Kraftsensoren Seminararbeit

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Kraftsensoren Seminararbeit
Fachbereich 4: Informatik
Kraftsensoren
Seminar: Sensoren
Sommersemester 2009, Thema: Kraftsensoren
Seminararbeit
vorgelegt von
Andreas Stahlhofen
Betreuer:
Dr. Merten Joost
Institut für Integrierte Naturwissenschaften
Abteilung Physik
Koblenz, im August 2009
Inhaltsverzeichnis
1
Einleitung
1
2
Sensorik
2.1 Sensor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2.2 Messtechnik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2.2.1 Messsystem, Messmethode und Messprinzip
2.2.2 Messgröße . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Kraftsensoren
3.1 Physikalische Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
3.2 Direkte Kraftsensorprinzipien . . . . . . . . . . . . . . . . .
3.2.1 Piezoelektrischer Sensor . . . . . . . . . . . . . . . .
3.2.2 Piezoresistiver Sensor . . . . . . . . . . . . . . . . .
3.2.3 Magnetoelastischer Sensor . . . . . . . . . . . . . .
3.3 Indirekte Kraftsensorprinzipien . . . . . . . . . . . . . . . .
3.3.1 Schwingsaiten-Kraftsensoren . . . . . . . . . . . . .
3.3.2 DMS-Kraftsensoren . . . . . . . . . . . . . . . . . .
3.3.3 Induktive Kraftsensoren . . . . . . . . . . . . . . . .
3.4 Kraftsensoren in der Praxis . . . . . . . . . . . . . . . . . .
3.4.1 Biegebalken Kraftsensor Typ 410 von Huba Control
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Fazit
16
5
Abkürzungsverzeichnis
17
i
Abbildungsverzeichnis
3.1
3.2
3.3
3.4
3.5
3.6
3.7
3.8
3.9
3.10
3.11
3.12
3.13
Übersicht über Sensorprinzipien zur Kraftmessung (Quelle: [Czi07]
Bild 5.41) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Piezoelektrischer Effekt (a) und Prinzipskizze eines piezoelektrischen
Sensors (b) (Quelle: [Par07] Bild 10-27) . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Funktionsweise eines piezoresistiven Sensors (a) P1=P2 (b) P1<P2 (Quelle: In Anlehnung an [mPhAT06] Abb. 3.10) . . . . . . . . . . . . . . .
Vergrößerung der Weiss-Bezirke durch die Ausrichtung mehrerer Domänen über ein externes magnetisches Feld (Quelle: [wBe09] Bild 3-20)
Ideale Bauform eines magnetoelastischen Kraftsensors (Quelle: [SH04]
Bild 3-20) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Übersicht über Sensorprinzipien zur Kraftmessung (Quelle: [Czi07]
Bild 5.41) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Prinzipien und technische Ausführungsarten indirekter Kraftsensoren (Quelle: [Czi07], Bild 5.43) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Kraftmessdose mit Dehnungsmessstreifen (DMS) (Siemens) (Quelle:
[HC07], Kapitel H32 3.3.2) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
a) induktiver Kraftsensor in Ausgangslage b) induktiver Kraftsensor
unter Krafteinfluss (Quelle: [Czi07], in Anlehnung an Bild 5.43) . . .
Prinzip des Rasterkraftmikroskops zur Detektion von Kräften < mN
(Quelle: [Czi07], Bild 5.44) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Zähler auf der Basis von PVDF-Folie (Quelle: [SH04], Bild 3-19) . . .
Darstellung der Kraft im Mega-Newton Bereich (Quelle: [Czi07], Bild
5.44) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Datenblatt Biegebalken Kraftsensor Typ 410 (Quelle: [Con09]) . . . .
ii
5
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14
14
Kapitel 1
Einleitung
Sensoren sind in der heutigen Zeit nicht mehr wegzudenken. Zum Einen werden sie
benötigt, um Maschinen die Fähigkeit des Messens zu verleihen, des Weiteren ist die
Genauigkeit der menschlichen Sinnesorgane begrenzt und immer häufiger benötigt
man möglichst genaue Messwerte. Für jede zu messende Größe gibt es wiederum
eine Reihe von Sensoren. Diese verwenden unterschiedliche Vorgehensweisen, um
den entsprechenden Messwert zu ermitteln.
