Erweiterung des Standard Progressive Matrices Tests - DOZ
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Erweiterung des Standard Progressive Matrices Tests - DOZ
LO W V I S I O N Dipl.-Ing. (FH) Melanie Seidenstücker Dipl.-Ing. (FH) Anja Müller Prof. Dr. rer. nat. habil. Dieter Methling Diplompsychologe André Kunnig Erweiterung des Standard Progressive Matrices Tests nach Raven zur Ermittlung kognitiver Fähigkeiten bei Sehbehinderten Im Berufsförderungswerk Halle Saale gGmbH wird für die Berufseignungs- und Leistungsdiagnostik der von Raven entwickelte Test Standard Progressive Matrices (Kurzbezeichnung: SPM-Test) angewandt. Bei diesem wird eine Facette der allgemeinen Intelligenz mittels visuell wahrzunehmender Aufgaben gemessen. Es lag daher die Vermutung nahe, dass die Anwendung dieses Tests bei Sehbehinderten zu Ergebnissen führen könnte, die durch die Art und den Grad der Sehbehinderung systematisch beeinflusst sind. Diese Fragestellung war Gegenstand der Diplomarbeit von Melanie Seidenstücker im Studiengang Augenoptik an der Fachhochschule Jena. Die experimentellen Arbeiten wurden im Berufsförderungswerk Halle Saale gGmbH durchgeführt. Der SPM-Test wurde erweitert, in dem zusätzlich auch die für die Items benötigten Zeiten gemessen wurden und ein Korrekturfaktor zur Berücksichtigung der Zeiten eingeführt wurde. Ein neu eingeführter Index der visuellen Schwierigkeit ermöglichte den Vergleich verschiedener Gruppen Sehbehinderter mit unterschiedlicher Anzahl der Gruppenmitglieder. Es wurden bestimmte Items des SPM-Tests ermittelt, die für Sehbehinderte besonders problematisch waren. Schließlich wurde ein Visueller Matrizen Test (VMT) in Anlehnung an die Struktur des SPM-Test erstellt, durch dessen Anwendung diejenigen Items des SPM-Test erkannt werden können, die zu visuell bedingten Problemen bei der Lösung durch Sehbehinderte führen können. Die Kenntnis der visuell schwierigen Items und das Ergebnis des VMT machen es möglich, eine visuelle Überlagerung des SPM-Test-Ergebnisses zu erkennen und durch die Berechnung eines Korrekturfaktors zu berücksichtigen. Eine visuelle Einschränkung kann dadurch bei der Beurteilung der Intelligenz berücksichtigt werden und somit ein reelleres Bild der Leistungsfähigkeit wiedergeben. Subjektive Einschätzungen der visuellen Schwierigkeiten und Angaben zu Symptomen seitens der Probanden rundeten das Untersuchungsprogramm ab. 56 ■ 1 Der Standard Progressive Matrices-Test (SPM-Test) Der SPM-Test ist ein sprachfreier Test mit mittlerem Schwierigkeitsgrad aus der Reihe der Matrizentests von Raven (die leichtere Form ist der Raven’s Coloured Progressive Matrices [CPM]; die schwierigere Form ist der Raven’s Advanced Progressive Matrices [APM]). Der Test misst neben Spearmans g-Faktor, der die allgemeine Intelligenz repräsentiert, auch induktives und räumliches Denken. Die Aufgaben bestehen aus Matrizen mit geometrischen Figuren, die Muster enthalten. Die Matrizen enthalten jeweils eine Lücke. Die Probanden sollen – im Sinne eines multiple choice Verfahrens – aus einer Auswahl von jeweils 6 Lösungsmöglichkeiten, der Lücke eine passende geometrische Figur mit einem passenden Muster zuordnen (siehe Abb. 1). Abb. 1: Beispiel für eine Aufgabenstellung nach Art des SPM-Test (oben) und dessen Lösung (unten) DOZ 1-2007 LO W V I S I O N Für die Durchführung des Tests besteht kein Zeitlimit. Im Allgemeinen dauert die Testdurchführung ca. 45 Minuten. Der Test kann als Einzel- oder Gruppentest bei Personen zwischen 5 - 80 Jahren durchgeführt werden. Die Durchführungs-, Auswertungs- und Interpretationsobjektivität ist gewährleistet. Der SPM-Test besteht aus insgesamt 60 Items, die zu 5 Sets (A-E) mit je 12 Items (1-12) gruppiert sind. Jedes Item besteht aus einer Matrix mit 3x3 Elementen (Abb. 1; oben). 