Rundbrief komplett als PDF - Flüchtlingsrat Baden

Transcrição

Rundbrief komplett als PDF - Flüchtlingsrat Baden
FLÜCHTLINGSRAT
BADEN-WÜRTTEMBERG
Rundbrief
August 2010
www.fluechtlingsrat-bw.de
?
!
g
i
r
d
i
w
s
g
n
u
s
s
a
Verf
FLÜCHTLINGSRAT
BADEN-WÜRTTEMBERG
Rundbrief August 2010
1
INHALTSVERZEICHNIS
Editorial | Unsere „Agenda 2010“ / Angelika von Loeper
....................................... S. 4
Titelthema: Abschiebungen in das Kosovo
Roma-Flüchtlinge | Abgeschoben aus Baden-Württemberg / Petra Sorge
....................................... S. 6
Aktuelles zu URA II | Effektive Rückkehrprojekte? Zur Antwort der Landesregierung auf eine
Anfrage des Flüchtlingsrats zu „URA 2“ / Ines Fischer
....................................... S. 8
Bericht | Demonstration für ein Bleiberecht von Roma
..................................... S. 10
am 8. Mai in Karlsruhe / Aktion Bleiberecht Freiburg
Presseinfo | Rote Bächle gegen Abschiebungen / Aktion Bleiberecht Freiburg..................................... S. 11
Soziale Lebensbedingungen von Flüchtlingen in Ba-Wü
Asylbewerberleistungsgesetz | Verfassungswidrig!? Das AsylbLG vor dem Aus? / Redaktion...............
S. 12
Asylbewerberleistungsgesetz | Rückwirkende Gerechtigkeit? Ansprüche von Flüchtlingen
auf erhöhte Leistungen nach § 2 AsylbLG / Vera Kohlmeyer-Kaiser .....................................
S. 13
Unterbringung / AsylbLG / „Integration“ | Lagerland Baden-Württemberg!?
Aktuelle Analyse des Flüchtlingsrats / Andreas Linder
..................................... S. 15
Biberach | Gegen den diskriminierenden Alltag. Flüchtlinge organisieren
sich selbst gegen Unterbringung, AsylbLG und Residenzpflicht / aus fluechtlings-bc-blog.de............ S. 22
Ulm | Asylbewerber beklagen sich über Unterkunft in Langenau
/ Südwest Presse 8.6.2010
..................................... S. 24
Abschiebehaft
Mannheim | Flüchtlingsrat Nach dem Brand: Besuch des Abschiebeknasts Mannheim am 9. Juli
mit MdL Helen Heberer (SPD) / Angelika von Loeper
.....................................
S. 26
Dokumentation | Petition Petition gegen Abschiebehaft in Baden-Württemberg
/ Bündnis gegen Abschiebehaft Tübingen .....................................
S. 29
Impressum:
Gefördert durch den Europäischen Flüchtlingsfonds (EFF),
PRO ASYL und die UNO-Flüchtlingshilfe.
Herausgeber:
Flüchtlingsrat Baden-Württemberg e.V.
Urbanstr. 44, D-70182 Stuttgart
Tel.: 0711/ 55 32 834, Fax: 0711/ 55 32 835
E-Mail: [email protected]
Internet: www.fluechtlingsrat-bw.de
Namentlich gekennzeichnete Artikel geben nicht die Meinung der Redaktion wider.
Redaktion:
Andreas Linder (AL), Volker
Angelika von Loeper (V.i.S.d.P.)
Löffler,
Layout: Andreas Linder
Titelfoto: Typisches Esspaket. GU Ubstadt-Weiher, Landkreis Karlsruhe, April 2010. Foto: Andreas Linder
2
FLÜCHTLINGSRAT
BADEN-WÜRTTEMBERG
Rundbrief August 2010
Rundbrief im Internet: www.fluechtlingsrat-bw.de
Aktuelle Flüchtlingsarbeit in Ba-Wü - Projekte / Aktionen / Berichte ...
Bleiberechtsprojekt / Stuttgart | Das Stuttgarter Netzwerk zur beruflichen Förderung
.....................................
von Flüchtlingen (sneff) / Luzia Köberlein
S. 31
Frauen / Bad Boll | Einzigartige Tagung für Flüchtlingsfrauen / www.diakonie-wuerttemberg.de............ S. 32
Asylarbeit / Karlsruhe | Mit Ballack ins Flüchtlingslager.
..................................... S. 33
Sommerfest für Flüchtlinge / Angelika von Loeper
Öffentlichkeitsarbeit / Villingen-Schwenningen | Landesgartenschau „umgetopft“ / Sigrid Jaschke........... S. 35
Save-Me-Kampagne / Baden-Württemberg | Flüchtlinge aufnehmen ..................................... S. 36
auch in Baden-Württemberg! / Andreas Linder
Save-Me-Kampagne / Tübingen | Aktion „Flüchtlinge aufnehmen“ / SüdwestPresse 21.7.2010............... S. 37
Abschiebung / Tübingen | Alles ist hier anders. Sechs Jahre nach ihrer Abschiebung kam Elif Güler zu
Besuch. / SüdwestPresse 15.7.2010 ..................................... S. 38
Bleiberecht / Reutlingen | Einer von Millionen sein. Muhamet Idrizi kam als Flüchtling,
jetzt hilft er anderen Migranten / SüdwestPresse 21.7.2010 ..................................... S. 39
Asylarbeit / Stuttgart | Besonderer Ausflug nach Ulm / SüdwestPresse 26.7.2010 ................................. S. 40
Engagement vor Ort / Gaildorf | Rettungsanker und Brückenbauer.
Zum Tod von Günter Walz. / SüdwestPresse 6.7.2010
..................................... S. 41
In Kürze - Infos & News / Materialien / Termine ...
Infos & News zur Asylpolitik
.....................................
Infos & News aus Baden-Württemberg
.....................................
Aktuelle Materialien divers
.....................................
Aktuelle Materialien zur Interkulturellen Woche / Tag des Flüchtlings,
die Sie beim Flüchtlingsrat bestellen können
.....................................
Termine: Veranstaltungen, Tagungen, Fortbildungen
.....................................
Werbeblock in eigener Sache | Solidarität braucht Solidarität - Werden Sie Mitglied beim
Flüchtlingsrat Baden-Württemberg e.V. (wenn Sie es nicht schon sind)
oder helfen Sie durch eine Spende / es winkt ein Jahreskalender 2011
.....................................
S. 42
S. 43
S. 44
S. 45
S. 46
S. 47
FLÜCHTLINGSRAT
BADEN-WÜRTTEMBERG
Rundbrief August 2010
3
EDITORIAL
Unsere „Agenda 2010“ ...
Liebe Mitglieder, liebe Interessierte,
im neuen Gewand kommt er daher und mit vielen spannenden Themen, der Rundbrief des Flüchtlingsrates. Mit neuem Konzept wollen wir Sie auf die Reise durch unsere Agenda 2010 mitnehmen.
Vor 5 Jahren wurden mit den Hartz IV Gesetzen und dem Zuwanderungsgesetz gleich zwei große
Bereiche der deutschen Gesetzgebung grundlegend reformiert. Hartz IV hat im Februar dieses Jahr
einen grundlegenden Denkzettel abgekriegt. Die Rechenformel für die Regelsätze insbesondere für
Kinder wurde vom Bundesverfassungsgericht abgeschmettert, hier muss nachgebessert werden.
Bei den Sozialleistungen für Flüchtlinge wurden diese Hausaufgaben noch nicht aufgegeben. Höchste Zeit, dass auch hier das Bundesverfassungsgericht ein Machtwort spricht, die seit November
1993 nicht erhöhten Sätze verwirft und damit Flüchtlingen in Deutschland aus dem sozialen Abseits
verhilft. Das Urteil des Landessozialgerichts NRW (siehe Seite 12) geht in diese Richtung.
Soziale Lebensbedingungen von Flüchtlingen in Baden-Württemberg stehen im vom Europäischen
Flüchtlingsfonds unterstützen Projekt VIA auf der Agenda des Flüchtlingsrates. Anhand von Fragebögen, Besuchen und Interviews hat Andreas Linder die Lebensbedingungen der Flüchtlinge unter
die Lupe genommen. Lesen Sie seinen Bericht und viele weitere Beiträge hierzu in diesem Heft.
Lagerland Baden-Württemberg: mit mehr als 70 Gemeinschaftsunterkünften, in denen Flüchtlinge
oft über Monate und Jahre hinweg auf engstem Raum verbleiben müssen, steht Baden-Württemberg mit an der Spitze der desintegrierenden Unterbringung in Deutschland. Der Flüchtlingsrat
möchte die Unterbringungssituation in der Interkulturellen Woche, zum Tag des Flüchtlings, bei seinem nächsten Plenum am 20. November 2010 und mit einer Lagerkampagne 2011 auf die Agenda
setzen.
Abschiebung und Abschiebehaft: Petra Sorge beschreibt in ihrem Artikel „Abgeschoben aus BadenWürttemberg“ die schwierige Lage der Roma-Flüchtlinge. Aktionen gegen die Roma-Abschiebungen
werden im Folgenden von der Aktion Bleiberecht aus Freiburg dokumentiert. Auf der Agenda des
Flüchtlingsrates steht auch das Thema Abschiebehaft. Lesen Sie hierzu die Petition vom Tübinger
Bündnis gegen Abschiebehaft, sowie die Dokumentation des Besuches in der Mannheimer Abschiebehaft mit der Landtagsabgeordneten der SPD Helen Heberer.
Unter der Rubrik Aktuelle Flüchtlingsarbeit in Baden-Württemberg finden Sie unterschiedliche
Beispiele der Flüchtlingssolidarität vor Ort. Landesgartenschau „umgetopft“ beschreibt eine öffentlichkeitswirksame Aktion anlässlich der Gartenschau in Villingen-Schwenningen. Aktion „Flüchtlinge
aufnehmen“ aus Tübingen zeigt eine neue Facette der „save-me-Kampage“, das Stuttgarter Netzwerk Sneff wird vorgestellt, eine Tagung für Flüchtlingsfrauen in Bad Boll zusammengefasst und von
einem Sommerfest für Flüchtlinge aus der Karlsruher LASt erzählt. Diese und viele weitere Berichte
zeugen von der Vielfalt der Flüchtlingssolidarität im Ländle.
4
FLÜCHTLINGSRAT
BADEN-WÜRTTEMBERG
Rundbrief August 2010
Infos und News, Materialien und Termine finden Sie zur weiteren Planung Ihrer Agenda 2010 am
Ende des Heftes. Für die Interkulturelle Woche und zum Tag des Flüchtlings stehen einige Materialien bereit. Hierfür stellt der Flüchtlingsrat ab Mitte September auch eine Aktionszeitung zur Verfügung.
Solidarität braucht Solidarität: der Flüchtlingsrat hat sich viel vorgenommen. Für unsere Arbeit sind
wir für jede Spende dankbar, jedes Mitglied stärkt die Solidarität mit Flüchtlingen. Bis zum 30. No-
vember gibt es für jedes neue Mitglied einen Bonus. Aber lesen Sie selbst
auf Seite 47.
Nicht zuletzt möchte ich mich bei Reiner Klass für seinen Einsatz bedanken. Er hat Ende Juli die Geschäftsstelle nach fast neun Jahren Tätigkeit für
den Flüchtlingsrat Baden-Württemberg auf eigenen Wunsch verlassen, um
sich neuen Herausforderungen zu stellen. Hierzu wünschen wir ihm viel Glück!
Erfreulicherweise haben Andreas Linder, der seit März das Flüchtlingsrat-Team stärkt, und Volker
Löffler die Herausforderung angenommen und ihre Stellen aufgestockt. Andreas Linder ist für die
inhaltliche Arbeit, die Kampagnen, Öffentlichkeitsarbeit und die Projekte des Flüchtlingsrates zuständig. Volker Löffler hat seinen Schwerpunkt in der Verwaltung und der Gestaltung von www.
fluechtlingsrat-bw.de
Trotz der momentanen Umbruchsituation hat Andreas Linder mit großem Elan ein neues Konzept
für den Rundbrief entwickelt, das Ergebnis liegt vor Ihnen.
Wir wünschen eine interessante Lektüre!
Neun Jahre
Flüchtlingsrat
setzen den
besten Birkenstocklatschen
zu! Lieber
Reiner, halt die
Ohren steif und
machs gut an
deinem neuem
Arbeitsplatz und
mit deinen neuen Büroschuhen
kann nichts
schiefgehen!
Für den Flüchtlingsrat Baden-Württemberg
Angelika von Loeper, 1. Vorsitzende
... stellt die sozialen Lebensbedingungen von Flüchtlingen in Baden-Württemberg in den Mittelpunkt:
Auf der Grundlage unserer bisherigen politischen Positionen sowie der Erkenntnisse aus unserer aktuellen Studie zu den sozialen Lebensbedingungen von Flüchtlingen in Baden-Württemberg (lesen Sie dazu ab Seite 15) entwickeln wir derzeit inhaltliche Positionen und Ziele, die wir
auch anlässlich der anstehenden Landtagswahl kritisch und konstruktiv in die Diskussion mit
den politisch Verantwortlichen und der Zivilgesellschaft einbringen wollen. Wir hoffen hierhei
auf Ihr Interesse und besser noch auf Ihre aktive Beteiligung oder Unterstützung ...
(Voraussichtliche) Teilschritte einer „Lagerkampagne“ 2010 / 2011
26.9.-2.10. 2010 Aktionszeitung zur Interkulturellen Wochen / Tag des Flüchtlings
20.11.10
Plenum/Tagung des Flüchtlingsrats mit Schwerpunkt „Lagerkampagne“
Nov. und Dez. 2010 Landtagswahlkampf: Informationsgespräche mit Landtagsfraktionen
/ Parteien / Forderungen an die Landesregierung
Januar / Februar 2011 Planungs- / Aktionskonferenz für „Vor-Ort-Aktionen“
Februar bis April 2011 Dezentrale Veranstaltungsreihe zur Lagerkampagne /
Konzerte mit dem Liedermacher Heinz Ratz – Besuche von Unterkünften
März 2011 Landtagswahl
Mai bis Juli 2011 Tour durch Baden-Württemberg
- nach Regierungsbezirken werden jeweils 3-6 Orte ausgewählt
- an jedem Tour-Ort gibt es eine ganztägige zentrale Aktion. Diese wird gemeinsam vom FR und lokalen Gruppierungen vorbereitet und durchgeführt und konzentriert sich auf die
lokale/regionale Situation und die damit verbundenen Forderungen und Ziele.
Der Hauptteil der Aktivitäten soll in den Unterkünften stattfinden
Gestaltungsmomente der lokalen Aktionen:
- Es soll genügend Zeit sein, um mit Flüchtlingen ins Gespräch zu kommen und ihnen eine
Beteiligung an der Aktion möglich zu machen. Sie sollen Raum bekommen, um ihre
Interessen und Vorschläge artikulieren zu können.
- An jedem Ort sollen Kommunalpolitiker (v.a. Kreistag) eingeladen werden und einen auf
den jeweiligen Ort zugeschnittenen Forderungskatalog erhalten
- An jedem Ort wird ein Kulturprogramm in der GU organisiert
später in 2011?
Den neu gewählten Abgeordneten wird ein Glückwunschschreiben mit einer
Vorlage für Gesetzesänderung des FlüAG
FLÜCHTLINGSRAT
BADEN-WÜRTTEMBERG
Rundbrief August 2010
5
Abgeschoben aus
Baden-Württemberg
Im April hat die Bundesregierung ein Abkommen mit dem Kosovo unterzeichnet, das die
Rückführung von ausreisepflichtigen Menschen regelt. Darunter sind auch viele aus
Baden-Württemberg. Jeden zweiten Dienstag
eines Monats geht ein Abschiebeflieger vom
„Baden-Airpark“ in Söllingen bei Karlsruhe.
von Petra Sorge
6
FLÜCHTLINGSRAT
BADEN-WÜRTTEMBERG
Rundbrief August 2010
Das Ehepaar Krasniqi ist schon um kurz nach elf
am Flughafen in Pristina. Am Morgen dieses 20.
Juli hat ein Kollege aus Deutschland angerufen:
Der Bruder des Anrufers, Karlin Enver, 33 Jahre,
sei gegen 4 Uhr von der Polizei in Stuttgart abgeholt worden. Er wurde direkt zum Flughafen
gebracht, in Handschellen. Ob die Kollegen im
Kosovo ihm helfen könnten?
Die Sonne brennt, Served Krasniqi wischt sich
eine Träne aus dem Gesicht. „Was ist da passiert?“, fragt sie. „Karlin hat hier nichts, kein
Haus, keinen Job.“ Der Deportationsflug landet gegen halb eins. Bildschirme am Terminal
kündigen Flüge aus Verona, Wien und Istanbul
an. Von einem Flieger aus Karlsruhe-Baden ist
nichts zu lesen. Zwei Stunden lang harren die
Krasniqis am Ausgang des Flughafens aus. Auf
Ein Kind in einem überwiegend von Roma und Ashkali
bewohnten Slum in Fushë Kosova sucht im Müll nach
Verwertbarem. Hier wohnen auch Menschen, die aus
Baden-Württemberg abgeschoben wurden.
Bild: Petra Sorge
die 39 Abgeschobenen aus Deutschland warten
weniger als ein Dutzend kosovarische Bekannte
und Angehörige. Dann öffnet sich die Tür, einige junge Männer schauen unsicher in die Menschenmenge. Karlin Enver zieht eine schwarze Tasche hinter sich her, mehr durfte er nicht
mitnehmen. Ein paar Klamotten, Wertsachen,
mehr passte nicht hinein. Nach 19 Jahren ist der
junge Mann in das Land zurückgekehrt, das ihm
fremd ist.
Enver lässt seine 70-jährige Mutter zurück. Sie
ist zuckerkrank, hatte einen Herzinfarkt, ist auf
dem einen Auge ganz, auf dem anderen fast
blind. „Ich habe sie jahrelang gepflegt, für sie
eingekauft. Jetzt hat sie niemanden“, sagt Enver.
Doch am meisten vermisst er seine fünfjährige
Tochter. Die darf er jetzt nicht mehr sehen, weil
er eine Einreisesperre hat. „Die Behörden haben mir alles kaputt gemacht.“
2004 wurde Enver die unbefristete Aufenthaltserlaubnis entzogen. Nach Angaben des Stuttgarter Amts für öffentliche Ordnung habe es keinen
Fluchtgrund mehr gegeben. Außerdem habe
Enver keinen Pass besessen, 13 Jahre öffentliche Leistungen bezogen und sei wegen diverser
Vorstrafen aufgefallen. Enver gründete eine Familie, bekam so eine neue Aufenthaltserlaubnis
für drei Jahre. Als sich das Ehepaar 2007 trennte, sah die Ausländerbehörde keinen Grund
mehr, die Erlaubnis zu verlängern. Enver klagte,
der Eilantrag wurde abgelehnt. Vier Tage später
kam die Polizei zur Abschiebung. Es blieb keine
Zeit mehr, eine freiwillige Ausreise zu planen.
Der Anwalt erfuhr davon erst am Vormittag, als
es schon zu spät war.
Eigentlich hätte Enver an diesem Morgen wieder einen Job gehabt – bei Karstadt, in der Reinigung. Ein Jahr hatte er dort gearbeitet. Mit der
Firmeninsolvenz kam die Entlassung, Enver war
ein paar Monate arbeitslos. Das wog bei den
Behörden schwer. Enver sagt, er hat „überall geschafft“, als Staplerfahrer, im Lager, bei der Logistikfirma Steinle.
Er wohnt jetzt in Peja, doch wie es weitergeht,
weiß er nicht. Die Arbeitslosigkeit im ärmsten
Land Europas liegt bei über 40 Prozent, die Löhne bei etwa 100 Euro im Monat, im öffentlichen
Dienst bei 250 Euro. Rückkehrer aus BadenWürttemberg werden für sechs Monate von der
Hilfsorganisation URA II, die von vier Ländern
und dem Innenministerium getragen wird, unterstützt. Doch das Jahresbudget der Organisation war bereits Ende Juli zu zwei Dritteln
ausgeschöpft. Wer jetzt kommt, muss sich auf
drastische Kürzungen einstellen. Karlin Enver erhält für Essen und Miete 150 Euro im Monat, zu
wenig zum Leben.
Als die Alilis aus Pforzheim 2005 ins Kosovo abgeschoben wurden, gab es nicht einmal diese
kleine Hilfe. Die Roma-Familie wohnt in einem
Slum in Fushë Kosova, einem Vorort von Pristina. Viele Häuser stehen nur in Ruinen da. Seit
dem Krieg wurden sie nicht mehr aufgebaut. Die
Kinder hier laufen barfuß, suchen Verwertbares
in Müllhaufen. „Es bricht mir das Herz, sie betteln zu sehen“, sagt Fikrije Alili, 42.
Die vierfache Mutter verschenkt oft Brot und
Obst, obwohl sie dem Lebensmittelladen selbst
Hunderte Euro schuldet. Dazu kommen die
Schulden im Krankenhaus: Der älteste Sohn Halil
musste nach einem Autounfall am Kopf genäht
werden, sein linkes Bein ist viermal gebrochen
und gesplittert. Die Familie hat keine Kranken-
Adnan, Halil und Mutter Fikrije Alili (bis vor kurzem Pforzheim)
wohnen jetzt in Pristina im Haus eines Onkels, mitten im RomaSlum. Bild: Petra Sorge
versicherung, Arztrechnungen müssen privat
bezahlt werden. Fikrije ist schwer depressiv, sie
weiß nicht, wie sie ihrer Familie helfen soll. „Uns
versteht hier niemand.“ Die Nachbarn denken,
weil die Alilis aus Deutschland kommen, sind sie
reich.
Halil sagt, sie haben hier keine Freunde. „Bekannte, Nachbarn vielleicht, aber keine Freunde.“ Sein 16-jähriger Bruder Adnan, der in
Deutschland geboren ist, vermisst die Schule. Er
war elf Jahre, ging in die sechste Klasse, als die
Polizei kam, um sie abzuschieben. „Ich habe nur
geweint, wochenlang.“ Dort hatte er in seiner
Freizeit Fußball gespielt. Hier geht er im Eckladen arbeiten, von 7 bis 19 Uhr, für 100 Euro im
Monat.
Dass abgeschobene Minderjährige im Kosovo
nicht zur Schule gehen, ist kein Einzelfall. Eine
kürzlich veröffentlichte Roma-Studie des Kinderhilfswerks Unicef zeigt, dass dies drei von vier
Kindern betrifft. Das hat verschiedene Gründe:
Fast alle Familien landen in der sozialen Isolation, manchen fehlen die Geburtsurkunden. Adnan Alili hat in Deutschland nie Albanisch schreiben gelernt. Demnächst will er es aber mit der
Schule versuchen. Weil er in Deutschland geboren ist, hofft er darauf, irgendwann dorthin zurückzukehren: „Das ist mein einziger Wunsch.“
Für Karlin Enver gibt es diese Möglichkeit nicht.
Er ist traurig, erschöpft, isoliert. Nach zwei Wochen im Kosovo hat er das erste Mal mit seiner
Tochter übers Internet telefoniert. „Sie hat geweint und gefragt: Papi, wann kommst du zurück?“
Die Autorin:
Petra Sorge ist
Studentin der Journalistik und Politikwissenschaft in
Leipzig. Sie volontierte bei den Nürnberger Nachrichten
und publizierte u.a.
in Zeit Online und
Berliner Zeitung.
Zur Zeit lebt sie
in Pristina und
anderen Orten des
Kosovo, um dort für
ihre Diplomarbeit
zu forschen.
FLÜCHTLINGSRAT
BADEN-WÜRTTEMBERG
Rundbrief August 2010
7
AKTUELLES ZU „URA 2“
Effektive Rückkehrprojekte?
Von Ines Fischer
Für Flüchtlinge, die „freiwillig“ in den Kosovo zurückkehren wollen, wurde bereits im Jahr 2007
das Projekt URA 1 mit Förderung durch die EU ins Leben gerufen. „Ura“ bedeutet im albanischen
„Brücke“ und soll als Projekt für ein Engagement der daran beteiligten Länder in der Beratung
und Begleitung von Menschen stehen, die der Abschiebung entgehen wollen und sich für eine sogenannte „freiwillige“ Rückkehr entscheiden. Beteiligt waren neben dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) unterschiedliche europäische Träger, darum sollten von den Hilfen
des Projektes auch Flüchtlinge außerhalb Deutschlands profitieren können. Mit dem Auslaufen
des Projektes im Oktober 2008 wurde die Zuständigkeit für eine Begleitung von rückkehrwilligen
Flüchtlingen wieder auf die nationale Ebene verwiesen, das BAMF installierte ab 1.1.2009 (zunächst befristet bis 2010) in Kooperation mit den Bundesländern NRW, Niedersachsen und BaWü
das Projekt „URA 2“, das nur von Flüchtlingen in Anspruch genommen werden kann, die aus diesen Bundesländern kommen.
Rückkehrprojekte als Feigenblätter?
Aus der Perspektive des Flüchtlingsrates sind sogenannte „Rückkehrprojekte“ in Herkunftsländern grundsätzlich kritisch zu hinterfragen, da
sie in der Diskussion häufig dafür instrumentalisiert werden, um Flüchtlingen ein Aufenthaltsrecht zu verweigern mit der Begründung, dass
eine Betreuung und Begleitung auch im Heimatland gewährleistet sei. Rückkehrprojekte dürfen
jedoch keine Feigenblätter für eine grundsätzlich flüchtlingsfeindliche Politik sein, darum sind
sie genauestens auf ihre Nachhaltigkeit zu überprüfen. Hinsichtlich der Projekte URA 1 und URA
2 im Kosovo standen in der Vergangenheit sehr
wenige aussagekräftige Informationen seitens
der Träger zur Verfügung. Berichtet wurde hingegen von Nichtregierungsorganisationen und
tatsächlich zurückgekehrten Flüchtlingen, dass
die Versorgung durch die Projekte wenig effektiv und bei weitem nicht nachhaltig sei.
