LG Düsseldorf, Urteil Az. 37-O-95-12(Kart) vom 11

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LG Düsseldorf, Urteil Az. 37-O-95-12(Kart) vom 11
Urteil Az. 37-O-95-12(Kart)∗
LG Düsseldorf
11. September 2012
Tenor
1
Die Anträge der Antragstellerin werden unter Aufhebung der Beschlussverfügung vom 2. August 2012 zurückgewiesen.
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Die Antragstellerin zu 1. trägt die Gerichtskosten zu 1/6. Die weiteren Kosten
des Rechtsstreits trägt die Antragstellerin zu 2.
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Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
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Die Antragstellerin zu 2. (nachfolgend auch nur als &8222;Antragstellerin&8220;
bezeichnet), deren alleinige Gesellschafterin die ursprüngliche Antragstellerin zu
1. ist, betreibt die Internetportale A, B, C, D, E, F, G und H, über die sie die
Buchung von Flugreisen anbietet und die sich - wie derartige Portale allgemein
- dadurch auszeichnen, dass sie den von ihren Kunden erwarteten umfassenden
Überblick über die Preisangebote verschiedenster Airlines für die von den Kunden jeweils gewünschte Flugverbindung bieten.
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Die über diese Internetportale vermittelten Buchungen von Flugreisen werden
nicht direkt mit den Fluggesellschaften sondern über die I AG (&8222;I&8220;)
abgewickelt. I ist der größte konzernunabhängige Flugticketgroßhändler (&8222;Consolidator&8220;) in Deutschland und vermittelt Reisebüros, Reiseveranstaltern
und Internetportalen Flugtickets von über 170 Fluggesellschaften. Auch die Antragsgegnerin hat I vertraglich das Recht verliehen, für sie Flugtickets auszustellen.
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Die Antragstellerin erhält bei der Vermittlung von Flugreisen in der Regel keine
∗ http://openjur.de/u/536578.html
(= openJur 2012, 124960)
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Entgelte von den Fluggesellschaften und ist somit wie andere Online - Reisebüros darauf angewiesen, andere Einnahmequellen zu erschließen. Einnahmen
erzielt sie im Wesentlichen durch die auf den Portalen geschaltete Werbung,
durch die Vermittlung von Drittleistungen anlässlich der Reise (wie z.B. Reiserücktrittsversicherungen), durch die Erhebung von Serviceentgelten und - so
behauptet sie - durch Kick-Back-Zahlungen insbesondere der Reservierungssysteme Q und R.
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Die Antragsgegnerin ist ein Konzernunternehmen der K - L, eines börsennotierten Unternehmens, welches durch den Zusammenschluss der Fluggesellschaften
K und M (M) im Jahr 2004 entstanden ist. Sie vertreibt ihre Beförderungsdienstleistungen im Passagierverkehr zum einen über Flugticketgroßhändler wie
z.B. I. Sie bietet zum anderen aber auch auf ihrer eigenen Website www.K.com
eine Online-Buchung für Endkunden an.
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Die Antragstellerin behauptet, die Antragsgegnerin sei eine der führenden und
größten europäischen Fluggesellschaften und Gründungsmitglied der Luftfahrtallianz N. In Europa sei die Antragsgegnerin mit 69,8 Mio. beförderten Flugpassagieren im Jahr 2010 die größte Gesellschaft.
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Die Antragsgegnerin versuche seit einigen Monaten, das Geschäft der Internetportale zu behindern. Dies knüpfe an ähnliche Entwicklungen in den USA an.
Im Dezember 2011 habe die Antragsgegnerin sogenannte &8222;Anweisungen
für Online-Verkäufe von Luftverkehrsprodukten&8220; an Reisevermittler gesandt. Die Antragstellerin habe diese &8222;Anweisungen&8220; weder von der
Antragsgegnerin erhalten noch akzeptiert. Im Januar 2012 habe die Antragsgegnerin einzelne angebliche Verstöße der Antragstellerin gegen die &8222;Anweisungen&8220; gerügt. Die Antragstellerin zu 1. habe die Rügen zurück gewiesen.