8 Elemente enthalten verschiedene geometrische Figuren, anstelle des 9. Elementes befindet sich in der Matrix rechts unten ein leeres Feld. Unterhalb der Matrix sind 6 verschiedene geometrische Figuren mit Mustern abgebildet. Eine dieser Figuren kann das leere Feld in der Matrix derart ergänzen, dass dann alle 9 Elemente der Matrix symmetrisch angeordnet sind und hinsichtlich ihrer Struktur und Logik einen einheitlichen Aufbau aufweisen (Abb. 1 unten). Betrachtet man das Beispiel in Abbildung 1, so ist in der Matrix in der ersten Spalte von oben nach unten die Reihenfolge der geometrischen Figuren Kreis, Dreieck und Viereck vorhanden. Diese Reihenfolge setzt sich in der zweiten Spalte fort, denn nach dem Dreieck folgen ein Viereck und danach wieder ein Kreis. In der dritten Spalte folgt nach dem Viereck ein Kreis. Die richtig zu ergänzende geometrische Figur für die dritte Spalte unten rechts in der Matrix muss demnach ein Dreieck mit einem kleinen schwarzen Kreis sein. Zu beachten ist dabei nämlich, dass jede geometrische Figur noch eine innere Struktur (Muster) und somit weitere Bestandteile enthält. Dies sind z.B. in den Figuren der Abbildung 1 ein kleiner schwarzer Kreis, 3 kleine schwarze Dreiecke und ein kleines Kreuz. Die richtige Lösung der Aufgabe für das 9. Element in der Matrix kann demnach nur das Dreieck mit dem kleinen schwarzen Kreis sein. Ein schwarzes Dreieck mit kleinem Kreuz kann beispielsweise nicht in Frage kommen, da es schon oben in der Mitte vorhanden ist, denn die Muster dürfen sich niemals wiederholen. Zu erkennen und zu berücksichtigen ist bei solchen Aufgaben oftmals auch die geometrische Orientierung der kleinen Details. Diese Anforderungen können für Sehbehinderte außergewöhnlich groß sein. Das Verfahren ist als Niveautest konzipiert. Das bedeutet, dass die kognitive Schwierigkeit von Item zu Item sukzessiv schwieriger wird (Abb. 2). Es liegen verschiedene Normen für dieses Verfahren vor. Die kognitive Schwierigkeit der Items, die Reliabilität (Zuverlässigkeit des Tests) und die Norm, auf welche sich die vorliegende Untersuchung bezieht, stammen aus einer Normierungsuntersuchung von 1996 mit 305 deutschen Studenten[2]. Abb. 2: Reihenfolge der SPM-Items, geordnet nach kognitiver Schwierigkeit gemäß der studentischen Stichprobe von 1996 [2] DOZ 1-2007 Als Maß für die kognitiven Schwierigkeiten der Items werden “Logits“ wie folgt berechnet: (1) (2) gibt den Anteil der Probanden innerhalb der Gruppe j an, die das Item i falsch lösten. Bei der Durchführung des SPM-Tests besteht nun die Aufgabe der Probanden darin, nacheinander für alle 60 Items eine Lösung anzugeben. Als Ergebnis wird der Mittelwert MProband der Gesamtzahl richtiger Antworten ermittelt. Die Einschätzung des Probanden erfolgt durch Vergleich des von ihm erzielten Mittelwertes MProband mit dem normgerechten Mittelwert MNorm gemäß [2]. Die Ergebnisse werden für verschiedene Vergleichsgruppen in Prozentränge, T-Werte oder IQ-Werte transformiert. Die zur Lösung der Aufgaben benötigten Zeiten werden bei der Interpretation nicht berücksichtigt. Das Gesamtergebnis des SPMTests dient der Beurteilung