VISIONÄRE DENKER JB STRAUBEL, DR. LIU THAI KER, HEDWIG

Transcrição

VISIONÄRE DENKER JB STRAUBEL, DR. LIU THAI KER, HEDWIG
AUSGABE 4 DIE ZUKUNFT GESTALTEN
WARUM WIR UNSERE
SPUREN IN DER GESELLSCHAFT
HINTERLASSEN WOLLEN
DR. NGOZI OKONJO-IWEALA
KÄMPFERIN FÜR
FRAUEN­R ECHTE, REFORMEN
UND GESUNDHEIT
SOMMER 2016
VISIONÄRE DENKER
JB STRAUBEL, DR. LIU THAI KER,
HEDWIG FIJEN
UND HANS ROSLING
PIONIERE VERÄNDERN DIE WELT.
DIE FRAGE IST: WELCHE?
>> Entdecken Sie unsere Denkweise auf juliusbaer.com/visionary-thinking
Julius Bär ist die führende Private-Banking-Gruppe der Schweiz und weltweit an rund 50 Standorten präsent. Von Dubai, Frankfurt, Genf,
Guernsey, Hongkong, London, Lugano, Monaco, Montevideo, Moskau, Mumbai, Nassau, Singapur bis Zürich (Hauptsitz).
AN DIE ZUKUNFT DENKEN
Welche Art von Zukunft schwebt Ihnen vor, und welche Rolle wollen Sie dabei
­spielen, sie zu gestalten? Manche von uns denken darüber nach, was ihr heutiges
Handeln für die Welt von morgen bedeutet, andere setzen sich auf einer eher unbewussten Ebene für positive Veränderungen ein. Doch was auch immer uns persönlich motiviert: Der Wunsch, dauerhafte Spuren zu hinterlassen, steckt tief in jedem von uns. Beim Denken wie beim Handeln das Morgen im Kopf zu behalten, ist
ein entscheidender Faktor für den anhaltenden Erfolg von Julius Bär und Teil unserer DNA. Alle meine Entscheidungen sind motiviert von dem Wunsch, die Nachhaltigkeit unseres Geschäfts zu sichern und dabei die Werte zu berücksichtigen,
die wir mit Ihnen als unseren Kunden sowie mit Anlegern, Mitarbeitenden, Regulierungsbehörden, Partnern und den Gemeinschaften, in denen wir tätig sind, teilen.
Diese Ausgabe von «Vision» hat den Themenschwerpunkt «Die Zukunft gestalten». Sie beschäftigt sich mit der Motivation für unseren Wunsch, Einfluss auf die
Zukunft zu nehmen. Wir stellen mehrere Vordenker vor und erklären, wie sie dauerhafte Beiträge für ihre jeweiligen Gebiete geleistet haben und noch immer leisten.
Die Themen dabei reichen vom Finanzwesen bis zu Gesundheit und von Elektromobilität bis zu Kunst, Architektur und Motorsport.
All diese Personen sind sehr unterschiedlich, doch eins haben sie gemeinsam: ein
tiefes Interesse an Nachhaltigkeit. JB Straubel, der Mann hinter dem beeindruckenden Aufschwung der Elektroautos von Tesla Motors, beschreibt seine Vision für die
Zukunft der Stromspeicherung. Der gefeierte Meisterarchitekt Dr. Liu Thai Ker
­erklärt, wie Singapur zu einer der gelungensten Megacitys der Welt wurde. Die
­renommierte Ökonomin und frühere Finanzministerin Nigerias, Dr. Ngozi Okonjo-­
Iweala, spricht über ihre Vision für die Zukunft Afrikas und betont, wie wichtig es
ist, in Gesundheit und Bildung von Mädchen zu investieren – zum Vorteil der Weltwirtschaft. Jede dieser Geschichten bietet eine fesselnde Lektüre.
Ich hoffe, diese Ausgabe von «Vision» ist eine Inspiration für Sie auf Ihrem eigenen
Weg zur Gestaltung einer besseren Zukunft.
Mit freundlichen Grüssen
Boris F.J. Collardi
Chief Executive Officer
3
VORWORT
INHALT
INTERVIEW
6
UNSERE HEIMMÄRKTE
IM FOKUS
24
DIE KRAFT
DER ZUKUNFT
JB Straubel, der Mann hinter
dem Aufschwung von
Tesla Motors, erklärt, wie die
Gigafactory des Unter­
nehmens neue Grössenvor­
teile bringen wird.
28
AUF DEM WEG ZU
EINER BESSEREN WELT
Professor Hans Rosling über
Fortschritte für die Menschheit
Ein Gespräch mit Jimmy Lee, Leiter Asien-Pazifik, und
Barend Fruithof, Leiter Schweiz und Global Custody,
über ihre Pläne für ihre Regionen.
DIE ZUKUNFT GESTALTEN
14
DIE ZUKUNFT IM BLICK:
Heute handeln, an morgen denken
Was motiviert uns zu dem Wunsch, die Zukunft zu gestalten
und etwas für zukünftige Generationen zu hinterlassen?
Führende Experten erklären diesen menschlichen Drang.
34
SINGAPUR:
Die Vision eines Meisterplaners
20
EINE LEIDENSCHAFT FÜR
REFORMEN
Mit ihrer Leidenschaft für
Entwicklung wurde sie
Ökonomin bei der Weltbank
und Finanzministerin
Nigerias. Heute setzt sich
Dr. Ngozi Okonjo-Iweala für
die Impfung von Kindern ein.
INHALT
4
Dr. Liu Thai Ker hat die letzten 50 Jahre damit verbracht,
Singapur zu einer «Maschine für das Leben» zu machen,
in der Schönheit und Funktion zusammenkommen.
SPONSORING
40
SCHNELL UND
ERFOLGREICH
Simona De Silvestro und
ihr Leben für den Rennsport
46
KÜNSTLERISCHE
MANIFESTATIONEN
Von Dada bis Ökonomie
62
CHRISTINE STREULI
In ihrem Atelier in Berlin erzählt die Schweizer Malerin von
ihrer künstlerischen Reise. Ihren nomadischen Lebensstil
hat sie hinter sich gelassen – denn ihr wurde klar, dass die
Inspiration sie finden wird, egal wo sie sich aufhält.
JULIUS BÄR STIFTUNG
68
DHARMA LIFE
Armutsbekämpfung und die Verbesserung der
Lebensumstände im ländlichen Indien durch Unternehmer­
tum sind die Ziele dieses sozialen Unternehmens.
ANLAGETRENDS
In diesem Sommer bringt die Gründungsdirektorin Hedwig
Fijen von Manifesta, Europas wichtigste Kunst-Biennale
nach Zürich. Sie spricht über ihre Ansichten zu Kunst und
Wirtschaft.
KUNST
52
ZEITGENÖSSISCHE MALEREI
Julius Bär Kunstsammlung
70
GEDULDIGE
ANLEGER
WERDEN
BELOHNT
Yves Bonzon, Chief Invest­
ment Officer und Leiter
Investment Management
bei Julius Bär über Port­
folios, mit denen Kunden
trotz unvermeid­licher
Schocks am Markt
gut schlafen können.
ÜBER UNS
74 Julius Bär auf einen Blick
76Unsere Produkte und
Dienstleistungen
78 Rechtliche Hinweise 80Impressum
5
INHALT
UNSERE
HEIMMÄRKTE
IM FOKUS
Interview: Michèle Bodmer
Jimmy Lee, Leiter Asien-Pazifik, und Barend Fruithof, Leiter Schweiz und Global Custody,
stehen den beiden Heimmärkten von Julius Bär vor und sind Mitglied der Geschäftsleitung
der Bank Julius Bär. Im Interview sprechen sie darüber, wie sie neue Wachstumschancen
in ihren jeweiligen Regionen nutzen möchten.
Sie sind beide erst kürzlich zu Julius Bär gestossen. Was
hat Sie am meisten am Unternehmen gereizt?
FRUITHOF: Wichtig für mich waren das Erbe von Julius
Bär und die starke Position als führende unabhängige Privatbank. Die Bank schaut auf eine spannende Geschichte zurück, startete sie doch als Familienunternehmen und ging
schliesslich an die Börse. In den letzten acht bis zehn Jahren
verzeichnete Julius Bär ein bemerkenswertes Wachstum.
Zum Ende des letzten Jahres wuchs das verwaltete Vermögen von 60 Milliarden auf 300 Milliarden Schweizer Franken.
Ich führe dies auf die Stärke des Managementteams zurück.
Letzteres hat massgeblich zu meinem Interesse am Unternehmen beigetragen.
Bei der Leitung der gesamten Gruppe legt unser CEO
Boris Collardi Unternehmergeist und Zukunftssinn an den
Tag. Seit Gründung der Bank sind diese Qualitäten tief in
­ihrem Wesen verwurzelt. Dazuzugehören und die Chance zu
haben, die Zukunft des Heimmarkts von Julius Bär in der
Schweiz zu gestalten – dieser Herausforderung wollte ich
mich stellen.
LEE: Julius Bär geniesst in der ganzen Finanzwelt und
insbesondere in Asien einen ausgezeichneten Ruf. Das Unternehmen ist als «reine» Privatbank bekannt, die sich durch
ihren Kundenfokus und Unternehmergeist auszeichnet. Erlauben Sie mir eine Analogie: Für eine Grossbank zu arbeiten,
ist komfortabel. Es ist, als sässen Sie in einem Doppeldeckerbus. Der Bus fährt, alles funktioniert, aber Sie können seine
Fahrtrichtung nicht ändern. Bei Julius Bär können Sie den
Bus zusammen mit Ihrem Team steuern. Und das hat mich
angesprochen. Mit diesem Bild vor Augen habe ich erkannt,
was ich alles für die Bank in Asien bewegen kann.
Meinem Vorgänger Thomas Meier ist in den letzten zehn
Jahren Aussergewöhnliches gelungen. Er hat das Asiengeschäft der Bank von Grund auf aufgebaut. Mittlerweile hat er
mir die Verantwortung für eine starke Unternehmenseinheit
übertragen, die ich nun zusammen mit meinen Kolleginnen
und Kollegen weiterentwickeln möchte.
Sie beide haben den Unternehmergeist der Bank hervor­
gehoben. Wie drückt sich dieser aus?
LEE: Diesen Unternehmergeist spüren Sie überall in der
Bank, was sehr motivierend ist. Wir verfügen über einen
offenen und schnellen Entscheidungsprozess. Wenn Sie
­
eine gute Idee haben, können Sie diese umsetzen und
die Früchte der Teamarbeit fast auf der Stelle sehen. Das
macht mich und meine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
sehr zufrieden.
FRUITHOF: Die Bank ist äusserst teamorientiert. Wenn
Sie zum Beispiel bei Julius Bär eine Kreditfazilität anbieten
möchten, rufen Sie einfach bei der Kreditabteilung an, die
ihre Experten zum Kundenmeeting schickt. In diesem gemeinsamen Vorgehen widerspiegelt sich der Unternehmergeist von Julius Bär.
INTERVIEW
8
Die Leute in der Bank sind ausserdem sehr zugänglich.
Wenn Sie Unterstützung von jemandem brauchen, erhalten
sie innerhalb weniger Minuten eine Rückmeldung. Es fühlt
sich an, als arbeite man für ein Start-up-Unternehmen mit
sehr positivem Klima.
Worin bestanden für Sie nach Ihrem Start bei Julius Bär
die grössten Herausforderungen?
FRUITHOF: Ich stiess Anfang Oktober 2015 zum Unternehmen. Die grösste Herausforderung bestand für mich darin, die zu dieser Zeit aktuellen und spürbaren Marktturbulenzen zu erklären und sicherzustellen, dass wir auch in einem
derart schwierigen Marktumfeld Performance generieren.
Unter den gegebenen Umständen war es ein hartes Stück
Arbeit, unsere Kunden zufriedenzustellen. Doch man kann in
einem solchen Umfeld auch zeigen, was uns wirklich auszeichnet. Man muss sich die Zeit nehmen, die Kunden zu
kontaktieren, kreative Finanzlösungen für sie auszuarbeiten
und ihnen diese bei einem Treffen zu unterbreiten.