Die vorliegende Arbeit befasst sich sepziell mit Kraftsensoren. Diese werden in einer
Vielzahl von Gebieten verwendet, beispielsweise zum Ermitteln des Gewichts bei
handelsüblichen Waagen, bei der Überwachung der Traglast bei Kranen und Baggern oder zum Messen des Reaktionsmomentes von Wasserwirbelbremsen, welche
als Leistungsbremsen auf Motorenprüfständen eingesetzt werden.
Die Arbeit ist wie folgt gegliedert. Der erste Teil befasst sich allgemein mit dem
Thema Sensorik. Es wird die Bedeutung der Begriffe Messtechnik, Messgröße und
Messprinzip erläutert. Ebenso wird die Unterscheidung zwischen aktiver und passiver Messtechnik erläutert.
Im zweiten Teil geht es speziell um Kraftsensoren. Zu Beginn wird der Begriff Kraft
hinsichtlich des physikalischen Hintergrunds erläutert. Anschließend werden die
von Sensoren verwendeten Möglichkeiten zur Bestimmung der Kraft besprochen.
Abschließend wird das Datenblatt eines Kraftsensors gezeigt und zur Veranschaulichung der möglichen Einsatzgebiete drei Beispiele aus der Praxis aufgeführt.
Das Ziel dieser Arbeit ist es, dem Leser ein grundsätzliches Verständnis der Technologie zu geben, die er auch im Alltag wiederfinden kann. Er sollte eine grobe Vorstellung über die Möglichkeiten haben, die beispielsweise eine Waage verwendet
um das zu wiegende Gewicht zu bestimmen.
1
Kapitel 2
Sensorik
Es gibt insgesamt mehr als 100 verschiedene physikalische Größen, welche mit Hilfe eines Sensors gemessen werden können. Werden noch Sensoren für chemische
Substanzen mit einbezogen, so wächst die Zahl weiter. Derzeit unterscheidet man
etwa 2000 grundlegende Sensortypen, welche wiederum in 100 000 Varianten weltweit zum Verkauf angeboten werden. Damit man sich bei einem Angebot solcher
Größenordnung zurechtfindet, müssen vorerst einige Definitionen und Klassifizierungen festgelegt werden.1
2.1
Sensor
Der Begriff Sensor kann aus dem englischen Begriff „sense“(= Sinnesorgan) bzw.
aus dem lateinischen Verb „sentire“(= fühlen, empfinden) abgeleitet werden. Ein
Sensor hat die gleiche Aufgaben wie die menschlichen Sinnesorgane. Diese nehmen
physikalische Zustände der Umwelt auf und senden sie in Form von elektrischen
Reizen an das Gehirn. Daraufhin kann eine Folgereaktion entstehen, wie beisielsweise das Zurückziehen des Arms beim Berühren einer heißen Herdplatte.
Ein Sensor kann ebenfalls die Aufgabe haben, eine physikalische Größe aus der Umwelt zu bestimmen und das Ergebnis in Form elektrischer Signale einem übergeordneten System mitzuteilen. Abgeleitet aus einem ähnlichen Sachverhalt, wird in
[Rod06] folgende Definition festgelet.
„Ein Sensor wandelt die zu messende physikalische Größe und ihre Änderungen in
elektrische Größen und ihre Änderungen um und verarbeitet diese so, dass sie leicht
übertragen und weiterverarbeitet werden können.“2
1
2
siehe [Rod06], Seite 148
siehe [Rod06], Seite 149
2
2.2. MESSTECHNIK
2.2
3
Messtechnik
Die Messtechnik befasst sich mit der Messung physikalischer Größen und ist ein
Oberbegriff für drei Teilgebiete, welche bei der Sensorik eine wichtige Rolle spielen.
Zum Einen die Entwicklung der Messsysteme inklusive der Messmethoden, des
Weiteren die Beschreibung der zu ermittelnden Messgröße und schließlich die Beschreibung und Bewertung der Ergebnisse der Messung. Die Messtechnik unterteilt
sich weiter in die direkte und indirekte Messtechnik. Bei der direkten Messtechnik
wird der gemessene Wert unmittelbar mit einem Normal oder Maßstab verglichen.
