsumindikator dar.
Die Wechselkurssituation macht die Anschaffung von Fahrzeugen momen­tan sehr attraktiv, und die Aargauer machen
–4
Exporte Kanton Aargau
Exportbarometer Kanton Aargau
Exporte Schweiz
2003
2004
2005
2006
2007
2008
2009
2010
2011 2012
davon rege Gebrauch, was sich am hohen Wachstum zeigt.
Der Arbeits­markt ist von den Turbulenzen in anderen Kon-
Quelle: OECD, Eidgenössische Zollverwaltung, Credit Suisse Economic Research
8
junkturbereichen weiterhin nicht betroffen. So bleibt die
gegenüber dem Vorjahr deutlich eingetrübt. Die Kombina-
Arbeits­
losig­
keit im Kanton Aargau unter dem Schweizer
tion aus dem weiterhin starken Schweizer Franken und der
Durchschnitt. Im August 2012 lag die Quote bei 2.6 % . Die
schwächelnden internationalen Nachfrage wirkt bremsend
Zahl der offenen Stellen nimmt im Aargau – im Gegensatz
auf die Exporte. Doch mit dem von der Schweizerischen
zur gesamt­schwei­ze­ri­schen Entwicklung – zu, wenn auch
Natio­nal­bank eingeführten Mindestkurs für den Euro und der
nicht mehr so stark wie in den Vorquartalen.
daraus abgeleiteten Stärkung des US-Dollars gegen­über
Eine prospektive Einschätzung der Entwicklung im Aussen-
dem Franken haben die Exporteure seit September 2011
handel erlaubt unser Exportbarometer. In Abbildung 4 sind
eine günstigere Währungssituation und verfügen über eine
die Aussenhandelsperspektiven für den Kanton Aargau
deutlich höhere Planungssicherheit. Zudem lässt die kon-
dargestellt. Das Exportbarometer beruht auf wichtigen Vor-
junkturelle Entwicklung in den Abnehmerländern gemäss
laufindikatoren (namentlich Einkaufsmanagerindizes) für
Exportbarometer auf eine leicht zunehmende Exporttätig-
die Industrie in den 26 wichtigsten Abnehmerländern der
keit schlies­sen.
1
Schweiz. Sie werden monatlich ermittelt und geben den
Verlauf der Industriekonjunktur mit einem Prognosehorizont von ungefähr einem halben Jahr an. Die Werte dieser
Vorlaufindikatoren werden standardisiert, mit dem Export­
anteil des jeweiligen Landes gewichtet und zum Export­
baro­meter zusammengefasst. Am aktuellen Rand erlaubt
das Baro­meter damit einen Ausblick auf die nähere Zukunft.
Die ­Werte des Exportbarometers sind in der Abbildung um
sechs Monate zurückversetzt, so dass die Korrelation mit den
tatsächlichen Exportwerten sichtbar ist. Damit lässt sich die
Pro­gnose­quali­tät des Indikators zeigen.
Aufgrund rückläufiger Nachfrage in den wichtigsten Abnehmerländern hat das Exportbarometer Mitte 2008 einen drastischen Einbruch erfahren. Dieser geht den tatsächlichen
Rückgängen im Aussenhandel voraus. Mitte 2009 hat sich
das Blatt gewendet, und die Exportaussichten haben ­einen
steilen Erholungspfad eingeschlagen. Seit Anfang 2010
befin­
det sich der Indikator ununterbrochen oberhalb der
Wachstumsschwelle, teilweise jedoch unterhalb des langfristigen Durchschnitts, der durch die Nulllinie dargestellt
wird. Am aktuellen Rand sind die Wachstumsperspektiven
1 Die Arbeitslosenquote wurde im Juni 2012 revidiert und auf die Basis der
Erwerbsbevölkerung von 2010 gestellt. Gegenüber der vormaligen Berechnung,
welche auf der Erwerbsbevölkerung von 2000 beruht, entsteht für den
Kanton Aargau eine Differenz von –0.3 Prozentpunkten. Dies lässt darauf schliessen, dass die Erwerbsbevölkerung seit 2000 deutlich zugenommen hat.
Die starke Zunahme im Aargau entspricht prozentual der gesamtschweizerischen Entwicklung.
9
Standortqualität
Länder, Regionen und Kommunen konkurrieren in einem
an Intensität zunehmenden Standortwettbewerb um Inves-
Abbildung 5
Standortqualität der Schweizer Kantone 2012
Synthetischer Indikator, CH = 0,
Steuerbelastung für das Jahr 2011
toren, Arbeitsplätze und vor allem um das entsprechende
2.5
globalen Wettbewerbs sind es zunehmend die regionalen
2
Standortfaktoren, welche nachhaltige Wettbewerbsvorteile
1.5
verschaffen. Die Pflege dieser Standortfaktoren zählt daher
1
zu den zentralen Aufgaben der staatlichen Entscheidungs-
0.5
ebenen und ist Voraussetzung für deren wirtschaftlichen
0
Erfolg.
Standortqualität der Schweizer Kantone
Um die Standortqualität von Schweizer Kantonen und Regio­
ZG
ZH
AG
NW
GE
BS
SZ
TG
SH
OW
BL
AR
LU
SO
SG
ten Strukturwandels und einer spürbaren Verschärfung des
AI
VD
BE
GL
GR
FR
UR
TI
VS
NE
JU
Steueraufkommen. Vor dem Hintergrund eines ausgepräg-
–0.5
–1
–1.5
nen zu messen und miteinander zu vergleichen, haben wir
einen Standortqualitätsindikator (SQI) entwickelt. Dieser
Quelle: Credit Suisse Economic Research
Indikator beruht auf folgenden fünf Standortfaktoren: der
Steuerbelastung sowohl von natürlichen als auch juristischen
Personen, dem Ausbildungsstand der Bevölkerung, der Ver-
Ausbildung auf Tertiärstufe verfügt. Die verkehrstechnische
fügbarkeit von Hochqualifizierten sowie der verkehrstechni-
Erreichbarkeit wird für den motorisierten Individualverkehr
schen Erreichbarkeit. Qualitative Standortfaktoren sind zwar
und für den öffentlichen Verkehr berechnet. Neben den
von Bedeutung, sind aber nicht oder nur schwer zu quantifi-
Fahrzeiten zwischen den einzelnen Gemeinden bzw. Ver-
zieren und unterliegen zumeist einem Werturteil, was deren
kehrsknoten wird dabei auch das zugehörige Potential an
Vergleichbarkeit erschwert. Aus diesem Grund werden sie
Einwohnern und Arbeitsplätzen berücksichtigt. Beim Stand-
in diesem Indikator bewusst nicht berücksichtigt. Im Fall von
ortqualitätsindikator handelt es sich um einen relativen Index,
Standorten mit ausgeprägter touristischer Ausrichtung ist
bei welchem der Wert für die ganze Schweiz bei null liegt.
jedoch festzuhalten, dass solche qualitativen Faktoren einen
Positive Werte des Indikators weisen auf eine höhere, nega-
nicht unwesentlichen Teil von deren Attraktivität ausmachen.
tive Werte auf eine tiefere Standortqualität im Vergleich zum
Für die Steuerbelastung der natürlichen Personen werden
gesamtschweizerischen Durchschnitt hin.
­sowohl das Niveau wie auch die Progression der Einkom-
In Abbildung 5 sind die Werte des Standortqualitätsindika-
mens- und Vermögenssteuern berücksichtigt. Die Steuer­
tors der Schweizer Kantone für das Jahr 2012 abgebildet.
belas­
tung von juristischen Personen beruht auf einer
Ein Wert in der Bandbreite zwischen +0.3 und –0.3 kann als
Auswertung der Reingewinn- und Kapitalsteuern. Der Aus-
im Schweizer Mittel liegend interpretiert werden. Der Aargau
bildungsstand der Bevölkerung wird durch den Anteil der
verteidigt seinen 3. Rang auf der Skala der 26 Schweizer
Personen an der Bevölkerung im Alter zwischen 19 und 69
Kantone. Seit 2010 ist er auf dem Podest hinter Zug und
Jahren gemessen, welche mindestens eine ab­ge­schlos­sene
Zürich positioniert. Damit zählt er weiterhin zu den attraktivs-
Berufslehre aufweisen. Für die Verfügbarkeit von hochqua-
ten Standorten für Unternehmen und Private. Während die
lifizierten Arbeitskräften wird der Anteil der Bevölkerung
beiden Nachbarkantone im Indikator mittelfristig uneinhol-
zwischen 25 und 69 Jahren berücksichtigt, der über eine
bar in Führung liegen, sind die Abstände zu den nachfolgen-
10
den Kantonen Nidwalden und Genf gering. Im Vergleich zu
den unmittelbar angrenzenden Kantonen Basel-Landschaft,
Abbildung 6
Standortqualität ausgewählter Regionen 2012
Synthetischer Indikator, CH = 0,
Steuerbelastung für das Jahr 2011
Luzern, Solothurn und Bern weist der Aargau jedoch einen
beträchtlichen Attraktivitätsvorsprung auf.
In Abbildung 6 sind die Werte des Standortqualitätsindikators für die Aargauer Wirtschaftsregionen und einige Ver-
Oberaargau
Grenchen
Olten/Gösgen/Gäu
Oberes Baselbiet
Sursee/Seetal
Schaffhausen
Aarau
Basel-Stadt
Fricktal
Freiamt
Luzern
Brugg/Zurzach
Bern
0
Unterland
­ergibt daher ein detaillierteres Bild.
0.5
Baden
tung der Standortqualität auf Stufe der Wirtschaftsregionen
Limmattal
rer Gebiete ein Informationsverlust entsteht. Eine Betrach-
1
Mutschellen
durch die Aggregation der Werte stärkerer und schwäche-
1.5
Knonaueramt
die Standortqualität und ihre Komponenten zu bemessen, da
Zürich-Stadt
Die kantonale Ebene stellt eine suboptimale Einheit dar, um
2
Lorzenebene/Ennetsee
Standortqualität im regionalen Vergleich
AG
2.5
–0.5
gleichsgebiete in anderen Kantonen dargestellt. Wie der
Aargau insgesamt erreichen auch sämtliche seiner Teil­regio­
Quelle: Credit Suisse Economic Research
nen eine klar überdurchschnittliche Standortqualität. Am
attraktivsten positionieren sich die Regionen Mutschellen
und Baden, welche mit dem 7. bzw. 9. Rang unter den 110
Steuerfüsse tiefer angesetzt als das kantonale Mittel; inso­
Schweizer Wirtschaftsregionen auch landesweit zu den Spit-
fern können sie sich günstiger positionieren als die Nach-
zenreitern zählen. Die Zuger Region Lorzenebene/Ennetsee
barregionen. Bei den beiden Faktoren Ausbildungsstand der
sowie ­Zürich-Stadt vermögen sich klar attraktiver zu posi­tio­
Bevölkerung und Verfügbarkeit von Hochqualifizierten klas-
nie­ren. Gegenüber den ebenfalls suburban geprägten Zür-
sifiziert sich der Aargau insgesamt im Landesmittel. Aller-
cher Regionen Knonaueramt, Limmattal und Unterland ver-
dings weisen Baden und Mutschellen, die nahe dem grossen
mögen sich die beiden Aargauer Nachbarn jedoch bestens
Arbeitsmarkt für Hochqualifizierte der Region Zürich liegen,
zu behaupten. Mit etwas Abstand folgen die weniger nahe
auch in diesen beiden Kategorien Vorteile gegenüber den
am Zentrum Zürich gelegenen Regionen Brugg/­Zurzach,
anderen Aargauer Regionen auf.
Freiamt, Fricktal und Aarau. Diese positionieren sich auf der
Der grösste Standorttrumpf des Kantons Aargau ist die
­Skala der Regionen auf Rängen zwischen 20 und 30 und
verkehrstechnische Erreichbarkeit. Mit seiner Lage zwi-
werden damit ebenfalls als recht attraktiv eingestuft.
schen den Zentren Zürich, Basel, Bern und Zug beherbergt
Die Komponenten der Standortqualität der Aargauer Regio-
der ­Aargau die wichtigsten Verkehrsachsen der Deutsch-
nen sind in Abbildung 7 dargestellt. Anhand dieser Darstel-
schweiz. Insofern sind die Verbindungswege in die wichtigs-
lung lässt sich die individuelle Positionierung näher erläutern.
ten wirtschaftlichen Zielgemeinden kurz und effizient, was
Der Kanton Aargau weist bei der Steuerbelastung sowohl der
in einem hohen Erreichbarkeitswert resultiert. Die Tatsache,
natürlichen wie auch der juristischen Personen eine günstige
dass es sich dabei um ein nur schwierig veränderbares Krite-
Positionierung auf. Während die juristischen Personen kan-
rium handelt, sichert dem Kanton diesbezüglich einen lang-
tonsweit identische Abgaben entrichten müssen, beste­hen
fristig gültigen Standortvorteil.
auf Seite der natürlichen Personen Unterschiede. Die Gemeinden der Regionen Mutschellen sowie Baden haben ihre
11
Abbildung 7
Komponenten der Standortqualität 2012
Synthetische Indikatoren, CH = 0, Steuerbelastung für das Jahr 2011
2.5
AG
Aarau
Brugg/Zurzach
Baden
Mutschellen
Freiamt
Fricktal
2.0
Stärke
1.5
1.0
0.0
–0.5
Steuerbelastung der
natürlichen Personen
Steuerbelastung der
juristischen Personen
Ausbildungsstand der
Bevölkerung
Verfügbarkeit von
Hochqualifizierten
Verkehrstechnische
Erreichbarkeit
Schwäche
CH-Mittel
0.5
Quelle: Credit Suisse Economic Research
Frei verfügbares Einkommen als Parameter der
Abbildung 8 zeigt die Werte des RDI-Indikators (Regional
finanziellen Wohnattraktivität
Disposable Income) für die Schweizer Kantone. Dieser stellt
Nicht überall ist das Leben gleich teuer. Neben den Unter-
das frei verfügbare Einkommen für einen breit gefassten
schieden in der Steuerbelastung wird die finanzielle Wohn­
Mittel­stand dar. Der Kanton Aargau, auf dem 14. Rang, findet
attrak­
ti­
vi­
tät einer Gemeinde durch zusätzliche Faktoren
sich in einem breiten Mittelfeld wieder, auf vergleichbaren
bestimmt. Unterschiedliche Immobilienpreise, Krankenversi-
Niveau mit seinen Nachbarn Luzern und Solothurn. Die Ein-
cherungsprämien, Familienzulagen sowie weitere Faktoren
wohner der Kantone Zug und Bern dagegen müssen bereits
ergeben in der Summe erhebliche Differenzen zwischen den
tiefer in die Tasche greifen. Bedeutend teurer ist das Wohnen
Wohnorten. Die finanzielle Wohnattraktivität einer ­Gemeinde
in den Nachbarkantonen Basel-Landschaft und Zürich. Am
wird durch das frei verfügbare Einkommen umfassend aus-
günstigsten lebt der Durchschnittshaushalt in den Kantonen
gedrückt. Es stellt denjenigen Betrag dar, welcher einem
Uri und Glarus. Der Kanton Genf ist mit einer Ausprägung
Haushalt nach Abzug sämtlicher Zwangsabgaben und Fix-
von knapp –4.0 der deutlich teuerste Kanton der Schweiz.
kosten zur Verfügung steht.
Ebenfalls übermässig tief in die Tasche greifen muss der
2
Durchschnittshaushalt in den Kantonen Basel-Stadt und
2 Für weitere Erläuterungen zum frei verfügbaren Einkommen vgl. «Der Kanton
Aargau: Öffentliche Finanzen, Steuern und Standortqualität (NAB-Regional­
studie Aargau 2011)» sowie die Credit Suisse-Studie «Wohnen und Pendeln:
Wo lebt sich’s am günstigsten? Das verfügbare Einkommen in der Schweiz».
Waadt.