Herausfordernd war auch die Aufgabe, die Motivation
meiner Angestellten in dieser harten Zeit aufrechtzuerhalten. Meiner Meinung nach hat dieser ziemlich turbulente
Start aber dazu beigetragen, uns innerhalb der Teams und
mit unseren Kunden zusammenzuschweissen. Und natürlich
ist es auch eine Herausforderung, sich in eine neue Organisation und in die Kultur des Unternehmens einzufinden – vor
allem, wenn Sie viele neue Ideen einbringen möchten. Doch
wie gesagt: Offenheit für Veränderungen ist ein Wesensmerkmal von Julius Bär.
LEE: Natürlich geht es erst einmal darum, die Leute im
neuen Unternehmen kennenzulernen und ihnen gegenüber
Glaubwürdigkeit aufzubauen. Das Humankapital ist für uns
entscheidend. Deshalb ist es wichtig, diesbezüglich eine exakte Standortbestimmung vorzunehmen. Ich konzentriere
mich darauf, die Stärken meiner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu verstehen und ihre Entwicklungsbedürfnisse und
Schwächen zu identifizieren. So gelingt es mir, Leute zu rekrutieren, die das bestehende Team ergänzen können.
In Asien ist hohes Wachstum zu erwarten. Deshalb besteht meine Hauptpriorität darin, mehr Fachkräfte für die Betreuung unserer vermögenden Kunden einzustellen. Die Kandidaten hierfür müssen erst einmal identifiziert werden. Ich
suche nicht nur im Private-Banking-Sektor, sondern auch im
Corporate und Investment Banking, um die perfekten Bewerber für die Bank zu finden. Ausserdem halte ich aktiv Kontakt
zu potenziellen Mitarbeitern, um ihr Interesse an einem möglichen künftigen Eintritt bei Julius Bär wachzuhalten. Zweifellos liegen die Chancen des Asiengeschäfts genau hier.
Herr Fruithof, worin bestehen Ihrer Meinung nach die
grössten Chancen am Schweizer Markt?
FRUITHOF: Der Schweizer Private-Banking-Markt wächst
jährlich um 2,5 bis 3 Prozent. Wir hoffen, dieses Marktwachstum übertreffen zu können. Mehr als 40 Prozent des Vermö-
gens im Schweizer Private-Banking-Sektor ist derzeit bei
k­leinen Privatbanken und externen Vermögensverwaltern
verbucht. Das ist eine grosse Chance für Julius Bär.
Dass Julius Bär als reine Privatbank agiert, untermauert
unser Leistungsversprechen. Wir fallen nicht unter die «Too
Big to Fail»-Regelungen für systemrelevante Banken. Die regulatorischen Veränderungen in diesem Bereich sind für uns
eine Chance. Denn unser fokussiertes Geschäftsmodell übt
eine grosse Anziehungskraft auf hochqualifizierte Fachleute
mit Kundenportfolios aus.
Wodurch zeichnet sich die Schweiz als Bankenmarkt be­
sonders aus?
FRUITHOF: Die Schweiz ist und bleibt eines der wichtigsten Finanzzentren der Welt. Der Schweizer Private-Banking-Sektor kontrolliert Vermögen im Wert von rund 3 Billionen Schweizer Franken. Die meisten dieser Vermögenswerte
stammen aus dem Ausland.
Wenn ich die politischen Diskussionen im Inland verfolge,
stimmen mich diese allerdings nachdenklich. Die Öffentlichkeit und die Politik scheinen die gesamtwirtschaftliche
­Bedeutung des Finanzzentrums Schweiz nicht ausreichend
zu erkennen. Der Private-Banking-Sektor bildet eine sehr
wichtige Refinanzierungsquelle und ermöglicht die Vergabe
günstiger Kredite an grosse multinationale Konzerne und an
kleine und mittlere Unternehmen (KMUs). Dank der starken
Privatbanken des Landes profitieren Immobilienkäufer von
niedrigen Zinsen. Die Schweiz war das einzige Land, in dem
es während der Finanzkrise zu keiner Kreditklemme kam.
Ist dieses Schweizer Erbe auch für die Bankkunden in
Asien wichtig?
LEE: Das Schweizer Private Banking spielt eine Vorreiterrolle. Es wird für seine Qualität, Effizienz und sehr hohe Kundenorientierung geschätzt. Die Asiatinnen und Asiaten
schwärmen dafür, wie die Schweiz agiert. Sie bewundern die
ASIEN
In Asien liegen nach wie vor viele Länder, die im weltweiten Vergleich besonders hohe Wachstumsraten
beim Finanzvermögen und bei der Zahl der High-NetWorth Individuals (HNWI) verzeichnen. Deren Vermögen wird sich den Erwartungen zufolge verdreifachen. Laut dem «Julius Baer Wealth Report Asia»
dürfte die Rangliste in absoluten Zahlen von China
und in relativen Zahlen von Indien angeführt werden.
Julius Bär ­betreut diese grosse und vielfältige Region,
die den zweiten Heimmarkt der Bank darstellt, von
verschiedenen Standorten aus – darunter auch von
den zwei Buchungszentren in Singapur und Hongkong. Die Region Asien-Pazifik wird seit dem 1. Januar 2016 von Jimmy Lee Kong Eng geleitet. Er trat die
Nachfolge von Dr. Thomas R. Meier an, der in die
Schweiz ­zurückgekehrt ist und nun für die Gruppe als
Leiter Corporate Sustainability fungiert.
Zur Erzielung organischen Wachstums wurde der
Fokus in der Region auf die fünf Schlüsselmärkte Festlandchina, Hongkong, Indonesien, Singapur und In­
dien gelegt. Spezielle Initiativen sind bereits angelaufen, um die Durchdringung all dieser attraktiven
Märkte zu erreichen. Sie zielen darauf ab, die Kundenberaterbasis zu erweitern, die Anlagekapazitäten in
Asien zu nutzen und die Zusammenarbeit mit den
Partnern in der Region zu intensivieren. Auch andere
asiatische Märkte wie Malaysia, die Philippinen und
Thailand weisen Wachstumspoten­zial auf.
Ende September 2015 wurde die Integration von
IWM in Indien erfolgreich abgeschlossen. Die Betreuung des indischen Markts erfolgt von fünf Standorten aus. Damit zählt Julius Bär in Indien zu den
grössten und am besten etablierten ausländischen
Vermögensverwaltern.
Jimmy Lee
9
INTERVIEW
«Diesen Unternehmergeist spüren
Sie überall in der Bank, was sehr
motivierend ist. Wir verfügen
über einen ­offenen und schnellen
Entscheidungsprozess. Wenn
Sie eine gute Idee haben, können
Sie diese umsetzen und die
Früchte der Teamarbeit fast auf
der Stelle sehen.»
Jimmy Lee, Leiter Asien-Pazifik
Schweizer Perfektion und möchten davon lernen. Schweizer
Unternehmen rangieren in ihrem jeweiligen Gebiet regelmässig unter den Top-Playern. Wenn asiatische Kunden eine
Privatbank auswählen, ist das Schweizer Erbe für sie ein entscheidendes Argument.
Wie würden Sie Ihre Kunden mit Blick auf ihre Risikonei­
gung und Anlagestrategie beschreiben? Unterscheiden
sie sich von Region zu Region?
LEE: Ich würde sagen, dass diese Punkte eher von der Lebensphase des jeweiligen Kunden abhängen. Er kann sich in
der Phase des Vermögensaufbaus befinden, sein geschaf­
fenes Vermögen verwalten oder sich bereits mit dessen
Übertragung auf die nächste(n) Generation(en) beschäf­
tigen. Von der Schweiz können wir in Sachen generatio­
nenübergreifende Vermögenstransfers viel lernen. Hierin hat
das Land einfach mehr Erfahrung. Vermögen zu erben, ist in
Asien ein relativ neues Phänomen. Grosse Vermögen gehen
nun erst auf die zweite Generation über. Vor diesem Hintergrund kommt diesem Serviceangebot in China, Indien, Indonesien oder Hongkong zentrale Bedeutung zu. Für viele asiatische Kunden, die in erster Generation Vermögen gebildet
haben, ist die Planung der Vermögensübertragung auf die
nächste(n) Generation(en) eminent wichtig. Sie wollen vom
Westen lernen, dessen Erfahrung in dieser Frage über mehrere Generationen reicht. Unsere Kunden möchten ausserdem mehr über die Gründung von gemeinnützigen Stiftungen und Family Offices sowie das so genannte Impact
Investing erfahren.
FRUITHOF: Im Vergleich dazu konzentrieren sich die
Kunden in der Schweiz wahrscheinlich mehr auf die Verwaltung ihres Vermögens. Vermutlich investieren sie deshalb
vorsichtiger. Die Kreditdurchdringungsraten sind in der
Schweiz und in Asien mehr oder weniger gleich. Die Risikoneigung dürfte somit ähnlich sein, wobei die Anlagestile natürlich voneinander abweichen können.
INTERVIEW
10
Die Vermögens- und die Steuerplanung stellen indes für
uns in der Schweiz und in allen Regionen wichtige Instrumente dar.
Laut Jimmy Lee kann Asien beim Vermögenstransfer auf
kommende Generationen viel von der Schweiz lernen.
Was kann die Schweiz von Asien lernen?
FRUITHOF: Viel. Meiner Meinung nach sind die Asiatinnen und Asiaten viel offener für neue Ideen. Wahrscheinlich
ist auch das unternehmerische Denken in den Schwellenländern Asiens stärker ausgeprägt als in der Schweiz. Bei der
Entwicklung von Anlageideen muss man in Asien wahrscheinlich etwas kreativer sein. In dieser Hinsicht können wir
also definitiv von unseren asiatischen Kollegen profitieren.
Viele Schweizer Kunden investieren in asiatische Unternehmen. Es ist wichtig, dass jemand mit am Tisch sitzt, der
den asiatischen Markt versteht. Dass ich Jimmy Lee kontaktieren und mit ihm die Entwicklung in der asiatischen Politik
und an den Märkten in der Region diskutieren kann, versetzt
mich in die Lage, diese wichtigen Informationen mit meinen
Kunden zu teilen.
Mit welchen Herausforderungen ist der Finanzsektor ge­
nerell konfrontiert? Wie begegnen Sie diesen Herausfor­
derungen?
LEE: Die Vorschriften zum Schutz der Kunden und des
gesamten Bankensystems haben auch Herausforderungen
mit sich gebracht. Als Reaktion auf die Finanzkrise von 2008
waren sie nötig. Der Sektor muss sie akzeptieren und Strategien entwickeln, um mit dem neuen regulatorischen Umfeld
zurechtzukommen.
Der Margendruck, das aktuelle, von volatilen Aktienmärkten geprägte Marktumfeld und die Niedrig- bzw. Negativzinsen stellen weitere Herausforderungen für die gesamte
Finanzindustrie dar. Und die Herausforderung mit Blick auf
die Renditesituation unserer Kunden ist gross.
Gleichzeitig bieten sich aber auch zahlreiche Chancen.
Denken Sie nur an die zahlreichen Krisen, die Julius Bär seit
dem Börsengang im Jahr 1980 erfolgreich überstanden hat.
In dieser ganzen Zeit ist unsere Kundenbasis kontinuierlich
gewachsen. Das zeigt: Wir verfügen über die richtigen Fähigkeiten und Kompetenzen und stellen die Kunden in den Mittelpunkt all unserer Bemühungen.
Wir sind sehr geschickt darin, die Bedürfnisse unserer
Kunden mit massgeschneiderten Lösungen zu erfüllen und
Krisen in Chancen zu verwandeln.
Wie helfen wir unseren Kunden, sich inmitten all dieser
regulatorischen Veränderungen zurechtzufinden?