Im Gegensatz dazu kann bei der indirekten Messtechnik der Wert der zu bestimmenden physikalischen Größe nicht direkt ermittelt werden, sondern muss durch
die Messung einer anderen Größe bestimmt werden.1
2.2.1
Messsystem, Messmethode und Messprinzip
Als Messsystem wird die Gesamtheit von Messmethode, Mensch und Umwelt betrachtet.2 Hierbei wird als Messmethode die allgemeine Vorgehensweise für die
Durchführung der Messung betrachtet. Diese Methoden müssen nicht zwingend
eine konkrete physikalische Realisierung beschreiben.3
Als Messprinzip wird die physikalische Grundlage der Messung bezeichnet. Die
genaue Definition in der Norm DIN 1319-1:1995; Nr. 2.2 lautet:
„Das Messprinzip erlaubt es, anstelle der Messgröße eine andere Größe zu messen, um aus
ihrem Wert eindeutig den der Messgröße zu ermitteln. Es beruht auf einer immer wieder
herstellbaren physikalischen Erscheinung (Phänomen, Effekt) mit bekannter
Gesetzmäßigkeit zwischen der Messgröße und der anderen Größe.“4
2.2.2
Messgröße
Die phyikalische Größe, deren Wert mit Hilfe der Messung ermittelt werden soll,
wird Messgröße genannt. Beispiele für Messgrößen sind Weg, Temperatur oder Kraft.
Der Messvorgang besteht darin, die vor der Messung unbekannte Quantität der
Messgröße zu bestimmen. Man vergleicht dazu die Quantität einer bereits festgelegten Maßeinheit mit der Messgröße. Die aus diesem Vergleich resultierende Zahl
gibt an, wie oft die Maßeinheit in der Messgröße enthalten ist. Die Zahl mit der
Maßeinheit multipliziert ergibt den Messwert.5
1
siehe [WIK09d]
siehe [WIK09c]
3
siehe [Par07], Seite 30
4
siehe [WIK09b]
5
siehe [Rod06], Seite 151
2
Kapitel 3
Kraftsensoren
Mit einem Kraftsensor kann eine Kraft gemessen werden, die auf diesen Sensor
wirkt. Er ist in der Lage sowohl Zugkräfte als auch Druckkräfte zu bestimmen.1
Kraftsensoren können mit Hilfe verschiedener Messprinzipien eine wirkende Kraft
messen. Im foglenden werden diese Wirkungsprinzipien als Kraft-Sensorprinzipien
bezeichnet. Man unterteilt sie in direkte und indirekte Kraft-Sensorprinzipien. 2
3.1
Physikalische Grundlagen
Die Kraft ist eine verktorielle physikalische Größe und wird mit dem Buchstaben F
bezeichnet. Die verwendete Einheit ist Newton (N). Jede Kraft besitzt eine Größe,
eine Richtung und einen Angriffspunkt. Bei der Einwirkung auf eine Masse wird
entweder eine Bewegunsänderung oder eine Verformung bewirkt. Zur Veranschaulichung der Kraft wird meist der aus dem zweiten Newtonschen Gesetz folgende
Zusammenhang zur Beschleunigung aufgegriffen.