Eine hohe finanzielle Wohnattraktivität kann entweder auf
tiefen Fixkosten, auf tiefen obligatorischen Abgaben oder
12
Abbildung 8
­einer Kombination dieser Vorteile beruhen. Zu den Fixkosten
Frei verfügbares Einkommen in den Schweizer Kantonen
(RDI-Indikator) 2011
zählen vor allem Wohn- und Nebenkosten, während die obli-
Ohne Pendelkosten; synthetischer Indikator, CH = 0
gatorischen Abgaben aus Steuern, Sozialabgaben und Krankenkassenprämien bestehen. Abbildung 9 zeigt die Höhe
Gemeinden des Kantons Aargau sowie Gemeinden seiner
Nachbarkantone. Es zeigt sich, dass fast alle ausgewähl-
TI
ZG
BE
1
der Fixkosten und obligatorischen Abgaben für ausgewählte
AI
OW
TG
AR
SH
SG
NW
GR
SZ
SO
LU
AG
JU
VS
FR
2
UR
GL
3
ten Aargauer Gemeinden in beiden Kategorien unter dem
NE
ZH
BL
0
Schweizer Mittel liegen und somit über kombinierte Vorteile
verfügen. Die farbigen Linien markieren die Indexwerte des
VD
BS
–1
–2
RDI-Indikators und damit des frei verfügbaren Einkommens:
je tiefer die Fixkosten und obligatorischen Abgaben in einer
–4
Gemeinde sind, desto höher ist deren Indexwert (d.h. ­desto
GE
–3
weiter «links unten» befindet sie sich in der Grafik). Nicht
überraschend erreichen die Aargauer Gemeinden generell
höhere Werte als diejenigen der Nachbarkantone.
Quelle: Credit Suisse Economic Research
Abbildung 9
Bedeutung der Ausgabenkomponenten in ausgewählten Gemeinden 2011
Fixkosten
Obligatorische Abgaben: Einkommens- und Vermögenssteuern, Sozialabgaben, obligatorische Krankenversicherung
Fixkosten: Wohnkosten, Nebenkosten, Energiekosten; standardisierte Werte, CH = 0
Hohe Fixkosten
kompensieren Steuervorteile
Zug
Doppelte Nachteile
Zürich
Oberägeri
Aesch (ZH)
Baar
Cham
Menzingen
Affoltern am Albis
Widen
Kaiseraugst
Muttenz
Dietikon
Baden
Rheinfelden
Zufikon
RDI = –2
Basel
Birmensdorf (ZH)
Sins
CH
Möhlin
Auw
Sissach
Liestal
RDI = –1
Gemeinden
Gemeinden
Gemeinden
Gemeinden
Gemeinden
AG
BL
BS
ZH
ZG
Obligatorische Abgaben
Pratteln
Bubendorf
RDI = 0
Bremgarten (AG)
Zuzgen
Stetten (AG)
RDI = 1
Kombinierte Vorteile
Quelle: Credit Suisse Economic Research
RDI = 2
Asymmetrische
Positionierung
13
Allgemein gesprochen positioniert sich der Kanton Aargau
eine Wohnung mit 100 m2 auf dem Mietwohnungsmarkt in
somit als relativ attraktiver Wohnort. Gegenüber den Kanto-
­Berikon (AG) durchschnittlich 1’780 CHF pro Monat netto. In
nen Zug und Zürich weist er tiefere Fixkosten auf, gegenüber
Aesch (ZH) hingegen fallen dafür 2’200 CHF an, was einem
dem Kanton Basel-Landschaft hingegen tiefere obligatori-
Aufschlag von 24 % entspricht.
sche Abgaben bei gleich hohen bis etwas tieferen Fix­kosten.
Noch günstiger sind einige kleinere Gemeinden im Reuss-
Je nachdem, mit welchem Nachbarn er verglichen wird,
tal zwischen Bremgarten und Mellingen: Tägerig, Niederwil,
präsentiert sich der Kanton Aargau somit als steuergünstig
Stetten, Künten und Remetschwil weisen allesamt Indikator-
(gegen­über Basel-Landschaft) oder aber als Region mit tie-
werte im deutlich positiven Bereich auf. Was dies konkret be-
fen Wohnkosten (gegenüber Zug und Zürich).
deuten kann, zeigt unser hypothetisches Beispiel (vgl. Box).
Eine genauere Betrachtung offenbart, dass drei Regionen in
den vergangenen Jahren in besonderem Masse von diesen
Vorteilen profitiert haben. Es sind dies die Region Mutschellen, das untere Fricktal sowie das obere Freiamt. Aufgrund
ihrer Nähe zu den Zentren Zürich, Basel, bzw. Zug und ihren
Hypothetisches Beispiel: Familie Meier, wohnhaft
vergleichsweise tiefen Lebenshaltungskosten haben diese
in Dietikon (ZH)
Regionen einen regelrechten Boom erlebt, mit steigenden
Familie Meier wohnt in Dietikon (ZH) in einem Einfamilien-
Einwohnerzahlen und einer erhöhten Bautätigkeit. Im Fol-
haus (mittlerer Ausbaustandard, Fremdfinanzierung 80 %).
genden werden sie kurz porträtiert, mit Fokus auf das frei
Herr und Frau Meier haben zwei Kinder, verfügen über ein
verfügbare Einkommen.
Vermögen von 300’000 CHF und erzielen gemein­sam
ein Erwerbseinkommen von 150’000 CHF. Mit der Fami-
Mutschellen – günstiger Wohnraum im Vergleich mit
lienzulage und dem Vermögensertrag kommen sie auf ein
Zürich
Bruttoeinkommen von 156’200 CHF. Nach Abzug aller
Mit Fahrzeiten zwischen 15 und 30 Autominuten in die Stadt
obligatorischen Abgaben (Steuern, Vorsorge- und Sozial­
Zürich sowie der Bremgarten-Dietikon-Bahn und der Busver-
ver­siche­rungs­bei­träge, Krankenkassenprämien) resul-
bindung durch den Üetlibergtunnel ist die Region Mutschel­
tiert ein verfügbares Einkommen von 107’100 CHF. Nach
len verkehrstechnisch sehr gut erschlossen. Wie Abbildung
Bezahlung von Wohnkosten, Nebenkosten, Energie- und
10 zeigt, ist sie auch finanziell attraktiv: Mit Ausnahme von
Elektrizitätskosten sowie der Kosten für die tägliche Auto-
Bergdietikon liegt das frei verfügbare Einkommen in sämtli-
fahrt zum Arbeitsort Zürich bleibt der Familie ein frei ver-
chen Gemeinden im oder über dem Schweizer Durchschnitt.
fügbares Einkommen von 48’800 CHF.
Nicht überraschend sind tendenziell diejenigen Gemeinden
Mit einem Umzug nach Stetten (AG) würde sich das frei
teurer, welche sich näher an der Stadt Zürich befinden, bei­
verfügbare Einkommen auf 67’000 CHF erhöhen. Diese
spiels­weise die Gemeinden des Mutschellen-Passes (Berg­
Differenz von über 18’000 CHF ist fast vollständig auf die
dietikon, Rudolfstetten-Friedlisberg und Widen). Dennoch
tieferen Wohnkosten in Stetten zurückzuführen, denn die
sind auch diese teilweise noch deutlich günstiger als ihre
obligatorischen Abgaben sind praktisch identisch mit den-
Nachbargemeinden im Kanton Zürich.
jenigen in Dietikon. Dem finanziellen Gewinn steht jedoch
Während bezüglich der obligatorischen Abgaben keine be-
eine längere Pendeldauer in die Stadt Zürich gegenüber.
deutenden Unterschiede zu den Zürcher Gemeinden be-
Diese beträgt knapp 30 Minuten von Stetten aus, gegen-
stehen, fallen vor allem die deutlich tieferen Wohnkosten
über 12 Minuten von Dietikon.
ins Gewicht (vgl. auch Abbildung 9). Beispielsweise kostet
14
Abbildung 10 Frei verfügbares Einkommen in der Region Mutschellen (RDI-Indikator) 2011
Synthetischer Indikator, CH = 0; unter Berücksichtigung der Pendelkosten nach Zürich
Baden
–2.0
Wettingen
–2.0 – –1.0
Würenlos
Kloten
Regensdorf
–1.0 – –0.3
–0.3 – 0.0
Mellingen
Lenzburg
0.0 – 0.3
Spreitenbach
0.3 – 0.6
Remetschwil
Dietikon
Tägerig Stetten
Bellikon
BergHägglingen
dietikon
Niederwil Künten
RudolfstettenWiden Friedlisberg
Wohlen
Bremgarten
Zufikon
Berikon
0.6 – 1.0
Schlieren
1.0 – 1.5
Urdorf
Zürich
1.5 – 2.0
2.0
Kantonsgrenzen
Birmensdorf (ZH)
Wirtschaftsregion Mutschellen
Oberwil- Aesch (ZH)
Lieli
Arni
Hauptverkehrsstrassen
Bonstetten
Jonen
Boswil
Affoltern
am Albis
0
2.5
5 km
Muri
Quelle: Credit Suisse Economic Research
Unteres Fricktal – (nicht nur) steuerlich attraktiv
Die tieferen Fixkosten sind hauptsächlich auf den günstigen
Auch das untere Fricktal hat sich in den vergangenen Jahren
Wohnraum zurückzuführen. Beispielsweise kostet ein durch-
als attraktive Wohngegend positioniert. Nebst vielen Grün­
schnittliches Einfamilienhaus (normaler Ausbaustandard)
flächen, Wäldern und dem Rhein bietet es nämlich auch güns-
in Rheinfelden 944’000 CHF; in Muttenz fallen dafür mit
tige Lebenshaltungskosten. Gegenüber dem benachbarten
1’273’000 CHF rund 35 % höhere Kosten an. Da Muttenz
Baselbiet profitiert der Durchschnittshaushalt im Kanton
gleichzeitig auch eine leicht höhere Steuerbelastung und
Aargau sowohl von tieferen obligatorischen ­Abgaben als
damit höhere obligatorische Abgaben aufweist, bleibt dem
auch von tieferen Fixkosten (Abbildung 9). Ein Blick auf die
Durchschnittshaushalt unter dem Strich ein deutlich tieferes
einzelnen Gemeinden des unteren Fricktals (Abbildung 11)
frei verfügbares Einkommen, wie in Abbildung 11 erkenn-
bestätigt dies: Trotz der Nähe zum Zentrum Basel (dieses ist
bar ist. Noch günstiger als Rheinfelden sind die Gemeinden
von Rheinfelden aus in ca. 20 Autominuten erreich­bar) liegt
Kaiser­augst und Olsberg sowie generell die Gemeinden öst-
das frei verfügbare Einkommen in sämtlichen Gemeinden im
lich von ­Zeiningen. Bei letzteren beträgt die Fahrzeit in die
oder über dem Schweizer Durchschnitt und damit deutlich
Stadt B
­ asel jedoch mindestens eine halbe Stunde.
höher als in den benachbarten Baselbieter Gemeinden.
15
Abbildung 11 Frei verfügbares Einkommen im unteren Fricktal (RDI-Indikator) 2011
Synthetischer Indikator, CH = 0; unter Berücksichtigung der Pendelkosten nach Basel
–2.0
–2.0 – –1.0
–1.0 – –0.3
Möhlin
Basel
Sisseln
Rheinfelden
Muttenz
Olsberg
Pratteln
Magden
Buus
Hellikon
Sissach
0.6 – 1.0
Frick
1.0 – 1.5
Gipf-Oberfrick
1.5 – 2.0
Wittnau
Rothenfluh
0.0 – 0.3
0.3 – 0.6
Schupfart
Wegenstetten
Bubendorf
Kaisten
OberZuzgen mumpf
Arisdorf
Liestal
–0.3 – 0.0
Eiken
Zeiningen
Kaiseraugst
2.0
Kantonsgrenzen
Gelterkinden
Densbüren
Wirtschaftsregion Fricktal
Hauptverkehrsstrassen
Kienberg
Küttigen
Lostorf
0
2.5
Aarau
5 km
Quelle: Credit Suisse Economic Research
Oberes Freiamt – tiefere Wohnkosten wiegen höhere
eine unter­durch­schnitt­liche Attraktivität aufweist, was auf die
Steuern auf
hohen Wohnkosten zurückzuführen ist. Das Obere Freiamt
Das Obere Freiamt wird dank seinen tiefen Wohnkosten
hingegen weist mit Ausnahme von Dietwil durchwegs Indi­
zunehmend zu einer attraktiven Alternative zum Raum Zug.
ka­tor­werte im oder über dem Schweizer Durchschnitt aus.
Bezüglich Steuerattraktivität für Privatpersonen gehört der
Beson­ders günstig sind die Gemeinden Beinwil, Benzen­
Kanton Zug zwar seit Jahren zur Spitzengruppe der Schwei-
schwil und Geltwil.
zer Kantone. Dies hat jedoch zu einer anhaltenden Zuwande-
Einige Gemeinden der beiden Kantone sind sich bezüglich
rung von Personen mit hohen Einkommen geführt, was sich
frei verfügbarem Einkommen relativ ähnlich: Sins (AG) und
wiederum auf die Immobilienpreise ausgewirkt hat: In keinem
Baar (ZG) befinden sich beispielsweise in derselben Kate-
anderen Kanton (mit Ausnahme des Kantons Schwyz) sind
gorie (leicht positiv). Hier lohnt sich jedoch ein genauerer
diese in den vergangenen Jahren gleich stark gestiegen.
Blick auf die Bestandteile des Indikators. Dazu betrachten
Mittlerweile sind die Wohnkosten so hoch, dass der Effekt
wir ­erneut Abbildung 9. Dort zeigt sich der wesentliche struk-
der tiefen Steuern für Durchschnittshaushalte dadurch auf-
turelle Unterschied zwischen den Aargauer und den Zuger
gewogen, wenn nicht sogar überkompensiert wird.
den: Die Gemeinden im Oberen Freiamt weisen
Gemein­
Abbildung 12 zeigt die finanzielle Wohnattraktivität der
leicht unterdurchschnittliche Fixkosten und obligatorische
Gemein­den des oberen Freiamts sowie der Nachbargemein-
Abgaben auf, womit sie Indikatorwerte zwischen 0 und 2
den. Es fällt auf, dass die Gemeinde Zug trotz tiefer ­Steuern
errei­chen. Die Zuger Gemeinden bieten zwar alle ein sehr tie-
16
Abbildung 12 Frei verfügbares Einkommen im oberen Freiamt (RDI-Indikator) 2011
Synthetischer Indikator, CH = 0; unter Berücksichtigung der Pendelkosten nach Zug
–2.0
Bonstetten
Sarmenstorf
Boswil
–2.0 – –1.0
Hedingen
Aristau
–1.0 – –0.3
Affoltern
am Albis
Muri
Schongau
–0.3 – 0.0
Merenschwand Obfelden
Mettmenstetten
0.0 – 0.3
0.3 – 0.6
0.6 – 1.0
Beinwil
(Freiamt)
1.0 – 1.5
Auw
1.5 – 2.0
Cham
Hohenrain
Sins
Abtwil
Römerswil
Baar
2.0
Hünenberg
Kantonsgrenzen
Menzingen
Wirtschaftsregion Freiamt
Zug
Hauptverkehrsstrassen
Dietwil
Risch
Oberägeri
Unterägeri
Walchwil
0
2.5
5 km
Küssnacht (SZ)
Luzern
Quelle: Credit Suisse Economic Research
fes Abgabenniveau, dafür sind die Fixkosten deutlich höher.
Damit erreichen sie ähnliche bis etwas tiefere Indikatorwerte
zwischen –1 und 1.
Vergleicht man nun erneut die Gemeinden Sins und Baar, so
zeigt sich ein differenzierteres Bild. Baar weist sehr tiefe obli­
ga­to­ri­sche Abgaben, jedoch relativ hohe Wohnkosten auf. In
Sins hingegen fallen höhere obligatorische Abgaben an, dafür
sind die Fixkosten tiefer. So bleibt dem Durchschnittshaushalt in beiden Gemeinden unter dem Strich ein etwa gleich
hohes frei verfügbares Einkommen, was sich in ähnlichen
Indikatorwerten niederschlägt. Für Personen mit sehr hohen
Einkommen ist Baar dank des tiefen Steuerniveaus jedoch
tendenziell attraktiver, während für Haushalte mit mittleren
Einkommen die günstigen Wohnkosten in Sins eine wich­ti­
gere Rolle spielen.
