20 Jahre - Pasopferde Verband

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20 Jahre - Pasopferde Verband
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Mai 2013 | 4.- €
Fast wie ein Vorwort
Von: Dr. Kai. C. Otte
Editorial
Ein junger Mann, der sich eine Geflügelfarm angeschafft hat, kommt
zum Rabbiner, um sich Rat zu holen: Seine Hühner siechen dahin, täglich sterben mehrere von ihnen. Ohne zögern rät ihm der Rabbiner, die
Tiere mit Maiskörnern zu füttern. Nach einer Woche kommt der junge
Mann wieder, das Mittel hat nicht geholfen. Der Rabbi fragt: „Hast du
dem Geflügel die Körner roh oder gekocht gegeben?“ „Roh“, antwortet
der unglückliche Züchter. - „Also füttere sie ausschließlich mit gekochten
Maiskörnern, dann wird alles gut sein“. Wenige Tage später kommt der
Mann verzweifelt wieder, es ist schlimmer denn je. - „Womit nährst die
die Hühner?“ „Wie Ihr geraten habt, mit gekochten Maiskörner.“ „Kalt
oder warm?“ fragt der Rabi. - „Kalt“. „Dann geh nach Hause und füttere
sie nur mit heißen Körnern.“ „Gewalt, Rabbi!“, ruft der Züchter, als er
nach zwei Tagen wiederkommt, „meine Hühner krepieren noch schneller
als vorher“. „Wie gibst du ihnen die Maiskörner, trocken oder im Kochwasser?“ „Trocken“, erwidert er. Ihm wird geraten, sie nur im warmen
Wasser zu verabreichen. Wieder zwei Wochen später klagt der junge
Mann verzweifelt: „Es ist furchtbar, die Hühner sterben mir alle weg.
Habt Ihr vielleicht noch einen Rat für mich?“ - „Sei getrost“, antwortet
der Rabbi, „solange dir noch Hühner bleiben, solange werde ich Ratschläge für dich haben“.
FAZIT:
Man soll sich erst aufhängen, wenn alle Stricke reißen.
Titel:
Kalenderblatt von
BANCO DE CREDITO,
Lima/Peru
2013 Noticiero
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Inhaltsverzeichnis
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Editorial
Haben die Pasos ein Problem? 44
6
Termine
GWP – Förderpreise 2012 56
Der American Paso Fino 58
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8
Das neue Buch von Heinz Meyer:
Die Skala und das System der Ausbildung
Porzellanhochzeit
für den Pasopferde Verband
Qualität auf Punkt und Komma
Das Pasopferd in der Materialprüfung Pasopersönlichkeit und Stempelhengst
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En tiempos pasados – es war einmal
Der Werdegang der Pasorassen
Das interessiert den Aficionado
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Die Überzäumung des Pferdes
Panamá war eine Reise wert
26
4
Noticiero 2013
Was Sie schon immer über den
Paso Peruano wissen wollten
Roll-Kur
30
Erste Begegnung mit dem
Paso Iberoamerikano
36
Sport, Spiel, Spannung
38
Hengstliste
66
Sol de Oro VieJo 68
Neue LPO und WBO 78
Sport mit Pasopferden 80
Sieben Gerüchte, die man schnell
vergessen sollte 92
Presseschau 94
Richtige Kennzeichnung von Equiden 102
Wie anders sind Pasopferde? 105
Vorstandschaft und Impressum 106
2013 Noticiero
5
2013 Termine
Messen • Turniere • Kurse
April & Mai
Juni
Juli
August
September
Oktober
Dezember
06.04.2013
Frühlingsritt PPE, Vogelstockerhof
09.05. - 12.05.2013
Pferd International, OR-Anlage München-Riem
Das neue Buch
von Heinz Meyer:
Die Skala und
das System
der Ausbildung
Eine kritische Interpretation
15.06.2013
3. Töltdistanz u. Breitensportwochenende, Streckenroth
22.06. - 23.06.2013
Reitkurs mit Stephan Vierhaus, Grävenwiesbach
05.07. - 07.07.2013
20 Jahre Paso Peruanos in Armstorf
27.07. - 28.07.2013
Hausturnier Vierhaus, Borken
04.08. - 11.08.2013
WM Islandpferde, Berlin
28.08. - 01.09.2013
Americana, Augsburg
05.09. - 08.09.2013
IDGM der IGV, Aegidienberg - GPZ
04.09. - 08.09.2013
FN Bundeschampionat, Warenhof
12.10. - 13.10.2013
Reitkurs mit Stephan Vierhaus, Grävenwiesbach
21.10. - 23.10.2013
Iberian Emotions, bei A. Jänisch, Chieming
29.10. - 03.11.2013
Faszination Pferd, Messe Nürnberg
05.12. - 08.12.2013
Messe Pferd & Jagd, Hannover
Im ersten Teil seines Buches kommen die Befürworter
der „Skala“ wie Michael Strick und Britta Schöffmann
zu Wort, im zweiten die Kritiker, u.a. Kurd Albrecht von
Ziegner oder Philippe Karl. Daran schließt sich die Geschichte der „Skala“ an und eine zusammenfassende Begründung der Kritik. Im Anschluss wird ausführlich ein
alternatives Ausbildungssystem vorgestellt und in einer
graphischen Übersicht zusammengefasst. Heinz Meyer
ist überzeugt: Dieses System wird der Komplexität der
Ausbildung des Pferdes eher gerecht. Es respektiert sowohl die unterschiedlichen Bereiche als auch die verschiedenen Stadien der Schulung. Das Buch schließt mit
dem Kapitel „Zum Lernen des Pferdes“, das auf die Probleme der Vermittlung der reiterlichen Ziele aufgrund der
biologischen Voraussetzungen beim Pferd eingeht.
Autor: Heinz Meyer
Inhalt: 270 Seiten mit Fotos und Zeichnungen
ISBN: 978-3-930953-82-0
Verlag: www.wu-wei-verlag.com
Aktualisierungen bitte unserer Homepage entnehmen.
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Noticiero 2013
I
n diesem Buch wird die „Skala der Ausbildung“
nüchtern und kritisch als ein Bestandteil der
Reit- und Ausbildungstheorie der Deutschen Reiterlichen Vereinigung beleuchtet. Diverse verbreitete Ansichten über die „Skala“ werden korrigiert: Die
„Skala“ ist relativ jung; Sie wurde erst 1979 in einem
FN-Lehrbuch formuliert. Die in die „Skala“ aufgenommenen Grundsätze sind nicht unumstößlich. In ihrem
Zusammenhang mit den Phasen der Ausbildung wurden sie bereits mehrfach verändert und auch erweitert.
Heinz Meyer stellt mit seinem Buch klar, dass die „Skala“ dem komplexen Verlauf der Ausbildung eines Pferdes nicht gerecht wird, da sie die realen Prozesse zu
sehr vereinfacht.
Preis: 29,95 Euro
Prof. Dr. phil. habil. Heinz Meyer, mit Pferden aufgewachsen, in seiner Jugend erfolgreich in Spring- und
Dressurprüfungen, Diplom-Psychologe und promovierter Soziologe, habilitierte sich im Fachbereich Soziologie und lehrte an den Hochschulen in Aachen und
Wuppertal. Mehr als vierzig Jahre kommentierte er in
Fachzeitschriften den internationalen Turniersport,
insbesondere Dressurwettbewerbe und schrieb zahlreiche Beiträge zur Theorie des Reitens und zur Praxis der
Ausbildung des Pferdes. Er war als Chefredakteur und
später als ständiger Mitarbeiter des „St. Georg“ sowie
als hippologischer Fachberater der „Reiter Revue“ tätig
und hat etliche Bücher veröffentlicht.
2013 Noticiero
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Porzellanhochzeit
für den Pasopferde Verband
Text: K. C. Otte
I
n einer Zusammenstellung von Ehe-Jubiläen
habe ich obigen Begriff für eine 20 Jahre andauernde Beziehung gefunden und finde er passt gut
für unser Verhältnis zum Pasopferde Verband. Etwas zerbrechlich, etwas kostbar, etwas erhaltenswert,
etwas verstaubt, irgendwie etwas interessant. Ehe- und
andere Jubiläen haben neben ihrer Nostalgie auch immer etwas Bilanzierendes. Da werden dann frühe Träume und kühne Pläne mit den späteren Resultaten zu
vergleichen sein um, eigentlich sozusagen in Resümee's
neue Aufgaben anzupacken. Diesbezüglich darf ich auf
unsere „kurze Besinnung zu Beginn eines neuen Jahrzehnts“ in Noticiero 2010 verweisen. Hier möchte ich
eher fragen, welche Ideen, ja Wunschträume den Pasopferde Verband beflügelt und letztlich auch so lange
getragen haben.
Seit über drei Jahrzehnten gibt es nun schon Pasopferde
in Europa und ihre Zahl steigt stetig. Dennoch entstand
vor einiger Zeit bei Insidern wie bei neutralen Beobachtern der Szene der Eindruck einer gewissen Stagnation
sowohl im züchterischen wie im sportlichen Bereich.
Seit über drei Jahrzehnten gibt
es nun schon Pasopferde in
Europa und ihre Zahl steigt stetig
Ein Grund hierfür mag in dem ambivalenten Selbstverständnis der Pasopferdeleute liegen: Der superbequeme
sanfte Naturtölter fordert nicht unbedingt denjenigen
heraus, der sich sportlich profilieren will. Dabei bieten sich diese Pferde aufgrund ihres ungewöhnlichen
Arbeitseifers, ihrer Leistungsbereitschaft und Menschenbezogenheit geradezu dafür an, dass man mehr
mit ihnen unternimmt als „nur“ Spazierenreiten. Blickt
man auf andere hippologische Minderheiten, so erkennt
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Noticiero 2013
man, dass immer nach einer ersten Phase mit „Exotenbonus“ ein wohldurchdachtes, für Pferd, Reiter und Zuschauer attraktives Sportgeschehen die Szene unerhört
belebt hat.
Seit über 30 Jahren finden die Pasopferde aus Südamerika auch immer neue Freunde in Europa. Caballo de
Paso, Paso Peruano und Paso Fino – einige der Begriffe,
die von Pferdebegeisterten fast schon mit Bewunderung ausgesprochen werden: die Pasopferde wirken in
der Tat in der zunehmend farbiger werdenden Palette
des hiesigen Rassenspektrums besonders brilliant. Was
macht ihre Faszination aus? Die Summe vieler Eigenschaften, die diese Pferde haben, aber auch sehr viel
Flair, das in Worten schwer zu beschreiben ist: Man
nehme: eine gute Portion iberischen Blutes. Seit altersher waren iberische Pferde etwas besonderes. Konsequente, ja rigorose Selektion auf Leistungsfähigkeit
und beste Charaktereigenschaften schuf Pferde, die
als der Inbegriff von Ausdauer und Rittigkeit gelten.
Ihr Verbringen in die neue Welt führte dazu, dass die
bequeme Gangart Tölt in Südamerika erhalten, gefestigt und verfeinert wurde. So sind die Pasopferde in
der heutigen Hipposzene eine einmalige Erscheinung:
sie können unwidersprochen das Prädikat des besten
Naturtölters für sich in Anspruch nehmen. Leistungsfähig, leistungsbereit, leichtrittig, nervenstark, sensibel,
bequem, menschenbezogen – die ausgeprägteste Form
des Genießens im Sattel ist im Pasopferd verwirklicht
worden.
Für alle Pasorassen gilt als das Grundkonzept: größtmögliche Bequemlichkeit und nobler Charakter. Unterschiede zwischen den Pasoschlägen sind – abgesehen von anatomischen Details – hauptsächlich in der
Gangmanier zu finden. Wo z.B. der Paso Peruano mit
weiten Bewegungen und ausgeprägter Aktion der Vorhand daherkommt, macht der Paso Fino mit kurzen,
2013 Noticiero
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schnellen Schritten Boden gut oder besticht der Paso
Iberoamericano durch sein Dressurtalent. Hauptsache
Tölt. Ob Paso Llano im Reisetempo, verstärkt oder versammelt; ob Paso Corto, Largo oder Classic Fino – jedes
Tempo hat seinen Liebhaber, nur: bequem muss es sein.
Wo englisch-germanische Reiterei in Schwerstarbeit
auszuarten droht, macht der Pasoreiter einen großen
Bogen und reitet entspannt weiter; Markenzeichen: Lächeln im Gesicht. Das Prinzip der schwingungsfreien
Zone in der Sattellage ist bei allen Pasopferden perfekt
verwirklicht. Wer es sich leistet, die Qualitäten seines
Pferdes nicht mit Stoppuhr und Maßband zu ermitteln,
wer gerne etwas abseits vom Hufschlag seine Wege
sucht; wer genug hat von schwierigen Pferden, wenig
pferdegerechten Reitweisen und körperlichem Dauerstress der probiert's mal mit einem Pasopferd.
Am 09. Oktober 1993 trafen sich im fränkischen Oberscheinfeld zahlreiche Pasofreunde, um den „Pasopferde
Verband“ ins Leben zu rufen. Grundidee bei der Zielsetzung des neuen Verbandes war, die gesamte Palette
der Pasopferde mit all ihren Typen unter einem Dach zu
betreuen. Darüberhinaus wollte man Pasopferde durch
rassegerechte Sportprüfungen auch für den ambitionierten Reiter attraktiver präsentieren. Dabei darf der
Begriff „Sport“ nicht missgedeutet werden als Stoppuhrenfetisch im athletischen Grenzbereich. Der Sport mit
Pasopferden umfasst eine weite Palette von der iberisch
geprägten Dressur- und Rittigkeitsprüfung über den
wettkampfmäßigen Langstreckenritt bis zum organisierten Wanderreiten. Jeder Pasoreiter wird in der Prüfungsordnung ein maßgeschneidertes Paket vorfinden,
welches seinen persönlichen Neigungen und den Möglichkeiten seines Pferdes besonders entgegenkommt.
Hintergedanke dieser sportlichen Neuorientierung ist
die rasche, aber nachhaltige Auswirkung auf das Zuchtgeschehen. Wer nicht in den Geruch des Schau-Schönlings geraten will, muss Leistungsfähigkeit unter Beweis stellen. Eine exterieurorientierte Zuchtbeurteilung
kann dies nur begrenzt. Gesundheit, Härte, Arbeitseifer,
Ausdauer lassen sich nur im sportlichen Rahmen dokumentieren. So sind denn auch alle Prüfungen so angelegt, dass der Züchter ganz eindeutig Stärken und
Schwächen eines Individuums erkennen und durch
Auswahl der Zuchttiere nach diesen Erkenntnissen handeln kann.
Paso Peruano Hengst „El Destino PvF
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Noticiero 2013
Ein weiteres Novum für die Pasopferde stellt die
prinzipielle Gleichstellung der einzelnen „Pasoras-
sen“ und Paso-Partbreds dar. In den Prüfungen des
PV starten Paso Peruanos, Paso Finos, Trochadores,
Paso Argentinos, Troton-Galoperos, und andere neben Partbreds (mit einem Pasoblutanteil von 50% und
mehr) gleichberechtigt nebeneinander. Nichtsdestoweniger ist ein Teil der Prüfungen so konzipiert, dass die
„rassetypischen“ Merkmale der einzelnen Pasoschläge
gefordert und gefördert werden. Der „Einheitspaso“ ist
züchterisch nicht sinnvoll und sportlich nicht attraktiv.
Das Reiten im PV soll bunt
und vielfältig sein
Das Reiten im PV soll bunt und vielfältig sein: für die
rein ideologische Rassendiskussion ist hier kein Platz.
Tradition wird dort erhalten, wo sie sich bewährt hat auf allzu hinderliche Zöpfe verzichtet man. Pasoreiten
ist erheblich mehr als Brauchtumspflege: Es ist echter
Sport im wohlgemeinten Wortsinn.
Es gilt zu vermeiden, dass die sattsam bekannten und
sich in jedem Land wiederholenden Streitigkeiten zwischen den sogenannten Traditionalisten und selbsternannten Fortschrittlichen in die Reihen der Pasobegeisterten getragen werden. Zukunftsweisend ist dabei das
Grundkonzept von CONFEPASO (Confederacion Internacional de Criadores de Caballos de Paso), wie es in
seinem umfangreichen Regelwerk dargelegt ist. Danach
gehören alle Pasopferde einer gemeinsamen Rasse an:
„Caballo de Paso“ (Paso-Pferd). Im letzten Abschnitt seiner Zuchtgeschichte (im wesentlichen seit etwa 40er bis
50er Jahren des vergangenen Jahrhunderts) haben sich
zunächst lokal in den Ursprungsländern die uns bekannten Schläge (Modalidades – Lokalrassen) herausgeschält: Classic Fino, Trochador, Peruano, etc., die sich
nun auch europaweit tummeln.
Dieses Konzept einer gemeinsamen Rassetypengruppe
wird nicht nur durch die gemeinsame Geschichte (z.B.
gleicher Ursprung, gleiches bisheriges Zuchtziel, d.h.
Arbeitspferd mit bequemer Gangart, Austausch von
genetischem Material, etc.) und durch die praktische
Züchtererfahrung getragen, sondern auch durch moderne DNA-Fingerprint-Untersuchungen (=genetischer
Fingerabdruck) wissenschaftlich gestützt.
Die zuständigen Gremien von CONFEPASO haben auch
dem anderen Grundprinzip des PV, „Tradition und Zu-
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kunft“, große Anerkennung gezollt. Sehr froh war man
über die Tatsache, dass wir in Deutschland unter Tradition nicht das Nachbeten vorgestriger Weisheiten, nicht
Import-Folklore mit Poncho, Strohhut oder Zamarros
und auch nicht gedankenloses Pferdekarussell um einen
Palo verstehen, sondern die züchterische Bearbeitung
der alten Pasotugenden Fortaleza und Nobleza. Das Traditionskonzept ist also Pasopferd = Arbeitspferd (Reitpferd), die Zukunft liegt in der genetischen Fixierung
der Eigenschaften, die für das Reitpferde-Konzept wesentlich sind. Das ist Zukunftsarbeit mit den Pferden,
die uns die Bemühungen früherer Züchtergenerationen
beschert haben, eben „Tradition und Zukunft“. In die
gleiche Kerbe schlagen auch maßgebliche Pasozüchter
in Argentinien, speziell in der traditionellen Pasohochburg SALTA (früher als Altoperu Teil des Vizekönigtums
Peru, die sogar in den letzten Jahren ihre Prüfungsordnung umgestaltet haben, damit die alte Pasotugend
FORTALEZA, dort Rusticidad genannt, vor lauter Schaubegeisterung hinten runterfällt. Daran hat mich wieder
der Bericht von K. Decruppe in der 2/2012 Ausgabe von
Pasollano News lebhaft erinnert. Der dort geäußerten
Empfehlung, sich mal die kritischen Artikel von C. Lecuona de Prat diesbezüglich zu Gemüte zu führen, kann
ich mich nur anschließen, besonders weil sie lebhaft an
die in den Jahren 1982 – 1992, dort wie in Peru, geführten heißen Debatten zum Thema gemahnen.
Alle Beteiligten sind sich über zuchtideologische
Grenzen hinweg einig, dass auf diesem Gebiet Handlungsbedarf besteht. Mit einem reinen Fortschreiten
traditioneller, teilweise folkloristisch angehauchter Beurteilungskriterien aus dem Mutterland erweist man
dem Paso in Europa einen Bärendienst. In nächster Zukunft sind verantwortungsbewusste Züchter gefragt,
die bereit sind, auf dem schmalen Grat zwischen Tradition und Ketzerei zu gehen. Es geht darum, eine der
interessantesten Erscheinungen der Pferdewelt zu erhalten, vielleicht zu verbessern und für unsere Bedürfnisse einzurichten.
In diesem Zusammenhang finde ich eine Bemerkung
von Stefan Baumgartner sehr bedenkenswert. Als einer
der Gründerväter der bei uns „neuen“ Bewegung der
WORKING EQUITATION wurde er in einem Interview
(EQUUS 1/2013) nach seinem Verhältnis zur iberischen
Tradition gefragt, die sich doch auch im Dress der Equitationsreiter zeigen sollte. So heißt es im Reglement für
die Masterklasse beispielsweise, dass der Englische
Sattel zu bevorzugen sei, keine Verzierungen, Sätteln
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Noticiero 2013
und Zäumungen, die anderen Reitkulturen angehören,
erwünscht seien, etc. Warum diese „Deutschtümelei“?
fragt G. Waiditschka. Hat nicht die Western-Reiterei so
stark an Popularität gewonnen, weil man sich mit dem
Mythos „Cowboy“ identifizieren kann? Wäre das nicht
auch ein Argument für mehr „Freizügigkeit“ in der Ausrüstung, solange diese einem Land mit traditioneller
Arbeitsreitweise entspringt?
Die Antwort von Stefan Baumgartner lautete unter anderem: „Von ablehnen kann nicht die Rede sein. Ganz im
Gegenteil. Wir haben den anderen Nationen und deren
Reitkultur gegenüber den allergrößten Respekt. Deshalb wollen und dürfen wir sie nicht imitieren. Deutschland hat selbst eine großartige Reitkultur – wenn auch
betrüblicherweise meist militärischen Ursprungs und
nicht von Schöngeistern und höfischen Reitakademien
geprägt. Aber das hat nichts mit Deutschtümelei zu tun.
Außerdem ist es eine der Grundpräambel der weltweit
aktiven Working Equitation, die kulturelle Eigenständigkeit der einzelnen Nationen auch reiterlich zu repräsentieren. Diese Präambel betrifft nicht nur die Ausrüstung von Ross und Reiter, sondern geht so weit, dass
auch die teilnehmenden Pferderassen, wenn möglich,
die nationale Pferdezucht repräsentieren sollen. Auf internationalen Turnieren ist es beispielsweise nicht gestattet, in einer anderen als der eigenen Nation entsprechenden Kleidung, Zaumzeug usw. teilzunehmen. Genau
aus diesem Grund wurde, auf unsere Initiative hin, ein
deutscher Offizierszaum reproduziert. Dieser hat sich
europaweit als Markenzeichen der Deutschen „Worker“
durchgesetzt. Wäre doch auch komisch, wenn die spanische Mannschaft auf Sätteln aus der Camargue reiten
würde, oder? Kostümreiten lehnen wir kategorisch ab.“
Bessere Zucht durch
besseren Sport
Das Konzept des PV ist denkbar einfach: Bessere Zucht
durch besseren Sport. Pasopferde und deren Reiter
scheinen von ihrer Grundidee übertriebenen sportlichen Ambitionen zuwider zu laufen. Schließlich kann
man keinen Wettkampf im Genießen ausschreiben. Doch
bald schon stellte sich heraus, wie effizient dieses Konzept ist. Eine Zucht ohne sportliche Leistungskontrolle
beraubt sich selbst ihres besten Selektionskriteriums.
So dient der Sport nicht nur dem Zweck einer gehobenen Reitqualität, sondern auch als Mittel zum Zweck ei-
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ner Zucht mit gesunden, leistungsfähigen und leichtrittigen Pferden. Das „Ja“ zum Sport fällt umso leichter,
als in der Sportprüfungsordnung des PV für wirklich
jeden Geschmack etwas zu finden ist:
Die Zucht benötigt aber auch ausbildungs- und reiterunabhängige Beurteilungskriterien. In der Pasopferde- Materialprüfung wird dem Pferd – analog der
FEIF-Prüfung der Isländer – gründlich auf den Zahn
gefühlt, und das bis auf zwei Stellen hinter dem Komma. Ergänzend legen Hengste die staatlich vorgeschriebene Leistungsprüfung ab. Auch hier hat der PV einen
neuen Akzent gesetzt: Die bisherige Beurteilung nach
der Stoppuhr war wenig pasogerecht; eine Ausdauerprüfung mit Bewertung der Töltqualität dokumentiert
am ehesten die Leistung, die der Pasoreiter verlangt:
endlosen Tölt in seiner besten Form. Erfreulicherweise finden die Zuchtprüfungen zunehmend Anklang auch
bei den Stutenbesitzern. In den vergangenen Jahren ist
die züchterische Basis durch zahlreiche Importe erfreulich breiter geworden. Mit insgesamt mehr als zwanzig
Pasoschlägen in den südamerikanischen Ursprungsländern ist einer züchterischen Rassenvielfalt auch bei
uns Tür und Tor geöffnet.
Ob es denn wirklich das schlechtere Wegenetz war, das
die Pasopferde in Südamerika überleben ließ, sei einmal
dahingestellt. Vielleicht verstehen die Südamerikaner
nur einfach mehr vom komfortablen Reiten. Die Idee
des Naturtölters ist jedenfalls eine große hippologische
Herausforderung. Nur: in der Biologie gibt es keinen
perfekten Endzustand, sondern bestenfalls einen befriedigenden Status quo.
Darum stellen wir erstmal fest bis wir vielleicht irgendwann noch klüger sind und einigen uns auf folgendes
Programm:
• Reinzucht ist kein Qualitätsmerkmal per se. Solange
in den Ursprungsländern die Stutbücher offen sind,
müssen wir nicht krampfhaft versuchen, an einem
Mythos zu stricken.
• Der Leistungs- und Gesundheitsaspekt muss in der
Pasopferdezucht vorrangig bleiben.
• Ein Zuchtziel darf sich nie auf die Ausprägung eines
Extrems, sondern nur auf die Vielzahl guter Eigen schaften definieren.
• Die Erhaltung vieler guter Eigenschaften erfordert
genausoviel züchterishcen Aufwand wie die Verbesse rung einer Einzeltugend.
• Die Selektion muss gegenüber der gezielten Anpaarung
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Noticiero 2013
wieder einen höheren Stellenwert bekommen. Nicht
jede Stute ist zuchttauglich und nicht jeder Hengst
muss eingesetzt werden.
Somit beinhaltet die Idee dieses Vorhabens zwei Schwerpunkte unseres momentan dringlichen Zuchtauftrages:
Wir müssen die orthopädische Situation ernster nehmen als bislang geschehen – auch wenn viele es nicht
mehr hören wollen. Der Käufer will gesunde Pferde und
keine Entschuldigungen.
Ein gutes Pferd hat nicht nur keine Farbe, sondern kann
auch gut auf eine Reihe anderer Attribute wie üppige
Mähne, geringe Abzeichen oder kleine Ohren verzichten.
Die gesamte Exterieurbeurteilung muss ausschließlich unter funktionalen Aspekten erfolgen. Gut ist, was
funktioniert und haltbar bleibt.
Man muss das Freizeitpferd vom Stigma der Zweitklassigkeit befreien. Der hochspezialisierte Extremsportler
ist zwar u. U. als Genreserve geeignet, er darf aber nicht
das Zuchtziel der gesamten Population werden.
Lebensleistung muss eines der angestrebten Zuchtziele
sein.
der peruanischen und manche der nordamerikanischen
Züchterkollegen zunehmend lauter ins gleiche Horn
stoßen. Manche „moderne“ Pasoexemplare scheinen
zu zeigen, dass diese Botschaft (siehe auch die Gedanken dazu in „Die gute Botschaft vom neuen Feld“ aus
Noticiero 2009 oder „Bessere Zucht für besseren Sport“,
Noticiero 2010 bzw. „Fortaleza – Kardinalstugend für
Pasopferde“, Noticiero 2011) nicht nur auf taube Ohren
stößt. Mithin: Lasst uns die nächsten 20 Jahre im Zeichen der FORTALEZA angehen nachdem die ersten Dekaden der weltweiten Pasozucht den idealen Pisos (i.e.
Gangvermögen) und Belleza (Schönheit und Eleganz)
gewidmet waren.
Wer die Spezialprüfungen der Töltiberer studiert - oder
besser noch absolviert – hat, wird ein Estrem bemerken: die Vieseitigkeit. Ein Pferd, das im Distanzritt Härte beweist, in der Gangprüfung Variabilität zeigt und in
der Rittigkeit einen guten Eindruck hinterlässt, ist ein
Leistungssportler. Diesmal mit der Lizenz zum Züchten.
Die sportlichen Qualitäten eines Pferdes erkennt man
mit fünf Jahren, die Alltagstauglichkeit mit zehn und die
Gesundheit mit zwanzig Jahren. So kann ein Züchter im
Laufe seines Lebens für den wichtigsten Bereich der Zucht
vielleicht mal gerade drei Generationen überblicken.
Wer sich hier verschätzt, fügt der vielleicht interessantesten hippologischen Herausforderung großen Schaden zu: der Zucht des bequemen, ehrlichen und harten
Naturtölters. Das bekannte Motto gilt also auch umgekehrt: besseren Sport durch bessere Zucht.
So bleibt das Zuchtziel Pasopferd eine
Idee mit vielen Facetten:
Eigentlich zuviel „Programm“ für die kleine europäische Pasogemeinde, aber im Zuge dieser PORZELLANHOCHZEIT war es angezeigt, auf die Problematik hinzuweisen, zumal auch unsere argentinischen, einige
2013 Noticiero
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En tiempos pasados – es war einmal
Der Werdegang der Pasorassen
E
in Pferd, genannt ASTURCON oder TIELDON.
Es handelte sich um Zelter ältesten Geblütes,
in dessen Adern sich das harte Geschlecht
der iberischen Nordpferde mit den Heißspornen der Südsteppen inniglich vermischte.
... eine Stute mit Namen IBERICA, die Stammmutter aller erfolgreichen Reitpferde der Alten und Neuen Welt.
Ihre Töchter ließen sich mit allerlei Hengsten orientalischen und germanischen Geblütes ein – so entstanden
die GENETAS, jene harten und begehrten Streitrosse ...
... ein Pferd namens ANDALUZ, das wegen seiner
Schönheit und orientalischen Abstammung von allen
bewundert wurde. Christoph Kolumbus nahm diesen
edlen Hengst bei seiner zweiten Reise in die Neue Welt
mit. Zusammen mit anderen adligen Pferden ....
Wie man sieht, besteht an Erklärungen, Theorien und
Mythen über die Entstehung der Pasopferde kein Mangel. In jedem Märchen steckt ein bisschen Wahrheit.
Welche Gene wann wo wie mitgespielt haben, lässt
sich kaum rekonstruieren. Es ist für das Verstehen des
Phänomens Pasopferd auch nicht erforderlich. Versuchen wir es mit einer Version, die der Wahrheit vermutlich recht nahe kommt.
In Nordwest- und Zentralspanien gab es harte Arbeitspferde vom Cobtyp (Jacas), die aus den sog. Protokaltblütern, also Wald- und Tundrenpferden und Protoorientalen, den Südpferden, hervorgegangen waren. Ihr
Erbe ist heute noch in den Pasopferden präsent. In Südamerika wurden sie mit (Vor-)Sorraiapferden gekreuzt,
die im Küstengebiet und in den savannenartigen Zuchtregionen bevorzugt wurden.
Dass in Südamerika der Tölter als erklärtes Zuchtziel
gegolten hat, wird gemeinhin damit erklärt, dass in
Europa das bessere Straßennetz und das Kavalleriewesen Trabpferde erforderte, während im unwegsamen (?)
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Noticiero 2013
Südamerika der Tölter das Fortbewegungsmittel der
Wahl war. Aber selbst diese Interpretation ist fragwürdig; sind doch auch in ganz Südamerika nur etwa 1/3
aller Pferde Tölter; hinzu kommen Heerscharen von
meist nichttöltenden Eseln und Mulis. In Peru z.B. sind
weniger als 1% aller Pferde als Caballo Peruano de Paso
registriert; nichtsdestoweniger gilt der Paso Peruano
als die nationale Pferderasse.
Wie viele Pferde aus Spanien nach Südamerika wirklich
gelangt sind, ist nicht mehr nachvollziehbar. Die kreolische Pferdezucht wurde sehr schnell autonom. Schon
die Pferde, die Pizarro und Jiminez de Quesada bei ihren
Kolonialisierungszügen einsetzten, stammten aus karibischen und zentralamerikanischen Nachzuchten. Es
waren je nach Verwendungszweck die leichteren, rittigen
Asturcones, Marismenos oder Galicenos oder die kalibrigeren Ibericos und Castellanos. Für die reine Zugarbeit
wurden Pferde vom schweren Villano-Typ eingesetzt.
Die Indios und Mestizen lernten schnell, aus verwilderten Kolonialpferden ein für ihre Zwecke geeignetes
Pferd zu züchten, dessen Nachkomme heute als „Caballo
Criollo“ bezeichnet wird (Diese Bezeichnung darf nicht
mit der offiziellen Rassebezeichnung „Criollo“ verwechselt werden; einer heutigen offiziellen Zuchtrasse mit
definiertem Zuchtziel).
Diese Criollopferde hatten sehr viel Gangvermögen
und Härte. Aus ihnen entstanden die caballos con paso
fino oder die caballos con paso castellano: elegante
Naturtölter mit der Genügsamkeit der nordspanischen
Bergponies, der Gangvariabilität von Trocha bis Ambladura, die die mittelspanischen Jacas auszeichnet, und
der Rittigkeit der südspanischen Reitpferde. Cartujanos, Estremenos und Andaluces wurden zur Verbesserung von Adel, Ausdruck und Präsenz eingesetzt; damit
nahmen auch Stockmaß und Masse zu. Die Gangqualität im Sinne des perfekten Naturtölters wurde dadurch
allerdings nicht positiv beeinflusst.
Paso Peruano, Concurso National, Peru/Lima
Die Ursprünge des CABALLO DE PASO sind also vielfältig. Der Begriff „Rasse“ im heutigen tierzüchterischen Sinn ist kaum anwendbar. Was heute als „Reinzucht“ und „Rassetyp“ deklariert wird, entspringt eher
gedanklicher Fixierung auf das Objekt der Begierde
als tierzüchterischer Präzision. Zu groß wohl was das
Exterieur wie auch die Gangveranlagung angeht. Erst
seit kurzer Zeit bilden sich die Subtypen (modalidad)
in der Form heraus, die wir heute als „rassespezifisch“
oder „rassetypisch“ darstellen. Die Zuchtbücher wurden
erst in jüngster Zeit geschlossen (Paso Peruano: 1992,
Paso Fino: teilweise noch offen.). Die südamerikanischen
Züchter sind mit Sicherheit eher pragmatisch handelnde als bürokratisch verwaltende Menschen. Bei allem
Respekt vor biologischem und kulturellem Erbe sollte
man diese Tradition der Flexibilität beibehalten.
Zurück nach Europa
Aus unserem Blickwinkel liest sich die weitere Biographie der Pasopferde folgendermaßen: Die Töltver-anlagung wanderte in die Neue Welt aus, wurde dort erhalten und verfeinert, während sie hierzulande ausstarb.
Nun beginnt der Rückimport des vielleicht aufregendsten Phänomens der Tierzucht: der Tölt kehrt zurück.
Seit Anfang der 1970er Jahre kamen kleinere Gruppen
von Pasopferden entweder direkt aus den Ursprungsländern oder via USA zu uns. Nach einigen organisatorischen Fehl- und Frühstarts – das Pasopferd als
Über-Isländer oder für den reiterlichen Ignoranten;
folkloreüberladen; Zucht mit kleinster Population –
hat sich mittlerweile eine reiterliche und züchterische
Szene entwickelt, die weit über den Exotenstatus hinausgeht. Mit etwa 1000 registrierten Pferden liegen die
Pasos unter den Gangpferden nach den Isländern an
zweiter Stelle.
Diese Position wird der Paso behaupten. Seine extreme
Typenvielfalt sichert ihm einen breiten Interessentenkreis. Der wetterfeste Wanderreiter findet sich in ihm
ebenso wieder wie der Show- und Sportreiter im Bühnenlicht. Der eine findet Gefallen an der traditionellen
Einbindung, der nächste an dem genetischen Töltpotential – und alle begeistern sich für den Tölt in einer
Qualtiät, die keine andere Pferderasse der Welt für sich
in Anspruch nehmen kann.
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Das interessiert den Aficionado
Was Sie schon immer über
den Paso Peruano wissen wollten aber Sie wussten nicht, wen Sie
fragen sollten
Text: Donald Parker West
D
er Paso Peruano ist das bequemste Pferd der
Welt". Diesen Anspruch erhebt auch diese
Rasse. Verglichen mit anderen Rassen, ist
der Paso Peruano, besonders für Reitanfänger, relativ einfach zu reiten. Das ist ja zunächst ganz
positiv! Allerdings hat diese Medaille auch eine Kehrseite! Eben gerade weil diese Pferde so bequem zu sitzen sind und ein sehr ausgeglichenes und freundliches
Wesen haben, ziehen sie eine unverhältnismäßig große
Anzahl von unerfahrenen und unsportlichen Reitern an.