FRUITHOF: Es ist Aufgabe der Banken, mit diesen Veränderungen zurechtzukommen. Auf die Kunden sollten sie meiner Meinung nach keine Auswirkungen haben. Und wenn
doch, besteht unser Job darin, die Sache für unsere Kunden
so einfach wie möglich zu machen. Die Umsetzung der «Know
Your Client (KYC)»-Regeln bietet uns beispielsweise die Ge-
legenheit, unsere Kunden zu treffen, sie und ihre Bedürfnisse
näher kennenzulernen und ihnen Lösungen anzubieten.
Problematischer für die Bankenbranche ist der Umstand,
dass seit der Finanzkrise scheinbar alle negativ über den Sektor denken. Es ist Aufgabe der Banken, die Öffentlichkeit
und die für die Erarbeitung der Vorschriften in der Schweiz
verantwortlichen Politiker zu informieren und aufzuklären.
Die Banken sollten ihren Dialog mit der Politik intensivieren,
um sie auf die eigentlichen Probleme aufmerksam zu machen und sicherzustellen, dass die beschlossenen Vorschriften die Kunden auch tatsächlich schützen. Die Umsetzung
neuer Regularien ist teuer. Die entstehenden Kosten werden
an die Kunden und damit indirekt an die Gesamtwirtschaft
weitergegeben.
Die Regulierungsbehörden verstehen in der Regel sehr
viel von der Branche, müssen aber die Entscheidungen der
Politiker umsetzen. Verständlicherweise hat die Schweizer
Politik nach der UBS-Rettung im Jahr 2008 von der Regierung unmissverständlich gefordert, einen vergleichbaren Fall
unter allen Umständen zu verhindern. Aber auch heute noch
haben viele Politiker den Eindruck, das gesamte Bankensystem sei ausser Kontrolle. Die Banken haben es versäumt, die
realisierten Veränderungen ausreichend zu kommunizieren.
Unser CEO leistet grossartige Arbeit, indem er im Austausch mit verschiedenen Verbänden in unserem Land offen
anspricht, welche Voraussetzungen für die Bewahrung des
Finanzplatzes Schweiz erfüllt sein müssen. Das Bankwesen
ist für die Schweizer Wirtschaft überlebenswichtig. Und das
11
INTERVIEW
Engagement unseres CEO kommt letztlich auch unseren
Kunden zugute. Unser Verwaltungsratspräsident ist in dieser
Hinsicht ebenfalls sehr aktiv und trifft sich regelmässig mit
Schweizer Meinungsführern.
Ist die Situation in Asien vergleichbar?
LEE: In Hongkong und Singapur beziehen die Regulierungsbehörden Praktiker bei der Planung neuer Vorschriften
ein. Sie diskutieren ihre Pläne offen mit den Betroffenen und
laden sie zu Gesprächsrunden ein, um sich ihre Meinungen
anzuhören. So gelingt es ihnen, mögliche Auswirkungen der
geplanten Vorschriften besser zu verstehen.
Sie sind sich auch der Notwendigkeit bewusst, die Reputation, Integrität und Zukunftsfähigkeit des Landes als
Vermögensverwaltungszentrum zu schützen. Die Regeln, die
sie erlassen, tragen diesem Umstand Rechnung. Ausserdem
besuchen die asiatischen Regulatoren immer wieder Aufsichtsbehörden in anderen Teilen der Welt, wie etwa die
Eidgenössische Finanzmarktaufsicht FINMA, um sich über
ihre Erfahrungen zu informieren.
In Asien schreiben die Regulierungsbehörden eine Art
Zertifizierung für alle Berater vor. Bevor Sie eine Lizenz zur
Beratung von Kunden erhalten, müssen Sie durch diese Zertifizierung nachweisen, dass Sie die Produkte und Dienst­
leistungen sowie die Regeln, Vorschriften und Gesetze der
Branche kennen. Jeder von uns muss eine solche Zertifizierungsprüfung ablegen, um Kunden betreuen zu dürfen. Das
ist eine sehr gute Praxis, gewährleistet sie doch die Einhaltung von Mindeststandards.
SCHWEIZ
Unser Heimmarkt Schweiz wird ebenso wie das
Global-Custody-Geschäft der Gruppe seit dem
­
1. Oktober 2015 von Barend Fruithof geleitet. Er ist
der Nachfolger von Giovanni M. S. Flury, der per 1. Januar 2016 zum Mitglied der Geschäftsleitung der
Gruppe bestellt wurde. Um die Wachstumsdynamik
weiter zu erhöhen, werden in diesem Jahr speziell zugeschnittene Angebote für jedes unserer drei Kundensegmente – also UHNWI, HNWI und Custody
Clients – lanciert. Das Beratungs- und Dienstleistungsangebot «Julius Bär – Your Wealth», das im
Herbst 2015 eingeführt worden ist, wird eine zentrale
Rolle bei der Zielerreichung spielen. Der Hauptfokus
in der Region liegt aber auch künftig auf den grössten
Wirtschaftszentren, die von den Niederlassungen in
Zürich, Basel, Genf, Lausanne und im Tessin aus betreut werden.
Wenngleich die Schweiz als reifer, von starkem Wettbewerb geprägter Markt gilt, bietet das Land Wachstumspotenzial. Dank unseres umfassenden Niederlassungsnetzes in allen Landesteilen, unserer starken
Marke, unseres spezialisierten Angebots und unseres
wachsenden Bestands an qualifizierten Kundenberatern haben sich die Nettoneugeldzuflüsse 2015 erfreulich stabil entwickelt. Gleichzeitig ist es uns gelungen,
die Rentabilität trotz der marktbedingten Ertragsschwankungen grösstenteils aufrechtzuerhalten.
Barend Fruithof
INTERVIEW
12
«Eine Priorität besteht in der Umsetzung unseres neuen
Beratungsmodells. Es bringt sowohl unseren Kunden
als auch der Bank auf dem Schweizer Markt Mehrwert
ein. Wir haben es also mit einer Win-win-Situation zu
tun. Mit diesem Modell bauen wir auf unserer langjäh­
rigen Tradition in der Erbringung exzellenter Dienstleis­
tungen auf. Ausserdem verfolgen wir damit einen ganz­
heitlichen Vermögensverwaltungsansatz.»
Barend Fruithof, Leiter Schweiz und Global Custody
Mit welchen Trends rechnen Sie in den nächsten Jahren in
der Finanzindustrie?
FRUITHOF: Manche Kunden sind an Finanztechnologie
interessiert. Mitunter herrscht sogar die Auffassung, der gesamte Finanzsektor werde sich in Richtung Fintech bewegen.
Ich bin nicht dieser Meinung. Wahrscheinlich werden die beiden Kanäle nebeneinander koexistieren. Fintech ist eine
grosse Chance für die Banken, wenn ihnen die Anpassung an
die Entwicklung gelingt.
LEE: Fintech hat sicher ihre Berechtigung. Die Kunden
suchen aber Finanzinstitute, die eine lange Tradition im
­Private Banking haben. Warum? Weil sie wissen, dass die Privatbanken niemals Abstriche bei der Integrität machen. Deshalb dürften die Privatbanken zu den grössten Gewinnern
der Branche zählen.
Die jüngeren Generationen wollen Komfort und Mobilität. Sie möchten im Kontakt mit ihrer Bank ihre bevorzugten
Kommunikationsmittel wählen können. Aber letzten Endes
kommt es auf den Bankexperten an, wenn Sie zum Beispiel
mit der Vermögensplanung beginnen oder beabsichtigen,
einen Trust zu bilden. Robo-Advisors und andere technologische Lösungen werden den Menschen in diesen Bereichen
niemals ersetzen können.
Herr Fruithof, welche langfristigen Prioritäten verfolgen
Sie auf dem Schweizer Markt?
FRUITHOF: Eine Priorität besteht in der Umsetzung unseres neuen Beratungsmodells. Es bringt sowohl unseren
Kunden als auch der Bank auf dem Schweizer Markt Mehrwert ein. Wir haben es also mit einer Win-win-Situation zu
tun. Mit diesem Modell bauen wir auf unserer langjährigen
Tradition in der Erbringung exzellenter Dienstleistungen auf.
Ausserdem verfolgen wir damit einen ganzheitlichen Vermögensverwaltungsansatz. Dieser stellt sicher, dass wir unseren
Kunden einen umfassenden, individuellen Service bieten.
Eine andere Priorität sehe ich darin, unser Geschäft mit den
äusserst vermögenden Privatkunden (Ultra-High-Net-Worth
Individuals, UHNWI) anzukurbeln. Unsere Chancen in diesem Segment sind sehr gut.
Ich würde mir zudem wünschen, dass Julius Bär das Marketing in der Schweiz intensiviert. Denn dadurch würden sich
die Leute bewusst werden, dass die Schweiz unser stärkster
Markt ist. Langfristig möchten wir natürlich das derzeitige
Wachstum des Schweizer Markts überflügeln.
Herr Lee, wie sehen Ihre langfristigen Prioritäten für
­Asien aus?
LEE: Mir geht es darum, die Bedürfnisse unserer Kunden
zu erfüllen. Hierzu ist es zunächst wichtig, die richtigen Fachkräfte zur langfristigen Betreuung unserer Kunden zur Verfügung zu haben.
Der asiatische Finanzmarkt weist eine Besonderheit auf:
Nach wie vor gibt es zahlreiche unbekannte Vermögende.
Zwischen einem Drittel und der Hälfte der sehr vermögenden Privatkunden (High-Net-Worth Individuals, HNWI) der
Region haben wir nicht auf unserem Radar.
Ein typisches Beispiel hierfür ist Hongkong, wo die Immobilienpreise in den letzten 30 Jahren explodiert sind. Einige
Leute haben dort mit dem Verkauf von Liegenschaften ein
Vermögen gemacht, weil Kapitalgewinne aus diesen Geschäften nicht besteuert werden. Diese Vermögen liegen
noch immer bei Retailbanken vor Ort.
Einen Zugang zur gesamten Private-Banking-Produktund Dienstleistungspalette erhalten die HNWI dort aber
nicht. Die Privatbanken müssen diese Multimillionäre erreichen. Sie brauchen unseren Service.
Lassen Sie uns einmal zehn Jahre in die Zukunft schauen.
Welche Region wird dann über höhere verwaltete Ver­
mögen verfügen – die Schweiz oder Asien?
Barend Fruithof: Ich würde sagen: Asien. Aufgrund der
Wachstumszahlen in Asien kann die Schweiz auf Dauer gar
nicht der stärkste Markt von Julius Bär bleiben, selbst wenn
wir hier ausgezeichnete Arbeit leisten. In Asien beträgt das
Marktwachstum 6 bis 8 Prozent, in der Schweiz 3 Prozent.
13
INTERVIEW
DIE ZUKUNFT IM BLICK:
HEUTE HANDELN,
AN MORGEN DENKEN
Menschen wollen ihre Spuren in der Gesellschaft hinterlassen – sie wollen für künftige Generationen etwas schaffen, das die Zukunft prägt. Was ist unsere Motivation dafür, wenn es
doch keine direkten Anreize dafür zu geben scheint? Der Überlebensinstinkt. Heute an morgen zu denken, ist entscheidend für das dauerhafte Fortbestehen von Unternehmen, der
Umwelt und der Zivilisation.
Autorin: Janet Anderson
FUTU
VALUE
RE
Dass der schwedische Chemiker, Ingenieur und Industrielle
Alfred Nobel in seinem Testament bestimmte, ein Grossteil
seines erheblichen Vermögens solle für die Finanzierung einer Reihe von internationalen Preisen verwendet werden, war
für seine Familie überraschend. Die Auszeichnungen sollten
jeweils an diejenigen Personen gehen, die «der Menschheit
im vergangenen Jahr den grössten Nutzen gebracht haben»,
wie es Nobel selbst formulierte. Mit dieser Entscheidung aus
dem Jahr 1895 schuf er ein dauerhaftes Vermächtnis, das
profunde Auswirkungen auf künftige Generationen haben
sollte. Die Nobelpreise für hervorragende Leistungen auf
den Gebieten Kunst, Wissenschaft und Politik gehören heute zu den am höchsten angesehenen Auszeichnungen überhaupt und sind eine Inspiration für Millionen Menschen.