17
Bevölkerungsentwicklung und Migration
Die Bevölkerung der Schweiz ist in den vergangenen 10 Jahren
Bevölkerungsentwicklung
um durchschnittlich 66’000 Personen pro Jahr gewachsen,
Die Bevölkerung der Schweiz ist in den vergangenen 10 Jah-
und dies trotz abnehmenden Geburtenraten. Man geht davon
ren um durchschnittlich 0.9 % pro Jahr gewachsen. Insbeson-
aus, dass die 8-Mio.-Marke im Sommer 2012 überschritten
dere nach der Jahrtausendwende hat die demographische
wurde. Einen entscheidenden Beitrag zum Bevölkerungs-
Entwicklung, gestützt durch eine erhöhte Zuwanderung, an
wachstum lieferte die internationale Migration, getrieben
Dynamik gewonnen. Im Jahr 2008 wurde ein Rekordwachs-
durch den sehr aufnahmefähigen und attraktiven Schweizer
tum von 1.4 % verzeichnet. Diese Zunahme ist zu 90 % auf
Arbeitsmarkt und die Personenfreizügigkeitsabkommen mit
den Migrationssaldo von rund 98’200 Personen zurückzu-
der EU. Die tiefe Schweizer Arbeitslosenquote, die sich der
führen – seit 1961 der höchste Wert überhaupt. Zwar hat
globalen Wirtschaftskrise bislang zu widersetzen weiss und
sich das Wachstum in den Jahren 2009 und 2010 leicht
im benachbarten Ausland nach seinesgleichen sucht, lockt
abge­schwächt, blieb aber mit jeweils 1.1 % überdurchschnitt-
Arbeitnehmer aller Qualifikationsstufen an. Das Bevölke-
lich hoch. Hinter dieser Dynamik verbergen sich erheb­li­che
rungswachstum ist aber über die gesamte Schweiz betrach-
regionale Unterschiede. Wachsenden Zentren und Agglo-
tet alles andere als homogen. Es kann beobachtet werden,
merationen stehen periphere Regionen mit Abwan­de­rungs­
dass das Wachstum meist von den Zentren mit blühenden
ten­den­zen gegenüber. Besonders ausgeprägt entwickelte
Arbeitsmärkten ausgeht. Mit abnehmendem Platzangebot in
sich die Region rund um den Genfersee, wo sich der Bevöl­
den Städten dringt das Bevölkerungswachstum in der Folge
ke­rungs­druck bis weit in das nördlich angrenzende Frei-
in die Agglomerationen vor. Im Gegensatz dazu leiden ländli-
burgerland und der ­Rhone entlang bis ins Unterwallis aus-
che Regionen oft unter einer Abwanderung – meist jüngerer
dehnt. Ebenfalls ein hohes Bevölkerungswachstum erlebte
Bevölkerungsgruppen. Der Kanton Aargau nimmt bei dieser
zwischen 2000 und 2010 die Agglomeration um Zürich und
Entwicklung eine Schlüsselposition ein und hat sich in den
Zug. Knapp werdender Wohnraum in Zentren und daraus
letzten Jahren zu einem attraktiven Wohnkanton gemausert.
resul­
tie­
rende steigende Wohnkosten erzeugen Verdrän-
Verfügbarer Wohnraum, mehrere in Pendeldistanz liegende
gungseffekte, womit sich das Wachstum zunehmend von
Arbeits­märkte und erschwingliche Immobilienpreise fördern
den Zentren tiefer in die Agglomeration ­erstreckt. Effi­zien­
den Zustrom nationaler wie auch internationaler Bewohner.
tere Transportwege und eine höhere Mobi­li­täts­bereit­schaft
Für die regionale Entwicklung ist aber neben der quantitati-
der arbeitenden Bevölkerung fördern diese Entwicklung.
ven Bevölkerungsdynamik auch die Veränderung der Bevöl-
Kantone, die kein eigenes Grosszentrum aufweisen, aber im
kerungsstruktur von Bedeutung. Die Altersstruktur zuziehen-
erweiterten Einzugsgebiet eines solchen liegen, sind somit
der oder abwandernder Bevölkerungsgruppen beeinflusst
direkt von dieser Entwicklung betroffen. Paradebeispiele
die Entwicklung des Steuersubstrats und des Arbeitsmarkt-
­dafür sind die Kantone Freiburg und Aargau.
potentials. Zudem beeinflussen Migrationsbewegungen die
Abbildung 13 vergleicht die Bevölkerungsentwicklung für
Nachfrage in Immobilienmärkten und die Planung von Raum-
den Kanton Aargau mit den Nachbarkantonen und der
und Infrastruktur. Besonders in der gegenwärtigen Situa­tion
gesam­ten Schweiz über den Zeitraum zwischen 2000 und
steigender Spannungen auf den Immobilienmärkten und
2010. Die Entwicklung verlief in den betrachteten Kantonen
­einer zunehmend an Grenzen stossenden Infrastruktur ist
sehr unterschiedlich: Während das Bevölkerungswachs-
eine differenzierte Betrachtung dieser Themen essenziell.
tum in den Kantonen Zug, Zürich und Aargau deutlich über
Dieses Kapitel behandelt die Themen Bevölkerungsentwick-
dem Schweizer Mittel lag, waren die Wachstumsraten der
lung, Altersstruktur und Migration und liefert Antworten auf
Kan­tone Baselland und Solothurn zwar stets im positiven
der Basis unterschiedlicher regionaler Abgrenzungsebenen.
­Bereich, aber im Vergleich zur Schweiz unterdurchschnittlich.
18
Abbildung 13 Bevölkerungsentwicklung 2000–2010
Abbildung 14 Bevölkerungsentwicklung 2000–2010
Kantone, Index, 2000 = 100
115
AG
ZH
LU
ZG
Wirtschaftsregionen, Index, 2000 = 100
SO
BL
CH
115
Aarau
Brugg/Zurzach
Baden
Mutschellen
Freiamt
Fricktal
AG
110
110
105
105
100
100
2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010
2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010
Quelle: Bundesamt für Statistik
Quelle: Bundesamt für Statistik
In der ersten Hälfte des Jahrzehnts erlebte allen voran der
Brugg/Zur­
zach beschrieben werden: mit durchschnittlich
Kanton Zug eine Boomphase und lockte mit seiner attrak-
0.7 % pro Jahr liegt die Quote deutlich unter dem kantonalen
tiven Steuer­poli­tik sowie weiteren Standortfaktoren neue
Mittel­wert und auch 0.2 Prozentpunkte unter dem Schweizer
Einwohner und Firmen an. Ab 2006 verzeichneten auch die
Durchschnitt.
Kantone Aargau und Zürich sehr hohe Wachstumsraten,
Abbildung 15 veranschaulicht die Unterschiede in der Bevöl­
und letzterer vermochte den Kanton Zug gar einzuholen. Die
ke­rungs­ent­wick­lung der letzten zehn Jahre auf Gemeinde-
Entwicklung des Kantons Luzern verlief kurz nach der Jahr­
ebene. Eine überwiegende Mehrheit der Gemeinden ver-
tausend­
wende ­
zuerst leicht unterdurchschnittlich, passte
zeichnete in dieser Zeit ein Bevölkerungswachstum. Nur
sich aber in der ­Folge dem Verlauf des Schweizer Mittels an.
gerade 32 der 229 Aargauer Gemeinden verzeichneten
Der Kanton Aargau ist von 2000 bis 2010 um knapp 64’000
zwischen 2000 und 2010 einen Bevölkerungsrückgang.
Personen gewachsen, was einer durchschnittlichen Jahres­
Die betroffenen Gemeinden befinden sich hauptsächlich in
wachs­
tums­
rate von 1.1 % entspricht. Damit liegt Aargau
den Wirtschaftsregionen Aarau und Brugg/Zurzach. Ihnen
rund 0.2 Prozentpunkte über dem schweizerischen Mittel.
kommt tendenziell ein ländlicher Charakter zu. 22 Aargauer
Im Vergleich der Aargauer Wirtschaftsregionen (Abbildung
Gemeinden erlebten während dieser Periode ein Wachstum
14) schneiden das Fricktal und die Region Mutschellen mit
von durchschnittlich über 2 % pro Jahr, sieben davon wuchsen
einem durchschnittlichen Wachstum von 1.4 % pro Jahr am
sogar über 3 % pro Jahr. Die Darstellung lässt bereits vermu-
höchsten ab. Nur leicht tiefer waren die Wachstumsraten der
ten, dass die überdurchschnittlich hohen Wachstumsquoten
Regionen Freiamt und Baden. Verglichen mit dem kantona-
im Zusam­men­hang mit wichtigen Arbeitsmärkten wie Basel,
len Mittel wuchs die Region Aarau leicht unterdurchschnitt-
Zug oder Zürich stehen. In der dem Kanton Zug benachbar-
lich, bedingt durch tiefe Raten am Anfang des Jahrtausends.
ten Wirtschaftsregion Freiamt wiesen gleich drei Gemein-
Fast schon als Ausreisser kann die Entwicklung in der ­Region
den ein Wachstum von über 3 % pro Jahr auf: Dintikon, Auw
19
Abbildung 15 Bevölkerungsdynamik auf Gemeindeebene 2000–2010
Jährliches Bevölkerungswachstum in Prozent
–6.5% – –2%
Bad Zurzach
–1.9% – –1%
Rheinfelden
–0.9% – –0.5%
Würenlingen
–0.4% – 0%
Frick
Brugg
Liestal
Sissach
0.1% – 0.5%
Baden
Wettingen
0.6% – 1%
1.1% – 2%
Mellingen
Spreitenbach
Aarau
Zürich
Lenzburg
Olten
Wohlen
Oberentfelden
3.1% – 4%
4.1% – 7.5%
Wirtschaftsregionen
Bremgarten
Kanton Aargau
Schöftland
Rothrist
2.1% – 3%
Dietikon
Zofingen
Muri
Affoltern
am Albis
Hauptverkehrsstrassen
Reinach
Langenthal
Sins
Sursee
Zug
Willisau
Quelle: Bundesamt für Statistik, Credit Suisse Economic Research, Geostat, DDS
und Abtwil. Mit Bettwil musste nur eine ­Gemeinde im Frei-
2.8 % Bevölkerungswachstum pro Jahr. Eine weitere Wachs-
amt einen leichten Bevölkerungsrückgang hinnehmen. Die
tumszone befindet sich um die ­Gemeinde Wohlen und an den
sich im erweiterten Einzugsgebiet der Stadt Zürich befin-
östlichen Ufern des Hallwilersees. Eine der Ursachen dürfte
denden Regionen Mutschellen und Baden warteten eben-
die mit der Eröffnung des Üetli­berg­tunnels im Jahr 2009 ver-
falls mit beachtlichen Wachstumsquoten auf. In der Region
besserte Erreichbarkeit sein.
Mutschellen hatten zwei Gemeinden ein durchschnittliches
Abbildung 16 illustriert den Zusammenhang zwischen der
Wachstum von über 3 % , in der Region Baden wiesen alle
Höhe der kommunalen jährlichen Wachstumsraten und
Gemeinden ein posi­ti­ves Bevölkerungswachstum auf. Das
der Pendelzeit zu den nächsten grösseren Arbeits­zentren
höchste Wachstum der Region Baden hatte die Gemeinde
ausser­halb des Kantons (Basel, Zug und Zürich). Die Pendel­
Killwangen mit durchschnittlich 2.8 % pro Jahr. Ebenfalls
zeit entspricht dem Weg zum nächsten Zentrum in Minuten,
hohe Wachstumsquoten hatten die Gemeinden der ­Region
zurückgelegt per motorisierten Individualverkehr (Privat­
Fricktal im Einzugsgebiet der Stadt Basel, und dies trotz
auto). Die Analyse zeigt die Tendenz, dass mit zuneh­men­
eines unterdurchschnittlichen Bevölkerungswachstums in
­
der Fahrzeit die jährlichen Wachstumsraten der Gemein­
den Basler Kantonen. Die im Vergleich zu den beiden Basel
den abnehmen. Dies bestätigt unsere Vermutung, dass
höhere finanzielle Wohn­attrak­ti­vi­tät macht das Fricktal zu
das überdurchschnittliche Bevölkerungswachstum im Aar-
­einer bevorzugten Wohnregion für Pendler. Als bestes Bei-
gau vom Wachstum der Zen­tren getragen wird. Im Fall der
spiel dient die Gemeinde Kaiseraugst mit durchschnittlich
­Region Fricktal wird aber auch ersichtlich, dass der Aargau
20
Abbildung 16 Wachstum der Aargauer Gemeinden in Abhängigkeit zur Pendeldistanz
Fahrzeit per motorisiertem Individualverkehr in Minuten zum nächsten Zentrum (Basel, Zug oder Zürich), durchschnittliches jährliches
Bevölkerungswachstum 2000–2010, lineare Trendlinie
4.0%
Bevölkerungswachstum
3.0%
2.0%
1.0%
0.0%
–1.0%
–2.0%
10
20
30
Pendelzeit in Minuten
40
50
60
Quelle: Bundesamt für Statistik, Credit Suisse Economic Research
mit Standortqualitätsvorteilen aufzutrumpfen weiss und das
Neben der Zuwanderung ist für die demographische Ent-
Wachstum sicherlich nicht nur Folge eines Ver­drän­gungs­
wicklung einer Region die Zahl der Geburten für die Repro-
effek­tes ist.
duktion der Bevölkerung relevant. Von 1981 bis 1997 zählte
Die bisherigen Analysen haben das Bevölkerungswachstum
der Kanton Aargau einen Geburtenüberschuss von jährlich
regional zu erklären vermocht, bisher aber nicht betrachtet,
knapp über 2’000 Personen; ab 1998 lag dieser Wert stets
wie das Wachstum zustande kam. Der Kanton Aargau ist von
darunter. In Abbildung 17 ist die Anzahl Geburten pro 1’000
1981 bis 2010 stets gewachsen, mit deutlich über 2’000 bis
Einwohner dargestellt. Im Kanton Aargau kamen zwischen
zu 10’000 Personen pro Jahr. Über die gesamte Zeitperiode
2006 und 2010 im Schnitt 9.8 Kinder zur Welt, gut 0.2
hinweg lagen die Geburtenüberschüsse wie auch die inter-
weni­ger als im Schweizer Mittel. Basierend auf der ­Anzahl
kantonalen Migrationssaldi im positiven Bereich. Seit 1999
Gebur­ten pro 1’000 Frauen zwischen 15 und 44 Jahren
war auch die internationale Migration deutlich positiv, mit
lässt sich die sogenannte Fertilitäts- oder Fruchtbarkeitsrate
Saldi von bis zu 8’000 Personen pro Jahr. Auf internationa-
berechnen (rechte Skala). Dabei handelt es sich um einen
ler Ebene dürften die Abkommen mit der EU zur Personen-
synthetischen Wert, der von einer gleichbleibenden Gebur-
freizügigkeit ein wichtiger Treiber gewesen sein. Auf Ebene
tenziffer über die gebärfähigen Jahre einer Frau ausgeht. Die
der interkantonalen Migration dürfte die einwohnerfreundli-
Fruchtbarkeitsrate ist also die durchschnittliche Anzahl an
che Aargauer Steuerpolitik entscheidende Anreize gesetzt
Kindern, die eine Frau hypothetisch über ihr Leben gebären
haben.
würde, wenn die Geburtenziffer für Frauen zwischen 15 und
21
In der Schweiz beträgt der Alterslastquotient 27.1 % für eine
Abbildung 17 Kantonale Geburtenziffern
erwerbstätige Bevölkerung von 20 bis 64 Jahren. Im Kanton
Geburten pro 1’000 Einwohner, CH-Mittel: 9.96 (linke Skala),
Jahresdurchschnitt 2006–2010
Fertilitätsrate für 2010, CH-Mittel: 1.53 (rechte Skala)
Aargau liegt dieser Wert mit 24.5 % deutlich tiefer. Die Leistungsempfänger summieren sich also auf knapp einen Vier-
11.5
1.68
tel der potentiellen Beitragszahler im erwerbsfähigen Alter.