Aktuelle Informationen über URA 2
8
FLÜCHTLINGSRAT
BADEN-WÜRTTEMBERG
Rundbrief August 2010
Mit Schreiben vom 30. Juni 2010 haben sich
Fraktionsmitglieder der Grünen an das Innenministerium Baden-Württemberg gewandt, um
Klarheit hinsichtlich der Effektivität von URA 2
im Kosovo zu erhalten. Aus der Antwort des Innenministeriums (IM) vom 21.7.2010 gehen folgende Informationen hervor:
Vor Ort sind im Rahmen des Projektes URA 2 im
Kosovo derzeit drei Arbeitsvermittler, drei Sozialarbeiter und zwei Psychologen (letztere mit
1,5 Stellen) sowie eine Projektassistentin und
eine Reinigungskraft tätig. Ein Langzeitberater
des BAMF ist ebenfalls vor Ort und leitet das
Projekt. Das Innenministerium beziffert die Zahl
der aus Baden-Württemberg in den Kosovo ausgereisten Menschen in der Zeit vom 1.1.2009 bis
zum 30.3.2010 mit 105 freiwillig ausgereisten
und 174 abgeschobenen Personen. Da das Projekt URA 2 von mehreren Bundesländern getragen wird und insgesamt einen Kostenaufwand
von 616 000 Euro pro Jahr notwendig macht,
beliefen sich die Kosten für Baden-Württemberg im Jahr 2009 auf 30 000 Euro, im Jahr 2010
auf 40 000. Das Innenministerium verweist in
seiner Stellungnahme außerdem noch auf die
REAG / GARP – Programme und beziffert die
Prozentzahl derjenigen, die im Jahr 2009 von
diesen Programm profitierten auf 20%. Auf die
Frage, wie viele Menschen eine Übernachtung
im Rückkehrzentrum im Kosovo kurz nach ihrer
Rückkehr in Anspruch nehmen mussten, ist die
Antwort des Innenministeriums undeutlich bis
nichts sagend: Es wird darauf verwiesen, dass
die Zahl der Übernachtungen im Rückkehrzentrum sehr gering war, außerdem wird angegeben, dass es eine eigene statistische Erhebung
über die Anzahl der Übernachtungen im Rückkehrzentrum nicht gebe.
Hinsichtlich der Hilfe bei der Wohnungsbeschaffung gibt das IM an, dass im Jahr 2009 81 Personen durch das Projekt eine Unterkunft vermittelt wurde. Die Kosten für die Unterkunft seien
für 6 Monate bezahlt worden, im Jahr 2009 seien die Kosten zum Teil auch für einen längeren
Zeitraum übernommen worden. Der Betrag für
Mietzuschüsse wird für diese Zeit auf 40 500
Euro beziffert.
Bezüglich der Frage wie viele Menschen durch
das Rückkehrprojekt in eine psychotherapeutische Beratung vermittelt worden seien, verweist das IM auf 40 Menschen im Jahr 2009,
gibt aber nicht an, in welchem Rahmen und
Umfang diese Betreuung erfolgte. Die beiden
dafür zuständigen Psychologen nehmen derzeit
parallel zu ihrer Tätigkeit an einem zweijährigen
Fortbildungslehrgang im Kosovo teil, der von
der Diakonie Trier durchgeführt wird.
Kritische Anfragen an die Landesregierung in der Rückkehrberatung
Angesichts der zur Verfügung stehenden Informationen sind deutliche Zweifel angebracht,
ob das Projekt URA 2 tatsächlich als nachhaltig
bezeichnet werden oder als Argumentationsgrundlage dafür dienen kann, Flüchtlingen eine
Rückkehr in den Kosovo nahe zu legen. Ausgehend von der Genfer Flüchtlingskonvention,
die fordert, dass Verhältnisse im Heimatland
nachhaltig und langfristig gesichert sein müssen, bevor eine Rückkehr erfolgen kann, ist eine
Rückkehr in den Kosovo vielen oft auch traumatisierten Flüchtlingen gar nicht erst zuzumuten.
Besonders Roma, die von Abschiebungen häufig
betroffen sind, finden im Kosovo wahrlich keine stabilen Verhältnisse vor und müssen nach
einer Abschiebung ein elendes Dasein fristen.
Eine Rückkehrberatung kann in diesem Rahmen
nicht das leisten, was sich gerade Flüchtlinge oft
von ihr versprechen (müssen) oder mglw. auch
durch sie suggeriert bekommen: Den guten
Start in ein neues Leben.
Der finanzielle Rahmen, in dem sich die Landesregierung in der Rückkehrberatung engagiert ist
im Vergleich zu den Ausgaben, die für Abschiebungen vorgesehen sind, verschwindend gering.
Zu hinterfragen wären vor allem die Zahlen, die
angegeben werden: Zum einen beteiligte sich
Baden-Württemberg mit 30 000 Euro im Jahr
2009 an dem Projekt URA 2, im selben Jahr wurden jedoch allein 40 500 Euro in Mietzuschüsse
investiert. Aus diesem Zahlenbeispiel kann der
Schluss gezogen werden, dass Baden-Württemberg mit seinen Zahlungen den tatsächlichen
Notwendigkeiten nicht nachzukommen scheint.
Zielpunkt einer Kritik muss weiterhin die psychologisch-therapeutische Betreuung sein, die
durch das Projekt scheinbar ausreichend möglich gemacht werden soll. Die Angabe von 40
Menschen, die diese Betreuung 2009 in Anspruch genommen haben sollen macht nicht
deutlich, ob darunter auch Mehrfachkontakte
fallen und in welchem Umfang die Betreuung
tatsächlich erfolgte. Die Zahl der abgeschobenen bzw. zurückgekehrten Menschen legt nahe,
dass ein deutlich höherer personeller Aufwand
notwendig wäre, um die in ihr Heimatland zurückgekehrten bzw. abgeschobenen Menschen
angemessen psychologisch-therapeutisch zu
begleiten. Außerdem fehlen konkrete Angaben,
inwieweit eine Versorgung mit Medikamenten
abgedeckt ist und ob Krankenhausaufenthalte
im Prinzip möglich sind.
Die Antwort des IM gibt zwar Auskunft zu den
durch die Anfrage aufgeworfenen Fragen, vermittelt aber kein Bild, welche Herausforderungen RückkehrerInnen zu bewältigen haben und
wie viele an diesen Herausforderungen scheitern. Die Frage der Nachhaltigkeit spielt keine
Rolle und bleibt darum offen.
Insistieren auf konkreteren Angaben
Für den Flüchtlingsrat Baden-Württemberg wird
es notwendig sein, in der Zukunft weitere Details der Arbeit von URA 2 einzufordern bzw.
transparent zu machen. Dafür sind wir vor allem
auf Berichte von Flüchtlingen selbst angewiesen
oder von Nichtregierungsorganisationen, die
sich vor Ort ein eigenes Bild der Lage machen.
Für alle Berichte oder Informationen in dieser
Hinsicht sind wir dankbar. Solange die Wirksamkeit der Maßnahmen jedoch derart fraglich
ist, ist jeglicher Verweis auf URA 2 als wirksame
Hilfe für eine große Zahl von RückkehrerInnen
nicht angemessen.
Der Originaltext der Anfrage und der Stellungnahme ist nachzulesen unter www2.landtag-bw.de/WP14/
Drucksachen/6000/14_6569_d.pdf
Die Autorin:
Ines Fischer war
von 2005 bis 2010
Asylpfarrerin in
Reutlingen. Sie ist
Mitglied des Sprecherrats des Flüchtlingsrats BadenWürttemberg
FLÜCHTLINGSRAT
BADEN-WÜRTTEMBERG
Rundbrief August 2010
9
AKTION BLEIBERECHT FREIBURG - BERICHT
Demonstration für ein
Bleiberecht von Roma
Quelle:
www.aktionbleiberecht.de
Am 8. Mai demonstrierten zwischen 800 und 1.000 Personen für ein Bleiberecht von Roma in der
Karlsruher Innenstadt. „Wer bleiben will, soll bleiben! – Stopp Deportation“ war auf mehreren
Transparenten zu lesen. Auch eine Samba-Gruppe mit heißen Rhythmen hatte sich der Demonstration angeschlossen.
Etwa 70 kleine und größere Gruppen und Organisationen hatten zu der Demonstration aufgerufen. Die Demonstranten, darunter viele MigrantInnen, waren sich
einig, die Flüchtlingspolitik in Deutschland muss geändert werden, die Abschiebungen dürfen nicht weitergehen. Zahlreiche Passanten, vor allem MigrantInnen,
standen dem Demonstrationszug sehr positiv gegenüber. Engagiert und kreativ waren die unterschiedlichsten Losungen auf Schildern und Stoff. Eine politisch
entschlossene Demonstration von Jung und Alt hatte
sich auf den Weg gemacht, um auch gegenüber der Innenministerkonferenz in Hamburg klar zu machen: Abschiebungen, nicht mit uns.
Gleich zu Beginn der Demonstration hatte Bernd Mesovic von PRO ASYL ein „Sofortiges Ende der RomaAbschiebungen in den Kosovo“ gefordert: „Die Bundesregierung weiß, was die Abgeschobenen erwartet. Die
Mehrheit muss in absoluter Armut leben, in Behelfsunterkünften ohne sanitäre Anlagen oder Heizung.“ Er
ging auf die historische Verpflichtung Deutschlands ein:
„Hunderttausende Roma wurden Opfer des Holocaust,
viele auf dem Balkan. Der Umgang mit Roma-Flüchtlingen, die insbesondere in den letzten 15 Jahren Schutz
vor Verfolgung gesucht haben, ist die Nagelprobe auf
das Bekenntnis, aus der Vergangenheit lernen zu wollen.“ Eine RednerIn von Aktion Bleiberecht Freiburg forderte ein Ende der Abschiebungen vom Baden-Airpark
und verurteilte die Abschiebepolitik des Landes und
ihrer ausführenden Behörde, des Regierungspräsidiums
Karlsruhe.
10
FLÜCHTLINGSRAT
BADEN-WÜRTTEMBERG
Rundbrief August 2010
Einige Menschen schlossen sich in der Karlsruher Innenstadt spontan dem Demonstrationszug an. Tausende Menschen beim Einkauf oder in Gartenwirtschaften
folgten bei frühlingshaftem Wetter aufmerksam den
unterschiedlichen Redebeiträgen. Die Polizei zog ihr
anfängliches Spalier von der Demonstration ab. Neben
zahlreichen Flüchtlingsräten aus Hessen, NRW, Bayern,
Niedersachsen und Baden-Württemberg sowie PRO
ASYL bekräftigten verschiedene Flüchtlingsgruppen die
Forderung „Bleiberecht für Roma! – Schluss mit den Ab-
schiebungen!“ ... Ein Redner der Roma, noch sichtlich
erschüttert von seinen Eindrücken bei einer vor kurzem
stattgefundenen Kosovoreise, verurteilte das Rückübernahmeabkommen mit dem Kosovo, wonach 15.000
Menschen abgeschoben werden sollen. Darunter befinden sich 11.000 Angehörige der Romaminderheiten. ...
Ein Vertreter des Aktionskreis Internationalismus Karlsruhe benannte als wesentliche Fluchtursachen die Kriege z.B um Rohstoffe wie im Kongo oder Irak oder die
systematische Zerstörung der natürlichen Lebensgrundlagen aus Profitgründen. Allein die hausgemachte sogenannte Klimakatastrophe wird nach Angaben der UNO
bis zum Jahre 2050 weitere 50 Millionen in die Flucht
treiben.
Ein Flüchtling aus Nigeria kritisierte in einem Redebeitrag das Regierungspräsidium Karlsruhe für die Zusammenarbeit mit der nigerianischen Botschaft und die damit verbundenen Zwangsvorführungen von in Deutschland lebenden Flüchtlingen. Die Zwangsvorführungen
haben nur ein Ziel: die Abschiebung!
Das Bündnis, das zur „Kampagne gegen die Abschiebungen vom Deportation Baden-Airpark“ aufgerufen
hat, bekräftigte nochmals die Entschlossenheit, die
Kampagne weiterzuführen. Solange die Abschiebungen nicht vom Tisch sind, wird der Widerstand weitergehen, aber stärker vernetzt. „Gebt Kirchenasyl, wo
Kirchasyl verlangt wird!“, „Steht den Betroffenen zur
Seite, wenn sie unsere Solidarität brauchen“, „Macht
die Abschiebungen öffentlich“ und „geht auf die Straße, wenn Protest notwendig wird“ und „verhindert die
Abschiebungen, versteckt die Menschen, wenn es anders nicht mehr geht“. In sämtlichen Redebeiträgen,
in Forderungen auf den Transparenten, in zahlreichen
Publikationen, die verteilt wurden, im Engagement der
TeilnehmerInnen wurde deutlich, dass niemand diese
Abschiebungen will. „Wer bleiben will, soll bleiben!“
Der Baden-Airpark und das Regierungspräsidium Karlsruhe werden die Adressen für weiteren Protest sein.
AKTION BLEIBERECHT FREIBURG - PRESSEINFO VOM 13.7.2010
Rote Bächle
gegen Abschiebungen
Einmal im Monat geht ein Abschiebeflug vom Flughafen Baden-Baden. An Bord sind Flüchtlinge,
hauptsächlich Roma, die teilweise seit vielen Jahren in Deutschland lebten und dieses Land nicht
freiwillig verlassen haben. Im Kosovo erwartet sie ein Leben ohne Perspektive - gerade Roma
sind dort noch immer einer tiefgreifenden gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Diskriminierung
ausgesetzt, sie müssen noch immer mit Verfolgung rechnen. Viele von ihnen leben seit Jahren in
Deutschland, ihre Kinder sind hier geboren und sprechen nicht einmal die Sprache der fremd gewordenen „Heimat“ Kosovo.
Das hindert die deutschen Behörden jedoch nicht daran, sie abzuschieben und damit Existenzen zu zerstören. Entgegen der Einschätzung der EU-Kommission
und diverser NGOs bewertet die Bundesregierung die
Lage im Kosovo wider alle Fakten als „unproblematisch“
und hat ein Rückübernahmeabkommen mit Pristina
geschlossen. Demnach sollen in den nächsten Jahren
15.000 Menschen in den Kosovo abgeschoben werden.
Auch 460 Menschen aus Freiburg sind nun zusätzlich
akut von Abschiebung bedroht. Die monatlichen Abschiebungen werden unbemerkt von der Bevölkerung
über den Flughafen Baden-Baden durchgeführt, er ist
für ganz Süddeutschland die zentrale Stelle für Abschiebungen in den Kosovo. So zeigt sich, dass anders
als häufig suggeriert, der staatliche Rassismus und die
brutale Abschottung Europas nicht nur an den Außengrenzen der EU, sondern auch direkt in unserer Region
zu Tage treten.
Um auf diese Tatsache aufmerksam zu machen, haben
wir heute in der Freiburger Innenstadt Papierflieger mit
Informationen zu den Abschiebungen vom Münster fliegen lassen und die „Bächle“ rot gefärbt. Denn nicht nur
das Mittelmeer färbt sich rot vom Blut toter Flüchtlingedie Opfer der Festung Europa leiden und sterben auch
im Schwarzwald, direkt vor unserer Haustüre. Die roten
„Bächle“ in Freiburg sollen als Symbol für die Grausamkeit des deutschen Abschiebesystems stehen und unseren Protest dagegen für jeden sichtbar machen.
Flüchtlinge werden in Deutschland als Menschen zweiter Klasse behandelt, für die die Menschenrechte nur
eingeschränkt gelten. Sie dürfen nicht arbeiten, müssen auf engstem Raum in Lagern leben und dürfen den
Landkreis, in dem sie untergebracht sind, nicht verlassen. Sie leben in ständiger Angst vor Abschiebung und
in dem Bewusstsein, in Deutschland alles andere als
willkommen zu sein. Viele halten diesem Druck nicht
stand, Körper und Seele leiden, manchmal so sehr, dass
keine Rettung mehr möglich ist. Mehrere Suizide in Abschiebegefängnissen in den letzten Monaten (zuletzt
am 2. Juli in Hannover) verdeutlichen dies auf traurigste
Weise.
Wie kann es sein, dass solche Zustände in einem angeblich rechtsstaatlichen Land wie Deutschland geduldet, gar gefördert werden? Menschen verlassen aus
unterschiedlichsten Gründen ihre Heimat - sie fliehen
vor Krieg, Elend, Folter oder politischer Verfolgung.
Gemeinsam ist allen, dass sie kaum eine andere Wahl
hatten, als zu fliehen, vor Zuständen, die wir uns kaum
vorstellen können. Doch auch in Deutschland geht ihr
Leiden weiter - sie sind nicht willkommen und das wird
ihnen heftig verdeutlicht.
Wir leben ein privilegiertes Leben in Deutschland friedlich, sicher und in einem gewissen Wohlstand.
Wir haben Glück gehabt. Doch woher nehmen wir das
Recht, jene, die nicht so viel Glück hatten, auszugrenzen
und in das Elend, vor dem sie geflohen sind, zurückzuschicken? Dafür gibt es keinerlei Legitimation! Daher
fordern wir eine sofortige Abkehr von der inhumanen
Flüchtlings- und Abschiebepolitik Deutschlands und der
Europäischen Union!
Menschenrechte können nicht von einem Pass abhängig sein! Die roten „Bächle“ sind nur ein Symbol, sie sollen endlich eine Problematik vor Augen führen, die viel
zu lange unbeachtet blieb.
Ein Symbol kann die Zustände nicht ändern - vielfältiger
Protest schon. Dieser ist auch auf lokaler Ebene möglich. Ansatzpunkte bieten u.a. die Stadt Freiburg, der
Baden-Airpark und das Regierungspräsidium Karlsruhe.
Hinsehen, Interesse zeigen und Widersprechen sind die
ersten Schritte! Solidarität und Unterstützung für unsere Mitbürgerinnen und Mitbürger in den Flüchtlingswohnheimen! Denn kein Mensch ist illegal, nirgends!
Mehr Infos:
www.roma-kosovoinfo.com/
Quelle:
www.aktionbleiberecht.de
FLÜCHTLINGSRAT
BADEN-WÜRTTEMBERG
Rundbrief August 2010
11
ASYLBEWERBERLEISTUNGSGESETZ
Verfassungswidrig!?
Das AsylbLG vor dem Aus!
Das Bundesverfassungsgericht hat die Hartz-IV-Regelsätze im Februar 2010 für verfassungswidrig erklärt.
Seitdem fordern Menschenrechtsorganisationen und Wohlfahrtsverbände ebenfalls die Überprüfung der
Regelsätze für asylsuchende und geduldete Flüchtlinge. Die Leistungen nach dem AsylbLG wurden seit Einführung im Jahr 1993 nicht verändert und liegen 37% unterhalb der Hartz-IV-Sätze. Das widerspricht dem
Grundgesetz. Denn auch Flüchtlinge haben das Recht auf menschenwürdige Existenz! Nun hat das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen die Leistungssätze des AsylbLG mit Bezug auf das Hartz-IV-Urteil für verfassungswidrig erklärt. Wir dokumentieren hier die diesbezügliche dpa-Meldung vom 28. Juli. (Redaktion)
Essen (dpa/lnw) - Die Leistungen für Asylbewerber
kommen auf den Prüfstand. Das Landessozialgericht
von Nordrhein-Westfalen hält die Höhe der monatlichen Zahlungen für verfassungswidrig, teilte das
Gericht am Mittwoch in Essen mit. Die Sätze seien
zu niedrig. Nun soll das Bundesverfassungsgericht
klären, ob die Leistungen mit dem Grundgesetz vereinbar sind. Sollten Deutschlands oberste Richter
sich der Ansicht aus Essen anschließen, müsste der
Gesetzgeber die Höhe der Sätze nach dem Asylbewerberleistungsgesetz neu regeln, hieß es in dem Beschluss (Az. L 20 AY 13/09). Die Leistungen für Asylbewerber sind nach Angaben des Gerichts seit 1993
nicht angehoben worden. Das Landessozialgericht
hatte über die Klage eines allein stehenden Mannes
aus dem Irak zu entscheiden, der in einer Unterkunft
für Asylbewerber untergebracht ist. Für seinen gesamten Bedarf außerhalb von Unterkunft, Heizung
und Hausrat erhielt er demnach monatlich einen Betrag von 224,97 Euro. Im Vergleich zu den Leistungen
nach dem Sozialgesetzbuch II reiche das «offensichtlich nicht aus, um eine menschenwürdige Existenz zu
gewährleisten», erklärten die Richter. Das Arbeitslosengeld II oder die Sozialhilfe für Alleinstehende habe
im gleichen Zeitraum monatlich 351,00 Euro zuzüglich Unterkunft und Heizung betragen. Das Essener
Gericht bemängelte zudem, dass die Leistungen für
Asylbewerber nicht in einem Verfahren bemessen
worden seien, wie es das Bundesverfassungsgericht
verlange. Sie seien vielmehr «ins Blaue hinein» geschätzt worden. In ihrer Begründung beriefen sich
die Richter ausdrücklich auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zu den Hartz-IV-Regelleistungen
vom Februar dieses Jahres. Das Verfassungsgericht
hatte darin ein Grundrecht auf Gewährleistung eines
menschenwürdigen Existenzminimums formuliert.
Die Frage nach der Rechtmäßigkeit der Bedarfssätze nach dem Asylbewerberleistungsgesetz soll daher
dem Bundesverfassungsgericht vorgelegt werden.
Zum Urteil des LSG NRW erklärte die Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen in einer Presseerklärung am 28. Juli 2010:
Menschenwürde gilt auch für Asylbewerber
12
FLÜCHTLINGSRAT
BADEN-WÜRTTEMBERG
Rundbrief August 2010
Zum heutigen Vorlagebeschluss des Landessozialgerichtes NRW, das die Leistungen für Asylbewerber für verfassungswidrig hält, erklären Markus Kurth, Sprecher für Sozialpolitik und Josef Winkler, stellvertretender
Fraktionsvorsitzender und Sprecher für Flüchtlingspolitik: Mit seinem Vorlagebeschluss knüpft das Landessozialgericht an die Regelsatz-Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts an. Das höchste deutsche Gericht hat
am 9. Februar 2010 entschieden, dass die Ermittlung des Hartz-IV-Regelsatzes willkürlich und intransparent
ist. Das gleiche gilt also auch für die Leistungen für Asylbewerber. Ihre Beträge wurden seit 1993 nicht angehoben. Asylbewerber bekommen sogar 125 Euro weniger im Monat, als Hartz-IV-Empfänger. Das ist mit der
Menschenwürde, die keinen Unterschied macht zwischen Deutschen und Nicht-Deutschen, nicht vereinbar.
Wir haben kürzlich einen Gesetzentwurf auf Drucksache 17/1428 zur Aufhebung des Asylbewerberleistungsgesetzes in den Bundestag eingebracht, der ebenfalls die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zum
Hartz-IV-Regelsatz enthält. (c) Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen, Pressestelle, 11011 Berlin, T: 030 /
227 - 5 72 12, F: 030 / 227 - 5 69 62, http://www.gruene-bundestag.de, eMail: [email protected]
ANTRÄGE AUF ERHÖHTE LEISTUNGEN NACH § 2 AsylbLG
Rückwirkende
soziale Gerechtigkeit?
Aufgrund der geänderten Rechtsprechung des Bundessozialgerichts aus dem Jahr 2008 besteht
für eine Vielzahl von Flüchtlingen die Möglichkeit, höhere Leistungen rückwirkend gemäß § 2
AsylbLG zu erhalten.
von Rechtsanwältin Vera Kohlmeyer-Kaiser
1) Forderungsberechtigte
Ansprüche auf Nachzahlungen nach § 2 AsylbLG
haben jetzige und frühere Leistungsberechtigte
nach § 1 AsylbLG. Sie können diese Forderungen
auf rückwirkende Nachzahlung der Differenz
zwischen den niedrigeren Leistungen nach § 3
AsylbLG und den erhöhten Leistungen nach § 2
AsylbLG beantragen.
2) Leistungsumfang
Nach § 3 erhalten die vorstehenden Personen
Grundleistungen, wobei der notwendige Bedarf an Ernährung, Unterkunft, Heizung, Kleidung, Gesundheits- und Körperpflege und Gebrauchs- und Verbrauchsgüter des Haushalts
durch Sachleistungen gedeckt werden oder ggf.
durch Wertgutscheine. Zusätzlich erhalten die
Anspruchsberechtigten bis zur Vollendung des
14. Lebensjahres 20,- € monatlich und ab dem
Beginn des 15. Lebensjahres 40,- € monatlich als
Geldbetrag zur Deckung persönlicher Bedürfnisse des täglichen Lebens.
Bei einer Unterbringung außerhalb von Aufnahmeeinrichtungen im Sinne des § 44 AsylVfG
können Geldleistungen nach den in § 3 Abs. 2
festgelegten Sätzen gewährt werden.
3) Erhöhte Leistungen nach SGB XII
In § 2 AsylbLG ist geregelt, dass die im Vergleich
zum Sozialgesetzbuch abgesenkten Sozialhilfeleistungen den Leistungsberechtigten nach § 1
zustehen, wenn
1. sie bereits Leistungen nach § 3 AsylbLG für die
Dauer von vier Jahren erhalten haben und
2. sie die Dauer des Aufenthalts nicht rechtsmissbräuchlich selbst beeinflusst haben.