Im Februar 2012 hätten die Antragstellerinnen ohne Anerkennung einer Rechtspflicht eingewilligt, Änderungen bzgl. einzelner der &8222;Rügen&8220; vorzunehmen. U.a. hätten die Antragstellerinnen zugesagt, Google AdWords nicht
mehr in Bezug auf &8222;K&8220; zu verwenden sowie einzelne Änderungen
an den Buchungsabläufen vorzunehmen. Die Verwendung von Google AdWords
in Bezug auf die Antragsgegnerin sei vollständig eingestellt, die monierten Buchungsabläufe seien vollständig behoben worden.
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Ungeachtet dessen habe die Antragsgegnerin - als solches unstreitig - I Mitte
Juli 2012 aufgefordert, die Geschäftsbeziehung mit der Antragstellerin binnen
zwei Tagen abzubrechen und keine Buchungen, die über die Portale der Antragstellerin generiert wurden, mehr abzuwickeln, soweit dies Dienstleistungen
von K bzw. M betreffe. I seien für den Fall des Zuwiderhandelns der Abbruch
der Vertragsbeziehungen mit der Antragsgegnerin sowie weitere Konsequenzen
angedroht worden. Gleichzeitig habe die Antragsgegnerin angebliche Verstöße
der Antragstellerin gegen die Onlinevertriebsanweisungen der Antragsgegnerin
gerügt. Insgesamt habe es sich um acht angebliche Verstöße der Antragstellerin
gehandelt, die allesamt das auf französische Kunden ausgerichtete Buchungspor2
tal E betroffen hätten. Ein behaupteter Verstoß betreffe das Erscheinen einer
AdWord-Anzeige von E auf der französischen Website von Google oberhalb der
natürlichen Suchergebnisse. Diese Anzeige sei u.a. bei Eingabe des Suchworts
&8222;K&8220; erschienen. Die weiteren von der Antragsgegnerin behaupteten
Verstöße beträfen insgesamt sieben Beschwerden von Kunden über den Kundenservice bei Buchungen über das französische Portal E. Konkret gehe es hierbei um Beanstandungen von Kunden bzgl. Umbuchungen, Stornierungen und
Kreditkartengebühren. Diese sieben Beschwerden seien unbegründet und fielen
zudem in Bezug auf die Gesamtzahl der vermittelten Flugtickets der Antragsgegnerin nicht ins Gewicht.
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Da die Antragsgegnerin, eine der bedeutendsten Fluggesellschaften in Europa sei
und das Geschäftsmodell der Antragstellerin ganz wesentlich auf der Preisvergleichsfunktion beruhe, sei sie, die Antragstellerin, zwingend darauf angewiesen,
Tickets der Antragsgegnerin vermitteln zu können, ansonsten drohe das wirtschaftliche Aus für den Betrieb ihrer Flugreiseportale.
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Die Antragstellerinnen haben zunächst beantragt:
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1.
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Die Antragsgegnerin wird verpflichtet, ihre Erklärung im Schreiben vom 16. Juli 2012 gerichtet an die I AG, in der sie die O mit Wirkung zum 18. Juli 2012
auffordert, keine über Internetdomains der P-Gruppe vermittelten Buchungen
von Transportleistungen der Antragsgegnerin vorzunehmen bzw. diesbezügliche
Tickets auszustellen, schriftlich gegenüber der O und der I AG für gegenstandslos zu erklären.
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2.
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Der Antragsgegnerin wird aufgeben, weiterhin die Vermittlung von Transportdienstleistungen der Antragsgegnerin über Internetdomains bzw. -portale zu
ermöglichen, insbesondere es zu unterlassen, über die Internetportale der PGruppe vermittelte Buchungen von Transportleistungen der Antragsgegnerin
zu blockieren bzw. nicht auszuführen.
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Nachdem die Antragstellerin zu 1. den Antrag auf Erlass einer einstweiligen
Verfügung nicht mehr weiterverfolgte, beantragte die Antragstellerin zu 2.,
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1.