F =m·a
[N] = [kg] · [m · s−2 ]
Darauf bezogen wird eine Kraft von einem Newton benötigt, um einen ruhenden
Körper der Masse 1 kg innerhalb einer Sekunde gleichmäßig auf eine Geschwindigkeit von 1 m · s−1 zu beschleunigen.3
1
siehe [WIK09a]
siehe [Czi07], Seite 96
3
siehe [Czi07], Seite 96
2
4
3.2. DIREKTE KRAFTSENSORPRINZIPIEN
5
Die heutige Physik unterteilt die Kraft in vier Grundkräfte:1
• starke Wechselwirkung - z.B. beim Zusammenhalt von Atomkernen
• schwache Wechselwirkung - z.B. bei der Radioaktivität von Stoffen
• elektromagnetische Kraft - z.B. als Reibung zwischen zwei Oberflächen von
Körpern, als elektormotorische Kraft, welche Elektronen durch einen Leiter
treibt
• Gravitationskraft - allgemein die Anziehung von Massen, z.B. die Erdanziehungskraft
3.2
Direkte Kraftsensorprinzipien
Direkte Kraftsensorprinzipien basieren auf intrinsischen(=“von innen herkommend“)
mechano-elektrischen Effekten eines Körpers. Es ändert sich das Ladungsgleichgewicht, der elektrische Widerstand oder die elektrische Induktivität innerhalb dieses
Körpers in Abhängigkeit der auf ihn einwirkenden Kraft (vgl. Abbildung 3.1).2
Abbildung 3.1: Übersicht über Sensorprinzipien zur direkten Kraftmessung (Quelle: [Czi07]
Bild 5.41)
1
2
siehe [Kos08]
siehe [Czi07], Seite 96
3.2. DIREKTE KRAFTSENSORPRINZIPIEN
3.2.1
6
Piezoelektrischer Sensor
Diese Art von Sensor nutzt den piezoelektrischen Effekt. Bei der Krafteinwirkung
auf ein kristallines Material können nachweisbare Ladungsverschiebungen gemessen werden. Stark vereinfacht kann man sich den Effekt mit Auftreten von Gitterverschiebungen im Kristall unter Krafteinwirkung erklären, welche eine Störung
der sonst gleichverteilten Ladung bewirken (vgl. Abbildung 3.2).
Abbildung 3.2: (a) Piezoelektrischer Effekt (b) Prinzipskizze eines piezoelektrischen
Sensors (Quelle: [Par07] Bild 10-27)
Die zu messende Ladung wird mittels der Gleichung
Q = kp · F
bestimmt, wobei kp die piezoelektrische Konstante, auch Piezomodul genannt, ist.
Aus dieser Gleichung geht hervor, dass Q ∼ F ist und somit anhand der gemessenen Ladungsverschiebung die resultierende Kraftänderung ermittelt werden kann.
Die Ladung ist jedoch nicht direkt messbar. Sie wird über eine Kapazität in eine
proportionale Spannung Uq überführt. Mit Hilfe des Zusammenhangs
Q = C · Uq => Uq =
Q
C
=
kp ·F
C
lässt sich nun mittels dieser Spannung direkt auf die Kraft schließen.
Piezoelektrische Sensoren eigenen sich vor allem zum Messen von dynamischen
Kräften mit einer Änderungsfrequenz von bis zu 60 kHz. Da die von der Messung
erzeugte Ladung in Abhängigkeit von der Zeit abfließt, erzielt dieses Kraftsensorprinzip schlechte Messergebnisse beim Messen von statischen konstanten Kräften.1
1
siehe [Par07], Seite 155f.
3.2. DIREKTE KRAFTSENSORPRINZIPIEN
3.2.2
7
Piezoresistiver Sensor
Der Piezoresistive Effekt bezeichnet die Änderung des spezifischen Widerstandes
eines Halbleiterkristalls unter Druck- oder Zugbelastung. Vereinfacht dargestellt
vergrößert bzw. verkleinert sich der Abstand der Atome im Kristallgitter und damit ändert sich der Bandabstand und die Form der Bänder des Halbleiters. Folglich
ändert sich die Anzahl der Elektronen im Leitungsband sowie die Beweglichkeit
der Ladungsträger aufgrund der Krafteinwirkung. Resultierend aus diesen Effekten verändert sich der Widerstand.1
Abbildung 3.3: Vereinfachte Darstellung der Funktionsweise eines piezoresistiven
Kraftsensor (Quelle: In Anlehnung an [mPhAT06] Abb. 3.10)
In Abb. 3.3 wird der wichtigste Bestandteil eines Kraftsensors, der mit dem piezoresistiven Effekt arbeitet, gezeigt, nämlich die Silikonmembran. Teil (a) zeigt die Ausgangslage der Membran bei einem Kräftegleichgewicht. Im Gegensatz dazu wirkt
in Teil (b) die Kraft F2 stärker, weshalb die Membran nach oben ausgedehnt wird.