Erst nach Ablauf dieser 48 Monate werden höhere Leistungen entsprechend dem SGB XII
gewährt, sogenannte Analogleistungen. Die
Zubilligung von Analogleistungen ist allerdings
zusätzlich an die Voraussetzung geknüpft - gewesen -, dass der Ausländer die Aufenthaltsdauer nicht rechtsmissbräuchlich beeinflusst hat.
Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts handelte ein Leistungsempfänger schon
dann rechtsmissbräuchlich, wenn er trotz des
aufgrund der Duldung bestehenden Abschiebeverbots nicht freiwillig ausreiste und hierfür keine anerkennungswerten Gründe vorlagen.
Diese Rechtsprechung hat das Bundessozialgericht mit Urteil vom 17.06.2008 aufgegeben. Danach genügt es nun für den Vorwurf des Rechtsmissbrauchs nicht mehr, dass die Flüchtlinge
nicht freiwillig ausgereist sind.
Es wurde auch klargestellt, dass für die Nachzahlungsansprüche § 44 SGB X anzuwenden ist und
deshalb auch Nachzahlungen - bei vorliegender
Voraussetzung - bis zur Verjährungsgrenze des §
44 Abs. 4 SGB X zu leisten sind. § 44 Abs. 4 SGB
X bestimmt, dass Leistungen für einen Zeitraum
von bis zu vier Jahren vor der Rücknahme des
alten Verwaltungsaktes zu erbringen sind.
Das heißt folgendes:
Wenn ein Antrag gestellt wird auf die Analogleis­
tungen unter Bezugnahme auf die oben angeführte geänderte Rechtsprechung werden die
Voraussetzungen für Analogleistungen geprüft
Die Autorin:
Vera KohlmeyerKaiser ist Rechtanwältin in Aalen mit
Spezialgebieten
Ausländer- und
Asylrecht sowie
Steuerrecht. Sie ist
Mitglied des Sprecherrats des Flüchtlingsrats BadenWürttemberg.
FLÜCHTLINGSRAT
BADEN-WÜRTTEMBERG
Rundbrief August 2010
13
und wenn dann der alte Bescheid auf Gewährung von Leistungen nach dem § 3 AsylbLG zurückzunehmen ist, ergeht ein neuer Bescheid
(ein Verwaltungsakt) und ab Ergehen dieses Bescheides rückwärts maximal für vier Jahre müssen dann die erhöhten Leistungen nachgezahlt
werden. Antragsteller ist der jeweilige Flüchtling
für sich und ggf. auch wenn der verheiratet ist
und Kinder hat, für seine Ehefrau und die Kinder. Zu richten ist der Antrag an die Sozialämter
bei den Landratsämtern.
Tipp für die Praxis:
Im Zweifel kann kein Berater sauber herausfinden und überprüfen, ob es hier Zeiträume gibt,
in denen die Behörde nachzahlen muss, weil
der Flüchtling ihnen im Zweifel nie genau sagen
kann, welche Leistungen er nach Ablauf der 48
Monate Leistungen nach AsylbLG tatsächlich erhalten hat. Dies ist auch von vielen Faktoren abhängig, beispielsweise einer kurzzeitigen oder
längeren Beschäftigung einzelner Personen aus
dem Familienverbund usw.
Deshalb empfiehlt es sich ganz einfach einen
Antrag an das Landratsamt zu stellen.
MUSTER
An das
Landratsamt
-SozialamtHerr/Frau ………………………., geboren am …………………..
wohnhaft: …………………………………………………….
wegen Zubilligung von sogenannten Analogleistungen gemäß SGB XII anstatt Grundleistungen
nach § 3 AsylbLG
Sehr geehrte Damen und Herren,
Herr/Frau ………………... hat für sich und seine Familienangehörigen, nämlich folgende Personen
1.
………………………………………………….
2.
………………………………………………….
3.
………………………………………………….
In der Zeit ab (hier jetzt bitte den Zeitraum vier Jahre rückwirkend eintragen) lediglich die
Grundleistungen nach § 3 AsylbLG erhalten. Er hätte aber die sogenannten Analogleistungen
nach SGB XII erhalten müssen. Die Zubilligung dieser Analogleistungen wurde zunächst an die
Voraussetzung geknüpft, dass der Ausländer die Aufenthaltsdauer nicht rechtsmissbräuchlich
beeinflusst hat. Nach der früheren Rechtsprechung des Bundessozialgerichts handelte ein Leis­
tungsempfänger schon dann rechtsmissbräuchlich, wenn er trotz des aufgrund der Duldung
bestehenden Abschiebeverbots nicht freiwillig ausreiste und hierfür keine anerkennenswerte
Gründe vorlagen.
Das Bundessozialgericht hat diese Rechtsprechung mit Urteil vom 17.06.2008 aufgegeben.
Ich beantrage daher namens und in Vollmacht des Herrn ………………../der Familie ………………..
die höheren Leistungen entsprechend SGB XII zu gewähren und die Differenz für die Vergangenheit nachzuzahlen.
14
FLÜCHTLINGSRAT
BADEN-WÜRTTEMBERG
Rundbrief August 2010
Mit freundlichen Grüßen
UNTERBRINGUNG / ASYLBLG / „INTEGRATION“
Lagerland
Baden-Württemberg!?
Eine Analyse der sozialen Lebensbedingungen von Flüchtlingen in Ba-Wü
von Andreas Linder
1. Ziele und Fragestellungen
Im Rahmen unseres vom Europäischen Flüchtlingsfonds (EFF) geförderten Projekts stand im
Projektjahr 2009 / 2010 eine Analyse der sozialen Lebensbedingungen von Flüchtlingen in
Baden-Württemberg im Mittelpunkt. Zuletzt
führte der Flüchtlingsrat im Jahr 2003 eine umfangreiche Untersuchung über den Zustand der
Gemeinschaftsunterkünfte und die Lebensbedingungen der Flüchtlinge durch. Vor dem Hintergrund unserer früheren Bestandsaufnahmen
sollte die diesjährige Untersuchung dazu dienen,
Veränderungen und mögliche Verbesserungen
im staatlichen Umgang mit den Schutzsuchenden zu erfassen. Es ging darum, die aktuelle Praxis der staatlichen Behörden bei Unterbringung
und Sozialleistungen für die Flüchtlinge im Hinblick auf die teilweise veränderten rechtlichen
und politischen Rahmenbedingungen (v. a. die
EU-Richtlinien) zu analysieren. Es war darüber
hinaus auch unser (legitimes) Ziel, aus unserer
Sicht strukturelle Mängel und problematische
Praxen bei Unterbringung und Sozialleistungen
herauszuarbeiten, um unsere argumentative
Kritik am Status Quo besser zu fundieren und
um Alternativen aufzeigen bzw. fordern zu können. Anfang des Jahres wurde in der Geschäftsstelle des Flüchtlingsrats eine zusätzliche (Teilzeit-)Stelle geschaffen, um die aufwändige Untersuchung durchführen zu können.
Die zentralen Fragestellungen waren:
1. UNTERBRINGUNG: Wohn- und Lebenssituation von
Flüchtlingen
- Art der Unterkünfte: In welcher Art von Gebäuden werden Flüchtlinge untergebracht? In welchem Zustand sind
diese Gebäude? Haben sie Massenlagercharakter oder
sind sie angemessen wohnlich?
- Lage der Unterkünfte: Wie nah oder entfernt liegen die
Unterkünfte?
- Wohn- und Lebensbedingungen: Größe, Ausstattung und
Zustand der Zimmer, Hygiene/Sauberkeit, Privatsphäre,
Gemeinschaftsräume und –angebote ...
2. SOZIALLEISTUNGEN nach dem AsylbLG: Erfüllung von
Mindeststandards oder strukturelle Diskriminierung?
- Essensversorgung: In welcher Form erhalten die Flüchtlinge Nahrungsmittel nach dem AsylbLG ( § 3 AsylbLG)?
- gesundheitliche Versorgung: In welcher Weise werden
die Flüchtlinge über medizinische und psychosoziale Angebote bzw. Behandlung informiert? Wie läuft es bei der
sprachlichen Vermittlung? Wer bezahlt Dolmetscher?
3. SOZIALE INTEGRATION: Zugang von (noch nicht anerkannten) Flüchtlingen zu Bildungsangeboten und zum
Arbeitsmarkt
- Welche Bildungsangebote gibt es für Flüchtlinge bzw.
Flüchtlingskinder?
- Wie wird Zugang zum Arbeitsmarkt gefördert? Welche
Arbeitsangebote gibt es?
- Freizeitaktivitäten? Welche (regelmäßigen) Freizeitaktivitäten, die den Zugang zur Gesellschaft fördern (Sport, Kultur, Begegnung …) werden den Flüchtlingen angeboten?
Luxus-Lager?
Die GU in Bad
Wildbad war
mal ein Hotel
und liegt am
Rande des
Kurgebiets. Die
Mehrbettzimmer haben eine
Dusche und
einen Balkon.
Kurgäste wundern sich, was
das denn für ein
Gebäude sei und
was da für Leute
wohnen.
Foto: Andreas
Linder
4. BESONDERS SCHUTZBEDÜRFTIGE FLÜCHTLINGE
(kranke, insb. traumatisierte Menschen, Opfer von Gewalt, Menschen mit körperlicher oder geistiger Behinderung, (alleinreisende oder alleinerziehende) Frauen,
Kinder, unbegleitete Minderjährige)
- Identifikation: Welche Maßnahmen werden ergriffen,
um besonders schutzbedürftige Flüchtlinge identifizieren
zu können?
- Vermittlung von professioneller Hilfe: Welche Maßnahmen zur Vermittlung in professionelle Behandlung werden
im Fall einer Identifikation, insbesondere bei schwer (psychisch) kranken und traumatisierten Menschen, ergriffen?
Zu allen Themen wurde gefragt, ob und was sich
im Laufe der letzten Jahre verändert oder verbessert hat.
2. Methodischer Ansatz
Die Ergebnisse der Untersuchung basieren auf
einem Mix an quantitativen und qualitativen
Erhebungs-Methoden:
FLÜCHTLINGSRAT
BADEN-WÜRTTEMBERG
Rundbrief August 2010
15
16
FLÜCHTLINGSRAT
BADEN-WÜRTTEMBERG
Rundbrief August 2010
• Fragebogen für Initiativen: Ein ausführlicher
Fragebogen wurde an unsere Mitglieds-Initiativen und an Kontakt- und Beratungsstellen in allen Landkreisen Baden-Württembergs geschickt.
Gefragt waren die Menschen, die die Situation
vor Ort zum Teil seit vielen Jahren kennen und
mit den Flüchtlingen und den Unterkünften regelmäßig im Alltag zu tun haben. 26 teilweise
sehr umfänglich ausgefüllte Bögen haben wir
zurück erhalten. Über einige Regionen konnten
wir bereits über diese Angaben ein sehr detailreiches Bild erhalten. Einige Landkreise, z. B. im
südbadischen Raum, bleiben allerdings etwas
unterbelichtet, da wir von dort keine Rückmeldungen erhalten haben und auch die sonstigen
Kontakte spärlich sind. Diese Wissenslücken sollen nach und nach weiter geschlossen werden.
• Vor-Ort-Besuche: Zwischen Februar und Juni
2010 haben wir 25 Unterkünfte in allen Regionen Baden-Württembergs besucht. Die Besuche
variierten von ca. 1-stündigen Kurzbesuchen bis
zu ganztägiger „teilnehmender Beobachtung“.
Neben gründlicher Besichtigung der Unterkunft
gab es ausführliche Gespräche und Interviews
mit den VertreterInnen der Betreiber, den MitarbeiterInnen der staatlichen oder nichtstaatlichen Sozialbetreuung, den Engagierten der
lokalen Initiativen und nicht zuletzt den Flüchtlingen. Manche Unterkünfte wurden mehrmals
besucht, wenn sich aus den Kontakten ein weitergehendes Engagement ergab wie z. B. im
Fall des nigerianischen Flüchtlings Endurance
Agadah (siehe S. 18)
• Sekundäranalysen: Schließlich sind für die Untersuchung amtliche Statistiken und Dokumente
ausgewertet worden sowie Presseberichte und
Dokumente anderer Organisationen.
Die Ergebnisse der Untersuchung können hier
nur schlaglichtartig dargestellt werden, eine
ausführliche Beschreibung ist mit Publikation
einer Spezial-Broschüre gegen Ende dieses Jahres geplant. Auch sind manche Einzelfragen der
Untersuchung zum Zeitpunkt des Erscheinens
dieses Rundbriefs noch nicht abschließend erhoben und ausgewertet, weswegen das hier
Dargestellte den Charakter eines Zwischenergebnisses hat. Die inhaltlichen Ergebnisse begrenzen sich darüber hinaus auf die Situation in
den sog. Gemeinschaftsunterkünften („vorläufige Unterbringung nach § 6 FlüAG) in BadenWürttemberg. Eine Ergänzung durch spezielle
Untersuchungen zu den Bedingungen in der
Erstaufnahme (§ 4 FlüAG) in Karlsruhe und der
Anschlussunterbringung in den Kommunen (§
11 FlüAG) wäre nötig und könnte in einem Folgeprojekt angegangen werden.
3. Zentrale Ergebnisse
In Baden-Württemberg gibt es derzeit 71 Gemeinschaftsunterkünfte (im Folgenden: GU) in
35 Landkreisen. Im Juni 2009 waren es noch 89
GU, d. h. dass seitdem weitere 18 GU geschlossen wurden. Dies hat nichs weiter zu bedeuten,
sondern setzt lediglich den durch den stetigen
Rückgang der Asyl-Zugangszahlen ausgelösten
Trend fort. Viele Stadt- und Landkreise bevorzugen mittlerweile den Betrieb lediglich einer GU,
in der alle Flüchtlinge des Landkreises untergebracht werden und in der häufig, wie etwa in
Mannheim oder Hardheim (Neckar-OdenwaldKreis) auch noch die Anschlussunterbringung
(im Folgenden: AU) verwaltet wird. Als Grund
für die 1-GU-Politik werden häufig finanzielle
Erwägungen vorgeschoben: Es sei billiger, alles
an einem Ort zu konzentrieren als etwa mehrere kleinere Unterkünfte zu betreiben. Durch
den Anstieg der Zuzugszahlen gerade in diesem
Jahr sind aber auch ehemals geschlossene Unterkünfte wieder in Betrieb genommen worden
wie z. B. in Aalen (Ostalbkreis) und Mössingen
(Lkr. Tübingen). Ende April 2009 waren in BaWü 4.763 Menschen mit Aufenthaltsgestattung
oder Duldung in GU untergebracht, aktuelle
Zahlen liegen (noch) nicht vor, die Änderung
dürfte aber geringfügig sein.
3.1 Unterbringung: Wohn- und Lebenssituation von Flüchtlingen
Art der Unterkünfte: Es können vier unterschiedliche Typen von Unterkünften in BadenWürttemberg unterschieden werden:
TYP A. WOHNHAUS (ehem. Wohnhaus oder
kleiner Wohnblock, außen und innen guter Zustand, innen wohnlich und mit genügend Gemeinschaftsräumen, kein Massenlager-Charakter, max. 30 BewohnerInnen)
TYP B. WOHNBLOCK (in akzeptablem Zustand
befindlicher Wohnblock mit halbwegs wohnlichen Zimmern und halbwegs guten Gemeinschaftsbereichen, nur bedingt MassenlagerCharakter)
Typ-B-Unterkunft: Die GU
Kirchheim/Teck war früher ein
Aussiedlerwohnheim. Sie liegt
am Rand der Innenstadt und
macht außen und innen einen
gepflegten Eindruck. Foto: AL
TYP C. BARACKE (alter, großer, schlechter ...
Wohnblock oder (Wohn-, Industrie-)Baracke mit
kleinen gleichförmigen Zimmern und wenig Gemeinschaftsbereichen, Massenlager-Charakter)
TYP D. KASERNE/KNAST (z.B. ehem. Kaserne
bzw. Militärgelände oder Baracke mit gefängnis­
ähnlicher Architektur, umzäunt, innen und außen Massenlagercharakter)
Von den 61 zu dieser
Frage untersuchten GU entspricht
lediglich eine (1)
dem Typ A (diese
liegt in Herrenberg,
Lkr. Böblingen), 27
entsprechen dem
Typ B, 29 dem Typ C und 4 dem Typ D. Aus unserer Perspektive wäre eine Unterbringung in
Typ-A-Unterkünften wünschenswert, in Typ-BUnterkünften vertretbar. Unterkünfte des Typ
C sollten perspektivisch und des Typs D sofort
aufgegeben werden.
Beispiele für Typ B: Calw-Wimberg (Lkr. Calw),
Kirchheim (Lkr. Esslingen), Biberach, Heidelberg
Beispiele für Typ C: Ubstadt-Weiher (Lkr. Karlsruhe), Mannheim, Reutlingen, Witthoh (Lkr.
Tuttlingen)
Typ D: Hardheim (Neckar-Odenwald-Kreis),
Schwäbisch-Gmünd (Ostalbkreis), Blaufelden
(Lkr. Schwäbisch-Hall), Sinsheim (Rhein-NeckarKreis)
Lage der Unterkünfte: Ein etwas genauerer
Blick auf die Landkarte zeigt, dass die geografische Lage vieler GU in Baden-Württemberg der
politischen Maßgabe der sozialen Isolation von
Flüchtlingen folgt. Von den untersuchten 61 GU
liegen 25 in Industriegebieten oder am äußeren Rand von Städten
und Landkreisen. Die
Die GU macht einen ver- Lage weiterer 5 Unterlassenen Eindruck. Es gibt
künfte kann man sodort außer warten nichts
zu tun! Der Standort ist gar als „völlig isoliert“
sehr ungünstig. Sie sollte charakterisieren. Sie
geschlossen werden. (Ni- liegen am äußersten
cole Herrling, Freunde für
Rand des LandkreiFremde Karlsruhe) zur GU
ses, völlig abgelegen
Holzbachtal (Enzkreis)
im Schwarzwald, sind
umzäunt und isolieren
die Flüchtlinge von der Bevölkerung. Als „völlig isoliert“ betrachten wir die Unterkünfte in
Hardheim,Holzbachtal, Blaufelden und Witthoh.
22 weitere GU liegen zwar auch an den Rändern
städtischer Wohn- und Mischgebiete, bieten
aber meist einen guten Zugang zu Beratungsstellen, Ämtern, sozialer Versorgung, Einkaufsund Arbeitsmöglichkeiten. Nur 7 GU liegen
wirklich zentral in der Mitte der Städte oder
in zentralen Wohngebieten, davon 5 im Regierungsbezirk Stuttgart, davon wiederum drei in
Herrenberg. Die zentrale Lage kann aber auch
durch negative Faktoren überlagert werden wie
z. B. einem sehr schlechten Zustand des Gebäudes. Beispiel: Göppingen, Kanalstraße.
Unterbringung Marke
Schwarzwald: Die GU
Holzbachtal liegt am
Rande des Enzkreises.
Berg ab kommt nach 3
km der Landkreis Karlsruhe, bergauf kommt erstmal nichts, Am Ort gibt es
noch ein Sägewerk.
Here it is far away from everything...
The main problem is, that there is
nothing here. You can only eat and
sleep. … We are so far away from the
world. We are isolated.
Lamin, Witthoh
Typ-D-Unterkunft: Die GU
Blaufelden liegt
am Rand des
Landkreises
Schw.Hall in
einem Industriegebiet. Sie ist im
Jahr 2002 neu
gebaut worden.
Die Architektur
erinnert an ein
US-Gefängnis
- trotz der Solarzellen auf dem
Dach. Wer an
einem Sprachkurs teilnehmen
will, muss ins
40 km entfernte
Hall. Foto: AL
Die GU Witthoh
liegt ca. 15 km
entfernt von
Tuttlingen auf
einem Berg mit
schöner Aussicht. Es gibt eine
Bushaltestelle.
Das ehemalige,
jetzt baufällige
Hotel erschien
den Betreibern
als die güns­
tigste Lösung.
Alle Flüchtlinge
wollen dort weg.
Foto: AL
FLÜCHTLINGSRAT
BADEN-WÜRTTEMBERG
Rundbrief August 2010
17
Lagerleben macht Kranke noch kränker Der nigerianische Flüchtling Endurance Agadah
Endurance Agadah
beim ersten Besuch
im April 2010 vor
der GU in CalwWimberg (oben).
Im Gespräch mit
Femke van Praagh
von Pro Asyl (unten) Foto: AL
18
FLÜCHTLINGSRAT
BADEN-WÜRTTEMBERG
Rundbrief August 2010
Vor über 6 Jahren kam der heute 24-jährige Endurance Agadah nach Deutschland.
Damals war er ein „unbegleiteter minderjähriger Flüchtling“. Seitdem lebt er in
Calw in sog. Gemeinschaftsunterkünften. Sein Asylverfahren wurde abgelehnt.
Nigeria gilt als verfolgungsfreier Staat. Eine Duldung erhielt er nur, weil seine gesundheitlichen Belastungen enorm sind. Ebenfalls seit 6 Jahren ist er in psychotherapeutischer Behandlung. Gutachten von Refugio, der Michael-Balint-Klinik
und anderen Spezialisten belegen, dass er schwer traumatisiert ist (er hat als Jugendlicher schwere Gewalt erlebt, u.a. hat
er eine Schußverletzung, und er hat seine
„ „Ich bin jetzt seit sechs Jahren in Calw.
Familie verloren) und in permanenter Behandlung bleiben Die Leute auf der Straße schauen weg,
muss. Trotzdem muss Endurance nach wie vor in der GU wenn sie einen Schwarzen sehen. Ich kenne fast niemanden und niemand kommt in
Calw in einem Zimmer mit drei anderen Männern leben.
unser Haus.“
Der Flüchtlingsrat setzt sich dafür ein, dass er außerhalb
Endurance Agadah
der Unterkunft wohnen darf, damit die Chance auf eine Gesundung größer wird. Am 2. August hat er einen Antrag auf
Unterbringung außerdem der Unterkunft gestellt. Das FlüAG sieht
dies nur im Ausnahmefall vor, es bleibt also abzuwarten, ob es eine
Ablehnung gibt, weil der Betroffene nur „geduldet“ ist oder ob der
Antrag angenommen wird, weil der Mensch Hilfe braucht. Auch
Pro Asyl ist auf den Fall aufmerksam geworden und hat Unterstützung signalisiert. Am 28. Juli habe ich Endurance gemeinsam mit
Femke van Praagh von Pro Asyl besucht. Auch im asylrechtlichen
Verfahren könnte nun mit Hilfe von Pro Asyl eine Wende kommen.
Wohn- und Lebensbedingungen:
„Die Unterbringung und Betreuung geschieht
seit Jahren strikt nach den Mindestanforderungen des FlüAG und des AsylbLG. Leitung und
Sozialdienst sind aber im Rahmen ihrer dienstlichen Vorschriften stets um eine Humanisierung und Individualisierung der Unterbringung
bemüht ...“ Mit dieser Aussage aus dem Fragebogen des AK Asyl Schwäbisch-Gmünd scheint
der mehrheitliche Trend gut zusammengefasst.
In einigen Landkreisen bemühen sich die MitarbeiterInnen der unteren Verwaltungsbehörden,
die Lebensbedingungen so erträglich wie möglich zu gestalten. Dies bleibt aber ein schwieriges Unterfangen, denn unter den gegebenen
gesetzlichen Bedingungen ist Diskriminierung
quasi vorgeschrieben und mit gutem Willen
allein nicht aufzuheben. Als Beispiel kann hier
Heidelberg dienen: Die im Jahr 2006 neu gebaute GU vermittelt den Eindruck der Wohnlichkeit
und der Wertschätzung gegenüber den BewohnerInnen, die sich an der Sauberhaltung ihrer
schönen Unterkunft gerne beteiligen. Der Zu-
schnitt der Wohnungen geht dort ebenfalls weg
vom Massenlager-Charakter, weist dem Einzelnen aber sowohl baulich als auch real gerade
mal die vorgeschriebenen 4,5 Quadratmeter zu.
Das benachbarte Obdachlosenwohnheim, im
gleichen Jahr gebaut, bietet Einzelzimmer und
mind. 10 Quadratmeter pro Person.
Als positiv kann festgehalten werden:
• in vielen GU scheint es sauberer zu sein als noch vor einigen Jahren. Teilweise lassen sich die BewohnerInnen bereitwillig auf die Sauberhaltung ein, teilweise werden sie
im Rahmen des Lagersystems dazu genötigt.
• der Rückgang der Flüchtlingszahlen hat in vielen GU zu
einer Entspannung der Wohnsituation geführt, häufig werden die Zimmer mit nur zwei oder drei Personen belegt.
Bei steigendem Zugang würde dies aber in den meisten GU
wieder aufgehoben werden
Als problematisch kann festgehalten werden:
• Die „Gemeinschafts“unterkunft ist nach wie vor eine
Zwangsgemeinschaftsunterkunft. Die Flüchtlinge und ihre
Unterstützer klagen über mangelnde Privatsphäre, zu wenig Platz, zu viel Lärm, distanzlose Betreiber und Bewohner, fehlende Ruhe. Schlaf- und Sanitärräume, Küchen und
Flure, die sich eine große Zahl von Menschen miteinander
teilen müssen, drücken nach wie vor den politischen Wil-
„Wir sind immer hier, nie draußen. Man sagt uns
immer: Du darfst nicht, du darfst nicht. Wir wollen
Deutsch lernen und arbeiten, nicht nur essen schlafen
essen schlafen. ...Es gibt für 10 Leute eine Toilette, es
gibt für 10 Leute eine Küche. Alles ist oft schmutzig.
Man streitet sich, weil die Leute nicht sauber machen.“
Lydienne Kwedi (l.) aus Kamerun lebt seit über 4 Jahren
mit ihrem Sohn Stevie in der GU Schwäbisch Gmünd
len der Abschreckung durch die Art der Unterbringung aus.