der allgemeinen Intelligenz. Die Interpretation des Ergebnisses ist Aufgabe der Psychologen. Im Berufsförderungswerk Halle werden der SPM-Test computergestützt mit Hilfe des Wiener Testsystems durchgeführt. ■ 2 Untersuchungen Sehbehinderter mit dem um die Zeitenerfassung erweiterten SPM-Test 2.1 Probanden Insgesamt wurden 57 sehbehinderte Probanden, die zur beruflichen Rehabilitation im Berufsförderungswerk waren, in die Untersuchungen einbezogen. Sie wurden aufgrund charakteristischer Merkmale ihrer Erkrankungen 5 Gruppen zugeordnet (Tab. 1). Ihre Augenerkrankungen sind in Tabelle 2 detailliert aufgeführt. Außerdem wurden zwei weitere Gruppen 6 und 7 in die Untersuchungen einbezogen. Gruppe 6 umfasste insgesamt 10 normalsichtige Personen mit unkorrigierter Winkelfehlsichtigkeit. Tabelle 1: Gruppierung der Probanden unter Berücksichtigung charakteristischer Merkmale ihres Sehvermögens aufgrund ihrer Augenerkrankung 57 LO W V I S I O N Tabelle 2: Augenerkrankungen der aktuell untersuchten 69 Probanden Gruppe 7, auch als Kontrollgruppe bezeichnet, bestand aus insgesamt 12 Personen (10 Personen der Gruppe 6 nachdem ihre Winkelfehlsichtigkeit korrigiert worden war, und 2 weitere Probanden, die orthophor sind). Außerdem wurden die Daten von 102 Probanden, die seit 2002 untersucht worden waren, retrospektiv ausgewertet. Diese Probanden wurden den 6 Gruppen zugeordnet (Tab. 3). Der Test begann mit einer Instruktionsphase und zwei Probe-Items. Dann begann die eigentliche Testdurchführung, wobei die kognitive Schwierigkeit der Items sukzessiv anstieg. Der Proband mußte bei jedem Item die seiner Meinung nach richtige Figur mit dem passenden Muster per Maus-Klick wählen, von der er meint, es wäre die richtige Lösung zur Einordnung in das leere Feld der jeweiligen Matrix. Die Möglichkeit einer beliebig häufigen Antwortkorrektur bestand. Für die Lösung jeder Aufgabe stand dem Probanden unbegrenzte Zeit zur Verfügung. Es wurde aber auch die für die Lösung eines Items tatsächlich benötigte Zeit registriert. War es dem Probanden nicht möglich, eine Aufgabe zu lösen, so konnte er diese auslassen. Die so übersprungenen Items erschienen am Ende des Tests noch einmal, so dass sich die Gelegenheit bot, doch noch eine Lösung zu finden. Während der Durchführung des SPM-Tests hatte der Proband die Möglichkeit, selbst den Test zu unterbrechen. Die durchschnittliche Dauer der gesamten Untersuchung betrug etwa 30 bis 40 Minuten. Die Sehbehinderten der Gruppen 1 bis 5 absolvierten jeweils zwei Sitzungen an insgesamt zwei verschiedenen Tagen. Bei der ersten Sitzung wurden die Messungen zu den oben aufgeführten Sehleistungsparametern durchgeführt. Bei der zweiten Sitzung musste zunächst ein „Symptomfragebogen“ ausgefüllt werden (Tab. 4), womit die subjektiv empfundenen Sehprobleme und -beschwerden erfasst wurden. Dann wurde der SPM-Test durchgeführt. Tabelle 3: Gruppierung der retrospektiv erfassten Probanden 2.2 Ablauf der Untersuchungen Bei allen 57 sehbehinderten Probanden wurden zunächst Messungen zu den 4 nachfolgend aufgeführten Sehleistungsparametern durchgeführt: • Refraktionsbestimmung und Ermittlung der Sehschärfe • Messung des Kontrastsehvermögens nach Müller [4] • kinetische und statische Gesichtsfeldbestimmung • Untersuchung mittels Amsler-Gitter. Bei den Probanden der Gruppen 6 und 7 wurde außerdem eine Augenglasbestimmung vorgenommen. Für die Testung mit dem SPM-Test stand ein Computerarbeitsplatz zur Verfügung. Auf einem 21“CRT-Monitor wurden die Items dargeboten. Mit der Software Magic 6.2 konnte jeder Proband die für ihn günstige Vergrößerung einstellen. 