Welchen Einfluss hat dies nun auf die Rasse? Leute, die
gerade wissen wo das Futter rein- und der Mist rauskommt, die mit einem Pferd, dessen Gangarten ihnen
körperlich etwas mehr reiterliches Können abverlangen
würde nicht zurechtkommen, schimpfen sich nach kurzer Beschäftigung mit unserer Rasse bereits „Experten"
und/oder „Trainer". Es ist eine Sache über ein Thema
viel zu lesen und zu wissen, solange dieses Wissen nur
für triviale Konversation während einer Cocktailparty
benutzt wird. Aber es steht auf einem gänzlich anderen Blatt, diese theoretischen Kenntnisse in die Praxis
umzusetzen und sie anderen praktisch zu vermitteln.
Genau das ist nämlich die Crux an der Sache und im
Licht der Reitbahn trennt sich sehr schnell die Spreu
vom Weizen!
Paso Peruano, Concurso National, Peru/Lima
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Noticiero 2013
Ich bin der „Zeig mir" Typ. Ich lerne am besten von Leuten, die Ihre Theorien auch in die Tat umsetzen. Allerdings gibt es eine ganze Menge, die besser schreiben als
reiten! Meiner Meinung nach, können genau die, die am
meisten schreiben tatsächlich reiterlich am wenigsten.
Dies trifft auch auf die Paso-Szene zu: Die produktivsten und bekanntesten Autoren und Experten auf diesem Gebiet haben die wenigste praktische Erfahrung
2013 Noticiero
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mit dieser Rasse, falls sie überhaupt jemals ein solches
Pferd geritten haben. Ich bin immer wieder erstaunt,
dass sonst eigentlich sehr vernünftige Menschen an
jedem Wort dieser vermeintlichen Gurus hängen. Ich
frage mich, ob sie auch dem Ratschlag eines bankrotten Finanzberaters so blind folgen oder sich auf einen
vorbestraften Anwalt verlassen würden?
Aber wir wissen alle, dass es in unserer modernen Welt
oft wichtiger ist, jemanden zu kennen als etwas zu wissen. Dieses Gesetz gilt auch in der kleinen Welt des Paso
Peruano. Nationalität, Politik und Gesellschaft bestimmen, wer wichtig ist und gehört wird - oder wer von
den Paso Peruano Päpsten und dem ihnen hörigen Gefolge nicht beachtet, geächtet oder gar verbannt wird.
Die heutige Paso Peruano Legende stammt aus der Zeit
als die ersten Tiere nach Amerika kamen, und diente
dazu den Status und den politischen Einfluss der Paso
Peruano Importeure und ihrer peruanischen Freunde zu
steigern. Über die Jahre hinweg wurde sie zu einem festen Bestandteil der populären Mythologie dieser Rasse,
so dass es jetzt ketzerisch wäre, diese zu hinterfragen
oder (noch schlimmer) als falsch zu bezeichnen.
Größtenteils wird die „Entstehungsgeschichte" der
Rasse und die Unantastbarkeit alles Peruanischen (einschließlich der Menschen) für bare Münze genommen.
Wir Amerikaner sind ja so leichtgläubig, besonders
wenn etwas einen so romantischen Touch hat.
Außerdem möchten wir auch, dass andere an unserer
neu gefundenen „Religion" teil haben. Folglich hört man
dieselben Predigten immer und immer wieder, wie eine
Mantra wird sie von neu gewonnenen Aficionados weitererzählt, gerade so als ob sie das „Wort Gottes" verkünden würden.
Jeder von uns hat etwas, das ihm besonders am Herzen
liegt. Sie bestimmt auch. Jeder hat auch Hoffnungen
und Träume, nicht wahr? Informativ und (hoffentlich)
lehrreich für andere, versuche ich hier auf meine Art
einige persönliche Dinge ein für allemal ad Acta zu legen. Ich habe meinen Traum begraben, meinen Lebensunterhalt von der Zucht, Aufzucht und dem Training
von Paso Peruanos bestreiten zu können und verwende
meine Energie und Neugier auf andere Themen. Die eine
Tür schließt sich und eine andere geht auf! Ich werde
dem Paso Peruano immer sehr zugetan sein und hoffentlich auch Exemplare dieser Rasse besitzen und reiten. Allerdings zeige ich auch offen meinen Frust über
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Noticiero 2013
die stagnierende Entwicklung der Population, über die
schlechte Vermarktung der Rasse und über die Weigerung der Leute amerikanische Trainer zu nutzen oder
auch nur anzuerkennen. Meine Paso-Karriere hat meine
physischen und finanziellen Ressourcen erschöpft. Die
Quintessenz meiner beruflichen Erfahrung mit dieser
Rasse: „Ich habe zu lange, zu hart für zu wenig gearbeitet".
Jeder neuen Herausforderung begegnete ich mit dem
Satz: „Es sind die Steine im Wasser, die dem Fluss seine
Melodie geben". Ich kann sehr wohl behaupten, „dass
ich den Glauben niemals verloren habe". Ich habe mich
meiner Paso-Karriere mit Leib und Seele verschrieben.
Es sind die Höhen und Tiefen, die eine gute Ballade ausmachen und ich kannte sie beide! Im großen und ganzen
lässt sich meine anhaltende Beziehung zu dieser Rasse
mit einem wunderschönem Stück melancholischer, gefühlvoller Andenmusik beschreiben, die harmonisch
untermalt wird von dem paca-paca Rhythmus der Hufe.
Ich habe hunderte von Paso Peruanos besessen, gezüchtet, betreut und trainiert. Tagein tagaus, Jahr für Jahr,
15 lange Jahre habe ich so viele dieser Pferde getränkt,
gestriegelt, verarztet und mich um sie gekümmert, dass
ich mich an die genaue Zahl nicht mehr erinnern kann.
Ich habe ihre Hufe gepflegt, Ställe und Paddocks gemistet, hunderte von Stuten decken lassen und eine stolze
Anzahl Deckhengste betreut ...ein überwältigender Prozess in seiner Einfachheit. Verglichen mit der komplexen Welt unserer modernen menschlichen Beziehungen
ist der Umgang mit Pferden wie saubere, frische Luft.
Ich war bei der Geburt von Dutzenden von Fohlen dabei - ein Wunder, das nie aufgehört hat mich mit Ehrfurcht zu erfüllen. Mehr als 15 Jahre lang war der Paso
Peruano mein Leben. Er war ebenso Beruf wie Berufung. Ich war gleichzeitig Herr und Sklave.
Wer nie etwas versucht, kann
auch keine Erfahrungen sammeln
Das Leben ist ein ewig währender Prozess und kein
Endprodukt. Ich weiß heute, dass das wichtigste an einer Reise nicht das Ziel, sondern die Reise selbst ist.
Wer nie etwas versucht, kann auch keine Erfahrungen
sammeln. Jemand ohne Erfahrung hat auch nicht gelebt. Wer nicht gelebt hat, kann nichts wissen und wer
nichts weiß, kann auch kein Wissen vermitteln. lch
schreibe nur über Dinge, die ich selbst erfahren habe.
Paso Peruano
2013 Noticiero
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lch hoffe, dass sie aus meinen persönlichen, teilweise
auf die harte Tour gemachten Erfahrungen lernen und
mein Wissen ihre eigene Entdeckungsreise zum Paso
Peruano etwas leichter und einfacher gestaltet. Ich
wünsche ihnen auf jeden Fall, dass sie immer ein gutes Pferd auf dem Pfad des Lebens reiten - einen Paso
Peruano. Guten Ritt!
Von Anfang an war mir klar, dass ich Pasopferde züchten wollte, die „schön anzusehen, komfortabel zu reiten
und unkompliziert im Umgang" sein sollten. Sie waren
nie ein Spielzeug oder ein Kuscheltier für mich, sondern
Lebewesen: Partner in meinen Abenteuern! Ich wollte
meine Pferde immer reiten. Zusätzlich zu den bereits
oben erwähnten Eigenschaften sollten sie hart sein.
Natürlich habe ich mein Zuchtziel nicht immer erreicht,
aber manchmal habe ich es sogar übertroffen. Nach 15
Jahren als professioneller Züchter und Trainer behaupte ich jedoch, dass wir unserem ursprünglichen Zuchtziel schon ein ganzes Stuck näher gekommen sind.
Eines der am häufigsten miß(brauchten) und am wenigsten verstandenen Wörter, das gerne von vielen
Aficionados und Verkäufern verwendet wird, um naive
Neulinge zu umgarnen und zu gewinnen ist das Wort
„Blutlinie". Ich habe einige der schlechtesten Exemplare
dieser Rasse für viel Geld den Besitzer wechseln sehen
wegen der „tollen Blutlinie", während wirklich gute und
gesunde Tiere nicht beachtet wurden aufgrund ihrer
weniger glorreichen oder bekannten Abstammung. Im
Gegensatz zu den Ratschlägen und dem Beispiel von
vielen modernen Paso Peruano Züchtern habe ich mich
weder einer einzigen Blutlinie ganz und gar verschrieben noch habe ich versucht die negativen Eigenschaften
eines meiner Pferde durch die Anpaarung mit einem anderen zu korrigieren - nicht wenn dies bedeutet hätte,
sich andere noch gravierendere Fehler einzuhandeln!
Stattdessen habe ich mich ganz auf meinen Instinkt
und meine Erfahrung verlassen. Ich betrachte Pferde
immer als Ganzes und kreuze sie mit anderen „ganzen" Pferden, behalte nur die besten und verkaufe den
Rest. Durch diese Zuchtpolitik haben wir in West's Paso
Peruano Center von Generation zu Generation nur einen
bestimmten einheitlichen Pasotyp gezüchtet, was man
nur selten in den Herden anderer Züchter sieht. Gutaussehende Eltern haben meistens hübsche Kinder. Was
den Rest angeht, na ja manchmal hat man eben Glück!
Paso Peruano Hengst FPd Proviciano
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Noticiero 2013
Eine alte Reiterweisheit besagt: „Man reitet nicht auf
dem Kopf". Das traf sicherlich zu als man das Pferd
noch als reines Transportmittel nutzte, aber heute verbringen die Leute mehr Zeit mit der Bewunderung und
dem Putzen ihrer Pferde als mit dem Reiten, und wer
möchte schon ein hässliches Pferd? Ich bevorzuge ein
schönes Pferd mit einem feinen Kopf.
Diejenigen von uns, die Paso Peruanos mit schönen
Köpfen bevorzugen, werden immer bezichtigt, den Paso
Peruano zu „arabisieren". Da ist sicher etwas Wahres
dran - zumal Araber wirklich oft sehr schöne Köpfe haben. Allerdings können unsere Pferde feine Köpfe haben, ohne gleich wie ein Araber auszusehen. Ich möchte, dass meine Pferde schöne „Paso-Köpfe" haben. Wenn
Leute (die keine Ahnung von Pferden haben) behaupten:
„Eure Pferde sehen wie Araber aus" meinen sie damit
ganz bestimmt nicht, dass unsere Pferde lange, dünne
Schwanenhälse mit einem Hechtkopf haben oder flache
Kruppen mit hohem Schweifansatz. Nein, sie finden sie
ganz einfach edel. lch persönlich hätte auch lieber ein
Pferd mit einem hübschen Kopf, wenn ich die Wahl hätte. Sie doch auch?
Die Farbe ist eigentlich nebensächlich, solange sie nicht zu
viele weiße Abzeichen haben
Zusätzlich sollen unsere Pasos einen langen, lockigen
Behang haben. Die Farbe ist eigentlich nebensächlich,
solange sie nicht zu viele weiße Abzeichen haben. Natürlich möchten wir elegante, wohlgeformte Körper mit
ausreichend Gurtentiefe, einen kurzen Rücken, gerade
Beine und gesunde Hufe. Wir möchten unsere Pferde ja
für eine lange Zeit haben. Egal ob angebunden oder in
Bewegung unsere Pasos sollen atemberaubend sein.
Außerdem sollen sie auch „bequem zu reiten" sein. Das
Wichtigste am Paso sind seine Pisos - sein gleichmäßiger, lateraler 4-Takt-Tölt (die weichste aller Gangarten). Unsere Pferde sollen Pasollano von der perfekten
Versammlung bis hin zum schnellen Tempo gehen, ohne
den Takt zu verschieben. Die Zucht von Pasopferden, die
vom Typ her „vielseitiger" ausgerichtet sind und z.B.
einen besseren Trab, Galopp oder Paß zeigen, ist kontra-produktiv und sollte unterlassen werden. Die Einzigartigkeit des Paso Peruano (auch innerhalb der Paso
Szene) liegt in seinen genetisch tief verwurzelten Pisos;
d.h. die Eigenschaft des Paso Peruano unter dem Sattel
2013 Noticiero
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natürlichen TöIt zu gehen! Wenn wir diese aufs Spiel
setzen, haben wir alles verloren!
Abschließend noch einige Bemerkungen zu „unkompliziert im Umgang". Brio ist ein heißdiskutiertes Thema. Er wird oft falsch interpretiert sogar von Paso
Aficionados. lch habe ausgewachsene Pasos vor Nervosität zittern sehen, die sich vor Angst in ihre Boxen verkrochen haben, sobald sich ein Fremder. näherte. Ihre
stolzen Besitzer nannten dies „Brio"! Sorry - aber das
ist kein Brio, sondern Ängstlichkeit.
Die wirkliche Bedeutung des Wortes Brio habe ich von
einem Hengst namens Granadero gelernt. Er hat seine Leistungsbereitschaft an viele seiner Nachkommen
weitervererbt, einige davon reite ich heute noch täglich. Sie sind weder Schoßhündchen noch nervös oder
ängstlich. Sie zittern nicht in Gegenwart des Menschen.
Sie sind etwas arrogant. Am besten arbeiten sie, wenn
man sie respektvoll behandelt. Sie werden niemals herkommen, um getätschelt zu werden, aber sie sind willig,
aufmerksam und haben Respekt vor dem Menschen an der Hand wie auch unter dem Sattel. Sie sind mutig,
wach und behalten die Nerven auch bei Dingen, die ihnen fremd sind. Sie sind voller Energie und Arbeitseifer, immer bereit ohne jemals schwierig zu sein. Kurz
gesagt, sie haben Herz!
Für einen richtigen Pferdemenschen sind sie unkompliziert! Aber diejenigen, die glauben sie könnten reiten,
wenn sie sich wie ein Sack von einem ruhigen, unterwürfigen und ausgeglichenen Pferd herumtragen lassen
- für solche Leute hat diese Art Pferd schon eine ganze
Menge Temperament! Allerdings, jemand, der bereits gelernt hat auf einem Pferd im Gleichgewicht zu sitzen,
mehr seine Schenkel und sein Gewicht als die Zügel einzusetzen, der wird an der Energie dieser Paso Peruanos
seine wahre Freude haben. Das verstehe ich unter „Brio".
Der Paso Peruano war nicht
das Endprodukt eines ausgeklügelten und wohl durchdachten
Langzeitplans
Der Paso Peruano ist nicht mehr das starke, zähe Arbeitspferd, das er einmal vor der Landreform war, obwohl dies viele Freunde und Züchter dieser Rasse heftig
bestreiten. Der Paso Peruano war nicht das Endprodukt
eines ausgeklügelten und wohl durchdachten Langzeitplans. Jahrhundertelang wurden Pferde nach dem
Prinzip „Survival of the Fittest" produziert. Die Pferde
wurden als Transportmittel und zur Überwachung der
Plantagenarbeit eingesetzt, ihre Funktionalität stand
an erster SteIle. Um ihre Arbeit verrichten zu können
mussten die Tiere hart sein.
Die Züchter des modernen Paso Peruano haben diese
Härte den bequemen und spektakulären Gängen geopfert. So wichtig diese Eigenschaften auch sein mögen,
sie können mangelnde Ausdauer nicht wettmachen. Viele Paso Peruanos haben bereits als Jungpferde Fesselprobleme. Das ist Tatsache! Eine genetische Schwäche,
die von Generation zu Generation weitergegeben wird.
Man kann sie nur verhindern, indem man die Tiere hart
arbeitet und diejenigen, die dem nicht Stand halten aus
der Zucht ausschließt.
Schließlich gab ich völlig auf. Ich kam zu der logischen
Schlussfolgerung, dass der beste Platz für meine peruanische Ausrüstung nicht auf meinem Pferd war, sondern in meinem Wohnzimmer!
Zuerst brachte ich meine neuen Sättel zu den Shows
mit und zeigte sie dort Interessierten. Allerdings stellte
ich mit Erstaunen und zu meiner großen Enttäuschung
fest, dass zunächst nur wenig Interesse bestand. Ich
war vollkommen unvorbereitet, auf wieviel anfängliche
Zurückhaltung, Ablehnung, ja manchmal sogar Feindseligkeit meine Idee stieß das peruanische Outfit zu verbessern. Man hätte glauben können, ich hätte irgendein Heiligtum entweiht! Alteingesessene Vorstellungen,
selbst wenn sie negativ sind, sterben nur langsam aus.
Aber ganz allmählich passen sich die Leute der Realität
an und mit der Zeit siegt die Vernunft dann doch. Hoffentlich!
Ich habe mehr Paso Peruanos halfterführig gemacht
und geritten als es Sand am Meer gibt - manchmal haben sie auch mich „gezähmt". Jedes Tier hatte seine
eigene Persönlichkeit und ich lernte von jedem dieser
Pferde. Ich versuchte Geduld zu haben und viel von ihnen zu lernen. Meine Philosophie heißt: „Es ist schwer
aus Fehlern zu lernen, die man nie gemacht hat". Ich
habe mehr als genug Fehler begangen und habe teilweise eine harte Schule durchlaufen, aber ich kenne auch
das Gefühl tiefer Zufriedenheit, die man in zahllosen
Stunden mit diesen wunderbaren Pferden erhält.
Anfangs habe ich nur Peruanische Ausrüstung verwendet. Allerdings fand ich sehr schnell heraus, dass die
Sättel meinen Pferden überhaupt nicht passten. Die
steilen, geraden Sattelbäume hatten nur wenig Kontakt mit dem Pferderücken und waren somit unbequem
für die Pferde. Ich war viel zu weit weg vom Pferd, um
im Gleichgewicht sitzen oder Hilfen geben zu können.
Die Carona, die Lederdecke zwischen Pad und Sattel,
rutschte unter dem Sattel nach vorn, sobald ich bergauf ritt. Die Holzbügel und Retrancas (lange Lederriemen zu beiden Seiten der Guarnición) verhakten sich im
Gestrüpp. Diese Dinge waren nicht nur lästig, sondern
auch gefährlich. Stieg ich bei heftigem Wind vom Pferd,
flog die Pellerona davon, erschreckte das Pferd und
mein Ritt endete in einem Mini-Rodeo! Nirgends konnte ich Satteltaschen oder ein Vorderzeug befestigen. Die
Schnallen und Riemen gingen häufig kaputt, meistens
in den unpassendsten Augenblicken. Das Kopfzeug war
steif und genauso umständlich in der Handhabung wie
teuer in der Anschaffung. Sobald das Leder weicher
wurde, riss es auch schon. Man konnte es nicht reparieren. Einige Teile, wie die Tapa ojos oder die Befestigung
am Reithalfter sowie das Bosal und die Führleine konnte ich überhaupt nicht gebrauchen.
Sehr bald ging ich dazu über mein peruanisches Outfit
zu „verschandeln“, indem ich andere Schnallen, Reithalfter, Führstrick, Steigbügel, Kopfzeug, Bosal, Nasenriemen etc. verwendete und so meine ursprüngliche
Absicht „peruanisch" zu reiten in den Wind schrieb.
Paso Peruano, Concurso National, Peru/Lima
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Noticiero 2013
2013 Noticiero
25
Roll-Kur
von Heinz Meier
Die Überzäumung des Pferdes.
Zwecke und Auswirkungen.
Geschichte und aktuelle Diskussion.
I
n der Zeitschrift Equus Arabian (05.2012) wird das
Buch unter anderem von Ludwig Massmann wie
folgt besprochen: Es ist ein monumentales Werk
von 609 Seiten, das Heinz Meyer hier vorlegt. Der
Autor ist viele Jahre mit diversen Artikeln vor allem in
der Zeitschrift „Reiterrevue“ in Erscheinung getreten.
Schon von März 1980 bis März 1983 veröffentlichte er
dort eine Serie von Ausbildungsartikeln, die dann 1988
in Buchform unter dem Titel „Reiten und Ausbilden“ im
Olms-Verlag erschienen. Seit 1992 befassen sich seine
Veröffentlichungen mit dem Thema der Überzäumung
in tiefer Einstellung, die im Jargon genau so gerne wie
unpräzise mit dem Begriff „Rollkur“ bezeichnet wird.
Meyer setzt sich im Kern mit der Behauptung auseinander, die Rollkur sei eine neue, auf heutige Erkenntnisse
vor allem auch der Tiermedizin basierende Methode,
die eine Verbesserung der Gymnastizierung des Pferdes
erlaube. Dies bedeutet, dass zum einen das Überzäumen
des Pferdes keine neue Methode darstelle, zum anderen,
dass sie dem Pferde nütze und nicht schade und somit
der konventionellen Reitlehre überlegen sei.
26
Noticiero 2013
Anschließend untersucht der Autor selektiv verschiedene Reit- und Ausbildungssysteme von der hethitischen
und griechischen Antike bis in unsere Zeit, wobei er
sein Augenmerk besonders auf dort empfohlenen Halsund Kopfstellungen richtet. Dabei kommt er zu dem Ergebnis, dass wohl die meisten Autoren früherer Jahrhunderte und Jahrzehnte für eine Beizäumung plädiert,
jedoch sich gegen eine markante Überzäumung ausgesprochen hätten. Die begrenzte Beizäumung sei regelmäßig als Basis für den Gehorsam bzw. die Kultivierung
des Pferdes verstanden worden.
Nach einigen grundsätzlichen Bemerkungen zur Ausbildung stellt er nun die Aussagen von Anwendern und Befürwortern der extremen Überzäumung vor. Dann stellt
er veterinärmedizinische Untersuchungen zum Einfluss
der Kopf- Hals-Position auf den Bewegungsablauf dar.
Aufgrund dieser Schritte kommt er dann zur Synthese,
die er mit „die kritische Analyse“ überschreibt. Diene
die Rollkur also wirklich, wie von ihren Befürwortern
behauptet, der Gymnastizierung, namentlich der Losgelassenheit des Pferdes oder eher lediglich einer vollkommenen Unterwerfung? Aufgrund zahlreicher Studien, wie vor allem die der Universität Zürich aus dem
Jahre 2005 lege den Schluss nahe, dass die Rollkur allein den Zweck habe, das Pferd zu unterwerfen.
Diese bedingungslose Unterordnung bedeute aber einen Widerspruch zu den „Ethischen Grundsätzen“
der Deutschen Reiterlichen Vereinigung, die sich die
„größtmögliche Harmonie zwischen Pferd und Mensch
wünschten“.
Demnach dürfe die Überzäumung jedenfalls so lange
nicht angewandt werden, bis deren Folgenlosigkeit für
das Pferd nachgewiesen sei und nicht solange praktiziert werden, bis zur zweifelsfreien Dokumentation
nicht hinnehmbarer physischer und psychischer Belastungen.
Auch wenn eine echte Auseinandersetzung mit diesem
Buch hier nicht erfolgen kann, erscheint es dem Rezensenten wichtig, dass im vorliegenden Werk aufgezeigt
wurde, dass der Turniersport jedenfalls Gefahr laufe,
die Basis eines an der Natur des Pferdes orientierten
Trainings zu verlieren, wenn nicht schon verloren habe.
Das Buch ist sehr lehrreich und lesenswert.
Anm.: Siehe auch Noticiero 2009, Seite 27
Kalenderblatt von BANCO DE CREDITO, Lima/Peru
2013 Noticiero
27
RUGENDAS: La Fiesta de San Juan, Amancaes
28
Noticiero 2013
Hinweis: Die Fiesta de San Juan en Amanchaes war vor der Zeit des A.N.C.P.C.P.P. die Zentrale Pferdeshow / Vorläufer des Concurso National für Lima (24. Juni jedes Jahr)
2013 Noticiero
29
In der Artikelserie
»Aus Pasourzeiten« lesen Sie heute:
Panamá war eine Reise wert –
Erste Begegnung mit
dem Paso Iberoamerikano
Text: K. C. Otte
D
Paso Iberoamerikano Hengst Centenario II / Costa Rica
30
Noticiero 2013
ie Einladung für CONFEPASO nach Panamá
City zu kommen stammte vom Vorstand
des Pasozuchtverbands ASOFINO und das
erwies sich als Segen für die Pasofinos colombianos in Panamá, denn es war der entscheidene
Schritt, der die längst fällige Reunion mit der Schwestervereinigung (warum man sich vor Jahren getrennt
hatte, wußte niemand mehr genau zu sagen) ASOPACO
zum Abschluß brachte. Das Beispiel, das CONFEPASO
durch die Zusammenarbeit so vieler Länder und so unterschiedlicher Vertreter von differenten Pasomodalitäten den Panameños plastisch vor Augen führte, gab
doch vielen der Vorstandsmitglieder in beiden Vereinen
stark zu denken, deren Mitglieder ja schon vorher durch
zahlreiche Doppelmitgliedschaften überdeutlich signalisiert hatten, dass sie eine weitere Trennung für wenig
sinnvoll hielten. CONFEPASO als Friedensstifter, auch
schön, oder? In wieweit auch die ersten Kontakte zu den
offiziellen Vertretern anderer Pasomodalitäten, insbesondere Paso peruano und Paso iberoamericano, letzt-
2013 Noticiero
31
endlich zum gleichen Ergebnis führen werden, bleibt
abzuwarten. Die Attraktivität von CONFEPASO wäre für
sie natürlich viel größer (sie d. h. Paso iberoamericano
und Paso costaricense) wenn es schon ein Reglement
für sie gäbe wie bereits für die Peruanos, Finos Colombianos, Trochadores, etc. Aber die Kollegen von CONFEPASO halten nichts von vorauseilendem Gehorsam,
sie meinen (zurecht) die Länder (Costa Rica, Argentina,
Ecuador, usw.) sollten erst der Organisation beitreten
und dann hätten die von ihnen gezüchteten Pasoschläge
auch ein Recht, im Internationalen Reglement vertreten
zu sein.
Schon eher spannend finde ich den Hinweis, den der
Vertreter der USA, Dr. Laracuente auch mit zahlreichen
wissenschaftlichen Gutachten untermauerte, dass es
bisher keinen Beleg dafür gibt, dass eine bestimmte
Farbe, bzw. spezielle Abzeichen oder Fleckungen des
Pferdefells irgendeine Beziehung zur Reitqualität des
betreffenden Pferdes haben. Die entsprechende Diskussion entfachte sich an der unterschiedlichen Wertung
die Leute aus Südamerika und solche aus Europa oder
Nordamerika den Schecken oder stark gezeichneten
Pferden entgegenbringen. Ebenso läßt sich bisher kein
wissenschaftlicher Beleg dafür erbringen, dass weiße
Hufe schlechter seien als dunkle, denn das ist von Pferd
zu Pferd verschieden; es gibt Pasos mit schwarzen Hu-
Panamá war nicht unwesentlich
an der Entwicklung des moderen
Paso colombiano beteiligt
fen, deren Hornqualität weniger gut ist als die der weißen Hufe eines anderen Individuum, und umgekehrt.
Sinnigerweise hatte kurz zuvor (s. Nuestro Caballo 1/98)
die Peruvian Paso Horse Registry of N.A. beschlossen,
künftig weiße Abzeichen an PP nicht mehr mit Strafpunkten zu belegen.
Man einigte sich schließlich für die Pferde, die auf den
CONFEPASO-Meisterschaften auftreten sollen in der
Weise, dass jeweils die Klasse, in der sie gezeigt werden maßgeblich für die zugehörigen Schaubedingungen sein soll, d.h. also z.B. dass Pferde aus USA, die
in „Performance“ oder „Western Riding“, o. ä. gezeigt
werden sollen, auch gescheckt sein dürfen oder große
weiße Abzeichen haben können, ohne dass ihnen das
von den Richtern als Fehler angekreuzt würde. Bei Tie-
ren aus Kolumbien oder Venezuela, die in Trocha- oder
Trote-Prüfungen vorgestellt werden greift dagegen das
Scheck-Verbot. Das ist für die Zukunft sicher eine etwas unbefriedigende Regelung, hat sich CONFEPASO
doch vorgenommen, eine Vereinheitlichung der Regeln
und Vorschriften anzustreben und so zumindest eine
gewisse Harmonisierung zu erreichen. Mal sehen, was
der neue Vorstand da auf den Weg bringt.
Wirklich aufschlußreich wurde die Panamá-Reise für
mich als Aficionado erst dann, als es ins Landesinnere
zu einigen Haziendas ging. Panamá bei uns als Pferdeland weitgehend unbekannt, ist für uns Pasoleute hippologisch eigentlich sehr interessant. Einmal als Wiege
der Paso peruanos, stammten doch die Pferde Pizarros
und viele der Tiere seiner Nachfolger aus Panamá. Zum
anderen war Panamá nicht unwesentlich an der Entwicklung des moderen Paso colombiano beteiligt, denn
es war bis 1914 ein Teil der früheren Republik Großkolumbien. Viele der zur Zeit des Vizekönigtums NUEUA
GRANADA und der in der früheren Republik Colombia
getätigten Pferdeimporte, vor allem solche von Pasos
aus Peru und Andalusiern aus Südspanien, kamen über
Panamá nach Kolumbien, wo sie ihren wichtigen Beitrag zur Entstehung der heutigen Trochadores bzw.
Paso finos dieses Landes leisteten.
Etwas merkwürdig und daher auch wiederum bemerkenswert verlief die Pasozucht in Mittelamerika (u.a.
Panamá, Honduras und teilweise Costa Rica) in jüngster Zeit. Die angestammte Rasse der Paso criollos bzw.
Paso costaricenses wurde von einer zunehmenden Anzahl von Züchtern und Aficionados als zu „degeneriert“
betrachtet: Die Pferde waren den Leuten im Laufe der
Zeit einfach zu klein, zu unscheinbar und zu unsicher
im Tölt geworden. Je nach Neigung der Hazendados
wurden nun Paso peruanos, Paso colombianos, Caballos
andaluces oder Lucitanos importiert und entweder in
die bestehende Population autochtoner Pasos und
Criollos eingekreuzt oder rein weitergezüchtet (z.B. hat
Costa Rica neben Spanien eine der besten und größten
P.R.E.-Zuchten der Welt). Auf vielen Gestüten hat man
sowohl experimentiert als auch schlagrein weitergezüchtet mit dem Ergebnis, dass wir z.B. auf dem Gut
„El Rosario“ der Familie Aráuz in Penónome neben den
vier ortsüblichen Pasoschlägen (Paso criollo, Paso colombiano, Paso peruano und Paso iberoamericano) auch
reinrassige P.R.E, Quarter Horses, Appalousa und Asil
Araber vorfanden und auch jede Art von Kreuzung dieser Pferde untereinander. Die Panameños sehen das
Paso Iberoamerikano Wallach Nuno
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Noticiero 2013
2013 Noticiero
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relativ pragmatisch: Für die Rinderarbeit kreuzen sie
Quarter oder Iberer in ihre Landschläge ein; für bequemes Reiten verlassen sie sich auf die Pasopferde und
in den Schauen sehen sie am liebsten iberische Pferde
mit möglichst so viel Knie- und Hankenaktion, so dass
selbst Hackneys blaß vor Neid werden könnten. Um die
Sprach- und Rassenverwirrung noch größer zu machen,
nennen die Leute ihre Pferde „Criollos finos“ wenn sie
guten Tölt zeigen, also viel Peruaner- oder KolombianerBlut führen. Mit „Criollo de Trote“ ist meist die erste Generation aus einer Criollo x Iberer - Kreuzung gemeint.
Daher wurde der Caballo / Paso iberoamerico ursprünglich als Arbeitspferd von den iberisch orientierten Traditionalisten in vielen mittelamerikanischen Pferdezuchten geschaffen (der „Yankee“- orientierte, sogenannte
moderne Pferdezüchter verwendete dafür Quarter Horses oder „Apaluza“). Auf der Basis der Criollos centoamericanos mit iberischen Hengsten ( Lusitanos / Andalusier) begründet sich heute auch eine mehr oder
weniger ausgeprägte Schauszene. Dazu begann man mit
verstärkter Knie- und Hankenaktion die spektakulären
Gänge der Iberer immer mehr zu fördern und damit die
Töltveranlagung wieder zu vernachlässigen. Heute werden überall neben den Ursprungsrassen Paso criollo
und P.R.E. auch Caballos iberoamericanos (im Typ eines
kolumbianischen Trote/Galope) und Pasos iberoamericanos (im Typ eines aktionsbetonten Trochapferdes) in
ganz Mittelamberika gezüchtet. Relativ zahlreich vertreten sind auch Pasos vom Schlag eines Paso argentino, die durch Verwendung von Paso peruano - Hengsten
für Paso criollo - Stuten entstehen; eine organisierte Zucht (mit Verband, Stutbuch und Regelwerk) fehlt
diesen Pasopferden allerdings noch, während die Paso
iberoamericanos genausogut etabliert und amtlich anerkannt durch Asociaciones vertreten sind, wie die Paso
Wir heutigen profitieren von der
so entstandenen Pasovielfalt
peruanos oder die Paso finos colombianos. Über die
Paso iberoamericanos wird sicher noch mehr zu sagen
sein, da sie eine für Europa sehr reizvolle Pasovariante
darstellen. Sicher aber ist, dass sie mit ebenso viel Fug
und Recht als eigene Modalität, Subrasse oder „Rasse“
bezeichnet werden können, wie ein Paso argentino, ein
Caballo de paso de ecuador oder ein Paso fino colombiano, etc. Vom Standpunkt eines Tierzüchters sind
diese allerdings alle keine eigenen Rassen, da sie sich
34
Noticiero 2013
keineswegs „rein“ vererben, denn noch ist die Variation zwischen den Typen nicht größer als innerhalb einer
Typpopulation. Die Aufteilung in verschiedenen Rassen
folgt als einem idiologischen, teilweise verbandspolitischen Schema, entbehrt aber jeglicher biologischer
Grundlage.
Man ist leider schnell geneigt, etwas bisher unbekanntes als „schlechter“ abzutun, als das bisher gewohnte.
Es lebe die Liebe zur Tradition. Auf der anderen Seite
kennt nicht nur die Tierzucht, speziell die Pferdezucht,
das Phänomen der „unbekannten Gleichzeitigkeit“, will
heißen, an verschiedenen Orten haben Züchter und Reiter unabhängig voneinander gleichzeitig erkannt, dass
sie mit ihren bisherigen Möglichkeiten nicht weiterkommen. Man importiert, man experimentiert, man re-
Ketzer der Gegenseite) sondern dass die Lateiner sehr
pragmatische Leute sind, die hervorragend ihre eigenen
Bedürfnisse mit der Realität der Umwelt zu versöhnen
wissen, und wenn das einer besonders pfiffig kann, nennen ihn die Peruaner „Criollo“. So kürzlich geschehen in
Peru als das so bombastisch wieder Mal geschlossene
Stutbuch kurzerhand durch die Schaffung eines Vorbuches wieder geöffnet wurde. Sie sind selbst also weitaus realistischer als sie gläubigen Gringos gerne einreden, und vieles von der Traditionspropaganda ist mehr
geschickte Geschäftspolitik als echte Zuchtphilosophie.