• Trotz des Rückgangs der Zuzugszahlen leben in der
meisten GU zu viele Menschen auf zu engem Raum. In
manchen GU stehen Zimmer oder ganze Stockwerke
leer, die Bewohner sind in dicht belegten Zimmern. In
manchen Landkreisen wurden GU geschlossen und die
verbleibende/n Unterkünfte verdichtet. Familien müssen
sich i.d.R. bis zu vier Personen ein Zimmer teilen, erst bei 3
Kindern wird ein zweites Zimmer gewährt.
• Körperlich oder psychisch kranke Flüchtlinge werden
ebenfalls dazu genötigt, Mehrbettunterbringung in der GU
hinzunehmen. Nur aus dem Lkr. Biberach sind Beispiele
bekannt geworden, wo Betroffenen eine Unterbringung
außerhalb der GU ermöglicht wurde.
fahrtsverband gibt. „Ehrenamtliches“ Engagement kann
diese strukturellen Defizite nicht ersetzen.
• Viele Flüchtlinge werden bereits vor der Asylanhörung in
die GU verlegt. Dort erhalten sie keine rechtliche Beratung,
nicht mal Informationen, schon gar nicht in verschiedenen
Sprachen. Ehrenamtliche Strukturen der Asylverfahrensberatung müssen erst wieder aufgebaut werden.
Die Gesamtbewertung aus Fragebogen und Besuchen zu den Lebensbedingungen in den GU
ergibt folgende Beurteilung:
• Langjährige Aufhältigkeit: Viele Flüchtlinge müssen über
viele Jahre in der GU leben, wenn ihr Asylverfahren nicht
entschieden wird. Hier braucht es eine Änderung im FlüAG,
die eine Maximalzeit festlegt.
• in vielen GU haben die Landratsämter die Sozialbetreuung reduziert oder ganz abgebaut. Untragbar ist, wenn
eine GU isoliert liegt, die Betreiber keinen Sozialdienst stellen und es auch keine Sozialbetreuung durch einen Wohl-
2. SOZIALLEISTUNGEN nach dem Asylbewerberleistungsgesetz
Essensversorgung: Bei den Sachleistungen nach
dem AsylbLG steht an vielen Orten die Essensversorgung im Mittelpunkt. Nichts wird von den
Flüchtlingen als diskriminierender erlebt als die
Bevormundung und Begrenzung der Nahrung
und die nicht vorhandene Möglichkeit, Essen
selbst einkaufen zu können. Aufgrund der Zuständigkeit der Stadt- und Landkreise für die
konkrete Ausgestaltung der Nahrungsmittelversorgung kommt es in Ba-Wü zu einer relativen
Vielfalt des Umgangs mit dem AsylbLG. Häufig
wird wiederum versucht, „das Beste“ aus den
gegebenen gesetzlichen Bedingungen zu machen. So gibt es bei den untersuchten 54 Unterkünften an 22 Orten (=39%) ein Gutscheinsystem zum Einkauf in bestimmten Läden. 19
GU (33%) werden nach wie vor mit Essenspaketen vom Großlieferanten (i.d.R. Dreikönig aus
Schwäbisch Gmünd) beliefert. In 14 GU (25%)
gibt es in der Unterkunft einen „Shop“, in dem
angelieferte Nahrungsmittel nach Punktesystem
„eingekauft“ werden können. Interessant ist,
dass diese unterschiedlichen Modelle auch innerhalb der vier Regierungsbezirke unterschiedlich gehandhabt werden. Im Regierungsbezirk
Tübingen allerdings gibt es bis auf die Stadt Ulm
und den Bodenseekreis überall sonst nach wie
vor Essenspakete.
Die Erfahrungen der Betreiber sind unterschiedlich. Manche wie der Leiter der GU UbstadtWeiher Volker Häfner sehen in den Essenspaketen ein gutes Modell: „Wir haben keine schlechten Erfahrungen gemacht mit den Esspaketen.
Ich höre nichts Negatives. Das geht reibungslos
über die Bühne.“ Im Keller der GU läuft zweimal
die Woche die Ausgabe. Mit einem „Halal-Zertifikat“ ausgestattet werden auch muslimische
Bewohner mit kulturell korrektem (aber immergleichem und minderwertigem) Fleisch versorgt.
Im Schrank einer syrischen Familie stapeln sich
die Nahrungsmittel, die die Leute immer wieder
bekommen.
Überlanger Aufenthalt in der
GU: Die beiden
„geduldeten“
afrikanischen
Frauen Lydienne
Kwedi und Angel
Detun leben seit
vier Jahren in der
GU Schwäbisch
Gmünd, einer
ehemaligen USKaserne. Im Hintergrund: Bernd
Sattler (AK Asyl)
und die Leiterin
der GU, Marcela
Bolsinger.
Foto: AL
FLÜCHTLINGSRAT
BADEN-WÜRTTEMBERG
Rundbrief August 2010
19
GU Heidelberg:
Sodexo-Gutschein
im Wert von 10
Euro. Rausgeld gibt
es im Supermarkt
aber nicht. Foto: AL
Hinter dieser Tür
verbirgt sich der
lagereigene Shop
in der GU Witthoh
(Lkr. Tuttlingen)
Foto: AL
Gute Auswahl,
zufriedene Kunden:
„Point Store“ in
der GU Mannheim.
Foto: AL
20
FLÜCHTLINGSRAT
BADEN-WÜRTTEMBERG
Rundbrief August 2010
Manche
GU-Betreiber
wollen von den Lebensmittelpaketen wegkommen und glauben, wie der
Leiter der GU Sigmaringen-Laiz, dass sie damit
etwas Revolutionäres machen würden. Bis es dort
soweit ist, dauert es aber
noch mindestens bis ins
Jahr 2011 – wegen
der Verträge mit
dem Lieferanten.
Die Tendenz geht
auch in Sigmaringen zum Gutscheinsystem, das
als kleinstes Übel
angesehen
werden kann. Mit diesem Modell gibt es
gute und weniger
gute Umgehensweisen. Ein Beispiel für Letzteres: In Kirchheim/
Teck erhalten die Flüchtlinge einen wöchentlich
gültigen Wertgutschein, mit dem sie an einem
bestimmten Tag zu bestimmten Uhrzeiten in einem etwa 1 km entfernten Edeka einkaufen dürfen. Zu dieser Zeit kommt extra die Leiterin der
Unterkunft und kontrolliert alle Einkäufe. Der
AK Asyl Kirchheim möchte, dass zumindest die
Möglichkeit eröffnet wird, dass in unterschiedlichen Läden (Aldi, Lidl, türkischer Laden) „eingekauft“ werden kann und dass die Flüchtlinge ihre
Gutscheine einlösen können, wann sie wollen
und nicht dabei beaufsichtigt werden. Als relativ
praktikabel zeigen sich Verträge mit dem Servicedienstleister Sodexo. Beispiel Heidelberg:
Die Flüchtlinge erhalten geldähnliche Scheine
im Wert von 5 oder 10 Euro (siehe Foto) und
können diese, bei Vorlage eines extra Ausweises, in mehreren Supermärkten eintauschen. Allerdings gibt es auch hier Probleme. So erzählte
der junge syrische Flüchtling G., der bereits sehr
gut deutsch spricht: „Das selbstgekaufte Essen
ist besser als die Pakete. Mit den Verkäuferinnen
bei Kaufland gibt es aber immer Probleme, weil
sie kein Geld rausgeben. So verfällt immer der
Rest des Gutscheinwerts.
Hautcreme kaufen ist mit
dem Gutschein verboten.“
Ob
unterkunftseigene
Shops die bessere Alternative zu den Esspaketen
sind, darf bezweifelt werden. Meistens gibt es dort
dieselben minderwertigen
Lebensmittel wie bei den
Essenspaketen und die
Auswahl hängt von der
Bereitschaft der Betreiber
ab, den Flüchtlingen vernünftige und vollwertige Lebensmittel anzubieten. In den meisten GU
mit „Shop“ ist die Auswahl aber, vermeintlich
aus Kostengründen, sehr spartanisch, so u. a. in
Hardheim, Blaufelden und Witthoh. Der einzige Shop, der eine gute Bewertung bekommen
kann, ist in der GU Mannheim. Dieser wird aber
nicht vom Amt, sondern bereits seit 1999 vom
Diakonischen Verein betrieben. Er hat eine Auswahl wie ein kleiner Supermarkt, bietet EdekaQualität, hat täglich geöffnet und läuft auch als
Beschäftigungsprojekt für Langzeitarbeitslose.
Insgesamt werden die Sozialleistungen nach
dem AsylbLG in den meisten Fragebögen als
„nicht zufriedenstellend“ bewertet. Die „guten“
Bewertungen sind zum Teil davon beeinflusst,
dass es neben den Sachleistungen auch noch soziale Betreuungsangebote durch Betreiber und
andere gibt.
Die Ergebnisse zu den Themenfeldern „Soziale
Integration“ und „Besonders schutzbedürftige
Flüchtlinge“ werden an anderer Stelle publiziert.
4. Schlussfolgerungen und Forderungen
Auf der Grundlage unserer bisherigen politischen Positionen sowie der Erkenntnisse aus dieser aktuellen Studie entwickeln wir Schlussfolgerungen, mit denen wir in kritischen und konstruktiven
Dialog mit den politischen Entscheidungsträgern und der Zivilgesellschaft treten wollen. Im Hinblick
auf das aktuelle Europäische Jahr gegen Armut und Ausgrenzung und insbesondere im Hinblick auf
die Landtagswahl in Baden-Württemberg im März 2011 wollen wir uns dafür einsetzen, dass die
Lebensbedingungen für Flüchtlinge in Baden-Württemberg verbessert werden.
Unterbringung
- Die Orte der Unterbringung von Flüchtlingen sollten
so gewählt sein, dass die Betroffenen einen möglichst
leichten Zugang zu Ämtern und Behörden, Ärzten, zu
Angeboten der sozialen Integration, zu haupt- und
ehrenamtlichen Beratungsstellen, Bildungs- und Arbeitsmöglichkeiten sowie nicht zuletzt zur Bevölkerung allgemein haben.
- Unterkünfte, die absolut abseits und isoliert von
der sonstigen Bevölkerung gelegen sind und den
Zugang zur Gesellschaft wie oben beschrieben erschweren, müssen geschlossen werden. Das sind
vor allem: Holzbachtal (Enzkreis), Hardheim (NeckarOdenwaldkreis), Blaufelden (Lkr. Schwäbisch-Hall),
Witthoh (Landkreis Tuttlingen)
- Auch die GU, die in Industriegebieten liegen, sollten
geschlossen werden. Wenn es für Flüchtlinge keinen
Wohnraum in zentrumsnahen sozialen Wohn- oder
Mischgebieten gibt, kann/muss er geschaffen werden.
- Die Massenunterbringung von Flüchtlingen in alten,
großen, unwohnlichen Blocks oder Kasernen muss
beendet werden. Landkreise und Kommunen sollen
für Flüchtlinge ausreichend SozialWohnungen bereit
stellen in Häusern, in denen auch andere Menschen
wohnen. Solange dies nicht verwirklicht ist, soll die
Verpflichtung, in einer GU zu wohnen, auf maximal 6
Monate befristet werden. Die Begrenzung auf 4,5qm
Wohnraum pro Person muss aufgehoben werden.
- Die Möglichkeit der Unterbringung außerhalb von
Gemeinschaftsunterkünften muss geschaffen bzw.
erleichtert werden. Hierzu muss das Flüchtlingsaufnahmegesetz geändert werden. Vor allem besonders
schutzbedürftige Flüchtlinge wie Kranke, Traumatisierte, Frauen, Alleinerziehende und angehörige verfolgter Minderheiten müssen die Möglichkeit erhalten, nicht in einer GU leben zu müssen.
Asylbewerberleistungsgesetz und Residenzpflicht
- Das Asylbewerberleistungsgesetz als Sondergesetz
für/gegen asylsuchende Flüchtlinge muss abgeschafft
werden. Die sozialen Leistungen für Flüchtlinge müssen auf das allgemeine Grundsicherungsniveau nach
dem SGB angehoben werden.
- Die diskriminierende (bürokratisch aufwändige
und teure) Essensversorgung mit Sachleistungen
muss abgeschafft und durch Geldleistungen ersetzt
werden. Solange dies nicht verwirklicht ist: Die Versorgung mit Essenspaketen durch NahrungsmittelGroßhändler muss aufgegeben werden und durch
ein Wertgutscheinsystem ersetzt werden. Flüchtlinge sollen die Möglichkeit haben, an möglichst vielen
Orten und zu nicht reglementierten Zeiten selbstbestimmt einzukaufen, was sie für ihren Lebensunterhalt brauchen.
- Die Einschränkung der Gesundheitsversorgung für
Flüchtlinge muss beendet werden. Flüchtlinge müssen in die Gesetzliche Krankenversicherung aufgenommen werden.
- Flüchtlinge müssen sich ihre Kleider selbst kaufen
dürfen.
- Die sog. Residenzpflicht (§ 56 AsylVfG), die den
Aufenthalt und die Mobilität während des Asylverfahrens auf den Landkreis begrenzt, muss ersatzlos
gestrichen werden. Solange dies nicht erreicht werden kann: In Baden-Württemberg lebende Flüchtlinge sollen sich mindestens im gesamten Bundesland
frei bewegen können.
„Integration“: Zugang zu Bildung und Arbeitsmarkt
- Auch Flüchtlinge, die sich noch im Asylverfahren
befinden oder die als „Geduldete“ in Deutschland
leben, müssen einen besseren Zugang zur Sprachförderung erhalten. Von Ehrenamtlichen durchgeführte
Deutschkurse in den GU müssen angemessen finanziert werden. Es kann nicht Aufgabe von Privatpersonen sein, die Kosten für die Teilnahme an Deutschkursen für Flüchtlinge aufzubringen. Flüchtlingen
muss eine möglichst kostenfreie Teilnahme an staatlichen Integrationskursen ermöglicht werden.
- Das Arbeitsverbot für Asylsuchende (die ersten
12 Monate) sowie für „Geduldete“, denen der Duldungsstatus angelastet wird, soll/muss aufgehoben
werden. Es braucht mehr Initiativen zur Integration
von Flüchtlingen in den Arbeitsmarkt.
Der Autor:
Andreas Linder ist
Politik- und Kulturwissenschaftler
und Mitarbeiter
der Geschäftsstelle
des Flüchtlingsrats
Baden-Württemberg.
FLÜCHTLINGSRAT
BADEN-WÜRTTEMBERG
Rundbrief August 2010
21
UNTERBRINGUNG / ASYLBLG / RESIDENZPFLICHT | BIBERACH
Gegen den
diskriminierenden Alltag
Im Landkreis Biberach organisieren sich Flüchtlinge selbst
Die Deutschen sind es nicht gewohnt, dass Flüchtlinge
Wünsche haben oder gar politische Forderungen stellen.
Und doch ist dies in einem demokratischen System das
Normalste der Welt. Und wenn die Unterstützung durch
die wohlgesonnenen Eingeborenen nur mäßig ist, ist es
Verwaltung und Sozialdienst im Landkreis Biberach und auch der
immer gut, sich selbst zu helfen. Nahezu alle aktuellen
Zustand der Unterkünfte sind vergleichsweise von der vorbildliBewohnerInnen der Gemeinschaftsunterkünfte im Landchen Sorte. Trotzdem wirken die gesetzlichen Rahmenbedingunkreis Biberach haben die unten stehende Erklärung untergen diskriminierend. Bild: Andreas Linder
zeichnet. Aus Angst vor Repressalien oder Nachteilen im
Asylverfahren haben sie sie aber bisher nicht beim Landratsamt abgegeben, dessen Vertreter einen (wie auch wir bei
einem Besuch in Erfahrungen bringen konnten) vergleichsweise hilfsbereiten Umgang mit den Flüchtlingen pflegen.
Das Positionspapier ist aus unserer Sicht so gut, dass es hier dokumentiert werden muss, weil es auch einen Vorbildcharakter für andere Orte haben kann (an denen die Verhältnisse sicher nicht besser sind als in Biberach) und weil es dann
vielleicht auf diesem Weg bei den Verantwortlichen in Biberach ankommt. (AL)
Anliegen der Asylbewerber im Kreis Biberach a.d. Riß
... Wir schreiben im Auftrag aller Asylbewerber im Kreis Biberach. Im Folgenden möchten wir Ihnen darstellen welchen
Problemen und Ungerechtigkeiten wir uns täglich ausgesetzt fühlen. Unser Anliegen bezieht sich auf drei zentrale Themen:
• Die Lieferung und Bestellung des Essens und der Hygieneartikel
• Kleiderverteilung
• Residenzpflicht
Wir wünschen eine Veränderung der jetzigen Situation und werden im Weiteren Argumente gegen das bisher bestehende
System vorbringen:
1. Lieferung und Bestellung von Essen und Hygieneartikeln
22
FLÜCHTLINGSRAT
BADEN-WÜRTTEMBERG
Rundbrief August 2010
Bisher sind wir verpflichtet, uns vorgegebene Lebensmittel und Hygieneartikel nach einem Listensystem auszusuchen und
anzukreuzen. Eine bestimmte Punktzahl muss hierbei eingehalten werden. Die zur Verfügung stehenden Listen und deren
Artikel werden nicht verändert. Wir können nicht frei wählen, sondern müssen uns für die vorgegebenen Artikel entscheiden. Dieses bisher bestehende System schränkt unser Recht, frei unter verschiedenen Produkten auswählen zu dürfen,
enorm ein. Eine ausgewogene, gesunde und abwechslungsreiche Ernährung ist uns somit nicht ausreichend möglich.
Die Qualität der Lebensmittel ist nicht immer gegeben. Oft
bekommen wir abgelaufene Nahrungsmittel, dies schadet
unserer Gesundheit und gibt uns das Gefühl dass wir nicht
respektiert werden. Außerdem sind Dinge, die wir bestellen, oft nicht verfügbar. Im Supermarkt könnte man auf
andere, gleichwertige Substitutionsgüter ausweichen, das
ist bei dem bisherigen System nicht möglich. Meistens kann
man die gelieferten Artikel und Produkte in den Supermärkten im Umkreis nicht finden, es stellt sich uns deshalb die
Frage, woher die uns zur Verfügung gestellten Produkte
kommen. Wenn der LKW mit der Essenslieferung kommt,
sind wir gezwungen, egal bei welcher Witterung, lange in
einer Schlange anzustehen und auf die Vergabe der Produkte zu warten. Bei schlechtem Wetter kann man durch
Esspaket-Ausgabe in der GU Biberach. Bild: weberberg.de
das lange Warten krank werden. Die oft sehr harsche und
unfreundliche „Abfertigung“ bei der Essensausgabe bedeuten für uns zusätzlichen Stress und dies ist bei den Problemen, die wir bereits mit in dieses Land gebracht haben, oft
unerträglich. Wir empfinden die Art und Weise der Essens­
ausgabe am LKW als unmenschlich. Außerdem haben wir
das Gefühl, dass die tatsächlichen Kosten für Lebensmittel
und Hygieneartikel unter dem vom Staat kalkulierten Mindestsatz liegen. Die Transport- und Personalkosten, welche
bei der Lebensmittel- und Hygieneartikellieferung anfallen,
würden im Falle einer „Barauszahlung“, wegfallen.
2. Kleiderverteilung
Auch bezüglich der Kleiderverteilung möchten wir Ihnen
kurz einige Argumente, welche gegen das bestehende Sys­
tem sprechen, aufzeigen und erläutern. Kleider sind zum
Teil Ausdruck der Persönlichkeit. Jeder Mensch kleidet sich
individuell seinem Geschmack entsprechend an. Ein persönlicher und individueller Kleidungsstil fördert das Wohlbefinden eines jeden Menschen enorm. Wer möchte sich
mit und in der Kleidung, die er trägt, nicht wohl fühlen?
Durch das Kleiderverteilen ist unsere Entscheidungs- und
Wahlfreiheit, die Kleidung zu tragen, in der wir uns „wohl
fühlen“, nicht gegeben. Eine große und vielfältige Auswahl haben wir nicht, da das Angebot sehr eingeschränkt
ist. Außerdem wird der individuelle Körperbau (Größe,
Figur…) beim Angebot der Kleider nicht beachtet und berücksichtigt. Beispielsweise passen sehr große oder übergewichtige, also nicht der Norm entsprechende Menschen,
meistens nicht in die von Ihnen zur Verfügung gestellten
Kleidungsstücke. Das Taschengeld reicht aber leider nicht
aus, um andere, angemessene und passende Kleidung zu
kaufen, da Kleidung in Spezialgrößen meist teurer ist als
andere. Wie auch schon bei den Lebensmitteln bemerkt, ist
die Qualität der Kleider ebenfalls nicht gut und oft von außergewöhnlich niedriger Qualität im Verhältnis zu den zugeteilten Punkten. Die Kleider sehen nach ein paar Mal waschen nicht mehr gut aus. Wo die angebotenen Kleidungsstücke herkommen ist ebenfalls nicht nachvollziehbar.
… Wir sind der Meinung, dass wir durch unseren aktuellen
Status als Asylbewerber, bereits genug stigmatisiert und
ausgegrenzt sind. Das Aussehen der Kleidung verstärkt dieses Stigma zusätzlich und macht es der Umgebung leicht,
uns als Asylbewerber zu identifizieren. Dies erschwert die
Integration in die Gesellschaft und grenzt uns bereits durch
unser äußeres Erscheinungsbild aus. „Kleider machen Leute“ heißt es, wir würden gerne selbst entscheiden und be-
stimmen welche Kleider wir tragen. Wir finden es sinnvoll
und erstrebenwert eigenes Geld zu haben und damit Kleidung zu kaufen, außerdem würden die Kleidergeschäfte in
Biberach davon profitieren. Es ist uns deshalb ein großes
Anliegen, das bisherige System abzuschaffen.
3. Residenzpflicht/Bewegungsfreiheit
Biberach ist eine schöne Stadt, in der wir uns eigentlich
wohl fühlen. Aber ein Leben, bei dem man darauf beschränkt ist, sich ausschließlich im Kreis Biberach aufzuhalten, versagt den Asylbewerbern eine wichtige Chance zur
Integration. Die Möglichkeit einer positiven, multikulturellen Entwicklung in der Stadt Biberach wird dadurch ausgeschlossen. Unserer Erfahrung nach lieben die Deutschen
das Abenteuer, auch die Regierung ermutigt ihre Bürger,
unterschiedliche Kulturen innerhalb und außerhalb von Europa kennenzulernen. Diese Chance haben wir, als Asylbewerber im Kreis Biberach jedoch nur in minimalem Maße.
Die gesetzliche Residenzpflicht macht uns zu potentiellen
Kriminellen, in den Augen des Gesetzes, welches nur für
uns Flüchtlinge geschaffen wurde.
In anderen Landkreisen wird die Erlaubnis zum Verlassen
des Landkreises gegen Gebühr oder oft auch kostenlos
erteilt, in Biberach wird die Residenzpflicht aber extrem
streng gehandhabt. Stellen Sie sich ein Leben ausschließlich im Kreis Biberach vor … Ein sehr eingeschränktes Leben, wenn man beachtet, dass der Landkreis Biberach zu
90 Prozent aus Dörfern besteht, mit welchen wir nichts zu
tun haben, da wir diese nicht ohne Hindernisse erreichen
und die Integrationsbereitschaft seitens der Dorfbevölkerung im ländlichen Raum zum Teil noch geringer ist. Diese
Politik der Isolation und Kontrolle verschwendet Steuergelder. Nicht zuletzt wegen der hohen Kosten für Therapien,
die die meisten Flüchtlinge hier bekommen. Sie sind eine
Konsequenz der Aufenthaltsbedingungen. Sich nicht frei
bewegen zu dürfen ist eine enorme Einschränkung und
kann die Psyche eines Menschen auf Dauer stark belasten.
Wir fühlen uns in Biberach ungerecht und unmenschlich behandelt, deshalb werden wir aktiv
und möchten ein Zeichen setzen.
Mehr Infos: http://fluechtlingsbc.wordpress.com/
http://weberberg.de/gespraech/asyl.html
Kontakt: [email protected]
Gespräch mit Flüchtlingen
in der GU Biberach.
Unterstützung erhalten die
Flüchtlinge auch von Andreas Gratz (Caritas) und
Pfarrer Matthias Ströhle,
beide auch aktiv im AK
Asyl Biberach / Ochsenhausen
Bild: Steffen Armbruster
FLÜCHTLINGSRAT
BADEN-WÜRTTEMBERG
Rundbrief August 2010
23
ASYLBEWERBLEISTUNGSGESETZ / UNTERBRINGUNG | PRESSE-DOKU
Asylbewerber beklagen sich über Unterkunft in Langenau
von Helga Mäckle, Südwest Presse Ulm 8.6.2010
Langenau. Bewohner des Langenauer Asylbewerberheims beklagen sich über ihre Unterkunft und Versorgung mit Lebensmitteln.
Der Flüchtlingsrat bestätigt die Klagen. Der Kreis sagt: Wir halten
uns an gesetzliche Vorgaben.