58 Tabelle 4: Symptomfragebogen (Auszüge) Abschließend musste der Proband einen „Schwierigkeitsfragebogen“ ausfüllen, wodurch die subjektiv empfundenen Schwierigkeiten der einzelnen Items erfasst wurden (Tab. 5). Die normalsichtigen Probanden wurden in drei Sitzungen an insgesamt drei verschiedenen Tagen untersucht. Bei der ersten. Sitzung wurden die Messungen zu den oben aufgeführten Sehleistungsparametern durchgeführt, jedoch wurde anstelle der Refraktionsbestimmung eine vollständige Augenglasbestimmung vorgenommen. DOZ 1-2007 LO W V I S I O N Eigenanzeige: Willi und die Wunderbrille - siehe separates PDF - DOZ 1-2007 59 LO W V I S I O N Der Mittelwert tGruppe j, Item i der Zeit, die von den Mitgliedern der Gruppe durchschnittlich für ein Item aufgewandt wurde, wird mit einem Faktor 1/1000 multipliziert. Dieses Produkt wird zu DGruppe j, Item i addiert, womit dann der „Index I des visuellen Anspruchs“ gegeben ist: Tabelle 5: Schwierigkeitsfragebogen zur Einschätzung der subjektiven visuellen Schwierigkeit der Items Für Probanden mit einer Winkelfehlsichtigkeit wurden zwei Brillen gefertigt (Brille 1: ohne Prismenkorrektion; Brille 2: mit Prismenkorrektion). Die beiden Brillen wurden den Probanden für eine 8-wöchige Testphase zur Verfügung gestellt, wobei sie gebeten wurden, zunächst während 4 Wochen eine der beiden Brillen zu tragen. Bei der zweiten Sitzung nach diesen vier Wochen mußten die Probanden zunächst den „Symptomfragebogen“ ausfüllen (Tab. 4). Dann wurde der SPM-Test mit der zuerst getragenen Brille durchgeführt und anschließend der „Schwierigkeitsfragebogen“ ausgefüllt (Tab. 5). Bei der dritten Sitzung, nach weiteren 4 Wochen wurde sofort der SPM-Test durchgeführt, jedoch dabei die andere Brille getragen. Anschließend musste wieder der „Schwierigkeitsfragebogen“ ausgefüllt werden (Tab. 5). Da dem Probanden unbekannt war, welche der beiden Brillen die Prismenkorrektur enthielt, konnte später die Wirkung beider Brillen verglichen werden. Sowohl beim „Symptomfragebogen“ als auch beim „Schwierigkeitsfragebogen“ wurden binäre Fragen gestellt, da nach Fricke [1] und Menozzi [3] die Aussagekraft der Antworten dadurch größer ist, als auf Fragen bezüglich der Intensität Die Indices für die Items der Kontrollgruppe, berechnet durch Bezug auf die Normgruppe [2], liegen im Wertebereich zwischen -0,08 und 0,31. Daraus ergibt sich, dass der visuelle Anspruch von Items als erhöht einzustufen ist, wenn der Index > 0,31 ist. Dieses Kriterium dient zur Einschätzung der Ergebnisse, die bei Untersuchungen von Sehbehinderten mit dem (um die Zeitmessung erweiterten) SPM-Test erzielt wurden. ■ 4 Ergebnisse 4.1 Ergebnisse aus der Beantwortung der Fragen des Symptomfragebogen Die Daten des Symptomfragebogens wurden unter vier Gesichtspunkten ausgewertet: • Benutzte Sehhilfen – Abbildung 3 zeigt die Verteilung der am häufigsten von den sehbehinderten Probanden benutzten Sehhilfen. Bemerkenswert ist, dass die Anteile für Mehrstärkenbrillen und für Kontaktlinsen deutlich geringer sind als für die anderen Sehhilfen. ■ 3 Bewertungskriterium „Index des visuellen Anspruchs“ Bei dem SPM-Test werden nur die Anzahl richtiger Lösungen ermittelt. Bei den hier mit den 57 aktuell untersuchten Probanden durchgeführten Tests wurde als weitere Größe auch die Zeit gemessen, die zur Lösung der