Man nennt das auch nicht Outcross, Fremdzucht oder
Kreuzung, wenn man geeignete Individuen aus der Landeszucht (i.e. Paso criollos) zur Zucht verwendet, sondern Blutauffrischung. Was sie selbst bisher, und alle
ihre lateinamerikanischen Kollegen immer schon ge-
macht haben, führten die Peruaner also durch die Hintertür eines neuen „Registro Absorbente“ wieder ein:
Gott sei Dank. Und was sie in Südamerika „degenerado“
nennen, ist nicht eigentlich degeneriert in unserem Sinne einer Krüppelzucht oder eines Erbschadens, sondern
heißt eigentlich „etwas aus der Art geschlagen“, womit
bedeutet wird, dass dies liebe Tier wohl nicht mehr
ganz den modernen Vorstellungen entspricht, somit geändert, umgezüchtet, veredelt, was sie wollen, werden
muss. Wir sollten daher auch unsere hiesige Pasozucht,
die großenteils andere Ziele verfolgt, als die in Panamá
oder Puerto Rico unter den Werbespruch von Holger
Jung belassen:
„GUT sein, nicht SCHLECHT machen“
Vieles von der Traditionspropaganda ist mehr geschickte
Geschäftspolitik als echte
Zuchtphilosophie
üssiert. Bei den Pasopferden auch in neuerer Zeit ganz
eklatant: Puertoricaner importieren Pasos colombianos
und kreieren den neuen „Paso fino de America“; Argentinier, Panameños oder Ecuadorianer verwenden Paso peruano - Hengste und „veredeln“ auf diese Weise ihre von
ihnen als schon etwas „degeneriert“ angesehenen Paso
criollos oder Kolombianer und Costarikaner kümmern
sich vermehrt um die Zucht von iberischen Pferden und
testen erfolgreich deren Eignung als Blutauffrischer
für ihre Landrassen. Es ist eher unwahrscheinlich, dass
einer vom anderen abgeguckt oder kopiert hat, denn
vor 50 - 60 Jahren waren multimediale Möglichkeiten
gering, Nationalstolz und Züchterdünkel aber wurden
groß geschrieben. Alle hatten sie „das beste Pferd der
Welt“ und erklärten es gleich großspurig zum „nationalen Kulturgut“. Wir heutigen profitieren von der so entstandenen Pasovielfalt und sollten uns darüber freuen,
dass freizügige Verwendung von Pasopferden jedweder
Nationalität genauso zur „Pasotradition“ gehört, wie
die Selektion auf Brio, Gangvermögen oder Schönheit.
Die in Panamá, und ganz Mittelamerika, angetroffene
Rassenvielfalt auf der Basis der spanischen Kolonialpferde erinnert uns daran, dass die Pasowelt keineswegs einfach in zwei Lager teilbar ist, hier die Gerechten (d.h. meine „Pasorasse“ - Fino oder Peruaner je nach
Glaubensbekenntnis) und dort die Verdammten (die
Paso Iberoamerikano Hengst Jupiter | Costa Rica
2013 Noticiero
35
Sport, Spiel, Spannung
Die Trailprüfungen werden zwar auf dem Turnierplatz
durchgeführt, zählen aber sinngemäß zu den Geländeprüfungen, weil hier in konzentrierter Form und abgestuften Schwierigkeitsgraden (T 1 – T 4) das verlangt
wird, was das Pferd im Gelände an Nervenstärke und
Ausbildung benötigt. Die Versatility beinhaltet neben
Trailelementen auch Komponenten der Gangprüfungen
und der Dressur, so dass man sie als kleine Vielseitigkeitsprüfung einstufen darf.
A
Die großen Vielseitigkeitsprüfungen (Prueba de trabajo
= Arbeitsprüfung) sind die Königsdisziplin des Reitens mit Pasopferden. Nach einem ausgewachsenen
Streckenritt über 25, 35 oder 45 km müssen die Probanden ihre Gangqualitäten in einer Gangprüfung unter
Beweis stellen; ihr gutes Benehmen wird im Trail überprüft und Pferd und Reiter müssen sich auch mit den
Grundlagen des Dressurreitens auskennen. Die Pruebas sind die vielseitigste, interessanteste und sympathischste Herausforderung an Pferd und Reiter.
ls der Pasopferde Verband 1993 ins Leben gerufen wurde, hatten alle Initiatoren langjährige einschlägige Erfahrung mit Pasopferden
und deren sportlichem Einsatz einzubringen.
Der Züchter benötigt ein Instrument zur Kontrolle des
Zuchtfortschritts; dazu dienen Leistungswettbewerbe.
Wenn aber Sport und Genießen so eng beieinander liegen wie bei den Pasopferden, muss eine Prüfungsordnung sehr gut ausgetüftelt sein. Die Prüfungen müssen
rasse- und typgerecht sein; sie müssen bezüglich der
Leistungsfähigkeit des Pferdes aussagekräftig sein; das
folkloristische Element soll eher klein sein und letztlich:
die Prüfungen müssen auch dem Reiter Spaß machen.
Platz oder Gelände?
Die Palette der Pasopferde ermöglicht sprotliche Betätigung in jedem Sektor: vom Langstreckenritt bis zur
artistischen Präsentation im Schauring, von der hochspezialisierten Gangprüfung bis zum Westerntrail.
Damit der ewige Streit darüber, ob die zuverlässige
Ausdauerleistung oder die athletische Spitzenleistung
wichtiger ist, die Gemüter nicht weiter bewegt, wurde
in der Prüfungsordnung (SPO) eine Trennung nach Interessen- und Veranlagungsschwerpunkten eingeführt.
Im internen Jargon sind dies die Platzprüfungen (Gangprüfungen, Rittigkeitsprüfungen) und die Geländeprüfungen (Streckenritte, Trail, Arbeitsprüfungen).
Die Gangprüfungen bilden das Kernstück der SPO. Sie
finden auf der Ovalbahn statt. In der Prüfung G 1 wird
der Paso Peruano in seinem Paradegang, dem Pasollano,
vorgestellt. Die G 2 verlangt den Pasollano in drei deutlich differenzierten Tempi. Es ist sowohl eine Frage der
Veranlagung des Pferdes wie seines Ausbildungsstandes, welche der beiden Pasollano-Prüfungen in Frage
kommt.
Die rassetypischen Prüfungen für Paso Finos sind die
Pleasureprüfung G 4, die Performanceprüfung G 5 und
die Classic Fino-Prüfung G 6. Auch hier ist die Veranlagung des Pferdes entscheidend. Wo das Pleasure-Pferd
zuverlässig und eher gelassen seine Aufgaben erfüllt,
sprüht das Performance-Pferd vor Arbeitseifer. Auch
hier werden deutliche Tempounterschiede (Paso Corto
= versammelter Tölt; Paso Largo = Arbeitstempo Tölt)
erwartet. Der Classic Fino hat demgegenüber kaum Ambitionen, von der Stelle zu kommen: Tölt in höchster
Versammlung mit minimalem Raumgewinn – für den
Reiter ein Genuss, vergleichbar mit Piaffe und Passage.
Bei Pasoturnieren werden teilweise auch Jungpferdeund Zuchtprüfungen ausgeschrieben. Die Halfterprü-
fungen der Jungpferde haben teils den Charakter einer
Nachzuchtschau, teils sollen sie die sinnvolle Beschäftigung mit Jungpferden zur Vorbereitung auf ihre spätere Karriere dokumentieren.
Die Sportprüfungsordnung –
für jeden etwas
Alle sportlichen Erfolge werden dokumentiert und am
Jahresende zur High Point-Liste zusammengefasst.
Die Wertung erfolgt getrennt nach Rassen und nach
Platzprüfung/Geländeprüfung. Schon jetzt ist das High
Point-Register ein aussagekräftiges Dokument der kontinuierlichen Turnierarbeit; sein Wert wird mit jedem
Jahrgang größer.
Die populärste aller Prüfungen allerdings ist und bleibt
ein fröhlich-feuchter Geschicklichkeitstest, bei dem Sekt
gleich literweise vernichtet wird. Die abendliche Copa de
Champan rundet das Pasoturnier ab. Da Sekt mit Sport
wenig und mit Zucht fast nichts zu tun hat, wurden Prüfungen dieser Art aus der eigentliche SPO herausgenommen. Für das südländische Ambiente des Pasoturniers
sind sie nichtsdestoweniger unentbehrlich.
Für die nichttöltenden Fino-Varianten (Trochador =
Trabtölter; Troton Galopero = Trab ohne Schwebephase)
gibtes ebenso eigene Gangprüfungen wie für die Paso
Partbreds.
Besondere Highlights der Turniere sind immer wieder die rasseübergreifenden Gangprüfungen. Bei
Naturtölter- und Dreigangprüfung vergleichen die
Aficionados gerne „ihre“ Rasse mit der Konkurrenz. Bisherige Bilanz: das bessere Pferd gewinnt.
Die Rittigkeitsprüfungen E, A und L sind in Aufbau und
Anforderungen an die vergleichbaren Prüfungen der
europäischen Dressurreiterei angelehnt. Auch wenn sie
bislang kein Publikumsmagnet sind, zeigen sie doch,
dass man auch als Dressurreiter mit dem Paso eine befriedigende sportliche Betätigung findet.
Kaja Stührenberg mit Paso Iberoamerikano Nuno
36
Noticiero 2013
2013 Noticiero
37
dabei, dass für in Deutschland geborene Pferde ausländische „Papiere“ wertlos sind, da sie laut FN-Beschluss
von den hiesigen Zuchtverbänden nicht anerkannt werden sollten. Die Zuchtbescheinigung muss also EG-weit
von der für den Geburtsort des Fohlens zuständigen
Züchtervereinigung (i.e. Zuchtverband) ausgestellt sein,
um Gültigkeit zu haben. Auch stellt der Equidenpass
als solcher weder eine Eigentumsurkunde noch eine
Zuchtbescheinigung dar sondern dient ausschließlich
veterinär-polizeilichen Zwecken.
Pasopferde
Hengstliste
Vorbemerkungen von: Dr. Kai. C. Otte
6. Vor allem möchten wir alle Hengsthalter, die ihren
Hengst in dieser Liste nicht wiederfinden, nochmals
auffordern, sich umgehend mit uns in Verbindung zu
setzen, damit sie in einer Neuauflage der Hengstliste berücksichtigt werden können. Die Einteilung der
Hengste entsprechend ihrer Pasorasse (Modalidad nach
Confepaso) entspricht der ZVO-FN von 2006. Demnach
werden bei den der FN angeschlossenen Züchtervereinigungen vier verschiedene Zuchtbücher für Pasopferde
geführt: CP; PF; PI; und PP.
Aegidienberger Hengst Somero
Besitzerin: Marie Wendel
www.berghof-rod.de
1. Es sind nur die Hengste angegeben, deren Besitzer
der Redaktion bekannt sind. Auf Antrag können auch
andere aufgeführt werden. Das gilt auch für Partbred o.
a. Hengste die für Pasostuten offiziell zugelassen sind.
Die Eintragung in diese Liste ist nicht an eine Mitgliedschaft beim PV gebunden und für den Hengstbesitzer
kostenlos.
2. Die Redaktion ist nicht für die Vollständigkeit der
Liste verantwortlich; schon bei früheren Veröffentlichungen der Hengstliste wurden die Hengsthalter um
ergänzende/korrigierende Angaben gebeten. Das gilt
sinngemäß auch für die Anschriften der Hengsthalter,
die den Züchterverzeichnissen von PV, PFAE, PPE, PCI
oder IGV zu entnehmen sind.
3. Die Aufnahme in die Liste bedeutet in keinem Fall
eine Bewertung des Hengstes, daher sind auch weder
bei K = Körung noch bei LP = Leistungsprüfung die erzielten Notenergebnisse vermerkt. Wo keine Jahreszahl
angegeben ist, sind die entsprechenden Daten noch
nicht bekannt bzw. die Prüfungen wurden noch nicht
abgelegt. Hengste die nach dem Erscheinungsdatum
der Liste gekört wurden, erscheinen normalerweise in
38
Noticiero 2013
der nächsten Ausgabe. Wenn es dringlicher ist, der wendet sich an den PV.
4. Es ist Sache des Stutenbesitzers, sich nähere Infor-
mationen über die Hengste einzuholen, bzw. liegt es in
der Hand der Hengstbesitzer, die Stutenhalter durch
aussagefähige Anzeigen besser zu unterrichten. Gewisse Anhaltspunkte zur Einschätzung eines Hengstes liefert auch die entsprechende Materialprüfung (PV bzw.
IGV) oder eine Auflistung in den jeweiligen Top Ten /
High Point Listen.
5. Dieses Hengstverzeichnis ist somit nur als Orientierungshilfe für Stutenbesitzer gedacht, kann aber detaillierte Auskünfte durch den Hengsthalter nicht ersetzen.
Fragen Sie besonders nach speziellen Voraussetzungen,
die Ihre Stute zu erfüllen hat und erkundigen Sie sich
ausdrücklich danach, ob der von Ihnen ausgesuchte
Hengst ordnungsgemäß Körung und Leistungsprüfung
absolviert hat und ob er von einer anerkannten Züchtervereinigung betreut wird, damit ihr Fohlen seine
amtliche Zuchtbescheinigung bekommt (wie Abstammungsnachweis; nicht nur Geburtsbescheinigung, die
übrigens die mehrfache Gebühr kostet). Beachten Sie
7. Die Abkürzung für Farbe und Abzeichen im vorlie-
genden Verzeichnis sind E. Meyer: „Farbe und Abzeichen
bei Pferden“ (1981) entnommen. Bei der Angabe von Suffixen/Präfixen haben wir uns an den üblichen Modus angelehnt. Leider wird das nicht konsequent angewandt,
so dass immer wieder Verwechslungen vorkommen. Bitte melden Sie auch Ihr eigenes Züchterzeichen bei den
Registerstellen der Zuchtverbände bzw. Pasovereine an.
Aus datentechnischen Gründen werden alle Züchterkürzel dem Pferdenamen nachgestellt, anders also als in
den Ursprungsländern oder in den USA üblich. Offiziell
anerkannt sind nur die Suffixe bzw. Präfixe die über die
FN (beim Zuchtverband einreichen) der International
Registry gemeldet oder im FN Register verzeichnet wurden. Pferdenamen mit offiziellem Kürzel gelten lebenslang, d.h. müssen auch nach eventueller Namensänderung in Klammern stets mit angegeben werden.
8. Bekanntlich braucht man zum Züchten Hengst und
Stute. Bedenken Sie bitte bei einer geplanten Erstbedeckung Ihrer Jungstute, dass in der freien Wildbahn nur
1% der zweijährigen und erst 35 - 40% der dreijährigen
Nachwuchsstuten zur Fortpflanzung kommen. Es mag
zwar aus wirtschaftlichen Gründen interessant sein,
zwei- oder dreijährige Stuten zu bedecken, dem natürlichen Verlauf entspricht es nicht. Artgerechte Haltung?
Verantwortungsvolle Zucht?
9.
Nicht den Erstbesten! Ein trefflicher Aufruf, den
man immer wieder in Pferdezeitschriften lesen kann.
Pasopferdebesitzer haben die Möglichkeit, die Qualität des von Ihnen vorselektierten Hengstes näher unter
die Lupe zu nehmen. Fragen Sie nach absolvierten Material- oder Turnierprüfungen! Fragen Sie sich und den
Besitzer warum man diesen oder jenen Hengst nie im
Arbeitseinsatz zu sehen bekommt.
10. Vergessen Sie nicht: Um evtl. Fehler Ihrer Stute
ausgleichen zu können, darf der Hengst nicht sozusagen den „Gegenfehler aufweisen“ (z.B. ein langer Rücken
- sehr kurzer Rücken; zu steile Fessel - horizontale Fessel), sondern er sollte die zu verbessernde Eigenschaft
möglichst optimal ausgeprägt haben. Das „Milch-Kaffee-Prinzip“ geht in der Pferdezucht langfristig mit Sicherheit in die Hose.
11. Um der in Punkt 10 gestellten Falle zu entgehen,
müssten Sie natürlich schonungslos über Ihre Stute/n
Bescheid wissen. Selbstverständlich kennen Sie sie, aber
vielleicht ist das Urteil einer Fachkommission trotzdem
interessant: Die Pasopferdematerialprüfung ist da ein
guter Tipp. Auch 2007 haben Sie mehrmals die Möglichkeit, Ihre Stute/n entsprechend vorzustellen. Sie sollten
eine der Gelegenheiten nutzen (siehe Terminkalender
der verschiedenen Pasovereine bzw. Zuchtverbände).
12. Der richtige Hengst ist der, der am besten zu Ihrer Stute passt. Das ist sicher trivial, kann aber nicht
oft genug betont werden. Denn das „passen“ hat nichts
mit der Entfernung zwischen Hengst und Stutenstall
zu tun. Und auch nichts mit Mode („der ist doch chic“)
oder Seltenheit („den hat noch niemand“). In jedem Fall
hat der „richtige Hengst“ zumindest die HLP absolviert
und ist in der High-Point-Liste möglichst weit oben zu
finden, denn ein Vatertier ohne dokumentierte Leistung
sollte in keinem Falle in Erwägung gezogen werden.
Es hat immer Gründe, die Züchter bedenklich stimmen
müssen, wenn Hengste nicht geritten werden. Allein das
Alter ist keine ausreichende Lebensleistung!
„Zuchterfolg ist kein Zufall, man muss den Weg
dorthin Stufe für Stufe erklimmen“
Kontaktadressen
•• www.pasopferde-verband.de
•• www.pfae.de
•• www.ppe.abit.de
•• www.pasoclubinternational.com
oder bei den Geschäftsstellen der Pasovereine
2013 Noticiero
39
Paso Peruano - PP
Name / Jahrgang
Farbe
Vater / Mutter
Züchter
Besitzer
K / LP*
Mezcal Azul EF
2006
Rappe
Biru Azul
Magnolia RBV
Eggert & Feyerer
Eggert & Feyerer
K = 2009
LP=
Name / Jahrgang
Farbe
Vater / Mutter
Züchter
Besitzer
K / LP*
Moreno MK
2002
Rappe
Altivo KCO
Melinda HB
Gestüt
Naafbachtal
Voigtländer
Ursprung
K = 2005
LP=
Armatan EA
1990
Braun
RyR Galileo
MM Maria Almandra
E.A. Llona
Peru
K. Decruppe
Nuthe
K = 2010
LP=
Napoli MLM
2000
Brauner
Genoves ERM
Riviera MLM
M.+L. Mewhinney
USA
G. Smits
Belgien
K = 2003
LP=
Arriba SMC
2002
Brauner
Antar SRV
Salida del Sol M
Stone Mountain
Creek, ( C )
Gest. Riedwiesenhof
Reiskirchen
K = 2007
LP=
Nevado ACR
2004
Fuchs
El Pinturas FTB
La Chorrillana ACR
Peru
E. Svoboda
Österreich
K = 2011
LP=
Baccarat CSM
1997
Fuchs
Galante
Quien Sabe CSM
CSM Frankreich
A.u.V. Tschümperlin
Baar - CH
K =
LP=
Pacifico MK
2008
Brauner
Altivo KCO
N.N. MK
M. Klein
Naafbachtal
Andrea Ramesch
Netphen
K = 2011
LP=
Bailarin MP
1990
Fuchs
Bonni HB
Sonata DLG
M. Plag
Asbach
Ariane Glaess
Asbach-Ditscheid
K = 1993
LP= 1994
Papero MK
2007
Schimmel
Altivo KCO
Prima Dona RyR
Gestüt
Naafbachtal
M. Klein
Naafbachtal
K = 2009
LP=
Bailarin del Sol CSM
1997
Fuchs
Galante
Salida del Sol CSM
CSM Frankreich
R. Keller
Rosbach
K = 2001
LP=
Payaso del Robles
2003
Fuchs
Sanson
La Fenicia MK
I. Hellwig
Obererbach
I. Hellwig
Obererbach
K = 2005
LP=
Barniz Negro
2006
Rappe
Biru Azul
Parlatina RBV
Peru
Ariane Glaess
Asbach-Ditscheid
K = 2008
LP=
Pepino MK
2007
Fuchs
Feliciano MK
Pimenta MK
Gestüt
Naafbachtal
M. Klein
Naafbachtal
K = 2009
LP=
Bolero CMG
2003
Brauner
Armatan EA
Diva FTB
C. Gritti
Italien
Boers
Belgien
K = 2009
LP=
Perfecto MK
2002
Brauner
Altivo KCO
Prima Dona RyR
M. Klein
Naafbachtal
M. Klein
Naafbachtal
K = 2006
LP=
Boquito MK
2006
Brauner
Jeque RDLF
Berenice MK
Gestüt
Naafbachtal
T. Mundt
Kempten
K = 2009
LP=
Pizarro DS
2006
Brauner
Fantoche MP
Violeta AG
D. Krings
Meckenheim
D. Krings
Meckenheim
K = 2008
LP=
Brillante CSM
1997
Fuchs
Bolero
Marquesa CSM
CSM Frankreich
A.u.V. Tschümperlin
Baar - CH
K = 2010
LP=
Rayo de Obir JJ
2007
Fuchs
Nevado ACR
Retama
E.M. Svoboda
Österreich
E.M. Svoboda
Österreich
K =
LP=
Carpera Guairuri
Brauner
Manantial RMP
N.N. - MOH
Peru
Felipe Weiss
Wihr au Val, F.
K = 2010
LP=
Rey de Fuego WPR
1990
Brauner
El Fuego
Remolinita
J. Ward
Kalifornien
Schrader
Grethen
K = 1995
LP=
Diamente PK
2003
Falbe
RDS-Domingo Rey
Jumera HB
Petra Küenzi
CH-Wangem
S.v. Keitz
Gräfenheinrich
K = CH 2006
LP=
Rodrigo
2009
Fuchs
Rey de Fuego
Nirvana EML
Gisela Bouton
München
Gisela Bouton
München
K = 2009
LP=
Domingo de Mayo RDS
1991
Fuchs
Domingo RDS
Cinco de Mayo
R. Del Solar
Kalifornien
A.u.V. Tschümperlin
Baar - CH
K = 1995
LP= 1997
Romancero HK
1998
Fuchs
Rey de Fuego WPR
Marequita PT
H. Kramer
Buxtehude
L. Hofmann
NL Ruinen
K = 2006
LP=
Domingo Rey RDS
1992
Brauner
Rey de Reyes
Lunascia
R. Del Solar
Kalifornien
Voigtländer
Erlbach
K = 1995
LP= 1997
Sanson
1989
Fuchs
Destino
Reina Victoria
M. Donald
USA
Mireille van Meer
Nienover
K = 1996
LP=
Duende PT
1999
Palomino
Garrido EML
Diana DLG
Piehler/Thomas
Rittmarshausen
Piehler/Thomas
Rittmarshausen
K = 2003
LP=
Soberano
1996
Brauner
Soberbio MOH
Magia Negra
J. Schumacher
Reken
R. Dornig
Bottrop
K =
LP=
El Destino PVF
2007
Brauner
Don Miguel EAA
Tent a Dora PDP
U.S.A.
M.v. Meer
Nienover
K = 2011
LP=
Soberbio MOH
1989
Schimmel
Solterito MOH
Soledad d.M. VTS
M. u.O. Hein
Lima/Peru
W.Feldmann
Aegidienberg
K = 1994
LP= 1994
Emperador GK
1994
Falbe
Sokrates ERM
Fineza de Ica CWE
G. Knörzer
GB
S. Schrader
Grethen
K = 2003
LP=
Talus RTP
2000
Brauner
Soberano CM
Ligeia RTP
Raintree
USA
Ellen Korsgaard
Horsholm, DK
K = 2009
LP=
Exposito MK
2008
Brauner
Altivo KCO
N.N. MK
Gestüt
Naafbachtal
M. Wendel
Rott
K = 2010
LP=
Tornado CMG
2002
Brauner
Armatan EA
Diva FTB
G.M. Gritti
Italien
W. Campei
Meran
K = 2006
LP=
Expression EML
2000
Fuchs
Elegante HB
Exquisita DLG
E.+M. Lunz
Lonnerstadt
M. Steiner
Dischingen
K = 2003
LP=
Valentino AG
2003
Brauner
Bailarin MP
La Vanesa
Ariane Glaess
Asbach-Ditscheid
S. Gaack
Mildstedt
K = 2006
LP=
Faldero HB
1998
Palomino
Fantasma Blanco
La Vanessa
H. Bargholz
Hagen
D. Zimmermann
Burgwalbach
K = 2003
LP= 2003
Zingaro GG
2001
Fuchs
El Campeador RDS
Coralia GG
Green Gate Ranch
USA
N. Mattausch
Markt Nordheim
K = 2006
LP=
Fantoche MP
2000
Brauner
Feliciano GK
Sonata DLG
M. Plag
Asbach
A. Glaess
Asbach
K = 2002
LP=
Flagrante PT
1996
Brauner
Omyx DLG
Fresa CC
Piehler-Thomas
Gleichen
Piehler-Thomas
Gleichen
K = 2000
LP=
Flor del Cardon Tupac
1994
Brauner
Indio PZ
Braceador Electra
J. R. Rodo
AR
A. Ramesch
Netphen
K = 1999
LP=
Futuro FTP
2003
Brauner
Oro de Ica HNS
Futura OV
F. Thorndike
Peru
M.v. Meer
Nienover
K = 2011
LP=
Gallego MK
2000
Rappe
Feliciano GK
Galactica RyR
Micheline Klein
Gestüt Naafbachtal
D. V. Bülow
Nienburg
K = 2003
LP=
Name / Jahrgang
Farbe
Vater / Mutter
Züchter
Besitzer
K / LP*
Gallito EMV
Brauner
Moreno MK
Granada
Ilona Prößdorf
Thüringen
K = 2009
LP=
Brauner
Fuchs
Principe AE La Solana
Gala R & R
R. Risso
USA
P. Kuenzi
Wangen – CH
K = 1998
LP=
Bonitao de Cad.
Lucia v. Kreiswald
Töltgut Holländer
Galpon R & R
1996
Bonlucio
1997
Dr. K. Gerber
Berlin
K = 2001
LP= 2012
Brauner
Garrido EML
1993
Palomino
Trovador JJB KF
Genoveva PV
E.+ M. Lunz
Lonnerstadt
M. Boeringer
Wagenfeld
K = 1997
LP=
Bandreao KCO
1998
Bonitao de Cadaval
Tulula AAB
K. C. Otte
Oberadlhof
Töltgut A. Jänisch
Heitersheim
K = 2003
LP=2005
Palomino
Mercurio
Genoveva PV
E.+ M. Lunz
Lonnerstadt
G. Bouton
München
K = 1997
LP=
Jacero KCO
2003
Schimmel
Geronimo EML
1994
Jaranero
Hechicera
K. C. Otte
Oberadlhof
D. Friesecke
Wildberg, CH
K = 2007
LP=2011
Creme
Gitano Suave RV
Felischa Timbalero
USA
Gitta Ber
K = 2012
LP=
Xenio
2003
Brauner
Gaseoso SR
2008
He-Xeno
Aracatuba
R. Schmitt
Kreiswald
R. Schmitt
Kreiswald
K = 2006
LP=
Gaucho EK
2007
Braun
Ellen Korsgaard
Horsholm, DK
E.K.
K =
LP=
Gitano Suaverv
2003
Falbe
Flamenco GK
Naranja DLG
R. Verch
Kleve
J. Pernice
Eußerthal
K = 2006
LP=
Graciliano KSS
2004
Palomino
Garrido EML
Picara KSS
K. u. S. Steffens
Armsdorf
I. Hellwig
Obererbach
K = 2006
LP=
Caballo de Paso - CP
Imperioso MvM
1999
Fuchs
Sanson
Princesa PdT
M.v. Meer
Mannik
R. Sergi
Österreich
K = 2001
LP=
Name / Jahrgang
Farbe
Vater / Mutter
Züchter
Besitzer
K / LP*
Juego GK
1999
Rappe
ERM Socrates
Anaconda GK
G. Knörzer
England
U. Schmidt
Diessen
K = 2003
LP=
Chango / 1991
Trochador
Brauner
Calarca
La Juliana
Kolumbien
Thomas Reymann
Rancho el Rey
K = 1995
LP= 1995
Jupiter IMS
2009
Fuchs
Expression EML
Faldeno Juliana
M. + I. Schneider
Dischingen
M. + I. Schneider
Dischingen
K = 2012
LP=
Destello de REY / 1998
Trote / Galope
Brauner
Chango
Natalia de Jardines
Th. Reymann
Kühbach
E. Reymann
Kühbach
K = 2005
LP=2005
Marquez CDB
1987
Fuchs
Carisma
Canaria
C. Duarte B
Lima/Peru
Fam. Küttner
Hof Martinsberg
K = 1991
LP= 1991
Fulmine / 2001
Paso Criollo
Braunschimmel
Armatan EA
Rusa Maria
C.M. Gritti
Italien
A. Jänisch
Seebruck
K = 2007
LP= 2011
Paso Iberoamericano - PI
* K = Körung; LP= Leistungsprüfung
40
Noticiero 2013
2013 Noticiero
41
Name / Jahrgang
Farbe
Vater / Mutter
Züchter
Besitzer
K / LP*
Beech Tree Maestro
1994
Brauner
El Classico de Plebeyo
Beech Tree Sinfonia
USA
Cl. Greb-Schorta
Schocherswil/CH
K = 2005
LP=
Bochica de Arrebol
1996
Schimmel
Arrebol La Estrella
Brasilia del Juncal
S. Marien
Briedeler Heck
M. Wendel
Berghof
K = 2000
LP=
Cienfuegos de La Terrazza
1998
Falbe
Escandalo
Blondy
H.P. Guntern Termen
H.P. Guntern Termen
K = 2002
LP=
Cupido del Paso
1989
Rappe
Simbolo de Che-Mel
Curiosa
T. Masud
USA
A. Segur-Cabanac
Österreich
K =
LP=
Dilema del 8
1990
Fuchs
Castellano
Chunguita
Fabio Ochoa
Kolumbien
Thomas Reymann
Rancho el Rey
K = 1995
LP= 1995
Dinamo Qc
1997
Grau-Falbe
Impecable de Carmen
Cordela Carbal Carbal
Chiapetta, USA
England
K = 2000
LP=
Don Juan CSR
1990
Falbe
Juan Juan
Lucera que tal
Robin Williams
USA
Irland
K = 1995
LP= 1995
El Aji del Juncal
1995
Falbe
Ambar del Ocho
Astromelia de Chicamocha
A. Mejia
USA
Claudia Greb
Freiensten, CH
K = 2000
LP= 2002
Ensueno de Classico
2001
Brauner
Profeta de Besilu
Classiquita del Rey
USA
Doris Sperber
Sternberghof
K = 2005
LP= 2006
Exito del Arabe
1995
Fuchs
USA
N.N.
Wiesentheid
K = 2012
LP=
Guerrillero
1995
Rappe
Danubio
Rosella
M. Kelly
Dom. Republik
H.-P. Guntern
Schweiz
K = 1999
LP= 1999
Halago Sin Par
1985
Pinto
Hilachoso Sin Par
Dali Sin Par
H. Ratlih
USA
Claudia Greb
Freiensten, CH
K = 2000
LP= 2000
Helicon del Gavilan
1999
Fuchs
Ponderosa Cosmos Dos
Fabulosa La Estella
Doris Sperber
Sternberghof
N.N.
Niesterberg
K = 2003
LP= 2004
Jazmin La Estrella
1993
Falbe
Ensueño de Colombia
Flint Oak Eclipse
Alvaro Iriate
USA
Chris Dubbert
Niederlande
K = 1997
LP=
Kapoho del Cardo
2006
Schecke
Spureco
Briboncima
USA
B. Guckenberger
Markt Bibart
K = 2012
LP=
Kosmos Tres del Gavilan
2002
Rappe
Ponderosa Cosmos Dos
Amapola Dos
Doris Sperber
Sternberghof
Doris Sperber
Sternberghof
K =
LP=
Leneus del Gavilan
2003
Fuchs
Negrexco
Amapola Dos
Doris Sperber
Sternberghof
Doris Sperber
Sternberghof
K = 2011
LP= 2011
Merengue
2009
Rappe
Arco Iris de Cap.
Aphrodisia de Unit.
USA
Doris Sperger
Markt Nordheim
K = 2012
LP=
-
-
M. Schneider
M. Schneider
K = 2007
LP=
Negresco
1994
Rappe
Nevado
La Nancy
Ernie Saenz
USA
Doris Sperber
Sternberghof
K = 1997
LP= 1999
Pescador del Juncal
1992
Schimmel
Petrolero del Juncal
La Separada Univ.
A. Mejia
USA
S. Marien
Briedeler Heck
K = 1997
LP= 1999
Ponderosa Cosmos Dos
1989
Fuchs
Cosmos
Favorita
Marion Kling
Kolumbien
Kildare
Irland
K = 1998
LP= 1998
Shadow Dancer Mako
1992
Schimmel
Alicante
Majestosa Promisa
Betty Klein
USA
M. Wendel
Weilrod
K = 1995
LP= 1997
Sincope de Veleta
2001
Brauner
Sindbad de Sol Reye
Dinamica del Paso
USA
Cl. Greb-Schorta
Schocherswil/CH
K = 2005
LP=
Soberano La Estrella
1990
Schimmel
Ensueno de Colombia
Hechisera La Estancia
Alvaro Iriate
USA
Sylvia Grossmann
Zwerenberg
K = 1995
LP= 1995
Springtime Rapido
1989
Fuchs
Nevado
Colorina de Besilu
C.L. Spring
USA
Petra Fürst
München
K = 1994
LP= 1994
Mister Tailor Haberkorn
2003
Für Pasostuten gekörte Hengste
Name / Jahrgang / Typ
Farbe
Vater / Mutter
Züchter
Besitzer
K / LP*
Calfiao Chingolo
1990 / CR
Falbsch.
Charque
Ballenera
Argentinien
J. Joest
Lobbach
K = 1995
LP= 1996
Dorito III
1992 / P.R.E./P.I.
Rappe
Centenario V
Dorita II
A. Guiral
Barcelona /Sp.
H. Kahn
Pittenhart
K = 2000
LP= 2000
He-Xeno
P.S.L.
Schimmel
Xaquiro
Suica
Portugal
A. Jänisch
Seebruck
K = 2005
LP=
Tape Isidoro
1995 / CR
Brauner
Santa Cruz Incauso
Tape Rubia
Uruguay
M. Meyer
Petersaurach
K = 2002
LP=2003
Anmerkung:
P.I. = Paso Iberoamericano; CR = Criollo
Weitere Hengste für Pasostuten nach der ZBO-FN zugelassenen Rassen: siehe dort
HINWEIS:
Die oben genannten Hinweise zur Zuchtbuchordnung (ZBO-FN) finden Sie unter „Rassesteckbriefe“.
Aktualisierungen bitte unserer Homepage entnehmen.
* K = Körung; LP= Leistungsprüfung
42
Noticiero 2013
Paso Fino Hengst: Ponderosa Cosmos | Gestüt: La Panderosa, Bogota / Kolumbien
Paso Fino - PF
Haben die Pasos
ein Problem?
Text: K. C. Otte
So fragte dereinst (2000) der bekannte Andalusierfreund und Barockreiter E. Eder. Dabei war und ist man
in Pasokreisen immer noch der Meinung man hätte das
Rad erfunden und könne auch ohne Wasser kochen. Beides ist nur bedingt wahr und ein Blick in den Korral
einer anderen alten Kulturrasse zeigt, dort kennt man
ähnliche Probleme. So beichtet der renomierte Araberkenner und Züchter H. J. Nagel in seinem oft und
kontrovers diskutiertem Buch (Hanan - „Die Geschichte
einer arabischen Stute und der Arabischen Pferderasse“ (1998)) über uns irgendwie bekannte Probleme, also
haben nicht nur Pasos ein bzw. mehrere Probleme? Aber
lesen Sie selbst, zuerst bei Eder und dann bei Nagel.
Anschließend „sprechen wir uns wieder.“
E. Eder fragte: „Hat die Pasoszene ein Problem? Eines??“*
LEONDE ANGRAND: Un Retorno de la Fiesta de Amancaes
44
Noticiero 2013
Natürlich haben wir alle unsere „Problemchen“. Betrachten wir sie als Herausforderung und schon kehrt
sich alles ins Positive.
Vor sieben Jahren wurde der Pasopferdeverband gegründet. Warum? Es gab doch schon andere Vereine und
alle die sich damals zur Gründungsversammlung trafen
waren bereits irgendwo Mitglied.
Das mit den Finos alleine hat nie so recht funktioniert,
viele der Peruanos wollten ausschliesslich nach einem
selbstdefinierten Reinheitsgebot handeln und somit
war es an der Zeit für tolerante Freigeister der Vielfalt
der Pasopferde eine Chance zu geben.
Nicht woher sie kommen, sondern was sie leisten danach wollen wir sie beurteilen!
Ein weises Wort. Zu wahr für jene die meinen: Woher
sie kommen .... oder, was sie kosten .... Mancher Züchter
und Pferdeverkäufer hat eigenste Interessen. Manche
sind sogar legitim und leicht verständlich (folge dem
Geld und du kommst der Wahrheit am nächsten).
