IV. Der Leasingvertrag
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IV. Der Leasingvertrag
Innominatverträge, Herbstsemester 2012 IV. Der Leasingvertrag Dr. Lucius Huber, Advokat Herbstsemester 2012 Dr. Lucius Huber, HS 2012 I. Einleitung Begriff: «Der Leasinggeber überlässt dem Leasingnehmer gegen ein in Teilbeträgen zu zahlendes Entgelt (Leasingszins) eine bewegliche Sache (Leasingobjekt) zur freien Nutzung und Verwendung für einen bestimmten Zeitraum, wobei der Leasingnehmer die Gefahr trägt und für die Erhaltung aufzukommen hat. Das formale Eigentum verbleibt bei der Leasinggeberin.» Dr. Lucius Huber, HS 2012 Kapitalisierte Zinsraten Die kapitalisierten Leasingzins-Raten ergeben i.d.R. einen Betrag, der dem auf das Vertragsende verzinsten Verkehrswert (Herstellungs- oder Anschaffungskosten plus Gemeinkosten- und Gewinnanteil) im Zeitpunkt des Vertragsschlusses entspricht. Dr. Lucius Huber, HS 2012 Funktionen / Allgemeines Funktion: • Leasingnehmer kann eine Sache über längere Zeit gebrauchen, ohne eine grosse Investition vorzunehmen (z.B. Auto). • Nutzung eines Wirtschaftsgutes steht im Vordergrund («leadership not ownership») • «Pay as you earn» Dr. Lucius Huber, HS 2012 Rechtsnatur • Gemischter Vertrag • Elemente: Kauf, Miete, evtl. Pacht und Auftrag. • Qualifikation in Lehre uneinheitlich: Gebrauchsüberlassungsvertrag, Veräusserungsvertrag sui generis, Kreditvertrag sui generis. • BGer: Gebrauchsüberlassungstheorie. Dr. Lucius Huber, HS 2012 II. Erscheinungsformen • Direktes Leasing (Herstellerleasing): Zwei-Parteien-Beziehung; Hersteller und Leasingnehmer; selten • Indirektes Leasing: Drei-Parteien-Beziehung; Leasingnehmer, Hersteller/Lieferant, Leasinggeber; Dr. Lucius Huber, HS 2012 Arten des indirekten Leasings • Mobilienleasing: Häufig • Immobilienleasing: Selten, z.B. Bau grosser Projekte mit langer Nutzungsdauer (Einkaufszentrum) Dr. Lucius Huber, HS 2012 Voll-/Teilamortisation • Full-pay-out-contract: Vollamortisationsvertrag • Non-full-pay-out-contract: Teilamortisationsvertrag Dr. Lucius Huber, HS 2012 Investitions- / Konsumgüterleaseing • Investitionsgüterleasing: «Leasing von Gütern, welche im und für den Geschäftsgebrauch eines Unternehmens eingesetzt werden und die ausschliesslich gewerblichen Zwecken dienen.» • Konsumgüterleasing: «Leasing von Gütern, welche zu privaten Zwecken gebraucht werden.» Differenzierung wichtig: Entscheidet über allfällige Anwendbarkeit der relativ zwingenden Normen des KKG. Dr. Lucius Huber, HS 2012 Investitionsgüterleasing • Finanzierungsleasing: Drei-Parteien-Beziehung, lange Vertragsdauer, unkündbar, Leasingnehmer hat Gebrauchs- und Nutzungsrecht aber auch Erhaltungsrisiko und Gefahrtragung, kein Eigentumsübergang auf Leasingnehmer Dr. Lucius Huber, HS 2012 Operatingleasing / Sale-and-Lease Back • Operatingleasing: Deckt kurzfristigen Nutzungsbedarf an einem Gut, kurze Laufdauer, kündbar, Leasinggeber verfolgt produktorientiertes Absatzinteresse, kein Finanzierungsinteresse, kann als Miete qualifiziert werden. • Sale-and-Lease-back: Leasingnehmer verkauf Leasingobjekt an Leasinggesellschaft und least es sogleich wieder zurück, Instrument der Unternehmensfinanzierung, kommt wg. Art. 717 und 884 ZGB nicht zustande. Dr. Lucius Huber, HS 2012 Konsumgüterleasing • Gebrauchsüberlassung: z.B.: Auto- und Computerleasing für privaten Gebrauch. • Veräusserung: Veräusserungsvertrag auf