einzelnen Aufgaben von den Probanden benötigt wurde. Die zusätzliche Erfassung der Zeit ermöglichte es, ein im Vergleich zu dem original SPMTest aussagekräftigeres Bewertungskriterium für die Einstufung jedes Items zu schaffen, für den der Begriff „Index I des visuellen Anspruchs“ eingeführt wurde. Dazu wird zunächst ein Mittelwert für die Zeit berechnet, die pro Item und Gruppe durchschnittlich benötigt wird und außerdem wird auch noch die Anzahl der Probanden pro Gruppe berücksichtigt. Sowohl für die Kontrollgruppe als auch für die anderen 5 bzw. 6 Gruppen werden gemäß Gleichung (2) jeweils die Verhältnisse PGruppe j, Item i gebildet und daraus eine Differenz DGruppe j, Item i berechnet: 60 Abb. 3: Anzahl der sehbehinderten Probanden (Gruppe 1-5), die die aufgelisteten Sehhilfen benutzen • Sehprobleme bei verschiedenen Tätigkeiten – Abbildung 4 zeigt die Verteilung der am häufigsten genannten Sehprobleme bei verschiedenen Tätigkeiten. • Sehbeschwerden – Aus Abbildung 5 geht hervor, dass relativ häufig Beschwerden wegen reduzierter Sehschärfe, eingeschränktem Kontrastsehvermögen, aufgrund von Lichtund Blendempfindlichkeit sowie bei geringer Beleuchtung (Dämmerung) genannt werden. DOZ 1-2007 LO W V I S I O N Eigenanzeige: Augenglasbestimmung - siehe separates PDF - DOZ 1-2007 61 LO W V I S I O N Abb. 4: Anzahl der sehbehinderten Probanden (Gruppen 1 bis 5), die Sehprobleme bei verschiedenen Tätigkeiten und unterschiedlichen Entfernungen haben 1 Sehprobleme in der Nähe 2 Sehprobleme in der Mitteldistanz 3 Sehprobleme in der Ferne Tätigkeiten in Nähe: 4 Kurzzeitiges Lesen, z. B. Kochbuch oder Programmzeitschrift 5 Zeitungslesen 6 Langes Lesen, z. B. Buch 7 Formulare ausfüllen 8 Telefonnummer im Telefonbuch lesen 9 Tastatur des PC bedienen 10 Fotos anschauen Tätigkeiten in Mitteldistanz_ 11 Handarbeiten/Hausarbeit 12 Bastelarbeiten/Handwerkstätigkeit 13 Fernsehschauen 14 Computertätigkeit Tätigkeiten in Ferne: 15 Beschriftungen im öffentlichen Bereich, z. B. Straßenschilder 16 Orientierung in unbekannter Umgebung 17 Orientierung in bekannter Umgebung 18 Orientierung in Dämmerung Abb. 5: Anzahl der sehbehinderten Probanden (Gruppen 1 bis 5), die Sehbeschwerden angeben 1 Schlechte Sehschärfe 2 zeitlich wechselnde Sehschärfe 3 plötzlich reduzierte Sehschärfe durch das Auftreten von schwarzen Trübungen 4 Schatten in den Randbereichen des Gesichtsfeldes 5 Schatten im zentralen Gesichtsfeld 6 Eingeschränktes Gesichtsfeld 7 Schleier vor einem Auge 8 Schleier vor beiden Augen 9 eingeschränktes Farbsehvermögen 10 eingeschränktes Kontrastsehvermögen 11 Lichtempfindlichkeit 12 erhöhte Blendempfindlichkeit 13 eingeschränktes Dämmerungssehen 14 Nachtblindheit 15 Fixieren von Objekten ist erschwert 16 Verzerrtsehen 17 Buchstaben / Wörter erscheinen unterbrochen 18 Doppeltsehen beim Blick mit einem Auge 19 Doppeltsehen beim Blick mit beiden Augen Eilige Inserate im D O Z -KLEINANZEIGER per Fax: +49(0)6221-905171 62 DOZ 1-2007 LO W V I S I O N - Bei der Gruppe 6 (unkorrigierte Winkelfehlsichtigkeit) sind die Mittelwerte niedriger als bei Gruppe 7 (korrigierte Winkelfehlsichtigkeit). - Die Auswertung der Daten von den Probanden der retrospektiven Studie liefern analoge Ergebnisse. Tabelle 6: Mittelwerte der Gesamtzahl richtiger Antworten der Probanden-Gruppen der aktuellen Studie „Indices des visuellen Anspruchs“ Abb. 6: Anzahl der sehbehinderten Probanden (Gruppen 1 bis 5), die Sehbeschwerden bei Belastung angeben • Sehbeschwerden bei Belastung – Abbildung 6 offenbart, dass bei Sehbehinderten unter Belastung insbesondere Kopfschmerzen und Ermüdungserscheinungen genannt werden, aber auch ein großes Konzentrationserfordernis besteht. 