„Ab heute
esse ich nichts
mehr von hier.“
Der 41-jährige
Asylbewerber,
der seit August
2009 in der Gemeinschaftsunterkunft des
Alb-DonauKreises in Langenau lebt, ist sauer: Zum Teil seien
die Nahrungsmittel, die sie drei Mal in der Woche
ausgehändigt bekommen, minderwertig oder bereits
abgelaufen. Der Palästinenser, der im Libanon geboren wurde, hatte unserer Zeitung abgekündigt, dass
nicht nur er, sondern gut 20 der derzeit 102 Bewohner der Gemeinschaftsunterkunft, die Essenskörbe
der Heimleitung nicht mehr annehmen wollten. Beim
Besuch unserer Zeitung war der 41-Jährige aber der
einzige, der an diesem Tag seinen blauen Gitterkorb
mit Essen nicht abgeholt hatte. „Wir wurden eingeschüchtert. Man sagte uns, wir kriegen Ärger“, erzählt der Mann, der mit drei anderen in einem knapp
19 Quadratmeter großen Zimmer in der Unterkunft
wohnt. Von wem sie eingeschüchtert wurden, wollte
er allerdings nicht sagen. Er befürchte Ärger mit seinem Asylverfahren.
24
FLÜCHTLINGSRAT
BADEN-WÜRTTEMBERG
Rundbrief August 2010
Einer seiner Mitbewohner bestätigt die Klagen: „Das
Essen, die Zimmer, der Chef - wir werden behandelt
wie der letzte Dreck“, sagt der 28-Jährige, der aus
dem Gaza-Streifen kommt: „Uns wird kein Respekt
entgegen gebracht.“ Auch er hat wie der 41-jährige
Libanese bereits in zwei anderen solcher Gemeinschaftsunterkünfte gelebt. „So schlimm war es nirgends.“
Der Flüchtlingsrat Ulm-Alb-Donau weiß von den Beschwerden. „Mir wurde von zwei Frauen bestätigt,
dass die Lebensmittel zum Teil kurz vor dem Verfallsdatum sind, wenn sie ihnen ausgehändigt werden“,
sagt eine Langenauerin, die die Gemeinschaftsunterkunft regelmäßig für den Flüchtlingsrat besucht. Das
Obst sei alles andere als frisch. „Zwar können die Leute auf ihrem Bestellzettel den Punkt ,verschiedenes
Obst ankreuzen, aber letztlich gibt es wohl immer nur
Äpfel, Birnen und Bananen.“ Erst vergangene Woche
habe sie eine Irakerin besucht, die habe ihr kurz zuvor
gelieferte Bananen gezeigt: „Die waren braun.“ Die
Langenauerin kann den Ärger der Bewohner daher
sehr wohl verstehen.
Das Zimmer der beiden Palästinenser im Untergeschoss der Gemeinschaftsunterkunft ist nicht gerade
heimelig: Gelbliche, fleckige Wände, grauer Linoleumboden, in jeder Ecke steht ein Bett mit Kissen
und einer braunen Decke, in der Mitte ein Tisch mit
Stühlen und ein Kühlschrank - alles auf 19 Quadratmetern. Dazu ein Fernseher - einziger Zeitvertreib
für die Asylbewerber, die während der ersten zwölf
Monate ihres Asylverfahrens nicht arbeiten dürfen.
„Ich bekomme 40 Euro im Monat Taschengeld. Was
glauben Sie, was man damit machen kann?“ fragt
der Libanese. Alleine die Busfahrt nach Ulm kostet
bereits 3,50 Euro. Zudem dürfen die Asylbewerber
den Alb-Donau-Kreis nicht ohne Genehmigung der
Ausländerbehörde verlassen, sonst droht ihnen ein
Strafbefehl. Zwölf Menschen teilen sich Bad und Toilette im Untergeschoss, in der Gemeinschaftsküche
fehlt eine Schranktür, der Herd ist verdreckt.
Die Langenauerin vom Flüchtlingsrat berichtet, dass
die Herde in den beiden Gemeinschaftsküchen in den
oberen Stockwerken im Moment kaputt seien. „Da
wohnen ganze Familien, die Frauen können nichts
kochen.“ Eine von ihnen habe sich jetzt einen Kocher
mit zwei Platten ausgeliehen. „Und der wird jetzt im
ganzen Haus ausgeliehen, damit die Leute kochen
können.“ Die ehrenamtliche Asylbewerber-Betreuerin
macht sich vor allem um die Frauen Sorgen. „Die haben ja schon einiges hinter sich, und im Wohnheim ist
immer Remmi-Demmi, auch nachts. Sie werden oft
von männlichen Bewohnern übel angemacht. Es ist
kein Wunder, dass sie mit den Nerven völlig runter
sind.“ Auch dass auf die Menschen Druck ausgeübt
wird, bestätigt die Frau vom Flüchtlingsrat. „Das
Fernsehen wollte mal einen Beitrag über das Wohnheim machen. Als es um einen Termin für den Besuch
des Kamerateams ging, sagte man uns plötzlich, dass
keiner der Bewohner vor der Kamera etwas sagen
wolle.“
Klagen über das Essen und die Unterbringung sind
der Leitung der Gemeinschaftunterkunft gänzlich
neu. „Es hat bisher keine Beschwerden gegeben“,
sagt Ernst-Johann Falter. Dass Lebensmittel abgelaufen sind, könne nicht sein. Die Ware werde von einem
Lieferanten gebracht und regelmäßig überprüft. Die
Bewohner könnten auf einem Bestellschein unter
verschiedenen Lebensmitteln auswählen. Auch seien nicht vier oder fünf Menschen in einem Zimmer,
sondern maximal drei. „Die gucken nachts oft zusammen fern und trinken, dann bleibt halt mal einer
mehr in einem Zimmer und schläft dort.“ Dass seitens
der Heimleitung in irgendeiner Form Druck ausgeübt
werde, weist Falter weit von sich.
Günter Weber, Sozialdezernent des Alb-Donau-Kreises, erklärt die rechtlichen Grundlagen. Demnach
stehen jedem Bewohner 4,5 Quadratmeter zu. Der
Bedarf an Essen, Unterkunft, Heizung, Kleidung, Körperpflege und Gebrauchsdingen wird durch Sachleistungen gedeckt. Sprich: Die Asylbewerber bekommen kein Geld ausgehändigt, sondern werden mit
diesen Dingen versorgt. Lediglich ein Taschengeld für
persönliche Bedürfnisse bekommen sie bar. So steht
es im Asylbewerberleistungsgesetz.
Dass es in der Gemeinschaftsunterkunft immer wieder Ärger gibt, auch unter den Bewohnern, sei angesichts der Lebensumstände dort nicht überraschend,
meint Weber: „Natürlich ist es nicht einfach für
Menschen aus einem anderen Kulturkreis, sich hier
zurecht zu finden.“ Zudem bestehe durchaus eine Erwartungshaltung an das Leben in Deutschland, die
meist bereits in den jeweiligen Heimatländern geweckt worden sei. „Und die Enttäuschung ist dann
groß, wenn das Leben hier dem nicht entspricht.“
Gleichzeitig sei klar, dass das Zusammenleben in einem solchen Heim nur funktionieren könne, wenn
sich jeder an die Absprachen und Regeln halte.
In der Gemeinschaftsunterkunft ist auch ein Sozialarbeiter beschäftigt, der sich um die Bewohner
kümmert und ihnen etwa bei Behördengängen oder
ähnlichem helfe. „Wir versuchen im Rahmen unserer Möglichkeiten, den Menschen ein Dach, Versorgung und eine Tagesstruktur zu geben“, sagt Weber.
An den gesetzlichen Vorgaben aber könne der Kreis
nichts ändern.
Die Behörden, die Unterbringung
Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge
(BAMF) ist zuständig für die Durchführung von Asylverfahren. Die Behörde prüft, ob ein Anspruch auf
Asyl oder Schutz nach der Genfer Flüchtlingskonvention besteht. Für Baden-Württemberg befindet sich
die Außenstelle des Bundesamtes in Karlsruhe. Diese
weist den Städten und den Landkreisen in BadenWürttemberg die Asylbewerber zur Unterbringung
nach einem bestimmten Schlüssel zu: Der Alb-DonauKreis muss 2,8 Prozent aller Asylbewerber in BadenWürttemberg unterbringen, das Land seinerseits
muss 12,3 Prozent aller Bewerber im Bund aufnehmen.
Das Land entschädigt die Kreise für die Unterbringung mit einem Pauschalbetrag pro Asylbewerber:
10 228 Euro, die ausgelegt sind für 29 Monate. Dauert ein Asylverfahren länger, muss der Kreis die Kosten aus eigener Tasche zahlen.
Der Alb-Donau-Kreis kann maximal 140 Menschen
in der Gemeinschaftunterkunft in Langenau unterbringen. Inzwischen ist das Haus in der Riedheimer
Straße das einzige Asylbewerberheim im Kreis, das in
Blaubeuren wurde 2008 geschlossen. In Ehingen gibt
es noch ein Wohnheim für Spätaussiedler.
In der Langenauer Unterkunft leben laut Kreis 102
Menschen, 48 von ihnen stammen aus dem Irak, wo
sie aufgrund ihrer Religion verfolgt werden. Die beiden Palästinenser im Text werden in ihrer Heimat politisch verfolgt.
Der Flüchtlingsrat
Der Flüchtlingsrat Ulm/Alb-Donau ist ein Verein mit
25 Mitgliedern und setzt sich ein für die Belange von
Asylbewerbern und Flüchtlingen in der Region. Die
Körbe mit Lebensmitteln, die in Langenau verteilt
werden, hält der Rat für keine gute Lösung. Die Stadt
Ulm, die in der Römerstraße eine Gemeinschaftsunterkunft unterhält, hat auf Drängen des Flüchtlingsrats die Lebensmittelkörbe abgeschafft. Stattdessen
können die Menschen mit Chipkarten in ausgewählten Supermärkten selbst einkaufen. „Eine deutlich
bessere Lösung“, sagt Dieter Lang vom Flüchtlingsrat. Das Gremium will angesichts der Klagen über die
Langenauer Gemeinschaftunterkunft auf den Alb-Donau-Kreis zugehen und versuchen, mit der Behörde
Verbesserungen für die Bewohner zu erreichen.
Quelle:
http://www.swp.
de/ulm/lokales/
alb_donau/
int/299,5095947
FLÜCHTLINGSRAT
BADEN-WÜRTTEMBERG
Rundbrief August 2010
25
MANNHEIM| ABCHIEBEHAFT
Nach dem Brand
Besuch des Abschiebeknasts Mannheim am 9. Juli mit MdL Helen Heberer (SPD)
von Angelika von Loeper
MigrantInnen ohne Aufenthaltstitel, die rechtskräftig zur Ausreise aufgefordert sind, können
zur Vorbereitung der Ausweisung oder Sicherung der Abschiebung in Abschiebungshaft genommen werden. Dies regelt § 62 des Aufenthaltsgesetzes.
In Baden-Württemberg waren seit 1993 die JVAs
Rottenburg und Mannheim für die Aufnahme
von Abschiebungsgefangenen zuständig. Mitte der 1990er Jahre wurden in Rottenburg und
Mannheim für die Abschiebungshaft Container
in den jeweiligen JVAs aufgestellt mit einer Gesamtkapazität von damals 136 Plätzen. Ein Knast
im Knast trennte die Abschiebehäftlinge von
den Gefangenen der JVA. Die Abschiebungshaft
fällt unter die Zuständigkeit des Justizministeriums, das diese Aufgabe in Amtshilfe für die Innenverwaltung durchführt. Rechtsgrundlage für
die Abschiebungshaft bilden das FamFG (Gesetz
über das Verfahren in Familiensachen und in
den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit) und das Strafvollzugsgesetz.
Frauen in Abschiebehaft
26
FLÜCHTLINGSRAT
BADEN-WÜRTTEMBERG
Rundbrief August 2010
In der Schwäbisch Gmünder JVA werden Frauen zur Abschiebung inhaftiert. Die dortige Besuchergruppe bemängelt die Kontaktmöglichkeiten zu den gefangenen Frauen. Wenn von
Abschiebungshaft die Rede ist, so wird die Situation von Frauen ausgeblendet. Offiziell gibt
es für die weiblichen Abschiebehäftlinge keine
Sozialarbeiterin. Die Besuchergruppe erfährt
allenfalls in wenigen Einzelfällen durch Familienangehörige oder wenn Übersetzungshilfe gefragt ist von den inhaftierten Frauen. Die Besuchergruppe will eine regelmäßige Sprechstunde
mindestens 1 x pro Monat einrichten. So lange
die unmenschliche Abschiebehaft nicht gänzlich
abgeschafft wird, ist dies eine Minimalforde-
rung zur Unterstützung der betroffenen Frauen
in Abschiebehaft:
Schließung der Abschiebehaft Rottenburg
Anfang Oktober 2009 wurde die Abschiebungshaft Rottenburg nun endgültig geschlossen.
Nach über 15 Jahren erfolgte die Schließung
allerdings nicht aufgrund der Zustände, die
über Jahre hinweg als besonders unmenschlich kritisiert worden waren. Effizienz- und Kostenerwägungen waren ausschlaggebend. Das
Bündnis gegen Abschiebehaft Tübingen hatte
über Jahre hinweg kontinuierlich Abschiebungsgefangene betreut. Hunderte von Zeitungsartikeln, Radioberichten und ein Dokumentarfilm
beschrieben die schwierigen Bedingungen der
Abschiebehäftlinge in Rottenburg. In einem
Schattenbericht Abschiebehaft hat das Tübinger
Bündnis nun die Arbeit der vergangenen Jahre
dokumentiert. Ende Oktober wurden die letzten
Gefangenen nach Mannheim verbracht und die
Abschiebehaftanstalt aufgelöst.
Abschiebungshaft macht krank
Eigentlich wäre das Ende der Rottenburger Abschiebehaft eine gute Gelegenheit gewesen, die
Frage nach dem Sinn von Abschiebehaft auf die
Tagesordnung zu setzen und auch die Mannheimer Einrichtung aufzulösen. Schließlich werden
hier Menschen eingesperrt, die häufig bereits
in ihrem Herkunftsland schreckliche Erfahrungen gemacht haben. Norbert Sauer, Sprecher
der Mannheimer Arbeitsgemeinschaft Abschiebehaft und langjähriges Mitglied von Amnesty
international, findet die Situation von Abschiebehäftlingen einfach schrecklich: „ Hier spielen
sich menschliche Dramen ab, unfassbare Schicksale, und kaum jemand interessiert sich dafür.“
Eine jüngst erschienene europaweite Studie
des Jesuiten Flüchtlingsdienstes „Quälendes
Warten“ (www.jrseurope.org) kommt zu dem
Ergebnis, dass Abschiebungshaft krank macht.
Vor allem, wenn sie über einen längeren Zeitraum andauert, berichten die Gefangenen über
zunehmende Beschwerden. Mehr als 3 Monate
im europaweiten Durchschnitt, müssen Ausreisepflichtige in Abschiebungshaft verbringen. Die
Europäische Rückführungsrichtlinie lässt sogar
eine Inhaftierung von bis zu 18 Monaten zu.
Brand im Abschiebecontainer
Die 1993 für 5 Jahre provisorisch konzipierte
Abschiebungshaft in Mannheim ist im Mai dieses Jahres in die Schlagzeilen geraten. Am 12.
Mai brach in den Containern des Abschiebegefängnisses auf dem Gelände der JVA Mannheim ein Feuer aus. Mehrere Abschiebegefangene wurden verletzt. Zwei Marokkaner, in
deren Zelle das Feuer ausgebrochen war, fielen
ins Koma. Zahlreiche Häftlinge und Helfer erlitten eine leichte Rauchvergiftung. Alle weiteren
knapp 40 Insassen wurden aus den Containern
gebracht. Der Sachschaden betrug mehrere
zehntausend Euro. Die beiden ins Koma gefallenen Abschiebegefangenen schweben nicht
mehr in Lebensgefahr. Sie wurden mittlerweile
in die Untersuchungshaft verbracht, die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen Brandstiftung.
Vor sechs Jahren hatte der Feuertod des Asylbewerbers Ouri Jallow in der Gewahrsamszelle
eines Polizeireviers in Dessau bundesweites
Aufsehen erregt. Der mysteriöse Todesfall wird
derzeit noch einmal aufgerollt, nachdem der
Bundesgerichtshof Zweifel am bisher geschilderten Tathergang und eklatante Ungereimtheiten aufgedeckt hatte.
Aus Verzweiflung in den Tod
Viele Flüchtlinge haben in den letzten Jahren
in Abschiebungshaft oder in unmittelbarem Zusammenhang mit ihrer Abschiebung Suizidversuche unternommen oder den Freitod gewählt.
Zuletzt gerieten die tragischen Suizide des minderjährigen David M. in Hamburg und von Slawik
C. im Abschiebegewahrsam Langenhagen (Niedersachsen) ins Licht der Öffentlichkeit. Wenn
Menschen durch Abschiebehaft zum äußersten
getrieben werden, muss sich eine Gesellschaft
fragen, ob sie diesen hohen Preis bezahlen will.
Flüchtlingsrat entsetzt über Zustand
der Container
BBei einem Besuch am 9. Juli 2010 auf Einladung der Mannheimer Landtagsabgeordneten Helen Heberer konnte der Flüchtlingsrat
sich einen aktuellen Eindruck vom derzeitigen
Stand der Abschiebecontainer verschaffen. 23
Abschiebehäftlinge mussten an diesem heißen
Freitag hinter den vergitterten Fenstern des
Containers verharren und auf ihre Abschiebung
warten. Die meisten Männer kamen aus dem
Kosovo oder anderen Staaten des ehemaligen
Jugoslawiens. Sie waren alle im Erdgeschoss der
Haftanstalt untergebracht. War die Hitze bereits
im Erdgeschoss schwer erträglich, so legte sich
im Obergeschoss zur noch unerträglicheren Hitze Geruchsbildung des ausgebrannten und mittlerweile entkernten Containers auf den Magen.
Die Atmung möglichst flach halten, war eine
Möglichkeit, die aufkommende Übelkeit zu verdrängen. Nach Meinung der Anstaltsleitung war
das EG nur unwesentlich vom Brand betroffen.
Spuren waren keine sichtbar, die am Tag des
Brandes in Sicherheit gebrachten Flüchtlinge
waren am nächsten Tag bereits wieder in Zellen
des Erdgeschosses eingeschlossen worden. Es
darf bezweifelt werden, ob tatsächlich die durch
Rauchentwicklung und qualmende Kabel verAnzeige unter www.baunetz.de
Neubau Untersuchungs- und Abschiebehaft JVA
Bewerbungsschluss
Gebäudetyp
Art
Zulassungstyp
Ort des Wettbewerbs
Wettbewerbstyp
Zulassungsbereich
Auslober
Teilnehmer
Termine
16.08.2010
Justizvollzugsanstalten
Dienstleistung
Wettbewerb mit Bewerbungsverfahren
Mannheim
Verhandlungsverfahren
EWR
Land Baden-Württemberg
Bauvorlageberechtigung nach LBO
Bewerbung bis: 16.08.2010 24:00 Uhr
seuchte Luft bereits ohne gesundheitliche Beeinträchtigung genießbar war. Ein Teil des Obergeschosses wird nun wegen Rauchentwicklung
renoviert, der Rest, namentlich die Zelle des
Brandursprungs, wurde völlig entkernt, da stehen nur noch die Träger.
Verweildauer und Haftbedingungen
FLÜCHTLINGSRAT
BADEN-WÜRTTEMBERG
Rundbrief August 2010
27
Erst 2009 waren die Mannheimer Abschiebecontainer einer gründlichen Renovierung unterzogen worden. In diesem Zusammenhang
wurde die Kapazität der Haftplätze von 102 auf
nunmehr 66 Plätze reduziert. Die bisherigen
3-Mannzellen mit nur 3,5 qm pro Person wurden
auf Doppelzellen reduziert. Die durchschnittliche Verweildauer betrage derzeit 30 Tage, seit
einem Jahr sei kein Häftling mehr länger als 6
Monate inhaftiert gewesen. Ein Grund sei, dass
die Abschiebungen zügiger durchgeführt würden, manchmal bereits innerhalb 3 – 4 Tagen,
was die durchschnittliche Verweildauer erheblich senke. Die derzeitige niedrige Belegungszahl
sei dem Sommer geschuldet, im Winter sei die
Abschiebungshaft regelmäßig stärker belegt.
Die
bislang
AGA Arbeitsgemeinschaft Menschwierige
Beschen in Abschiebehaft
suchssituation
Ihr Partner, Freund, Bekannter wurde gerade in Ab- ein spartanisch
schiebungshaft genommen und befindet sich in der
eingerichteter
Abschiebungshaftanstalt Mannheim? Dann können Sie
Raum im Contaisich direkt an uns wenden - Senden Sie uns eine E-Mail:
info (ät) ag-abschiebehaft.de
ner - habe sich
Rufen Sie uns an und hinterlassen bitte deutlich Nadurch den im Mai
men und Rückrufnummer.
eingeweihten
Notruf: Fon 0621 . 41 25 56
Neubau des BeTeilen Sie bitte dem Abschiebehäftling unsere Rufnummer mit. (Er darf auf unsere Kosten telefonieren) Fon
suchertraktes der
0621 . 412556
JVA, der auch von
Teilen Sie dem Abschiebehäftling unsere Faxnummer
Besuchern für Abmit (er darf auf unsere Kosten ein Fax versenden) Notruf: Fax 03212 . 1250199
schiebehäftlinge
Darüber hinaus soll sich der Abschiebehäftling sofort
genutzt werden
mit dem Sozialarbeiter in Verbindung setzen. Wir sind
kann, wesentlich
übrigens ein ehrenamtliches und unabhängiges Betreuentspannt.
ungsteam. Weitere Fragen beantworten wir zwischen
16-18 Uhr unter 0 621 . 156 4 157.
Hofgang gibt es
jeweils vormittags
und nachmittags
1 Stunde am Tag. Angesichts der Hitze des unbepflanzten JVA-Hofes ist der Aufenthalt im heißen Sommer im Hof allerdings nur im Schatten
der Außenmauer des JVA-Geländes erträglich.
Die Autorin:
Im Stacheldraht auf der Mauer zeugen mehrere
Angelika von Loeper ist Mitglied
Fußbälle von Ballsport beim Hofgang.
im Vorstand der
Umschluss sei möglich, Arbeits- und SportangeBundesarbeitsgemeinschaft Pro
bote auch für Abschiebegefangene verfügbar.
Asyl und des MenAufschluss (Öffnung des Stockwerks für freie Beschenrechtszensuchsmöglichkeit unter den Gefangenen) sei bei
trums Karlsruhe
sowie 1. Vorsitder derzeitigen baulichen Situation nicht mögzende des Flüchtlich. Telefonzellen mit PIN und TAN versehen
lingsrats Badenkönnen von den Flüchtlingen genutzt werden,
Württemberg
die Kosten hierfür werden vom Taschengeld abFLÜCHTLINGSRAT gezogen. Marc Schwenzer vom Bündnis gegen
28
BADEN-WÜRTTEMBERG
Rundbrief August 2010
Abschiebehaft Tübingen, schlug vor, die Kosten
über Spendenmittel von Seiten des Bündnisses
zu übernehmen.
Minderjährige werden nur mit Zustimmung der
Aufsichtsbehörde in der Abschiebehaft aufgenommen. 2009 wurde ein Minderjähriger nach
einer Woche durch die Stadt Mannheim in einer
Jugendhilfeeinrichtung untergebracht. Bewacht
werden die Abschiebehäftlinge von Mitarbeitern des privaten Sicherheitsdienstes securitas
sowie von JVA-Beamten. Hoheitliche Aufgaben
werden nur von JVA-Beamten ausgeführt.
Beratung und Betreuung
In diesem Zusammenhang wurde die Vor-OrtSprechzeit eines Mitarbeiters des Regierungspräsidiums Karlsruhe erwähnt, der 1 x pro Woche direkt in der Abschiebehaft ansprechbar ist.
Das Regierungspräsidium Karlsruhe ist zentral
für alle Ausreisepflichtigen des Landes BadenWürttemberg zuständig.
Ansonsten ist der Sozialarbeiter der JVA und
halbtags ein Sozialarbeiter des Diakonischen
Werkes Mannheim sowie der Seelsorger der
JVA für die Betreuung der Abschiebehäftlinge
zuständig. Einer Spielgruppe von amnesty international steht ein Raum für die Beschäftigung
mit den Abschiebehäftlingen zur Verfügung des
Weiteren gibt es eine Besuchergruppe der AG
Abschiebehaft Mannheim.
Abschiebehaft gehört abgeschafft
Die JVA Mannheim plant in den nächsten Jahren Um- sowie Erweiterungsbauten. In einer
Kleinen Anfrage der SPD-Abgeordneten Helen
Heberer verweist das Justizministerium auf die
Renovierung des 1996 errichteten Containers:
„Das Gebäude der Abschiebehaft wurde im
Jahr 1996 in Container-Bauweise erstellt. Die
Anlage wurde Mitte 2008 bis Anfang 2010 abschnittsweise hergerichtet, sodass eine weitere
Nutzung für die kommenden Jahre möglich ist.“
(Landtagsdrucksache 14/6268 v. 23.04.2010)
Wir meinen, Abschiebehaft gehört abgeschafft.
Sie ist unmenschlich und macht krank. Weder
eine Renovierung des Abschiebecontainers
noch ein Neubau können diesen Eingriff in die
Freiheitsrechte beschönigen. Abschiebungshaft
gehört abgeschafft.
DOKUMENTATION / PETITION | ABSCHIEBEHAFT
Petition gegen Abschiebehaft in Baden-Württemberg
vom Bündnis gegen Abschiebehaft Tübingen
1993 wurden die ersten Abschiebehäftlinge in Gefängnissen Baden-Württembergs inhaftiert. Von Anfang an wurden die Institution Abschiebehaft und die
Situation der Inhaftierten als besonders unmenschlich kritisiert. Nirgends wird das Scheitern der Migrationspolitik Europas in Deutschland deutlicher als
an Hand der Lebensgeschichten von Inhaftierten der
Abschiebehaft. Auch wir als ehrenamtliche Besucher
in der JVA Rottenburg mussten dies immer wieder
beobachten.