11.0
1.63
Anhand von Abbildung 18 lässt sich die Altersstruktur in der
10.5
1.58
Schweiz und im Kanton Aargau darstellen. Die ­Anteile der
10.0
1.53
einzelnen Jahrgänge an der Schweizer Bevölkerung sind für
9.5
1.48
die Altersklasse zwischen 40 und 55 Jahren – mit Quoten
9.0
1.43
von bis zu 1.8 % pro Jahrgang – am höchsten. ­Diese Spitzen­
1.38
werte sind im Kanton Aargau sogar noch ­etwas ­höher. Auf
1.33
der anderen Seite sind die Altersgruppen zwischen 30 und
1.28
40 Jahren im Vergleich zur Schweiz unter­durch­schnitt­lich
8.5
7.5
Fertilitätsquote
VD
FR
GE
ZH
ZG
AI
NE
OW
LU
SZ
SG
AG
UR
JU
VS
TG
BE
BS
NW
AR
GL
TI
BL
SO
SH
GR
8.0
Geburten
vertreten. Darüber hinaus sind die Alters­kohor­ten im Renten­
alter ebenfalls unterdurchschnittlich gross, wodurch ein tiefer
Quelle: Bundesamt für Statistik, Credit Suisse Economic Research
Alterslastquotient resultiert. 32.6 % der männlichen Bevölkerung waren im Jahr 2010 älter als 50, bei den Frauen waren
es 35.2 % . Über die ­gesamte Schweiz gesehen sind diese
44 gleich bleibt und die Frau die gebärfähigen Jahre über-
Quoten mit 32.7 % für die Männer und 36.4 % für die Frauen
lebt. Im internationalen Vergleich hat die Schweiz eine sehr
leicht höher. Auf Ebene der Schweiz wird bereits von einer
­tiefe Fertilitätsrate von 1.53. Seit einigen Jahren steigt dieser
problematischen Überalterung gespro­chen, und die Politik
Wert wieder an. Der Kanton Aargau liegt mit einer Fertilitäts-
steht vor der grossen Herausforderung, die Altersvorsorge
quote von 1.54 leicht über dem Mittelwert der Schweiz. Für
nachhaltig garantieren zu können. In der Gesamt­betrach­tung
die später folgende Bevölkerungsprognose ist dieser Wert
ist die Altersstruktur im Kanton Aargau zwar leicht jünger,
von tragender Bedeutung.
von einer nachhaltigen Alterslastverteilung kann aber auch
hier nicht gesprochen werden.
Altersstruktur
Eine mögliche Lösung für den drohenden Arbeitskräfte-
Die Altersstruktur der Bevölkerung und ihre Entwicklung
mangel ist die Besetzung der Stellen mit ausländischen
wider­spie­geln die Attraktivität einer Region für bestimmte
Zuwan­de­rern. Abbildung 19 zeigt deren aktuellen Anteil an
Bevölkerungsgruppen je nach Lebenszyklus. Von besonde-
der Gesamtbevölkerung im Kanton Aargau. Im Durchschnitt
rem Interesse sind dabei Abweichungen einzelner Altersklas-
­beträgt die Ausländerquote 21.9 % , wobei dieser Wert bei der
sen vom Schweizer Mittel. Die Betrachtung der Altersstruktur
männlichen Bevölkerung knapp 3.5 Prozentpunkte höher
und des Wachstums erlaubt Rückschlüsse auf Beschäfti-
liegt als bei der weiblichen. In den Altersklassen zwischen 27
gungsmöglichkeiten in der Region sowie die Erreichbarkeit
und 38 Jahren beträgt der Anteil der ausländischen Bevöl­
von Arbeitsmärkten in Pendeldistanz. Als spezifisches Mass
ke­rung durch­gehend über 30 % . Dabei handelt es sich um
beschreibt der Alterslastquotient das Verhältnis der Bevölke-
Jahr­
gänge, die ohnehin schon tiefe Bevölkerungsanteile
rung im Rentenalter zu derjenigen im Erwerbstätigenalter. Er
im Aargau aufweisen. Wäre die Ausländerquote in dieser
ist damit sowohl ein Mass für den Grad der demographischen
Altersklasse also tiefer, so würde in der kantonalen Bevöl-
Alterung als auch für das regionale Arbeitskräftepotential.
kerungsstruktur ein grösseres Loch entstehen. Arbeitneh-
22
Abbildung 18 Altersstruktur 2010
Abbildung 19 Altersstruktur nach Herkunft 2010
Kanton Aargau und Schweiz, Bevölkerungsanteil nach Alter,
in Prozent
100
90
Männer
Kanton Aargau, Bevölkerungsanteil nach Alter, in Prozent
100
Frauen
90
80
80
70
70
60
60
50
50
40
40
30
30
20
20
10
10
0
2.0 %
Frauen
Männer
1.0 %
0.0 %
AG
1.0 %
2.0 %
CH
0
2.0 %
Ausländer
1.0 %
Schweizer
0.0 %
Schweizerinnen
1.0 %
2.0 %
Ausländerinnen
Quelle: Bundesamt für Statistik
Quelle: Bundesamt für Statistik
mer zwischen 30 und 40 Jahren befinden sich oft in einer
über 71 % ­Anteil stellen Deutschland und Italien zusammen
Lebensphase, bei der bereits von einer längeren Erfahrung
die Mehrheit dieser Bevölkerungsgruppe. Dabei verläuft die
profitiert werden kann. Deshalb ist diese Altersklasse für
Altersstruktur der beiden schweizerischen Nachbarländer
eine Region aus wirtschaftlicher Sicht als äusserst wichtig
sehr unterschiedlich. Im Aargau wohnende Deutsche im
zu betrachten.
­Alter von 24 bis 55 prägen die Struktur mit Anteilen an der
Im Aargau lebten im Jahr 2010 knapp 134’000 Personen
ausländischen Bevölkerung von über 0.5 % pro Jahrgang.
mit ausländischer Staatsangehörigkeit. Neun von zehn der
Personen dieser Altersklasse steuern den grössten Anteil
ausländischen Personen stammen aus dem europäischen
zur wirtschaftlichen Gesamtrechnung bei. Die italienisch-
Raum, wobei 52 % ihre Staatsangehörigkeit im EU-Raum
stämmigen Einwohner übernehmen ab dem 56. Lebensjahr
haben und 38 % in anderen europäischen Staaten. Deutsch-
den grössten Anteil. Einige italienische Einwohner höherer
land stellt mit 19.9 % den höchsten Anteil der ausländischen
Altersklassen dürften der bis heute grössten Migrationswelle
Bevölkerung im Aargau, gefolgt von Italien mit 17.9 % und
von 1951 bis 1970 angehört haben. Ausländische Einwohner
Serbien mit 11.0 % . Abbildung 20 zeigt, aus welchen Staats­
nichteuropäischer Zugehörigkeit spielen im Kanton Aargau
ange­hörig­kei­ten sich die einzelnen Altersklassen der aus-
eine eher unter­geord­nete Rolle. Nach Europa ist Asien mit
ländischen Bevölkerung zusammensetzen. Bis zu einem
­einem Anteil von knapp 6 % an der ausländischen Bevölke-
Lebensalter von 27 Jahren stammt die ausländische Bevöl-
rung der wichtigste aussereuropäische Kontinent.
kerung am häufigsten aus europäischen Staaten, die nicht
Die Betrachtung einzelner Alterskohorten und deren Ent-
der EU angehören. Die drei am meisten vertretenen Staats-
wicklung über die Zeit erlaubt ein noch detaillierteres Ver-
angehörigkeiten dieser Gruppe sind die serbische, die türki-
ständnis der Bevölkerungsdynamik. Eine Kohorte umfasst
sche und die kosovarische. Ab dem 27. Lebensjahr dominie-
dabei Einwohner gleichen Jahrgangs. In Abbildung 21 und
ren die Altersklassen der Bevölkerung aus EU-Staaten. Mit
Abbildung 22 wird das Wachstum der Kohorten der Jahre
23
2000 und 2005 mit demjenigen der Schweiz über einen
Abbildung 20 Altersstruktur der ausländischen Bevölkerung nach
Staatsangehörigkeit 2010
5-Jahres-Zeitraum verglichen. Dadurch lassen sich nicht
Anteile der Altersklassen an der ausländischen Aargauer
Bevölkerung
nur Schwankungen erkennen, die sich je nach Wan­de­rungs­
bewe­gun­gen und Sterblichkeitsraten ergeben, sondern auch
1.4%
bei welchen Altersklassen sich die Zu- oder Abnahmen ver-
EU-Staaten
1.2 %
Andere europäische Staaten
stärkt oder abgeschwächt haben.
Die beiden Kohortenbetrachtungen liefern ein tendenziell
1.0 %
Nichteuropäische Staaten
ähnliches Bild, was auf keine einschneidenden Verände-
0.8 %
rungen in der Anziehungskraft auf bestimmte Zielgruppen
0.6 %
hindeutet. Grundsätzlich fällt auf, dass zwischen 2005 und
0.4 %
2010 in allen Kohorten ein deutlich höheres Wachstum statt-
0.2 %
gefunden hat als noch fünf Jahre zuvor. Diese Entwicklung
geht aber mit dem gesamtschweizerischen Trend einher. Ein
0.0 %
0
10
20
30
40
50
60
70
80
90
100
im Vergleich zur Schweiz auffallend hohes Wachstum wies
die jüngste Alterskohorte von 0 bis 4 Jahren auf. Dies kann
als Indiz dafür gesehen werden, dass der Kanton für Familien
Quelle: Bundesamt für Statistik, Credit Suisse Economic Research
noch attraktiver geworden ist. Unterstützt wird diese These
mit der deutlich höheren Zunahme in den Kohorten zwischen
30 und 39 Lebensjahren.
Abbildung 21 Kohortenwachstum Aargau 2000–2005
Abbildung 22 Kohortenwachstum Aargau 2005–2010
Wachstum der 5-Jahres-Kohorten von 2000, in Prozent
Wachstum der 5-Jahres-Kohorten von 2005, in Prozent
20%
20%
Quelle: Bundesamt für Statistik, Credit Suisse Economic Research
Quelle: Bundesamt für Statistik, Credit Suisse Economic Research
60 –64
55–59
50 –54
45–49
40 –44
35–39
30 –34
25–29
20 –24
CH
15 –19
60 –64
55–59
50 –54
–10%
45–49
–10%
40 –44
–5%
35–39
–5%
30 –34
0%
25–29
0%
20 –24
5%
15 –19
5%
10 –14
10%
05–09
10%
00 –04
15%
05–09
AG
15%
10 –14
CH
00 –04
AG
24
Migrationsbewegungen
In Zeiten rückläufiger Geburtenraten gewinnt die Migration
Abbildung 24 Interkantonale Migration
Pro Jahr, Saldo in Personen
für die Bevölkerungsentwicklung zunehmend an Bedeutung.
Regionen erzielen Migrationsgewinne, wenn sie als Arbeits-
4’000
2008
oder Wohnort attraktiv erscheinen. Ein Arbeitsplatzangebot
bzw. die Erreichbarkeit von Wirtschaftszentren mit Arbeits-
2009
2010
3’000
plätzen in Pendeldistanz sind hierfür Voraussetzung. Sind
diese Bedingungen erfüllt, wirken tiefe Steuern, niedrige
2’000
Immo­bi­lien­preise sowie eine hohe Wohnattraktivität zusätzlich begünstigend. Die Motive hinter einer Migrationsent-
1’000
scheidung unterscheiden sich je nach Herkunfts- und Zielregion. Wanderungen zwischen den Kantonen werden nebst
0
individuellen Gründen auch durch Wohnortoptimierung
bezüglich Lebensqualität, Erreichbarkeit der Arbeitsstelle,
–1’000
flusst. Bei der internationalen Migration steht hingegen meist
–2’000
der Arbeitsort im Vordergrund.
AG
FR
VS
TG
SZ
LU
OW
TI
GL
SH
SO
AI
JU
UR
BE
NW
BL
VD
AR
ZG
SG
GR
BS
NE
ZH
GE
Steuerbelastung, Mietpreise oder Eigentumserwerb beein-
Abbildung 23 zeigt auf, wie stark die Migrationsbilanz im Kanton Aargau von interkantonaler und internationaler ­Migra­tion
Quelle: Bundesamt für Statistik
Abbildung 23 Migrationsbilanz Kanton Aargau 1990–2010
Abbildung 25 Interkantonale Migration 2005–2010
Saldo in Personen
Zu- und Wegzüger von und in den Kanton Aargau in Personen,
ohne Zuwanderung aus dem Ausland
20’000
9’000
Interkantonal
International
Total
8’000
7’000
6’000
Zuzüger
Wegzüger
Saldo
17’500
15’000
12’500
5’000
10’000
4’000
3’000
2’000
1’000
0
7’500
5’000
2’500
0
–2’500
Quelle: Bundesamt für Statistik
Quelle: Bundesamt für Statistik, Credit Suisse Economic Research
ZH
BL
ZG
SO
BS
BE
GR
VS
VD
GL
SG
SZ
UR
SH
NW
AI
NE
AR
FR
JU
OW
TG
GE
TI
LU
–1’000
1990 1992 1994 1996 1998 2000 2002 2004 2006 2008 2010
25
Abbildung 26 Interkantonale Migration 1990–2010 nach Alter
Abbildung 27 Internationale Migration 1990–2010 nach Alter
Altersstruktur in Prozent, Migrationssaldo in Personen (rechte
Skala)
Altersstruktur in Prozent, Migrationssaldo in Personen (rechte
Skala)
100 %
5’000
100 %
10’000
80 %
4’000
80 %
8’000
60 %
3’000
60 %
6’000
40 %
2’000
40 %
4’000
20 %
1000
20 %
2’000
0
0%
–1’000
–20 %
0
0%
–2’000
–20 %
–2’000
15–24
40–64 –3’000
–60 %
Total
–4’000
–80 %
1990 1992 1994 1996 1998 2000 2002 2004 2006 2008 2010
–4’000
15–24
–60 %
40–64 –6’000
Total
–8’000
–80 %
1990 1992 1994 1996 1998 2000 2002 2004 2006 2008 2010
Quelle: Bundesamt für Statistik
Quelle: Bundesamt für Statistik
geprägt wurde. Bis auf das Jahr 1997 wies der Kanton
über 3’000 Personen der höchste in der Schweiz gemes­
­Aargau stets positive Migrationssaldi auf, wobei ­diese ver-
sene Wert seit 2001. Hinter dem Aargau folgen die Kan­tone
stärkt von der internationalen Migration getragen wurden. In
Freiburg mit knapp 2’100 Personen und Wallis mit über 900
den letzten 10 Jahren lag die Zuwanderung zwischen 3’100
zugewanderten Personen. Die Saldi der interkantonalen
und 8’600 Personen pro Jahr. Die inter­na­tio­nale Zuwan­de­
Migra­tion können als relatives Wertmass der kantonalen
rung war dabei um einiges volatiler als diejenige aus ande­ren
Attraktivität interpretiert werden, da der Wohnortsentscheid
Kantonen. Nach äusserst hohen positiven inter­na­tio­na­len
meist mit einem Abwägen der jeweiligen Standortqualitäten
Wanderungssaldi Anfang der Neun­zi­ger­jahre folgten tiefe
verbunden ist.
bis negative Werte in der zweite Hälfte des Jahrzehnts. Mit
Abbildung 25 schlüsselt auf, wie die hohen Migrationssaldi
der Personenfreizügigkeit gegenüber den EU-Staaten kam
entstanden sind, in welche Kantone die Aargauer Bevölke-
in den letzten Jahren ein erneuter Zuwanderungsschub.
rung am ehesten wegzieht und aus welchen Kantonen die
Nach dem Jahr 2000 folgten stets positive und anwach­
meisten Zuzüger kommen. Die höchsten Wanderungszif-
sende internationale Wanderungsbeiträge mit dem Höhe-
fern weist der Kanton Aargau erwartungsgemäss mit dem
punkt im Jahr 2008 von über 6’400 Personen. Die Quoten
bevöl­ke­rungs­star­ken Nachbarkanton Zürich auf. Über 5’000
auf interkantonaler Ebene sind seit 1990 positiv, ab 1999 mit
Personen mehr sind zwischen 2005 und 2010 aus Zürich in
einer deutlich zunehmenden Tendenz.
den Aargau gezogen als umgekehrt. Der zweithöchste Saldo
Dass der Kanton Aargau für Umzüger aus anderen Kanto-
ist dem Kanton Basel-Landschaft mit über 1’600 Personen
nen am häufigsten an erster Stelle steht, zeigt Abbildung 24.
zuzuteilen. Hier dürfte es sich dabei häufig um Personen
Seit 2006 verzeichnete der Aargau konsequent den höchs-
handeln, die aus dem Baselland ins nahe gelegene Fricktal
ten interkantonalen Migrationssaldo der Schweiz mit jeweils
ziehen und so von einer höheren finanziellen Wohnattrakti-
über 1’500 Personen. Im Jahr 2010 war dieser Saldo mit
vität profitieren können. Dabei müssen diese Personen bei
– 40 %
0–14
25–39
65+
–40 %
0–14
25–39
65+
26
ande­
ren Standortfaktoren, wie etwa der verkehrstechni-
schaftsregionen waren es über 1’800 Personen. Ebenfalls
schen Erreichbarkeit, kaum Abstriche in Kauf nehmen. An
hohe Zuwachsraten hatten auf interkantonaler Ebene die
dritter Stelle folgt der Kanton Zug mit knapp 900 Personen.