Prestige und schnöder Mammon sind wichtig und beides wäre reichlich zu ernten. Über gute Pferdequalität
nämlich. Klar, auch wir gewöhnlichen Pferdefreunde
sind empfänglich für flotte Werbesprüche und Insider
Exklusivitäten. Was uns jedoch am meisten beeindruckt
sind schöne, gesunde Pferde und gleichgesinnte Freunde mit denen sich gute Zeiten verbringen lassen (da wo
man singt, da lass dich fröhlich nieder). Fröhlich, nicht
eigennützig um andere für sich singen zu lassen.
Strandet ein Engländer auf einer einsamen Insel, was
tut er als erstes? Er baut zwei Clubs. Einen den er besucht, einen zu dem er nicht hingeht.
Ende Juni passierte etwas ähnliches. Man versuchte einen Club zu diskriminieren und einen neuen zu gründen.
Hat nicht funktioniert das Ganze. Letztendlich hat die
Vernunft gesiegt, oder besser gesagt, die Unvernünftigen
waren zu gering in der Zahl und zu schwach im Argument.
Für Schwarz-Weiß-Maler wird die Welt niemals bunt
und vielfältig werden. Eigentlich schade!
Und um den Kreis zum Problem, zur Herausforderung
zu schließen: Bemüht euch um gesunde Pasopferde (egal
wie sie heißen) mit denen wir Freizeitreiter viel Freude
haben und wenn ihr besser sein wollt als andere, zeigt
es uns, am besten nachhaltig im Sattel. Wenn ihr euch
dann auch noch zu uns setzt um fröhlich mit zu singen
verdient ihr unsere Aufmerksamkeit und Achtung.
Alles andere ergibt sich dann ganz von alleine und das
ein oder andere zwischenmenschliche Geplänkel wird
wieder den rechten Stellenwert einnehmen. Unwichtig
aber unterhaltsam.
… la, la vida loca ….Euer Eugen Eder
PS: Im Übrigen bin ich der Meinung, dass Pasos ihren
gebührlichen Stellenwert in der europäischen Pferdewelt erst einnehmen können wenn ihre Interessenvertretung koordiniert und einheitlich erfolgt.
Nach E. Eder zitieren wir aus dem genannten Buch
HANAN etwas ausführlicher einige, wie ich meine, sehr
aufschlussreiche Passagen. Denn H. J. Nagel schreibt
zur vergleichbaren Problematik in der Araberszene unter anderem: „Die arabische Pferderasse kann auf eine
lange und reiche Tradition zurückblicken. Sie ist die einzige Rasse dieser Welt, der eine weit in die Vergangenheit zurückreichende Geschichte zugeschrieben wird,
wie etwa einem Land, einer Stadt oder Familie. Da diese
Geschichte im Orient, oder wie der Name sagt, in Arabien beginnt, entspricht sie in ihrer Art, wie sie festgehalten und überliefert wurde, vielen anderen historischen
Ereignissen dieses Gebiets, an deren grundsätzlichem
Wahrheitsgehalt zwar nicht gezweifelt wird, wenn es
jedoch um die Festlegung von Einzelheiten geht, die
Meinungen darüber oft sehr voneinander abweichen.
Mündliche Überlieferung, übersprudelnde Phantasie,
verspätete und sich widersprechende Aufzeichnungen
und zusätzlich die große Mobilität der dortigen Bevölkerung machen es schwer, den Spreu vom Weizen zu
trennen.“ …..
„Das sogenannte Pedigree, die Auflistung der Ahnen,
eingebettet in Geschichten, Erzählungen oder kritische
Betrachtungen, soweit wie möglich zurückverfolgt, ist
das eine, die Beschreibung der heute lebenden Pferde,
ihre Fähigkeit und Verwendung das andere. Fraglos ist
das Erste zur Schreibtischarbeit geworden. Wenn sie
korrekt gemacht ist, kann sie die zuverlässige Basis für
das Studium anderer bilden oder findet eine befriedigende Bestätigung in sich selbst. Das zweite, die Darstellung und das tatsächliche Erscheinungsbild des
Pferdes, sollte das lebendige Spiegelbild dieser zuverlässigen Feststellung sein. Doch diese Rechnung geht in
vielen Fällen nur unzureichend auf, und häufig ist die
Diskrepanz enorm. Zum einen will ein als gut erachtetes
Pedigree überhaupt nicht zu dem recht unarabisch aussehenden Pferde passen, zum anderen präsentiert sich
hier ein Pferd vom Typ und Adel, doch seine Geschichte
ist lückenhaft und kurz. Es ist schon Glück, ein gutes
arabisches Pferd zu finden, das gleichzeitig in seiner
Abstammung durch ein makelloses, allgemein akzeptables und weit in die Geschichte zurückreichendes Pedigree abgesichert ist.“ …..
„Die statische Betrachtung einer Zucht hat heutzutage
ausgedient, ist überholt und ein leeres Gerüst längst
veralteten Wissens. Die Einführung neuer dynamischer
Betrachtungsweisen auf Überlebensprozesse und Formenbildung damals und heute hilft Erklärungslücken
zu schließen. Altes und Unbrauchbares abzuwerfen und
wegzuräumen, ist eine Notwendigkeit; aktuelles Wissen
in die historische und gegenwärtige Bewertung einer
2013 Noticiero
45
großen und berühmten Rasse in ihrer Mannigfaltigkeit
einzubringen, eine weitere.“ …....
„Nicht jedes arabische Pferd, das aus dem Orient eingeführt wurde, hat den Test in der neuen Heimat bestanden. Doch allein die Tatsache, ein Orientimport zu sein,
gab ihm den Wert eines Exoten. In Wirklichkeit war das
Pferd oft nicht mehr als das. Unter den kenntnisreichen
Verhältnissen auf Staatsgütern und unter Beachtung
strenger Zuchtziele sind solche „Blindgänger“ ausgeschieden und sehr schnell verschwunden. Doch woanders, besonders wenn es sich um geschenkte Pferde
handelte, blieben viele in der Zucht und ließen jeglichen
realen Wert zur Zuchteignung vermissen. Wozu ein Orientale, wenn er nicht wenigstens in einer Eigenschaft
brillierte: Entweder Typ und Adel oder Härte und Leistung. Ein Durchschnittsaraber ohne das eine oder das
andere, war selbst im Orient nicht gefragt.“ …...
„Bis in die Anfänge des 19. Jahrhunderts ordnete man
das arabische Pferd überwiegend nach Regionen. Man
sprach, wie schon erwähnt, von Nejd-Arabern, syrischen Arabern, irakischen Arabern usw. Man teilte diese
Pferde denjenigen Räumen zu, in denen sie lebten. Nur
was die Nejd-Araber betraf, war der Ausdruck Koheilan
schon immer gleichbedeutend mit den dort gehaltenen
Pferden. Koheilan stand für den Araber, der den südlichen Nomadenstämmen zuzuordnen war. Koheilan bedeutete für den arabischen Sprachraum soviel wie das
typische arabische Pferd.“ …..
Paso Peruano, Concurso National, Peru/Lima
46
Noticiero 2013
„Die Stammeszugehörigkeit, so dachte man, war wenigstens ein Anhaltspunkt, wenn auch nur ein schwacher. Namen wie Obeyan, Dahman, Saklawi und Hadban erschienen zunächst in der Umgangssprache unter
Fachleuten, später in der Literatur. Schließlich wurden
arabische Pferde entsprechend diesen Stammesnamen
systematisch aufgelistet und geordnet. Besonders Europäern, also Orientfremden, gefiel dieser ungewohnte exotische Brauch. Bei den Beduinen und in Arabien
damals und heute bedeutete ein Name wie Saklawi die
Tatsache, dass eine zu diesem Stamm gehörende Stute
in ihrer weiblichen Abstammung fest zu diesem Stamm
zählte und ihren Fohlen diesen Stammesnamen weitergeben würde. Auf den benutzten Hengst und den Vater dieser Nachkommen nahm man in der Benennung
keine Rücksicht. Nur selten ist allerdings ein Hinweis
zu finden, dass Stuten mit Hengsten gleichen Stammes
gepaart wurden. Das eine – die Stute – diente der Kontinuität, das andere – der Vater – der möglichen Verbes-
serung. Auf jeden Fall war diese Methode und der Bezug
auf den Mutterstamm ein höchst einfaches und praktisches Mittel, die Vergangenheit und die Gegenwart im
Griff zu halten.“ …..
„Wie solche Stämme anfänglich zu ihren Namen kamen, ist unbekannt. Dass der Ursprung der wichtigsten
Stämme die fünf Stuten des Propheten – die „Al Khamsa“
mit den jeweiligen Stammesnamen, seien, ist ohne Frage nur eine aus frommem, ehrerbietigem Glauben erdachte Geschichte. Stammesnamen enthalten eine beschreibende Bedeutung, wie Hadban, das Pferd mit der
seidenen langen Mähne oder Augenwimpern, Koheilan,
das mit der schwarzen Haut, Obeyan, dasjenige, das in
der Bewegung den Schweif hoch trägt, Dahman, das
mit dem grauen Fell und Muniqi, das mit dem langen
Hals und viele andere mehr. Allerdings war, wie gesagt,
die Zugehörigkeit eines arabischen Pferdes zu einem
bestimmten Stutenstamm nur ein denkbar schwacher
Hinweis für spätere züchterische Qualität. Eine Saklawi-Stute, die man in Bahrain erworben hatte oder eine,
die in Mosul, im Norden Iraks, zu Hause war oder eine
weitere, die man auf dem Pferdebasar in Aleppo fand,
hatten mit größter Wahrscheinlichkeit keine Gemeinsamkeiten.“ …..
„Denn unübersehbar war und ist gerade diese einzigartige Art und Weise der Namensgebung: eine SaklawiStute konnte einen Hadban-Hengst zum Vater haben
und ein Saklawi-Hengst, seine Mutter war eine Saklawi,
einen Koheilan-Vater. Beide, Hengst und Stute, blieben
gleichwohl Saklawi und ebenfalls ein Fohlen dieser beiden. Nach Raswan gälte ein solches Fohlen als „Saklawi, rein im Stamme“; jedoch in der Realität sind es nur
höchstens 50%, die andere Hälfte fehlt. Für Hengste gibt
es nun einmal kein „Register“ in Arabien.“ …..
„So mag sich denn auch mit Recht mancher vernünftige
Mensch dazu gedrängt fühlen, Araberenthusiasten zu
empfehlen, einfache, normale und natürliche Vorgänge
nicht als etwas ganz Besonderes auszusondern und für
gewisse Tatbestände über eine angemessene Wortwahl
nachzudenken, als zum Beispiel die Begriffe „Reinheit
und rein“ immer wieder zu strapazieren und allzu großzügig und täuschend zu verwenden.“ …..
„Pferde im Koheilan-Typ sind tiefer und kräftiger, die
im Saklawi-Typ feiner und hochstehender. Pferde zu
60% im Koheilan und 40% im Saklawi-Typ zum Beispiel
eine Mischung. Jeder Fachmann weiß ziemlich genau,
2013 Noticiero
47
was hier gemeint ist. Diese qualitativen Standards haben, nicht die geeringste Beziehung zu den Stammesbezeichnugen á la Arabien, unter denen viele Pferde
heute in Stutbüchern verzeichnet und die als Nachweis
für Stammeszugehörigkeit in den Pedigrees aufgeführt
sind. Historisch sind Stammesnamen ein Überbleibsel
eines schlichten Brauchtums, Pferde in ihrer Vergangenheit zu verhaften und sie durch weitere Zusätze für
Eigentümer und Fremde kenntlich zu machen. Wem
es Freude macht, mag gerne seine Stammestafeln mit
solchen Namen schmücken. Doch andere und er selber
sollten wissen, was er damit tut.“ …..
„Eine Typenordnung jedoch, biologisch begründbar, äußerlich erkennbar oder bewusst entsprechend entwickelt, wie es die arabischen Namen der Stutenstämme
vermuten lassen und in die man versucht hat, eine solche Bedeutung „hineinzudichten“, gibt es nicht.“ …..
Das Pedigree ist die Ahnentafel,
der Abstammungsnachweis
eines Pferdes
„Zwei Themen beschäftigen, teils hilfreich, teils belastend, die Zucht arabischer Pferde: Die Wichtigkeit des
Pedigrees und das Problem der Reinheit des Blutes respektive der Rasse. Diese beiden Themen stehen in einem engen ursächlichen Zusammenhang. Das Pedigree
ist die Ahnentafel, der Abstammungsnachweis eines
Pferdes. Jedes Lebewesen, das aus einer väterlichen
und mütterlichen Verbindung stammt, hat eine solche
Vorgeschichte. Gerade wenn es um arabische Pferde
geht, bevorzugen viele einen weit in der Vergangenheit
zurückliegenden Anfang. Geschichten dieser Art beginnen im Orient meistens mit viel Farbe und mit Phantasie. Auch die Geschichte des Arabers beginnt früh. Wie
viele Versionen es davon auch geben mag, sie alle atmen
die gleiche wunderbare Simplizität: Seien die Pferde
aus dem Wüstenstaub geboren oder dem Propheten aus
der Wildnis zugelaufen und viele mehr. Dahinter steht
wahrscheinlich überwiegend die Idee, hier sei etwas
besonderes passiert, das diesem Tier eine elitäre Einmaligkeit verliehen und es deshalb über das sonstige
Pferdevolk hinaus erhoben habe. Am Anfang einer jeden
Zucht oder neuen Rasse steht die Auswahl bestimmter einander ähnlicher Tiere, die zu einer Gruppe oder
Herde zusammengefasst und entsprechend gewollten
Wunschvorstellungen in einer zunächst von der Natur
48
Noticiero 2013
gesetzten Umwelt vermehrt und auch selektiert wurden. Das gilt bis heute für alle Rassen, auch für das arabische Pferd. Sie sind alle Menschenwerk und biogenetisches Resultat zugleich. Eine große Erstgeburt einer
Rasse hat sicherlich nicht stattgefunden.“ …..
„Die Ahnenreihe soll nur „reine Araber“ ausweisen. Keinerlei Anteile fremder Rassen sind erlaubt. Diese Bedingung scheint zwar schwer erfüllbar, früher besonders
in Anbetracht des Schreibens und Lesens unkundiger
nomadisch strukturierter Gesellschaften und späterhin
aufgrund mangelhafter und unvollständiger Aufzeichnungen außerhalb Arabiens. Wer täuschen wollte, hatte dazu reichlich freien Raum. Absichtlich geschickter
Betrug fiel sicherlich nicht auf und wenn sich dadurch
Vorteile einholen ließen und das Gewissen weit genug
war, wird er geschehen sein.“ …..
„Ist es nicht das Pferd als Kreatur und die Qualität seiner Nachkommen, die hier helfen könnten, die Zweifel
des Anfangs zumindest auf ein akzeptables Maß zurückzuführen? Das erscheint solider und natürlicher,
als das Ausweichen auf Vertrauen und die unterstellte
Redlichkeit jener Menschen, die nur eine einzige flüchtige Begegnung zu einem einmaligen Geschäftspartner
gemacht hat. Keine Züchtergruppe, nicht die Anhänger
des „Blue Catalogues“ in den USA und die „Asilen“ in
aller Welt, können für sich die unbedingte Sicheheit des
Ursprungs in Anspruch nehmen.“ …..
„Es gibt nun einmal kein einziges arabisches Pferd, das
historisch nachweisbar aus einer Reinzucht stammt. So
mag die eine Meinung lauten, denn Reinzucht in Arabien gab es nicht. Es mangelte an einer züchterischen
Definition, die diesen Tatbestand abdeckt respektive
einem glaubhaften, sicheren historischen Nachweises.
Reinzucht verlangt einen bestimmten Grad an Homogenität. Nirgendwo ist er gegeben. Dieser wichtige Tatbestand, der den Begriff „Reinzucht“ rechtfertigt, ist einfach nicht erfüllt.“ …..
„Pferde kamen aus diesem arabischen Großraum in der
Zeit von 1800 – ca. 1950 in die Zuchten der Welt. Sie kamen aus den südlichen Regionen um Riad im heutigen
Saudi-Arabien, bis weithin aus dem Norden, aus dem
Gebiet um Mosul, an der kurdischen Grenze. Alle mit
dem Attribut:“ Das sind die reinen Originale“. Handel
war das Metier, in dem der Orientale von alters her
am besten brillierte. Es wäre naiv anzunehmen, dass
die Pferdehändler von damals übersehen hätten, wel-
ches die Wünsche ihrer Kundschaft waren. Sie waren
erfahren und wussten sicherlich sehr bald, auf welchen
Pferdetyp die Käufer setzten. Die verkauften Pferde verschwanden, störten und zerstörten nichts. Wozu da Vorsicht und die Chance ausschlagen, die sich ihnen bot?
Im Gegenteil, alles wurde versucht, die geforderte Leistung zu erbringen, auch in Wort und Schrift. So hielten
denn die Beduinen Kontakt zu Händlern, die des Lesens
und des Schreibens kundig waren, um die Wünsche der
fremden Käufer so gut wie möglich zu erfüllen. Der Ankaufsakt verlief doch sicherlich in der Form, dass der
Fremde wählte, was ihm gefiel und was ihm von zu Hause aufgetragen war. Es entsprach seiner Vorstellung,
seinem Zweck. Wenn er es dann auch bekommen konnte
und es verkäuflich war, waren die Papiere schließlich
nur das Ende des Geschäftes. Sie beschrieben die Quelle
und im Prinzip war das genug.“ …..
„Gutgläubige und dem Orient Wohlgesonnene geben sich
erdenkliche Mühe, den sogenannten Reinheitsgedanken
in der Araberzucht, insbesondere bei einigen besonders
ausgewählten Pferden, als etwas Exklusives wach zu
halten und zu begründen. Die einen glauben, dass der
Anfang ohne Makel war, sie vertrauen dem geschriebenen Wort, den Schwüren der damaligen Scheichs und
den Zusicherungen der Händler. Sie vergessen, dass die
Abgeschlossenheit nach außen eine der wichtigsten Wesenszüge arabischer Sozialordnung ist. Diese Tatsache
zu unterschätzen, kann nur als schwerer Fehler oder unverzeihliche Unkenntnis gewertet werden. Die anderen,
die etwas Vorsichtigeren und Skeptischen, bemühen genetisches Wissen. Nach solcher Formel wird das „fremde
Blut“, wenn es denn doch vorhanden war, im Laufe der
Zeit verdrängt und nach den berühmten 13 Generationen ist ein Reinheitsgrad von 99,9% erreicht, der Rest
bleibt schließlich ohne Einfluss. Das erste, die Gutgläubigkeit, bleibt Glaubenssache, das zweite, die Mathematik, ist höchstwahrscheinlich falsch. Für eine Zucht mit
derartig wenigen Einzelindividuen trifft dieser Denkansatz nicht zu, sondern nur auf den Durchschnitt einer
sehr viel größeren Population, wenn sie denn bewusst in
eine solche Richtung gezüchtet wird.“ …..
„Wie man es auch dreht und wendet, weder sachlich
noch historisch ist die Theorie des reinen Blutes begründbar, noch haltbar. Sie ist der falsche Ansatz und
wird auch dann nicht realistischer, wenn man sie noch
so eifrig und fanatisch propagiert. Je schneller und tiefer sie begraben, um so weiter und freier wird der Raum
für aktuelle Sachlichkeit.“ …..
„Sachliche Begriffe, die für jedermann verständlich und
erkennbar sind, sind das eine, die Feststellung historischer Tatsachen in einer Form, wie es sich für ein solches lebendes, naturwissenschaftliches Thema geziemt,
ist das andere, das dieser Problematik guttun würde.
Dafür gibt es genügende gedankliche und sachlich-attraktive Ansätze:
Die ursprünglichen arabischen Pferde, mit rassetypischen Merkmalen ausgestattet, entstammen mit größter Wahrscheinlichkeit relativ fest abgeschlossenen
Zuchtbeständen. In einer solchen Abgeschlossenheit
konnten sich rassetypische Merkmale entwickeln, wurden erhalten und genetisch gefestigt. Umwelteinflüsse
und menschliche Präferenzen haben an dieser Typenund Formenbildung mitgewirkt. Es gibt viele Hinweise
aus historischer Sicht, dass es einen kleineren, trockeneren südlichen Typ gegeben hat, den Nejd-Araber, im
Gebiet des heutigen Saudi-Arabien und einen größeren,
kräftigen, mehr leistungsfähigen nördlichen Araber – in
Syrien und Mesopotamien. Der südliche Teil der Rasse
war für längere Zeit und relativ sicherer abgeschlossen,
er war mehr umweltbezogen. Der nördliche Part dagegen wahrscheinlich weniger geprägt durch alle diese
obigen Umstände. Der Austausch von Zuchtmaterial erfolgte deutlich stark von Süd nach Nord, seltener umgekehrt. Ein sehr großer Teil der nördlichen Population
Jedes in ein von der WAHO
anerkanntes Stutbuch
eingetragenes Pferd trägt also
den Stempel des „purebred“
wurde durch südliche Einflüsse geprägt und teilweise
sind beide identisch. Jedes in ein von der WAHO anerkanntes Stutbuch eingetragenes Pferd trägt also den
Stempel des „purebred“. Diese seit 1972 gültige Definition ersetzt alle früheren, die besseren, die unvollständigen oder sogar fälschlichen, die aus historisch unbelegbaren oder sehr persönlich geprägten Anschauungen
entstanden sind. Wenn ein Araber die Formen eines typischen Rennpferdes zeigt, bleibt es trotzdem noch ein
Vollblutaraber, aber die an „Show Horses“ orientierten
Züchter werden ihn nur mit Mühe akzeptieren. Diejenigen, die Leistungsaraber bevorzugen, bringen vielleicht
wenig Verständnis für Bemühungen auf, eine klassischhistorische Zuchtrichtung zu verfolgen.“ …..
2013 Noticiero
49
LEONDE ANGRAND: Un Retorno de la Fiesta de Amancaes
Nach diesem Blick über den Zaun in arabische Gefilde,
sollte manch ein Aficionado nachdenklich werden und
etwas vorsichtiger mit den Begriffen „500jährige Reinzucht“ oder „reinrassig“ umgehen, denn problemlos
könnte man in den obigen Zitaten den Araber durch den
Paso ersetzen. Abschließend umreißen sicherlich „Zwölf
wichtige Argumente für echte Aficionados“ von KCO
(2003) ganz treffend den Bezug zu den Pasos und ihren
diesbezüglichen „Problemen“, die wir haben:
» Weil wir nicht wissen wollen, dass in Lateinamerika, der Heimat unserer Pasopferde, alle guten Tölter
Caballo con paso fino, kurz Paso Fino oder auch Marchador heißen.
» Weil wir für strenge Reinzucht sind, aber vergessen
haben, dass z.B. das Paso Fino Horse von Nordamerika
aus sechs verschiedenen „Rassen“ erkreuzt wurde und
wir auch sonst einiges Prinzipielles aus der Zuchtgeschichte verdrängt haben.
» Weil wir den Equino Criollo Colombiano für einen
Paso Fino halten und daher die Tiere aus der Kategorie
„Trote y Galope“ bei uns ebenfalls als Tölter einstufen,
(PFTG), obwohl sie für diese Gangart in ihrer Heimat
Kolumbiens disqualifiziert werden.
50
Noticiero 2013
Paso Peruano: LB Ca Pela | Gestüt San Luis, Pueribo / Equador
» Weil wir wissen, dass der bessere der Feind des guten
Paso ist und diesen Grundsatz sinnigerweise auf Rassetypen statt auf Individuen anwenden.
» Weil wir vergessen wollen, dass unsere Rasse hippologisch korrekt, und nach den Kriterien seines Weltverbandes (CONFEPASO), eigentlich Caballo Criollo de
Paso heißt, was wörtlich übersetzt „Südamerikanische
Tölter iberischer Herkunft“ bedeutet und dies im Englischen dann „Paso Fino Horse“ bzw. in Brasilien „Cavalos Marchadores“ genannt wird. Alle anderen Bezeichnungen beziehen sich auf lokale Rassesubtypen bzw.
sogenannte „Schläge“.
» Weil wir Toleranz für eine Einbahnstraße halten und
daher der Meinung sind, dass alle Pasos zwar gleich,
die Paso Finos oder Paso Peruanos aber noch gleicher
sind. (Frei nach George Orwell).
» Weil uns entfallen ist (oder wir es nie gewusst haben),
dass man die natürliche Evolution ebensowenig aufhalten kann, wie die züchterische Weiterentwicklung. Eine
Rasse, d.h. Gruppe von Tieren, hier Pasopferden, lässt
sich somit nicht statisch erhalten, sondern nur in gewünschten Sinne weiterzüchten, eben als Schaupferd
oder Arbeitspferd, ganz wie gewünscht.
» Weil man uns schon in frühester Jugend eingebleut
hat, dass wenn zwei das Gleiche tun, es noch lange nicht
das Gleiche ist: Quod licet Jovi ...... Das heißt, wenn die
Paso Fino Horse Association of NA z.B. Hengste der
Rass6e „Equino Criollo Colombiano“ einkreuzt, heißt
das VEREDELUNG, wenn aber die Asociación Costaricense de Criadores Vatertiere der Rasse „Cavalo Lusitano“ verwendet, heißt das nun BASTARDIERUNG, vulgo
mixen. Von der „Mixerei“ an den Grenzen des heutigen
Peru (früher zusammen als „Virreinato Peru“) und der
Entstehung des Paso Salteño bzw. Caballo Ecuatoriano
de Paso ganz zu schweigen.
» Weil uns niemand erklärt hat, dass der Gesetzgeber
(s. EG-Richtlinie bzw. Tierzuchtgesetz) den Cubano de
Paso einem Paso Fino Horse of NA oder den Florida Cracker einem Caballo Peruano de Paso völlig gleichstellt
und dass es hier keinerlei Sonderrechte für Erstgekommene gibt. Das gilt natürlich gleichermaßen für alle
übrigen mehr als dreißig reinen Pasorassen, oder sind
es doch nur zwölf verschieden geographische Schläge
einer Rasse? Auch das würde einer Gleichbehandlung
natürlich nicht im Wege stehen. Überflüssigerweise haben sie alle auch noch offene Stutbücher: REINZUCHT?
» Weil wir immer überlesen, dass echte REINZUCHT,
d.h. ohne Fremdgenbeteiligung, nur auf der Basis der
Klonierung möglich ist. Die Verteidigung der Reinzucht
hat also rein kommerzielle Gründe, da ihre biologische
Grundlage noch fehlt. Und wir übersehen weiterhin,
dass es weder Haustiere noch Pferderassen ohne Kreuzungen gäbe, weil nur durch Genaustausch Evolution
und Domestikation möglich sind.
» Weil wir glauben, dass Exklusivität Qualität erset-
zen und somit nur der wahre Fino ein guter Paso oder
nur der „reine Peruano“ echt sein kann. Es genügt also
völlig, die eigenen Ställe „sauber“ zu halten schon darf
man dann alle anderen für minderwertig erklären.
»
Weil wir davon überzeugt sind, dass die richtige
Rasse viel wichtiger als das richtige Pferd ist, denn eine
feine Rasse kann keine unfeinen Tiere erzeugen.
Aber wer will das alles überhaupt wissen und wozu soll
das wichtig sein? Es lebe Sankt Fetisch, der Schutzpatron aller Rassegläubigen! Also, haben oder hatten die
Pasos ein Problem?
„Hoffentlich wird es nicht so schlimm, wie es schon ist.“
Karl Valentin
2013 Noticiero
51
Fohlenjahrgang 2012: Paso Fino
Fohlenjahrgang 2012: Paso Peruano
Name
Geschl.
Geb. 2012 Farbe
Vater
Mutter
Züchter
Name
Geschl.
Geb. 2012 Farbe
Vater
Mutter
Züchter
Aida del Aliso
Stute
23.03
Rappe
Mr. Tailor H.v.H.
Arrogancia QC
Marion Lesswing (D)
Primera Belleza
Stute
29.04
Braun
Tornado CMG
Pitufina AG
MPA
Apiana de Pavoreal
Stute
07.06.
Braun
Hidalgo de Evangeline
Danesa Aparta del Gavilan
Yvonne Bowen (GB)
Negrito
Hengst
22.04
Rappe
Futuro de Oro FTP
Gloria MVM
M. van Meer - MvM
Aurora de los Lobos
Stute
14.04.
Braun
Ensueno de Classico
Sinergia de La Tierra
Meike Wolf (D)
Nuria
Stute
08.05
Braun
El Destino PVF
Fulgida MDS
M. van Meer - MvM
Bacano del Reflejo
Hengst
08.07.
Fuchs
El Bacan del Consuelo
Evita del Gavilan
Katrin Bedacht (D)
Naranjo
Hengst
22.04
Braun
El Destino PVF
Felicia MVM
M. van Meer - MvM
Calena del Retorno
Stute
10.04.
Braun
Mr. Tailor H.v.H.
La Cirueta de La Tierra
Richard Oré (D)
Jaguar
Hengst
11.07
Fuchs
Expression EML
Faldeño Juliana
Steiner, J. u. M.
Carmelita de la Mariposa
Stute
19.06.
Braun
Enero de la Suiza
Fajita del Gavilan
Michaela Fraefel-Chialina (CH)
Mojito
Hengst
18.07
Rappe
Moreno MK
Esencia RyR
IMV
Casanova del Emia
Hengst
08.06.
Falbe
Encantador del Emia
Tomaria‘s Excelencia
Claudia Metting (D)
Caballito Garanon
Hengst
12.05
Crem.
Gaseoso del Fantasma
Ferezza de Pasiones
MB
Cascabel del Retorno
Hengst
24.04.
Grullo
Mr. Tailor H.v.H.
Carlota la Perla
Richard Oré (D)
Quebrada
Stute
10.06
Braun
Mezcal Azul EF
Jocosidad HB
EF
Chulo de la Mariposa
Hengst
18.05.
Rappschimmel
Sincope de Veleta
Bonita de Molino
Michaela Fraefel-Chialina (CH)
Sophia
Stute
16.05
Schimmel
Barniz Negro AG
Serafina MP
MP
Dea del Cavador
Stute
06.06.
Fuchsschecke
Kapoho del Cardo
Diosa del Rio
Christine Griebel (D)
Tulio
Hengst
02.06
Braun
Talus RTP
Berenica MK
SCL
El Soldado de Pavoreal
Hengst
14.04.
Buckskin
Destello IA
Isabel del Cielo
Yvonne Bowen (GB)
Zingara
Stute
21.06
Braun
Zingaro GG
Vainilla DS
RO
Empezario de los Lobos
Hengst
12.04.
Fuchsschecke
Kapoho del Cardo
Esperanza del Emia
Meike Wolf (D)
Quiron
Hengst
14.05
Braun
EL Destino PVF
Magnolia RBV
EF
Flicka Vivendo el Sueno
Stute
23.05.
Dunkelbraun
Destello IA
Estrella del Gavilan
Dr. A. Burnfield & S. Johns (GB)
Pinta
Stute
08.06
Braun
Bailarin MP
Pavana AG
Ariane Glaess - AG
Fortaleza del Retorno
Stute
31.03.
Fuchs
Helicon del Gavilan
La Fiera del Aliso
Richard Oré (D)
Vino
Hengst
22.04
Braun
Bailarin MP
La Vanessa
Ariane Glaess - AG
Immaculada del Sastre
Stute
09.05.
Braun
Negresco
La Paloma del Caron
Conni Schneider (D)
Leon
Hengst
04.01
Crem.
Sol de Plata
Playa AG
CM
Impacto Dos del Sastre
Hengst
24.04.
Rappschimmel
Destello IA
Angelita de Pavoreal
Conni Schneider (D)
Olivia Flechaza
Stute
14.05
Braun
Futuro de Oro FTP
Perla Azul RBV
M. van Meer - MvM
Maestra de la Suiza
Stute
09.04.
Braun
Beech Tree Maestro
Talkita del Mistico
Swiss Paso Fino Farm (CH)
Talisma Flechazo
Hengst
10.03
Braun
Talus RTP
Patricia KSS
E.K.
Magin de la Suiza
Hengst
04.06.
Braun
Enero de la Suiza
Francesca de la Suiza
Swiss Paso Fino Farm (CH)
Nikita
Stute
27.05.
Braun
Juego GK
Bonita SCH
U. Schmidt
Manifiesto de la Suiza
Hengst
04.06.
Mausfalbe
Enero de la Suiza
Capistrana
Swiss Paso Fino Farm (CH)
GESAMT: 18 PP Fohlen davon 10 Hengste und 8 Stuten
Manuelita de Pavoreal
Stute
31.05.
Fuchs
Hidalgo de Evangeline
Magnolia de Poker
Yvonne Bowen (GB)
Manuelito de la Suiza
Stute
07.04.
Braun
Enero de la Suiza
Fernanda de la Suiza
Swiss Paso Fino Farm (CH)
HINWEIS: Weitere PP Fohlen bei PPE (paso-peruano.de) bzw. PF Fohlen bei PFAE (pfae.de)
Aktualisierungen bitte unserer Homepage entnehmen.
Mariposa de la Suiza
Stute
23.06.
Braun
Enero de la Suiza
Finura de la Suiza
Swiss Paso Fino Farm (CH)
Menina de la Suiza
Stute
09.06.
Braunschecke
Beech Tree Maestro
La Mancha de Veleta
Swiss Paso Fino Farm (CH)
Milagro de la Suiza
Hengst
17.06.
Fuchsschecke
Sincope de Veleta
Galaxia de la Suiza
Swiss Paso Fino Farm (CH)
Mira bién de la Suiza
Stute
14.06.
Braun
Sjincope de Veleta
Gimena de la Suiza
Swiss Paso Fino Farm (CH)
Jerezana del Retorno
Stute
10.04.
Fuchs
Mr. Tailor H.v.H.
Julia Real
Richard Oré (D)
NN
Hengst
2012
Braun
El Aji del Juncal
Paulina de Veleta
Swiss Paso Fino Farm (CH)
Orquidea de Pavoreal
Stute
12.04.
Rappe
Destello IA
Mandolina de Evangeline
Yvonne Bowen (GB)
Ulyssa del Gavilan
Stute
17.06.
Falbe
Ensueno de Classico
Policarpa Salavarieta
Doris Sperber (D)
Unico del Gavilan
Hengst
18.05.
Braunschecke
Kapoho del Cardo
Shaherazade de La Tierra
Doris Sperber (D)
Universo del Gavilan
Hengst
01.07.
Braunfalbe
Romeo del Cardo
Limoges del Cardo
Doris Sperber (D)
Fohlenjahrgang 2011: Caballo de Paso und Paso Iberoamericano
Name
Geschl.
Geb. 2010 Farbe
Vater
Mutter
Züchter
Marima / CP
Stute
11.04.
Braun
Fulmine (CP)
Mystica (CP)
A. Jänisch
Lucero de la Fuente / PI
Hengst
01.06.
Braun
Napoli MLM (PP)
Bonita de la Rocca (PI)
H.+P. Schöner
GESAMT: 31 PF Fohlen davon 14 Hengste und 17 Stuten
HINWEIS: Aktualisierungen bitte unserer Homepage entnehmen.
Fohlenjahrgang 2010: Caballo de Paso und Paso Iberoamericano
Fohlenjahrgang 2012: Caballo de Paso und Paso Iberoamericano
Name / Rasse
Geschl.
Geb. 2010 Farbe
Vater
Mutter
Züchter
Name
Geschl.
Geb. 2012 Farbe
Vater
Mutter
Züchter
Capirota MH / CP
Stute
02.08
Schecke
Nevado ACR
Capuchina MH
M. Heimler
Farume KCO / CP
Hengst
08.04.
Braun
Fulmine (CP)
Baraca KCO (CP)
KCO & NVG Oberadlhof
Cevada NvG / PI
Stute
08.06
Schimmel
Nevado ACR (PP)
Cerinera NvG
NvG
Osita SCH / CP
Stute
09.06.
Schecke
Kapoho del Cardo (PF)
Gina SCH (PP)
U. Schmidt, Diessen
Corado KCO / PI
Hengst
23.05
Schimmel
Nevado ACR (PP)
Corazon
KCO
Juan Rudolfo de la Fuente / PI Hengst
24.06.
Schimmel
Heroi (LUS)
Adorada la Roca (PF)
H.+P. Schöner Quellberghof
N.N. / PI
Hengst
06.06.
Braun
Bandreao KCO (PF)
Mariposa
Deissner, Berg
Braxena MMAH / PI
30.04.