Hierdurch ändert sich der spezifische Widerstands des Silikons, welchen man durch
Anlegen einer Spannung an die Halterungen der Membran ermitteln kann. Die Veränderung des Widerstandes verhält sich dabei proportional zur Kraftdifferenz.
Der piesoresistive Kraftsensor ist sehr empfindlich, weshalb auch kleinste Kraftänderungen bestimmt werden können. Sie eignen sich gut dazu, statische konstante
Kräfte zu messen. Jedoch ist ein Nachteil die Temperaturanfälligkeit, die nur begrenzt mit Hilfe bestimmter Widerstandsschaltungen kompensiert werden kann. 2
1
2
siehe [Hil06], Seite 139
siehe [?]
3.2. DIREKTE KRAFTSENSORPRINZIPIEN
3.2.3
8
Magnetoelastischer Sensor
Bei dem magnetoelastischen Kraft-Sensorprinzip wird der magnetoelastische Effekt
bei ferromagnetischen Körpern verwendet. Durch das Einwirken einer Kraft auf
einen solchen Körper, erfährt dieser eine Deformation, wodurch sich sein Magnetfeld ändert.
Abbildung 3.4: Schematische Darstellung der Domänen eines ferromagnetischen
Materials (Quelle: [wBe09])
Ein ferromagnetischer Körper besteht aus mikroskopisch kleinen magnetisierten
Domänen (vgl. Abbildung 3.4). Falls dieser Körper eine Kraft erfährt, ändert sich
seine Form. Damit einhergehend verändert sich die magnetische Ausrichtung der
Domänen. Diese Reaktion löst die zuvor angesprochene Änderung des Magnetfeldes bzw. der Feldstärke des ferromagnetischen Körpers aus.
Abbildung 3.5: Ideale Bauform eines magnetoelastischen Kraftsensors (Quelle: [SH04] Bild 3-20)
Abbildung 3.5 zeigt den Querschnitt eines magnetoelastischen Kraftsensors. Der aktive Körper besteht aus ferromagnetischen Material. Wie zuvor erläutert, ändert sich
unter eine Krafteinwirkung (F) die Feldstärke des aktiven Körpers. Dadurch wird
in der eingebetteten Spule mittels Induktion eine Spannung erzeugt. Der Zusammenhang zwischen der ausübenden Kraft und der induzierten Spannung weist eine
gute Linearität auf. Folglich kann somit durch Messung der Spannung der Betrag
der Krafteinwirkung ermittelt werden.1
1
siehe [SH04], Seite 141f.
3.3. INDIREKTE KRAFTSENSORPRINZIPIEN
3.3
9
Indirekte Kraftsensorprinzipien
Bei der Messung der Kraft mittels indirekten Kraft-Sensorprinzipien werden Zwischengrößen zur Kraftdetektion genutzt. Mögliche Abläufe einer solchen Messung
werden in Abblidung 3.6 gezeigt und in den folgenden Kapiteln erläutert.1
Abbildung 3.6: Übersicht über Sensorprinzipien zur indirekten Kraftmessung
(Quelle:
[Czi07] Bild 5.41)
3.3.1
Schwingsaiten-Kraftsensoren
Ein Schwingsaiten-Kraftsensor ermittelt den Betrag der wirkenden Kraft mit Hilfe
einer gespannten metallischen Saite. Der schematische Aufbau eines solchen Sensors wird in Abbildung 3.7 dargestellt.
Abbildung 3.7: Aufbau eines Schwingsaiten-Kraftsensors (Quelle: [Czi07], Bild 5.43)
Die gespannte Saite wird z.B. elektromagnetisch zur transversalen Schwingung angeregt. Die Grundfrequenz f der schwingenden Saite ist
q
f = 2l1 σ%
( l Länge bei ungespanntem Zustand, σ mechanische Spannung, % Dichte des Saitenmaterials).