Die medizinische Versorgung war oft inakzeptabel,
psychische Krankheiten wurden oft nicht diagnostiziert und ausreichend behandelt. Zahlreiche Selbstmorde sind ein trauriger Beweis der psychischen
Grenzsituation, in die Menschen in Abschiebehaft
gebracht werden. In Rottenburg erhängte sich zuletzt im Jahr 2008 ein Mann aus Angst vor der bevorstehenden Abschiebung. Im gleichen Jahr legte ein
anderer Mann in Selbstmordabsicht in seiner Zelle
Feuer. Auch dieses Jahr hat in der JVA Mannheim ein
Inhaftierter seine Zelleneinrichtung in Brand gesetzt.
Oft mussten wir erleben, wie anfänglich optimistische Menschen im Zuge ihrer monatelangen Inhaftierung zunehmend niedergeschlagener wurden.
Selbst suizidale Menschen werden noch direkt aus
dem Gefängniskrankenhaus heraus abgeschoben.
Abgeschoben wurden auch Menschen, die fast ihr
ganzes Leben in Deutschland gelebt und keinerlei
Bezug zum vermeintlichen Herkunftsland hatten.
Familientrennungen waren häufig und hatten oft
dramatische Konsequenzen zur Folge. In einem Fall
mussten die Kinder eines Inhaftierten über Wochen
in eine Jugendeinrichtung, weil die Mutter in einer
Klinik behandelt wurde, der Vater aber trotz unserer
Intervention nicht aus der Haft entlassen wurde.
Abschiebehäftlinge erhalten zudem keinen Rechtsbeistand, obwohl sie bis zu 18 Monate inhaftiert werden können. Die Dolmetschungen sind mangelhaft
und oft waren sich die von uns besuchten Inhaftier-
ten nicht über ihren Verfahrensstand im Klaren. Abschiebehäftlinge werden zudem faktisch enteignet,
denn die Kosten für Haft und Abschiebungen werden
aus eingezogenem Vermögen beglichen. Wir haben
all diese Menschenrechstverletzungen systematisch
zusammengefasst und mit Einzelfällen belegt. Der
vollständige „Schattenbericht Abschiebehaft“ kann
kostenlos aus dem Internet geladen oder per Post
bestellt werden. (s.u.)
Seit der Einführung von Abschiebehaft erschienen
Hunderte von Zeitungsartikeln, Radioberichten und
Dokumentarfilmen, die die Bedingungen in Abschiebegefängnissen zum Thema hatten. Unzählige
Demonstrationen, Unterschriftensammlungen und
Mahnwachen dokumentieren eine über 15 Jahre anhaltende Empörung. Dennoch sind weitergehende
Konsequenzen bislang ausgeblieben. Wir sind der
Meinung, dass die aktuelle Situation mit Blick auf
die davon Betroffenen keinesfalls zugelassen werden
darf.
Deshalb haben wir eine Petition an das Innenministerium verfasst, um deren Unterzeichnung wir bitten. Zudem haben wir diese Petition auch beim Petitionsauschuss des Landtags eingereicht und erwarten, dass Baden-Württemberg endlich Konsequenzen zieht. Wir bitten Sie, unsere Petition per Email
oder Brief an das Innenministerium zu unterstützen.
Den jeweils aktuellsten Stand dokumentieren wir auf
der Seite http://petition.gegen-abschiebehaft.org.
Bestellung:
Bündnis gegen Abschiebehaft Tübingen
c/o Asylzentrum
Neckarhalde 32
720070 Tübingen
Tel.: 07071/1384644
kostenloser Download:
http://bericht.gegen-abschiebehaft.org
FLÜCHTLINGSRAT
BADEN-WÜRTTEMBERG
Rundbrief August 2010
29
Petition zu gravierenden
Missständen in der Abschiebehaft
in Baden-Württemberg
Abschiebehaft hat offensichtlich umfassende negative Folgen für die Betroffenen. Dies steht im Widerspruch zu grundgesetzlichen und menschenrechtlichen Vorgaben. Wir sind im Rahmen unserer Arbeit
deshalb zu der Überzeugung gelangt, dass Abschiebehaft nicht menschenwürdig gestaltet werden kann.
Deshalb fordern wir im Einklang mit den großen karitativen Organisationen und Wohlfahrtsverbänden
Deutschlands die Abschaffung dieser Institution. Die
Einhaltung grundsätzlichster Menschenrechte und
Rechtsnormen ist sofort zu gewährleisten. Das betrifft insbesondere die folgenden Aspekte:
Schutz von Kranken
• Physische und psychische Krankheiten müssen
angemessen behandelt werden. Zu diesem Zweck
muss den Abschiebehäftlingen der Besuch von selbst
gewählten unabhängigen (Fach-) Ärzten ermöglicht
werden.
• Schwerere Erkrankungen müssen in jedem Fall zur
Beendigung der Haft führen.
Auf Grund der zahlreichen geschilderten Selbstverletzungen, Selbstmordversuche und Nahrungsverweigerungen von Abschiebehäftlingen gehen wir
davon aus, dass Abschiebehaft schwerwiegende psychopathogene Folgen hat. Besonders schockiert hat
uns der Selbstmord eines Strafgefangenen der JVA
Rottenburg. Er hatte sich aus Angst vor der bevorstehenden Abschiebung erhängt. Wir fordern deshalb
die Einsetzung einer unabhängigen Fachkommission,
die die krankmachenden Bedingungen von Abschiebehaft untersucht.
• Die Abschiebung von psychisch und physisch Kranken muss aus humanitären Gründen unterbleiben. Es
ist inakzeptabel, dass Flüchtlinge in Regionen abgeschoben werden, in denen die medizinische Versorgung nicht gewährleistet ist, während sie in Deutschland behandelt werden könnten.
Schutz von Familien und Kindern
30
FLÜCHTLINGSRAT
BADEN-WÜRTTEMBERG
Rundbrief August 2010
• Im Interesse von Eltern und Kindern muss die Landesregierung zukünftig dafür Sorge tragen, dass Familientrennungen wirksam verhindert werden. Das
Interesse von Kindern und Eltern auf gegenseitigen
Umgang wiegt höher als Verwaltungsvorschriften.
Unter keinen Umständen darf die Abschiebehaft eines Familienvaters die Fremdunterbringung seiner
Kinder durch das Jugendamt zur Folge haben.
Nichtabschiebung faktischer Inländer
• Die Abschiebung oder Ausweisung von faktischen
Inländern muss zukünftig wirksam verhindert werden. Niemand hat Verständnis dafür, dass Menschen,
die als Kind nach Deutschland kamen, hier Schule
und Berufsausbildung absolvierten, nach Jahrzehnten in ein vermeintliches Herkunftsland abgeschoben werden, in dem sie keine Perspektive haben.
Rechtsschutz von Abschiebehäftlingen
• Fundamentale Rechtsstandards dieser Gesellschaft müssen auch für Abschiebehäftlinge gelten.
• Auch Abschiebehäftlinge müssen ein Recht auf
einen unabhängigen Rechtsbeistand haben.
• Die faktische Enteignung von Abschiebehäftlingen zur Deckung von Haft-, Flug- und Personalkosten muss beendet werden.
• Die behördliche Rechtsbelehrung und die Qualität der Dolmetschungen müssen dringend verbessert werden.
Umfassende Verbesserung der Haftbedingungen
• Da es sich bei Abschiebungshaft nur um eine Sicherungshaft handelt, dürfen nicht die selben Haftbedingungen wie in Strafhaft gelten. Größtmögliche
Bewegungsfreiheit, uneingeschränkte Besuchs- und
Kommunikationsmöglichkeiten, sowie die Möglichkeit mit individuell gewählten Lebensmitteln zu kochen, sind zu gewährleisten.
• Abschiebehäftlingen muss zudem uneingeschränkter Zugang zu Kommunikationsmitteln (Telefon und
Internet) gewährt werden. Darüber hinaus fordern wir auch die Beseitigung aller weiteren Missstände, die wir in unserem „Schattenbericht Abschiebehaft“ ausführlich und detailliert
dargelegt haben.
Jenseits von gesellschaftlich umstrittenen migrationspolitischen Positionen sind die
von uns beobachteten Menschenrechtsverletzungen
humanitär inakzeptabel. Wir appellieren deshalb
eindringlich an die Landesregierung, umgehend zu
handeln. Wir bitten diese, sich im Rahmen der Innenministerkonferenz dafür einzusetzen, dass die
Abschiebehaft auch bundesweit abgeschafft wird.
Die Landesregierung trägt direkte Verantwortung
für das Wohlergehen von Abschiebehäftlingen in
Deutschland.
BLEIBERECHTSPROJEKT / STUTTGART
SNEFF
Das Stuttgarter Netzwerk zur beruflichen Förderung von Flüchtlingen
Die im August 2007 in Kraft getretene gesetzliche Altfallregelung und deren Anschlussregelung
vom Dezember 2009 erleichtern langjährig geduldeten Flüchtlingen den Zugang zum Arbeitsbzw. Ausbildungsmarkt und bieten ihnen Chancen für eine dauerhafte Aufenthaltsperspektive in
Deutschland. In diesem Zusammenhang fördern ESF und Bundesministerium für Arbeit und Soziales seit November 2008 im Rahmen des Programms „Arbeitsmarktliche Unterstützung von Bleibeberechtigten und Flüchtlingen mit Zugang zum Arbeitsmarkt“ bundesweit 43 Netzwerke. Dazu
zählt – neben 3 weiteren baden-württembergischen Netzwerken in Tübingen, Freiburg und im
Bodenseekreis - auch sneff, das Stuttgarter Netzwerk zur beruflichen Förderung von Flüchtlingen..
Von Luzia Köberlein
Vier Stuttgarter Träger der Flüchtlings- und Migrationsarbeit, namentlich der Caritasverband
für Stuttgart e.V., die Arbeitsgemeinschaft Dritte Welt (AGDW), die Arbeiterwohlfahrt (AWO)
Stuttgart und die Evangelische Gesellschaft
(EVA) Stuttgart haben sich gemeinsam mit dem
Paritätischen Baden-Württemberg als Koordinator zum Ziel gesetzt, durch einen vernetzten und arbeitsteiligen Ansatz, in Kooperation
mit dem JobCenter und in Abstimmung mit
der Ausländerbehörde, zu einer nachhaltigen
Arbeitsmarkt­integration von Bleibeberechtigten
beizutragen. Darüber hinaus sollen Beschäftigungschancen und die Beschäftigungsfähigkeit
von Flüchtlingen mit ungesichertem Aufenthaltsstatus verbessert werden. Unternehmen
sollen davon überzeugt werden, Flüchtlinge
möglichst dauerhaft zu beschäftigen.
Seit Beginn des Projekts haben 294 Flüchtlinge
Kontakt zum sneff aufgenommen und individuelle Unterstützung auf ihrem Weg in Arbeit und
Ausbildung bzw. zum Erhalt ihres Arbeitsplatzes
angenommen. In intensiven persönlichen Beratungskontakten wurden Stärken und Potenziale
der Einzelnen herausgearbeitet sowie Hilfeund Förderbedarfe ermittelt. Bislang hat sneff
75 ProjektteilnehmerInnen in Arbeit und 25 in
Ausbildung vermittelt. 213 TeilnehmerInnen haben Trainings-, Sprach- und Kurzqualifizierungsmaßmaßnahmen erfolgreich abgeschlossen. So
unterstützte sneff z. B. Herrn A. und Frau V. bei
ihrer beruflichen Integration: Herr A. ist Ende
2001 als unbegleiteter minderjähriger Flüchtling nach Deutschland eingereist und ist mittlerweile 25 Jahre alt. Viele Jahre übte er, obwohl
nur geduldet in Deutschland lebend, eine Teilzeitbeschäftigung aus. Im Rahmen der Vorbereitung auf die externe Hauptschulabschlussprüfung, ermöglichte sneff Herrn A. die Teilnahme
an einem Englischkurs, unterstützte ihn bei der
Suche nach einer Ausbildungsstelle und begleitete ihn im Bewerbungsverfahren. Im September 2009 begann Herr A. eine Ausbildung zum
Industriekaufmann. Frau V. ist alleinerziehende
Mutter von vier Kindern. Sie arbeitet in Vollzeit
als Küchenhilfe und erhält aufstockende Hilfe
vom JobCenter, um ihren Lebensunterhalt zu
sichern. Da sie nie Lesen und Schreiben gelernt
hat, stößt sie an ihrem Arbeitsplatz immer wieder auf Schwierigkeiten und ist auf die Rücksichtnahme und Hilfsbereitschaft ihrer Kollegen
angewiesen. sneff ermutigte Frau V. zum Besuch
eines Alphabetisierungskurses, suchte ein Angebot, das mit ihren familiären und beruflichen
Verpflichtungen in Einklang zu bringen war und
kümmerte sich in Kooperation mit dem JobCenter um die Finanzierung. Seit März lernt Frau V.
nun in einem wohnortnahen Angebot das Lesen
und Schreiben. Sie macht erstaunliche Fortschritte und freut sich über ihre Erfolge. Auch
ihre Kinder sind mächtig stolz auf sie.
FLÜCHTLINGSRAT
BADEN-WÜRTTEMBERG
Rundbrief August 2010
31
DIAKONISCHES WERK / BAD BOLL
52 Flüchtlingsfrauen aus dem Kosovo, Afghanistan, Iran, Irak, Tschetschenien, dem Kongo,
Kamerun, Nigeria, dem Libanon und Syrien begegneten sich am 11. und 12. Juli bei der 20. Tagung für und mit Flüchtlingsfrauen von Diakonischem Werk Württemberg und Evangelischer
Akademie Bad Boll: Fluchtursachen und Fluchtgründe sowie die Schwierigkeiten im deutschen Alltag kamen zur Sprache. Das Leben im
Exil erfordert von ihnen eine neue Orientierung
in anderer Kultur und Gesellschaft. Außerdem
sind rechtliche und politische Rahmenbedingen
einzuhalten, die im Alltag häufig zu Stolpersteinen werden.
Als „einzigartig in Deutschland“ bezeichnete Anna Büllesbach, die Vertreterin des Hohen Flüchtlingskommissars der
Vereinten Nationen, die Tagungen, die das Diakonische
Werk Württemberg und die Evangelische Akademie seit 20
Jahren jeden Sommer in Bad Boll anbieten. „Ziel der Tagungen ist es, Flüchtlingsfrauen Partizipation zu ermöglichen
und Hilfe zur Selbsthilfe zu fördern“, sagt Birgit Dinzinger,
Fachleitung Migration im Diakonischen Werk Württemberg. Ebenso solle das Forum, das die Tagungen anbietet,
die gesellschaftliche Diskussion verstärken. „Vieles hat hier
seinen Anfang genommen“, resümierte Büllesbach zur Eröffnung der Jubiläumstagung. „Nicht nur der Austausch
von Flüchtlingsfrauen aus verschiedenen Herkunftsländern
ist sehr wichtig. Auch der Kontakt zu Expertinnen und Vertreterinnen von Behörden und der Politik wird hergestellt.“
32
FLÜCHTLINGSRAT
BADEN-WÜRTTEMBERG
Rundbrief August 2010
Im Mittelpunkt der diesjährigen Tagung stellten sich beim
Programmpunkt „Flüchtlingsfrauen befragen Politikerinnen“ die Bundestagsmitglieder Karin Maag, CDU, Gabriele Fograscher, SPD, und Ingrid Hönlinger, Bündnis 90/Die
Grünen, den Anfragen der Frauen. Betroffen, einfühlsam
und mitunter sprachlos reagierten sie auf Wortmeldungen
in Gesprächsgruppen oder in großer Runde: Was geschieht
mit alten und kranken Familienangehörigen? Können traumatisierte Personen irgendwann mit einem sicheren Aufenthalt in Deutschland rechnen? Warum müssen Kinder,
die an überregionalen sportlichen Wettkämpfen teilnehmen, für jede Fahrt dorthin eine Genehmigung der Ausländerbehörde einholen? Warum ist es nicht gestattet, eine
selbst gefundene Arbeitsstelle sofort anzutreten? Weswegen wird einer Flüchtlingsfrau die Erstattung einer ärztlich
verordneten Brille abgelehnt, wenn sie eine Aufenthaltsgestattung hat?
Einzigartige
Tagung für
Flüchtlingsfrauen
Unter Tränen schilderte eine Frau die Problematik der verfolgten, bedrohten und zurückgelassenen Familie im Irak.
Über lange Verwaltungszeiten, die ein zukunftsorientiertes
Leben von Kindern nicht ermöglichen, klagte eine Frau aus
dem Iran. Von der Scham und der Unbeweglichkeit beim
Einkaufen mit Gutscheinen berichtete eine junge Türkin:
Leute mit Taschenrechner bei Lidl seien immer als Flüchtlinge erkennbar, denn der Betrag für die 20- und 50-EuroGutscheine müsse beim Einkauf aufgehen.
Auch wurde die jahrelange Vernachlässigung interkultureller Kompetenz bei Behörden angeprangert. Das Wissen
und der Umgang mit kulturellen Gewohnheiten müsse eine
Selbstverständlichkeit für alle Mitarbeitenden von Ämtern
werden, die mit ausländischen Menschen zu tun hätten,
forderten die Betroffenen.
In ihren Schluss-Statements sagten die Politikerinnen zu,
sich – auch fraktionsübergreifend – der vorgetragenen Anliegen anzunehmen. Karin Maag betonte die Individualität
einzelner Schicksale, die sie zum Teil nur mit juristischer
Hilfe klären könne, fügte aber hinzu: „Es ist nicht nur wichtig, Gesetze zu machen, sondern zu beobachten, wie die
Gesetze vor Ort ausgeführt werden.“ Keiner brauche sich
wegen eines Amtsgangs oder einer Antragstellung zu schämen: „Wenn Sie schlecht behandelt werden, teilen Sie uns
das mit“, so Maag. In Deutschland würden alle Menschen
gleich behandelt, ob sie die deutsche Sprache beherrschten
oder nicht.
„Zu den schlimmen Erfahrungen im Heimatland und auf der
Flucht kommen nun bedrückende Erfahrungen in Deutschland hinzu“, bemerkte Gabriele Fograscher gegenüber den
Frauen. Gesetze und Regelungen, die Schwierigkeiten bringen, gehörten dazu. „Dabei würde es nicht einmal Geld kosten, diese zu ändern“, so die Politikerin, die sich ebenfalls
um Einzelfälle aus den Gruppengesprächen bemühen will.
Ingrid Hönlinger bekundete in ihrem Fazit: „Es bedrückt
mich, dass einige von ihnen durch dieses System krank
werden und durch die Unsicherheit, in der sie leben.“ In der
Politik seien nicht nur die Umsetzung, sondern auch die Gesetze selbst zu überdenken: „Vielleicht gelingt es uns, das
Asyl- und Aufenthaltsrecht etwas offener und menschlicher
zu gestalten.“
ASYLARBEIT / KARLSRUHE
Mit Ballack
ins Flüchtlingslager
Sommerfest für Flüchtlinge in Karlsruhe
Von Angelika von Loeper
Aus feurigen Augen blickt mich eine Wildkatze an. Die Flüchtlingskinder haben viel Spaß
an diesem Sonntagnachmittag. Schminken
ist angesagt und Flaggen sind vor allem bei
den Jungs hoch im Kurs. Auch an ihnen ist der
Hype um die Fußballweltmeisterschaft nicht
spurlos vorüber gegangen. Ein Stück Normalität im Alltag der Flüchtlingskinder! Zu einem
Sommerfest hatten die im Menschenrechtszentrum Karlsruhe beheimateten Organisationen
Flüchtlinge eingeladen. Im Ostauepark unweit
des Menschenrechtsbaumes in Gehweite der
Landesaufnahmestelle für Flüchtlinge des Landes Baden-Württemberg (LASt) war alles vorbereitet und zahlreiche Flüchtlinge waren der
Einladung gefolgt. Familien, Alleinstehende
und viele Kinder aus Kamerun, Somalia, Pakistan, Indien, Afghanistan und dem Iran nahmen das Angebot gerne an.
Froh, die Strapazen der Flucht hinter sich gelassen zu haben, durchlaufen sie in der Karlsruher
LASt die ersten Schritte des Asylverfahrens und
hoffen alsbald in Deutschland ein neues Leben
aufbauen zu können.
Davon sind die meisten allerdings weit entfernt.
Bis zu 3 Monate müssen sie in der Landesaufnahmestelle verbleiben bis sie für die Dauer des
Asylverfahrens eine Zuweisung für eine Unterkunft der vorläufigen Unterbringung in einem
der 44 Stadt- und Landkreise Baden-Württembergs erhalten. Nach der Registrierung mit Fingerabdrücken soll das Asylverfahren in der LASt
durchlaufen werden. Beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) vor Ort wird der
Asylantrag gestellt und die Anhörung terminiert.
Zunächst prüfen die Behörden, ob der Flüchtling
bereits in einem anderen Mitgliedsstaat der EU
registriert ist und stellen in diesem Fall ein Rückübernahmegesuch. Dann wird zunächst kein
Asylverfahren durchgeführt, sondern bei Übernahmebereitschaft die Rückführung eingeleitet.
Bis zu 6 Monate müssen betroffene Flüchtlinge
eine Rückschiebung befürchten. Kann kein Kontakt mit einem anderen EU-Mitgliedsstaat nachgewiesen werden, wird eine Anhörung beim
BAMF anberaumt.
Eigentlich sollen diese Anhörungen unmittelbar
nach Ankunft der Asylsuchenden stattfinden, so
glaubt man authentische Aussagen zu erhalten.
Seit einigen Monaten allerdings werden Flüchtlinge zunehmend vor ihrer Anhörung transferiert und müssen zu einem späteren Zeitpunkt
wieder in Karlsruhe beim BAMF vorstellig werden. Die Kapazitäten dieser Behörde wurden
in den letzten Jahren zunehmend abgebaut,
als immer weniger Flüchtlinge den Weg nach
Deutschland finden konnten. Bereits seit letztem Jahr gibt es in den Zugangszahlen eine steigende Tendenz, so dass das BAMF die Anträge
offensichtlich nicht mehr zeitnah bearbeiten
kann. Mitarbeiter, die im Bereich Integrationsmaßnahmen im BAMF arbeiten, werden bereits
FLÜCHTLINGSRAT
BADEN-WÜRTTEMBERG
Rundbrief August 2010
33
zur Durchführung von Anhörungen herangezogen. Dennoch lässt sich seit Jahresanfang beobachten, dass Flüchtlinge ohne Anhörung an den
nächsten Ort verlegt werden. So müssen auch
die meisten Flüchtlinge, die am Sommerfest
teilgenommen haben, nochmals nach Karlsruhe
reisen. Ihre Anhörungstermine liegen teilweise
erst im Oktober oder sogar im November dieses
Jahres.
Die Autorin:
Angelika von Loeper ist Mitglied
im Vorstand der
Bundesarbeitsgemeinschaft Pro
Asyl und des Menschenrechtszentrums Karlsruhe
sowie 1. Vorsitzende des Flüchtlingsrats BadenWürttemberg
34
FLÜCHTLINGSRAT
BADEN-WÜRTTEMBERG
Rundbrief August 2010
Eigentlich eine positive Entwicklung könnte man
meinen. Denn die Anhörung spielt im Asylverfahren die größte Rolle. Flüchtlingsverbände
haben seit Jahren ihre schnelle Terminierung
kritisiert, da den Flüchtlingen nicht ausreichend
Zeit blieb, sich auf diesen entscheidenden
Termin vorzubereiten. Beratungsstellen und
Flüchtlingsinitiativen an den Orten der Erstaufnahmeeinrichtungen waren mit der intensiven
Beratung und Vorbereitung der Flüchtlinge
meist zeitlich überfordert. An den Orten der
Unterkünfte hingegen waren Beratungsstellen
und Flüchtlingsinitiativen seit Jahren nicht mehr
auf diese Aufgabe vorbereitet. Sie müssen ihre
Beratung jetzt grundlegend umstellen. Gelingt
dies, so kann der Missstand beim BAMF auch
als Chance gewertet werden, indem Flüchtlinge
gut vorbereitet und in Kenntnis der Bedeutung
möglichst mit einem Beistand zum Anhörungstermin anreisen.
Der Alltag im Flüchtlingslager ist geprägt von
Einschränkungen: Stadt- und Landkreis Karlsruhe dürfen nur mit einer Sondergenehmigung
verlassen werden, das Nötigste zum Leben wird
in Form von Sachleistung ausgegeben, Bargeld
nur 40 Euro im 14 Tage-Rhythmus ausgeteilt. Es
kann also passieren, dass ein Flüchtling in der
Landesaufnahmestelle 2 Wochen ohne Geld
verbleibt, da bei seiner Ankunft der Auszahlungstermin gerade verpasst wurde. Ohnehin
reichen 40 Euro im Monat nicht aus, den persönlichen Bedarf zu decken. Briefe, Telefonate,
Fahrtkosten für öffentliche Verkehrsmittel, ganz
zu schweigen von der Finanzierung eines Rechtsanwaltes im Asylverfahren oder der Zukauf von
Nahrungsmitteln. Das Essen in der Kantine der
LASt ist häufig Grund zur Beschwerde. Es kann
einfach nicht allen gerecht werden und Kinder
haben besonders Probleme mit ungewohntem
Essen. Aber nicht nur die mangelnde Vielfalt,
das fehlende Eingehen etwa auf religiöse oder
kulturelle Besonderheiten, ist Anlass zur Beschwerde. Häufig wird die geringe Menge des
Essens beklagt. Die während des Mittagessens
ausgegebene Kaltverpflegung für den Abend
wird deshalb oft mittags bereits verspeist und
abends muss das Essen dann ausfallen. Asylsuchende sind auf die Leistungen des Staates
angewiesen, denn sie unterliegen während
der ersten 12 Monate ihres Verfahrens einem
Arbeitsverbot. Nur einige können im Rahmen
von gemeinnütziger Tätigkeit im Lager für einen
Euro pro Stunde arbeiten. Diese Jobs sind dennoch sehr begehrt, ermöglichen sie doch zumindest ein wenig mehr Eigenständigkeit in einem
ansonsten verwalteten und eingeschränkten
Leben.