Schimmel
He-Xeno (LUS)
Braveza NVG (PP)
M. Heimler Lammerthal
Bailador / PI
Hengst
Schimmel
Shadow Dancer (PF)
Bonita de la Rocca
H.+P. Schöner
Stute
Anmerkung: CR = Criollo de Paso; PI = Paso Iberoamericano;
52
Noticiero 2013
2013 Noticiero
53
LEONDE ANGRAND: Un Retorno de la Fiesta de Amancaes
54
Noticiero 2013
Hinweis: Die Fiesta de San Juan en Amanchaes war vor der Zeit des A.N.C.P.C.P.P. die Zentrale Pferdeshow / Vorläufer des Concurso National für Lima (24. Juni jedes Jahr)
2013 Noticiero
55
W
eimar (GWP/fn-ress). Der GWP-Förderpreis 2012 ist im Rahmen der FNTagungen in Weimar verliehen worden.
Die Gesellschaft zur Förderung der
Wissenschaft um das Pferd (GWP) hat es sich zur Aufgabe gemacht, die Forschung um das Pferd zu fördern und
den Wissenstransfer von der Wissenschaft in die Praxis zu unterstützen. Geehrt wurden in Weimar die drei
besten Dissertationen, Master- und Bachelorarbeiten,
wobei die drei Gewinner der verschiedenen Kategorien die Ergebnisse ihrer Arbeiten auch kurz vorstellten.
„Wir freuen uns, ein Vermittler zwischen Wissenschaft
und Praxis zu sein und ein Mittel dazu ist die Vergabe
des Förderpreises“, erklärte der Vorsitzende der GWP,
Dr. Hanfried Haring (Warendorf).
Der erste Preis für die beste Dissertation, der mit 750,Euro dotiert ist, ging an Kati Schöpke von der Universität Halle-Wittenberg. Thema ihrer Arbeit ist „Entwicklung einer Zuchtwertschätzung für das deutsche
Sportpferd“. Auf Platz zwei kam Felix Garlipp von der
Universität Göttingen. Er schrieb seine Dissertation
zum Thema „Evaluierung verschiedener prozesstechnischer Handlungsoptionen zur Reduktion luftgetragener Partikel beim Einsatz von Einstreumaterialien
und der Vorlage von Rau- und Kraftfuttermitteln in
der Pferdehaltung“. Geehrt für die drittbeste Dissertation wurde Carina Nadja Krumbiegel, die an der
Universität München eine Arbeit aus dem Bereich Fütterung erstellte. Das Thema hieß: „Studie zum Protein- und Aminosäurenbedarf bei Warmblutfohlen“. Die
Untersuchungen dafür wurden im Haupt- und Landgestüt Marbach durchgeführt.
56
Noticiero 2013
Für die beste Bachelorarbeit ging der erste Preis an
Katrin Sophie Edelmann aus Rostock. Sie machte eine
„Feldstudie zum Energiebedarf zur Energieaufnahme
von Warmbluthengsten im Jugendtraining“. Dabei
arbeitete sie eng mit dem Landgestüt Redefin zusammen. Platz zwei ging an Luisa von Allwörden von der
Universität Göttingen. Sie stellte in ihrer Bachelorarbeit die Frage: „Die traditionelle Pferdezucht auf landwirtschaftlichen Familienbetrieben in Niedersachsen
– ein Auslaufmodell?“ Der dritte Platz kam aus dem
Bereich Fütterung und wurde von Stephanie Witten
aus Rostock geschrieben. Das Thema hieß „Untersuchungen zum Aminosäurenmuster in der Proteinfraktion der Milch von Stuten in einer mittleren, späten
und sehr späten Laktationsperiode“.
Die Preisträger erhielten neben der Ehrung Geld- und
Sachpreise. Derby Spezialfutter sowie die R+V Versicherungen unterstützen den GWP – Förderpreis finanziell, die Deutsche Reiterliche Vereinigung (FN) und
der FNverlag mit Gutscheinen zum Besuch der DKBBundeschampionate und Buchpräsenten für die Preisträger.
Anmerkung:
Die GWP und die GFP fusionieren zu einem bundesweiten Verein zur Unterstützung der Wissenschaft um
das Pferd.
Näheres finden sie unter:
www.forschung-pferd.de und www.pferd-forschung.de
Paso Fino Hengst Amadeus | Gestüt: Criadero Agualinda, Medellin / Kolumbien
GWP –
Förderpreise
2012
In der zweiten Kategorie der Master- beziehungsweise
Diplomarbeiten gewann Aline Gülden. Sie untersuchte
in ihrer Arbeit, die sie an der Universität Göttingen
schrieb, das Verhalten von Pferden in Gruppenhaltung
an Kraftfutterstationen. Dabei ging es um das Fütterungsmanagement und den Einfluss von Austreibhilfen auf das Verhalten der Pferde. Untersucht wurde,
warum es an Fütterungsstationen zu lagen Warteund Parkzeiten der Pferde kommt. Platz zwei ging an
Lisa Hoppe von der Hochschule Osnabrück. Sie schrieb
eine Arbeit zum Thema „Bodenaufbau und Pflege von
Longierhallen“. Für den dritten Platz und ihre Masterarbeit zum Thema Reitpferdesättel wurde Jana Göing
geehrt. Sie studiert an der Universität Göttingen und
ihr Thema lautete „Vergleichende Analyse der Passform von Reitpferdesätteln anhand eines thermographischen und eines konventionellen Verfahrens“.
2013 Noticiero
57
Der American
Paso Fino
Text: George J. LaHood und Rosalie MacWilliam
s wird noch Jahre dauern bis es eine exakte
Beschreibung des American Paso Fino geben
wird. Man müsste ausgedehnte Reisen nach
Mittel- und Südamerika, Europa und Nordafrika unternehmen, um die nötigen Informationen über
die Vorfahren dieser Pferde einzuholen und unzählige
zukünftige Generationen müssten kritisch beobachtet
werden, um die Zukunft dieser Rasse voraussagen zu
können. Im Augenblick gibt es nur sehr wenig umfassendes und objektives Material über den Paso Fino in
Englisch, das einem in dieser Richtung weiterhelfen
könnte.
Eine andere Tradition der Pferdezüchter in den lateinamerikanischen Ländern war, dass Männer einen
Hengst reiten sollten; dies spielte für die Zucht eine
nicht unbedeutende Rolle, da viele weniger gute Hengste, die besser kastriert worden wären, doch noch in der
Zucht zum Einsatz kamen. Darüber hinaus wurde jede
Stute mit dem derzeit besten Show-Hengst angepaart,
ungeachtet der Schwächen und Mängel beider Tiere.
Diese Umstände führten zu Nachkommen, die teilweise
nicht gerade eine Verbesserung der Zucht darstellten.
Allerdings muss man den Züchtern zu Gute halten, dass
sich der natürliche Tölt immer mehr herauskristallisierte, da dieses Kriterium das Einzige war, worauf die
Züchter immer Wert legten. Die Betonung dieser natürlichen Gangart führte nicht nur zu einigen Merkmalen
im Exterieur, sondern auch zu der heutigen Vielfalt an
Farben und Paso Pferde Typen.
Wir haben versucht die Entwicklung des American Paso
Fino in Nordamerika und von seiner ursprünglichen
Heimat, Puerto Rico und Kolumbien, Kuba, der Dominikanischen Republik und Peru (die letzten drei Länder
hatten allerdings geringeren Einfluss) her aufzuzeigen.
Kategorische Aussagen über Reinzucht und genealogische Abstammung sowie eine Bewertung bestimmter
Linien wurden absichtlich unterlassen. Unserer Erfahrung nach entspringen die meisten Behauptungen über
die herausragenden Qualitäten bestimmter Zuchten
einem natürlichen und deshalb verständlichen Nationalstolz und der Liebe zu den heimischen Rassen. Viele Trainingsmethoden ebenso wie die Ausrüstung sind
traditionsgeprägt und somit länderspezifisch.
Wir möchten die Gemeinsamkeiten aller Paso Fino Typen herausstellen und keinesfalls den Drahtseilakt wagen, den einen über den anderen zu stellen, denn wir
sind der Meinung, dass durch eine selektive Zuchtauswahl die besten Eigenschaften aller Paso Fino Typen gemäß amerikanischer Tradition vereint werden können,
um den absolut besten Paso Fino hervorzubringen - den
American Paso Fino.
Momentan ist es sehr verwirrend den Überblick zu behalten bei all den verschiedenen Rasse-Bezeichnungen
- Paso Fino, Paso Peruano, Paso Colombiano - und der
Vielzahl an spanischen Begriffen für die Tempi und die
Variationen des natürlichen Tölts. Wir möchten uns hier
auf die beim American Paso Fino erwünschten Gangar-
E
58
Die genaue Abstammung der meisten Pferde in vielen
lateinamerikanischen Ländern ist nicht nachweisbar.
Dadurch, dass man viel mehr Wert auf die Hengste legte, bekam man bei einem Besuch dieser Länder sehr
schnell den Eindruck als ob die Fohlen gar keine Mütter hätten. Auf die Frage nach den Eltern eines Pferdes,
wurde einem immer mit großem Stolz der Name des
Hengstes genannt und alle seine Vorzüge in vielen Einzelheiten beschrieben. Die Frage nach der Stute aber
wurde nur mit einem Achselzucken beantwortet. Viele
die Stuten trugen gar keine Namen sondern nur eine
Nummer. Manchmal jedoch hatte man auch Glück und
der Besitzer wusste welcher Hengst der Vater der Stute
war. Unserer Meinung nach ist die Stute mindestens genauso wichtig wie der Hengst, wenn nicht sogar wichtiger, um ein qualitativ sehr gutes Fohlen mit natürlichem Tölt zu züchten.
Noticiero 2013
2013 Noticiero
59
Die Herauskristallisierung des Paso Pferdes begann in
Nordafrika mit den Berbern. Diese wurden dann in Spanien durch den Andalusier verbessert und in die Neue
Welt als sog. Spanische Genetten importiert.
Diese edle Rasse wird von vielen Autoren in den unterschiedlichsten Ländern (von Irland über Italien bis
Kanada und den südwestlichen Staaten der USA) mit
großem Respekt erwähnt; momentan wird sie als „ausgestorbene Rasse" bezeichnet. Wir behaupten das Gegenteil - die Spanische Genette existiert noch und ist
unter anderem als American Paso Fino bekannt.
Paso Fino Hengst | Caracas,Veneuela
ten und Tempi beschränken: paso fino, paso corto und
paso largo. Außerdem möchten wir den Namen unsere
Rasse keinesfalls kompromittieren, denn in allen Herkunftsländern wird der Begriff fino nur für die wirklich besten Tiere verwendet: Das Wort paso dagegen
bezeichnet nur die Gangveranlagung, aber sagt nichts
über die Qualität aus.
Deswegen trägt unser Artikel die Überschrift Der American Paso Fino. Wir möchten damit keine Rasse oder
Gegend zurücksetzen, denn der Begriff American bezieht sich nicht nur auf den nördlichen Teil, sondern auf
die zwei großen Kontinente der westlichen Hemisphäre.
Die eigentliche Herkunft einer Rasse verliert sich oft
im Nebel der Zeit und im Schleier der Sagen und Legenden. Wenn man die Wurzeln einer modernen Pferderasse finden will, muss man den gewundenen Pfaden
der Vergangenheit in vielen, weit verstreuten Teilen der
Erde folgen. In jedem der westlichen Länder, in denen
sich der Paso Fino, unter welchem Namen auch immer
entwickelte, glaubt man zunächst, dass der Herrgott
den Boden berührte und daraus der Paso Fino in seiner
ganzen heutigen Herrlichkeit entsprang. Zuerst ist man
wirklich versucht dies zu glauben, besonders wenn man
60
Noticiero 2013
aus den USA kommt, wo es, zumindest unserem Wissen
nach, keine natürlich töltende Rasse gab.
Der Anblick von südamerikanischen Arbeitspferden auf
der Straße, die einen so exzellenten TöIt zeigten wie er
„eigentlich“ nur von gut trainierten Showpferden erwartet wird, war sehr erstaunlich und beeindruckend.
Diese Pferde waren meist unbeschlagen und die Stuten
hatten oft ein Fohlen bei Fuß, das ebenso grazil und
natürlich töltete. Nach kurzer Zeit siegen Vernunft und
Neugier, man beginnt mit der Suche nach dem Ursprung
dieser interessanten Pferde.
Einheimische schickten einen oft auf die falsche Fährte,
wenn man sie nach den Vorfahren ihrer Pferde fragte
und behaupteten, dass arabische Pferde die Rasse geprägt hätten. Abgesehen von der Größe und der Eleganz
der beiden Rassen, gibt es aber keine Gemeinsamkeiten. Nachforschungen haben ergeben, dass der Araber,
der Berber und die Libyschen Rassen gemeinsame Vorfahren hatten. Libysche Rassen und Berberschläge beeinflussten die Spanische Genette, aber nur durch diese gemeinsamen Ur-Vorfahren gibt es eine Verbindung
zwischen dem Araber und der Spanischen Genette, somit auch mit dem Paso Fino.
Das Stockmaß einiger Paso-Schläge wurde über die
Jahrhunderte durch das Leben in den Tropen beeinträchtigt, in denen Parasiten die Stärke und Vitalität
aus Mensch und Tier saugen. Unterschiedliche Typen
entstanden auch bedingt durch die Anforderungen anderer Kulturen, aber die Rasse an sich blieb bestehen.
Die Puerto Ricaner wollten ein schickes Showpferd, die
Kolumbianer bevorzugten ein vielseitiges Arbeitspferd
und in Peru entstand der Kult um den Termino. Dennoch haben die Zuchtauslese nach bestimmten Merkmalen und die verschiedenen Geschmäcker weder dem
Aussehen noch dem Gangvermögen der Spanischen Genette groß etwas anhaben können. Das alte starke Blut
überlebte einfach.
Vielen Leuten fallen Gemeinsamkeiten zwischen Morgan Horse, Connemara Pony und Paso Fino auf. Dies
ist nicht weiter verwunderlich, weil die Geschichte des
Morgan Horse spanischen Einfluss zeigt und die Chronik über die Abstammung des Connemara verweist auf
die stolze Spanische Genette. Als die Straßen in NeuEngland und Irland besser wurden und trabende Pferde
mit hoher Knieaktion in Mode kamen, wurde der gebrochene Paß oder amble, wie er genannt wurde, aus diesen
Rassen eliminiert. In Neu-England ging der Tölt verloren, als man Kaltblüter und Englische Vollblüter zu
züchten begann; dort wurde der natürliche Tölt durch
den unbequemen Trab ersetzt.
In Irland kannte man die Spanische Genette unter der
Bezeichnung Palfrey, ein seit über tausend Jahren benutztes bequemes Reisepferd für die Reichen im westlichen Europa. 1580 empfahl Blundeville Züchtern von
töltenden Pferden, Pferde spanischer Herkunft zu kaufen. Allerdings geschah auch hier dasselbe wie in anderen Ländern, sobald die Straßen besser wurden, war
der Bedarf an Pferden für Wagen und Kutschen groß
und man begann schwere Kaltblüter mit den leichten
Rassen zu kreuzen und der bequeme Tölt verschwand
zugunsten des harten Trabs eines Kutschpferdes.
Diese bequemen Pferde werden sogar noch früher in
der Geschichte erwähnt. Das früheste Zitat über diese
Rasse war wohl um 190 AD als der römische Hippologe
Ferrentino Varro Pferde mit verwirrenden Gängen sah.
Er schrieb: „Alles was ich dazu sagen kann ist, dass sie
eine Gangart zwischen Paß und Galopp gehen." Heute
würden wir dies als paso largo bezeichnen.
Man kann heute noch nachlesen, dass unter den Pferden,
die Kolumbus für seine zweite Reise in die Neue Welt
kaufte, auch einige sogenannte „Herren-Pferde" waren.
So wurden in diesen Tagen die bequemen Spanischen
Genetten bezeichnet. Von 1493 bis 1550 wurden unzählige Pferde von Spanien in die Gestüte der Karibik gebracht, um dort die Spanier für ihre Eroberungszüge mit
robusten und zuverlässigen Pferden beritten zu machen.
In den Jahrhunderten vor der Wiedereinführung des
Pferdes in die Länder der westlichen Hemisphäre (die
Spezies war dort vor Millionen von Jahren ausgestorben) wurde die Genette oder der Paso von stolzen Adeligen gezüchtet und durch die vorsichtige Anpaarung mit
Berbern und Andalusiern veredelt. Da der Tölt diesen
Züchtern immer noch wichtig war, wurde er eher verstärkt und damit erhalten.
Die Blütezeit des Paso Fino
begann in den USA um 1959
Zum Glück für die heutigen Liebhaber dieser Rasse legten die Züchter damals großen Wert auf diese Gangart
- sie haben nämlich die direkten Vorfahren unserer heutigen Pasopferde gezüchtet. Der Verlauf der Geschichte
und der Weg der Konquistadoren auf ihren Eroberungszügen ist uns allen bekannt - den gleichen Weg nahm
die Entwicklung der Paso Pferde. Zunächst gab es sie
nur in der Karibik, von dort kamen sie nach Mittel- und
Südamerika. Mit den wachsenden Handelsbeziehungen
zwischen den Ländern mischten sich die verschiedenen
Schläge, aber später bemühte man sich, die einzelnen
Rassen rein zu halten. In vielen Ländern Südamerikas
fand man Gefallen an der hohen Knieaktion des Andalusiers und der große Einfluss dieser Pferde führte zu den
Trochadores bzw. den Trote Pferden. Trabende Pferde
konnten nie richtig Fuß fassen in der Karibik und der
2013 Noticiero
61
Tölt blieb lange die vorherrschende Gangart der dortigen Rassen. Obwohl es bereits vor 1959 einige Importe gegeben hatte, begann die Blütezeit des Paso Fino in
den USA mit diesem Jahr.
Es ist ganz natürlich, dass jemand etwas auf das er
besonders stolz ist auch gerne herzeigen möchte. So
entstand wahrscheinlich der Gedanke Pferde in Wettbewerben vorzustellen. Nathaniel Webster bezeichnet
eine Person, die berufen wird, um den Sieger herauszufinden, einen Streit zu schlichten, ein qualifiziertes
Urteil abzugeben oder den relativen Wert einer Sache
festzulegen als „Richter'. Seit 1967, als Paso Finos zum
ersten Mal auf einer Show in den USA gezeigt wurden,
musste jemand den Sieger bestimmen. Da diese Rasse
„neu" war, brauchte man schon eine gehörige Portion
Mut, diese Entscheidung zu treffen. In den meisten Fällen wurde dieser Mut mit scharfer Kritik belohnt.
In den letzten Jahren gab es nur eine kleine Elite-Gruppe, die qualifiziert genug schien American Paso Finos
richtig zu beurteilen. Wir hoffen, dass die Informationen, die wir hier geben, den Richtern und solchen die es
werden wollen, helfen werden. Paso Fino Richter müssen ihre Vorstellungen hinsichtlich aller anderen Rassen vergessen, wenn sie diese Pferde beurteilen wollen.
Sie dürfen ihre Entscheidung nie aufgrund eines Vergleichs mit einer anderen Pferderasse treffen. Der Paso
Fino ist eine eigenständige Rasse; so kann man weder sein Gebäude mit dem des Arabers oder dem des
Morgan Horse vergleichen noch entspricht er in seiner
Gangverteilung dem Tennesse Walker oder dem American Saddlebred. Ein offiziell bestellter Richter hat die
einzigartige Verpflichtung die Regeln aller Prüfungen
äußerst exakt anzuwenden und aus diesem Grund trägt
er große Verantwortung.
Die Richter werden oft bezichtigt Entscheidungen nach
ihrem persönlichen Gusto zu treffen. Dies stimmt wohl
bis zu einem bestimmten Grad, allerdings ist dies nicht
so schlimm solange sich ihr Urteil sich nach der Zuchtordnung der Rasse und der derzeitigen offiziellen Prüfungsordnung richtet.
Dieser Punkt kann nicht oft genug und nicht deutlich
genug herausgestellt werden. Niemals dürfen die persönlichen Präferenzen hinsichtlich der Farbe oder der
Art sich zu bewegen eine dominante Rolle spielen.
Ein Richter darf niemals frühere Leistungen eines Pferdes mitberücksichtigen. Ein Pferd muss immer danach
beurteilt werden, wie es jetzt und hier vorgestellt wird
und nicht danach, wie es sich früher präsentierte oder
unter einem anderen Reiter präsentieren könnte. Nicht
einmal eine andere Prüfung im selben Turnier darf in
die Entscheidung miteinfließen. Jede Prüfung ist separat zu betrachten und getrennt zu richten.
Zunächst gab es nur eine Handvoll Richter, die qualifiziert
waren, Paso Finos zu beurteilen
In den ersten Lehrjahren, d.h. als man begann Paso
Fino Shows in den USA zu veranstalten gab es nur eine
Handvoll Richter, die qualifiziert waren, Paso Finos zu
beurteilen. Das Ergebnis: Viele Pferde wurden oft ungerecht bewertet. Es ist verständlich, dass Richter, die
eine ihnen vollkommen neue Prüfung richten, dazu
tendieren, das ganze so schnell wie möglich über die
Bühne zu bringen und sich lieber einer Prüfung widmen, mit der sie vertraut sind. Unqualifizierte Richter frustrierten so manchen Reiter, der viel Arbeit und
Geld investiert hatte, um sein Pferd vorzubereiten. Auf
der anderen Seite wurden viele Besitzer ermutigt, ihre
Pferde in Prüfungen zu starten, für die die Tiere eigentlich gar nicht prädestiniert waren, weil man sich einen
besseren Platz bei einem bestimmten Richter erhoffte,
der keine Erfahrung mit der Rasse hatte. Ein Paso Fino
Richter muss sich immer bewusst sein, dass seine fairen und unparteiischen Entscheidungen im Showring
die zukünftige Entwicklung des American Paso Fino
stark beeinflussen.
Der Wunsch, ein natürlich töltendes Pferd ungezwungen
zu präsentieren findet sich im Regelwerk wieder unter
dem Kapitel Unerlaubte Hilfsmittel. Es wurde ebenfalls
versucht tierquälerische Trainingsmethoden auszuschließen, indem man vorbeugende Regeln schuf und
Tiere mit Narben auf dem Nasenrücken oder Wunden
an anderen Körperstellen disqualifizierte. Kein Richter
sollte Mißhandlungen und inkompetente Trainer unterstützen, indem er diese Anzeichen ignoriert.
Paso Fino Sportverein CONFEPASO | Caracas,Venezuela (1996)
62
Noticiero 2013
Es dürfen nur vollkommen gesunde Pferde vorgestellt
werden - kranke oder lahme Tiere müssen disqualifiziert werden. Nur so schreckt man andere Reiter ab,
genau das gleiche zu tun. Die Verwendung von harten
Einlagen im Sperrhalfter oder scharfen Kinnketten sollten auf Shows in den USA weder offiziell erlaubt noch
still geduldet werden.
Paso Fino Besitzer müssen lernen, die bewährten Spielregeln auf Veranstaltungen zu befolgen. Schimpfwörter, Beleidigungen und laute Streitereien schaden jeder
Rasse und zeigen den wahren Charakter des Besitzers.
Niemand verliert gerne, aber ganz gleich in welchem
Wettbewerb - es gibt immer einen Verlierer. Es ist für
die Vermarktung einer Rasse wichtig, dass sie innerhalb der Pferdewelt und in der Öffentlichkeit ein gutes
Image hat. Jeder Paso Fino Besitzer sollte deswegen ein
tadelloses Auftreten an den Tag legen. Außerdem muss
jeder, der Paso Finos richten will, wissen, dass es im
Augenblick mehrere Typen gibt. Mit zunehmender Standardisierung der Rasse werden diese Typen wohl mehr
und mehr verschwinden.
Die meisten Paso Fino Besitzer sind sich darüber einig,
dass es praktisch kein Pferd gibt, das sich in den vier
Grundprüfungen behaupten kann. Classic Fino, Versatility, Performance und Pleasure Prüfungen verlangen
jeweils nach Pferden, die in Gebäude und Gangverteilung sehr unterschiedlich sein müssen, so dass es schon
eines Überpferdes bedarf, um den verschiedenen Anforderungen jeder Prüfung gerecht zu werden.
Ein letzter Punkt: Jeder Richter sollte versuchen dem
Publikum und dem Besitzer die Gründe für seine Entscheidung mitzuteilen. Falls es die Zeit erlaubt, kann
eine Gegenüberstellung der zwei oder drei besten Pferde jeweils die Pluspunkte eines jeden Tieres herausstellen und das beste von allen kann leicht ermittelt werden. Dies spielt eine besonders wichtige Rolle bei den
Grand Nationals.
Die zugrundeliegende Prüfungsordnung für Paso Finos
spiegelt den Standard wider wie er sich in den anfänglichen Jahren der Showszene in den USA etablierte.
Meine Co-Autorin und ich waren maßgeblich daran beteiligt. Diese Prüfungsordnung weicht etwas vom derzeitigen Regelwerk der Paso Fino Horse Association ab
und wir empfehlen sich im Zweifelsfall auf das jährlich
erscheinende Regelwerk zu verlassen.
Die Pferde werden so natürlich wie möglich vorgestellt.
Falls sie unbeschlagen geritten werden, sollen die Hufe
entsprechend dem natürlichen Fesselstand des Pferdes
zugerichtet sein. Bei einem unbeschlagenen Pferd darf
die Zehe maximal 10cm, bei einem beschlagen Pferd
maximal 11 cm lang sein. Die Eisen dürfen maximal
280g wiegen.
2013 Noticiero
63
Mähne, Schopf und Schweif sollten lang und natürlich
sein; ein sogenannter bridle path (am Genick des Pferdes) von 10cm kann geschoren werden, ausgenommen
Pferde, die jünger als 1 Jahr sind. Jedes in den USA
gezogene Pferd sollte durch den Richter von einer Veranstaltung ausgeschlossen werden, wenn es Verletzungen aufweist, die durch unsachgemäßen Einsatz von
Ausrüstungsgegenständen hervorgerufen wurden. Importpferde dürfen aufgrund von Narben, die in ihrem
Abstammungsnachweis vermerkt sind, nicht disqualifiziert werden, es sei denn diese Tiere hätten frische
Verletzungen.
Die Pferde sollten temperamentvoll sein und sich elegant
präsentieren
Die Pferde sollten temperamentvoll sein und sich elegant präsentieren. Der Gehorsam steht dabei an ersten
Stelle. Jeder Reiter, der unfähig ist sein Pferd zu kontrollieren sollte von der Prüfung ausgeschlossen werden. Jede Taktunreinheit wird mit Punktabzug bestraft.
In den Prüfungen unter dem Sattel dominiert der taktklare Tölt über die anderen Gangarten wie Schritt oder
Galopp. Auch das Gebäude spielt dann eine untergeordnete Rolle.
Das ständig wachsende Interesse am American Paso
Fino, der in den 60er Jahren in den USA noch vollkommen unbekannt war, lässt uns vermuten, dass die Rasse
immer beliebter wird, nicht nur bei der Allgemeinheit,
sondern auch bei den amerikanischen Pferdezüchtern.
Die Vermischung der ursprünglichen Linien durch erfahrene und verantwortungsbewusste Züchter, die selektive Zuchtauswahl und die Wünsche der amerikanischen Käufer werden den Paso Fino sicher verändern.
Dies betrifft wohl vor allem die Größe und das Aussehen der Pferde. Die Durchschnittsgröße wird sich wohl
bei 150cm einpendeln. Es gibt heute schon einige Exemplare, die so groß sind. Allerdings wird die Regel ja
bekanntlich durch die Ausnahme bestätigt. Ernsthafte
Züchter werden diesen Größenzuwachs fördern, um den
Wünschen ihrer Kunden gerecht zu werden.
Die Eleganz wird weiterhin eine wichtige Rolle für Paso
Pferde spielen und sie wird sich ebenso verbessern wie
das allgemeine Exterieur der Tiere. Die Köpfe werden
64
Noticiero 2013
edler, die Brust tiefer und die Hinterhand kräftiger mit
höherem Schweifansatz. Der Tölt wird nur in positivem
Sinne beeinflusst, d.h. er wird taktklarer und sicherer durch selektive Zucht. All diese Trends lassen sich
schon heute aufgrund der Käuferwünsche erkennen.
Auf den Veranstaltungen wird die Standardisierung der
Rasse die auffälligste Veränderung sein, die durch die
Verschmelzung der einzelnen Linien entstehen wird.
Gut geschulte und erfahrene Richter, die wirklich an
der Rasse interessiert sind, werden diesen Prozess
unterstützen indem sie sich für die besten Pferde entscheiden. Die grobschlächtigen, zu
In Zukunft wird es nicht mehr nötig sein, Pferde in
Prüfungen vorzustellen, für die sie eigentlich ungeeignet sind, weil genügend Teilnehmer für die einzelnen
Klassen zur Verfügung stehen. In den Classic Fino Prüfungen, die ein top trainiertes Pferd verlangen werden
weiterhin die klassischen“ Paso Finos so natürlich wie
möglich zu sehen sein – ohne Gewichte an den Eisen
und ohne tierquälerischer Ausrüstung, mit natürlicher
Aktion und unpräparierten Mähnen und Schweifen.
Der „fino fino“ Gang ist praktisch eine Art Dressur. Man
wird noch einige Figuren hinzufügen, um leichter entscheiden zu können, welches Pferd nun das beste ist
und um die Prüfung für das Publikum spannender und
interessanter zu machen.
Reiter, die prinzipiell ein „Arbeitspferd“ haben möchten werden nach und nach die Vielseitigkeit und die
Härte des Paso Fino entdecken. Die Rasse wird in viele
Bereiche vordringen, in denen sie heute noch gänzlich
unbekannt ist, darunter z.B. Schauveranstaltungen,
Distanzritte, Reiterspiele und vieles mehr. Reiter von
Orientierungsritten sind heute schon von der Leistung
ihrer Paso Finos begeistert.
Zusammenfassend behaupten wir, dass sich in nicht
allzu ferner Zeit ein verbesserter Paso Fino etabliert haben wird, dessen Identität und Tradition auf den Vorlieben des amerikanischen Reiters basiert. Diese Rasse
wird dann zu Recht „Der American Paso Fino“ genannt
werden und sich deutlich von seinen Vettern in den anderen Ländern unterscheiden.
Paso Fino Fohlen
2013 Noticiero
65
perspektivisch teilweise etwas verzerrt. Man suchte
also nach objektiveren Kriterien zur Beurteilung des
Zuchttieres. Eine Anleihe beim Islandpferd, welches
schon seit zwei Jahrzehnten nach einem international
einheitlichen und bewährten Schema geprüft wird, gab
den entscheidenden Anstoß.
Was sich beim Islandpferd bewährt hatte, wurde in die
Pasopferde-Materialprüfungübernommen;denUnterschieden wurde durch Modifikationen Rechnung getragen.
Qualität auf
Punkt und
Komma
Das Pasopferd
in der Materialprüfung
S
66
Bei der Materialprüfung wird das Pferd zunächst unter dem Reiter auf seine Reiteigenschaften geprüft. Anschließend erfolgt die Beurteilung des Exterieurs.
Die einzelnen Beurteilungskriterien werden entsprechend ihrer Bedeutung mit Faktoren belegt. Die Materialrichter – darunter ein Reiterrichter – vergeben Noten,
die mit den Faktoren multipliziert werden. Eigenschaften, die besonders wichtig sind, werden mit hohen Faktoren ausgestattet: für die Pasopferde liegt beispielsweise der Faktor für Tölt sehr hoch (24 unterm Sattel, 10
für Tölt an der Hand). Auch die Faktoren für Fundament
(12) und Charakter/Brio (16) sind höher als bei anderen
Pferderassen. Eher ästhetische Kriterien wie Kopfform
haben entsprechend niedrige Faktoren.
Insgesamt geht das Exterieur mit 40 Faktorenpunkten
in die Wertung ein, die Reit- und Charaktereigenschaften mit 60.
Ein Pferd mit Defiziten beim Tölt, im Charakter oder im
Fundament kann niemals eine gute Gesamtnote erzielen.
olange Haustiere ausschließlich Nutztiere waren, war nur der beabsichtigte Verwendungszweck maßgeblich für die Selektion. Das Pferd
steht heute an der Schwelle zum „Luxustier“
und wird somit anfällig für kurzlebige züchterische
Trends. Tierzucht ohne Leistungskontrolle führt rasch
in die Sackgasse. Glücklicherweise haben viele Pferdekulturen traditionell eine spielerisch-sportliche Form
der Leistungskontrolle beibehalten – seien es die Reiterspiele asiatischer Steppenvölker oder das Turnierwesen europäischer Prägung.
Die Festlegung der Faktoren war das Resultat langjähriger Beobachtungen und Fachgespräche. So wird die
Materialprüfung den Pasopferden absolut gerecht. Der
Züchter, Besitzer oder Kaufinteressent erhält eine detaillierte Übersicht über Stärken und Schwächen eines
Pferdes.
Schon früh hat man sich in Europa bemüht, für Pasopferde – neben den schon etablierten Sportprüfungen –
Zuchtschauen nach dem Vorbild der Ursprungsländer
durchzuführen. Deren Aussagekraft war naturgemäß
Die Materialprüfung, die heute schon bei vielen Pferderassen – siehe Isländer – eine Selbstverständlichkeit
ist, wird auch beim Pasopferd für Zucht, Sport und Vermarktung eine wesentliche Hilfestellung sein.
Noticiero 2013
Die Bedeutung der Materialprüfungen wird in Zukunft
immer größer werden. Die Konkurrenz schläft nicht;
ein weitgehend gesättigter Pferdemarkt garantiert nur
überdurchschnittlichen Pferden angemessene Preise.
Paso Fino Sportverein CONFEPASO | Caracas,Venezuela (1996)
2013 Noticiero
67
Sol de Oro VieJo
Pasopersönlichkeit und
Stempelhengst
Text: K.C.Otte aus Pasollano Nr. 4/1993
I
n dieser Serie sollen einige Persönlichkeiten, Pferde wie Menschen, vorgestellt werden. Da wir viele Recherchen noch direkt „vor Ort“, d.h. bei den
betreffenden Leuten in Peru machen konnten,
werden die Artikel natürlich keine wörtliche Übersetzung der früheren Peruvian Paso Horse World ReviewReihe sein. Diese Tatsache sowie der Umstand, dass
weder Paso-Zeitschriften noch Paso-Bücher bei uns in
Deutschland leicht verfügbar sind (Stand: 1993), haben
zur Folge, dass viele Fakten aus der neueren Geschichte
der Pasopferde in Gefahr sind, schon wieder vergessen
zu werden. So ist es nur folgerichtig, wenn wir unsere
Serie aus Pasourzeiten fortsetzen mit
»Perus lebender Legende«,
Paso Peruano Hengst: Sol de Oro Viejo
68
Noticiero 2013
wie V. Albright in seinem Buch „The Peruvian Paso and
his Classic Equitation“ den Hengst Sol de Oro (v) nannte. Es ist wohl über kein Pferd der peruanischen Zuchtgeschichte so leidenschaftlich diskutiert und so konträr
geurteilt worden, wie über diesen kleinen Fuchshengst
aus dem südlichen Vorandental von Llauta in der Provinz Lucanas.
2013 Noticiero
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Mit 26 Jahren – bereits legendärer Stammvater zahlreicher Meisterschaftssieger in Peru und den USA – wurde
SOL DE ORO zum ersten Mal fotografiert. Die Bilder zeigen ein zwar altes, doch starke Persönlichkeit ausstrahlendes Pferd, dessen eigenartiger Charme sogar auf den
dilettantischen Fotos wahrnehmbar ist. Damals, 1968,
war SOL DE ORO schon 12 Jahre auf der Hacienda von
Alfredo Elias V., der ihn eigentlich in die Zucht eingeführt hat. Entdeckt hat ihn dessen Schwager Gustavo de
la Borda bei einem der bekanntesten Pferdezüchter der
Region von Palpa, José Cancino, der ihn als „unnützen
Fresser“ im Korral herumstehen hatte; wegen einer Jugendverletzung, die SOL DE ORO sich auf einer Andenalm bei Laramate zugezogen hatte, war er zwar noch
reitbar, aber für einen andinen Viehzüchter, dessen normale Ansprüche an ein Reittier im Arbeitseinsatz nur
von Maultieren erfüllt werden können, war SOL DE ORO
praktisch „nur“ als Vatertier brauchbar.