4.2 Ergebnisse der Untersuchungen mit dem „erweiterten“ SPM-Test Nachfolgend werden sowohl der Mittelwert der Gesamtzahl richtiger Antworten für die Gruppen, die Mittelwerte richtiger Lösungen innerhalb der Sets A bis E und die „Indices des visuellen Anspruchs“ für die Items dargestellt. Die nachfolgend aufgeführten Feststellungen sind statistisch abgesichert. Der Vergleich der Ergebnisse der Gruppen der Sehbehinderten mit der Kontrollgruppe (7) wurde mit Hilfe des Rangsummentests (auch U-Test genannt) nach Mann Whitney geprüft. Zum Vergleich der subjektiven mit den objektiven Ergebnissen wurde der Mc Nemar Test durchgeführt. - Die Indices der aktuell untersuchten SehbehindertenGruppen (1 bis 5) waren bei einer nennenswerten Anzahl von Items > 0,31 (Abb. 7 und Tab. 7). D.h. mehrere Items haben für Sehbehinderte einen höheren Schwierigkeitsgrad (höheren visuellen Anspruch) als für Personen der Kontrollgruppe. Auch für die Probanden, deren Daten retrospektiv ausgewertet wurden (1R bis 6R), ergab sich ein analoges Ergebnis. - Die Indices der Probanden der Kontrollgruppe (7) liegen zwischen -0,08 und 0,16; nur 2mal wurde ein Wert 0,24 und 1mal ein Wert 0,31 ermittelt (Tab. 7). D. h., für diese Probanden waren keine der 60 Items visuell schwierig. Mittelwerte der Gesamtzahl richtiger Antworten für die einzelnen Sets (Tab. 6) - Die Mittelwerte (Σ) der Sehbehinderten-Gruppen (1 bis 5) liegen zwischen 44,18 und 50,9 und sind somit kleiner als der Mittelwert 54,5 der Kontrollgruppe. - Innerhalb der Sets sind die Mittelwerte der Sehbehinderten-Gruppen annähernd gleich und liegen deutlich unterhalb des maximal möglichen Wertes 12. - Innerhalb der Gruppen der Sehbehinderten zeigen die einzelnen Sets einen deutlichen Trend derart, dass ihre Mittelwerte von Set A nach Set E, d. h. mit steigendem Schwierigkeitsgrad, abnehmen. Auffallend ist, dass es aber keine kontinuierliche Abnahme der Mittelwerte gibt, denn die Werte von Set D sind höher als die Werte von Set C. - Bei den Gruppen 6 und 7 sind die Mittelwerte für die Sets A bis D relativ groß und annähernd gleich. Maximal wäre ein Wert von 12 erreichbar, wenn alle Antworten ausnahmslos richtig wären. Lediglich die Mittelwerte für das Set E sind in allen Fällen geringer, was zu erwarten ist, denn diese Items sind am schwierigsten. DOZ 1-2007 Abb. 7: Anzahl der visuell schwierigen Items (IGruppe i > 0,31) Oben: Sehbehinderten-Gruppen (Gruppen 1 bis 5) der aktuellen Studie Unten: Sehbehinderten-Gruppen (Gruppen 1R bis 6R) der retrospektiven Studie 63 LO W V I S I O N - Bezüglich der Indices der Probanden der Gruppe 6 wurde ermittelt, dass bei unkorrigierter Winkelfehlsichtigkeit für 5 Items die Indices > 0,31 waren, d.h. diese Items waren visuell schwierig. Nach Korrektion der Winkelfehlsichtigkeit waren die Indices < 0,31, d.h. die visuelle Schwierigkeit der Items war dann geringer. - Generell ist festzustellen, dass der Index I des visuellen Anspruchs mit zunehmender kognitiver Schwierigkeit zunimmt (Abb. 8). Abb. 10: Kognitive Schwierigkeit und Einschätzung der subjektiven Schwierigkeit der Items; Blaue Linie: Kognitive Schwierigkeit gemäß Norm (1996) [2]; Rote Linie: Mittelwerte der Einschätzung durch die Gruppen 1 bis 5 Abb. 8: Konforme Zunahme visueller