An diesem herrlichen Sommertag konnten die
Flüchtlinge den Lageralltag für einige Zeit ausblenden. Bei Kaffee, Kuchen und Tee aus dem
Samowar kamen wir schnell ins Gespräch. Alle
genossen den Schatten unter den herrlichen
Kastanien. Marcel und Boris jonglierten, Federball und Fußball sorgten für Ausgleich und nicht
nur die Kinder amüsierten sich beim Sackhüpfen. Aus Tetraverpackungen wurden Geldbeutel gebastelt, aus Luftballons Blumen und Tiere
geformt, es wurde erzählt, geredet und gelacht.
Den größten Spaß aber gab es beim Schminken.
Gesichter, Arme, Beine, die Kinder konnten nicht
genug davon kriegen. Und Mustafa krempelte sein T-Shirt hoch: Ballack musste auf seinen
Bauch geschrieben werden. Am Abend würde
sich das Wasser in den Duschen im Flüchtlingslager sicher bunt färben.
ÖFFENTLICHKEITSARBEIT | VILLINGEN-SCHWENNINGEN
Landesgartenschau „umgetopft“
Von Sigrid Jaschke
Mehr als nur ein Infostand
Unter dem Titel „umgetopft“ präsentierten sich Refugio und der AK Pro Asyl aus Villingen-Schwenningen am 2. und 3. August auf der Landesgartenschau. Sie nutzten den Rahmen des Wochenthemas „Bruchstellen des Lebens“ im Uhrwerkpavillon und boten ein vielfältiges Programm: Ein Informationsstand wartete nicht nur mit den üblichen Infotafeln in Wort, Bild und Broschüren auf,
sondern man konnte auch selbst aktiv werden: Aus zwei Tischen voller Hausrat, Spielzeug, Dokumenten, Familienfotos, Schmuck und Kleidung sollte beispielsweise ein Koffer für die Flucht gepackt werden; an den Wasserbecken mit den Gebetskerzen konnte man Papierboote falten und mit
Halmafigürchen bestückt als Flüchtlingsboote auf die Reise schicken; das Labyrinth des Lebens war
mit Stolpersteinen versehen, die Informationen zu Hindernissen auf der Flucht boten und an einem
kleinen Computer durfte man sich kurze Passagen aus Büchern mit Fluchtgeschichten anhören, die
von Ehrenamtlichen vorgelesen wurden.
Auch die Atempausen wurden von den ehrenamtlichen FlüchtlingshelferInnen gestaltet: Am Montag waren die Bootsflüchtlinge im Mittelmeer das Thema der Andacht, am Dienstag erinnerte man
an die Opfer von Folter und Gewalt und deren Traumatisierung.
Künstlerische Lesung von Flüchtlingen - unterstützt vom Flüchtlingsrat
Ein Kulturprogramm mit Unterstützung durch den Flüchtlingsrat Baden-Württemberg rundete die
beiden Tage ab: Die kurdischen Künstler Karzan Chindari und Ziad Sheno boten am Dienstag unter
dem Titel „Das Wort ist frei“ eine szenische Lesung und Kalligraphien. Bei dieser Kunstform erinnerten die beiden Flüchtlinge aus dem Irak unter anderem daran, dass auch der große Friedrich Schiller
ein Flüchtling war, der vor der Verfolgung des Herzogs von Württemberg in Mannheim Asyl fand und
schlugen so den Bogen zwischen den Kulturen.
Bereits am Montag hatte das Benefizkonzert des Rottweiler Chores Via Voce statt gefunden, das den
Flüchtlingshilfevereinen dank der Spendenbereitschaft eines begeisterten Publikums und der Kulanz des Leiters der Landesgartenschau eine finanzielle Unterstützung bescherte, die ihre Arbeit für
die Flüchtlinge erleichtert. Die Ehrenamtlichen freuten sich sehr über die Spenden und waren des
Lobes voll über
die angenehme
Atmosphäre auf
der Landesgartenschau
und
die Gastfreundschaft der Verantwortlichen im
Kirchenpavillon.
Lesung mit dem
irakischen Flüchtling
Karzan Chindari
Bild: Pro Asyl VS
Die Autorin:
Sigrid Jaschke ist
aktiv im AK Pro Asyl
Villingen-Schwenningen
FLÜCHTLINGSRAT
BADEN-WÜRTTEMBERG
Rundbrief August 2010
35
SAVE-ME-KAMPAGNE / BADEN-WÜRTTEMBERG
Flüchtlinge aufnehmen auch in Baden-Württemberg!
Die Save-Me-Kampagne gibt es mittlerweile in über 56 Städten. Sie wird von Pro Asyl getragen und von
zahlreichen sozialpolitischen Organisationen unterstützt. Save-Me fordert von der Bundesregierung eine
regelmäßige (jährliche) Aufnahme eines Flüchtlingskontingents über UNHCR-Resettlement und eine Politik, die die Menschenrechtsverletzungen und die Behinderung des Zugangs von Flüchtlingen an den EUAußengrenzen beendet. Die EU-Kommission strebt ein EU-weites Aufnahmeprogramm an, an dem sich alle
Staaten beteiligen sollen. Deutschland zögert hierbei und möchte nur „bei Bedarf“ und in kleinem Umfang besonders schutzbedürftige Flüchtlinge aufnehmen - aber das Thema ist auf der politischen Tagesordnung. Damit sich in diese Richtung auch etwas bewegt, braucht es auch die Save-Me-Kampagne. In BadenWürttemberg gibt es lokale Save-Me-Initiativen in Tübingen, Reutlingen, Ulm, Karlsruhe, Heidelberg, Lörrach, Freiburg, Heilbronn und Waiblingen. Der Flüchtlingsrat koordiniert die Aktivitäten und möchte in der
nächsten Zeit mit Blick auf die Landtagswahl auch landesweit aktiv werden. Um die Save-Me-Kampagne ist
es nach dem Ende der Aufnahme irakischer Flüchtlinge recht ruhig geworden. Ein bißchen was bewegt sich
aber doch - auch vor Ort in Baden-Württemberg: Hier eine kleine Zusammenschau. (AL)
Tübingen: „Aktion Flüchtlinge aufnehmen“
In Tübingen wird die Save-Me-Kampagne von 60
Initiativen und Organisationen und 170 „PatInnen“
getragen. Der Tübinger Gemeinderat hat bereits im
April 2009 einen Beschluss gefasst, der eine Aufnahme von Flüchtlingen über Resettlement des UNHCR
befürwortet. Seit November 2009 leben zwei irakische Familien in Tübingen, die von Save-Me-PatInnen aktiv unterstützt werden. Ein Angehöriger dieser Familie ist im Februar 2010 bei einem Attentat
in Bagdad ermordet worden, weswegen die Familien
erneut geflüchtet sind. Die Angehörigen hoffen auf
eine Familienzusammenführung und werden dabei
von Save-Me, vom Flüchtlingsrat und einigen prominenten Politikern aus Tübingen über die „Aktion
Flüchtlinge aufnehmen“ unterstützt.
Mehr Infos: Artikel nebenan und
www.save-me-tuebingen.de
Reutlingen
In Reutlingen gibt es fast 200 Save-Me-PatInnen. Ein
Gemeinderatsbeschluss konnte bereits im Mai 2009
erreicht werden. Viele Save-Me-PatInnen engagieren
sich auch in der „normalen“ Flüchtlingsarbeit.
Mehr Infos: www.save-me-reutlingen.de
Heidelberg
36
FLÜCHTLINGSRAT
BADEN-WÜRTTEMBERG
Rundbrief August 2010
In der jungen und weltoffenen Stadt Heidelberg gibt
es derzeit 219 Save-Me-PatInnen. Auch dort wurde
ein Gemeinderatsbeschluss bereits im Frühjahr 2009
erreicht. Obwohl die Stadt Heidelberg Wohnungen
für Resettlement-Flüchtlinge organisierte, sind im
Rahmen der Aufnahmeaktion 2009 überhaupt keine
Flüchtlinge nach Heidelberg zugewiesen worden.
Mehr Infos: www.save-me-heidelberg.de
Freiburg
Die etwas später gestartete Freiburger Kampagne
bringt es mittlerweile auch auf 129 Save-Me-PatInnen - da geht noch was! In der Anfangsphase wurde
die Kampagne unter anderem mit dem Theaterstück
„Europa Illegal“ bekannt gemacht.
Mehr Infos: www.save-me-freiburg.de
Waiblingen
Klein aber fein ist die Save-Me-Kampagne in Waiblingen. Die Aktiven der mittelgroßen Stadt am Rande
von Stuttgart machen es vor, was in der Großstadt
noch fehlt: Ein paar Entschlossene, die neue flüchtlingspolitsche Ideen voranbringen wollen. Man hört
aber, dass u. a. die Grüne Jugend Stuttgart eine Initiative in der Hauptstadt starten will.
Mehr Infos: www.save-me-waiblingen.de
Deutschland kann und muss mehr Verantwortung
beim Flüchtlingsschutz übernehmen. Dafür hat
Pro Asyl die Aktion „Verantwortung übernehmen Flüchtlinge aufnehmen“ gestartet. www.proasyl.de
Mehr Informationen zur Save-Me-Kampagne:
www.save-me-kampagne.de, www.unhcr.de
SAVE-ME-KAMPAGNE / TÜBINGEN | PRESSEDOKU
Quelle:
SSüdwest Presse,
Schwäbisches
Tagblatt
(Tübingen),
21. Juli 2010.
Autor: Jonas
Bleeser
FLÜCHTLINGSRAT
BADEN-WÜRTTEMBERG
Rundbrief August 2010
37
ABSCHIEBUNG / TÜBINGEN | PRESSEDOKU
Quelle:
Südwest Presse,
Schwäbisches
Tagblatt
(Tübingen),
15. Juli 2010
Autorin: Ulrike
Pfeil
38
FLÜCHTLINGSRAT
BADEN-WÜRTTEMBERG
Rundbrief August 2010
BLEIBERECHT / REUTLINGEN | PRESSEDOKU
Quelle:
Südwest Presse,
Reutlinger Blatt,
21. Juli 2010 Autorin: Katharina
Mayer
FLÜCHTLINGSRAT
BADEN-WÜRTTEMBERG
Rundbrief August 2010
39
ASYLARBEIT / STUTTGART | PRESSEDOKU
Besonderer Ausflug nach Ulm
Eine multikulturelle Gruppe
aus Stuttgart auf der Treppe
im Rathaus, wo sie von Bürgermeisterin Sabine MayerDölle empfangen wurde.
Foto: Matthias Kessler
Quelle:
Südwest Presse,
Ulm, 26. Juli 2010
Autorin:
Verena Schühly
40
FLÜCHTLINGSRAT
BADEN-WÜRTTEMBERG
Rundbrief August 2010
Ulm. Es war ein Ausflug und zugleich eine politische Botschaft: Rund 270 Flüchtlinge kamen auf
einer Tagesfahrt von Stuttgart nach Ulm, wo sie die alte und neuere Geschichte der Stadt kennen
lernten.
Tamilen, Pakistani, Kurden, Libanesen, Iraner,
Iraker, Kosovaren, Afghanen, Tschetschenen,
Menschen aus Kamerun und Togo. Eine multinationale Gruppe. Rund 270 Menschen vom Säugling bis zur Seniorin, erlebten gestern in Ulm
einen ungewöhnlichen Tag. Dass sie in die Donaustadt kommen durften, dafür brauchte jeder
eine Ausnahmegenehmigung: Denn Asylbewerber haben Residenzpflicht. Das heißt, sie dürfen
den Stadt- oder Landkreis, dem sie zugewiesen
sind, nicht verlassen. Doch der Stuttgarter Arbeitskreis Asyl, das Forum der Flüchtlingsfreunde, organisiert seit 25 Jahren einen jährlichen
Ausflug für die Familien.
Asyl-Pfarrer Werner Baumgarten: „Für uns ist
der Ausflug immer auch Protest gegen die sehr
zählebige Restritiktion der Residenzpflicht.“ Für
die Mitreisenden sei es hingegen ein Moment
von Freiheit.
Zum dritten Mal führte der Ausflug nach Ulm.
Auf dem Programm standen ein Picknick beim
Kuhbergverein, Führungen durch die Stadt und
das Münster sowie ein Besuch des Dokumentationszentrums Oberer Kuhberg. „Wir wollten
damit zeigen, dass es auch wunde Punkte in
der deutschen Geschichte gibt“, sagte einer der
Organisatoren. In der Gedenkstätte, in der an
die nationalsozialistische Unrechtsherrschaft
und Verfolgung erinnert wird, fanden viele der
Asylbewerber Themen aus ihrem eigenen Leben
wieder.
Sozialbürgermeisterin Sabine Mayer-Dölle empfing die bunte Gruppe im Rathaus. Sie erinnerte daran, dass Ulm als alte Handelsstadt schon
immer in Kontakt mit anderen Kulturen gekommen sei und das Fremde als Bereicherung erlebt
habe. Vor rund 300 Jahren hat die Stadt im Zuge
der Auswanderungswelle der Donauschwaben
die Situation von Menschen erlebt, die „in ein
neues, ungewisses und schweres Leben aufbrechen“. Aktuell sei das Thema nach wie vor, denn
jedes zweite Kind, das in Ulm zur Welt komme,
hat Migrationshintergrund. Mayer-Dölle sagte:
„Wir müssen uns alle überlegen, wie wir mit dem
Thema Einwanderung umgehen. Wir brauchen
Integration, bei der die Menschen nicht ihren
eigenen Glauben aufgeben müssen.“ Zentraler
Schlüssel sei die Sprache, „damit wir uns besser
verstehen lernen“.
ENGAGEMENT VOR ORT / GAILDORF | PRESSEDOKU
Rettungsanker und Brückenbauer
Zum Tod von Günther Walz
Viele Gaildorfer werden sich an ihn erinnern, seine hochgewachsene, schlanke Gestalt, wie er zügigen Schrittes über
die Kocherbrücke in Richtung Stadt ging oder nach einem
anstrengenden Schultag mit umgehängter Schultasche bedächtig die Eutendorfer Straße heraufkam: Günther Walz,
der nach schwerer Krankheit am vergangenen Mittwoch
starb.
1936 nahe bei Calw geboren, in Fürth und Erlangen aufgewachsen, kam er nach dem Studium in Erlangen, Heidelberg und Berlin bereits 1964 als junger Lehrer ans hiesige
Gymnasium. Gaildorf wurde ihm und später seiner Familie
für Jahrzehnte zum Lebensmittelpunkt. In seinen Fächern
Geschichte, Gemeinschaftskunde, Geografie und Deutsch
unterrichtete er bis zu seiner Pensionierung 1999 viele Generationen von Schülern. Wegen seines engagierten Unterrichts, seiner Zuverlässigkeit, vor allem aber wegen seines
Gerechtigkeitssinns und seiner toleranten und bescheidenwarmherzigen Wesensart mochten sie ihn.
Auch sonst war er für die Schule da. Er baute eine Schülerbücherei auf und betreute sie viele Jahre lang. Als einer der
Ersten weit und breit führte er mit großem Engagement ein
Betriebspraktikum für Gymnasiasten ein, die so genannte
„Schnupperlehre“, die den Schülern erste Kontakte zur Arbeitswelt eröffnete. Innerhalb der Lehrerschaft kümmerte
er sich offen und hilfsbereit um die Eingliederung neuer
Kollegen und trug so ganz wesentlich zum inneren Zusammenhalt des Kollegiums bei.
Aber auch außerhalb von Familie und Schule brachte sich
Günther Walz ein. In seiner Kirchengemeinde, der evangelisch-methodistischen Kirche in Schwäbisch-Hall, gestaltete
er jahrzehntelang als Kirchengemeinderat und Predigthelfer das Gemeindeleben an verantwortlicher Stelle mit. Und
als Delegierter in der „Arbeitsgemeinschaft Christlicher
Kirchen in Baden-Württemberg“ engagierte er sich an vorderster Front für ein gutes ökumenisches Miteinander der
verschiedenen christlichen Konfessionen und für ein von
Toleranz und gegenseitigem Respekt geprägtes Verhältnis
zwischen Christen, Juden und Muslimen. In den Jahren seines Ruhestandes konnte man ihn immer wieder auch beobachten, wie er Gruppen oder Schulklassen durch die hiesige
Altstadt führte und sie in die Geheimnisse der Gaildorfer
Stadtgeschichte einweihte.
Ein besonderes Anliegen war Günther Walz die praktische
Solidarität und Fürsorge gegenüber Bürgerkriegsflüchtlingen und Asylbewerbern. Als 1985 die ersten von ihnen
nach Gaildorf kamen, gründete er hier mit wenigen Gleichgesinnten eine Gruppe von „pro Asyl“. Mit anderen zusammen kümmerte er sich um die Neuankömmlinge, half bei
der Wohnraum- und Arbeitssuche, bei Behörden- und Arzt-
Günther Walz mit einer
Familie, die er betreut
hat. Er leistete ohne viel
Aufhebens Großartiges.
Nun trauern alle, die ihn
kennen und schätzen
gelernt haben.
Foto: Südwest Presse
gängen und bei Problemen aller Art. Kontakte zur einheimischen Bevölkerung, Gespräche, Feste, öffentliche Diskussionen und Demonstrationen wurden organisiert.
Nach der Zusammenlegung der Flüchtlinge im zentralen
Übergangswohnheim in Schwäbisch Hall setzte Walz sein
Engagement dort fort. Unter dem Dach der Diakonie war er
bis vor wenigen Monaten an vielen Initiativen zur Verbesserung der Lebensumstände von Flüchtlingen maßgeblich
beteiligt. Ganz im Stillen begann er auch, Deutschunterricht zu geben. In ungezählten Stunden, privat, zu Hause
im Wohnzimmer, ohne Bezahlung, eröffnete er vielen Menschen den Weg in die deutsche Sprache und damit in unsere Kultur. „Herrn Walz verdanken wir die Sprache und dass
wir Deutsche geworden sind. Ohne ihn könnten wir heute
nicht in Frieden hier leben. Bei ihm haben wir uns nicht als
Fremde, sondern als Mitglieder seiner Familie gefühlt. Er
war uns wie ein Vater!“ So berichten mit bewegter Stimme
ausländische Mitbürger, die ihn vor 25 Jahren kennen gelernt haben und jetzt von seinem Tod erfahren.
In der unvoreingenommenen, toleranten und zugleich mitmenschlich engagierten Zuwendung gegenüber Fremden
sah er so etwas wie die Nagelprobe einer christlichen Existenz. Er selbst hat sich dieser Herausforderung mit Energie
und Ausdauer, dabei in Bescheidenheit und Selbstlosigkeit
gestellt. In unspektakulärer Weise hat er sich zu einer Zeit
um die „Integration ausländischer Mitbürger“ gekümmert,
als dieses Schlagwort noch gar nicht erfunden war. Für
viele Menschen wurde er so zum Rettungsanker und zum
Brückenbauer hin zu einer besseren Existenz. Vielen anderen war er mit seinem Engagement und seinem Verantwortungsbewusstsein ein wichtiges Vorbild.
Quelle:
Südwest Presse,
Gaildorf, 6. Juli
2010
Autor: Gerhard
Mittermaier
FLÜCHTLINGSRAT
BADEN-WÜRTTEMBERG
Rundbrief August 2010
41
IN KÜRZE | INFOS & NEWS / MATERIALIEN / TERMINE
INFOS & NEWS ÜBERREGIONAL
EU-Grenzpolitik: Generaldirektor für Inneres
der EU-Kommission stellt sich hinter Menschenrechtsverletzungen auf Hoher See
Presseerklärung von Pro Asyl vom 29. Juli 2010
Der Generaldirektor für Inneres der Europäischen Kommission, Stefano Manservisi, hat sich hinter die italienische
Rückführungspraxis nach Libyen gestellt. Dies berichtet
die Times of Malta vom 27. Juli 2010. Er wird dort mit
der Aussage zitiert, gegen das zugrundeliegende Abkommen zwischen Italien und Libyen sei (EU-)rechtlich nichts
einzuwenden. Die EU-Kommission ziehe allerdings ein EU
-Abkommen einem bilateralen vor. Manservisi hob die
positiven Ergebnisse der italienisch-libyschen Kooperation hervor. PRO ASYL hält dies für ein offenes Bekenntnis
zur völkerrechtswidrigen Praxis von Zurückweisungen auf
Hoher See. Seit Mai 2009 fängt Italien Flüchtlingsboote im
Mittelmeer ab und schiebt die Betroffenen ohne Prüfung
ihres Flüchtlingsstatus nach Libyen ab. Dort droht die Internierung unter unmenschlichen Bedingungen. Erst im Juni
verurteilte das Europaparlament in einer Entschließung
Libyens systematische Menschenrechtsverletzungen gegenüber Flüchtlingen. Es forderte die EU-Mitgliedstaaten
und die europäische Grenzschutzagentur FRONTEX auf,
Abschiebungen und Zurückweisungen nach Libyen unverzüglich zu beenden. Auch das Antifolterkomitee des Europarats hat die Rückführung afrikanischer Flüchtlinge nach
Libyen durch italienische Behörden als menschenrechtswidrig und inhuman gebrandmarkt. Vor europäischen
Gerichten sind mehrere Verfahren gegen Italien in dieser
Sache anhängig. Das Vorgehen Italiens verstößt gegen das
Nicht-Zurückweisungsgebot der Genfer Flüchtlingskonvention. ...
EURODAC-Statistik belegt Abschottung
Quelle: www.proasyl.de, 4.8.2010
Wie aus den gestern veröffentlichten EURODAC-Statistiken hervorgeht, ist die Zahl der sogenannten irregulären
Einreisen nach Europa im vergangenen Jahr um 50 % zurückgegangen. Der starke Rückgang kann unter anderem
auf ein bilaterales Abkommen zwischen Italien und Libyen zurückgeführt werden, in dessen Folge es seit Sommer
2009 zu Massenrückführungen von Bootsflüchtlingen nach
Libyen kam. Der offene Bruch der Genfer Flüchtlingskonvention durch Italien schlägt sich nun in sinkenden Einreisezahlen nieder. Noch ein Jahr zuvor war Italien das Land
mit den höchsten Zugangszahlen in der EU. Auch Spanien
verhindert unter anderem durch Polizeikooperationen mit
verschiedenen afrikanischen Staaten, dass Flüchtlinge es
überhaupt bis dorthin schaffen.
42
FLÜCHTLINGSRAT
BADEN-WÜRTTEMBERG
Rundbrief August 2010
Grundlage der neuen Zahlen ist die Großdatenbank EURODAC, in die alle EU-Mitgliedstaaten die Fingerabdrücke von
Asylsuchenden und „irregulären“ Migranten einspeisen
sollen. In welchem Umfang dies tatsächlich geschieht, ist
allerdings schwer nachprüfbar. Die sinkenden Zahlen sind
Ausdruck der rücksichtslosen Missachtung völkerrechtlicher Garantien für Schutzsuchende an den EU-Außengrenzen. Das Zurückweisungsverbot der Genfer Flüchtlingskonvention verbietet es, Asylsuchende in Staaten wie Libyen,
die Türkei oder Ukraine zurückzuweisen. PRO ASYL fordert
die EU auf, endlich für die Einhaltung des Flüchtlingsrechts
auf Hoher See und an den Außengrenzen der EU zu sorgen.
126.156 Menschen unterliegen „Residenzpflicht“ für Asylsuchende und Geduldete
Berlin: (hib/STO/HIL) Insgesamt 126.156 Ausländer sind
Ende Mai in Deutschland der sogenannten ”Residenzpflicht“ für Asylsuchende und Geduldete unterlegen.
Davon waren 38.934 Asylsuchende beziehungsweise abgelehnte Asylbewerber sowie 87.222 ”vollziehbar ausreisepflichtige Ausländer, deren Abschiebung vorübergehend
ausgesetzt wurde (Geduldete)“, wie aus der Antwort der
Bundesregierung (17/2261) auf eine Kleine Anfrage der
Fraktion Die Linke (17/1911) hervorgeht.
Darin verweist die Bundesregierung darauf, dass der Aufenthalt von asylsuchenden Ausländern seit 1982 kraft Gesetzes auf den Bezirk der zuständigen Ausländerbehörde
beschränkt ist. Für abgelehnte Asylbewerber bestehe die
räumliche Beschränkung bis zur Ausreise fort. Der Aufenthalt geduldeter Ausländer werde laut Aufenthaltsgesetz
räumlich auf das Gebiet des Landes beschränkt, wobei
weitere Bedingungen und Auflagen angeordnet werden
können. Zur jeweiligen Umsetzung dieser Beschränkungen
durch die Länder hat die Bundesregierung nach eigenen
Angaben keinen vollständigen Überblick.
PRO ASYL-Menschenrechtspreis 2010 geht an
Gabriele del Grande
Der diesjährige Menschenrechtspreis der Stiftung Pro Asyl
geht an den italienischen Journalisten und Schriftsteller
Gabriele del Grande. Er wird am 4. September in Frankfurt
a.M. verliehen. Der 28-jährige del Grande folgt seit Jahren Menschen auf ihren Fluchtrouten und erzählt deren
Geschichten. Er gründete den Blog www.fortresseurope.
blogspot.com und wurde in Deutschland auch durch sein
Buch „Mamadous Fahrt in den Tod“ (von Loeper Literaturverlag) bekannt. Die Laudatio hält der Schriftsteller Ilja
Trojanow.