Es sei das Verdienst von Don Gustavo, sagte Alfredo
Elias V., mit seinem geübten Züchterblick die besonderen Qualitäten dieses Hengstes erkannt zu haben. Doch
ohne die systematische Förderung durch Alfredo Elias
V. hätte SOL DE ORO wohl kaum die Bedeutung erlangt,
die er in der modernen Zuchtgeschichte Perus nun einmal innehat. Und in diesem Zusammenhang muss noch
ein Name fallen: Rodolfo „Fito“ Matellini, dem die Meriten zufallen, systematisch nahe Verwandte von SOL
DE ORO in den Andentälern zusammengesucht und mit
Erfolg in die Zucht eingeführt zu haben.
Seit dem Triumph des SOL DE ORO-Sohnes CARAMELO
über die nordperuanische Konkurrenz 1960, die bis dahin auf den Concursos Nacionales von Lima dominiert
hatte, wurde jeder Champion of Champions in Peru, und
weltweit, von SOL DE OROs Nachkommen gestellt.
Aber das Unglaublichste an der Geschichte des SOL DE
ORO ist, dass eigentlich niemand seine Eltern mit absoluter Sicherheit kannte, noch seinen Geburtstag oder
–Ort exakt anzugeben vermag. Über seine Entdeckung
werden die abenteuerlichsten Geschichten erzählt.
Doch im Laufe der Jahre und nicht zuletzt durch die
Nachforschungen von Fito Matellini und Don Alfredo
Elias V. hat sich die heute akzeptierte Version als die
wahrscheinlichste herauskristallisiert. Danach wollte
Gustavo de la Borda die alte Fama der berühmten Reitpferde „Made-in-Ica“, die durch den Bau der Panamericana dem Untergang geweiht schien, wieder aufleben
lassen. Zu diesem Zweck begann er, in den Tälern am
Fuße der Anden, wohin die Motorisierung aus Mangel
an Kaufkraft noch nicht vorgedrungen war und wo die
Reitpferdezucht somit ihre alte Bedeutung behalten
hatte, nach den Nachkommen der berühmten Südpferde
Peru’s zu suchen. Dabei stieß er wie erwähnt bei seinem
alten Bekannten José Cancino von Palpa auf ein Pferd,
das ihn auf den ersten Blick in seinen Bann schlug und
in dem er alle guten Eigenschaften der Iqueños (Pferde
von Ica) vereinigt glaubte. So wird heute in den Abstammungsnachweisen meist angegeben
Ohne SOL DE ORO wäre der
Paso Peruano nicht das,
was er heute darstellt
V. Albright sagt: „Ohne SOL DE ORO wäre der Paso
Peruano nicht das, was er heute darstellt, ja es ist fraglich, ob die vielen Hacienda-Linien Perus überhaupt zu
einer anerkannten Pferderasse zusammengeschweißt
worden wären“. Das ist gewiss keine Übertreibung und
sicherlich auch darin begründet, dass SOL DE ORO als
einer der großen Glücksfälle der Pferdezucht angesehen
werden muss, von denen man sagt, dass sie nicht nur
selbst das Zuchtziel in idealer Weise verkörpern, sondern auch imstande sind, ihre hervorragenden Eigenschaften an die Nachkommen weiterzugeben. Ein echter
Stempelhengst also, der sich durch Brio, Ausstrahlung,
Gangvermögen, Körperbau und Härte sowie seinen unnachahmlichen Adel auszeichnete.
70
Noticiero 2013
Ein Enkel von Sol de Oro Viejo: AEV Heraldo
Potro de Llauta
oder
Potro de la Calapalla
oder
Potro de Gregori
SOL DE ORO
Yegua de Cancino
Denn das Pferd stammte von einer Cancino-Stute aus
einer Bedeckung mit einem Hengst seines Freundes
Francisco De Gregori aus Llauta, den dieser von der
Familie Jurado in Calapalla erworben hat (auf Quetcha bedeutet der Name soviel wie „kahle Schlucht“; er
wird zuweilen, besonders bei Abstammungsnachweisen
aus USA, als Vatersname angegeben). Weitere Angaben
zu dem Vater von SOL DE ORO waren nicht erfragbar,
wenngleich heute oft in Artikeln noch mehr darüber zu
lesen ist. Somit sind alle drei Bezeichnungen gleichwertig, wobei es durchaus damaligen Gepflogenheiten ent-
Nachkommen von Sol de Oro aus der brühmnten Zucht AEV
2013 Noticiero
71
Unsere Pferdezüchter neigen dazu, den Pedigree überzubewerten, besonders was die früheren Generationen
betrifft; 5 und mehr Generationen haben herzlich wenig Einfluss auf das neue Fohlen, schon weniger als z.B.
schlechte Fütterung der Mutter während der Trächtigkeit. Doch es sieht auf dem Abstammungspapier einfach
gut aus, wenn da „Champion of Champions“ steht.
Gustavo de la Borda hatte im Süden Peru’s die Züchterbedeutung, die Federico de la Torre Ugarte (FTU) im
Norden des Landes zugesprochen wird. Dennoch tauchen seine Initialen in den Pferde-Stammbüchern praktisch nicht auf, da seine bedeutendsten Zuchterfolge
eigentlich erst nach seinem tragischen Tod aufgrund
seines hervorragenden Zuchtmaterials von seinem
Schwager realisiert wurden: Alfredo Elias V. (AEV). In
seiner engeren Heimat jedoch (San Javier, zwischen Palpa und Nasza gelegen) und im weiten Umkreis bis ins
Andenhochland galt es noch zwanzig Jahre später als
besonderes Prädikat, wenn einer sagen konnte: „Mein
Pferd stammt von einem De la Borda ab!“, Denn die „de
la Borda“- Zucht hatte eine langjährige Tradition und
einen klangvollen Namen unter den „Iqueños“.
Paso Peruanos | Gestüt: San Fernandito, Chincha / Peru
sprach, ein Pferd nur Potro (Hengst), Yegua (Stute) oder
Caballo (Pferd) zu nennen.
Eine Notiz von Fito Matellini im Jahresbericht 1975 der
Asociacion Nacional zeigt nur ein Foto von 1934, auf
dem ein Pferd abgebildet ist, das von der Familie De
Gregory in Nasza bei Antonio Elias, einem weitläufigen
Verwandten von Alfredo Elias V., gekauft worden war.
Dieses Pferd, „ELEGANTE“, 1923 in Nasza geboren, soll
der Vater des Hengstes „CALAPALLA“ sein. Somit wäre
er der Großvater väterlicherseits von SOL DE ORO.
Aus der gleichen Verbindung (Yegua de Cancino und
Potro De Gregori) stammten auch die Stuten „CENTELLA“ und „SULTANA“, wobei wahrscheinlich ist, dass
alle drei den „Potro de Calapalla“ zum Vater, jedoch
verschiedene Mütter aus der Cancino-Herde hatten.
Das erklärt auch die genetische Durchschlagkraft, die
die Verbindung SOL DE ORO mit CENTELLA (PILOTO;
LAUREL, DESTELLO) sowie mit SULTANA (CARAMELO,
REGIONAL, SORAJA) hatte und weist zugleich auf die
eben daraus resultierenden Gefahren bei PILOTO- bzw.
CARAMELO-Linienzucht hin.
Im Grunde kann man nicht über SOL DE ORO sprechen, ohne auf die Bedeutung (im negativen wie positiven Sinn) der Linien – sprich Inzucht in der Paso
72
Noticiero 2013
Peruano-Geschichte aufmerksam zu machen. Familien- bzw. Linienzucht hat mindestens soviel Potential,
Schaden anzurichten wie Gutes zu bewirken, und sie
sollte nur von solchen Züchtern angewandt werden, die
über das nötige Wissen verfügen und die erforderliche
Härte zu den unumgänglichen Konsequenzen (Merzen)
besitzen. Inzucht ist der schärfste genetische Test, den
man bei geschickter Anwendung gut für seine Zwecke
nutzen kann. Doch sollte man gleichzeitig bereit sein,
evtl. notwendige Konsequenzen herzlos zu ziehen. Man
geht hierzulande sicher nicht fehl, wenn man bei seinen
Linienhengst sollte in keinem
Stammbau öfter auftreten, als
Generationen angegeben sind
Kreuzungsprogrammen – insbesondere bei SOL DE ORO
und PILOTO – eine alte Züchterweisheit berücksichtigt,
die besagt, der Linienhengst sollte in keinem Stammbau öfter auftreten, als Generationen angegeben sind.
Bei unseren Hauptstammbuchstuten mit den obligaten
4 Generationen sollte also der Name PILOTO, CARAMELO oder EL CID nicht häufiger als viermal auftauchen;
wegen des Altersabstandes wird SOL DE ORO dann ja
erst in der 5. oder 6. Generation erscheinen, sollte dann
aber auch nicht öfter als 5 bzw. 6 mal vertreten sein.
Nach den Erfolgen von Fernando Peschiera C. galt es
lange Zeit als heißer Tipp, eine Nordstute (FTU oder
JJP) mit einem Südhengst (AEV, HNS) zu bedecken, um
auf diese Weise dem Zuchtziel des Paso Peruano möglichst nahe zu kommen; das was die Amerikaner heute
noch den „Golden Cross“ nennen. Inzwischen haben unsere Züchter dazugelernt – vor allem hinsichtlich dessen: Was für einen Concurso von Lima erfolgreich sein
kann, muss es noch lange nicht auch für einen TaunusWanderritt sein.
Die Tatsache einer sog. jahrhundertelangen Reinzucht
an sich sagt noch nichts über die Qualität der daraus
entstandenen Rasse aus. Es wäre also sträflich, sich
züchterisch sozusagen auf diesen (eigentlich nicht vorhandenen) Lorbeeren auszuruhen. (NB! Auch zu diesem Thema fänden bzw. finden Sie auf den Seiten von
Pasollano und Noticiero weiterführende Überlegungen.)
Die Vielfalt des Paso Peruano ist heute noch (zumindest
in Peru; außerhalb kennt man eigentlich nur die Pferde,
die mehr zum Schautyp neigen) so groß, wie sie bei den
von den Spaniern ins Land gebrachten Pferden bzw. bei
den Geschmacksrichtungen der verschiedenen Landadeligen und Hacendados war.
Europäische alte Lokalrassen, wie z.B. Rottaler und Altwürttemberger in Süddeutschland sind auch Ausdruck
einer regionalen Vielfalt bei gleichzeitig viel gemeinsamen Zuchthintergrund. Ähnlich muss man auch die
Aussage der „altperuanischen Reinzucht“ sehen. Ebenso wie über den ersten Teil des Wortes „Reinzucht“ (rein
– wie genetische Vielfalt bei ähnlicher Ausgangsbasis,
nicht wie sonst möglichst Homozygotie), kann man sich
auch über den zweiten Teil (Zucht) Gedanken machen:
Das war im alten Peru sicher nicht das, was wir heute
darunter verstehen, sondern eher die Kultivierung verschiedener regionaler Schläge mit allmählichen gegenseitigen Übergängen, was letztlich zu den sog. Nord-,
Süd- und Lima-Typen als den extremen Ausprägungen
geführt hat. Diese Typisierungen haben eigentlich erst
die Amerikaner in die peruanische Pferdevielfalt hineininterpretiert.
Die beobachtete Vielfalt war und ist aber sozusagen
(wenn auch ungewollt und ungelenkt) die Voraussetzung für die so erfolgreichen „Linienkreuzungen“, den
wirklichen Ursprung des eigentlichen Paso Peruano,
wie er heute sowohl in Peru als auch in den USA und somit zwangsläufig auch bei uns geschätzt wird. Die Diskussion, inwieweit dieser Typ unserem eigenen Zuchtziel nahe kommt oder etwa widerspricht, sollte nicht
aufhören.
Unterschiedliche Nutzung, verschiedener Geschmack
und verschiedene züchterische Möglichkeiten der
peruanischen Oberschicht brachten unter der Ägide
der Asociacion Nacional zumindest teilweise die heutige Aufteilung in Schautyp und Arbeitstyp. Dieser Arbeitstyp ist daher in deren Sinn eher ein Paso PeruanoPartbred mit dem „Criollo Peruano“. Erst seit wenigen
Jahren versuchen einige namhafte peruanische Züchter
dieser Tendenz der Rassenzweiteilung aktiv (und nicht
nur verbal, wie schon immer geschehen) Paroli zu bieten. Sie bedauern auch den nun endgültig beschlossenen stark erschwerten Neuzugang ins Zuchtbuch, was
die Hereinnahme bewährter Gene aus der Landeszucht
nach dem Vorbild eines SOL DE ORO heute praktisch
unmöglich macht. Für die Landeszucht, für die heutigen
„Criollos Peruanos“ oder „Chacareros“ gilt immer noch:
Fortaleza, Nobleza, Belleza, in dieser Reihenfolge (Stärke, Edelmut, Schönheit), während im Grunde genommen die Reihenfolge Belleza, Nobleza, Fortaleza und die
konsequente Selektion in dieser Richtung den Schautyp
hervorbrachte.
2013 Noticiero
73
SOL DE ORO stammte aus der Wiege des Caballo criollo
peruano, wie der Paso Peruano noch bis zur Mitte unseres Jahrhunderts hieß, also aus dem Süden Peru’s, wo
immer die Hochburg der Reinzucht peruanischer Pferde
war. In ihrer Blütezeit um die Jahrhundertwende bedeuteten „Caballos de ICA“ eine Art Gütesiegel, wobei „ICA“
synonym für südlich von Lima benutzt wurde. Zum Teil
wurde da zwar aus der Not eine Tugend gemacht: Es
fehlten Mittel und Möglichkeiten, die Kreuzungsversuche der großen nordperuanischen Hacendados mitzumachen. Andererseits kultivierte man altbewährte Iberer-Eigenschaften wie Härte, Genügsamkeit und Gang-,
sprich Passveranlagung, von denen wir uns vor allem
erstere gerne mehr im modernen Paso Peruano erhalten
würden.
Paso Peruano Stute Andina MvG | Gestüt: Oberadlhof, Schmidmühlen
Später fehlten in den Andentälern Straßen und Finanzen, um die Motorisierung zum Nachteil des Pferdes
durchzuführen. Während der Zeit der peruanischen Agrarreform (1968-78) „versteckten“ viele bekannte Züchter ihre wertvollen Zuchtpferde in diesen „Quebradas“
bei Freunden oder Verwandten, um sie vor dem Zugriff
der Revolutioäre zu retten. Denn einer aus Ica, ein
„Iqueño“, war nicht nur notgedrungen, sondern aus Leidenschaft (afición) ein Pferdenarr. Natürlich wurden die
transferierten Tiere dort weiter in der Zucht eingesetzt,
teilweise auch mit den lokalen Stämmen der Criollos
verpaart.
74
Noticiero 2013
Daher sind viele dieser Täler noch wahre Goldminen für
einen Aficionado, der sein Pferd noch reiten und nicht
nur vorführen will. Bedauerlicherweise verschütten
heute zwei Faktoren den Zugang zu diesen genetischen
Schätzen: Das unberechenbare Walten eines „Leuchtenden Pfades“ (Sendero Luminoso) und die relativ strikte
Schließung des peruanischen Zuchtbuches.
SOL DE ORO half also nicht nur, die neue Rasse Paso
Peruano zu etablieren, stabilisieren, konkretisieren,
sondern er trug viel zur Einführung einer einheitlichen
Bezeichnung „Paso Peruano“ und zur Akzeptanz eines
Reglements bei den Concursos bei. Das wiederum half,
die Qualitäten des Paso Peruano per Richterspruch zu
unterstreichen und förderte so die Selektion der gewünschten Eigenschaften. Auch in den Statuten der erst
relativ spät (1946) gegründeten Asociación Nacional
und deren Zuchtstandard findet sich das neue Selbstverständnis eines Paso Peruano wieder. Die Gründerväter der Asociación sprechen zwar immer noch von einem
„Piurano“, „Chiclayano“ oder „Chinchano“ bzw. „Iqueño“,
aber viele der Neuzüchter – auch in Peru – könnten auf
Anhieb nicht einmal die alte Rassebezeichnung (Criollo
Peruano) nennen, sondern streiten sich eher darüber,
ob es Caballo de Paso Peruano oder Caballo Peruano
de Paso heißen sollte, d.h. für sie haben Begriffe wie
Nordpferd, oder Piurano bzw. Südpferd oder Iqueño,
eigentlich keine Bedeutung mehr, sie kennen nur noch
den Paso Peruano (in unserem Sinne den Schautyp), den
Criollo oder Morochuco (in unserem Sinne das alte Arbeitspferd) und alle Arten von Kreuzungen dieser beiden Subpopulationen des Caballo Peruano (in unserem
Sinne den Arbeitstyp).
Bemerkenswerterweise hat sich „El caballo viejo“ (Der
Alte), wie die Peruaner SOL DE ORO oft liebevoll nennen, nach ihrer Meinung in seinen Söhnen sehr viel
ausgeprägter verwirklicht als in seinen Töchtern. Dabei
werden jedoch häufig Exterieurmerkmale der Töchter,
wie z.B. etwa grobe Köpfe mit Schlappohren, gegenüber
den positiven Eigenschaften, die sie zweifellos auf vom
„Alten“ mitbekommen haben (Brio, Härte), zu stark bewertet. Für einen Peruaner muss ein weibliches Wesen
in erster Linie hübsch sein, feminin wirken, und eben
das fehlte vielen SOL DE ORO-Töchtern.
Für Gustavo de la Borda und seine Freunde war SOL
DE ORO die reinste Reinkarnation des legendären „Südpferdes“; da konnte man getrost über einige Schwachpunkte hinwegsehen – so z.B. auch über das Manko,
SOL DE ORO hatte nicht
nur Brio, er verkörperte ihn
buchstäblich
dass SOL DE ORO nicht meisterschaftsfähig war. Er
hatte sich in der Jugend die rechte Vorderhand gebrochen, die dann schief verheilt war. Der daraus resultierende Taktfehler im pasollano verhinderte einen erfolgreichen Auftritt auf einem Concurso, obwohl er reitbar
blieb und in seinem Arbeitseifer keinen Deut nachließ.
SOL DE ORO hatte nicht nur Brio, er verkörperte ihn
buchstäblich; „Brio“ und „SOL DE ORO-Blutführen“
wurde für viele peruanische Züchter zu Synonyma. Dem
wollten zwar viele der Pferdefreunde aus den nördlichen Provinzen Peru’s zuerst nicht so recht zustimmen.
Im Gegenteil. Viele waren anfänglich der Meinung, SOL
DE ORO verdürbe den Criollo Peruano (zu klein, zuviel
weiße Abzeichen, zuviel Temperament). Heute ist man
sich einig, dass es ohne SOL DE ORO den Paso Peruano
2013 Noticiero
75
in seiner jetzigen Ausprägung nicht geben würde. (NB!
Wenngleich diese Aussage heute – 2013 – nicht mehr so
kategorisch stimmt, bleibt ihre Grundaussage wahr.)
Der eigentliche Siegeszug des SOL DE ORO-Pferde begann dann 1961, als PILOTO Sub-Campeón der erwachsenen Hengste und CARAMELO Sieger in der Bozalklasse wurde. Seinen letzten öffentlichen Auftritt hatte SOL
Viele kenner der Rasse sagen,
dass SOL DE ORO von keinem
seiner Nachkommen je voll
erreicht worden ist.
DE ORO 1974, als er mit seinen Nachkommen REGIONAL, CASCABEL und DULZINEA den Sieg in der Klasse „Progenio de Padre“ (Hengst mit Nachkommen) davontrug. Schon 1977 gewannen REGIONAL, CASCABEL,
SOLILUNA und LUNAREJA erneut diesen begehrten
Züchterpreis, und seitdem war kein Pferd ohne SOL DE
ORO-Blut erfolgreich. Trotzdem sagen viele Kenner der
Rasse (z.B. Ed. Peschiera R., José Musante H. Gustavo
Ferrer u.a.), dass SOL DE ORO von keinem seiner Nachkommen je voll erreicht worden ist, besonders hinsichtlich Gangvermögen, Brio und Ausstrahlung (Genio). Daraus resultieren auch jüngste Bemühungen, verstärkt
SOL DE ORO-Linienzucht zu betreiben. Im Hinblick auf
das vorstehend Gesagte und eingedenk der Tatsache,
dass SOL DE ORO kein einfaches Pferd war (manche seiner Nachkommen wie z.B. PILOTO waren sogar ausgesprochen schwierig), können wir derartige Bestrebungen nur mit gemischten Gefühlen verfolgen. Zu starke
Linienzucht trägt viele Züge einer deutlichen Inzucht;
das ist vor allem dann gefährlich, wenn sehr stark auf
einige wenige Merkmale als angestrebte Leistungen selektiert wird (in Peru z.B. Schönheit, Gang, Brio). Denn
nach Lerner’s Theorie von der genetischen Homeostasis
führt andauernd erfolgreiche Selektion auf einseitige
Hochleistungen zu negativ korrelierten Erfolgen in der
Fitness und ihren Hauptkomponenten: Allgemeine Widerstandskraft (Stressresistenz) und regelmäßige Fortpflanzung.
Unter natürlichen Verhältnissen führt die genetische
Homeostase eine einseitig hochselektierte Population
zu ausgewogeneren Genotypen zurück, weil die extremen Individuen wegen verminderter Fitness schlechtere
Überlebenschancen haben als genetisch ausgewogenere
76
Noticiero 2013
Kompromisstypen. In der hochintensiven Nutztierproduktion wird die verminderte Fitness durch verbesserte
Umweltgestaltung kaschiert; das trifft in vermehrtem
Maße auf die liebhabermäßig betriebene Pferdezucht
zu, wo auch ökonomische Überlegungen keinen Riegel
vorschieben und wo gesunder Tierschutz zu Gunsten
falschverstandener Tierliebe in den Hintergrund tritt
und somit auch nicht regulierend eingreifen kann (s. die
vielen Qualzüchtungen, auch bei Pferden).
Generell kann festgehalten werden, dass genetische
Antagonismen (zwischen Hochleistung und allgemeiner Fitness) in Reinzuchtpopulationen durch einseitige
Überbetonung bestimmter Teilzuchtziele (Gangweichheit, schöner Kopf o.ä.) und die zu lange Vernachlässigung negativer Korrelationen, entstehen und verschärft
werden. Wenn man daher Reinzucht in einer Population
für antagonistische Zuchtzielkomponenten betreiben
will, sollte man dies von Anfang an mit ausgewogenen Selektionsindizes tun. Ist die antagonistische genetische Korrelation zwischen zwei Merkmalen jedoch
bereits fortgeschritten, so kann auch ein optimaler
Gewichtungs-Index keine nennenswerten Zuchterfolge
mehr bringen. Dann muss an die Stelle der Universalreinzucht eine Gebrauchskreuzung zwischen spezialisierten Elternpopulationen treten (z.B. zwischen Schauund Arbeitstyp).
Vor diesem Hintergrund und angesichts der Tatsache,
dass auch viele Paso Peruano-Schauhengste bisher erfolgreich in der peruanischen Landeszucht verwendet
wurden und dort sehr ansprechende und äußerst leistungsfähige Nachkommen gebracht haben, ist zu verstehen, dass die Asociacion Nacional ihr Stutbuch für
eine stark begrenzte, kontrollierte und streng zu begutachtende Neuaufnahme doch noch etwas offen halten
will (Vorstandsbeschluss vom April ’92), nachdem zuvor
schon das Gegenteil, nämlich die vollständige Schließung der Zuchtbücher so gut wie beschlossen war. (NB!
Dieser Vorgang wiederholte sich in den Folgejahren und
gipfelt heute in einer kontrollierten Verdrängungszucht
mit gesonderter Registrierung und Begrenzung auf die
Stuten.)
Es wäre auch züchterisch sträflicher Leichtsinn gewesen, das enorme genetische Potential, das in der
peruanischen Landeszucht schlummert, schon nach
wenigen Jahren geordneter Zuchtbuchführung durch
Schließung der Register einfach zu verschenken. Qui
bono?
Was hat das alles mit SOL DE ORO zu tun? Sehr viel,
wie ich meine, denn sein Beispiel zeigt signifikant, was
an genetischem Potential in der Landeszucht steckt,
und sein Förderer Alfredo Elias V. hat über Jahrzehnte
hinweg systematisch versucht, diesen Genpool in den
Quebradas anzuzapfen. Wenn man Alfredo Elias V. in
seinem Gestüt in San Ramon de Ica heute besucht, kann
man den Erfolg dieser Züchterarbeit deutlich erkennen.
Erfolge, die nicht nur auf den Concursos gewonnenen
Siegesschleifen stehen, sondern die man auf ausgedehnten Geländeritten selbst erleben kann. Hier zeigt
sich auch, dass die Hereinnahme von „unedlen“, d.h.
nicht dem heutigen Schönheitsideal entsprechenden
Tieren in eine mit Bedacht betriebene Pasozucht durchaus den angestrebten Zuwachs an allgemeiner Fitness
bringen kann, ohne dass die Tiere an Attraktivität verlieren müssen.
das Schaupferd unter den Pasos wieder das wird bzw.
bleibt, was es auf den peruanischen oder kolumbianischen Haciendas immer war: Ein liebenswerter Schnörkel an einer leistungsfähigen Rasse. Oder mit den Worten von Fernando Graña: Der Paso ist ein Arbeitspferd,
das auch Schauen gehen kann, aber kein arbeitsunfähiger Schönling. (NB! Angesichts der Richterpraxis von
Don Fernando Graña und deren Auswirkungen auf die
Rasseentwicklung muss dieser Satz, der übrigens auch
J.J. Prisillos unter anderem nachgesagt wird, eher als
Wunsch denn als Feststellung gewertet werden. Der
Wunsch bleibt weiterhin aktuell, weil noch nichts in
Erfüllung gegangen. Siehe auch C. Lecuono de Pratt o.ä.)
„Das Geheimnis des Erfolges ist die Beständigkeit,
das Ziel immer im Auge zu behalten“
Benjamin Disraeli
Zwar ist der Einfluss von Don Alfredo Elias in der Asociacion beträchtlich, doch teilen leider nur wenige seine
Züchterweisheit. Dazu gehört nicht nur der untrügliche
Blick für Gangveranlagung, Exterieur oder Charisma eines Pferdes, sondern auch die systematische Erprobung
im Arbeitseinsatz. Sein Freund Fernando Peschiera C.
war einer der wenigen, der anfänglich bereit war, wie
Alfredo Elias V. SOL DE ORO in der Zucht einzusetzen.
Als der Hengst bei ihm in San Fernandito de Chincha
stand, hat er ihn nach einem Rezept seines Großvaters
Fernando Carillo, der selbst ein begnadeter Züchter der
berühmten Südpferde gewesen war, getestet, und erst,
als SOL DE ORO nach schwerer Arbeit immer noch den
hohen Ansprüchen von Don Fernando hinsichtlich Härte, Brio und Gangvermögen voll genügen konnte, durfte
er seine besten Stuten decken, darunter z.B. SILVANA,
die dann ein außergewöhnliches Hengstfohlen brachte:
FPC EL CID.
Sicherlich werden wir in dieser Artikelserie noch mehr
Beispiele von echter peruanischer Horsemanship kennenlernen, und diese Vorbilder waren es auch, die die
PPV veranlasst haben, in ihre Satzung den Hinweis „in
Anlehnung an die peruanische Tradition“ aufzunehmen.
Das hat nichts mit Flatterponcho und Strohhut zu tun
und nur wenig mit „Termino“ oder weißen Abzeichen,
jedoch viel mit „sachorientierter Pferdeliebe“, eben AFICION, wie die Peruaner sagen.
Hoffentlich gelingt es den Reitenthusiasten unter den
Pasofreunden rechtzeitig, das Ruder im Laufe der zukünftigen Rassegeschichte soweit herumzudrehen, dass
Paso Peruano Jungstute Adivina am Halfter | Peru
2013 Noticiero
77
Neu: „offene“ und „geschlossene“ Prüfungen
Neue LPO
und WBO
ab 01. Januar 2013
Im Rahmen der Jahrestagung der Deutschen
Reiterlichen Vereinigung (FN) in Weimar hat der
Beirat Sport die Neufassungen der FN-Regelwerke
LPO (Leistungs-Prüfungs-Ordnung) und WBO
(Wettbewerbs-Ordnung) verabschiedet. Beide treten am 1. Januar 2013 in Kraft.
Der Verabschiedung voraus ging ein mehrjähriger
Beratungs- und Diskussions-prozess in zahlreichen sach- und fachspe-zifischen Arbeitsgruppen
und Gesprächskreisen.
Die gravierendste Änderung in der LPO betrifft die
Ausschreibung von „offenen“ und „geschlossenen“ Prüfungen. Letztere sind den weniger routinierten Reitern
vorbehalten und sollen 20 Prozent einer „normalen“
Turnierveranstaltung ausmachen. „Damit wollen wir
dem massiven Wunsch der Reiter nach mehr Chancengleichheit entgegenkommen“, erklärt Otto-Erley, Leiter
der FN-Abteilung Turniersport und beruft sich dabei
insbesondere auf eine große Online-Umfrage der FN
im vergangenen Jahr, an der sich fast 15.000 Turnierteilnehmer beteiligten. Die im Lande häufig gebrauchten Begriffe „Amateure“ und „Profis“ wird man in der
LPO allerdings vergebens suchen. Als zu schwierig hat
es sich in den zahlreichen Diskussionen erwiesen, beide Gruppen eindeutig voneinander zu trennen. Und wie
soll man jemanden einstufen, der vor 15 Jahren mal
eine Ausbildung zum Pferdewirt gemacht hat, aber seither einem ganz anderen Beruf nachgeht – Amateur oder
Profi?“, begründet Otto-Erley die Einteilung in „offene“
und „geschlossene“ Prüfungen.
Richter-Rotation und verbesserte Planbarkeit
Eine weitere Neuregelung, die auf der Auswertung der
Umfrage basiert, ist das Rotationsverfahren für Richter. Demnach darf ein Richter maximal fünf Jahre in
Folge auf einem Turnier eingesetzt werden. Jedes Jahr
muss ein Richter einer Veranstaltung ausgetauscht
werden. Die LPO sieht ferner vor, dass in der vorläufigen Zeiteinteilung der Zeitpunkt der Prüfung konkreter
definiert wird. Weiter Detailänderungen der LPO betreffen insbesondere die einzelnen Disziplinen, eine Erweiterung der Helmpflicht auch Dressurreiter und Fahrer
bis 18 Jahre und Teilnehmer an Dressurprüfungen der
Klasse E und A.
WBO – den Kinderschuhen entwachsen
Ebenfalls vom Verbandsrat verabschiedet wurde die
zweite Fassung der erstmals 2008 erschienenen WBO
mit Grundregeln, Tipps und Hinweisen für die Ausrichtung breitensportlich orientierter Pferdesportveranstaltungen. Die Veränderungen sind vor allem struktureller
Natur. Geblieben ist die Devise „Erlaubt ist, was gefällt“,
sofern die auf sieben Seiten zusammengefassten Grundregeln eingehalten werden. So bietet beispielsweise der
überarbeitete Teil II mit über hundert Wettbewerben
verschiedene Ausschreibungsmuster mit identischen
Aufbau und mit sämtlichen Details, Anforderungen, Bewertung, Ausrüstung, zusätzliche Bestimmungen sowie
ggf. Parcoursskizze oder Dressuraufgabe.
78
Noticiero 2013
Linke und diese Seite: Arbeitspasos auf einer Hacienda in Argentinien
2013 Noticiero
79
Sport mit
Pasopferden
Text: K.C.Otte / Vorbemerkung zur Serie:
»Sport mit Pasopferden«
Gibt es den PV eigentlich noch? So fragte
Kaja Stührenberg zum 10 jährigen
Bestehen des Pasopferde Verbandes.
J
a! Und es gibt uns mehr denn je! In Zeiten,
wo ein gemeinsames Feindbild die Menschen
schneller eint als ein gemeinsames Ziel, setzt
der PV auf ein altes Prinzip: Vielfalt statt Einfalt. Das Buschpferd bei der Galashow, der Spitzensportler auf dem Wanderritt. Paso Largo für den faszinierenden Geschwindigkeitsrausch, Pasollano für
den bequemen Ausritt, Trocha und Pasitrote für den
mehrtägigen Geländeritt, Classic Fino für den besonderen Kick, Tölt für das Gangpferdeturnier, Trab für die
hohe Dressur, Galopp für das Gefühl von Freiheit und
Abenteuer. Paso Peruano, Paso Partbred, Paso Fino, Paso
Iberoamericano für die Züchter mit Visionen und die
Reiter mit Ambitionen.
Ziel des Pasopferde Verbandes bleibt es, diese genetische Vielfalt, die sich historisch aufgrund der geographischen Regionen Südamerikas entwickelt hat, durch
eine ebenso große Vielfalt an Einsatzmöglichkeiten zu
erhalten. Denn nur in einer genetisch breit angelegten
Paso-Zucht kann genügend Zukunftspotential stecken,
um nicht allzu schnell an Inzuchtbarrieren zu stoßen.
Zwei Paso Peruanos unter dem Damensattel auf dem IGV Turnier in Aachen, 1989
80
Noticiero 2013
Die „verwirrende Vielfalt“ wird zusammengeführt in den
allen Pasoschlägen eigenen Grundtugenden Fortaleza,
Nobleza und Belleza. „Brio“ als gemeinsames Zuchtziel
für ein gelungenes Pasointerieur ist so auch eine Haupteigenschaft die unsere große Pasofamilie eint: Sensibilität, Reaktivität, Menschenbezogenheit, Gehwille. All
2013 Noticiero
81
das, und oft noch mehr, verstehen die Aficionados aller Pasoländer unter diesem für Einsatz der Pasopferde
auch im Sport so wichtigen Charakterzug.
Gibt es den PV eigentlich auch 20 Jahre nach seiner
Gründung noch? So mag sich der eine oder andere fragen, doch ein kurzer Blick ins Internet und auf die Besucherzahlen unserer Homepage bringt auch diesmal
die klare Antwort: „JA“. Aber auch wir müssen mit der
Zeit gehen, daher werden sich auch unsere Mitteilungsmethoden den modernen Medien anpassen, sprich: einen „Noticiero“ wie in den vergangenen 10 Jahren (als
Nachfolger der „Pasopferde aktuell“) wird es als PrintAusgabe oder pdf-Download nicht mehr geben. Vielmehr bringen wir wichtige Rubriken (Hengstliste, Fohlenjahrgang, Beiträge) gesondert auf unserer Web-Seite
unter. Somit erfüllen wir unseren Lesern hiermit einen
langgehegten Wunsch, die früheren richtungsweisenden Beiträge zur Entwicklung der Pasowelt in Deutschland (und teils auch in Europa) nochmals im vorliegenden Noticiero 2013 zur Verfügung zu stellen.
Die sportlichen Qualitäten eines Pferdes erkennt man
mit fünf Jahren, die Alltagstauglichkeit mit zehn und
die Gesundheit mit zwanzig Jahren. So kann ein Züchter
im Laufe seines Lebens für den wichtigsten Bereich der
Zucht vielleicht mal gerade drei Generationen überblicken.Wer sich dabei verschätzt, verliert im schlimmsten
Fall einen Haufen Geld bzw. fügt der vielleicht interessantesten hippologischen Herausforderung großen
Schaden zu: der Zucht des bequemen, ehrlichen und
harten Naturtölters. Das Motto des Pasopferde Verbandes gilt also auch umgekehrt: besseren Sport durch bessere Zucht.
Einige Artikel zur Kritik von
Trainingsmethoden siehe auch:
Wieviel Sport darf es sein?*
Noticiero 2009: Wie passt das zusammen – Über den
Einsatz von ViceBreaker und anderen Geräten
Noticiero 2009: Rollkur – Eine Leseempfehlung
aus der Piaffe
Noticiero 2009: Doping bei Pferden – Ein offener Brief
Zusammen mit den südamerikanischen Pasopferden ist
auch eine Reittradition und Atmosphäre nach Europa
gekommen, die durch und durch iberisch-südamerikanisch ist. Gelassenheit und Temperament, Arbeitseifer
und Bequemheit, Genießen und „Brio" - für europäische
Reit-Denkschemata schwer zu vereinbarende und nachvollziehbare Dimensionen. In der europäischen Reittradition rangiert das Interieur des Pferdes weit hinten;
der Name des Reiters dafür um so weiter vorne: So ganz
ohne Profilierungsambitionen geht es bei uns offensichtlich nicht.
und zur Einführung in die Problematik:
„Von Gangpferden und solchen die es werden wollen.“
*E. Eder in Pasopferde aktuell No 24 (2001)
Die elementaren Erlebnisse rund um das kreative Geschehen einer Pasopferdezucht sind so bedeutsam, dass
ein finanzielles Desaster oder ein züchterischer Flop
gerne übersehen oder, noch öfter, schöngeredet werden.