und kognitiver Schwierigkeit Blaue Linie: Kognitive Schwierigkeit gemäß Referenzuntersuchung (1996) [2]; Grüne Linie: Mittelwerte der Indices der Gruppen 1 bis 5 Muster von SPM-Items mit besonders hohem visuellen Anspruch für Sehbehinderte Um eine Veröffentlichung von Originalitems der SPM zu vermeiden, wurden drei unterschiedliche Muster entworfen, denen die SPM-Items zugeordnet werden können, für die ein Index > 0,31 entwickelt wurde (Abb. 9). Abb. 9: Beispiele für Muster, deren Charakteristika von Sehbehinderten besonders schwer erkannt werden 4.3 Ergebnisse der subjektiven Einschätzung der visuellen Schwierigkeit - Bei den Probanden der Sehbehinderten-Gruppen (1 bis 5) steigt die subjektiv eingeschätzte visuelle Schwierigkeit mit steigender kognitiver Schwierigkeit der Items an, sie unterliegt jedoch relativ großen Schwankungen (Abb. 10). 64 - Bei den Probanden der Sehbehinderten-Gruppen wurde für die Gruppen 1, 3, 4 und 5 eine Übereinstimmung zwischen der subjektiven Einschätzung der visuellen Schwierigkeit und den ermittelten Indices festgestellt, lediglich bei Gruppe 2 war dies nicht der Fall. - Die Probanden der Kontrollgruppe (7) schätzten alle 60 Items als visuell einfach ein. Dies entsprach auch dem Ergebnis, dass alle Indices < 0,31 waren. Auch bei den Probanden der Gruppe 6 fand sich eine weitgehende Übereinstimmung zwischen der subjektiven Einschätzung der visuellen Schwierigkeit und den ermittelten Indices. ■ 5 Der Visuelle Matrizen Test (VMT), eine Möglichkeit zur präziseren Bewertung von Ergebnissen des SPM-Tests bei Sehbehinderten Der Test besteht insgesamt aus 5 Items (Abb. 11), die die wesentlichen Merkmale der in Abbildung 9 dargestellten Muster aufweisen. Dieser Test trägt der Tatsache Rechnung, dass einige Items des SPM-Tests für sehbehinderte Personen besonders schwer zu erkennen sind, da diese für die entsprechenden Personen einen sehr hohen visuellen Anspruch haben. Daher würde das Ergebnis des SPMTests die kognitive Leistung nicht richtig widerspiegeln. Die Durchführung des VMT erfolgt analog der Durchführung des SPM-Tests. Der Proband sitzt am gleichen Computerarbeitsplatz, seine Aufgabe besteht darin, für die in Abbildung 11 dargestellten Items das jeweils fehlende Symbol für das leere Feld auszuwählen. Der Testleiter trägt die gewählten Lösungen in ein Schema ein und prüft, ob die Anzahl richtiger Lösungen gleich oder kleiner 5 ist. Ist die Anzahl < 5, wird ermittelt, zu welchen der drei Muster a, b oder c gemäß Abbildung 9 das oder die Items zuzuordnen sind, die falsch erkannt wurden. Für den Probanden wird aufgrund seiner Augenerkrankung unter Zuhilfenahme der Tabelle 2 diejenige Gruppe der Tabelle 1 ermittelt, die für den Probanden zutreffend ist. Aus der Tabelle 8 ist dann ersichtlich, ob das Item für einen Probanden, für den die ermittelte Kombination aus Musterklassifikation (a/b/c) gemäß Abbildung 9 und GrupDOZ 1-2007 LO W V I S I O N Tabelle 7: Indices des visuellen Anspruchs (≥ 0,31) für Items bei Untersuchungen der Seh-behinderten-Gruppen 1 bis 5 und der Kontrollgruppe (7) Tabelle 8: Klassifizierung der für Sehbehinderte sehr schwer zu erkennen Muster und Mittelwerte der von Probanden der Kontrollgruppe benötigten Zeiten zur Erkennung von Items des SPM-Tests und Korrekturfaktoren zur Anwendung des VMT M: ΣKj: z: Gesamtzahl der mittels SPM-Test richtig ermittelten Items Summe der Korrekturfaktoren, die aus Tabelle 8 für die zutreffenden Kombinationen aus