Raten, Mindermeinung. Dr. Lucius Huber, HS 2012 III. Abgrenzungen • Zum Kauf: Keine Eigentumsverschaffungspflicht, Leasingnehmer hat kein Eigentum, Dauerschuldverhältnis • Zur Miete/Pacht: Nutzungs- und Gebrauchsmöglichkeit geht weit über Interesse bei Miete und Pacht hinaus, Leasingzins nicht nur Entgelt für Nutzung und Gebrauch, sondern auch (Teil-) Amortisation. Dr. Lucius Huber, HS 2012 IV. Entstehung Leasingvertrag • Form: Keine besondere gesetzliche Form, Ausnahme: Art. 11 KKG; i.d.R. werden Formularverträge verwendet. • Nichtigkeitsgründe/Willensmängel: unterstehen den allgemeinen Regeln wenn nicht KKG anwendbar. • Culpa in contrahendo: Leasingnehmer haftet, wenn er beim indirekten Leasing Vertragsverhandlungen abbricht, nachdem Hersteller und Leasingeber schon rechtl. relevante Beziehung aufgenommen haben. Hersteller haftet, wenn sich Leasingnehmer wg. falscher Beratung für unbrauchbares Objekt entscheidet, obwohl kein Vertrag zwischen ihnen. Dr. Lucius Huber, HS 2012 V. Pflichten im Leasingvertrag • Leasinggeber: Überlässt Leasingnehmer für bestimmte Zeit Leasingobjekt zur freien Verwendung und Nutzung, bei indirektem Leasing: Zahlung Kaufpreis (sonst Käuferpflichten auf Leasingnehmer übertragen). Dr. Lucius Huber, HS 2012 • Leasingnehmer: Leistung Entgelt (sog. Leasingraten), im Zweifel: Vollamortisation; bei indirektem Leasing: Pflicht zur Geltendmachung der kaufrechtlichen Ansprüchen; Pflicht zur Abnahme des Leasingobjekts. Dr. Lucius Huber, HS 2012 VI. Leistungsstörungen • Unmöglichkeit: Haftung für Nichtlieferung von Leasinggeberin oft in AGB wegbedungen, teilweise bleibt Nachweis des Verschuldens vorbehalten, dann Art. 97 OR. Wenn Lieferant verschuldet: ev. Drittschadensliquidation durch Leasingnehmer oder Abtretung (meist in AGB Abtretung der Ansprüche der Leasinggeberin an Leasingnehmer). Dr. Lucius Huber, HS 2012 Schuldnerverzug: Haftung für verspätete Lieferung oft in AGB wegbedungen, wenn doch Verschulden, dann Art. 102ff OR. Wenn für Leasingzins Verfalltag vereinbart, dann fällt Leasingnehmer mit Ablauf dieses Tages in Verzug, Art. 102 Abs. 2 OR, deswegen für Verlangen von Verzugszinsen keine Mahnung nötig. Dr. Lucius Huber, HS 2012 Gefahrentragung: Mit Überlassung Leasingobjekt geht Gefahr von Leasinggeberin auf Leasingnehmer über. Geht Sache nach Vertragsschluss aber vor Übergabe unter: Fall der Unmöglichkeit. Gefahrtragung beinhaltet Pflicht, das Leasingobjekt zu versichern. Leasingnehmer muss nach Untergang der Sache den Leasingzins weiter zahlen (anders Mietrecht). Dr. Lucius Huber, HS 2012 Prüfungs- und Rügeobliegenheit Prüfungs- und Rügeobliegenheit wird in AGB meist vom Leasinggeber auf den Leasingnehmer übertragen. Praxis: Leasinggeber zahlt Lieferant erst, wenn Leasingnehmer ein Übernahmeprotokoll unterzeichnet hat. Dr. Lucius Huber, HS 2012 Sachgewährleistung: Wenn KKG gilt, so kann Leasingnehmer direkt gegen Leasinggeber vorgehen, wenn Lieferant nicht, verspätet oder mangelhaft liefert. Finanzierungsleasing: Zw. Leasingnehmer und Lieferant kein Vertrag. Praxis: Ausschluss der Gewährleistungspflicht für Leasinggeber und Abtretung der kaufvertraglichen Ansprüche an Leasingnehmer in den AGB. Dr. Lucius Huber, HS 2012 VII. Sachgewährleistung • Wegbedingung der Haftung: Erfolgt i.d.R. durch AGB, zulässig. Grenzen des vollständigen Haftungsausschlusses: Wenn Mangel von Leasinggeberin grobfahrlässig verursacht oder dem Leasingnehmer arglistig verschwiegen, Art. 100 Abs. 1 OR (Art. 199 Abs. 1 OR). Dr. Lucius Huber, HS 2012 • Leasingnehmer gegenüber Lieferant: Kein direkter vertraglicher Anspruch. 