Regionen Mutschellen und Fricktal mit über 2’000 Perso-
Die vergleichsweise tieferen Immobilienpreise und verfügba-
nen. Den geringsten, aber dennoch positiven interkantona-
rer Wohnraum locken mehr Zuger in den Aargau als umge­
len Wanderungssaldo erhielt Brugg/Zurzach mit knapp 500
kehrt – dies trotz deutlich tieferen Fiskalabgaben im Kanton
Personen. Innerhalb des Kantons kann demnach ein deut-
Zug. Den einzigen nennenswerten negativen Saldo hat der
licher Wanderungstrend in die Region Aarau festgestellt
Kanton Aargau mit Luzern mit knapp 300 Personen.
werden. Andere Wanderungstendenzen zeigen die Saldi von
Abbildung 26 und Abbildung 27 zeigen auf, wie stark die
Brugg/Zurzach nach Baden mit über 250 Personen und
Migra­
tions­
bilan­
zen von verschiedenen Altersklassen zwi-
weiter von Baden in die Region Mutschellen mit knapp 350
schen 1990 und 2010 geprägt wurde. Bei der interkanto-
Personen. Der höchste intrakantonale Austausch findet von
nalen Migration lässt sich bis zum Jahr 2000 eine kon­stante
der ­Region Mutschellen ins Freiamt mit knapp 700 Personen
Abwanderung bei den Jugendlichen zwischen 15 bis 24
statt. Die innerschweizerische Migration der Wirt­schafts­
erken­nen. Ein Grund dürften die im Aargau eingeschränk-
region Fricktal ist, mit der Ausnahme der Abwanderungsten-
ten Ausbildungsmöglichkeiten auf tertiärer Stufe sein. Ab
denz nach Aarau, hauptsächlich interkantonalen Ursprungs.
2008 konnte aber auch diese Altersgruppe leicht posi­tive
Die grösste Nettozuwanderung aus dem Ausland ­erlebte die
Saldi verbuchen. Über alle betrachteten Jahre konstant war
Region Aarau mit über 6’600 Personen, gefolgt von Baden
die interkantonale Zuwanderung von Kindern, was ein deutli-
mit über 4’900 Personen. Die anderen vier Regio­nen wiesen
cher Indikator für den Zulauf von Familien aus anderen Kan-
eine Nettozuwanderung zwischen 2’000 und knapp 3’400
tonen ist. Die Zuwanderung aus dem Ausland wird zu ­einem
Personen aus.
grossen Teil von Erwachsenen im erwerbsfähigen ­
Alter
Dass der Kanton Aargau jungen Familien äusserst attraktiv
zwischen 25 und 39 bestritten. Ebenfalls einen konstan-
erscheint, bestätigt auch ein Blick auf die Altersstruktur der
ten Zulauf hatte die Altersgruppe der jungen Erwachsenen
hinzugezogenen Personen. Abbildung 29 zeigt die relative
zwischen 15 und 24, wie auch diejenige der Kinder bis zum
Alters­struk­tur der in die Aargauer Wirtschaftsregionen hinzu-
14. Lebensjahr. Seit 2006 hat auch die Zuwanderung von
gezogenen Personen. Alle Aargauer Regionen haben ­einen
40- bis 64-Jährigen zugenommen, nachdem diese Alters-
hohen Anteil an hinzugezogenen Kleinkindern und ­deren
klasse in der Vergangenheit mehrheitlich ausgewandert ist.
­Eltern. Besonders auffällig sind die Quoten in den Regio­
Bei der Bevölkerungsgruppe der Rentner sind leicht negative
nen Freiamt und Mutschellen mit deutlich über 2 % ­Anteil bei
Migrationssaldi über all die Jahre feststellbar.
den Altersklassen der ersten Lebensjahre. Typischerweise
Neben der internationalen und der interkantonalen Migra­
ist die Mobilitätsbereitschaft von Familien ­höher, solange die
tion lassen sich auch Personenströme innerhalb des Kan-
Kinder das schulpflichtige Alter noch nicht ­erreicht haben.
tons analysieren und wie sich die ausserkantonale Migra-
Dazu passend hat eine Mehrheit der Regionen den höchsten
tion auf die Regionen auswirkt. Abbildung 28 illustriert die
Zuzügeranteil zwischen 25 und 35 Jahren. Bis auf die Wirt-
Migra­tions­ströme zwischen den Regionen und den Migra­
schaftsregionen Aarau und Baden verlaufen die Altersstruk-
tions­saldo mit der restlichen Schweiz für die Zeitperiode von
turen innerhalb des Kantons sehr homogen. Im Besonderen
2005 bis 2010. Die Region Aarau verfügte sowohl inter- wie
weist die Region Baden einen erhöhten ­Anteil an Zuzügern
auch intrakantonal über die grössten Wanderungssaldi, alle­
um die Altersklasse von 25 Jahren auf. Ein ähnliches Muster
samt positiv. Aus anderen Kantonen strömten netto über
charakterisiert die Region Aarau. Beide Regionen haben mit
2’400 Personen in die Region Aarau; von den Aargauer Wirt-
den gleichnamigen Mittelzentren Baden und Aarau als ein-
27
Abbildung 28 Inter- und intrakantonale Migrationsströme 2005–2010
Migrationssaldi ab 100 Personen, Saldo in Anzahl Personen
Pfeilstärke entspricht der Anzahl Personen
Brugg/Zurzach
Intrakantonale Migrationssaldi
Interkantonale Migrationssaldi
Fricktal
Baden
2’000 Personen
700 Personen
500 Personen
250 Personen
Mutschellen
Aarau
Freiamt
Quelle: Bundesamt für Statistik, Credit Suisse Economic Research
Abbildung 29 Altersstruktur der Zuzüger 2005–2010
Abbildung 30 Altersstruktur der Wegzüger 2005–2010
Anteil am Total der Hinzugezogenen, in Prozent
5.0%
Anteil am Total der Hinzugezogenen, in Prozent (ohne Ausland)
Aarau
Brugg/Zurzach
Baden
Mutschellen
Freiamt
Fricktal
4.5%
4.0%
4.5%
5.0%
4.0%
4.5%
3.0%
3.0%
2.5%
2.5%
2.0%
2.0%
2.5%
2.5%
1.0%
1.0%
0.5%
0.5%
0.0%
0.0%
0
10
20
30
40
50
60
70
80
Quelle: Bundesamt für Statistik, Credit Suisse Economic Research
90
100
Aarau
Brugg/Zurzach
Baden
Mutschellen
Freiamt
Fricktal
4.5%
0
10
20
30
40
50
60
70
80
Quelle: Bundesamt für Statistik, Credit Suisse Economic Research
90
100
28
zige Aargauer Regionen einen urbanen Kern aufzuweisen,
Bevölkerungsprognose
was Hinzuziehende dieser Altersklassen anziehen dürfte.
Das Bundesamt für Statistik erstellt laufend Szenarien zur
Die Altersstruktur der Wegziehenden weist unter den Aar-
Bevölkerungsentwicklung in der Schweiz. Die amtlichen
gauer Regionen einen homogenen Charakter auf (Abbildung
Szenarien enthalten jedoch keine Angaben über die regio­
30). Abweichungen vom kantonalen Trend zeigt am ehesten
nale Bevölkerungsentwicklung. Zur Schliessung dieser
die Region Baden mit tendenziell höheren Wegzugsquoten
­Lücke ­haben wir kantonale Bevölkerungsszenarien bis ins
bei jungen Familien. Ebenfalls erkennbar ist eine erhöhte
Jahr 2040 erarbeitet. Zur Erstellung wurde die soge­nannte
Abwanderungstendenz in der Region Brugg/Zurzach bei
Komponentenmethode herangezogen. Diese Methode stellt
Alters­klas­sen um das 25. Lebensjahr. Niedrige Migrations-
das am häufigsten verwendete Verfahren zur Erstellung von
bewegungen weisen neben den Über-50-Jährigen auch
Bevölkerungsprognosen dar. Ausgangspunkt einer Bevöl­
Kinder im schulpflichtigen Alter aus.
ke­
rungs­
pro­
gnose nach der Komponentenmethode bildet
eine nach Alter, Geschlecht und Nationalität aufgegliederte
Bevöl­ke­rung zu einem bestimmten Zeitpunkt. In Abhängigkeit bestimmter Hypothesen über Fertilität, Mortalität, Migra­
tion und Bürgerrechtswechsel, welche wiederum Annahmen über soziale, kulturelle, wirtschaftliche und politische
Entwicklungen widerspiegeln, werden die Ausgangsbevölkerung fortgeschrieben sowie die Neuzugänge zu dieser
Bevölkerung bestimmt. Die den kantonalen Bevöl­ke­rungs­
sze­
na­
rien zugrunde liegenden Annahmen widerspiegeln
die kantonalen Gegebenheiten, lassen sich jedoch in die
gesamt­schwei­ze­ri­sche Bevölkerungsentwicklung einordnen.
Abbildung 31 Bevölkerungsprognose 2010–2020
CH, Kantone und Wirtschaftsregionen, Wachstum in Prozent
16 %
14%
12 %
10 %
8%
Quelle: Credit Suisse Economic Research
BL
SO
Brugg/Zurzach
CH
Baden
LU
Aarau
AG
Freiamt
ZH
0%
ZG
2%
Fricktal
4%
Mutschellen
6%
29
steigt das Alter im Kanton Aargau überdurchschnittlich an.
Abbildung 32 Prognose der Altersstruktur bis 2040
In der Gesamtschweiz rechnen wir mit einer Erhöhung des
Bevölkerungsanteil nach Alter in Prozent
Durchschnittsalters bis 2040 von 41.0 auf 45.9 Jahre. Die
100
90
Männer
anteilsmässig grössten Altersklassen werden im Jahre 2040
Frauen
Frauen und Männer zwischen 50 und 60 Jahren sein. Aller-
80
dings werden auch die Altersklassen zwischen 70 und 77
70
Jahren – aufgrund der höheren Lebenserwartung vor allem
60
50
bei der weiblichen Bevölkerung – mit Anteilen von bis zu
40
1.4 % pro Jahrgang überdurchschnittlich vertreten sein. Der
30
hohe Bevölkerungsanteil dieser Altersgruppe bis ins Jahr
20
2040 ist eine logische Folge der überproportionalen ­Anteile
10
der Altersklassen der 40- bis 50-Jährigen im Jahr 2010.
0
–2.0 %
–1.0 %
0.0 %
2040
1.0 %
2.0 %
2010
Die jüngeren Jahrgänge bis zu einem Alter von 35 Jahren
werden wohl in Zukunft einen noch kleineren Teil der Bevölkerung vertreten. Besonders in Anbetracht der Entwicklung
Quelle: Bundesamt für Statistik, Credit Suisse Economic Research
der Gesundheitskosten und der drohenden Finanzierungsproblematik der Altersvorsorge lässt diese Steigerung aufhorchen. Mehr als 27 % der Kantonsbevölkerung dürften im
Für die nächsten zehn Jahre prognostizieren wir für den Kanton Aargau ein anhaltendes Wachstum von durchschnittlich
1.0 % im Jahr. Damit sollte die Entwicklung im Aargau ähnlich
voranschreiten wie in den vergangenen zehn Jahren, die ein
jährliches Wachstum von 1.1 % aufwiesen. Die Wachstumsziffer des Kantons Aargau bleibt damit überdurchschnittlich. Von den Kantonen Zug und Zürich erwarten wir höhere
Wachstumsraten von durchschnittlich bis zu 1.5 % pro Jahr;
Solothurn und Baselland attestieren wir unterdurchschnittliche, aber positive Wachstumsraten. Innerhalb des Kantons
Aargau rechnen wir im Fricktal mit der höchsten relativen
Bevölkerungszunahme, gefolgt von der Region Mutschellen
mit je 1.3 % pro Jahr. In der gesamtschweizerischen Betrachtung liegen diese beiden Regionen auf Rang 21 und 23 der
110 Schweizer Wirtschaftsregionen. Das tiefste Wachstum
attestieren wir im Kanton Aargau der Region Brugg/Zurzach
mit immer noch hohen 0.7 % pro Jahr.
Die Altersstruktur des Kantons Aargau der Jahre 2010
und 2040 ist in Abbildung 32 dargestellt. Auffällig stark
steigt das Durchschnittsalter im Kanton Aargau von 40.3
auf 46.6 Jahre an. Mit einer Differenz von 6.3 Altersjahren
Jahre 2040 über 64 Jahre alt sein.
30
Wohnen und Immobilien
Der Wohnungsmarkt ist ein wichtiger Faktor für die regio­nale
Angebot
Standortqualität. Unzureichender Wohnraum und ein nicht
Im Kanton Aargau stehen rund 290’000 Wohnungen, was
mehr zeitgemässer Immobilienbestand schmälern die Wohn-
etwa 7 % des Schweizer Wohnungsbestandes entspricht.
ortattraktivität und können sich limitierend auf die Bevöl­ke­
Die Aufteilung des Bestandes auf die verschiedenen Wohn-
rungs­ent­wick­lung auswirken.
formen zeigt deutliche Unterschiede zum Schweizer Mittel
Der Kanton Aargau liegt im Gravitationsfeld der drei Städte
(Abbildung 33): Lediglich 47 % sind Mietwohnungen, wäh-
Zürich, Basel und Zug. Aufgrund der kurzen Distanzen und
rend der Anteil schweizweit mehr als 60 % beträgt. Einzig die
der guten Verkehrserschliessung haben Veränderungen im
Region Baden weist einen ähnlich hohen Mieteranteil auf
Wohnungsmarkt oder der Steuerbelastung in diesen Städ-
wie die übrige Schweiz. Regional zeigen sich grosse Unter­
ten unmittelbare Auswirkungen auf den Wohnimmobilien-
schiede: Die Regionen Aarau und Baden, welche beide über
markt im Aargau. Im Osten wird der Immobilienmarkt im Kan-
grössere Zentren verfügen, weisen die höchsten Mietwoh-
ton wesent­lich durch die wirtschaftliche Anziehungskraft
nungsanteile auf – dies im Gegensatz zu den insgesamt
und das knappe Wohnungsangebot von Zürich geprägt. Das
weniger urbanen Regionen Freiamt, Fricktal und Brugg/
südliche Freiamt spürt die preisbedingten Ausweichbewe-
Zurzach, wo Einfamilienhäuser rund 40 % des Bestandes
gungen der durch die steuerliche Attraktivität stark steigen-
ausmachen. Die Region Mutschellen fällt mit einem höheren
den Immobilienpreise im Raum Zug. Für Anwohner aus dem
Anteil Eigentumswohnungen auf. Da aktuell aufgrund der
Raum Basel sind Rheinfelden und seine Nachbargemeinden
vorteilhaften Zinssituation in grossem Masse Wohneigentum
in doppelter Hinsicht attraktiv: In kurzer Pendeldistanz gele-
gebaut wird, dürfte die Eigentumsquote im Aargau in Zukunft
gen, lockt eine Region mit tieferen Steuern und günstigerem
noch ansteigen.
Wohnraum.