Was hat Nobel dazu motiviert? Einige Jahre zuvor war in
Frankreich sein Bruder Ludvig gestorben. Eine französische
Zeitung verwechselte die beiden und schrieb stattdessen
einen Nachruf auf Alfred Nobel, den dieser zufälligerweise
DIE ZUKUNFT GESTALTEN
16
las. «Le marchand de la mort est mort» («Der Händler des
Todes ist tot»), lautete die Überschrift, und beschrieben wurde Nobel als ein Mann, der reich geworden sei, indem er
«Möglichkeiten gefunden habe, mehr Menschen schneller
als je zuvor zu töten». Dass Nobel einen Grossteil seines Vermögens mit der Erfindung von Dynamit und anderen Sprengstoffen verdient hatte, stimmte. Doch er war auch bekannt
als Pazifist und hoffte, dass seine Erfindungen zum Ende von
Krieg führen würden. Manche spekulieren, es sei der Schock
über diese negative Darstellung gewesen, der Nobel dazu
brachte, die Preise zu stiften. Ob es wirklich so war, ist unbekannt, denn Nobel selbst hat nie über seine Beweggründe
gesprochen. Doch seine Entscheidung verweist auf eine bedeutende und auch etwas beunruhigende Frage: Wie kann
unser Tun von heute die Zukunft prägen?
Der Wunsch, bleibende Spuren in der Gesellschaft zu
hinterlassen, ist so alt wie menschliches Streben selbst. Wir
wollen über die Gegenwart hinaus präsent sein und dauer-
hafte Auswirkungen auf die Zukunft haben, auch dann noch,
wenn wir tot sind. Jedoch muss das Bedürfnis, die Zukunft zu
gestalten, nicht unbedingt derart weitgehend sein. Solange
wir leben, sind wir getrieben von dem Wunsch, etwas an andere weiterzugeben – wir wollen in unserer beruflichen Laufbahn etwas Dauerhaftes schaffen, das von der nächsten Generation aufgegriffen werden kann.
Kimberly Wade-Benzoni beschäftigt sich seit vielen Jahren mit der Frage, wie sich eine Generation gegenüber einer
anderen verhält. Als Associate Professor für Management
und Dozentin am Center of Leadership and Ethics der Fuqua
School of Business an der Duke University in den USA hat
Wade-Benzoni unter anderem die psychologische Dynamik
von dem untersucht, was sie als «intergenerationale Entscheidungen» bezeichnet. Auf Grundlage ihrer Erkenntnisse
über diese Verhaltensweisen entwickelt sie Empfehlungen,
wie Unternehmen und Organisationen langfristiges Denken
und Nachhaltigkeit fördern können.
«Einige der wichtigsten Themen für die heutige Gesellschaft, etwa ökologische Nachhaltigkeit oder globale Erwärmung, bringen intergenerationale Dilemmata mit sich, die
eine Abwägung zwischen unseren eigenen Interessen und
denen von Menschen in der Zukunft erfordern», erklärt
Wade-Benzoni. «Die Interessen heutiger und zukünftiger
­
Generationen stimmen nicht immer überein. Die gegen­
wärtige Generation kann späteren durch ihren Umgang mit
Ressourcen teure Lasten aufbürden.»
HANDELN MIT PFLICHTGEFÜHL UND
VERANTWORTUNGSBEWUSSTSEIN
Nachhaltigkeit und langfristiges Denken sind auch für das
Überleben von Unternehmen essenziell. Ein Blick auf Unternehmen, die trotz des intensiven globalen Wettbewerbsdrucks über lange Zeiträume bestehen bleiben und florieren,
zeigt: Hochrangige Führungskräfte und Unternehmens­
lenker müssen weit in die Zukunft planen – für Generationen
im Voraus.
Glenn Llopis ist ein Management-Vordenker und Berater,
der Fortune-500-Unternehmen dabei hilft, ihre Führung und
ihr Geschäft weiterzuentwickeln. Seine Eltern sind nach der
Castro-Revolution von Kuba in die USA gezogen, um dort
ein neues Leben zu beginnen. Die Erfahrung, in einem Kontext der Einwanderung aufzuwachsen, hat Llopis’ Denken
über Wirtschaft und Nachhaltigkeit stark geprägt: «Wenn
­Ihnen die Regierung alles nimmt und Sie ganz von vorne anfangen müssen, denken Sie darüber nach, was Ihnen am
wichtigsten ist. Wirtschaft ist eine Reise der beständigen
Neuerfindung, und die fällt leichter, wenn man eine starke
Grundlage in Form von gemeinsamen Werten und Überzeugungen hat», sagt er.
Nach Llopis’ Erfahrung muss das Denken an die Zukunft
von Beginn an Teil aller Bemühungen sein – und das Wichtigste dabei ist tief empfundenes Pflichtgefühl und Verantwortungsbewusstsein. «Die Leute glauben, dass ihr Ver-
«Ich sehe mich als Bewahrer der Ressourcen und der Werte des Unternehmens, der es darauf vorbereitet, an
die nächste Person übergeben zu werden, wann auch immer das sein wird.»
Boris F.J. Collardi, CEO Julius Bär
mächtnis am Ende entsteht. Dabei ist es von Anfang an die
Grundlage für Erfolg», erklärt er. «Es geht um Kultur und gemeinsame Überzeugungen. Es geht um die Auswirkungen,
die wir auf die nächste Generation haben. Das macht diese
Reise länger als das Leben eines Einzelnen.»
Boris F.J. Collardi, CEO von Julius Bär, teilt diese Geistes­
haltung: «Ich sehe mich als Bewahrer der Ressourcen und der
Werte des Unternehmens, der es darauf vorbereitet, an die
nächste Person übergeben zu werden, wann auch immer das
sein wird. Mein Ziel lässt sich ganz einfach beschreiben: An
dem Tag, an dem ich das Unternehmen an meinen Nachfolger übergebe, sollte er oder sie sagen können, dass es eine
viel bessere Organisation ist als zu der Zeit, als ich es übernommen habe.»
Entscheidend ist, dass Tätigkeiten, die dazu beitragen, die
Zukunft zu gestalten, unverwechselbar sein müssen. Ebenso
wichtig: Wir mögen bezüglich künftiger Generationen zwar
die besten Absichten haben, doch die tatsächlichen Auswirkungen unseres Tuns werden vielleicht erst in vielen Jahren
erkennbar. Diesen Umstand müssen Führungskräfte berücksichtigen. Collardi als CEO von Julius Bär erklärt dazu: «Der
wichtigste Faktor bei jeder Entscheidung ist, das richtige
Timing für ihre Umsetzung zu finden. Entscheidungen von
heute erfolgen oft zum langfristigen Vorteil des Unternehmens, und selbst wenn man richtig entscheidet, mag das vielleicht erst in fünf Jahren klar erkennbar sein.» Als Beispiel
nennt er die Entscheidung der Familie Bär aus dem Jahr
2005, die Kontrollmehrheit an Julius Bär abzugeben und aus
dem Familienunternehmen eine an der Zürcher Börse kotierte Gesellschaft zu machen. «Das war ein mutiger Schritt der
Familie», sagt Collardi. «Es war die richtige Entscheidung zur
richtigen Zeit. Trotzdem wurde sie damals von vielen Leuten
in Frage gestellt, denn es gab keine Garantie dafür, dass
­Julius Bär derart erfolgreich sein würde.»
ÜBER DIE GEGENWART HINAUSBLICKEN
«Die Zukunft ist inhärent unsicher. Wir können nicht wissen,
was passieren wird», sagt Wade-Benzoni. Jedoch, so unterstreicht sie, sollten Führungskräfte dies keineswegs als Ausrede dafür benutzen, nicht für die Zukunft zu planen. Ein Beispiel dafür sei Ökologie: «Man könnte versucht sein, davon
17
DIE ZUKUNFT GESTALTEN
auszugehen, dass eines Tages irgendein technischer Fortschritt unsere Umweltprobleme lösen wird, und deshalb
nichts an unserem heutigen Handeln zu ändern.» Schliesslich sind unsere Gehirne von Natur aus darauf ausgelegt,
sich nur auf die Gegenwart zu konzentrieren und egozentrisch zu handeln, wie Wade-Benzoni erklärt. Aber warum versuchen Menschen dann trotzdem, eine bessere Welt für
kommende Generationen zu schaffen?
In gewissem Mass werden wir von gesellschaftlichen
Strukturen dazu gebracht, langfristig zu denken, über unsere
Interessen und unser eigenes Leben hinaus. Beispielsweise
enthalten die Steuersysteme vieler Länder Anreize, sich über
Nachlässe und wohltätige Spenden für andere Menschen
und künftige Generationen einzusetzen. Aber gibt es noch
weitere Wege, um Menschen zu ermutigen, über die intergenerationalen Auswirkungen ihres Tuns nachzudenken, ob auf
die künftigen Generationen einer Gesellschaft oder auf die
nächste Generation an der Spitze eines Unternehmens?
«Eine Möglichkeit ist, Menschen zum Nachdenken zu bringen, was sie selbst von früheren Generationen geerbt haben.
Das motiviert sie, grosszügig gegenüber künftigen Generationen zu sein», erklärt Wade-Benzoni. Dieses Konzept der
«intergenerationalen Reziprozität» hat in unterschiedlichen
Zusammenhängen und Bevölkerungsgruppen Gültigkeit.
«Die Motivation dafür, positive Spuren in
der Welt zu hinterlassen, basiert auf
dem Bedürfnis nach Sinnhaftigkeit des
eigenen Lebens – dem Wunsch, das
Selbst in die Zukunft zu erweitern.»
Kimberly Wade-Benzoni, Associate Professor für Management und
Dozentin am Center of Leadership and Ethics der Fuqua School of
Business an der Duke University
Mit einer Reihe von Experimenten haben Wade-Benzoni
und ihre Kollegen versucht, die Psychologie dahinter zu begreifen und die wichtigsten Motivationen und Hürden für
Handeln im Interesse künftiger Generationen zu identifizieren. Zu den Besonderheiten des Verhältnisses zwischen unterschiedlichen Generationen, die sie mit ihren Experimenten nachbilden, zählt erstens das Machtungleichgewicht: Die
aktuelle Generation hat bei Entscheidungen mit Konsequenzen für die Zukunft die alleinige Macht, denn die künftige
Generation existiert ja noch nicht einmal. Ein zweiter wichtiger Faktor ist, dass die Entscheidenden selbst von den Konsequenzen weder positiv noch negativ betroffen sein werden.
Und drittens gibt es keine Chance auf direkte Gegenleistungen. Was wir tun, um die Zukunft zu gestalten, liegt also voll-
DIE ZUKUNFT GESTALTEN
18
kommen in unserer Hand, und wir werden nicht mit den Konsequenzen unseres Tuns leben müssen und auch nicht von
ihnen profitieren können. Was motiviert uns angesichts dieser Umstände dazu, überhaupt etwas zugunsten von zukünftigen anderen Menschen zu tun?
Ein wichtiges Ergebnis der Experimente war überraschend: Wenn Menschen ein Szenario präsentiert bekommen, in dem ihr heutiges Tun eine natürliche Ressource vollkommen vernichten könnte, sodass für künftige Generationen
nichts übrig bliebe, werden sie Entscheidungen treffen, um
dies zu verhindern. Mit anderen Worten: Wenn das Ergebnis
potenziell katastrophal ist, löst dies verstärkt verantwortungsbewusstes Verhalten gegenüber künftigen Generationen aus. Nobels Angst, als «Händler des Todes» in Erinnerung zu bleiben, hatte wahrscheinlich eine starke Wirkung,
die ihn dazu brachte, die Werte, für die man sich an ihn erinnern würde, «neu zu gestalten». Und noch ein weiterer Faktor ist hier im Spiel: ein Gefühl der Macht. Wir neigen zu der
Annahme, dass Macht zu stärker egoistischem Verhalten
führt. Wie jedoch die Experimente von Wade-Benzoni zeigen, sind Menschen in Wirklichkeit grosszügiger bei der Verteilung ihrer gegenwärtigen Ressourcen an künftige Generationen, wenn sie sich mächtig fühlen. Zu wissen, dass man
nicht nur auf die eigenen Umstände Einfluss nehmen kann,
sondern auch auf die von kommenden Generationen, erzeugt ein Gefühl der gesellschaftlichen Verantwortung.