Rechtspolitischer Forderungskatalog
Quelle: Stefan Kessler, http://www.jrseurope.org
Die Rechtsberaterkonferenz der mit dem UNHCR und den
Wohlfahrtsverbänden zusammenarbeitenden AnwältInnen hat einen Katalog erarbeitet mit 55 Forderungen zur
Reform von Asyl- Aufenthalts-, Sozial- und Staatsangehörigkeitsrecht. Der Katalog dürfte für die nach der Sommerpause anstehende Diskussion über ausländerrechtliche
Gesetzentwürfe eine erhebliche Bedeutung haben.
IN KÜRZE | INFOS & NEWS / MATERIALIEN / TERMINE
INFOS & NEWS AUS BA-WÜ
Aufnahme irakischer Flüchtlinge aus dem
Resettlement-Beschluss beendet
Die Aufnahme von 2.500 schutzbedürftigen Irak-Flüchtlingen aus Syrien und Jordanien in Deutschland ist abgeschlossen. 318 Flüchtlinge wurden im Rahmen des
bundesweiten Beschlusses aus dem Jahr 2008 in BadenWürttemberg aufgenommen. Die letzten Flüchtlinge landeten mit einer Chartermaschine am 27. April in Hannover.
Sie wurden nach einem Zwischenaufenthalt in Friedland
auf die Bundesländer verteilt. 14 Personen kamen am 5.
Mai über die Landesaufnahmestelle Karlsruhe nach BadenWürttemberg, von wo sie landesintern verteilt wurden. Die
meisten Flüchtlinge (122 Personen) hätten in dem bevölkerungsstarken Regierungsbezirk Stuttgart Aufnahme gefunden, im städtischen Ballungsraum der Region Stuttgart
seien es 82 Personen gewesen.
Innenminister Rech zum Abschluss der Aufnahme im
Rahmen des Resettlements: „Baden-Württemberg wird
auch künftig seiner humanitären Verpflichtung gegenüber
schutzbedürftigen Menschen gerecht werden.“
Gerne nehmen wir Innenminister Rech beim Wort und bitten um weitere Unterstützung für Resettlement-Programme. Im Rahmen einer Bundesratsinitiative oder anlässlich
der nächsten Innenministerkonferenz kann Innenminister
Rech Farbe bekennen.
(Quelle: Innenministerium Baden-Württemberg; zu diesem Thema siehe auch S. 36 in diesem Heft)
Roma-Flüchtlinge in Ba-Wü
Derzeit halten sich etwa 1.200 Roma-Flüchtlinge aus dem
Kosovo ohne Aufenthaltsrecht in Baden-Württemberg auf,
hiervon ca. 480 in Freiburg. Nach Angaben er Stadt Freiburg sind zwischen Januar und Mai 2010 insgesamt 139
Roma-Flüchtlinge aus dem Kosovo in Freiburg angekommen, die sich dort mit einer ausländerrechtlichen Duldung
aufhalten. Die Gesamtzahl der geduldeten minderjährigen
Roma in Freiburg beträgt 234 Personen, hierunter befinden sich 66 Kinder und Jugendliche, die im Jahr 2010 eingereist sind.
(Aus einer Stellungnahme des Innenministeriums zu einem Antrag der Abgeordneten Edith Sitzmann u. a., GRÜNE, Landtag B-W, Drucksache 14 / 6269 vom 22.4.2010.
Der Wortlaut kann unter http://www.landtag-bw.de/
WP14/Drucksachen/6000/14_6269_d.pdf herunter geladen werden.)
Fernsehbetrag über Flüchtlingsfamilie
Quelle: http://www.ak-asyl-backnang.de/
Der Fernsehsender Regio TV berichtete über die Familie
Krasnici aus dem zerfallenen Jugoslawien, die in Burgstetten (Rems-Murr-Kreis) Schutz vor Verfolgung gesucht hat
und durch die Behörden auseinandergerissen wurde. Die
Familie mit drei Kindern war seit der Abschiebung des Vaters im Jahre 2003 fast 7 Jahre getrennt, Herr Krasnici kam
im Dezember letzten Jahres als „Tourist“ aus Montenegro,
erhielt zunächst eine Duldung und hat nun eine Aufenthaltserlaubnis unter der Bedingung erhalten, dass er innerhalb von 6 Monaten (mit erschwerten Bedingungen)
einen Arbeitsplatz findet. Die Eingabe des AK Asyl Backnang bei der Härtefallkommission war von dieser nicht
angenommen worden. Der Beitrag kann unter folgendem
Link angeschaut werden: http://video.regio-tv.de/video_
id_=29163
Radiosendung über Roma-Flüchtlinge
“Grenzenlos“ eine antifa/antira Sendereihe des Freien Radios Bermudafunk Rhein Neckar (Mannheim) erstellte in
Zusammenarbeit mit dem Landesverband deutscher Sinti
und Roma Baden-Württemberg / Romnokher Mannheim,
der VVN BdA KV Mannheim, dem Arbeitskreis Justiz Mannheim - Geschichte des NS in Mannheim und dem Bündnis
gegen Abschiebungen Mannheim eine Radiosendung zu
folgenden Themen:
- Bleiberecht für alle - auch für alle Roma (http://www.
unicef.de/roma-studie-2010.html)
- gegen jeglichen Rassismus/Antisemitismus/Islamophobie: „Ein Fladenbrot pro Tag reicht...“
Bericht von Elifa Krijestorac veröffentlicht in „Der Semit“.
Nr. 2 März-April 2010
- Juli 2010: Brandanschlag durch Nazis auf MigrantenInnen
- Was tut die örtliche Polizei
Die Sendung steht zum Nachhören oder Download bereit unter http://www.freie-radios.net/portal/content.
php?id=35114
Stuttgarter Friedenspreis für Asylpfarrer
Quelle: Südwestpresse: 22.06.2010
Der Stuttgarter Asylpfarrer Werner Baumgarten erhält
den mit 5000 Euro dotierten Stuttgarter Friedenspreis
der Initiative „Die Anstifter“. Baumgarten leiste seit vielen Jahren eine „herausragende Arbeit für Frieden und
Verständigung vor Ort“. Für Flüchtlinge und Asylsuchende zu arbeiten, bedeute auch, Forderungen an Politik
und Gesetzgeber zu stellen. Baumgarten stelle sich „als
Ideengeber und Motor in den Dienst dieser Arbeit“, so
die Jury. Er sei weit über die Stadt hinaus ein geschätzter
und gefragter Fachmann, Redner, Ratgeber und Diskussionsteilnehmer. Der Preis wird im November im Rahmen
der Friedens-Gala im Theaterhaus verliehen werden ...
Mehr Infos: www.die-anstifter.de
FLÜCHTLINGSRAT
BADEN-WÜRTTEMBERG
Rundbrief August 2010
43
IN KÜRZE | INFOS & NEWS / MATERIALIEN / TERMINE
Broschüre zum Tag des Flüchtlings
ASYLMAGAZIN 7-8/2010
Die Pro Asyl-Broschüre zum Tag des Flüchtlings 2010 (gleichzeitig Rundbrief des
Flüchtlingsrats Baden-Württemberg) enthält aktuelle Beiträge zu den Themen Lagerunterbringung, Bleiberechtsregelung,
Umgang mit Geduldeten, Rücknahmeabkommen mit Syrien und Kosovo, Abschiebungen in den Kosovo, Klimaflucht, Dublin
II-Verfahren, Resettlement / Save Me und
nicht zuletzt über den Umgang mit Flüchtlingen an den EU-Außengrenzen. Sie kann
für Büchertische und Infoveranstaltungen
über unsere Geschäftsstelle bestellt werden (solange Vorrat reicht, siehe nebenstehende Bestell-Liste) und ist auch auf
unserer Homepage zum Download eingestellt. Auch bei Pro Asyl kann die Broschüre
selbstverständlich direkt bestellt werden.
Ebenfalls frisch aus der Druckerei kommt das Asylmagazin 7-8/2010 des Informationsverbunds Asyl & Migration.
Die Zeitschrift für Flüchtlings- und Migrationsrecht enthält
u.a. einen Beitrag von Dominik Bender und Stephan Hocks
zum Eilrechtsschutz und Selbsteintrittspflicht im DublinVerfahren, von Elke Tießler-Marenda zu den Folgen des
BVerfG-Urteils zum Existenzminimum für das AsylbLG, von
Dominik Bender und Maria Bethke zur Situation von Asylsuchenden auf Malta sowie von Sebastian Ludwig (DW) zur
Lage der Roma und Ashkali im Kosovo.
Hinterland Nr. 14
Dass es in Bayern kein ruhiges Hinterland gibt, wissen wir
schon lange und so schauen wir auch immer ehrfurchtsvoll
auf die politischen Künste unseres Nachbarflüchtlingsrats.
Nicht nur die nachahmenswerte Lagerkampagne, sondern
auch die Theorieproduktion verursacht große Fußstapfen.
So ist auch das neue Hinterland-Magazin, erschienen Ende
Jui 2010, wieder ein Erlebnis für sich, das wir hier gerne
weiterempfehlen. Schwerpunkt der Nummer ist das Themenfeld „Alter“, aber es wäre nicht die Hinterland, wenn
es nicht auch noch um Gott und die Welt ginge - und dabei
immer auch ein wenig über den rein flüchtlingspolitischen
Blickwinkel hinaus. www.hinterland-magazin.de
Grundrechte-Report 2010
Soeben erschien der Grundrechte-Report 2010 - zur Lage
der Bürger- und Menschenrechte in Deutschland hrsg.
von: T. Müller-Heidelberg, U. Finckh, E. Steven, K. Schubert, M. Pelzer, A. Würdinger, M. Kutscha, R. Gössner und
U. Engelfried; Preis 9,95 €, 280 Seiten, ISBN 3-596-186785, Fischer Taschenbuch Verlag, Mai 2010. Ein Projekt der
Humanistischen Union, der Gustav Heinemann-Initiative,
des Komitees für Grundrechte und Demokratie, des Bundesarbeitskreises Kritischer Juragruppen, von Pro Asyl, des
Republikanischen Anwältinnen- und Anwältevereins, der
Vereinigung demokratischer Juristinnen und Juristen, der
Internationalen Liga für Menschenrechte und der Neuen
Richtervereinigung. Das Buch kann über den Buchhandel
bezogen oder im Online-Shop der Humanistischen Union
bestellt werden: http://www.humanistische-union.de/
shop/grundrechte_reporte/
44
FLÜCHTLINGSRAT
BADEN-WÜRTTEMBERG
Rundbrief August 2010
Mehr Infos: www.asyl.net
amnesty asyl-info 07/08 2010
Das neueste amnesty ASYL-INFO beschäftigt sich schwerpunktmäßig mit den ai-Positionen zur Umsetzung des
Stockholmer Programms, aber auch mit Resettlement,
Kosovo und Abschiebehaft und wie immer mit zahlreichen
Länderberichten und urgent actions, u. a. Libyen
Mehr Infos: www.asyl.net
Frauenfluchtnetz bietet Aktions-Materialien
Das FrauenFluchtNetz Reutlingen/Tübingen hat im Herbst
letzten Jahres einen sog. Smartmob zum Thema „Frauenfluchtgründe weltweit“ veranstaltet. Die Aktion war mit relativ wenig Zeitaufwand sehr öffentlichkeitswirksam (siehe
dazu auch www.frauenfluchtnetz.de).
Die dafür eigens produzierten T-Shirts möchten wir nun
gerne an andere
Gruppen verleihen,
da es schade wäre,
wenn sie nur einmalig genutzt würden. Wir haben ein
Aktionspaket für
interessierte Menschen und Gruppen
zusammengestellt,
das aus 40 T-Shirts
besteht, die vorne alle mit dem
Aufdruck „Frauen
fliehen
weltweit
wegen …“ und auf der Rückseite mit verschiedenen Fluchtgründen bedruckt sind. Dazu gibt es eine CD, auf der Aktionschecklisten und Vorlagen für Mobilisierungsschreiben
und begleitende Flyer enthalten sind, die vor Ort nur noch
mit den aktuellen Daten ergänzt werden müssen.
Wir berechnen einen Unkostenbeitrag von 50 Euro für die
Reinigung und den Versand der T-Shirts.
Nähere Infos gibt es auf unserer Homepage oder per Anfrage: [email protected] //
Handy 0175 433 8013 (Maria Braig)
IN KÜRZE | INFOS & NEWS / MATERIALIEN / TERMINE
Bestell-Formular
für Materialien zur Interkulturellen Woche / Tag des Flüchtlings
Mit diesem Formular können Sie Materialien bestellen, die in der Geschäftsstelle des Flüchtlingsrats
vorrätig sind. Die Materialien sind in der Regel gratis, wir nehmen aber gerne Spenden an. Wenn
Sie sehr große Mengen brauchen, bitten wir darum, beim eigentlichen Herausgeber zu bestellen,
sofern wir dies nicht selbst sind.
Wir schlagen vor, dass Sie diese Seite einfach kopieren, ausfüllen und an uns schicken.
Hiermit bestelle/n ich/wir
...............Ex. Aktionszeitung zum Tag des Flüchtlings 2010
(Hrsg. Flüchtlingsrat Baden-Württemberg) (8-12 Seiten, erscheint Mitte September, Auflage 10.000, kann bei Veranstaltungen und in Unterkünften verteilt werden ...)
...............Ex. dieses „Rundbriefs“ August 2010 (vorhandene Exemplare insgesamt noch ca. 200)
...............Ex. Flyer „Mit Diskriminierung macht man keinen Staat“ (12
S., beinhaltet die wesentlichen Aussagen, leicht lesbar, noch 500 St. in der
Geschäftsstelle vorrätig)
...............Ex. Broschüre „Mit Diskriminierung macht man keinen
Staat“ (52 S., ausführlich, vielfältig, informativ, für Menschen, die sich
gründlich informieren wollen, noch ca. 300 Ex. vorrätig)
...............Ex. Flyer „Flüchtlingsrat Baden-Württemberg“
(neuer Flyer zur
Vorstellung und Selbstdarstellung des Flüchtlingsrats und der Flüchtlingsunterstützung in Baden-Württemberg, in Vorbereitung)
...............Ex. Broschüre „Schattenbericht Abschiebehaft“
(28 S., Hrsg.
Bündnis gegen Abschiebehaft Rottenburg/Tübingen). Kosten: 2.- EUR pro Ex.
....................................................................
Initiative / Organisation
................................................................
Vorname / Name
....................................................................
Adresse
................................................................
PLZ / Ort
Bitte abschicken
per Post: Flüchtlingsrat Baden-Württemberg, Urbanstr.44, 70182 Stuttgart ODER
per Fax: 0711-5532835 ODER
per E-Mail: [email protected]
FLÜCHTLINGSRAT
BADEN-WÜRTTEMBERG
Rundbrief August 2010
45
IN KÜRZE | INFOS & NEWS / MATERIALIEN / TERMINE
Alle Veranstaltungen des Flüchtlingsrats sind auf unserer Website www.fluechtlingsrat-bw.de angekündigt und ausführlich beschrieben. Wenn Sie uns die Beschreibung einer lokalen Veranstaltung an [email protected] schicken, publizieren wir
diese ebenfalls auf der Website.
Nun zum Überblick über aktuelle Veranstaltungen:
Fr, 24. September, 10 - 16 Uhr
Stuttgart, Theaterhaus
„Integrationsoffensive Baden-Württemberg“
Fachtagung zur Interkulturellen Öffnung und Orientierung in der
Offenen, verbandlichen und kulturellen Kinder- und Jugendarbeit.
Mehr Infos: www. agjf.de
Fr, 24. - So. 26. September
Bad Boll, Evangelische Akademie
Flucht und Migration durch Klimawandel
Gemeinsame Tagung der Ev. Akademien Bad Boll und Baden,
der Stiftung Pro Asyl und des Flüchtlingsrats BW mit zahlreichen Vorträgen und Workshops. Das gedruckte Programm zu
dieser Tagung liegt diesem Rundbrief bei. Online-Anmeldung
unter: www.ev-akademie-boll.de
So, 26.9. - Sa, 2. Oktober
Interkulturelle Woche
Alle Veranstaltungen zur „IKW“ sind im Internet zu finden, auch
Sie können Ihre Veranstaltungen dort melden.
www.interkulturellewoche.de
Mi, 29. September, 19.30 Uhr, Schwäbisch Gmünd,
Gemeindezentrum Brücke, Eutighofer Str. 23
Die Unerwünschten
Der Film über die Abschiebehaft (in Rottenburg/Neckar) von Sarah
Moll aus dem Jahr 2008. Veranstalter: AK Asyl Schwäbisch Gmünd
Fr, 1. Oktober, 19.30 Uhr
Balingen, Heilig-Geist-Kirche
Displaced - Ausstellung Leona Goldstein
Attac Balingen zeigt eine Ausstellung der Berliner Künstlerin und
Filmemacherin Leona Goldstein. Ergänzend referiert Andreas Linder (Flüchtlingsrat BaWü) zur EU-Flüchtlingspolitik.
schaft in Deutschland
Veranstalter: Ev. Bildungswerk Lkr. Esslingen, AK Asyl Nürtingen
Mi, 27. bis Fr, 29. Oktober 2010, Bochum
3. Bundesfachkongress Interkultur
Mehr Infos: www.bundesfachkongress-interkultur.de
Mo, 8. November, 20 Uhr
Stuttgart, Forum der Kulturen, Marktplatz 4
Einwanderungsland Deutschland
Sebastian Beck referiert über das Thema „Wie Migranten wohnen
wollen“ und stellt Ergebnisse einer diesbezüglichen Sinus-Studie
vor.
Mi, 17. - Fr, 19. November, Hamburg
Wie politisch kann eine Fachkraft sein?
Die Bedeutung der politischen Dimension in der Arbeit mit jungen Flüchtlingen. Tagung in der Katholischen Akademie Hamburg.
Veranstalter: Bundesfachverband Unbegleitete Minderjährige
Flüchtlinge (B-UMF) e.V.
Mehr Infos: [email protected]
Mi, 10. November, 20 Uhr
Nürtingen, Kulturkantine, Plochinger Str. 14
Krieg im Kongo - Business- oder Bürgerkrieg?
Der Referent Vianey Mushegera ist gebürtig aus Bukavu in der Demokratischen Republik Kongo und lebt in Nürtingen. Er ist Agraringenieur und Projektmanager für alternative und erneuerbare Energien.
Veranstalter: AK Asyl Nürtingen, ai.
Sa, 20. November, 10 - 18 Uhr
Stuttgart, Friedensgemeinde, Schubartstr.14
Flüchtlingsrat BaWü: Tagung mit Plenum
Im Mittelpunkt steht die geplante Kampagne zu Unterbringung, AsylbLG, Residenzpflicht von Flüchtlingen. Das genaue
Programm steht noch nicht fest.
Mehr Infos / Anmeldung: www. fluechtlingsrat-bw.de
Do, 25. November
Internationaler Tag gegen Gewalt gegen Frauen
Mehr Infos u. a. bei: www.frauenrechte.de
Sa, 2. Oktober
Tag des Flüchtlings
Aktionszeitung und Materialien beim Flüchtlingsrat bestellen! Siehe Seite 45!
So, 3. Oktober, 19.00 Uhr, Theaterwerkstatt Schw.-Gmünd
So, 10. Oktober, 19.00 Uhr, Zimmertheater der Musikschule Göppingen / So, 20. November, 19.30 Uhr, Ev. Akademie Bad Boll
Ala-Din und die Wunderlampe
Eine Produktion von „global players - theater der kulturen göppingen“ . Mehr Infos www.globalplayers-gp.de
Fr, 15. Oktober , 19.30 Uhr, Nürtingen,
Haus der Alevitischen Gemeinde, Hohes Gestade 12
46
FLÜCHTLINGSRAT
BADEN-WÜRTTEMBERG
Rundbrief August 2010
Aleviten - eine Lebens- und Glaubensgemein-
Do, 2. Dezember, 19.00 Uhr,
Heilbronn, Caritas-Zentrum
Europäische Asyl- und Migrationspolitik
Referent: Andreas Linder, Flüchtlingsrat Ba-Wü.
Veranstalter: Stadt Heilbronn, Integrationsbeauftragte.
Fr, 10. Dezember
Internationaler Tag der Menschenrechte
Fr, 21. - Sa. 22. Januar 2011
Bad Boll, Evangelische Akademie
Flüchtlingsschutz in Deutschland
Nationale Verfahren, europäische Standards. Tagung der Ev. Akademie Bad Boll, des Diak. Werks und des Flüchtlingsrats BW.
Solidarität braucht Solidarität!
Unterstützen Sie unsere Arbeit durch eine Spende
u den so
pagne z tlingen
m
a
K
e
t
h
lan
von Flüc
ere gep
Für uns sbedingungen mer 2011)
e
eb
ca.
- Som
zialen L
arf von
st 2010
ü (Herb sätzlichen Bed
-W
a
B
in
zu
ir einen
haben w o.
inanzieEur
de zur F
10.000
n
e
p
S
e
h ein
i!
Sie durc
Tragen r Kampagne be
e
s
ie
d
rung
Flüchtlingsrat Baden-Württemberg e. V.
Konto: 35 17 930
BW-Bank, BLZ: 600 501 01
Bitte geben Sie Ihre Adresse auf der Überweisung an, damit wir Ihnen eine Spendenbescheinigung ausstellen können.
Werden Sie (Förder-)Mitglied
Mit Ihrem Mitgliedsbeitrag ab 52,00 EUR im Jahr unterstützen Sie
unsere Arbeit kontinuierlich und erhalten regelmäßig unsere Publikationen, die Sie über unsere Aktivitäten auf dem Laufenden halten. Das Beitrittsformular können Sie einfach von unserer Webseite
herunterladen. www.fluechtlingsrat-bw.de
Engagieren Sie sich in einer lokalen Initiative für Flüchtlinge
Über unsere Geschäftsstelle können Sie die Kontaktadressen von
lokalen Initiativen in Ihrer Umgebung erfahren. Und wenn es an
Ihrem Ort keine Initiative gibt: Gründen Sie selbst eine - wir helfen
Ihnen dabei!
MitgliederAktion 2010
Wer bis zum 30.11.2010
Mitglied des Flüchtlingsrat
Baden-Württemberg e.V.
wird, erhält einen Taschenkalender „Fluchtwege freihalten
2011“ gratis!!!
Zu den ersten 10 Exemplaren gibt
es noch eine nicht nur geistig nährende Überraschung drauf!
FLÜCHTLINGSRAT
BADEN-WÜRTTEMBERG
Rundbrief August 2010
47
LOBBY UND UNTERSTÜTZUNG
Asylsuchende und Flüchtlinge finden in der Bundesrepublik Deutschland Unterstützung bei
der Bundesweiten Arbeitsgemeinschaft für Flüchtlinge PRO ASYL e.V. und bei den Flüchtlingsräten in den Bundesländern. PRO ASYL und Flüchtlingsräte leisten Öffentlichkeits- und
Lobbyarbeit für die Anliegen der Menschen, die in Deutschland Schutz und Perspektive
suchen. In Baden-Württemberg kann der Flüchtlingsrat bereits auf mehr als 22 Jahre Unterstützung für Flüchlinge zurückblicken. In dieser Zeit haben der Verein und seine Mitglieder
landauf landab zahlreiche Veranstaltungen über die Situation in den Herkunftsländern der
hierzulande Schutz suchenden Menschen durchgeführt. Gemeinsam mit Selbstorganisationen und Initiativen protestieren wir immer wieder öffentlich gegen die vielfältigen asyl- und
ausländerrechtlichen Raffinessen, die Flüchtlingen das Exil verleiden.
Bei Kampagnen und in Bündnissen mit anderen hat der Flüchtlingsrat für Abschiebestopps
und Bleiberechtsregelungen geworben und stets gegen eine Politik der Illegalisierung Stellung bezogen. Ein aktueller Schwerpunkt ist für den Flüchtlingsrat die Unterstützung der
verschiedenen save-me-Kampagnen im Land, die sich für die Aufnahme von Flüchtlingen
einsetzen. Die Geschäftsstelle bietet Qualifizierung und Fortbildung für haupt- und ehrenamtliche BeraterInnen an. Die Pflege von Netzwerken sowie die Organisation von Tagungen
mit den evangelischen Akademien in Baden und Württemberg gehören seit Jahren zum
Standardprogramm. Schließlich gibt der Flüchtlingsrat Baden-Württemberg verschiedene
Rundbriefe und Informationsmaterialien heraus.
Im Flüchtlingsrat organisiert sich der zivilgesellschaftliche Widerspruch gegen eine auf
Flüchtlingsabwehr und Abschiebung orientierte Politik. Der Verein scheut dabei keine Kontroverse. Regelmäßig führen seine Mitglieder Gespräche mit den für die Politik und ihre
Vollstreckung Verantwortlichen.
Flüchtlinge brauchen auch künftig Unterstützung. Solidarität gibt Kraft, kostet aber auch
Geld. Neue Mitglieder, Spender/innen und Mitstreiter/innen und Mitstreiter sind willkommen! Nehmen Sie Kontakt mit uns auf!
FLÜCHTLINGSRAT BADEN-WÜRTTEMBERG
Urbanstr. 44 · 70182 Stuttgart
Tel.: 0711 - 55 32 834
Fax: 0711 - 55 32 835
E-Mail: [email protected]
www.fluechtlingsrat-bw.de
Spendenkonto:
48
FLÜCHTLINGSRAT
BADEN-WÜRTTEMBERG
Rundbrief August 2010
Flüchtlingsrat Baden-Württemberg e.V.
BW-Bank Konto Nr.: 351 7930
BLZ 600 501 01