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Die Antragsgegnerin wird verpflichtet, ihre Erklärung im Schreiben vom 16.07.2012,
gerichtet an die I AG, in der sie die O mit Wirkung vom 18.07.2012 auffordert,
keine über Internetdomains der P, nämlich
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AB
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vermittelten Buchungen von Transportleistungen der Antragsgegnerin vorzunehmen bzw. diesbezügliche Tickets auszustellen, schriftlich gegenüber der O
und der I AG mit Wirkung bis zu einer möglichen gerichtlichen abweisenden
Entscheidung dieses Antrags in einem Hauptsacheverfahren für gegenstandslos
zu erklären.
22
2.
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Die Antragsgegnerin wird verpflichtet, es zuzulassen, dass die Antragstellerin zu
2 auf jegliche Art und Weise und in jeglichem Umfang K- und M-Transportleistungen
über Internetdomains der P, nämlich
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ABC EDHanbietet, absetzt oder vermittelt.
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Diesen Anträgen hat das Gericht mit Beschlussverfügung vom 2. August 2012
entsprochen.
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Die hiergegen von der Antragsgegnerin eingelegte &8222;sofortige Beschwerde&8220; hat das Gericht - ohne Widerspruch der Parteien als Widerspruch d. h. den zulässigen Rechtsbehelf, gegen den einstweilige Verfügung behandlt.
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Die Antragstellerin beantragt,
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die Einstweilige Verfügung aufrechtzuerhalten.
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Die Antragsgegnerin beantragt,
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den Antrag der Antragstellerin auf Erlass einer Einstweiligen Verfügung unter
Aufhebung der Beschlussverfügung des Vorsitzenden zurückzuweisen.
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Die Antragsgegnerin hält den Tenor der einstweiligen Verfügung für teilweise
nicht vollstreckbar. Sie verweist in diesem Zusammenhang darauf, dass sie keine Erklärungen für die von ihr unabhängige M abgeben könne. Sie sei lediglich
über eine Holding mit der M verbunden. Da Adressat der einstweiligen Verfügung weder die Holding noch die M seien, könne von einer marktbeherrschenden
oder marktstarken Stellung der Antragsgegnerin nicht die Rede sein. Sie vertritt
zudem die Auffassung, die von der Antragstellerin vorgenommene Marktabgrenzung sei nicht zutreffend.
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Ihr, der Antragsgegnerin gehe es lediglich darum, das in der Vergangenheit
rechtswidrige, insbesondere gegen Verbraucherschutzrecht verstoßende Verhalten der Antragstellerin zu unterbinden. Wegen der Einzelheiten ihrer Ausführungen hierzu wird insbesondere auf die Ausführungen auf S. 3 - 35 der Widerspruchsbegründung verwiesen.
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Die Antragsgegnerin behauptet weiter, dass die Antragstellerin in ihrer wirtschaftlichen Betätigungsfreiheit durch die Nichtzulassung von K -und M - Tickets
nicht wesentlich eingeschränkt sei. Insbesondere nutze die Antragstellerin verschiedene Vertriebskanäle, um - als solches unstreitig - nach wie vor Tickets
der Antragsgegnerin und der M zu verkaufen. Zudem sei es der Antragstellerin auch weiterhin möglich Preisvergleiche über ihr Preisvergleichssystem unter
Einbeziehung von K und M durchzuführen. Zudem mache die Vermittlung von
Flugtickets nur einen Teil der Geschäftstätigkeit der Antragstellerin aus. Außerdem vermittle die Antragstellerin nicht nur Flugtickets, sondern veräußere auch
Reisen, Versicherungen etc. über ihre Onlineportale.
Gründe
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Auf die als Widerspruch zu behandelnde &8222;sofortige Beschwerde&8220; der
Antragsgegnerin ist die Beschlussverfügung vom 2. August 2012 aufzuheben. Die
Anträge der Antragstellerin sind zurückzuweisen, weil sie unter Berücksichtigung
des Vorbringens der Antragsgegnerin mangels Verfügungsgrund nicht zulässig
sind.