DEM LEBEN EINEN SINN GEBEN
Doch es gibt etwas noch Mächtigeres als Macht: das Bewusstsein für die eigene Sterblichkeit. «Egal wie viel Macht
man hat, irgendwann wird die Party vorbei sein – Menschen
gehen in den Ruhestand, und Menschen sterben. Um auch
dann noch Einfluss zu haben, wenn man nicht mehr da ist,
muss man sehr viel Macht haben», sagt Wade-Benzoni. Der
Wunsch nach einer Art Unsterblichkeit ist etwas sehr Grundlegendes für die menschliche Existenz.»
In einem weiteren Experiment wurden die Probanden zunächst gefragt, wie sie gern in Erinnerung bleiben würden,
und dann, ob sie Geld für einen wohltätigen Zweck spenden
möchten. Das Ergebnis war beeindruckend. Selbst wenn derselben Gruppe Beispiele von früheren Generationen präsentiert wurden, deren Verhalten auf schlechten Absichten für
die Zukunft basierte, änderte sich wenig an ihren Präferenzen:
Sie blieb so sehr auf die Vorstellung von ihrem eigenen Vermächtnis «konditioniert», dass sie der nächsten Generation
deutlich mehr überlassen wollte als andere Personen, die vorher nicht gefragt wurden, wie man sich an sie erinnern solle.
Die Arbeit von Wade-Benzoni gibt uns eine klare Vorstellung davon, was uns zu dem Wunsch motiviert, positive Auswirkungen auf die Zukunft zu haben. Doch wie erreicht man
das? «Es geht nicht nur um langfristiges Denken», sagt
­Llopis. «Der Unterschied liegt darin, dass Denken an die Zukunft tiefer und sinnhafter ist. Man muss andere motivieren,
ihr Interesse wecken und ein stärkeres Gefühl für Zusam-
FUTU
F
U
UT
«Als Führungskraft ist es Ihre Verantwortung, das Vermächtnis und die
Traditionen derjenigen zu bewahren,
die vor Ihnen da waren. Ebenso muss
man sich aber verantwortlich fühlen,
auf diesen Traditionen aufzubauen.»
RE
RE
T
FU
Glenn Llopis, Management-Vordenker und Bestseller-Autor
UR
E
FUTURE
menarbeit vorantreiben. Entscheidend sind die Bedingungen, die wir für den Erfolg von anderen hinterlassen.»
Laut Llopis sollten wir uns stärker das zu eigen machen,
was er in Erinnerung an die Erfahrungen seines Vaters beim
Neuanfang in den USA als «Immigranten-Perspektive» bezeichnet, denn dann wären wir besser in der Lage, ein Vermächtnis zu schaffen und an künftige Generationen weiterzugeben. «Möglichkeiten zu ergreifen, um Beziehungen zu
entwickeln, den Handel voranzubringen und mehr Mitmenschlichkeit zu erreichen, ist für Immigranten ein angeborener Überlebensmechanismus», erklärt Llopis. «Immigranten haben Corporate Social Responsibility definiert, bevor
ein fester Ausdruck daraus wurde. Es geht dabei um Geben
und Nehmen – und darum, zum Wohlergehen der Menschen
im eigenen Umfeld beizutragen. Das beginnt mit Geben in
der eigenen Familie und bezieht später alle Menschen um einen herum ein. Die Bereitschaft von Immigranten, von ihrer
Ernte etwas abzugeben, stellt sicher, dass es immer eine
Ernte gibt.»
Was bedeutet es, die Verantwortung für ein Unternehmen zu übernehmen, das eine lange Geschichte und ein reiches Vermächtnis hat? Laut Llopis muss man bei einer solchen Aufgabe die Zukunft gestalten, indem man neue
Talente ins Haus holt und früh genug die nächste Führungsgeneration entwickelt. Doch es bedeutet auch, schwierige
Entscheidungen für den Umgang mit diesem Vermächtnis
zu treffen. «Als Führungskraft ist es Ihre Verantwortung, das
Erbe und die Traditionen derjenigen zu bewahren, die vor Ihnen da waren», sagt Llopis. «Ebenso muss man sich aber verantwortlich fühlen, auf diesen Traditionen aufzubauen, um
die Kultur, die menschlichen Ressourcen und die Marke der
Organisation, der man dient, weiter zu stärken.»
Die langfristige Nachhaltigkeit eines Unternehmens sicherzustellen, erfordert also, Wandel und Weiterentwicklung
zuzulassen und zu fördern – aber nicht jeden beliebigen
Wandel: «Er muss authentisch und persönlich sein», sagt
Llopis. «Man darf dabei nicht nach einer Vorlage arbeiten
oder einfach dem nächsten grossen Trend folgen. Man muss
mutig sein und an den Kernwerten festhalten.» Die Fakten
über das Überleben von Unternehmen sprechen dafür, dass
hervorragende Marken genau das beherrschen. «Wenn Vermächtnis das Etablieren von Traditionen ist, die an künftige
Generationen weitergegeben werden können, dann sind Familienunternehmen ein gutes Vorbild dafür», sagt Llopis.
Wie erreicht man das nötige Gleichgewicht zwischen Denken an die Zukunft und den Erfordernissen des Tagesgeschäfts in einem börsenkotierten Unternehmen? Collardi
räumt ein, dass das eine Herausforderung sein kann. «Als kotiertes Unternehmen muss man beständig zeigen, dass man
vorankommt. Das ist der Grund, warum es einen Aktienkurs,
Anleger und Aktionäre gibt. Aber wenn man beides schafft,
und ich glaube, dass uns das gelingt, dann trifft man nicht
kurzfristige Entscheidungen für kurzfristige Gewinne, sondern Entscheidungen für den langfristigen Wert und die Vision des Unternehmens», sagt er.
19
DIE ZUKUNFT GESTALTEN
EINE LEIDENSCHAFT
FÜR REFORMEN
Ein Gespräch mit Dr. Ngozi Okonjo-Iweala
Dr. Ngozi Okonjo-Iweala ist fest davon überzeugt, dass Afrika voller Potenzial ist. Sie
drängt die jungen Menschen dazu, ihren Glauben und ihr Vertrauen in den Kontinent
und in ihre Fähigkeit, die Zukunft selbst gestalten zu können, zu teilen. Ihre Leidenschaft für Entwicklung und für ihre Arbeit ist unerschütterlich – ob als nigerianische
Finanzministerin, in ihren gut zwei Jahrzehnten als Entwicklungsökonomin bei der
Weltbank oder in ihrer aktuellen Aufgabe als Präsidentin der globalen Impfallianz Gavi.
Interview: Michèle Bodmer
In ihrer Zeit als Finanzministerin trieb Okonjo-Iweala Reformen voran, die dazu beitrugen, dass dem Land USD 18 Milliarden Auslandsschulden erlassen wurden. Ihr Einsatz gegen
Korruption und für Struktur- und Wirtschaftsreformen in
­ihren zwei Amtszeiten als Ministerin brachten ihr viel Bewunderung ein, doch sie geriet auch ins Kreuzfeuer der Kritik.
Ihr starker Charakter und ihre Überzeugung von der Notwendigkeit von Reformen halfen ihr, damit zurechtzukommen. 2012, als sie während ihrer zweiten Amtszeit den Kampf
gegen Korruption fortsetzte, wurde sogar ihre 83 Jahre alte
Mutter entführt; die Täter forderten den Rücktritt von OkonjoIweala und liessen die alte Dame erst nach fünf Tagen wieder
frei. Doch trotz allem, was sie und ihre Familie durchmachen
mussten, hatte sie den Mut, ihren Kampf fortzusetzen.
Die vierfache Mutter ist für viele ein Vorbild, und sie ermuntert andere Länder, in die Gesundheit und Bildung von
Frauen zu investieren, weil das letztlich der Weltwirtschaft
zugute kommt. Im Jahr 2015 belegte die in Harvard und
am MIT ausgebildete Ökonomin in der Forbes-Liste der
100 mächtigsten Frauen der Welt Platz 48.
Sie waren der erste weibliche Finanzminister Nigerias.
Was hat Sie nach einer Karriere bei der Weltbank dazu gebracht, in die Politik zu wechseln?
Ich hatte 21 Jahre lang als Entwicklungsökonomin gearbeitet, und im Jahr 2000 wurde ich gebeten, Präsident
­Olusegun Obasanjo als Wirtschaftsberaterin zu unterstützen. Er brauchte Hilfe bei den Verhandlungen über eine Re­
strukturierung der Schulden Nigerias mit dem Pariser Club
(eine informelle Gruppe von Gläubigerländern). Ich habe
dabei geholfen, ein Amt für Schuldenverwaltung zu etablieren, und war ungefähr neun Monate später wieder bei der
Weltbank. Im Jahr 2003 bat mich der Präsident, als Finanzministerin in seine Regierung zu kommen. Also sollte man
wohl am besten sagen, dass die Politik mich gefunden hat.
Ich war eine Technokratin, die in einem politischen Umfeld
arbeitete, und mein Vorgehen hat anderen Politikern nicht
immer gut gefallen.
Was waren Ihrer Ansicht nach die Gründe dafür?
Technokraten haben bestimmte Standards, Prinzipien
und Methoden. Es ist sehr schwierig, mit einem prinzipien-
treuen technokratischen Anspruch in die Politik zu gehen
und dort zu überleben. Man wird kritisiert – vor allem im Kontext eines Entwicklungslandes, in dem es in der Politik immer
noch sehr ruppig, manchmal sogar brutal zugeht.
Wie sind Sie mit derartiger Kritik umgegangen?
Mein Ansatz war, immer an meine Prinzipien zu denken –
klare Prinzipien, die ich von meinem Vater gelernt habe: Ehrlichkeit, harte Arbeit und Liebe zu meinem Land – und an
ihnen festzuhalten. Ich habe das Amt mit sehr klaren Zielen
angetreten. Ich wollte meinem Land dienen, egal was kommt.
Dadurch bin ich stets motiviert geblieben.
Immer wenn Kritik kam, habe ich an bestimmte Fähigkeiten gedacht, die ich habe und mit denen ich dafür sorgen
kann, dass die Dinge besser werden. In meiner ersten Amtszeit habe ich sie genutzt, um meinem Land zu helfen, seine
Schulden beim Pariser Club zu begleichen. Es war das zweitgrösste Abkommen, das der Pariser Club je geschlossen hat.
Nigeria hat Schulden von USD 30 Milliarden getilgt, wobei
USD 18 Milliarden komplett abgeschrieben wurden.
In meiner zweiten Amtszeit als Ministerin wollte der Präsident, dass ich mich auf die Finanzen des Landes konzentriere.
Ich habe biometrische Systeme eingeführt, um Schein-Arbeiter und Schein-Rentner zu verhindern, die unnötige Kosten
verursachen (Schein-Arbeiter und Schein-Rentner sind Mitarbeiter bzw. ehemalige Mitarbeiter, die es entweder gar nicht
gibt, oder echte Personen, die ohne ihr Wissen und in betrügerischer Absicht in Abrechnungssysteme aufgenommen
werden). Ausserdem haben wir ein integriertes System zum
Finanzmanagement aufgebaut, damit Ressourcen innerhalb
des Staatshaushalts elektronisch transferiert werden konnten
statt über Bargeld, was zu hohen Verlusten führte.