Das bedeutet, und das ist der betrüblichere Punkt dieses Prologs, dass wider besseres Wissen nach wie vor
auf breiter Ebene mit Tieren gezüchtet wird, auf deren
Gene man besser verzichten sollte. Bezogen auf die Population mangelt es den Pasopferden nicht an Gangvermögen, hock action und Termino. Es mangelt leider
öfter an Gesundheit und Langlebigkeit – und manchmal
bedauerlicherweise auch an Charakter, da Brio falsch
verstanden wurde.
Züchten heißt gezielt anpaaren und selektieren. Früher
wurde im wesentlichen selektiert; ein mühsames, aber
82
erfolgversprechendes Unterfangen. Heute wird im wesentlichen gezielt angepaart: der „wirklich qualifizierte“ Züchter betet das Pedigree auf Knopfdruck bis in die
zehnte Generation herunter (wobei unter „gutem Pedigree“ eigentlich immer nur die Hengste gemeint sind).
Dass auch eine Spitzenanpaarung nicht immer Spitzennachzucht ergibt, weiß jeder kritische Züchter.
Noticiero 2013
Gegenbeispiel Peru/USA: Sport in unserem Sinn wird
dort - zumindest mit dem Paso Peruano—nicht betrieben. Die Mehrzahl der Präsentationen sind reine Showdarbietungen oder zumindest gefährlich nahe dran; die
Fitness der Tiere reicht oft gerade für die Dauer der Vorstellung. So war denn auch die Ansbacher Meisterschaft
von 1989 in der amerikanischen Presse die „German
Championship Show" - ganz ohne Show geht drüben offensichtlich nichts.
In der Prüfungsordnung für Pasopferde (PPO) findet
sich eine sehr detaillierte Sportordnung (SO). Ist es
nicht vielleicht doch die Quadratur des Kreises, eine
Genießerdisziplin in ein Punktschema zu zwängen? Ein
Unterfangen dem sich im Laufe der Zeit alle hiesigen
Pasovereine gewidmet haben.
Zunächst: Nichts ist so gut, als dass man es nicht verbessern könnte. Eine geeignete (!) Überprüfung der Fähigkeiten von Ross und Reiter sind als Standortbestimmung sogar unerlässlich und bei Licht betrachtet bringt
das Umfeld zum oft verpönten Turnierbetrieb auch dem
Freizeitreiter eine Reihe von unleugbaren Vorteilen:
» Die Vorbereitung auf ein Turnier fordert den Reiter;
er wird motiviert, an seiner eigenen Fitness und der
seines Pferdes zu arbeiten.
» Untrainierte Pferde und Reiter sind einem erheblich
höheren Verletzungs- und Unfallrisiko ausgesetzt;
Training bedeutet geistige Vorbereitung und körperliche Arbeit.
» Ein Vergleich im sportlichen Wettbewerb der einzelnen Pferde zeigt dem Interessierten, wo der Schwerpunkt der jeweiligen Zuchtstätten und -linien zu sehen ist (Schau, Gelände, Ausdauer).
» Das neutrale Richten der Pferde zeigt Schwachstellen
der Zucht. Lücken in der Ausbildung von Pferd und
Reiter treten zutage und zeigen den Bedarf für Zuchtberatung und Kursprogramme.
» Die intensivere Beschäftigung des Reiters mit seinem
Pferd bei der Vorbereitung auf das Turnier fördert
» das Verständnis für die individuellen und rassespezifischen Besonderheiten. Imagepflege an der Basis:
Vorzüge, Stärken können betont werden, Schwachstellen können erkannt und aufgearbeitet werden.
» Sport darf nicht mit Hochleistungsschinderei verwechselt werden: Kein Selbstzweck, sondern Mittel zum Zweck der Gesunderhaltung von Tier und
Mensch.
» Jedes Turnier hat auch Werbecharakter und dient so
der Selbstdarstellung der verschiedenen Pasorassen.
Artgerecht und rassespezifisch trainierte Pasopfer» de fördern das Interesse der Reiterwelt an unseren
Pferden und vergrößern die Töltgemeinde.
Ein sportlicher Vergleich'— insbesondere im Rahmen
» von Gemeinschaftsturnieren mit anderen Rassen
(z.B. bei der IGV) - beugt der „Betriebsblindheit" vor.
Der Blick über den Tellerrand der eigenen Rasse und
Reitkunst hat noch keinem geschadet.
Der Sport mit den Pasopferden muss rasseorientiert,
» vielleicht sogar rassespezifisch sein. Ein ausgewiesenes Springtalent ist der Paso sicher nicht; auch
vor dem Pflug macht er nur eine mäßige Figur. Seine
Stärken sind eine gute Ausdauerleistung bei unüber-
troffenem Komfort für den Reiter und seine immer
wieder überraschende Kooperationsbereitschaft und
sensible Gelehrigkeit.
Die Konkurrenz im Töltlager schläft aber nicht! Um
eingefleischte Ignoranten von den Vorzügen eines Tölters zu überzeugen, ist ein Pasopferd nach wie vor
die sicherste und eleganteste Methode, die Schar der
Aficionados zu stärken.
Ausgehend von diesen Überlegungen haben die Pasovereine ihre Sportordnungen um eine wichtige Prüfung
erweitern: die PRUEBA DE TRABAJO oder ARBEITSPRÜFUNG (PT). Sie basiert auf dem altperuanischen
Grundgedanken, dass der Paso Peruano in erster Linie ein Arbeitspferd sein soll und dadurch als ideales
Freizeitpferd prädestiniert ist. Dies gilt gleichermaßen
auch für die anderen Pasoschläge. Die PT soll eine Art
Abschlussexamen für die Ausbildung des Freizeitpferdes darstellen.
Die Prüfung wird in drei Schwierigkeitsgraden durchgeführt, die den unterschiedlichen Ausbildungs- und
Trainingsmöglichkeiten von Pferd und Reiter Rechnung
tragen: Bronze, Silber, Gold. Die PT muss im Rahmen
einer offiziellen Veranstaltung abgelegt werden. Alle
Abschnitte müssen während eines Turniers und vom
gleichen Reiter bewältigt werden. Mittlerweile ist sie
auch von der FN für alle Pasorassen als alternative
Leistungsprüfung anerkannt.
Somit »Das Pasopferd - Sportler,
aber kein Sportgerät?«*
Woher kommt das hohe Interesse an sportlicher Betätigung mit Pasopferden? Ist es legitimes Bedürfnis nach
Selbstdarstellung? Suche nach Kontakt mit Ähnlichgesinnten? Eines bewegt die Akteure sicherlich nicht: die
Preisgelder. Die Teilnahme an einem Pasoturnier bleibt
auf absehbare Zeit ein Zuschussgeschäft- und das ist
auch sicher gut so.
Wenn den Pasopferden begrenzte Möglichkeiten zur
„echten" sportlichen Betätigung nachgesagt werden (
sie können nicht mal Springen!), so ist dieses enorme
Interesse doch einer genaueren Betrachtung wert. Das
Genießerpferd Paso zwischen Stoppuhr und Verfassungskontrolle? Zugegeben - was den rein athletischen
2013 Noticiero
83
Teil des Sports angeht, gibt es geeignetere Pferde, auch
unter den Gangpferden. Aber gerade die starke Betonung der Rittigkeit der Pasopferde eröffnet uns Pasoreitern die Möglichkeit der sportlichen Betätigung am
anderen Ende der Skala, wo weniger der Kraftprotz
und Renner gefragt ist, auch nicht der gedrillte Erfüllungsgehilfe, schon gar nicht der Springer, sondern der
Freund der leisen Töne: Reiten für Feinschmecker. Und
da scheinen die Pasopferde ihren Markt gefunden zu
haben. So ist es durchaus verständlich, dass nach einer
gewissen Zeit–schließlich hat man sich das Pasopferd
gekauft, weil man eigentlich keine Turnierambitionen
hat - doch das Verlangen nach einer Beurteilung aufkeimt. Man möchte nicht so ganz im Niemandsland der
unbeobachteten Buschreiterei verharren; man möchte
sich und sein Pferd optimieren; man sucht die Standortbestimmung: Wie gut sind die anderen, wie gut sind
wir beide, mein Pferd und ich?
Die PPV hatte bald nach ihrer Gründung ein Regelwerk,
die Prüfungsordnung für Paso Peruanos (PPO), herausgegeben. Pate standen die LPO und die IPO, aber vieles
musste auch vollkommen neu erarbeitet und für unsere
europäischen Vorstellungen umgestaltet werden. So ist
eine Prüfungsordnung immer nur eine Arbeitsgrundlage, die bei Bedarf geändert werden darf oder sogar
muss - wenn z. B. Lücken oder Widersprüche entdeckt
werden oder die Nachfrage nach einem anderen Typ von
Prüfung wächst.
Die PPO ist in ihrer aktuellen Version die Quintessenz
aus vielen Jahren Sport mit dem Paso. Bei der neuerlichen Überarbeitung hat ein Grundsatz verstärkt Pate
gestanden: Alle Pasoprüfungen müssen so gestaltet
sein, dass für jeden reiterlichen Anspruch und für jede
reiterliche Orientierung eine Prüfung angeboten wird.
Jeder Pasoreiter muss sich irgendwo in einer PPO wiederfinden können. Egal ob es die gekonnte Vorstellung
eines zukünftigen Zuchtpferdes an der Hand ist, die
Dressurkür oder der Langstreckenritt: Die Ausrede: für
mich bietet die PPO nichts - gilt nicht mehr. Alles, was
man sinnvollerweise in Sachen Sport mit Pasopferden
machen kann, hat in die entsprechenden Prüfungsordnungen, sei es der IGV, sei es der verschiedenen Pasovereine, Eingang gefunden.
Sabine Wieczorek auf der Paso Peruano Stute Marita KCO im Trail | EuroPaso in Weihersmühle, 2000
84
Noticiero 2013
Ausrüstung, Hufbeschlag, Tierschutz, Turnierleitung,
Schiedsgericht, Ordnungsmaßnahmen. Drei Punkte aus
diesem Abschnitt sollen besonders erwähnt werden:
» Das
Hufbeschlagsreglement wurde gegenüber der
ursprünglichen Fassung weiter präzisiert. Wenn man
züchterisch den besten aller Naturtölter anstrebt,
so dürfen auf diesem Sektor keine Zweideutigkeiten möglich sein. Sicherlich wird man mit Zugewinn
weiterer Erkenntnisse auch an diesem Passus immer
wieder arbeiten müssen. Nichtsdestoweniger sei das
genaue Studium des Beschlagsreglements empfohlen.
Die Retranca, also der untere Riemen des Hinterge» schirrs, ist in den Zuchtprüfungen nicht mehr zwingend vorgeschrieben. Dies ist einerseits mit der in
Peru geübten Praxis zu vereinbaren.
Andererseits entspricht die traditionelle südameri» kanische Ausrüstung nicht in jeder Hinsicht unseren
Sicherheitsvorstellungen. Es ist nicht–wie der Purist
vielleicht vermutet - der Beginn des Kulturbanausentums. Es waren bei dieser Überlegung wirklich einzig
und allein Argumente im Spiel, die der Reitersicherheit und der Pferdegerechtigkeit dienen.
Der „Renner“ unter den Sportprüfungen scheint die
neue „Prueba de Trabajo" (Arbeitsprüfung) zu sein (siehe
oben). Sie dokumentiert wie keine andere Prüfung der PO
die Vielseitigkeit des Pasopferdes. Hier kann jedes Pferd
und jeder Reiter seine Stärken unter Beweis stellen und
auf der anderen Seite kleine Defizite wieder ausgleichen,
so dass das ganze Spektrum der Anforderungen, die an
ein gutes Freizeitpferd gestellt werden, in möglichst objektiver Form dokumentiert werden. Die drei Schwierigkeitsgrade (Bronze, Silber, Gold) sind so gestaltet, dass
in der leichtesten Version die solide Grundausbildung
und Basiskondition ausreichend ist, während in der
schwersten Version nur das Ausnahmepferd und der
bestens vorbereitete Reiter bestehen können.
Jeder nach seiner Fasson...
Einige Prüfungen wurden aus der Sportordnung herausgenommen und als Empfehlung für Schauprogramme weitergegeben. Die Copa de Champan und die
Damensattelklasse sind zwar sehr publikumswirksam,
sind aber im Grunde genommen keine ernsthaften Leistungsprüfungen; das gilt auch für andere FUN-Prüfungen, die auf jedem Turnier trotzdem ihre Existenzberechtigung haben.
Im Allgemeinen Teil einer PO werden die Fragen geregelt,
die in allen Prüfungen gleichermaßen von Bedeutung
sind, Zulassungsvoraussetzungen für Pferd und Reiter,
Mit einer Pasoprüfungsordnung im Hinterkopf müssen
wir nun zwei Ziele verwirklichen:
2013 Noticiero
85
» Reitern,
»
die sich gerne im sportlichen Wettkampf
messen würden, aber noch unerfahren im Turniergeschehen sind, muss die SchweIlenangst genommen
werden. Auf einem Pasoturnier wird niemand bloßgestellt. Der Neuling wird überrascht sein, wie kooperativ die Atmosphäre und wie hilfsbereit die alten
Hasen sind.
Der absolute Turniermuffel sollte sich überzeugen
lassen, dass Turniere kein Selbstzweck sind. Sie sind
eine Messlatte für die Ausbildung des Pferdes, das
Können des Reiters. Insofern dienen sie dem Kenntniszuwachs im Bereich Zucht, Ausbildung und Haltung und damit direkt dem Pferd.
Man kann wunderschön im stillen Kämmerlein musizieren —ganz für sich allein - und seine Freude dran
haben. Man kann alleine durch den Busch reiten und
Erholung finden wie sonst nirgendwo. So wie das Konzert für den Musiker Ansporn für die Feinarbeit ist, ist
es das Turnier für den Reiter. Bei dieser Pferderasse
und diesem Reglement besteht kaum Gefahr, dass ein
Pferd Opfer des Ehrgeizes wird. Dagegen entlohnt uns
die Turnierteilnahme mit neuen Erkenntnissen und positiven Eindrücken
Pasopferde in ihren Ursprungsländern, manchmal sogar mehr als ihnen lieb ist.
Für „zeitgemäßes" Reiten hier ein Beispiel: Man weiß
heute, wie das Pferd „fokussiert“, das heißt die Sehschärfe reguliert. Nachdem dazu ein großes Maß an
Kopffreiheit nötig ist, kann „zeitgemäßes" Reiten im Gelände nur am langen Zügel stattfinden. Wenn man den
veröffentlichten Statistiken glauben darf, tummelt sich
die überwiegende Mehrheit der Reiter in Wald und Feld
und nur ein verschwindend kleiner, publizistisch aber
sehr aktiver Teil, findet seine reiterliche Bestätigung
auf dem Turnierplatz. So gesehen, sind Paso-Reiter gar
nicht exotisch, sondern eher durchschnittlich normal.
Was ihr „Anderssein" ausmacht sind ihre Pferde und die
damit gepflegte Reitweise.
hends; ja wir treffen heute „Gurus", die die Pferdehaltung nur oder doch auch gutheißen, wenn „Reiten" nicht
beabsichtigt oder möglich ist (Hempfling, Strasser ..).
Zeitgemäß ist sicherlich auch die Forderung, die auf
dem FN-Seminar über „Reitweisen der Welt' erhoben
wurde; die Natürlichkeit, das Lockere, die Fröhlichkeit
für alle Reitweisen in den Vordergrund zu stellen. Reiten soll Mensch und Pferd Spaß machen, dann gelingt
es auch. Gemeinsame Arbeit mit dem Pferd als moderne
Alternative zum Arbeiten des Pferdes als Selbstzweck.
Wenn einzelne Ausbildungsschritte eine Eigendynamik entwickeln und zum Selbstzweck werden (Halfter-
Vorführung; Dressur am Platz: Springreiten, etc.) wird
die Sache schnell einseitig, d.h. unnatürlich, nicht mehr
zeitgemäß. Ganz aus dem Ruder läuft die Angelegenheit, wenn persönlicher und wirtschaftlicher Erfolg der
Reiter maßgebend werden.
Selbstverständlich ist es fundamental wichtig, weder
während der Ausbildung noch später im Sport mehr zu
verlangen, als das Pferd anbietet und zu leisten imstande ist. Aber ebenso fundamental und für das psychische
Wohlbefinden des Tieres wichtig, ist das Vermeiden von
Unterforderung und Langeweile. Wenn Harmonie und
Partnerschaft das moderne Reiten auszeichnen, das
Im Grunde gibt es nur zwei Reitweisen: Gutes Reiten
und Schlechtes Reiten. Wo sich die Geister etwas scheiden ist bei der Definition „gut", doch sind die Gemeinsamkeiten guten Reitens in allen Reitweisen größer, als
ihr äußerlich so unterschiedliches Gehabe vermuten
lässt.
Gutes, und damit „zeitgemäßes" Reiten
beinhaltet die Harmonisierung von:
Also: Ist Pasopferde-Reiten zeitgemäß eine berechtigte Frage?*
Was ist eine zeitgemäße" Reitweise"? Doch wohl eine,
die die Bedürfnisse der heutigen Reiter mit den Besonderheiten der Pferdenatur am besten in Einklang
bringt. Hierzu wurden in den letzten Jahren viele Ansätze gemacht, doch abgeschlossen ist die Entwicklung
noch lange nicht, wann überhaupt?
Was sich besonders nach dem 2. Weltkrieg geändert hat
sind: Einsatzmöglichkeiten des Pferdes. Erkenntnisse über die Natur des Pferdes. Reiter von exotischen
Rassen haben hier, erstmals ohne eigenes Verdienst,
einen gewissen Vorteil, weil bei ihnen der Einsatz des
Pferdes und die dazugehörige Ausbildung noch eine gewisse Einheit bilden, da sie der ureigensten Pferdearbeitswelt entstammen.
Reiter von Pasopferden wollen sog. „Freizeitpferde"
(Berufspferde gibt es bei uns fast nur noch auf der
Rennbahn) das heißt zuverlässige Reitpartner für lange Stunden im Gelände. Genau diesen Einsatz erfahren
86
Noticiero 2013
» Reitweise
» Reiter und Ziele
» Pferdetyp
» Sattelung und Zaumzeug
Das Ziel guten Reitens ist auch
weitgehend gleich:
» Erhalt der Gesundheit von Reiter und Pferd
» gehorsame Mitarbeit des Pferdes
» mehr Lebensqualität für alle Beteiligten
Eine Reitweise, die eine Gefährdung von Reiter oder
Pferd beinhaltet, ist eo ipso eine schlechte, nicht mehr
zeitgemäße Reitweise. Das lässt sich genauso kategorisch für jede Hippo-Aktivität sagen die der physischen
oder/und psychischen Natur der Pferde zuwider läuft.
Wenn der Reitsport heute für viele Menschen attraktiv sein soll, dann liegt es auf der Hand, die Vielfalt an
Rassen, Reiteigenschaften, Gangarten und Ausrüstungen mit der Vielschichtigkeit von Wünschen und Zielen
der Reiter in Einklang zu bringen. Ganz unterschiedliche Motivationen bestimmen die Beziehung zum Pferd.
Das nicht wettkampfmäßige Reiten profiliert sich zuse-
Jugendlicher Paso Fino Reiter auf der Confepaso MS in Caracas, 1996
2013 Noticiero
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Erlebnis von Natur und Kreatur im Vordergrund stehen
sollen, müssen Reitweise und Anforderung „pferdegerecht“ gestaltet werden. Ein frustrierter Partner ist ein
schlechter Mitarbeiter. Daraus kann sich kein gutes Reiten ergeben. Jede Reitweise, das kann man in den entsprechenden Regelwerken nachlesen, will „zufrieden gehende Pferde". Es geht allen um die gemeinsame Sache
Sport und Freizeit und um das gleiche Lebewesen Pferd.
Jedes Land hat im Laufe der Vergangenheit seine für
sich geeignete Pferderasse und Reitweise hervorgebracht: denn die Züchter selektieren immer darauf, was
die Reiter ihnen abkaufen; das ist nun einmal so, und
zwar weltweit. Solange diese Reitweisen und Pferderassen seriös gepflegt werden, bilden sie eine große Bereicherung unserer Reitszene. Diese Seriosität darf aber
weder mit „traditionsstarrer Folklore" verwechselt werden. noch ist die kritiklose Übernahme all dessen, was
aus den Ursprungsländern kommt, noch zeitgemäß. Gerade die Pasoreiter, die nicht mit der kreolischen Mentalität vertraut sind (die es den Lateinern oft schwer
macht durch Integration moderner hippologischer Erkenntnisse in die traditionelle Ausbildungs- und Reitweise zeitgemäßer zu werden) finden heute manchen
Anlass zur Kritik.
Das Bestreben der Pasofreunde unseres Landes ist, hier
eine Brücke zu bauen im Sinne von „Fortschritt und Tradition", denn Pasopferde sollen auch solche bleiben, in
all ihrer VieIfalt an Schlägen und Reitweisen. Bei Vorführungen, auf Messen, o.ä. verzichten wir andererseits
ungern auf die Exotik südamerikanischer Ausrüstung.
Dennoch: Reform tut Not und sowohl der PV als auch
die anderen Gangpferdevereinigungen sollten sich darum kümmern.
Zeitgemäße Reitweise ist die passende, den Bedürfnissen und Zielen des Reiters ebenso angemessen, wie den
körperlichen und seelischen Voraussetzungen des Pferdes. Keine „richtige" Reitweise ohne die dazu passende
Ausbildung von Reiter und Pferd sowie die artgerechte
Pferdehaltung. lch kann nicht umhin, diese mir so wichtige Grundlage für zeitgemäßen Umgang mit Pferden
immer wieder zu betonen.
Kein Reiter kann locker Vertrauen signalisierend auf
einem Pferd sitzen, das die vergangenen Stunden und
Tage in einem pferdefeindlichen Gefängnis (sprich Box)
verbracht hat und entsprechend verspannt, expIosionsbereit, frustriert ist. Der Reiter allein kann dem Pferd
nie ein ausgeglichenes Seelenleben vermitteln, das für
seine Sicherheit beim Reiten so wesentlich ist. Artgerechte Haltung rangiert hier immer noch vor Bequemlichkeit des Reiters. Dafür dürfen auch sogenannte Turniererfolge mal auf der Strecke bleiben.
Kein Reiter kann mit leichter Hand und frohem Sinn
sein Pferd dirigieren, wenn er dessen „Knöpfe" nicht
kennt: Missverstehen und Frust sind programmiert,
wenn Ausbildungs- und spätere Reitweise nicht eine
Einheit bilden.
Paso Fino auf der IDMG 2007
88
Noticiero 2013
Während sich um die Jahrhundertwende der Turniersport schon europaweit etabliert hatte, waren die meisten Vorführungen der Pasopferde in ihren Ursprungsländern bis zur Mitte des vorigen Jahrhunderts reine
Zuchtschauen, aus denen allerdings nach und nach teils
auch sportliche Wettkämpfe wurden.
Reine Schauvorführungen, also Pasopferdedarbietungen mit Wettbewerbscharakter wurden rassespezifisch
erst in den USA entwickelt; zuerst nach dem traditionellen Reglement mit Anpassungen an die amerikanischen
Publikumserwartungen. Heute beobachten wir eine
Rückwirkung dieser „Pasoturniere" auf die Ursprungsländer mit all den, auch negativen, Seiteneffekten auf
Zuchtziel und Reitweise. Wir sind also aufgefordert,
das was mit den Pasopferden, zunächst aus USA, später
auch zunehmend aus den Ursprungsländern an ‚Reitkultur" und „Horse-Man-Ship" zu uns kommt, kritisch
zu betrachten und auf seine Zeitgemäßheit zu durchleuchten. Ist z.B. die Jungpferdearbeit am Palo" noch
zeitgemäß? Oder muss nicht die notwendige und traditionell übliche Bodenarbeit neu organisiert werden,
Jungpferde gerechter gestaltet werden? - Und wie steht
es um die Pferdegerechtheit des Bozal? - Wir wollen und
sollen ihn nicht missen; besonders in seiner vielseitigen und freundlichen Form aus Kolumbien ist der Bozal
eine fast unverzichtbare Ausbildungszäumung für Pasopferde. Mittlerweile wissen Wanderreiter jeglicher
Couleur diese Zäumung zu schätzen.
In diesem Licht betrachtet mag nun dem einen oder anderen die SPO (Sportprüfungsordnung für Pasopferde)
verständlicher erscheinen: „Fortschritt mit Tradition“
zum Zwecke einer Sportausübung für die Verbesserung
der Zuchtbemühungen. Das klingt sehr kompliziert, ist
aber denkbar einfach, eben zeitgemäß.
Wieviel Sport muss sein?*
Zusammen mit den Pasopferden ist auch eine Reittradition und Atmosphäre nach Europa gekommen,
die durch und durch iberisch-südamerikanisch ist.
Gelassenheit und Temperament, Arbeitseifer und Bequemheit, Genießen und „Brio“ – für europäische
Reit-Denkschemata schwer zu vereinbarende und
nachvollziehbare Dimensionen. In der europäischen
Reittradition rangiert das Interieur des Pferdes weit
hinten; der Name des Reiters dafür um so weiter vorne:
So ganz ohne Profilierungsambitionen geht es bei uns
offensichtlich nicht.
In den Prüfungsordnungen für Pasopferde (PPO) findet sich eine sehr detaillierte Sportordnung (SO). Ist es
nicht vielleicht doch die Quadratur des Kreises, eine Genießerdisziplin in ein Punktschema zu zwängen?
Zunächst: Nichts ist so gut, als dass man es nicht verbessern könnte. Eine geeignete (!) Überprüfung der Fähigkeiten von Ross und Reiter sind als Standortbestimmung sogar unerlässlich.
Bei Licht betrachtet bringt das Umfeld zum oft verpönten Turnierbetrieb auch dem Freizeitreiter eine Reihe
von unleugbaren Vorteilen:
» Die Vorbereitung auf ein Turnier fordert den Reiter;
»
»
»
»
»
»
»
»
»
er wird motiviert, an seiner eigenen Fitness und der
seines Pferdes zu arbeiten. Das gilt gleichermaßen
für das Wanderreittraining.
Untrainierte Pferde und Reiter sind einem erheblich
höheren Verletzungs- und Unfallrisiko ausgesetzt;
Training bedeutet geistige Vorbereitung und körperliche Arbeit.
Ein Vergleich im sportlichen Wettbewerb der einzelnen Pferde zeigt dem Interessierten, wo der Schwerpunkt der jeweiligen Zuchtstätten und –linien zu sehen ist (Schau, Gelände, Ausdauer)
Das neutrale Richten der Pferde zeigt Schwachstellen
der Zucht. Lücken in der Ausbildung von Pferd und
Reiter treten zutage und zeigen den Bedarf für Zuchtberatung und Kursprogramme.
Die intensivere Beschäftigung des Reiters mit seinem
Pferd bei der Vorbereitung auf das Turnier fördert
das Verständnis für die individuellen und rassespezifischen Besonderheiten. Imagepflege an der Basis:
Vorzüge, Stärken können betont werden, Schwachstellen können erkannt und aufgearbeitet werden.
Sport darf nicht mit Hochleistungsschinderei verwechselt werden: Kein Selbstzweck, sondern Mittel
zum Zweck der Gesunderhaltung von Tier und Mensch.
Jedes Turnier hat Werbecharakter und dient der
Selbstdarstellung der Rasse.
Artgerecht und rassespezifisch trainierte Pasos fördern das Interesse der Reiterwelt an unseren Pferden.
Ein sportlicher Vergleich – insbesondere im Rahmen
von Gemeinschaftsturnieren mit anderen Rassen –
beugt der „Betriebsblindheit“ vor. Der Blick über den
Tellerrand der eigenen Rasse und Reitkunst hat noch
keinem geschadet.
Der Sport mit dem Paso muss rasseorientiert, vielleicht sogar rassespezifisch sein. Ein ausgewiesenes Springtalent ist der Paso sicher nicht; auch vor
dem Pflug macht er nur eine mäßige Figur. Obwohl
ich ihn bei dieser Arbeit schon in Kuba oder Costa
Rica beobachten konnte. Seine Stärken sind eine gute
Ausdauerleistung bei unübertroffenem Komfort für
2013 Noticiero
89
den Reiter und seine immer wieder überraschende
Kooperationsbereitschaft und sensible Gelehrigkeit.
Die Konkurrenz im Töltlager schläft nicht; um eingefleischte Ignoranten von den Vorzügen eines bequemen
Tölters zu überzeugen, ist etwa der Paso Peruano nach
wie vor die sicherste und eleganteste Methode. Dagegen überzeugen Paso Finos eher beim Temperamenttölt
oder Paso Iberoamericano beim Dressurtölt.
Ausgehend von diesen Überlegungen haben die Pasovereine ihre Sportordnung um eine wichtige Prüfung erweitert: die Prueba de trabajo oder Arbeitsprüfung (PT).
Sie basiert auf einen altperuanischen Grundgedanken,
dass der Paso in erster Linie ein Arbeitspferd sein soll
und dadurch als ideales Freizeitpferd prädestiniert ist.
Sie soll eine Art Abschlussexamen für die Ausbildung
des Freizeitpferdes darstellen. Darüber hinaus gilt sie
FN-weit offiziell als Pasoleistungsprüfung. Die Prüfung wird in drei Schwierigkeitsgraden durchgeführt,
die den unterschiedlichen Ausbildungs- und Trainingsmöglichkeiten von Pferd und Reiter Rechnung tragen:
Bronze, Silber, Gold. Die PT muss im Rahmen einer offiziellen Veranstaltung abgelegt werden. Alle Abschnitte
müssen während eines Turniers und vom gleichen Reiter bewältigt werden.
Diese Prüfung ist allen Pasopferden auf den Leib geschneidert. Viele Probeläufe in Einzeldisziplinen haben
gezeigt, dass die geforderten Leistungen – auch wenn
sie beim ersten Hinsehen als gering erachtet werden –
nicht unterschätzt werden dürfen und in der Kombination eine echte Leistungsprüfung (LP) darstellen.
Ein ideales Wanderreitpferd wie der Paso muss seinen
Reiter sicher und bequem durchs Gelände tragen können. Es braucht entsprechende physische und psychische Konditionen. Diese werden in drei Teilabschnitten
überprüft: Kondition im Streckenritt, Gehorsam und
Reitsicherheit in den Rittigkeits- bzw. Traiprüfungen
und Reitkomfort in der Töltprüfung. Unter den Teilnehmern wird – getreu dem Motto eines Freizeitsports –
keine Rangierung vorgenommen. Die Prüfung wird nur
in zwei Kategorien bewertet: „bestanden“ oder „(noch)
nicht bestanden“. Letzteres Urteil soll nicht zum Aufgeben führen, sondern Anreiz zur Wiederholung der Prüfung geben.
Sie erfordert schon in der kleinsten Version ein hohes
Maß an gezieltem Training und Vorbereitung. Als umfassendste Leistungsprüfung kann hier der Paso seine
ideale Eignung als vielseitiges Freizeitpferd unter Beweis stellen. Gleichermaßen wird sie bei der Weiterentwicklung einer gesunden Population und eines interessanten Sportgeschehens hilfreich sein. Von jedem
ernsthaften Hengsthalter zu erwarten, dass sein Tier im
Leistungsstutbuch seines Zuchtverbandes steht, ist das
gute Recht unserer Züchter. Andererseits sollte es deren Ehrgeiz sein, möglichst nur mit leistungsgeprüften
Stuten zu züchten, denn nur diese können langfristig
Hengstmütter werden.
Kaja Stührenberg und Paso Iberoamerikano Stute Batisma in der Piaffe (Deutsche Meister 2007)
90
Noticiero 2013
Epilog
Die Mäuse, die sehr unter einer Katze zu leiden haben,
beschließen, Abgesandte zum weisen Uhu, einem Pferdeguru, zu schicken und um Hilfe zu bitten. Er sagt:
„Die Lösung ist ganz einfach: Bindet der Katze eine Glocke um, dann hört ihr's läuten, wenn sie sich nähert und
könnt verschwinden!“ Erfreut geht die Delegation heim
und berichtet. Da fragt eine Maus plötzlich in die allgemeine Euphorie hinein: „Aber wie binden wir der Katze
die Glocke um?“ Die Delegation geht wieder zum Uhu
und trägt ihm das Problem vor. Er sagt ungehalten: „Ich
habe euch die Lösung in groben Zügen skizziert, um die
Details müsst ihr euch schon selbst kümmern!“
Barrida von Paso Peruanos auf der Veranstaltung: "Bayern Pferd" in München / Riem (1994)
2013 Noticiero
91
Sieben Gerüchte, die man
schnell vergessen sollte
Gerücht Nr. 1:
Ein Pasopferd braucht keine
Ausbildung
Die große Kooperationsbereitschaft und natürliche
Töltveranlagung veranlassen viele Pasoreiter, wenig für
Aus- und Weiterbildung von Pferd und Reiter zu tun.
Basistraining und Gymnastizierung helfen, die Anlagen
auszuschöpfen. Oft ist es ein Tip eines erfahrenen Trainers, der Pferd und Reiter in einer festgefahrenen Situation weiterhilft.
Gerücht Nr. 2:
Pasopferde sind Kinder- und
Anfängerpferde
Ein guterzogener iberischer Vollblüter ist sicher und
zuverlässig. Ihre extreme Reaktionsbereitschaft und
Sensibilität machen das Reiten auf ihnen zum Genuss.
Ein absoluter Reitanfänger, der diese Reaktionsbereitschaft nicht umsetzen kann, ist damit eher überfordert.
Ruhige, eher ältere und abgeklärte Pferde sind hingegen durchaus geeignet, einem Anfänger oder Kind das
erste Töltfeeling zu vermitteln.
Gerücht Nr. 3:
Pasos sind Kurzstreckenpferde
Von ihrer züchterischen Konzeption sind sie eher das
genaue Gegenteil: Arbeitspferde für den kräfteschonenden Dauereinsatz. Diese Qualitäten werden heute in den
Ursprungsländern immer noch überprüft; solche Prüfungen lenken aber nicht die große Aufmerksamkeit des
Publikums auf sich. Diese gilt den Shows. Es liegt an
uns, die Pferde wieder in ihrem ursprünglichen Sinn zu
trainieren und einzusetzen.
züchterisch noch durch Ausbildung. Die Natur gibt ihm
die Anlage zu dieser Gangvariante mit, der Reiter ruft
diese Veranlagung lediglich ab.
Gerücht Nr. 5:
Finos tippeln und Peruaner schaufeln
Jede Pferderasse weist Besonderheiten in der Gangmanier auf. Der Trab des Friesen ist nicht mit dem des
Arabers zu vergleichen. Selektion im Hinblick auf den
Verwendungszweck bedingen Veränderungen der Gangmanier. Das Prinzip der schwingungsfreien Zone in der
Sattellage kann auf verschiedene Weise verwirklicht
werden. Bei den Pasopferden ist es perfekt gelungen.
Weite Bewegungen und ausgeprägte Vorhandaktion plus
Termino sind ebenso berechtigt wie kurze, hochfrequente Schritte mit viel Hinterhandaktion. Für Außenstehende ist das eine wie das andere optisch gewöhnungsbedürftig – das Erlebnis im Sattel ist entscheidend.
Gerücht Nr. 6:
Pasos werden sein 500 Jahren
rein gezogen
Erstens: es stimmt nicht. Die Zuchtbücher wurden teilweise erst vor wenigen Jahren geschlossen. Zweitens: wenn
es stimmen würde, wäre es genetisch höchst bedenklich,
mit so kleinen Populationen Reinzucht zu betreiben.
Es gibt also keinen Grund, diese Behauptung aufrechtzuerhalten. Was viel wesentlicher ist: die „gedankliche“ Reinzucht, das Zuchtziel vom superbequemen
Naturtölter, ist seit Jahrhunderten unverändert. Mehr
Rassemythos braucht ein gutes Pferd nicht.