Ausweichbewegungen von Pendlern der umliegenden gros­
sen Arbeitsmärkte in den Aargau prägen den Immobilienmarkt an der Peripherie des Kantons. Diese Zuzüger werden
im Aargau auf ihrer Suche nach günstigem Wohneigentum
fündig; die grosse Zahl an Neubauten im Freiamt, in den
Abbildung 33 Wohnungsbestand nach Wohnform 2011
Schätzung Credit Suisse Economic Research
Regionen Mutschellen und im Fricktal zeugen davon. Nebst
dem Einfluss der umliegenden Städte hat der Aargau jedoch
Mutschellen
auch eigene städtische Zentren, die innerhalb des Kantons
Freiamt
tums­
Anziehungspunkte darstellen. Hier liegt die Eigen­
quote deutlich tiefer als in den peripheren Regionen, und das
Mietsegment hat eine stärkere Bedeutung. Diese Zweitei-
Fricktal
Brugg/Zurzach
lung prägt den hiesigen Immobilienmarkt und stellt dessen
AG
Akteure vor Herausforderungen. Die seit einigen Jahren
Aarau
ungebremst hohe Bautätigkeit birgt die Gefahr von lokalen
Baden
Überangeboten, was für eine weiterhin moderate Preisent-
Schweiz
wicklung sprechen würde. Dies trägt dazu bei, dass der Aargau als Wohnkanton weiterhin attraktiv bleibt.
0 % 10 % 20 % 30 % 40 % 50 % 60 % 70 % 80 % 90 % 100 %
Mietwohnungen
Eigentumswohnungen
Einfamilienhäuser
Quelle: Bundesamt für Statistik, Credit Suisse Economic Research
31
Um als Wohnregion attraktiv zu sein, bedarf es nicht nur eines
Objekte bevorzugt, wohingegen Mietwohnungen beson­
geeigneten Mix aus Miete und Eigentum, sondern auch ver-
ders in den kleineren Zimmerkategorien vorherrschen. Die
schiedener Wohnungsgrössen. So verlangen junge Bevölke-
Kombination aus Zimmerzahl und Region bestätigt denn
rungsgruppen nach stadtnahen und kleineren Wohnungen,
auch dieses Bild: In der Region Baden, welche die h
­ öchste
während Familien grosszügige Wohnungen oder Häuser in
Mieterquote aufweist, befinden sich anteilsmässig auch die
ruhigen Wohngegenden bevorzugen. Abbildung 34 zeigt den
meisten 1-Zimmer-Wohnungen, gefolgt von der ebenfalls
Wohnungsbestand aufgeteilt nach Zimmerkategorie und
durch städtische Zentren bestückten Region Aarau. In den
den sechs Regionen. Auf der Horizontalen sind die Anteile
Regionen Fricktal, Freiamt und Mutschellen bestehen 70 %
der Zimmerkategorien abgetragen und auf der Vertikalen die
des Wohnungsbestandes aus Wohnungen mit mindestens 4
Anteile der Regionen. Die abgebildeten Flächen stellen folg-
Zimmern. Schweizweit beläuft sich diese Zahl auf gut 50 % .
lich das Produkt aus Zimmerkategorie und Region dar.
Nebst der Wohnungsgrösse ist für die Attraktivität einer
Die Region Aarau stellt rund 37 % des Wohnungsbestandes
Wohnregion auch das Alter des Wohnungsbestandes aus-
des Kantons. Die gemessen am Wohnungsbestand kleinste
schlaggebend. Das Phänomen der zahlreichen Neubausied-
Region ist Mutschellen mit 10 % . Bezüglich der Zimmer­kate­
lungen «auf der grünen Wiese» lässt sich zwar einerseits mit
go­rien fällt der kleine Anteil an 1-Zimmer-Wohnungen auf,
dem Bevölkerungszuwachs und der damit gestiegenen Nach-
welcher mit 3 % nur knapp halb so gross ist wie im Schweizer
frage nach Wohnraum erklären, ist jedoch auch auf die Nach-
Mittel. Auch der Anteil der 2- und 3-Zimmer-Wohnungen ist
frage nach modernen Wohnungen mit höchstem Komfort
vergleichsweise klein. Im Gegensatz dazu verfügt der Kan-
zurückzuführen. Abbildung 35 stellt den Woh­nungs­bestand
ton Aargau über eine grosse Zahl von 5-Zimmer-Wohnungen
nach Bauperiode und Region dar. Auf der Vertikalen sind die
und Wohnungen mit 6 Zimmern und mehr. Dies lässt sich
Anteile der sechs Aargauer Regionen abgebildet. In horizon-
auf die grosse Zahl der Wohneigentümer zurückführen, wer-
taler Ausrichtung sind die verschiedenen Bau­perio­den bzw.
den beim Haus- oder Wohnungskauf doch eher grös­sere
deren Anteile am gesamten Wohnungsbestand abgetragen.
Abbildung 34 Wohnungsbestand nach Zimmerzahl
Abbildung 35 Wohnungsbestand nach Bauperiode
37%
Baden
Brugg/
Zurzach
Fricktal
Freiamt
Mutschellen
22%
30%
23%
Quelle: Bundesamt für Statistik, Credit Suisse Economic Research
14%
2001–
2010
1991–
2000
1981–
1990
1971–
1980
1961–
1970
1946 –
1960
1919–
1945
Vor
1919
Aarau
3% 8%
Flächen stellen die Anteile von Region und Zimmerzahl am Total dar
6 Zimmer
plus
5 Zimmer
4 Zimmer
3 Zimmer
2 Zimmer
1 Zimmer
Flächen stellen die Anteile von Region und Zimmerzahl am Total dar
Aarau
37%
17%
Baden
17%
13%
Brugg/
Zurzach
13%
12 %
Fricktal
12 %
11%
Freiamt
11%
10%
Mutschellen
10%
13%
8% 10 %
13%
14%
14%
14%
Quelle: Bundesamt für Statistik, Credit Suisse Economic Research
14%
32
Abbildung 36 Baubewilligte Einfamilienhäuser
Abbildung 37 Baubewilligte Wohnungen in Mehrfamilienhäusern
In Wohneinheiten, gleitende Summe über 12 Monate
2’500
2’000
1’500
1’000
500
0
1995 1997 1999 2001 2003 2005 2007 2009 2011
Aarau
Freiamt
Brugg/Zurzach
Fricktal
In Wohneinheiten, gleitende Summe über 12 Monate
20’000
5’000
45’000
18’000
4’500
40’000
16’000
4’000
35’000
14’000
3’500
12’000
3’000
10’000
2’500
8’000
2’000
6’000
1’500
4’000
1’000
2’000
500
0
Baden
Mutschellen
Schweiz (rechte Skala)
30’000
25’000
20’000
15’000
10’000
5’000
0
1995 1997 1999 2001 2003 2005
Aarau
Freiamt
Brugg/Zurzach
Fricktal
0
2007 2009
2011
Baden
Mutschellen
Schweiz (rechte Skala)
Quelle: Baublatt, Credit Suisse Economic Research
Quelle: Baublatt, Credit Suisse Economic Research
Im Vergleich zum Schweizer Mittel ist der Aargauer Woh-
Die hohe Wohnattraktivität des Kantons mit tiefen Steuern,
nungsbestand relativ neu. Rund 40 % der Wohnungen wurden
guter Lage zwischen den ausserkantonalen Zentren ­Basel
in den letzten 30 Jahren erstellt; für die Gesamtschweiz gilt
und Zürich sowie der ausserordentlich guten Ver­
kehrs­
dies nur für 30 % der Wohnungen. In den Regionen Freiamt
erschlies­sung macht den Kanton für breite Bevölkerungs-
und Mutschellen ist gar die Hälfte des Woh­nungs­bestan­des
schichten attraktiv. Die in der Vergangenheit hohe Migration
weniger als 30 Jahre alt. Diese beiden Regionen sind in den
in den Aargau konnte nur durch eine entsprechende Aus-
letzten Jahren aufgrund der Wohnungsknappheit sowie der
weitung des Wohnraums absorbiert werden. Entsprechend
hohen Immobilienpreise im Raum Zürich und im Kanton Zug
wurden in den vergangenen 12 Monaten (August 2011 bis
für Pendler sehr attraktiv geworden, was zu starkem Woh-
Juli 2012) Baubewilligungen für über 5’000 neue Wohnein-
nungsbau und einer grossen Zahl von Zuzü­gern ­geführt hat.
heiten erteilt. Davon entfallen gut 20 % auf Einfamilienhäu-
Der Aargau weist insbesondere einen ­hohen Anteil an neuen
ser. Bis Ende 2013 dürften im Kanton somit bis zu 4’000
Wohnungen auf, welche im Jahr 2001 oder später ­erstellt
neue Wohneinheiten auf den Markt kommen. Die Entwick-
wurden. Wohnungen dieser Bauperiode machen 14 % des
lung der Baubewilligungen ähnelt dem Bild für die Schweiz.
Wohnungsbestandes im Kanton aus; im Schweizer Mittel
Am aktuellen Rand zeigt sich im Aargau jedoch ein stärkerer
sind es lediglich 9 % . Den grössten Anteil an neuen Woh-
Rückgang der Baubewilligungen als im Rest der Schweiz;
nungen weisen mit 16% die Regionen Fricktal, Freiamt und
dies gilt insbesondere für Einfamilienhäuser. Da jedoch die
Mutschellen auf. Im Gegensatz dazu machen Wohnungen
Baugesuche dieses Jahr wieder angestiegen sind, kann für
dieser Bauperiode in Brugg/Zurzach lediglich knapp 10%
die kommenden Monate auch wieder mit vermehrten Bau­
des Wohnungsbestandes aus. Diese Region wird vom Sied-
bewil­
li­
gun­
gen gerechnet werden, womit der Bautätigkeit
lungsdruck aus den umliegenden Kantonen weniger stark
­keine Trendwende bevorstehen dürfte.
erfasst.
33
Fokus: Wo wächst der Aargau?
gebiet der Arbeitsmärkte von Basel, Zug und Zürich. Ennet
Die hohe Zahl der bewilligten Wohneinheiten ­bewirkte,
der Kantonsgrenze ist das starke Wachstum im Raum Zug
abge­
sehen von Ersatzbauten, einen wachsenden Woh-
augenfällig. Die dadurch hervorgerufenen Verdrängungs-
nungsbestand. Während die Baubewilligungen auf Ge­
effekte sind Mitverursacher des starken Wachstums im
meindeebene erfasst werden, ist der Wohnungsbestand
südlichen Freiamt. Im Fricktal konzentrieren sich Gebiete
auch auf Hektarrasterebene verfügbar. Dadurch ist es mög-
mit grossen Zuwächsen um Rheinfelden und Frick. Für die
lich, die Ausweitung des Wohnungsbestandes auch inner­
Region Aarau trifft dies auf die Peripherie des Kantons-
halb der Gemeindegrenzen genauer zu lokalisieren. Abbil-
hauptorts sowie den Raum Zofingen/Rothrist und das öst-
dung 38 zeigt, wo der Kanton Aargau in den vergangenen
liche Hallwilerseeufer zu. Die Platz- und Wohnungsknapp-
10 Jahren gewachsen ist. Die abgebildeten Flächen stellen
heit in der Stadt Zürich bewirkte starke Wohnbautätigkeit
die Zunahme des Wohnungsbestands in Quadraten mit
an deren nördlicher Peripherie sowie in den an den Aargau
­einer Seitenlänge von 500 Meter dar. Gebiete mit starkem
angrenzenden Gemeinden des Furttals. Die Eröffnung des
Wachstum finden sich entlang der Verkehrsachsen, an der
Üetlibergtunnels führte in der Region Mutschellen zu einem
Peripherie der innerkantonalen Zentren sowie im Einzugs-
deutlichen Anstieg der Wohnbautätigkeit.
Abbildung 38 Wachstum Wohnungsbestand 2001–2010
Die Quadrate entsprechen einem Raster mit einer Seitenlänge von 500 Meter
Keine Neubauten
Bad Zurzach
0% - 5%
Rheinfelden
5% - 10%
Würenlingen
10% - 20%
Frick
Brugg
Liestal
Sissach
Mellingen
Lenzburg
Oberentfelden
50% - 100%
> 100%
Spreitenbach
Kantonsgrenzen
Dietikon
Aarau
Olten
20% - 50%
Baden
Wettingen
Zürich
Wohlen
Bremgarten
Schöftland
Rothrist Zofingen
Muri
Affoltern
am Albis
Reinach
Langenthal
Sins
Sursee
0
5
10 km
Willisau
Quelle: Bundesamt für Statistik, Credit Suisse Economic Research, Geostat, DDS
Zug
Hauptverkehrsstrassen
34
Abbildung 39 Reinzugang nach Region
Abbildung 40 Reinzugang nach Zimmerzahl
2000–2010, in Prozent des Wohnungsbestandes
2000–2010, in Prozent des Wohnungsbestandes
2.0 %
2.5 %
2.0 %
1 Zimmer
2 Zimmer
3 Zimmer
4 Zimmer
5 Zimmer
6 + Zimmer
CH
1.5%
1.5 %
1.0 %
1.0 %
0.5%
0.5 %
0.0 %
Aarau
Brugg/Zurzach
Baden
Mutschellen
Freiamt
Fricktal
CH
2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010
0.0 %
2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010
Quelle: Bundesamt für Statistik, Credit Suisse Economic Research
Quelle: Bundesamt für Statistik, Credit Suisse Economic Research
Die Entwicklung der baubewilligten Einfamilienhäuser nach
eine zunehmende dichtere Bauweise und Urbanisierung des
Regionen ist in Abbildung 36 dargestellt. Nach einer star-
Kantons hindeutet.
ken Zunahme der Baubewilligungen im Jahr 2011 zeigen die
Die hohe Anzahl an Baubewilligungen und die damit ver-
letzten 12 Monate einen spürbaren Rückgang. Die Zahl der
bundene starke Bautätigkeit führen dazu, dass laufend
Baubewilligungen für Einfamilienhäuser reduzierte sich in
bi­
lien auf den Markt kommen und der Woh­
neue Immo­
allen Regionen, besonders jedoch im östlichen Kantonsteil.
nungs­bestand kontinuierlich anwächst. Der Zuwachs des
Nach einer längeren Periode steigender Bewilligungszahlen
Woh­nungs­bestan­des wird als Reinzugang ausgedrückt. Er
sind diese nun auch im Fricktal erstmals leicht rückläufig.
umfasst die Anzahl neu erstellter Wohnungen abzüglich des
Die starke Zunahme des Vorjahres wird somit dieses Jahr
Saldos aus den Zu- und Abgängen, welche durch Umbau-
nicht erreicht werden. Abbildung 37 zeigt die bewilligten
ten und ­Abbrüche bedingt sind. Schweizweit belief sich der
Wohnungen in Mehrfamilienhäusern. Über den gesamten
Reinzugang in den letzten Jahren auf 1.1 %; im Aargau lag er
Kanton betrachtet sind die Baubewilligungen für Wohnun-
mit 1.5 % etwas höher, wobei der Kanton Aargau insbeson-
gen in Mehrfamilienhäusern in den letzten 12 Monaten leicht
dere im Jahr 2008 starke Zuwächse verzeichnet hat. Das
zurückgegangen, bleiben aber auf hohem Niveau. Der Rück-
über mehrere Jahre überdurchschnittlich hohe Wachstum
gang ist jedoch weniger ausgeprägt als bei den Einfamilien-
des Aargauer Wohnungsbestandes führt dazu, dass die-
häusern. Das gleiche Bild zeigt sich auch für die gesamte
ser einen stetig grösser werdenden Anteil am Schweizer
Schweiz. Besonders von dieser Entwicklung betroffen sind
­Bestand ausmacht. Wie Abbildung 39 zeigt, haben sich die
die Regionen Aarau, Freiamt und Fricktal, während in den
Reinzugänge in den Regionen unterschiedlich entwickelt. In
Regionen Brugg/Zurzach und Mutschellen die Baubewil-
der Region Brugg/Zurzach blieben die Reinzugänge sogar
ligungen in dieser Zeitperiode sogar zugenommen haben.
unter dem Schweizer Mittel, während das Freiamt und das
Aktuell wurden viermal mehr Gesuche für Wohnungen in
Fricktal ­Zuwächse von über 2 % verzeichneten. Diese beiden
Mehrfamilienhäusern bewilligt als Einfamilienhäuser, was auf
Regio­nen erfuhren im Jahr 2010 jedoch einen Rückgang
35
sich der Aargau im interkantonalen Vergleich auf Rang 3.