Es dauerte lange, all das aufzubauen. Sie können sich vorstellen, dass jeder, der von dem früheren System profitierte,
dem neuen sehr kritisch gegenüberstand. Heute freue ich
mich, sagen zu können, dass das System genutzt und weiterentwickelt wird, aber es hat wirklich lange gedauert, so weit
zu kommen. Angefangen haben wir mit der Einführung des
Systems im Jahr 2004. 2006 bin ich zurückgetreten, um als
Managing Director zur Weltbank zu gehen. 2011 wurde ich
erneut Finanzministerin und musste feststellen, dass das
System immer noch nicht vollständig umgesetzt war.
21
DIE ZUKUNFT GESTALTEN
Wer sind Ihre Vorbilder?
Mich haben viele Menschen inspiriert, darunter meine Eltern und meine Grossmutter. Meine Eltern haben Stipendien
bekommen, um in Deutschland zu studieren, und konnten es
sich nicht leisten, mich dorthin mitzunehmen. Also habe ich
neun Jahre bei meiner Grossmutter gelebt, die grossen
­Einfluss auf mich hatte. Sie war eine sehr zähe und prinzipientreue Frau, aber auch sehr liebevoll. Damit hat sie
mir gezeigt, wie man Liebe mit Prinzipientreue vereinen
kann. Meine Eltern haben mich dann ähnlich weitererzogen:
ich sollte kritisch sein, analytisch denken und starke Prinzi­
pien haben.
Ein weiteres Vorbild, das mich enorm inspiriert hat, ist
Nelson Mandela, ein afrikanischer Held. Er kam aus dem Gefängnis, und schauen Sie, was er erreicht hat: Er hat sein
Land auf den richtigen Weg gebracht. Wie kann man leiden
und so viel Böses ertragen und trotzdem noch verzeihen und
verhindern, dass man bitter wird? Sein Beispiel hat mich den
Grossteil meines Arbeitslebens über beeinflusst, ganz besonders aber, als meine Mutter entführt wurde. Eine weitere
Inspiration für mich war Martin Luther King. Oft wird er auf
seine «Ich habe einen Traum»-Rede reduziert, doch auch seine schriftlichen Werke sind beeindruckend. Sie beschäftigen
sich mit Armut, Ungleichheit und Menschenrechten – all den
bedeutenden Themen, mit denen die Welt noch heute zu
kämpfen hat.
Brillante Menschen, die es geschafft haben, enorme Hürden zu überwinden und dabei selbst unter schwierigsten Bedingungen ihren Prinzipien treu bleiben, sind eine echte Inspiration für mich.
Haben sie Ihnen auch dabei geholfen, als Finanzministerin nicht aufzugeben? Die Entführung Ihrer Mutter muss
eine schreckliche Erfahrung gewesen sein.
Ja, es war sehr schwierig. Auch mein Glaube hat mir in
dieser sehr harten Zeit geholfen.
Wie Sie sagten, war Ihre Grossmutter ein wichtiges Vorbild für Sie. Hat sie Ihnen beigebracht, dass man sich nicht
davon abhalten lassen sollte, die eigenen Ziele zu erreichen, nur weil man eine Frau ist?
Das habe ich von ihr und meinen Eltern gelernt. Meine
Mutter war Professorin an der Enugu State University of
Technology und der University of Nigeria in Nsukka. Sie hat
Fachbeiträge veröffentlicht, Karriere gemacht und sieben
Kinder bekommen. Sie hat mir immer gesagt, dass Frauen
weitermachen müssen. Auch mein Vater war eine Unterstützung. Er glaubte daran, dass alle seine Kinder unabhängig
vom Geschlecht gleiche Leistungen zeigen sollten. Er hat auf
liebevolle Weise viel von uns erwartet.
Heute necke ich meinen Vater manchmal, indem ich
sage, er habe von seinen Töchtern mehr erwartet. «Du musst
das höchste Ziel anstreben – einen Doktor machen, Artikel
veröffentlichen und eine gute Ehefrau und Mutter sein», hat
er immer gesagt.
DIE ZUKUNFT GESTALTEN
22
«Wenn man in die Bildung und
­Gesundheit von Frauen investiert,
zahlt sich das in mehrerlei Hinsicht aus: beim Einkommen, bei
der Qualifikation und auch bei
­ esundheit der Kinder.»
der G
Dr. Ngozi Okonjo-Iweala
Ihre persönliche Geschichte zeigt, was möglich ist, wenn
man Mädchen nicht einschränkt.
Unsere Eltern haben uns gesagt, was wir gut machen, und
uns Anleitung gegeben, wenn etwas schieflief. Es ist nicht so,
dass bei uns alles nur schön gewesen wäre. Manchmal war
ich nicht einverstanden, wenn meine Eltern mir etwas sagten
– tatsächlich hatten wir immer sehr intensive Diskussionen.
Aber wenn ich zurückblicke, kann ich sagen, dass wir eine
gute, fördernde Erziehung hatten. Ich bin in einer Familie
aufgewachsen, die an Frauen glaubt.
Im Verlauf Ihrer Karriere haben Sie häufig mehr Unterstützung für Frauen gefordert. Warum sind Investitionen
in Frauen so wichtig für die Weltwirtschaft?
Ich habe Ökonomie studiert und dabei schnell verstanden, dass Nationen ins Hintertreffen geraten, wenn sie nicht
in Frauen investieren. Alle Menschen gleich zu behandeln, ist
nicht nur eine Frage der Menschenrechte. Frauen haben ein
Recht auf Bildung, doch Tatsache ist auch, dass Länder von
ihren Beiträgen profitieren. Das ist eine wirtschaftliche ­Frage.
Es geht um die gesamte Gesellschaft. Es geht um diese Überzeugung. Also haben viele von uns viele Jahre lang für dieses
Anliegen gekämpft. Heute gibt es eine Vielzahl von Studien
mit Argumenten für Investitionen in Frauen, ob den grundlegenden «Gender World Development Report» der Weltbank
oder den jüngsten «Gender Parity Report» von McKinsey.
Auch Studien von renommierten Ökonomen wie Larry
Summers untermauern diesen Punkt. Wenn man in die Bildung
und Gesundheit von Frauen investiert, zahlt sich das in meh­
rerlei Hinsicht aus: beim Einkommen, bei der Qualifikation und
auch bei der Gesundheit der Kinder. Wenn man nicht in Frauen investiert, haben es die Haushalte schwerer. Noch klüger
aber ist es, schon Mädchen zu fördern. Denn wenn man früher
ansetzt, sind die Auswirkungen noch grösser.
Könnten Sie uns mehr über Ihre neue Arbeit als Präsidentin von Gavi und deren Bedeutung erzählen?
Gavi ist eine internationale Organisation mit dem Ziel,
die Kinder dieser Welt zu impfen. Die Renditen von Impfungen sind sehr hoch: Für jeden investierten Dollar bekommt
man USD 16 in Form von vermiedenen Krankheitskosten zurück. Wenn man das allgemeinere wirtschaftliche und gesellschaftliche Wohlergehen mit berücksichtigt, ergibt sich so-
gar eine Rendite von USD 44 für jeden investierten Dollar.
In den bislang 15 Jahren ihrer Existenz hat die Organisation
500 Millionen Kinder geimpft und damit etwa 7 Millionen
Leben gerettet. Ihr Ziel ist, bis 2020 weitere 300 Millionen
Kinder zu impfen, um noch einmal 5 bis 6 Millionen Leben zu
retten. Impfungen sind ein weltweites öffentliches Gut mit
klaren Vorteilen nicht nur für die einzelnen Personen, sondern für ganze Länder und die Welt. Leben zu retten, Kosten
zu vermeiden, Vorteile zu erreichen und zu verhindern, dass
Kinder von Epidemien und Krankheiten betroffen werden, ist
ein sehr lohnenswertes Anliegen. Ich fühle mich privilegiert,
daran mitwirken zu dürfen.
Haben Sie den Eindruck, dass Ihre Begeisterung ansteckend für Ihr Umfeld ist?
Ich bin fast schon zu motiviert, und das macht manchen
Angst. Es gibt Leute, die gedacht haben, ich müsse verborgene Motive haben, weil ich mich so leidenschaftlich für so
viele Anliegen einsetze und sie vorantreiben möchte. Ich
würde sagen, dass ich noch nie in meinem Leben einen «Job»
gehabt habe, sondern immer eine Passion.
Warum ist die Arbeit von Gavi so wichtig?
Gavi kümmert sich um ein grundlegendes Thema: die
Gesundheit unserer Kinder. Indem die Organisation Regierungen dabei unterstützt, Millionen von Kindern gegen
Krankheiten zu immunisieren, ermöglicht sie eine kostengünstige präventive Gesundheitsversorgung und rettet auf
diese Weise Millionen von Leben. Ausserdem arbeitet Gavi
mit innovativen Finanzierungsmechanismen, um die Kosten
von Impfstoffen für Regierungen zu senken und sie früher
verfügbar zu machen. Gavi garantiert Pharmaunternehmen
einen Markt und unterstützt die Einlagerung von Impfstoffen, auf die dann beim Ausbruch einer Epidemie zurückgegriffen werden kann. Vor Kurzem gab es zum Beispiel eine
Kooperation mit Merck, um die Weiterentwicklung und Einlagerung von 300 000 Dosen Ebola-Impfstoff zu unterstützen; dadurch ist eine schnellere Reaktion möglich, wenn es
eine neue Epidemie gibt.
Denken Sie, dass der Ebola-Ausbruch nicht genügend
Aufmerksamkeit bekommen hat, weil er sich in Entwicklungsländern abspielte?
Es hat gedauert, bis die Welt realisiert hat, dass das Virus
jeden treffen und sich über Flugreisen sehr schnell ausbreiten
könnte. Nachdem sich einige der selbstlosen Ärzte und
Schwestern aus dem Westen infiziert hatten, wurde der Welt
schnell klar, dass es um eine globale Bedrohung ging. Konkret
zur Ebola-Epidemie kann man sagen: Die Welt hat inzwischen
verstanden, dass ein Virus Grenzen unbemerkt überschreiten
kann, wenn man nicht schnell reagiert. Nun sind Reaktionsmechanismen etabliert worden. Gavi spielt eine sehr bedeutende Rolle dabei. Als Afrikanerin empfinde ich Stolz darüber,
für eine Organisation arbeiten zu dürfen, die das Einlagern
von tausenden von Ebola-Impfstoffen unterstützt.
Noch einmal zu Afrika: Worin sehen Sie die grössten Herausforderungen und Chancen für den Kontinent?
Sich auf die Personen ganz unten auf der Wirtschaftsleiter konzentrieren, Wirtschaftsreformen unterstützen, Korruption bekämpfen, Wachstum stärken und etwas gegen die
zunehmende Ungleichheit tun. Arbeitslosigkeit ist die grös­
ste Herausforderung von allen. Wir müssen dafür sorgen,
dass Wachstum gute Jobs für junge Menschen bringt.
Gleichzeitig bestehen auch riesige Chancen. Es gibt globale Herausforderungen wie den Klimawandel, bei denen
­Afrika führend sein kann. Es sind dort noch sehr viele gänzlich neue Infrastrukturen zu errichten. Wir können Infrastrukturen mit geringer CO2-Intensität bauen und der Welt zeigen, wie sich Wachstum ohne hohe Emissionen erreichen
lässt. Zugleich haben wir eine Bevölkerungszunahme und einige der jüngsten Bevölkerungen weltweit. Wie machen wir
aus dieser jungen Bevölkerung eine produktive, die für
Wachstum sorgt? Wenn wir sie nicht mit einbeziehen, be-
«Afrika hat so viele Chancen und
so viele Ideen, die wir nutzen
können, nicht zuletzt seine lebhafte
junge Bevölkerung.»
Dr. Ngozi Okonjo-Iweala
kommen wir einen demografischen Albtraum. Wenn wir es dagegen schaffen, sie zu integrieren, bekommen wir eine demografische Dividende. Ich glaube, dass uns das gelingen kann.