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I.
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Die von der Antragsgegnerin nicht angegriffene Zuständigkeit des Landgerichts
Düsseldorf - Kammer für Handelssachen - ergibt sich aus §87 GWB in Verbindung mit §95Abs. 2 Nr. 1 GVG und §32ZPO. Wegen der Einzelheiten wird auf
die Ausführungen hierzu in der Begründung des Beschlusses vom 2.August 2012
verwiesen.
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II.
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Den von der früheren Antragstellerin zu 2. (&8222;Antragstellerin&8220;) in
der Fassung des Schriftsatzes vom 31. Juli 2012 weiter verfolgten Anträgen ist
nach dem Sach- und Streitstand zum Schluss der mündlichen Verhandlung (der
neue Tatsachenvortrag im nicht nachgelassenen Schriftsatz der Antragsgegnerin
vom 6. September 2012 ist nach §296a ZPO ausgeschlossen) nicht zu entsprechen, weil die Voraussetzungen des zum Erlass der beantragten einstweiligen
Verfügung erforderlichen Verfügungsgrundes nicht ausreichend dargelegt und
glaubhaft gemacht sind.
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Das Begehren der Antragstellerin ist als auf den Erlass einer Leistungsverfügung gerichtet einzuordnen. Denn die Antragsgegnerin soll - wenn auch außerhalb vertraglicher Beziehungen zwischen den Parteien - verpflichtet werden, der
Antragstellerin die Vermittlung von Flugdienstleistungen der Antragsgegnerin
und deren &8222;Schwestergesellschaft&8220; M zu gestatten und gegenüber
der I AG eine - auch im Namen der M abgegebene - Erklärung vorläufig für
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gegenstandslos zu erklären, die darauf gerichtet war, die Antragstellerin auf den
Vertrieb von Tickets der Antragsgegnerin und von M auszuschließen.
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Um dem Erfordernis eines wirksamen Rechtsschutzes zu genügen, lässt die Praxis ausnahmsweise einstweilige Verfügungen zu, die zu einer Befriedigung des
Leistungsinteresses des Antragstellers führen. Solche Leistungsverfügungen sind
nur unter besonderen Voraussetzungen zulässig. Ein Verfügungsgrund ist nur
gegeben, wenn die begehrte Anordnung unumgänglich ist, um die Vereitelung
des Verfügungsanspruchs zu verhindern, auf dessen Sicherung die einstweilige
Verfügung gerichtet ist. Zudem muss der Antragsteller auf die sofortige Leistung des Antragsgegners dringend angewiesen sein. An die Glaubhaftmachung
dieser Anspruchsvoraussetzungen sind strenge Anforderungen zu stellen (vgl.
Berneke, Die einstweilige Verfügung in Wettbewerbssachen, 2. Aufl., RN 26 ff.)
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Nach der Rechtsprechung des OLG Düsseldorf (vgl. WuW/E DE-R 774, 776 Kramer Prothega; WuW/E DE-R 847, 849 f. - Linzer Gaslieferant) genügt es
für den Erlass einer Leistungsverfügung nicht, dass ohne sie die Verwirklichung
des Rechts des Gläubigers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte
(§935 ZPO) oder dass wesentliche Nachteile abzuwenden sind (§940 ZPO). Um
die begehrte Leistungsverfügung erlassen zu können, müsste vielmehr eine bestehende oder drohende Notlage der Antragstellerin selbst und nicht etwa nur
des im Rahmen der von ihr unterhaltenen Online - Reiseportale betriebenen Geschäftsmodells der Flugreisevermittlung bejaht werden können. In die rechtliche
Beurteilung einzubeziehen ist dabei auch, inwieweit die Ablehnung einer Befriedigungsverfügung zu einer Rechtsverweigerung führt, wobei sich der Erlass
einer solchen Verfügung im allgemeinen nicht schon alleine aus dem Umstand
rechtfertigt, dass die geschuldete Leistung nur innerhalb eines bestimmten Zeitraums vorzunehmen ist und die Erwirkung eines Titels im ordentlichen Verfahren nicht möglich ist (OLG Düsseldorf a.a.O.). Dem Interesse des Gläubigers an