Abbildung 41 Geplante Ausweitung und mittlere Absorption
Ausweitung: Baubewilligungen der letzten 12 Monate, Absorption
der letzten 5 Jahre
Mietwohnungen
Eigentumswohnungen
Einfamilienhäuser
Mittlere Absorption
Baden
Schweiz
Fricktal
tonen Thurgau und Schaffhausen. Die grösste Marktausweitung wird in der Region Mutschellen stattfinden. Aufgrund
der ausserordentlich tiefen Hypothekarzinsen entfällt ein
grosser Teil der geplanten Ausweitung auf Wohneigentum.
Die Absorption beschreibt, wie viele Wohnungen und Ein-
Aarau
familienhäuser im Mittel der letzten 5 Jahre vom Markt
AG
aufgenommen werden konnten (gemessen am Wohnungs-
Brugg/Zurzach
bestand). Das Freiamt wies in den vergangenen Jahren
Freiamt
mit 2 % die höchste Absorption auf, womit auch die a­ ktuell
Mutschellen
0.0 %
Stärker wachsen wird der Wohnungsmarkt nur in den Kan-
0.5 %
1.0%
1.5%
2.0%
2.5%
3.0%
geplante Ausweitung absorbiert werden dürfte. Dies trifft
auch für den Kanton Aargau als Ganzes zu: Die Differenz
Quelle: Schweizer Baublatt, Bundesamt für Statistik, Credit Suisse Economic
Research
zwischen Ausweitung und Absorption beträgt lediglich 0.2 %
des Wohnungsbestandes. Grosse Diskrepanzen zwischen
Ausweitung und Absorption ergeben sich insbesondere in
der Region Mutschellen: Die geplante Angebotsausweitung
ihrer Zuwachs­raten, was aufgrund der hohen Volatilität der
übersteigt die vergangene Absorption deutlich, weshalb
Zeitreihe allerdings noch keine Trendwende bedeuten muss.
ein Überangebot nicht auszuschliessen ist. Dies dürfte ins-
Unterteilt nach Zimmerzahl ergeben sich für die 4- bis
besondere davon abhängig sein, ob die geplanten Eigen-
5-Zimmer-­Wohnungen die höchsten Reinzugänge (Abbil-
tumswohnungen bereits im Vorverkauf abgesetzt werden
dung 40). Die zeitliche Veränderung der Reinzugänge deutet
konnten. Ähnliche Tendenzen zeigen sich in Brugg/Zurzach,
jedoch darauf hin, dass sich bei den 5-Zimmer-Wohnungen
wo die Nachfragelücke bzw. der Angebotsüberhang jedoch
das Wachstum der Zugänge abgeschwächt hat. Im Gegen­
nicht so ausgeprägt ist. Eine umgekehrte Situation ergibt
satz dazu sind steigende Zuwachsraten bei kleineren Woh-
sich im Raum Baden: Hier übersteigt die Absorptionsfähig-
nungen mit 2 bis 3 Zimmern zu beobachten. 1-Zimmer-
keit die geplante Ausweitung deutlich, wodurch Wohnraum
Wohnungen werden kaum noch gebaut, da vermehrt auch
eher knapp werden dürfte. Steigende Preise und lokale Ver-
Alleinstehende grössere Wohnungen mit mindestens 2 Zim-
drängungseffekte wären die Konsequenz.
mern bevorzugen.
Um die zukünftige Absatzmöglichkeit abschätzen zu können,
Leerstand
eignet sich die Gegenüberstellung von Ausweitungs- und
Inwieweit sich in der Vergangenheit für bestehende und
Absorptionswerten (Abbildung 41). Die Ausweitung gibt
neugebaute Wohneinheiten einen Mieter oder Käufer fin-
an, wie viele Wohneinheiten gemäss den Baubewilligun-
den liess, lässt sich anhand der Leerwohnungsziffer ablesen.
gen der letzten 12 Monate in den nächsten rund 6 bis 18
Diese Zahl bringt zum Ausdruck, inwieweit der Wohnungs-
Monaten auf den Markt gelangen werden. Für den Kanton
bestand die Marktnachfrage bedienen kann. Eine tiefe Leer-
­Aargau rechnen wir mit 4’800 Einheiten oder rund 1.7 % des
standsquote indiziert einen intensiven Wettbewerb um Wohn-
Gesamt­bestan­des. Knapp 1’100 Einheiten beziehen sich auf
raum und kann massive Preisanstiege in regionalen Märkten
Einfamilienhäuser, der Rest sind je hälftig Eigentums- und
erklären. Die schweizweit tiefste Leerstandsquote weist im
Mietwohnungen. Mit diesen Ausweitungswerten positioniert
Jahr 2012 der Kanton Genf mit 0.33 % auf, welcher für sein
36
Abbildung 42 Leerstehende Wohnungen nach Zimmerzahl und Leerwohnungsziffer
Linke Achse: leerstehende Wohnungen nach Zimmerzahl absolut; rechte Achse: Leerwohnungsziffer
2’500
2.5 %
2’000
2.0 %
1’500
1.5 %
1’000
1.0 %
500
0.5 %
0
1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012
Leerwohnungsziffer AG
Leerwohnungsziffer CH
1 Zimmer
2 Zimmer
3 Zimmer
4 Zimmer
0.0 %
5 Zimmer
6 + Zimmer
Quelle: Bundesamt für Statistik, Statistik Aargau
sehr hohes Preisniveau bekannt ist. Die beiden Basel weisen
gau und der starken Bevölkerungszunahme insgesamt mehr
mit 0.44 % bzw. 0.46 % ebenfalls besonders tiefe Leerstände
gebaut als absorbiert wurde. Da die geplante Ausweitung
auf. Eine gering höhere Leerwohnungsziffer verzeichnet der
weiterhin höher liegt als die erwartete Absorption, zeichnet
Kanton Zürich mit 0.56 % . Allerdings spürt hier besonders
sich diesbezüglich keine Trendwende ab. Absolut betrachtet
die Stadt den anhaltend hohen Bevölkerungsdruck, was sich
ist insbesondere der starke Anstieg der Leerstände bei den
in einer Leerstandsquote von 0.10 % niederschlägt.
3-Zimmer-Wohnungen augenfällig. Bei diesen mittelgrossen
Der Kanton Aargau weist historisch eine hohe Leerwoh-
Wohnungen wurde in den letzten Jahren offenbar ein Über-
nungsziffer über dem Schweizer Mittel auf (Abbildung 42).
angebot geschaffen.
Im Vorjahr betrug sie 1.5 % und ist 2012 sogar auf 1.6 %
Die sechs Aargauer Regionen weisen mit Ausnahme von
ange­
stie­
gen. Die schweizerische Leerwohnungsziffer hat
Baden alle eine Leerstandsquote über dem Schweizer Mit-
im Gegensatz dazu über die vergangenen Jahre mehr oder
tel auf (Abbildung 43). Mit über 2 % verzeichnete die Region
weniger stagniert. Dafür verantwortlich ist die Bevölkerungs-
Aarau im vergangenen Jahr die kantonsweit höchste Leer-
zunahme, welche das Angebotswachstum an Neuwohnun-
wohnungsziffer, gefolgt vom Fricktal mit rund 1.8 % . Diese
gen absorbiert. Im Kanton Aargau hat die traditionell hohe
Leerstandsquoten bedeuten für die beiden Regionen auch
Leerstandsquote in den letzten Jahren, nach einem leich-
im historischen Vergleich hohe Werte und treffen das Eigen­
ten Rückgang 2009, wieder eine ansteigende Tendenz. Die
tums- genauso wie das Mietsegment. Die Region Baden
­Anstiege zeigen, dass trotz der Attraktivität des Kantons Aar-
weist mit 0.9 % die tiefsten Leerstände im Kanton auf – dies
37
Abbildung 43 Leerstände nach Wirtschaftsregion und Zimmerzahl
Leerwohnungsziffer 2011 in Prozent des Wohnungsbestands per 31.12.2010
Leerwohnungsziffer
Bad Zurzach
0.06% - 0.4%
Rheinfelden
0.4% - 0.7%
Würenlingen
0.7% - 0.9%
Frick
Brugg
Liestal
0.9% - 1.5%
Baden
Sissach
1.5% - 2%
Wettingen
Mellingen
Dietikon
Aarau
Leerstände nach Zimmerzahl
Zürich
Lenzburg
Olten
Wohlen
Oberentfelden
Rothrist
2%
Spreitenbach
2 Zimmer
Bremgarten
3 Zimmer
Schöftland
Zofingen
Reinach
1 Zimmer
Muri
Affoltern
am Albis
4 Zimmer
5 Zimmer
6 Zimmer
Wirtschaftsregionen
Langenthal
Sins
Kanton Aargau
Zug
Hauptverkehrsstrassen
Sursee
Willisau
Quelle: Bundesamt für Statistik, Credit Suisse Economic Research, Geostat
obwohl im hier bedeutenden Mietsegment die Leerstände
Miet- und Kaufinteressierte bedeuten hohe Leerstände aber
strukturell höher liegen als im Eigentum.
auch, dass sich leichter ein neues Zuhause finden lässt, und
Auch bei den Leerständen nach Zimmerzahl zeigen sich
zusätzlich sorgen sie auch dafür, dass die Immobilienpreise
grosse regionale Unterschiede. In den Regionen Frick­
nicht über Gebühr ansteigen.
tal, Aarau und Brugg/Zurzach sind besonders 1-Zimmer-­
Wohnungen von Leerständen betroffen, und die Leerwoh-
Preise
nungsziffer nimmt mit steigender Zimmerzahl ab. Die Region
Schweizweit sind die Preise für Eigentumswohnungen seit
Baden zeigt insbesondere bei den ganz kleinen und den ganz
2000 um 73 % und diejenigen für Einfamilienhäuser um 48 %
grossen Wohnungen Knappheitstendenzen. In der Region
angestiegen (Abbildung 44). Das deutlich stärkere Preis-
Mutschellen und im Freiamt sind die grossen Wohnungen
wachstum bei den Eigentumswohnungen ist durch die star-
mit 6 oder mehr Zimmern am wenigsten von Leerständen
ken Preisanstiege in Genf und Zürich bestimmt, wo Eigen-
betrof­fen. Bei den Leerständen zeigt sich die Zweiteilung des
tumswohnungen den Markt für Wohneigentum dominieren.
Aargauer Immobilienmarkts zwischen Städten und ländli-
Im Kanton Aargau sind die Preise über denselben Zeithori-
chen Regionen bzw. zwischen Mieter- und Eigentümermärk-
zont weniger stark angestiegen: Für Eigentumswohnungen
ten. Die überdurchschnittlich hohen Leerstände im Kanton
beträgt der Anstieg 40 % , für Einfamilienhäuser 32 % . Beide
Aargau mögen zwar für Immobilienverkäufer und -vermieter
Werte liegen unter dem durchschnittlichen Wachstum in der
unangenehm sein, implizieren sie doch Renditeausfälle. Für
Schweiz, welches durch enorme Preisanstiege in Zentren
38
Abbildung 44 Preisentwicklung Eigentumswohnungen und
Einfamilienhäuser
Indexiert, 1. Quartal 2000 = 100
180
Abbildung 45 illustriert die Preise für eine neue Eigentumswohnung mit mittlerem Ausbaustandard und einer Nettowohnfläche von 110 m2. Dabei wird ersichtlich, dass sich
die Preise je nach Gemeinde stark unterscheiden, aber
Eigentumswohnungen Aargau
Einfamilienhäuser Aargau
Eigentumswohnungen Schweiz
Einfamilienhäuser Schweiz
160
140
120
auch, dass das Preisniveau im Kanton Aargau noch moderat ist. Zentrumsnähe, gute Verkehrslage und die Distanz zu
den Grosszentren Basel, Zürich und Zug sorgen für höhere
­Preise. Am kostenintensivsten ist der Erwerb einer Eigentumswohnung im Kanton Aargau im Raum Baden, wo dafür
mehr als 1.2 Mio. CHF bezahlt werden müssen. Im Freiamt ist
100
80
2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012
ein Nord-Süd-Gefälle erkennbar, welches durch die Nähe zu
Zug und somit die zahlungskräftigen Zuzüger aus dem Kanton Zug getrieben sein dürfte, welche in Sins und den umliegenden Gemeinden vergleichsweise günstig Wohn­eigen­tum
Quelle: Wüest & Partner
erwerben können.
Ein bedeutsamer Preistreiber bei Immobilien ist deren Lage
bzw. ihre Erreichbarkeit mit dem öffentlichen Verkehr oder
und besonders steuergünstigen Wohnregionen getrie­ben
dem Auto. Entsprechend nehmen Immobilienpreise mit
wird. Das für die Gesamtschweiz zu beobach­tende Aus­
zuneh­men­der Distanz und somit längerer Fahrzeit zu einer
einan­der­drif­ten der Preise für Eigentumswohnungen und
grösseren Stadt tendenziell ab. Mit der Eröffnung des Üetli-
Einfamilienhäuser ist im Kanton Aargau ebenfalls weni­ger
bergtunnels sind die Gemeinden in der Region Mutschellen
signifikant. Für beide Segmente haben die Regionen ­Baden,
näher an Zürich herangerückt und somit für Arbeitnehmer in
Mutschellen und Freiamt die stärksten Preisanstiege ver-
Zürich als Wohngemeinde noch attraktiver geworden, was
zeichnet. Die schweizweit stärksten Preisanstiege hat in den
sich in höheren Immobilienpreisen widerspiegelt. Das Preis-
vergangenen Jahren der Kanton Genf erlebt, wo sich die
niveau ist in den an Zürich angrenzenden Gemeinden mit
Preise für Eigentumswohnungen mehr als verdreifacht und
demjenigen der Zürcher Gemeinden vergleichbar. Anders im
diejenigen für Einfamilienhäuser verzweieinhalbfacht haben.
südlichen Freiamt: Die Tiefsteuerpolitik von Zug macht den
Aufgrund der starken Preisanstiege vor allem bei den Eigen-
Kanton attraktiv für Gutverdienende, was hohe Immobilien-
tumswohnungen gilt es deren Entwicklung und Nachhaltig-
preise zur Folge hat. Entsprechend sind die Preise ennet der
keit genau zu beobachten. Hierfür bietet es sich an, die Preis-
Grenze im Aargau signifikant tiefer, da der Steuervorteil mit
entwicklung der Immobilien der Einkommensentwicklung der
dem Kantonswechsel verschwindet.
Haushalte gegenüberzustellen. Mit der Beschleunigung des
Der Zusammenhang zwischen der Fahrzeit ins nächste
Preiswachstums in den vergangenen Quartalen kann heute
Grosszentrum und den Immobilienpreisen ist in Abbildung
selbst im Schweizer Mittel nicht mehr von einer gesunden
46 dargestellt. Die Fahrzeit entspricht einer staufreien
Entwicklung gesprochen werden. Insgesamt erachten wir die
Fahrt mit dem motorisierten Individualverkehr; als Preis-
Situation in 51 von 106 Regionen als nicht mehr nachhaltig.
variable wurde der Preisindex für Eigentumswohnungen
Auf die Aargauer Regionen trifft dies allerdings nicht zu; das
tive Zusammenhang zwischen der
verwendet. Der nega­
Verhältnis von Preis- und Einkommensentwicklung kann hier
Distanz zum nächsten Grosszentrum und den Immobilien-
noch als nachhaltig bezeichnet werden.
preisen ist deutlich ersichtlich. Das höchste Preis­
niveau
39
Abbildung 45 Preisniveau Eigentumswohnungen
Neubau, mittlerer Ausbaustandard, gute Lage in der Gemeinde, Nettowohnfläche: 110 m2, 2. Quartal 2012
Preise in CHF
Bad Zurzach
1’000’001 - 1’719’000
Rheinfelden
800’001 - 1’000’000
Würenlingen
700’001 - 800’000
Frick
Brugg
Liestal
Sissach
650’001 - 700’000
Baden
Wettingen
Mellingen
600’001 - 650’000
550’001 - 600’000
Spreitenbach
500’001 - 550’000
Dietikon
Aarau
450’001 - 500’000
Zürich
Lenzburg
Olten
Wohlen
Oberentfelden
400’001 - 450’000
351’000 - 400’000
Bremgarten
Kanton Aargau
Schöftland
Affoltern
am Albis
Rothrist Zofingen
Muri
Hauptverkehrsstrassen
Reinach
Langenthal
Sins
Zug
Sursee
Willisau
Quelle: Wüest & Partner, Geostat, DDS
haben demnach diejenigen Gemeinden mit Zürich als
Abbildung 46 Immobilienpreise und Erreichbarkeit in den Aargauer
Gemeinden
nächst­
gele­
ge­
nem Grosszentrum, gefolgt von Basel und
Preise in CHF pro m2 für eine durchschnittliche
­Eigentumswohnung, 2. Quartal 2012, linearer Trend (indikativ)
Zug.