Ausserdem gibt es in Afrika eine grösser werdende Schicht
von Konsumenten und eine starke Basis für ausländische Investitionen und Industrialisierung. Wir müssen auf dem Kontinent
selbst produzieren und damit aufhören, Rohmaterialien zu exportieren. Wir müssen in Afrika Wert schaffen. Ich sehe grosse
Chancen für den Kontinent. Wir sollten uns nicht auf vorübergehende Rückschläge konzentrieren, sondern von unserer jetzigen Situation lernen.
Sie sind für viele Menschen selbst ein Vorbild. Was würden
Sie jungen Afrikanern raten, damit sie Teil der viel versprechenden Zukunft für den Kontinent sein können?
Zuallererst: an sich selbst und den Kontinent glauben und
Vertrauen haben. Wie jeder andere Kontinent macht auch Afrika Höhen und Tiefen durch. Doch aus jeder Wachstumsphase
und aus jedem Abschwung lassen sich Lehren ziehen. Die wichtigste Lehre aus dem vergangenen Jahrzehnt lautet, dass wir
Wachstum hatten, aber kein widerstandsfähiges. Wir müssen
uns ansehen, welche Arten von gesellschaftlichen, strukturellen
und institutionellen Reformen erforderlich sind, um zu einem
stetigeren und weniger volatilen Wachstum zu kommen. Afrika
hat so viele Chancen und so viele Ideen, die wir nutzen können,
nicht zuletzt seine lebhafte junge Bevölkerung.
23
DIE ZUKUNFT GESTALTEN
DIE KRAFT DER ZUKUNFT
Die Tesla-Heimbatterie Powerwall wird mit Strom aus Solarzellen gespeist.
DIE ZUKUNFT GESTALTEN
24
Der Mann hinter dem beeindruckenden Aufschwung der Elektroautos von Tesla
­Motors ist JB Straubel, Erfinder der Batterietechnologie des Unternehmens. Die Autoindustrie hat Tesla schon revolutioniert, doch das war erst der Anfang: Die dauer­
haftesten Auswirkungen könnte Straubels Vision für mehr Nachhaltigkeit bei Verkehr
und Energienutzung haben – alles auf der Grundlage von einfachen Batterien.
Autor: Stuart Spear
JB Straubel ist Chief Technology Officer von Tesla Motors,
gegründet im Jahr 2003 von Ingenieuren aus dem Silicon
Valley, die sich für die Idee begeisterten, Elektroautos aus
den Hobbykellern in den Massenmarkt zu bringen. Elon
Musk hatte kurz zuvor seinen digitalen Zahlungsdienstleister
PayPal an eBay verkauft und wollte gleich das nächste Projekt angehen. Straubel wiederum hatte gerade die Vermögenswerte seines ersten Unternehmens Volacom Inc., das
unbemannte elektrische Fluggeräte entwickelte, an Boeing
verkauft. Die beiden verabredeten sich in Los Angeles, und
eine Bemerkung Straubels gegen Ende des gemeinsamen
Mittagessens brachte den Stein für seine heutige Vision ins
Rollen: Er arbeite an einem «verrückten Projekt», sagte
Straubel – er wolle eine Lithium-Ionen-Batterie (Li-Ion) bauen, mit der ein Auto 1000 Meilen weit kommt. Schnell entspann sich eine Diskussion darüber, wie sich die technologischen Fortschritte bei der Produktion von Li-Ionen-Akkus
kommerziell nutzen lassen.
Die Reise des Silicon-Valley-Start-ups begann mit dem
allgemeinen Grundsatz, «Autos ohne Kompromisse» zu
schaffen. Die Ingenieure machten sich daran, einen Sportwagen mit Drehstrom-Asynchronmotor zu entwickeln, der im
Jahr 2008 als Tesla Roadster auf den Markt kam. Doch
schon bald sollte die Vision des Unternehmens weit über die
Produktion von Autos hinausreichen: Die Mitgründer Straubel und Musk begannen darüber nachzudenken, woher der
Strom für den Antrieb ihrer Autos kommen solle.
Zunächst einmal erkannte Tesla, dass es bei Elektroautos
nicht nur Kunden gibt, die ihr Öko-Gewissen beruhigen wollen, sondern potenziell auch solche, die Fahrspass und hohe
Leistung wünschen und gern Geld dafür ausgeben. «Beim
Vorantreiben von Nachhaltigkeit bei Verkehr und Energienutzung geht es nicht darum, den Leuten vorzuschreiben,
wie viel Energie sie verbrauchen dürfen, oder ihnen etwas zu
verbieten, das sie eigentlich gern tun würden. Es geht darum,
hervorragende Produkte zu bauen, die mehr Spass machen
als nicht nachhaltige Alternativen», erklärt Straubel.
Ebenfalls fiel den Gründern des Unternehmens auf, dass
traditionelle Autohersteller sich eine Chance entgehen lies­
sen. Sie nahmen zu dieser Zeit normale Autos mit Verbrennungsmotor und rüsteten sie mit Batterien auf. Die TeslaIngenieure fragten hingegen, was passieren würde, wenn
man mit einem leeren Blatt Papier anfängt. Ihre Antwort war
das Tesla Model S, eine komplett elektrische Luxuslimousine
mit Autopilot.
«Für uns im Silicon Valley machte es keinen Sinn, dass die
meisten Autos voller Regler und Knöpfe aus Plastik waren,
von denen jeder eine spezifische Funktion hat, die sich nicht
ändern lässt», erklärt Straubel. «Wir beschlossen, stattdessen einen Touchscreen zu entwickeln, mit dem sich alles am
Auto steuern lässt, so dass man es mit Software konfigurieren und verändern kann. Für uns war auch vollkommen
­offensichtlich, dass wir bei der Entwicklung eines Autos Online-Konnektivität über ein Drahtlos-Modem einbauen
mussten, so dass wir seine Software wie bei einem Smartphone einfach aktualisieren können.»
Durch die eingebaute Internet-Verbindung kann Tesla
heute Informationen aus seiner Flotte einholen, Probleme
beheben und neue Funktionen einspielen, ohne dass es die
Besitzer überhaupt bemerken. Vor Kurzem wurde auf diese
Weise ein grosses Software-Update gemacht, das dem Model S unter anderem die Fähigkeit gibt, auf Autobahnen weitestgehend selbstständig zu fahren.
DIE ENERGIEREVOLUTION VORANTREIBEN
Innovationen in der Automobilindustrie sind nur ein Teil der
Mission von Tesla. Das Unternehmen versteht sich nicht als
blosser Autohersteller, sondern als «Energieinnovationsunternehmen». Und genau von diesem Teil seiner Vision erwartet Straubel, dass er eine Energierevolution auslösen wird.
Es ist zwar gut, Emissionen durch die Verbrennung von
Benzin und Diesel zu vermeiden. Doch auch der Strom für
Elektroautos wird grossteils mit fossilen Brennstoffen erzeugt. Das Problem bei erneuerbaren Energiequellen ist,
dass die Sonne nicht immer scheint und der Wind nicht immer weht. Dadurch müssen Stromversorger zusätzliche,
meist fossile Kraftwerke als Reserve beinhalten. Entscheidend für das Freisetzen des Potenzials von erneuerbaren
Energien ist deshalb die Speicherung von Strom. Auch aus
diesem Grund ist Straubel so sehr am technischen Fortschritt
bei Batterien interessiert.
Bereits heute produziert Tesla Batterien für die Speicherung von erneuerbarer Energie aus privaten Solaranlagen so-
25
DIE ZUKUNFT GESTALTEN
Die Tesla-Gigafactory im US-Bundesstaat Nevada soll 2017 mit der Produktion der Zellen beginnen.
wie grössere kommerzielle Batterien für die Industrie. Das
Solarstrom-Speichermodul Tesla Powerwall wird in Kalifornien schon von mehr als 1000 Haushalten genutzt. Die nächste Herausforderung ist jetzt, mit den Versorgungsunter­
nehmen eine netzweite Speicherung von überschüssiger
erneuerbarer Energie zu realisieren.
Unter anderem untersucht Tesla dazu die Möglichkeit,
Speicher in vielen kleinen Hausanlagen zu vernetzen. «In den
meisten Städten gibt es ein Netzwerk aus Häusern mit integrierten Speichermöglichkeiten – sie müssen nicht direkt nebeneinander stehen, sondern können über das Viertel oder
die ganze Stadt verteilt sein», erklärt Straubel. «Mit Informationstechnologie kann man sie miteinander verbinden und
die Zeiten für Ladung und Entladung kontrollieren, so dass
man mit dieser verteilten Speicherung einen Teil der Last
beim Versorger steuern kann.» Der Vorteil dabei ist, dass
vernetzter Speicherung von der Grösse her keine Grenzen
gesetzt sind: Eine ganze Stadt könnte Stromressourcen gemeinsam nutzen.
Antreiber für diese Ideen ist der Klimawandel. Beim Julius
Bär Next Generation Summit 2015 in Singapur warnte Straubel, der Planet habe einen Wendepunkt überschritten, weil
die CO2-Konzentration in der Atmosphäre der nördlichen
Halbkugel den Schwellenwert von 400 parts per billion erreicht habe. «Die CO2-Folgen von fossilen Brennstoffen werden in meinen Augen die grösste Rolle beim Antreiben des
Wandels spielen. Es gibt nichts anderes, das so langfristige
und weitreichende Auswirkungen haben wird», sagte er.
­Irgendwann werde der Klimawandel eine weltweite Kohlendi­
oxidsteuer erzwingen, die erneuerbare Energien billiger
macht als fossile Brennstoffe.
DIE ZUKUNFT GESTALTEN
26
MEHR ENERGIE
Batterien scheinen schon immer ein Teil von Straubels Leben
gewesen zu sein. Im Alter von 14 Jahren baute er aus einem
alten Golfwagen sein erstes Elektrofahrzeug, mit Anfang 20
stattete er einen Porsche 944 aus dem Jahr 1984 mit zwei
Elektromotoren aus, die von Blei-Säure-Batterien mit Strom
versorgt wurden. Inzwischen ist er 40 Jahre alt und plant den
Bau der grössten Batteriefabrik der Welt.
Erst um das Jahr 2000 herum gab es in der Batterietechnologie einen sprunghaften Fortschritt: Neu auf den Markt
kamen Lithium-Ionen-Batterien, die bei gleichem Gewicht
fast viermal so viel Energie liefern konnten wie die alten
Blei-Säure-Batterien und so im vergangenen Jahrzehnt zu
einer Revolution in der Konsumelektronik führten. Tesla war
im Jahr 2008 eines der ersten Unternehmen, das auf die Idee
kam, Li-Ion-Technik für Elektroautos einzusetzen. «Die meisten Leute haben uns gesagt, wir seien vollkommen verrückt»,
erinnert sich Straubel. «Es war ungefähr zu der Zeit, als die
meisten Nutzer fürchteten, ihre Laptops könnten plötzlich in
Flammen aufgehen.»
Davon unbeeindruckt setzte Tesla konsequent auf Lithium-Ionen-Technik und baute mit dem Roadster das erste
Elektroauto, das die neue Technologie nutzte. «Damit konnten wir eine wirklich andere Art von Elektroauto vorweisen, in
einer vollkommen anderen Leistungsklasse, als die Leute erwartet hatten. Möglich war das nur durch die enorme Zunahme der Energiedichte», berichtet Straubel. Seit dem Marktstart des Roadsters hat sich die Batterieleistung um noch
einmal etwa 40 Prozent verbessert. Eine Zunahme von weiteren 40 Prozent wird bis zum Jahr 2017 erwartet, für das
Tesla sein neuestes Elektroauto angekündigt hat, das Model
3. Mit einem Preis von rund 35 000 Dollar und einer Reichweite von mehr als 300 Kilometern soll es zum ersten Massenprodukt des Unternehmens werden. Nach einer Faustregel verdoppelt sich die Leistung von Batterien alle zehn
Jahre. Das würde bedeuten, dass Elektroautos bald in jedem
Bereich mit Benzin konkurrieren können.
Bis 2020 will Tesla seine Produktion mit dem Model 3 auf
500 000 Autos pro Jahr ausbauen. Für das Unternehmen
bringt das eine neue Herausforderung mit sich: Allein für die
eigenen Autos bräuchte es bei diesem Volumen mehr als die
gesamte weltweite Produktion von Lithium-Ionen-Batterien
des Jahres 2013.