Musterklassifikation (a/b/c) und Gruppennummer (1/2/3/4/5/6) abgelesen worden sind Anzahl der Items, für die die Kombinationen aus Musterklassifikation und Gruppennummer zutrifft, und für welche die Zeit tProband der Erkennung durch den Probanden der Gruppe größer war als die Zeit tKontroll, die von Probanden der Kontrollgruppe benötigt wurde Die Korrekturfaktoren Kj waren gemäß Gleichung (6) aus dem Prozentsatz richtiger Antworten pro Gruppe und Item (PGruppe j, Item i) zu dem Prozentsatz richtiger Antworten und Item der Kontrollgruppe (PKontroll, Item i) berechnet worden. Abb. 11: Items des Visuellen Matrizen Tests (VMT) pennummer (1/2/3/4/5/7) gemäß Abbildung 11 zutrifft, besonders schwer zu erkennen ist. Diese Kombinationen sind in der Tabelle 8 mit Korrekturfaktoren versehen. Sie dienen zur Ermittlung der korrigierten Gesamtzahl richtiger Antworten (Mkorrigiert ), die gemäß Gleichung (5) berechnet wird. DOZ 1-2007 Beispiel: Bei dem SPM-Test wurden 50 Items richtig erkannt (M = 50). Der Proband war der Gruppe 4 gemäß Tabelle 2 zugeordnet. Er hat 9 von 18 Items des SPM-Tests falsch gelöst, die Summe der Korrekturfaktoren beträgt = 2,36. Bei 14 von 18 Items gemäß Tabelle 8 war tProband > tKontroll., d. h. z = 14. Somit ergibt sich Mkorrigiert = 50 + (2,36 + 14 * 0,001) = 52,37. 65 LO W V I S I O N ■ 6 Schlussbemerkung Der Visuelle Matrizen Test (VMT) und die Korrekturfaktoren werden seit 9 Monaten mit Erfolg bei der Arbeit im Berufsförderungswerk Halle Saale gGmbH angewandt. [4] Müller, A.: Ein neues Verfahren mit dem Polatest E zur Bewertung des Kontrastsehvermögens bei Sehbehinderten. Heidelberg: Deutsche Optikerzeitung 58 (2003) H. 1, S. 42-45 [5] Seidenstücker, M.: Untersuchungen zur wechselseitigen Abhängigkeit von Sehleistungen und kognitiven Fähigkeiten Diplomarbeit im Studiengang Augenoptik an der FH Jena; Jena 2005 Anschrift der Autoren: Literaturangaben [1] Fricke, J.: Häufigkeit und Ausprägung asthenopischer Beschwerden bei jungen Erwachsenen. Eine prospektive Studie zur diagnostischen Bedeutung asthenopischer Beschwerden und ihrer Differentialdiagnose. Inaugural-Dissertation, Köln. Medizinisch Fakultät, Universität Köln, 1994 [2] Heller, K. A.; Kratzmeier, H. und Lengfelder, A.: Matrizen-Test-Manuel Band I. Ein Handbuch mit deutschen Normen zu den SPM von J. C. Raven, Göttingen, Beltz Test GmbH 1998/11/ [3] Menozzi, M.: Sehbeschwerden am Arbeitsplatz. Quantifizierung der Beanspruchung des Sehsystems bei Presbyopen. Habilitationsschrift, Zürich: Eidgenössische Technische Hochschule Zürich, 1998 Dipl.- Ing. (FH) Melanie Seidenstücker Schobersmühlenweg 17• 99089 Erfurt Prof. Dr. rer. nat. habil. Dieter Methling Paul Junius Str. 60 • 10369 Berlin Dipl.-Ing. (FH) Anja Müller und Diplompsychologe Andrè Kunnig Berufsförderungswerk Halle (Saale) gGmbH Bugenhagenstr. 30 • 06110 Halle (Saale) Prof. Heinz Diepes Prof. Ralf Blendowske Optik und Technik der Brille Kein optisches Instrument ist weltweit so verbreitet wie die Brille. Jedoch bestand bisher eine literarische Lücke zu diesem Thema. Das vorliegende Buch „Optik und Technik der Brille“ schließt diese Lücke auf exzellente Art und Weise. Es richtet sich an alle, die mit der Brille als optisches Instrument zu tun haben und mehr über die optischen Zusammenhänge erfahren wollen. In den Ausführungen wurde nicht nur auf die Bedürfnisse der Studierenden, sondern auch auf die Belange der Praktiker eingegangen. 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