1
siehe [Czi07], Seite 96
3.3. INDIREKTE KRAFTSENSORPRINZIPIEN
10
Die Formel für die mechanische Spannung σ in Abhängigkeit der Spannkraft F und
dem Durchmesser d der Saite lautet σ = F /( π4 d2 ). Eingesetzt in die Formel für die
Grundfrequenz f der Schwingnug ergibt sich folgender Zusammenhang:
f=
1
2l
q
F
π 2
d %
4
=
1
ld
q
F
π%
Die Schwingsaite ist nun mit der Kraft F0 vorgespannt und schwingt mit der Grundfrequenz f0 . Erfährt der Sensor nun eine Kraft F , so ändert sich die Frequenz und
die Saite schwingt nun mit der neuen Frequenz f . Aus
q
q
+F
F
und f0 = ld1 π%
f = ld1 F0π%
ergibt sich durch Quadrieren der Formeln und anschließendes Dividieren durcheinander
2
f
F
=
− 1.
F0
f0
Da der eingebaute Schwingfrequenzsensor die neue Frequent ermitteln kann, lässt
sich mit Hilfe der Formel die einwirkende Kraft berechnen.1
3.3.2
DMS-Kraftsensoren
Beim Messen der Kraft mit Hilfe von Dehnungsmessstreifen (DMS) wird wieder auf
das Prinzip der Änderung des spezifischen Widerstandes bei Dehnung oder Stauchung eines Körpers zurückgegriffen.
Wirkt an einem Stab mit dem Querschnitt A Die Zug- oder Druckkraft F, so entsteht
in diesem eine mechanische Spannung σ. Diese bewirkt innerhalb des Elastizitätsbereiches eine proportionale Dehnung
=
1
siehe [HC07], Seite 1285f.
σ
.
E
3.3. INDIREKTE KRAFTSENSORPRINZIPIEN
11
Abbildung 3.8: Kraftmessdose mit Dehnungsmessstreifen (DMS) (Siemens) (Quelle: [HC07],
Kapitel H32 3.3.2)
In Abbildung 3.8 sind insgesamt vier DMS auf einem Hohlzylinder mittels eines
Spezialklebers aufgeklebt. Zwei der angebrachten DMS sind in Kraftrichtung, die
anderen beiden senkrecht dazu. Der Hohlzylinder wird durch die Messkraft gestaucht, wodurch im Idealfall die DMS in Kraftrichtung eine Längsdehnung
l =
σ
E
=
F
AE
erfahren und die DMS senkrecht dazu eine kleinere Querdehnung
q = −µl
(F Messkraft, A Querschnittsfläche des Stauchzylinders, E Elastizitätsmodul, µ PoissonZahl).
Der Widerstand der DMS in Kraftrichtung verringert sich dabei, der Widerstand der
DMS senkrecht dazu vergrößert sich hingegen. Durch Anordnung der vier DMS in
einer sogenannten Brückenschaltung1 , erreicht man die maximale Empfindlichkeit
und somit ein genaueres Messergebnis.
Die Änderung des Widerstands ist annähernd proportional zur mechanischen Spannung. So lässt sich die Kraft mit Hilfe der Formel für die mechanische Spannung
ermitteln.2
3.3.3
Induktive Kraftsensoren
Induktive Kraftsensoren führen die Kraftmessung über einen Federdiagrammzusammenhang auf eine Wegmessung mit induktiven Wegsensoren zurück. Abbildung 3.9a zeigt den schematischen Aufbau eines solchen Kraftsensors in der Ausgangslage. Die Bauweise ist ähnlich der eines reinen induktiven Wegsensors. Der
Unterschied liegt darin, dass die Auslenkung des Taststiftes über die Zugstange mit
Hilfe einer Federmembran zu Stande kommt (vgl. 3.9b).
1
2
zum Weiterlesen siehe [HC07], Kapitel H56 4.2
siehe [HC07], Kapitel H32 3.3.2
3.3. INDIREKTE KRAFTSENSORPRINZIPIEN
12
Abbildung 3.9: a) induktiver Kraftsensor in Ausgangslage b) induktiver Kraftsensor
unter Krafteinfluss (Quelle: [Czi07], in Anlehnung an Bild 5.43 )
Wie man dem abgebildeten Federdiagramm in Abbildung 3.9b entnehmen kann, ist
die Kraft F proportional zur Auslenkung s. Folglich kann man durch Bestimmen
von s auf F schließen.