der Gewährung effektiven Rechtsschutzes steht das schutzwürdige Interesse des
Schuldners gegenüber, nicht in einem mit nur eingeschränkten Erkenntnis- und
Beweismöglichkeiten ausgestalteten summarischen Verfahren zu einer Leistung
verpflichtet zu werden. Dieses Interesse des Schuldners gewinnt umso mehr an
Gewicht, wenn sich die Erfüllung und ihre Folgen nicht oder nur schwer wieder rückgängig machen lassen. Der Erlass einer auf endgültige Befriedigung eines Leistungsbegehrens gerichteten einstweiligen Verfügung kommt deshalb nur
dann in Betracht, wenn der dem Antragsteller aus der Nichterfüllung drohende
Schaden außer Verhältnis zu demjenigen Schaden steht, der dem Antragsgegner
aus der sofortigen Erfüllung droht (OLG Düsseldorf, a.a.O.). In die Abwägung
der beiderseitigen Belange der Parteien sind darüber hinaus die Erfolgsaussichten des Verfügungsantrags einzubeziehen. Ist die Rechtslage eindeutig und lässt
sich die Berechtigung des verfolgten Anspruchs zweifelsfrei feststellen, so ist
der Schuldner weniger schutzwürdig und überwiegt im Zweifel das Interesse
des Antragstellers daran, dass sein Anspruch bereits im Wege des einstweiligen
Rechtsschutzes erfüllt wird. Die vorgenannten Beurteilungskriterien stehen dabei insgesamt in einer Wechselbeziehung zueinander.
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An diesen Grundsätzen gemessen, liegen die Voraussetzungen für die Aufrechterhaltung der Beschlussverfügung nicht vor. Der Vortrag der Antragstellerin reicht
- auch soweit er sich aus der eidesstattlichen Versicherung ihres Geschäftsführers im Termin zur mündlichen Verhandlung ergibt - nicht aus, um das Drohen
erheblicher Nachteile in dem dargestellten Sinn mit der zum Erlass der Einstweiligen Verfügung erforderlichen Wahrscheinlichkeit annehmen zu können.
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In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass die Antragstellerin neben
der Antragsgenerin nicht auch deren &8222;Schwester&8220; M in Anspruch
nimmt, obwohl es sich bei beiden - nach dem unwidersprochen gebliebenen
Vortrag der Antragsgegnerin in der Widerspruchsbegründung und mündlichen
Verhandlung - um rechtlich selbständige Fluggesellschaften handelt, die ihre
Leistungen rechtlich selbständig anbieten. Auch wenn die Antragsgegnerin im
Entscheidungsfall zugleich im Namen der M handelte und auch wenn beide Unternehmen wegen ihrer konzernrechtlichen Verbundenheit im Hinblick auf ihrer
Marktstärke als &8222;wirtschaftliche Einheit&8220; zu behandeln sein mögen,
ist nicht erkennbar, dass die Antragsgegnerin mit Erfolg zur Gestattung der
Vermittlung von M - Dienstleistungen verpflichtet werden könnte. Die - auch hierauf gerichteten Anträge der Antragstellerin sind nicht begründet, weil die
Antragsgegnerin insoweit nicht die richtige Schuldnerin ist. Für die Beantwortung der entscheidungserheblichen Frage, wie dringend die Antragstellerin zur
Abwendung drohender Nachteile auf den Erlass der beantragten Einstweiligen
Verfügung angewiesen ist, kann deshalb auch nur darauf abgestellt werden, wie
dringend die Antragstellerin auf die Zulassung zur Vermittlung von Tickets der
Antragsgegnerin angewiesen ist.
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Dass der Antragstellerin allein durch den Ausschluss von der Vermittlung von
Leistungen der Antragstellerin Nachteile drohen, die den Erlass der Leistungsverfügung rechtfertigen, ist aber weder dargelegt noch glaubhaft gemacht, weil
sich die Ausführungen der Antragstellerin und insbesondere auch die im Termin
vom 23. August abgegebene eidesstattliche Versicherung ihres Geschäftsführers
nur auf das gemeinsame Leistungsangebot der Antragsgegnerin und der M beziehen.