Gerücht Nr. 7:
Nur traditionelle Ausbildung und
Ausrüstung bringen gute Pasos
Gerücht Nr. 4:
Der Classic Fino ist ein Fachidiot
Die Beschränkung des Classic Fino-Pferdes auf ein
einziges Tempo bezieht sich auf das Prüfungswesen.
Freilaufend oder im Gelände bewegt sich das Classic
Fino-Pferd auch in anderen Gangarten und Tempi. Sie
dressurmäßig vorzustellen, ist ein besonderer Genuss.
Classic Fino kann man nicht herbeizwingen – weder
Ausbildung und Ausrüstung der Pasopferde in den Ursprungsländern sind stark traditionell orientiert. Wir sollten von diesen Traditionen das übernehmen, was gescheit
ist. Vieles ist genial gut durchdacht – wie die Basisausbildung mit dem Bosal; anderes umstritten, z.B. die frühzeitige Arbeit am Palo; manches ist reine Brauchtumspflege.
Silberne Beschläge am Sattel sehen elegant aus. Über die
Qualität des Pferdes sagen sie wenig.
LEONDE ANGRAND
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Noticiero 2013
2013 Noticiero
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Presseschau
Presseschau
Über den Tellerrand geschaut...
Es stand in: Deutsches Tierärzteblatt 8/2012
„Guten Lauf gehabt?“
Die Bedeutung des Hundes nimmt in unserem Leben
einen immer größeren Raum ein. Hundeschulen und
Vereine erweitern stetig ihre Angebote: Angefangen bei
der Vielseitigkeitsprüfung für Gebrauchshunde (VPG)
über den Turnierhundesport (THS) bis hin zu Agility,
Obedience, Flyball, Frisbee, Treibball etc., die Palette
ist riesig – und in den meisten dieser Sportarten wird
von unseren tierischen Partnern nicht wenig verlangt.
Erkrankungen des Bewegungsapparates sind in den
letzten Jahren immer mehr zum Schreckgespenst des
ambitionierten Hundehalters geworden. Umso mehr
sollte der verantwortungsvolle Hundetrainer seine Aufgabe darin sehen, Auffälligkeiten im Gangbild seiner
Schützlinge erkennen und interpretieren zu können.
Nicht jeder Hund, nicht jede Rasse, ist für jede Sportart
geeignet. Nur ein gesunder Hund ist in der Lage, den
Anforderungen, die an ihn gestellt werden, mit Freude und Eifer nachzukommen. Ziel des Seminares ist
die Blickschulung für Eigenheiten, bis hin zu eventuell krankhaften Veränderungen im Gangbild, um einer
Fehl- bzw. Überbelastung des Hundes vorzubeugen. Es
sollte selbstverständlich sein, für jeden Hund die richtige Sportart zu ermitteln und darüber hinaus das Training an die individuelle Kondition anzupassen.
Tierarzthaftung
Es stand in: eutsches Tierärzteblatt 8/2012
Ein Tierarzt, der seine Pflichten aus einem Vertrag
über die Ankaufsuntersuchung eines Pferdes verletzt
und deshalb einen unzutreffenden Befund erstellt hat,
haftet unabhängig von einer etwaigen Haftung des
Pferdeverkäufers seinem Vertragspartner (hier: dem
Pferdekäufer) auf Ersatz des Schadens, der diesem dadurch entstanden ist, dass er das Pferd aufgrund des
fehlerhaften Befundes erworben hat.
Paso Peruano, Concurso National, Peru/Lima
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Noticiero 2013
(BGH, Az.: VIIZR 164/22)
Tierhaltungssysteme
grundlegend überdenken
Es stand in: Deutsches Tierärzteblatt 8/2012
Deutsche Agrarforschungsallianz legt Strategiepapier zur Zukunft der Nutztierhaltung vor.
Mit einem umfassenden und radikalen Ansatz soll die
heimische Nutztierhaltung besser in Übereinstimmung
mit den gesellschaftlichen Erwartungen gebracht werden. Das geht aus einem Strategiepapier zur Tierhaltung hervor, welches die Deutsche Agrarforschungsallianz (DAFA) jetzt beschlossen hat. Darin plädieren die
in der DAFA zusammengeschlossenen 55 Forschungseinrichtungen für die Entwicklung gänzlich neuer Produktionssysteme in der Schweine- und Geflügelhaltung. In ihrem Papier sprechen die Autoren von einer
„großen Herausforderung“, der sich die Wissenschaft
neben einer Weiterentwicklung bestehender Systeme
stellen müsse. Dabei müssten jedoch zugleich die Vermarktungspotenziale alternativer Produktionssysteme
untersucht werden. In der Milchviehhaltung sehen die
Forscher erheblichen Bedarf in der Verbesserung der
individuellen und der Herdengesundheit sowie in der
Gestaltung automatisierter Haltungssysteme. Bemühen will sich die DAFA ferner um Konzepte zur Steuerung der räumlichen Verteilung der Nutztierhaltung
nach dem Nachhaltigkeitsprinzip. Schließlich betonen
die Forscher die Notwendigkeit, Indikatorensysteme
zur Bewertung von Haltungssystemen insbesondere
im Hinblick auf das Tierwohl zu entwickeln und gesellschaftliche Erwartungen an die landwirtschaftliche
Tierhaltung zu analysieren.
Ziel der DAFA-Nutztierstrategie ist es, eine messbare
Verbesserung des Zustands der Nutztierhaltung herbeizuführen und die Produktionssysteme bestmöglich
mit den Erwartungen der Gesellschaft in Einklang zu
bringen.
Um der komplexen Thematik gerecht zu werden, hatte
die DAFA sechs verschiedene Cluster eingerichtet. In
einigen sollte nach Auffassung der Wissenschaftler der
Versuch unternommen werden, die etablierten Produktionssysteme komplett zu überdenken und grundlegend
andere Haltungsformen zu entwickeln.
2013 Noticiero
95
Presseschau
Aus der Rechtsprechung
Es stand in: Deutsches Tierärzteblatt 1/2013
Gefährdung des Tieres reicht aus
Ein Verstoß gegen das Tierschutzgesetz liegt für einen
Pferdehalter nicht erst dann vor, wenn eine Unterernährung beim Tier tatsächlich vorliegt mit der Folge, dass
Leiden und Schäden für das Tier tatsächlich bereits
eingetreten sind. Die im Tierschutzgesetz genannten
Haltungsbedingungen sind vielmehr Ausdruck eines
Bedarfsdeckungs- und Schadenvermeidungsprinzips,
das bereits eine Gefährdung des Tieres ausschließen soll. Dem entsprechend darf oder muss gegen die
tierschutzrechtlich verantwortliche Person bereits eingeschritten werden, wenn objektive Anhaltspunkte den
Verdacht begründen, dass eine Gefährdung des Tieres
wegen der Nicht- oder Schlechterfüllung der sich aus
dem Tierschutzgesetz ergebenden Verpflichtungen konkret zu befürchten ist. In einem solchen Fall kann die
zuständige Veterinärbehörde die geeigneten Maßnahmen gegen den Pferdehalter treffen und anordnen.
(VerwG Neustadt/Weinstr, Az.: 2 L 494/12.NW)
Neues Tierschutzlogo
Es stand in: Ökologie & Landbau 165,1/2013
Der Deutsche Tierschutzbund hat ein Signet entwickelt, das eine tiergerechte Fleischproduktion in
Deutschland im großen Stil ermöglichen soll.
Die Kennzeichnung richtet sich an eine breite Kundschaft. Der Start auf dem Markt ist für Anfang 2013 geplant. Großschlachter wie Vion oder Wiesenhof wollen
Ware mit dem neuen Tierschutzlogo anbieten.
Von Standards, wie sie bei der Bioproduktion üblich
sind, ist das Tierschutzzeichen jedoch ein gutes Stück
entfernt. Es gibt weder geschlossene Betriebskreisläufe noch ein Verbot chemisch-synthetischer Pflanzenschutzmittel für den Anbau von Futtermitteln. Das
Zeichen bietet zwei Stufen, die Kunden an einem (Einstiegsstufe) oder zwei Sternen (Premiumstufe) erkennen.
96
Noticiero 2013
Presseschau
Nur in der teureren Premiumstufe sind die Vorgaben
beispielsweise beim Platz und Auslauf für Mastschweine und -hühner mit Ökostandards vergleichbar. Auch
bezüglich Schlachtalter gibt es teilweise vergleichbare Bestimmungen. Zudem sollen Bestandsobergrenzen
eine Abgrenzung von Ware ohne Zeichen gewährleisten.
www.tierschutzbund.de/tierschutzlabel.html
Tierschutzaspekte des Dopings
Es stand in: Der praktische Tierarzt 93, Heft 9 (2012)
Ethik im Pferdesport
Die Reglements für das Doping im Pferdesport bedürfen
einer sorgfältigen Überarbeitung. Ziel des Tierschutzes
ist hier die Nulllösung.
Aus der Perspektive des Tierschutzes versteht man unter Doping die Beeinflussung der Leistungsfähigkeit
eines Individuums durch die Verabreichung von Substanzen. Bei diesen Substanzen handelt es sich um Mittel, welche die natürlichen Leistungsgrenzen nach oben
verschieben. Bei erkrankten Tieren das herabgesetzte
Allgemeinbefinden zu manipulieren kann unabsehbare
Folgen für das Pferd und auch für den Reiter haben.
Lange Zeit war Doping im Reitsport kein öffentliches
Thema. Wenn problematische Substanzen nachgewiesen
wurden, dann wurde meist keine bewusste Manipulation unterstellt. Weiterhin schien das Wohl des Pferdes
den Beteiligten am wichtigsten zu sein. Durch die Vorfälle bei der Olympiade 2008 in China änderte sich das
Bild. Aufgrund von Capsaicin-Nachweisen wurden mehrere Reiter disqualifiziert. Das Anwenden von Capsaicin
an den Vorderbeinen erhöht die Schmerzempfindlichkeit,
sodass die Pferde deutlich berührungsempfindlicher
werden. Dies hat zur Folge, dass sie dem Stangenkontakt ausweichen und höher springen. Diese Anwendung
wird auch als chemisches Barren bezeichnet. In weiteren Wettkämpfen wurden bei Beprobungen Psychopharmaka und stoffwechselanregende Mittel gefunden.
Diese Art der Anwendung hat mit dem Wohl des Tieres
natürlich nichts zu tun. Hier gilt nur der Wunsch
Paso Iberoamerikano Stute Batisma mit Kaja Stührenberg
2013 Noticiero
97
Presseschau
Presseschau
nach dem Sieg und dem Ehrgeiz der Reiter wird damit
Rechnung getragen. Aus Tierschutzsicht muss eine Nulllösung für Dopingmittel greifen. Ferner sollen die Leistungen, die Hochleistungspferde erbringen müssen, einer ernsthaften Überprüfung unterzogen werden. Auch
auf tierschutzwidrige Erziehungsmethoden muss das
Augenmerk gerichtet sein. Der Wunsch nach schwerwiegenderer Ahndung von Verstößen wird ebenfalls immer
deutlicher laut. Nicht zu unterschätzen ist die Vorbildfunktion, die Spitzenreiter für junge Reiter einnehmen.
Auch im Heimatstall sollten Doping und tierschutzwidrige Hilfsmittel ein Fremdwort bleiben.
Insgesamt kann festgestellt werden, dass das Ansehen
des Reitsports in der Öffentlichkeit durch Doping sehr
in Mitleidenschaft gezogen wurde. Durch Besprechungen und Kontrollen mit der FN, Wiederbelebung des
Tierschutzbeirates und durch Gründung einer Arbeitsgruppe zur fachlichen Prüfung von Erziehungsmethoden und Hilfsmitteln hofft der Autor auf eine Lösung
für die Problematik.
(Deininger E (2011): Doping im Pferdesport aus der Sichtweise des Tierschutzes. Tagung „Doping im Pferdesport“ 13.12.2011)
Neues Tierschutzlogo
kret zu befürchten ist. In einem solchen Fall kann die
zuständige Veterinärbehörde die geeigneten Maßnahmen gegen den Pferdehalter treffen und anordnen.
Das Gen für den Gang
Es stand in: www.mein-pferd.de 11/2012 und dpa/link
(VerwG Neustadt/Weinstr, Az.: 2 L 494/12.NW)
Das Islandpferd ist bekannt für seine besonderen
Gangarten.
Baugenehmigung und Futterflächen
Es stand in: Pferdebetrieb 1/2013
Aktuelle Rechtsprechung
Will sich ein Landwirt im Baugenehmigungsverfahren
auf ein bevorzugt zulässiges Bauvorhaben im Außenbereich für die Pferdehaltung, Pferdezucht und Pferdepension berufen, dann muss er gegenüber der Baubehörde
nachweisen, dass er das für die geplante Tierhaltung
benötigte Futter auf den zum landwirtschaftlichen
Betrieb gehörenden und landwirtschaftlich genutzten
Flächen zumindest erzeugen könnte. Um den Futterbedarf eines Pferdes abzudecken, sind mindestens 0,35
Hektar Grünland pro Pferd erforderlich, entschied das
Verwaltungsgericht Gelsenkirchen (Az. 5K2358/09). Bei
den erforderlichen Flächen muss es sich um solche handeln, die zumindest zur Erzeugung von Futtermitteln
tatsächlich und rechtlich geeignet sind. Erforderlich
ist ferner eine Zugehörigkeit jener Flächen zum Betrieb.
Dies setzt grundsätzlich eine gewisse räumliche Nähe
der Fläche zur Hofstelle voraus.
Es stand in: Deutsches Tierärzteblatt 1/2013
Doch der Bewegungsablauf im Tölt oder Rennpass ist
keinesfalls reine Dressur. Das Geheinmis liegt im Erbgut
dieser Rasse. Wissenschaftler der Universität Uppsala
untersuchten die Gene von etwa 350 Isländern und fanden eine Mutation, die offenbar den Gangwechsel vom
Trab in den Galopp verhindert. Es handelt sich hierbei
um ein Gen, das für die Herstellung des sogenannten
DMRT3-Proteins zuständig ist. Es beeinflusst motorische Fähigkeiten, indem Neuronen eine Verbindung
zwischen rechter und linker Seite des Rückenmarks
herstellen. Außerdem sollen die Nervenzellen eine direkte Verbindung zu Motoneuronen haben, welche für die
Steuerung von Muskelbewegungen zuständig sind. Tests
an Mäusen bestätigen: „Das Nervensystem passt sich
an, selbst wenn ein entscheidendes Gen verloren geht“,
sagt Forscher Klas Kullander. Pferde mit drei Grundgangarten weisen keine Merkmale dieser Mutation auf.
Genvariante bestimmt Gangarten der Pferde
Vierter, fünfter Gang – so ein Tempo hat bislang nur das
Islandpferd drauf. Forscher fanden heraus, dass es für
Pferde-Gangarten wie Pass, Tölt oder Walk auf ein Gen
ankommt.
Stacheldrahtverbot rechtmäßig
Gefährdung des Tieres reicht aus
Ein Verstoß gegen das Tierschutzgesetz liegt für einen
Pferdehalter nicht erst dann vor, wenn eine Unterernährung beim Tier tatsächlich vorliegt mit der Folge, dass
Leiden und Schäden für das Tier tatsächlich bereits
eingetreten sind. Die im Tierschutzgesetz genannten
Haltungsbedingungen sind vielmehr Ausdruck eines
Bedarfsdeckungs- und Schadenvermeidungsprinzips,
das bereits eine Gefährdung des Tieres ausschließen soll. Dem entsprechend darf oder muss gegen die
tierschutzrechtlich verantwortliche Person bereits eingeschritten werden, wenn objektive Anhaltspunkte den
Verdacht begründen, dass eine Gefährdung des Tieres
wegen der Nicht- oder Schlechterfüllung der sich aus
dem Tierschutzgesetz ergebenden Verpflichtungen kon-
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Noticiero 2013
Die Einfriedung von Pferdeweiden mit Stacheldrahtzäunen verstößt gegen das Tierschutzgesetz, wenn nicht
durch einen geeigneten Innenzaun sichergestellt ist,
dass die Pferde keinen Kontakt mit dem Stacheldraht
haben können. Pferde sind Fluchttiere, die bei Schmerz,
Angst, Schreck oder Bedrohung zur Flucht in die Weite
und zu Panikreaktionen neigen. Eine solche Panikreaktion kann zum Beispiel dadurch ausgelöst werden,
dass das Pferd Kontakt zu den Stacheln des Drahtes
hat. Bleibt es dann bei seinem panikartigen Fluchtversuch an den Stacheln hängen, kann es zu schweren
Verletzungen kommen. Die Anordnung des Veterinäramtes für eine tierschutzgerechte Umzäunung zu sorgen,
war damit gemäß Verwaltungsgericht Oldenburg (Az.
11A1266/11) rechtmäßig.
Nur Pferde mit einer bestimmten Genmutation können Spezial-Gangarten wie Pass oder Tölt leicht erlernen. Schon lange war vermutet worden, dass besondere
Gänge eine starke genetische Komponente haben – nun
fanden Forscher heraus, dass ein einziges Gen entscheidend dazu beiträgt, ob Pferde mehr als die drei Standard-Gangarten Schritt, Trab und Galopp können. Die
Ergebnisse wurden im Fachjournal „Nature“ publiziert.
(NATURE 488, 642 – 646, Aug. 2012)
Das Team rund um Leif Andersson von der Universität
Uppsala untersuchte zunächst Islandpferde mit vier
Gangarten (Schritt, Tölt, Trab, Galopp) sowie Islandpferde mit fünf Gangarten (Schritt, Tölt, Trab, Galopp
und Pass). Die Fähigkeit zum Passgang war eng verbunden mit dem Auftreten einer Genvariante des Proteins
DMRT3. Unter 352 untersuchten Pferden waren – mit einer einzigen Ausnahme – alle fünfgängigen Pferde reinerbig in Bezug auf das Merkmal. Die Forscher fanden
dann heraus, dass die Variante bei allen mehrgängigen
Rassen sehr häufig vorkommt – wie etwa auch beim Tennessee Walking Horse (Schritt, Walk, Trab, Galopp) und
dem peruanischen Pasopferd (Schritt, Tölt, Trab, Galopp).
Das Fazit: Um Pass gehen zu können, müssen die Pferde
reinerbig in Bezug auf dieses genetische Merkmal sein.
Die Homozygotie ist aber als alleiniger Faktor nicht
ausreichend für Tölt, auch Umweltfaktoren wie etwa
Training spielen eine Rolle. Wahrscheinlich trat die
Mutation erstmals vor tausenden Jahren auf und hatte
einen starken Einfluss auf die Entwicklung der Hauspferde, heißt es in einer Mitteilung der Universität Uppsala. Die Menschen entdeckten vermutlich, dass einige
Pferde spezielle Bewegungsmuster hatten und sich wegen ihres geschmeidigen Ritts als besonders wertvoll
erwiesen.
Anm.: Diese Hypothese wird aber sonst durch keinerlei
Befunde unterstützt. Insgesamt sind Hinweise zu gezielter Selektion auf Töltvermögen in der frühen Zuchtgeschichte der Pasopferde nicht belegt.
Ein Protein spielt wichtige Rolle für die Koordination
der Bewegungen. Experimente mit dem gleichen Gen
bei Mäusen zeigten, dass DMRT3-Nervenzellen bei den
Nagen die linke mit der rechten Seite verbinden und die
Beinbewegung kontrollieren, heißt es in dem Journal
weiter. Mäuse ohne DMRT3 konnten bei der Geburt ihre
Beine nicht koordinieren, doch nach und nach kompensierten offenbar andere neuronale Netzwerke den Verlust, so dass die ausgewachsenen Mäuse relativ normal
laufen konnten. Die Autoren folgern aus den beiden
Befunden, dass das untersuchte Gen bei der Koordination der Gangarten eine wichtige Rolle spielt. DMRT3
kommt bei allen Wirbeltieren vor, die bisher darauf untersucht wurden. Es spielt sehr wahrscheinlich auch
beim Menschen eine entscheidende Rolle.
Anm.: Das vielbesungene „Töltgen“ ist damit sicher
nicht gefunden, da dessen Existenz als Einzelmerkmal
sowieso eher ein Wunschtraum war. Was aber vorliegt,
ist ein handfester Beweis für eines der „Modulatoren
-Gene“, wie sie schon seit längerem von Gangpferdegenetikern postuliert werden (s. EADIE u.a.)
Download für Originalstudie: http//creativecommons.org/licenses/
by-nc-sa/3.o/)
2013 Noticiero
99
Presseschau
Presseschau
„Working Equitation – Trail-Training“
Es stand in: Equus Classic, Ausgabe 02/2012 von Caroline Jordan
Ein Buch von Angelika Graf
2011 ist es endlich erschienen: das erste (deutschsprachige) Trainings-Handbuch für die Working Equitation,
jene Reitweise, die aus den traditionellen Hirtenreitweisen Süd-Europas entstand. Hinter dem für heutige Zeiten fast etwas bieder wirkenden Titel verbirgt sich eine
echte kleine „Buchperle“. Wann hat man schon einmal
ein Buch in der Hand, das eindeutig mehr bietet, als es
auf den ersten Blick verspricht? Auch das Cover ist eher
spartanisch und reduziert gehalten, was fast schade ist,
denn dieses Buch hat wirklich vielmehr zu bieten, als
man vom Titel her erwarten würde. Denn neben dem
„Hauptthema“, der Vorstellung der Trail-Hindernisse,
kommen eben auch Herkunft und Philosophie, Dressurtraining und Rinderarbeit und somit alle Aspekte der
Working Equitation nicht zu kurz.
Die Autorin, selbst Reiterin in diesem Reitstil, stellt mit
spürbarer Begeisterung diese traditionelle Arbeitsreitweise vor. Sie erklärt, was genau Working Equitation
überhaupt ist, zeigt den Weg dieser Reitweise von der Arbeit der Vaqueros auf dem Campo bis hin zur Turnierdisziplin „Working Equitation“, wie man sie heute kennt. Sie
stellt die Besonderheiten der europäischen Hirtenreiterei
heraus, vor allem aber auch die besondere Einstellung der
Hirten zu ihrem Partner, dem Pferd. Denn ohne Frage ist
es eine ganz andere Verbindung, die durch diese tägliche
Arbeit entsteht. Daher betrachtet die Autorin eben auch
gerade den „philosophischen“ Hintergrund dieser Beziehung zwischen dem Vaquero und seinem Arbeitspferd.
Schnell wird dem Leser deutlich, dass die Working Equitation mehr ist als ein bloßer Reitstil, nämlich auch eine
Lebenseinstellung – und dass sie ein Lebensgefühl vermittelt, welches vor allem Respekt vor dem Tier und der
Natur beinhaltet. Ein grundlegendes Bedürfnis nach Harmonie und Einklang mit der Natur ist es, welches wohl
jeden Reiter und Pferdefreund gerade heute antreibt. Und
diese Reitweise vermag diesen Wunsch zu erfüllen. „Die
Working Equitation bildet zwar eine Nische im Reitsport,
aber eine, die es zu beachten gilt. Sie ist tiefgründig und
bodenständig, interessiert und fasziniert viele Menschen,
lässt Pferde zufrieden und gelassen werden und ihre Reiter an den Aufgaben wachsen.“
100
Noticiero 2013
In diesem Buch zeigt diese Reitweise dem ambitionierten Reiter neue Wege auf. Andere Ansätze, bestehende
Probleme zu lösen, neue Ziele zu erreichen und vor allem
eine bessere Basis und ein stärkeres Einverständnis mit
seinem Pferd zu erreichen.
Wurzeln viel zu lange ein Schattendasein geführt hat
neben den populären, moderneren Reitweisen. Dabei
haben auch Western und „FN-Reiten“ ihren Ursprung in
den Arbeitsreitweisen der Hirten Süd-Europas.
Neben aller Theorie ist dieses Buch vor allem aber eine
Praxishilfe, die vom Reiter für Reiter geschrieben ist
und reichlich Vorschläge und Anleitungen für das Training gibt. Man findet sowohl allgemeine Themen, wie
grundsätzliche Gedanken zum Training („Vertrauen,
Gehorsam und Leichtigkeit“ oder „Wie wird mein Pferd
durchlässig, wendig und elegant“), als auch Tipps für die
tägliche Arbeit.
So werden alle Bereiche der Working Equitation ausführlich vorgestellt: die Dressur ebenso wie Trail, SpeedTrail und Rinderarbeit. Einen Hauptteil nimmt dabei
die Erklärung der Trail-Hindernisse ein. 15 verschiedene Hindernisse, ihr Sinn und Zweck, und die Art und
Weise, wie sie zu erarbeiten sind, werden genauestens
erklärt und mit nützlichen Praxis-Tipps und Kommentaren „garniert“, die nur jemand zu geben vermag, der
selber Erfahrung mit dieser Arbeit hat. Dass die Autorin
auch an ihren eigenen Erfahrungen und Entwicklungen
teilhaben lässt, unterstreicht einmal mehr den praxisorientierten Ton des Buches. In diesem Teil des Buches
zeigt sich besonders, wie vielfältig, tiefgreifend und
interessant dieses Training zu gestalten ist. Dies ist erkennbar das Herzstück des Buches und mit zahlreichen
graphischen Darstellungen, Zeichnungen und Skizzen
zur näheren Erläuterung versehen. Eine sehr wertvolle
und sinnvolle Ergänzung, da viele Dinge aus der Praxis
mit Worten allein schwer nachzuvollziehen sind.
Besonders gefallen hat mit, das Sinn und Zweck der einzelnen Übungen aufgezeigt wurde: so z.B. Gehorsam und
Mut des Pferdes zu erfragen beim Überqueren der Holzbrücke oder der punktgenaue Übergang Galopp-SchrittGalopp beim Umsetzen des Gegenstandes. Meines Erachtens hätte man die gymnastizierende und biegende
Wirkung und positive Auswirkung auf die Koordinationsfähigkeit einiger Übungen noch erwähnen können.
Insgesamt ist dieses Buch, das vom äußeren Anschein her
eher bescheiden daherkommt, ein kleiner Meilenstein.
Eine ganz besondere Vorstellung eines außergewöhnlichen Reitstils, der trotz seiner uralten Traditionen und
Criollos bei der Rinderarbeit
2013 Noticiero
101
Paso Peruano Stute Avatara mit Fohlen Tarita im Schnee
Richtige
Kennzeichnung
von Equiden
Seit 1. Juli 2009 gelten die neuen Regelungen zur Kennzeichnung und Identifizierung von Equiden (Pferde,
Ponys, Esel, Zebras). Sie sind in der EU-Verordnung Nr.
504/2008 festgelegt. In der Praxis kommt es jedoch nach
wie vor zu Problemen bei der korrekten Umsetzung, insbesondere auch in Hinblick auf die Frage, wer für die
Ausstellung von Equidenpässen (Pferdepässen) in den
jeweiligen Bundesländern zuständig ist.
Das Bayerische Staatsministerium für Umwelt und Gesundheit weist deshalb im Zusammenhang mit der Ausstellung von Equidenpässen auf Folgendes hin:
102
Noticiero 2013
Paso Peruano: LB Capera | Gestüt: San Luis, Pueribo / Equador
»Für
Zuchttiere, also Pferde/Ponys, die in einem
Zuchtbuch eingetragen oder dort vermerkt sind, ist der
Zuchtverband bzw. die Züchtervereinigung für die Ausstellung von Equidenpässen zuständig, der oder die das
Zuchtbuch für das entsprechende Tier führt. Der Verband oder die Züchtervereinigung kann ihren Sitz auch
außerhalb Bayerns haben.
»Für Sportpferde („Turnierpferde“), die an Wettkämp-
fen nach LPO (Leistungsprüfungsordnung) teilnehmen
und für die eine Eintragung bei der Deutschen Reiterlichen Vereinigung (FN) erforderlich ist, ist diese die zuständige Stelle.
»Für alle anderen in Bayern geborenen oder gehalte-
nen Equiden, sogenannte „nicht registrierte“ Equiden
(einschließlich „Freizeitsportpferde“), ist ausschließlich
der Landesverband Bayerischer Pferdezüchter berechtigt, Equidenpässe auszustellen.
»
Die Deutsche Reiterliche Vereinigung ist nicht zur
Passausstellung in Bayern befugt. Equidenpässe, die
nach dem 1. November 2010 für in Bayern gehaltene
„nicht registrierte“ Equiden durch die FN ausgestellt
wurden, sind ungültig und müssen bis spätestens 31.
März 2013 gegen einen gültigen Pass ausgetauscht
werden. Dazu muss der ungültige Pass zusammen mit
dem Passantragsformular an den Landesverband Bayerischer Pferdezüchter geschickt werden. Das Antragsformular kann dort angefordert werden. Werden nach
dem 31. März 2013 ungültige Pässe durch die Veterinärbehörden festgestellt, werden diese Pässe für nichtig
erklärt, mit der Folge, dass z. B. eine Verbringung der
Pferde in ein anderes EU-Mitgliedsland im Rahmen eines Turniers oder zum Verkauf nicht möglich ist. Eine
unter Umständen erforderliche Schlachtung ist später
ebenfalls nicht mehr möglich.
»Zur Kennzeichnung von Pferden dürfen ausschließ-
lich die amtlichen Transponder, die durch die oben genannten Pass ausstellenden Stellen ausgegeben werden,
verwendet werden. Mikrochips, wie sie für Hunde oder
Katzen verwendet werden, sind für die Kennzeichnung
von Equiden in Deutschland nicht zulässig. Dies muss
vor der Implantierung ggf. mit dem Tierarzt besprochen
werden.
»Für Equiden, die vor dem 1. Juli 2009 geboren wurden
Auch wenn die Pferde einen Brandstempel besitzen, ist
das Setzen eines amtlichen Transponders erforderlich.
Da die EU-rechtlich vorgegebene Übergangsfrist aber
bereits abgelaufen ist, kann für diese Tiere nur mehr
ein sogenannter Ersatzpass ausgestellt werden. Eine
Schlachtung dieser Tiere zum menschlichen Verzehr ist
nicht mehr möglich.
» Für Equiden, die nach dem 1. Juli 2009 geboren wur-
den bzw. werden, muss grundsätzlich bis zum Ende des
Geburtsjahres ein Pass beantragt werden. Bei Fohlen,
die in der zweiten Jahreshälfte (1.7. - 31.12.) geboren
werden, beträgt die maximale Frist sechs Monate nach
der Geburt. Wird der Pass nicht innerhalb dieser Fristen
beantragt, kann ebenfalls nur mehr ein Ersatzpass ausgestellt werden, sodass eine spätere Schlachtung dieser
Tiere ebenfalls nicht mehr möglich ist.
»Beim Kauf eines Pferdes sollte unbedingt darauf geachtet werden, dass das Pferd einen ordnungsgemäßen
Pferdepass besitzt. Das gilt insbesondere für Tiere aus
dem Ausland.
und bisher noch keinen Pass besitzen, muss ebenfalls
bei der zuständigen Stelle ein Pass beantragt werden.
2013 Noticiero
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Naturtölter z.B. beim Isländer eine gewisse Beschränkung im sportlichen Einsatz bedingen, so hat das
klare Bekenntnis der südamerikanischen Züchter zur
bequemsten aller Gangarten Pferde geschaffen, deren
Reiz nicht in der verwirrenden Vielzahl von Gängen und
Gangvarianten liegt, sondern in der Perfektionierung
eines einzigen Ganges – egal, ob er Pasollano, Sobreandando, Corto, Largo oder Fino Fino genannt wird.
„Jack of all Trades – Master of none“. Man kann sich
nicht auf alles spezialisieren. Pasopferde sind hinsichtlich der Töltveranlagung die am weitesten spezialisierten Pferde. Immer nur Tölt – langweilig, wird der eine
sagen. Tölt ohne wenn und aber, ohne Spezialknöpfe
und Gebrauchsanweisung – das habe ich schon immer
gesucht, sagt der andere.
Wie anders sind
Pasopferde?
Der Reiz der Beschränkung auf das wesentliche, damit
der Kopf frei wird für anderes: Freude am Reiten, Ausbilden, Genießen.
Für den Kenner ist dies keine Langeweile, sondern eines
der spannendsten Phänomene der Reiterei.
Brio: mehr als nur temperamentvoll
Der Reiz dieses Extrems wird aber erst dann plausibel,
wenn man die oben erwähnte zweite Eigenschaft der
Pasopferde erkennt, abruft und fördert: ihre Menschenbezogenheit und ihren Charakter.
Das Pferd eignet sich wie kein anderes Tier zu Legendenbildung. Von den durstenden Stuten Mohammeds
bis zu den Schwarzen Perlen – in jede Rasse lässt sich
ein Mythos projizieren, der in seiner Entstehung sogar
auf einem Fünkchen Wahrheit beruht. An dieser Stelle
sollen die wirklich offensichtlichen Unterschiede zu anderen Pferderassen angesprochen werden. Wir wollen
sparsam sein mit Superlativen, denn ihrer zu viele wirken unglaubwürdig. Auf zwei Gebieten wird den Pasopferden aber über alle Rassenfixierung hinweg zurecht
eine Ausnahmestellung zugebilligt:
• das extreme Maß an Töltveranlagung und
• die ausgeprägte Menschenbezogenheit
Naturtölter – kein Problem
In anderen Gangpferdebereichen trägt der Begriff
„Naturtölter“ etwas abwertendes in sich. Mag der Nur-
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Noticiero 2013
Leider heißt im Pferdealltag „temperamentvoll“ nur allzuoft „gefährlich“, heiß ist das Synonym für schwierig,
ruhig für faul. Pasopferde sind temperamentvoll, heiß,
ruhig – aber in der ursprünglichen Wortbedeutung. Des
Rätsels Lösung liegt in der Abstammung der Pferde
und der züchterischen Maxime. Von alters her galten
iberische Pferde als leistungsbereit, ehrlich, umgänglich, aber trotzdem temperamentvoll. Ein Pferd, das
nicht nach diesen Kriterien gezüchtet wurde, wäre einem Spanier niemals in den Sinn und unter den Sattel gekommen. Die Gänge änderten sich im Laufe der
Jahrhunderte, nicht aber die Zuchtphilosophie: das iberische Pferd war und ist Arbeitstier mit Repräsentationspflichten. Diese Doppelfunktion kann nur ein Pferd
mit außergewöhnlichem Interieur erfüllen.
Im Sprachgebrauch werden die erwähnten Eigenschaften in dem schönen, aber kaum zu übersetzenden Begriff „Brio“ zusammengefasst. Spätestens hier muss alle
Theorie grau werden: Aufsitzen und „Brio“ erfahren!
2013 Noticiero
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Vorstandschaft des
Pasopferde-Verbandes
1. Vorsitzender
Dr. K.C. Otte | Oberadlhof | 92287 Schmidmühlen
Tel: 09474 - 1213 | Fax: 09474 - 910 104 | E-Mail: [email protected]
2. Vorsitzende
Juliane Feuerecker | Saulhof 10 | 85414 Kirchdorf
E-Mail: [email protected]
Geschäftsstelle und Finanzen
Michael von Gersdorff | Max Löw Str. 16 | 85579 Neubiberg
Tel: 089 - 6010208 | E-Mail: [email protected]
Referent für Zucht
Daniela Bruckmüller | Sonnenstr. 4 | 92287 Schmidmühlen
Tel: 09474 - 1057 | Fax: 09474 - 910 132
Referentin für Sport
Marie Wendel | Berghof Rod | 61276 Weilrod
Tel: 06083 - 940441 | E-Mail: [email protected]
Kassenprüfer
Nora von Gersdorff | Oberadlhof | 92287 Schmidmühlen
Tel: 09474 - 8624 | E-Mail: [email protected]
Ingeborg Städtler | Limbach 15 | 91567 Herrieden
Tel: 09825 - 4874 | E-Mail: [email protected]
Referentin für Öffentlichkeitsarbeit
Martina Heimler | Lammerthal 3 | 92277 Hohenburg
Tel: 09626 - 227 | E-Mail: [email protected]
Impressum
Pasopferde Noticiero
Offizielles Organ für den Pasopferde Verband e.V.
Herausgeber
Pasopferde Verband e.V., Max Löw Str. 16, 85579 Neubiberg
Autoren
Dr. K. C. Otte, Donald Parker West, George J. LaHood,
Rosalie MacWilliam, Verschiedene
Fotografen
T. Ruthof, Dr. K. C. Otte, D. Betz, C. Slawik, Verschiedene
Gestaltung
Johanna Hartwieg
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