Die Auslenkung wird indirekt über die abgegriffene Messspannung UM beschrieben. Diese Spannung kommt zum Einen durch die speisende Spannung U0 und
zum Anderen aus der induzierten Spannung, die durch Auslenkung des magnetischen Taststiftes im Spulenkörper erzeugt wird, zu Stande. Somit kann also die
einwirkende Kraft F indirekt durch die Messspannung UM berechnet werden.
3.4. KRAFTSENSOREN IN DER PRAXIS
3.4
13
Kraftsensoren in der Praxis
In der Praxis werden Kraftsensoren in vielen Bereichen eingesetzt. Hier unterscheiden sie sich vor allem in der Dimension des Messbereichs. Im Folgenden sind drei
Beispiele aufgeführt, welche diese Unterscheidung verdeutlichen und wo sich die
Kraftmessung in Bereichen von nano-Newton bis hin zu Mega-Newton aufhält.
Abbildung 3.10: Prinzip des Rasterkraftmikroskops zur Detektion von Kräften < mN
(Quelle: [Czi07], Bild 5.44 )
Abbildung 3.11: Zähler auf der Basis von PVDF-Folie (Quelle: [SH04], Bild 3-19)
3.4. KRAFTSENSOREN IN DER PRAXIS
14
Abbildung 3.12: Darstellung der Kraft im Mega-Newton Bereich (Quelle: [Czi07], Bild 5.44 )
3.4.1
Biegebalken Kraftsensor Typ 410 von Huba Control
Abbildung 3.13: Datenblatt Biegebalken Kraftsensor Typ 410 (Quelle: [Con09])
Der in Abbildung 3.13 gezeigte Biegebalken Kraftsensor vom Typ 410 des Herstellers Huba Control arbeitet nach dem Piezoresistiven Effekt. Die Widerstände sind
auf dem Biegebalken (3) angebracht, wo die Widerstandsänderung mittels einer
Brückenschaltung ermittelt wird. Der Angriffspunkt für die Kraft wird von der angebrachten Kugel (4) zur Verfügung gestellt.
3.4. KRAFTSENSOREN IN DER PRAXIS
15
Der Sensor misst je nach Ausführung Kräfte im Bereich von 0 bis 53cN bzw. 0 bis
265cN und ist somit geeignet für kleinere Kraftmessungen. Außerdem weist er ein
gutes dynamisches Verhalten auf mit einer Ansrpechzeit von weniger als einer Millisekunde. Die Umgebungstemperatur bei Betrieb darf sich jedoch nur zwischen 0
und 70◦ C befinden, was darauf schließen lässt, dass dieser Sensortyp temperaturanfällig ist. Die Prozentwerte des Toleranz Nullpunktes, Toleranz Endwertes und der
Auflösung beziehen sich auf den Maximalwert des Messbereichs und weisen eine
gute Genauigkeit auf.
Kapitel 4
Fazit
Wie schon in den vorhergehenden Kapiteln angedeutet, spielen Kraftsensoren im
Bereich der Messtechnik eine wichtige Rolle. Sie finden in vielen Gebieten ihre Anwendnug und sind dort nicht mehr wegzudenken. Geforscht wird zur Zeit vor allem in Gebieten, die auf den ersten Blick wohl nicht mit Kraftsensoren in Verbindung gebracht werden.
Wo wurde beispielsweise ein Kraftsensor im Bereich der Medizin enwickelt, welcher dem Arzt bei der Navigation des Führungsdrahtes bei der Katheterisierungen
hilft. Hiermit sind komplett neue Anforderungen an einen Kraftsensor entstanden,
wie zum Beispiel ein hohes Maß an Sicherheit und die Biokompatibilität in Bezug
auf den menschlichen Körper.1
Das obige Beispiel soll andeuten, dass es noch Bereiche gibt, die Potential zur Entwicklung von neuen und zur Verbesserung von alten Kraftsensoren motivieren.
1
siehe [DISK09]
16
Kapitel 5
Abkürzungsverzeichnis
DMS
Dehnungsmessstreifen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ii
17
Literaturverzeichnis
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Dipl.-Ing. Thorsten Meiß Dipl.-Ing. Stephanie Klages.
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