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Selbst wenn man diesen Gesichtspunkt unberücksichtigt ließe, erscheint zweifelhaft, ob die angesprochene eidesstattliche Versicherung ausreicht, um die Voraussetzungen des behaupteten Verfügungsgrundes glaubhaft zu machen.
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Zwar hat der Geschäftsführer der Antragstellerin versichert, dass bei dem Ausfall von &8222;beispielsweise&8220; 500 Buchungen am Tag über die K - M
Gruppe eine direkte Einbuße in Höhe von bis &8364; 50.000 je Tag drohe.
Darüber hinaus werde es indirekte Einflüsse geben, insbesondere sei damit zu
rechnen, dass Portale, die auf Märkte wie der Niederlande oder Frankreich ausgerichtet seien, nicht mehr wirtschaftlich zu betreiben seien. Auf Nachfrage des
Antragsgegnervertreters hat er erklärt, er schätze, dass der Wegfall der Vermitt7
lung von K / M - Tickets zu einem Umsatzverlust in einer Größenordnung von
&8222;über 20% führen werde, was indirekt Folgen in Form des Zurückfahrens
von Marketingaufwendungen in gleicher Größenordnung nach sich ziehen werde.
Dies werde den für die Antragstellerin nachteiligen Effekt deutlich vergrößern.
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Abgesehen davon dass schon zweifelhaft erscheint, ob diese ohne jeden prüfbaren Beleg gemachten Ausführungen zur Darlegung einer eintretenden Notlage
im Bereich der von der Antragstellerin betriebenen Flugreiseportale ausreichen,
muss sich zum Nachteil der Antragstellerin auswirken, dass sie Ausführungen
nicht erkennen lassen, ob sie sich auf die Auswirkungen auf das Gesamtunternehmen der Antragstellerin beziehen. Denn nach dem unwidersprochen gebliebenen Vortrag der Antragsgegnerin betätigt sich die Antragstellerin nicht nur
auf dem Gebiet der Reisevermittlung sondern unterhält insbesondere auch Internetportale, die sich z. B. mit der Vermittlung von Versicherungen und der
Partnervermittlung befassen.
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Nach alledem ist der Verfügungsantrag zurückzuweisen, auch wenn einiges dafür
sprechen mag, dass die Antragsgegnerin und M gemeinsam als &8222;wirtschaftlichen Einheit&8220; als marktstarkes Unternehmen im Sinne des §20 GWB
anzusehen sind und wenn zudem berücksichtigt wird, dass - die Tatbestandsmäßigkeit gem. §20 Abs. 2 oder 4 GWB unterstellt - das Vorbringen der Antragsgegnerin zur Rechtfertigung ihres Vorgehens gegen die Antragstellerin nicht
ausreichend erscheint. Bei der in diesem Zusammenhang vorzunehmenden Interessenabwägung sind nur eigene Interessen der Antragsgegnerin zu berücksichtigen. Die Wahrnehmung öffentlicher Interessen, wie des von ihr angeführten Verbraucherschutzes, sind nur insoweit beachtlich, als die - behaupteten - Verstöße
der Antragstellerin ihre, der Antragsgegnerin, eigenen Interessen beeinträchtigen (vgl. Nothdurft in: Langen / Bunte, Kartellrecht, 11. Aufl., Band I, RN
134 zu §20 GWB und Markert in: Immenga / Mestmäcker, Wettbewerbsrecht
- GWB, 4. Auflage, RN 173f. zu §20 GWB). Dies erscheint indes nicht hinreichend dargelegt.
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V.
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Die Kostenentscheidung beruht auf §§91 Abs. 1, 100 Abs. 2 ZPO unter Berücksichtigung des Rechtsgedankens des §269 Abs. 3 S. 2 ZPO.
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Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §708 Nr. ZPO.
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Streitwert: &8364;500.000,00
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