Nachfrage und Suchverhalten
9’000
Fahrzeit nach
Quadratmeterpreis Eigentumswohnung
8’500
Zürich
Zug
Basel
8’000
7’500
Während viele Daten zur Angebotsseite der Immo­
bi­
lien­
märkte vorliegen, ist die Nachfrageseite deutlich weniger
fassbar. Für die Analyse der Immobiliennachfrage im ­Aargau
7’000
untersuchen wir Daten der Internetplattform nabhome.ch.
6’500
Diese wird von der Neuen Aargauer Bank angeboten und
6’000
bein­
hal­
tet einen kostenlosen Online-Immobilienmarkt für
5’500
Miet- und Kaufobjekte. Bei den angebotenen Objekten
5’000
handelt es sich bei rund 60 % um Kaufobjekte. Diese ­Daten
4’500
ermög­
li­
chen es, die Immobiliennachfrage im Kanton zu
4’000
10
15
20
25
30
Fahrzeit in Minuten
35
40
unter­
suchen. Daraus lässt sich ableiten, wo und welche
Immobilien gesucht werden, wie oft die Objekte betrachtet
werden und mit welchen Parametern Nachfrager das Immo­
Quelle: Wüest & Partner, Credit Suisse Economic Research
bi­lien­ange­bot absuchen.
40
Abbildung 47 Durchschnittliche Anzahl Klicks pro Inserat und Tag
Besucher-Klicks pro Inserat und Tag nach Gemeinde, Miet- und Kaufobjekte, Januar – Juni 2012
Nicht auswertbar
Bad Zurzach
<1
Rheinfelden
1-5
Würenlingen
5 - 10
Frick
Brugg
Liestal
Sissach
Mellingen
Lenzburg
Oberentfelden
> 20
Kanton Aargau
Spreitenbach
Hauptverkehrsstrassen
Dietikon
Aarau
Olten
10 - 20
Baden
Wettingen
Zürich
Wohlen
Bremgarten
Schöftland
Rothrist Zofingen
Muri
Affoltern
am Albis
Reinach
Langenthal
Sins
Zug
Sursee
Willisau
Quelle: Credit Suisse Economic Research, nabhome.ch, Geostat
In welcher Gemeinde im Kanton Aargau werden Immo­bi­lien
indem die gewünschten Suchkriterien spezifiziert werden
am stärksten nachgefragt? Dafür haben wir für das erste
können. Der Ersteller eines solchen Suchauftrags wird dann
Halbjahr 2012 berechnet, wie häufig ein Inserat pro Tag im
regelmässig informiert, wenn neue Objekte, welche sei-
Durchschnitt angeklickt wurde. Diese Grösse liefert Hin­
nen Suchkriterien entsprechen, aufgeschaltet worden sind.
weise, wie gross das Interesse an Wohn- und Eigentums-
Anhand dieser Suchaufträge lässt sich untersuchen, wo
­
objekten in einer Region ist, was in Abbildung 47 dargestellt
und welche Art von Objekten gesucht werden. Im Juni 2012
ist. Die Gemein­den mit der grössten Klickzahl sind in unmit-
­waren auf nabhome.ch mehr als 4’000 solcher Suchaufträge
telbarer Nähe zu einem Zentrum gelegen oder sind selber
aktiv.
eine Zentrumsgemeinde. Mit zunehmender Distanz zu die-
Die Aggregation der Anzahl Suchaufträge je Gemeinde be-
sen Zentren und den Hauptverkehrsachsen nehmen auch
antwortet die Frage, wo Wohnraum gesucht wird. Da sich die
die Klickzahlen ab.
Aargauer Gemeinden bezüglich Bevölkerungszahl und somit
Die Klicks setzen das Vorhandensein eines entsprechenden
auch Wohnungsbestand stark unterscheiden, lohnt sich eine
Angebotsobjekts voraus, widerspiegeln also nicht die reine
Normalisierung der Anzahl Suchaufträge anhand des Woh-
Nachfrage. Diese lässt sich jedoch aufgrund von Suchauf-
nungsbestandes pro Gemeinde. Die so berechnete Kenn-
trägen abbilden, welche unabhängig vom Angebot erfasst
zahl liefert den Anteil der gesuchten Objekte am gesamten
werden können. Das Portal nabhome.ch bietet Suchenden
Wohnungsbestand, welche in Abbildung 48 für die Suchauf-
die Möglichkeit, einen solchen Suchauftrag zu erfassen,
träge nach Wohneigentum dargestellt ist.
41
Abbildung 48 Suchaufträge Wohneigentum
Suchaufträge nabhome.ch in Prozent des Wohnungsbestandes 2010, Suchaufträge aktiv im Juni 2012
Suchauftäge nach Zimmerzahl
Bad Zurzach
6 Zimmer
Rheinfelden
5 Zimmer
Würenlingen
4 Zimmer
Frick
Brugg
Liestal
3 Zimmer
Baden
Wettingen
Sissach
Mellingen
2 Zimmer
1 Zimmer
Spreitenbach
Dietikon
Aarau
Zürich
Lenzburg
Olten
Wohlen
Oberentfelden
Suchabos Kaufobjekte in Prozent
Nicht auswertbar
0.01% - 0.02%
Bremgarten
0.03% - 0.05%
Rothrist
Schöftland
Zofingen
Muri
Affoltern
am Albis
Reinach
0.06% - 0.1%
0.11% - 0.3%
Wirtschaftsregionen Aargau
Kanton Aargau
Langenthal
Sins
Sursee
Hauptverkehrsstrassen
Zug
Willisau
Quelle: Credit Suisse Economic Research, nabhome.ch, Geostat
Ebenfalls abgebildet ist die Zahl der Suchaufträge nach Zim-
Mietobjekte und in Abbildung 50 für Kaufobjekte dargestellt.
merzahl. Hierfür wurde die angegebene maximale Zimmer-
Für Mietobjekte geben rund 35 % der Suchenden eine Maxi-
zahl abgetragen. Da es sich hier um Suchaufträge für Wohn-
malmiete von 2’000 CHF an und 25 % eine von 1’500 CHF.
eigentum handelt, überrascht es kaum, dass insbesondere
Auf diese beiden Kategorien entfällt auch der Grossteil der
grosse Wohnungen und Häuser gesucht werden. Die grösste
auf nabhome.ch ausgeschriebenen Mietobjekte. Auffallend
Anzahl von Suchaufträgen war im Juni 2012 für Gemeinden
ist, dass Objektangebote bei tieferen Mietpreisen die Nach-
in den Regionen Aarau und Brugg/Zurzach abonniert.
frage übersteigen. Dies ist womöglich darauf zurückzufüh-
Aufgrund der Angaben in den Suchaufträgen lässt sich auch
ren, dass bei Suchaufträgen die Maximalmiete oft ­etwas
untersuchen, wie hoch die Zahlungsbereitschaft für eine
höher angegeben wird, als es der tatsächlichen Zahlungs-
Mietwohnung oder ein Kaufobjekt im Kanton Aargau ist.
bereitschaft entspricht. Dies mit der Absicht, sich kein poten­
­Dafür wurde die maximale Miete bzw. der maximale Kauf-
tiell interessantes Objekt entgehen zu lassen. Ähnlich sieht
preis verwendet, der im Suchauftrag angegeben wurde, in
das Bild für die Kaufpreise aus. Den grössten Anteil ­haben
Kategorien eingeteilt und die jeweiligen Anteile berechnet.
sowohl angebots- wie auch nachfrageseitig Objekte im
Dies wurde den jeweiligen Anteilen an Objekten gegenüber-
­Bereich von 800’000 CHF. Die hohe Zahlungsbereitschaft
gestellt, die auf nabhome.ch zwischen Januar und Juni 2012
kann auch mit den Zuzügern aus Zürich und Zug begründet
zur Miete oder zum Verkauf ausgeschrieben waren. Die resul-
werden, welche sich hohe Immobilienpreise aus ihrer Her-
tierenden Häufigkeitsverteilungen sind in Abbildung 49 für
kunftsregion gewohnt sind und deshalb bereit sind, höhere
42
Abbildung 49 Zahlungsbereitschaft und Angebotspreise Miete
Abbildung 50 Zahlungsbereitschaft und Angebotspreise Eigentum
Anteil an allen aktiven Suchaufträgen im Juni 2012
40 %
Anteil an allen aktiven Suchaufträgen im Juni 2012, in 1’000 CHF
Anteil Suchaufträge
Anteil Objekte
35 %
30 %
35 %
Anteil Suchaufträge
Anteil Objekte
30 %
25 %
25 %
20 %
20 %
15 %
15 %
10 %
10 %
5%
5%
0%
1’000
1’500
2’000
2’500
3’000
> 3’000
0%
400
600
800
1’000
1’200
1’400
1’600
> 1’600
Quelle: nabhome.ch, Credit Suisse Economic Research
Quelle: nabhome.ch, Credit Suisse Economic Research
Mieten oder Kaufpreise zu bezahlen. Die Tatsache, dass die
len Wohnfläche machten. Zu den am häufigsten ausgefüll-
Nachfrage nach teurem Wohnraum höher ist als das Ange-
ten Kriterien gehö­ren auch Preis und Zimmerzahl. Hier fällt
bot, widerspiegelt zudem die nach wie vor moderate Preis-
auf, dass beim Preis öfter ein Maximal- als ein Minimalwert
entwicklung im Aargau und bedeutet auch, dass Nachfrager
angegeben wird. ­Gerade umgekehrt verhält es sich bei der
für ihr vorgegebenes Budget ein passendes Objekt finden.
Zimmerzahl, wo rund 50 % eine minimale Anzahl vorgeben,
Als weitere nachfrageseitige Information können die von
jedoch nur 25 % eine maximale Zimmerzahl. Die am häufigs-
den Benutzern von nabhome.ch gemachten Angaben in der
ten gewählte Zimmerzahl ist 4.5, sowohl beim minimalen wie
Suchmaske verwendet werden. Daraus lässt sich analysie-
auch beim maximalen Wert.
ren, wie Umzugswillige bei der Suche nach einem neuen
Dach über dem Kopf vorgehen. Welche Suchparameter werden ausgefüllt?
Von den im ersten Halbjahr 2012 getätigten Suchabfragen bezogen sich 63 % auf Kaufobjekte. Der am häufigsten ­gesuchte Objekttyp war «Haus und Wohnung» mit rund
60 % . Gezielt nach einem Haus suchten 26 % der Abfragen
und 8 % nach einer Wohnung. Bezüglich des Standortes
des neuen Zuhause haben die meisten Leute eine genaue
Vorstellung: 40 % der Suchanfragen waren auf exakt eine
Postleitzahl eingestellt. Die Postleitzahl ist denn auch das
am häufigsten ausgefüllte nichtobligatorische Feld: 86 % der
Suchabfragen beinhalteten eine Postleitzahl, wohingegen
weniger als 1 % eine Angabe zur minimalen oder maxima-
43
Fazit
Als Wohnkanton weist der Aargau eine Reihe von Trümpfen
det sich entlang der Verkehrsachsen, an der Peripherie der
auf. Seine hohe Standortqualität basiert hauptsächlich auf
innerkantonalen Zentren und im Einzugsgebiet der Arbeits-
einer attraktiven Steuerbelastung sowie der günstigen Lage
märkte Zug, Zürich und Basel. Gemessen an der vergange-
an den wichtigsten Schweizer Verkehrsadern. Im Vergleich
nen Nachfrage dürften die neu erstellten Wohnobjekte im
zu anderen attraktiven Gebieten, etwa den Landeszentren,
Kanton auch Abnehmer finden. Einzig in der Region Mut-
verfügt der Aargau ausserdem über eine hohe finanzielle
schellen liegt die Angebotsausweitung deutlich über der ver-
Wohnattraktivität. Baulandreserven und ein noch nicht ­allzu
gangenen Absorption, so dass ein kurzzeitiges Überangebot
stark ausgeschöpftes Verdichtungspotential sorgen für ein
nicht ausgeschlossen werden kann. Die Immobilienpreise
reichliches Angebot an Wohnraum, so dass die Preise weni­
sind im Kanton Aargau in den letzten Jahren zwar stetig an-
ger steil angestiegen sind als in den nahen Ballungsräumen.
gestiegen; gleichwohl ist der Preisanstieg deutlich geringer
Das Zinsumfeld und der aktuelle Trend hin zu Wohn­eigen­
als im Schweizer Mittel. Im Gegensatz zu einer Reihe anderer
tum dürften den Aargauer Wohnungsmarkt noch stärker ins
Schweizer Regionen kann im Aargau somit nicht von einer
Blickfeld rücken, da gerade Eigenheime im Aargau oft einfa-
ungesunden Preisentwicklung die Rede sein.
cher zu finden und zu finanzieren sind. Insofern profitiert der
Gemäss unserer Bevölkerungsprognose wird der Aar-
Kanton stark von den Verdrängungseffekten, welche etwa
gau auch in Zukunft schneller wachsen als der Schweizer
in Zug, Zürich und Basel den Markt bestimmen. Am stärks-
Durchschnitt. Angesichts der begrenzten Baulandreserven
ten betrifft dies die ­Aargauer Regionen Freiamt, Fricktal und
und der bereits hohen Auslastung der Infrastruktur ist der
Mutschellen, welche in naher Pendeldistanz zu diesen Zen-
Kanton gefordert, dieses Wachstum nachhaltig zu gestal-
tren liegen.
ten. Um die hohe Lebensqualität nicht zu gefährden und ein
Es überrascht daher nicht, dass der Aargau den schweiz-
qualitatives Wachstum zu fördern, rücken somit Themen wie
weit höchsten Saldo bei der Binnenmigration aufweist. Von
Verdichtung, Sicherung der Naturräume sowie Eindämmen
den Schweizer Haushalten, welche ihren Wohnort mit einem
des Flächenverbrauchs in den Fokus. Die Annahme der Kul-
kantonsüberschreitenden Umzug optimieren, ziehen also
turlandinitiative im Kanton Zürich hat gezeigt, dass solche
die meisten in eine Aargauer Gemeinde. Der Grossteil der
Ansinnen populärer werden. Für den Aargau bedeutet die
Zuwan­de­rer stammt aus dem Kanton Zürich, was die enge
Zürcher Initiative einerseits eine Chance, da er noch über
Verbundenheit mit dem Nachbarkanton unterstreicht. Die
Baulandreserven verfügt. Andererseits sollte der Kanton
Binnenmigration aus anderen Landesteilen hat in den letzten
verhindern, dass der in Zürich unerwünschte Flächenver-
Jahren signifikant zugenommen; internationale Zuzüge wer-
zehr ungebremst über die Grenze schwappt. Angesichts des
den derweil seltener. Während in den Neunzigerjahren jün-
grossen Verdichtungs- und Umnutzungspotentials in den
gere Erwachsene vermehrt vom Aargau weggezogen sind,
Aargauer Regionen ist eine nachhaltige Wachstumsplanung
hat sich das Blatt gewendet. Per Saldo gewinnt der Kanton in
jedoch durchaus möglich. In einem solchen Szenario würde
sämtlichen Altersgruppen an Einwohnern. Da die Wohnorts-
der Aargau in den kommenden Jahrzehnten urbaner wer-
wahl einen Entscheid mit langfristigen (finanziellen) Folgen
den. Seine Rolle als attraktiver Wohn- und Wirtschaftsraum
darstellt, ist dies als klarer Beweis für die Attraktivität des
inmit­ten der Deutschschweizer Grosszentren dürfte dadurch
Kantons zu werten.
jedoch noch weiter an Bedeutung gewinnen.
Im Aargau wird derzeit entsprechend viel gebaut. Während
der Bau von Einfamilienhäusern jedoch seit längerer Zeit
rückläufig ist, haben Mehrfamilienhäuser stark an Bedeutung gewonnen. Der höchste Zuwachs an Wohnungen fin-
7515051 5.2 10.2012
NEUE AARGAUER BANK AG
Internet www.nab.ch

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