3 mögliche Konstruktionen: (1) Abtretung von Sachmängelrechten, (2) Vollmacht zur Geltendmachung von Sachmängelrechten (Ermächtigungskonstruktion) oder (3) echter Vertrag zugunsten Dritten. Dr. Lucius Huber, HS 2012 (1) Abtretung von Sachmängelrechten: Gemäss BGer und h.L. sind Gestaltungsrechte nicht abtretbar, Recht auf Wandlung und Minderung aus Kaufvertrag sind Gestaltungsrechte. Die aus dem Recht resultierende Forderung ist aber abtretbar. Abtretung von Nachbesserungsund Ersatzlieferungsrecht gilt als zulässig. Dr. Lucius Huber, HS 2012 (2) Ermächtigungskonstruktion: In AGB wird Leasingnehmer ermächtigt, Sachmängelansprüche als direkter Stellvertreter der Leasinggeberin geltend zu machen, er hat aber kein Recht auf selbständiges Vorgehen, sondern muss Prozessvollmacht einholen. In der CH Praxis weit verbreitet. Dr. Lucius Huber, HS 2012 (3) Echter Vertrag zugunsten Dritter: Begünstigungsklausel im Kaufvertrag zw. Lieferant und Leasinggeber zugunsten des Leasingnehmers. Echter Vertrag zugunsten Dritter. Leasingnehmer durch Klausel zur Geltendmachung aller gesetzlichen und vertraglichen Sachmängelansprüche. Praxis: selten. Dr. Lucius Huber, HS 2012 • Schadenersatzansprüche des Leasingnehmers: 2 Möglichkeiten zur Geltendmachung: (1) Echter Vertrag zugunsten Dritter, Art. 112 Abs. 2 OR (2) Drittschadensliquidation oder Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter Dr. Lucius Huber, HS 2012 (1)Echter Vertrag zugunsten Dritter: Wenn in Begünstigungsklausel vereinbart, dass Leasingnehmer berechtigt ist, die möglichen Mangelfolgeschäden gegenüber dem Lieferanten geltend zu machen. Dr. Lucius Huber, HS 2012 (2) Drittschadensliquidation: Leasinggeberin macht gegenüber dem Lieferanten einen Schaden geltend, der bei der Leasingnehmerin entstanden ist. Dies aber nur: wenn zufällige Schadensverlagerung von Leasinggeberin auf Leasingnehmerin. In CH nur für Fälle der indirekten Stellvertretung anerkannt. Dr. Lucius Huber, HS 2012 (2) Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter Leasingnehmer steht im Gefahrbereich des Vertrages, Leasinggeberin hat schutzwürdiges Interesse am Einbezug des Leasingnehmers in den Schutzbereich und der Lieferant ist über beide Voraussetzungen informiert und die Leasingnehmerin ist schutzbedürftig. In CH ist dieses Vorgehen stark umstritten. Dr. Lucius Huber, HS 2012 VIII. Beendigung Leasingvertrag • Ordentliche Beendigung: Mit Ablauf der Vertragsdauer ist der Leasingvertrag beendet. • Ausserordentliche Beendigung: Bei Nichterfüllung durch Leasingnehmer oder Leasinggeber, Art. 107 ff. OR. Kündigung aus wichtigem Grund, da Dauerschuldverhältnis. H.L. bei Wandlung gilt Vertrag als aufgelöst. Dr. Lucius Huber, HS 2012 IV. Internationales Privatrecht • Keine gültige Rechtswahl: Direktes Leasing: Kollisionsrechtlich wird auf die Leistung des Leasinggebers abgestellt. Indirektes Leasing: Dritter kann der Rechtswahl zustimmen. Dritter ist der Leasingnehmer beim Verhältnis zw. Leasinggeber und Lieferant. Beim Verhältnis Leasinggeber und Leasingnehmer ist der Lieferant Dritter. Bei Beziehung Leasinggeber und –nehmer ist das Recht des Staates massgebend, wo Leasinggeber Niederlassung hat. Bei Beziehung Leasinggeber und Lieferant ist das Kaufstatut massgebend.