«Umfang und Ausmass der Produktion werden sich recht
schnell verändern müssen, denn schon 2014 hat Tesla als
kleinstes Autounternehmen der Welt 10 Prozent des weltweiten Angebots an Lithium-Ionen-Batterien gebraucht»,
sagt Straubel. «Das hat mehr oder weniger funktioniert, weil
es ungenutzte Kapazität gab und wir Zellen von unterschiedlichen Anbietern kaufen konnten. Aber das war für nur
35 000 Autos pro Jahr, und weltweit werden jährlich 100
Millionen neue Autos verkauft, also wird die Produktionskapazität rasch zu einem Problem werden.»
EINE KRAFT FÜR DEN WANDEL
Um die Kosten der Batterieproduktion zu drücken, wird es
laut Straubel Grössenvorteile und neue Produktionsverfahren geben müssen. Die Batterien machen bei Elektroautos
ungefähr ein Viertel der Kosten aus, sodass sich der Verkaufspreis von 35 000 Dollar für das Model 3 ohne eine
deutliche Senkung der Produktionskosten nicht erreichen
lässt. Aus diesem Grund ist Tesla dabei, eine «Gigafactory»
zu bauen, die pro Jahr 35 Gigawattstunden – also 35 Milliarden Wattstunden – an Speicherkapazität zur Nutzung in
Elektroautos und Stromnetzen produzieren soll.
Die fünf Milliarden Dollar teure Riesenfabrik entsteht
derzeit in Sparks im US-Bundesstaat Nevada in einem
Joint-Venture mit dem japanischen Elektronikhersteller
Panasonic. Gebaut in Form eines Diamanten, wird sie mit
­Solarstrom versorgt und ist genau nach dem geografischen
Norden ausgerichtet, was die exakte Platzierung ihrer Anlagen mittels GPS erleichtert. Ab 2020 soll diese Fabrik mehr
Lithium-Ionen-Batterien produzieren, als die gesamte Welt
heute verbraucht.
Das letzte Stück des Elektroauto-Puzzles besteht in der
Infrastruktur – der Verfügbarkeit von Ladestationen. Auch
hier setzt Tesla auf einen unkonventionellen Ansatz. Beim
Aufladen von Elektroautos interessieren die Besitzer vor allem zwei Punkte: Gibt es genügend Ladestationen, damit sie
überall dorthin fahren können, wo sie wollen, und wie lange
dauert das Aufladen? In beiden Fällen geht das Unter­nehmen
eigene Wege. Statt auf eine Einigung mit anderen Autoherstellern zu warten, baut es ein eigenes Netz aus «Supercharger»-Stationen, an denen Teslas innerhalb von nur 30 Minu-
JB Straubel, Erfinder der Batterietechnologie von Tesla Motors.
ten aufgeladen werden können. Inzwischen ist es das grösste
Schnellladenetz der Welt mit vielen zentral gelegenen Standorten. Ähnliche Netze entstehen in Europa und Asien.
Straubel sieht eine Parallele zwischen dem Tesla-Ladenetz und der Konkurrenz von Mobilfunkanbietern um die
beste Netzabdeckung. In seinen Augen werden Ladenetze
bald der entscheidende Wettbewerbsfaktor bei Elektroautos
sein. Die Unternehmen würden Stationen gemeinsam nutzen, um ihre Abdeckung zu verbessern und sich Wettbewerbsvorteile zu verschaffen.
Manchmal sind es die banalsten Objekte, die unser Leben am stärksten verändern. So wie die ersten Spinnmaschinen einst die Weltwirtschaft transformierten, indem sie zum
Auftakt der industriellen Revolution wurden, so haben heute
Fortschritte in der Batterietechnologie das Potenzial, den
Übergang unserer Welt zu einem nachhaltigen Verkehrswesen zu beschleunigen und die Entwicklung von erneuerbarer
Energie zu einer echten Alternative für die Stromversorgung
der Zukunft zu unterstützen.
27
DIE ZUKUNFT GESTALTEN
DIE ZUKUNFT GESTALTEN
28
AUF DEM WEG ZU
EINER BESSEREN WELT
Professor Hans Rosling über Fortschritte für die Menschheit
Hans Rosling hat sein gesamtes Berufs­
leben dem Thema öffent­liche Gesundheit
gewidmet. Im ver­gangenen halben Jahrhundert konnte er hier enorme Verbesserungen rund um die Welt beobachten,
was ihn optimistisch macht, dass sich in
den kommenden Jahrzehnten noch viel
mehr erreichen lässt. Diesen Optimismus
möchte er teilen, denn die Geschichte
der Entwicklung der Menschheit ist eng
verbunden mit Gesundheitswesen, Bevölkerungstrends und Verhaltensmustern.
Autorin: Janet Anderson
Als Hans Rosling in den 1970er Jahren sein S
­ tudium in Statistik und Medizin an der Universität Uppsala in Schweden
begann, schien die Welt noch klar unterteilt in Industriena­
tionen und Entwicklungsländer. In Bangladesch zum Beispiel,
einem der ärmsten Länder, brachte damals jede Frau im
Durchschnitt sieben Kinder zur Welt, und jedes vierte davon
starb, bevor es fünf Jahre alt war.
Seit dieser Zeit hat in dem Land eine dramatische Entwicklung stattgefunden. Die Kindersterblichkeit ist von 24
Prozent auf 6 Prozent gefallen, und die Zahl der Geburten
pro Frau liegt bei nur noch 2,3 Prozent. «Was Bangladesch in
der Lebenszeit eines Erwachsenen erreicht hat, grenzt an ein
Wunder», erklärt Rosling. Dank der deutlich niedrigeren Geburtenrate sowie besserer Gesundheitsversorgung und Bildungsmöglichkeiten kann man allmählich Wirtschaftswachstum beobachten.»
In seiner Forschungsarbeit konzentrierte sich Rosling, der
unter anderem als Berater für die Weltgesundheitsorganisation und die UNICEF tätig ist, von Anfang an auf die Verbindung zwischen Armut, Gesundheit und wirtschaftlicher Entwicklung. Gleichzeitig merkte er schon früh, dass die im
Westen vorherrschende Ansicht einer Teilung der Welt in
«wir» und «die» falsch ist. In den 1970er Jahren studierte er
Sozialmedizin am St John’s College im indischen Bangalore,
wo er von seinen Mitstudierenden lernte, dass der Westen
kein Monopol auf Fortschritt hatte. «Ich war sehr beeindruckt von der Ernsthaftigkeit und Entschlossenheit meiner
Kommilitonen», erinnert sich Rosling. «Besonders beeindruckt war ich davon, wie viel mehr sie wussten. Das sagte
mir damals schon, dass Asien im Kommen war.»
Was sich seit seiner Studienzeit getan hat, ist in der Tat
beeindruckend und gibt Anlass zu Optimismus. «Es gibt
nicht mehr zwei Arten von Ländern in der Welt», sagt Rosling, heute Professor für internationale Gesundheit am Karolinska-Institut, der medizinischen Universität in Stockholm.
«Die alte Unterteilung in Industrie- und Entwicklungsländer
wurde abgelöst. Heute befinden sich die 192 Länder auf einem Kontinuum der sozioökonomischen Entwicklung. Viele
Länder in Asien kommen heute doppelt so schnell voran, wie
es in Europa je der Fall war, und fünf Milliarden Menschen
sind auf dem Weg zu einem gesunden Leben mit Bildung,
Mobiltelefonen, Elektrizität, Waschmaschinen und Gesundheitswesen.» Tatsächlich hat die Mehrheit der Weltbevölkerung inzwischen ein mittleres Wohlstandsniveau erreicht,
und die meisten Länder gelten als entwickelt; nur eine kleine
Minderheit ist noch als Entwicklungsländer zu bezeichnen.
Eine der wichtigsten und dramatischsten Entwicklungen
war der Rückgang bei der durchschnittlichen Zahl der Babys
pro Frau – für Rosling hat dies all die anderen Fortschritte
erst ermöglicht. Richtig klar wird das Ausmass dieser Veränderung erst, wenn man sie vor den Hintergrund der gesamten Menschheitsgeschichte stellt. Bis 1965 lag die Zahl der
pro Frau geborenen Kinder weltweit bei etwa sechs – und sie
wurde hauptsächlich von der Natur diktiert. Nach mehreren
Jahrtausenden ohne Veränderung begann der globale
Durchschnitt damals allmählich zu fallen, dann beschleunigte sich der Rückgang. Im weltweiten Durchschnitt bringt jede
Frau jetzt nur noch 2,5 Babys zur Welt.
Für Rosling ist dies der bedeutendste positive Trend für
die Welt von heute. Der Rückgang der Geburtenrate sei
«zwar nicht der wichtigste Fortschrittstreiber und vielleicht
nicht einmal das wichtigste Ziel von Fortschritt, aber er ist
ein entscheidender Indikator für globale Gesundheit und
Wohlstand», erklärt er. Denn dieser Rückgang bedeutet,
dass die Menschen selbst entscheiden, wie viele Kinder sie
haben wollen, statt der Natur ihren Lauf zu lassen. Familien
29
DIE ZUKUNFT GESTALTEN
DIE ZUKUNFT GESTALTEN
30
85
GESUNDHEIT
GESUND
70
KRANK
60
Tadschikistan
Nepal
p
Bangladesch
s
Sao Tome & P.
Senegal
Ruanda
65
Lebenserwartung
55
Wie war dieser Fortschritt möglich? Auch hier sind wieder
tief verwurzelte Irrtümer im Spiel. «Vor allem im Westen ist
die Annahme verbreitet, dass Gesundheit erst eine Folge des
Wohlstands ist, denn so hat es sich während der industriellen
Revolution in Europa abgespielt», erklärt Rosling. In Asien
läuft es andersherum. Rosling verweist auf das Beispiel Afrika: «In vielen Ländern geht der Wunsch, zwei Kinder pro Familie zu haben, dem Wirtschaftswachstum voraus», sagt er.
«Die Hälfte des Rückgangs bei der Kindersterblichkeit lässt
sich auf verbesserte Bildung von Frauen zurückführen. Zu
verdanken ist das den professionell ausgebildeten Hebammen und Pflegefachfrauen sowie den Freiwilligen in den Dörfern.» Wenn man hohe Kindersterblichkeit und extreme
­Armut im Griff hat, kann man sich dem nächsten Problem
zuwenden, so Rosling. In Indien zum Beispiel ist die wichtigste Todesursache von jungen Frauen Selbstschädigung; in
Ländern mit höherem Einkommen sterben junge Männer am
häufigsten durch Verkehrsunfälle und Gewalt, und in den
Somalia
Timor-Leste
Nordkorea
H ii
Haiti
Madagaskar
Liberia
Äthiopien
Eritrea
Burundi
Niger
Guinea
Togo
Benin
Komoren
Dschibuti
Tansania
T
n
Kiribati
Uganda
d
Malawi
Papua Neu-Guinea
Sierra Leone
Mali
Mosambik
m
Salomonen
m
Burkina
Faso
Dem. Republik Kongo
Kenia
G ambia
Simbabwe
K
Kamerun
Tschad
T
Südsudan
Afghanistan
a
Zentralafrikanische Rep.
Guinea-Bissau
50
WOHLSTAND KOMMT NICHT IMMER
VOR GESUNDHEIT
75
Hans Rosling
können heute in die Ausbildung ihres Nachwuchses investieren und an einer besseren Zukunft bauen. Darüber hinaus ist
der Geburtenrückgang wichtig, weil er einen der grössten Irrtümer in unserem Denken über Fortschritt erkennen lässt:
dass nämlich die Zahl der Kinder pro Frau von der Religion
abhängt. Stattdessen liegen die Ursachen im Fortschritt der
gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Entwicklung sowie
im Rückgang der Kindersterblichkeit: «Wenn man ein einigermassen geordnetes Leben mit Zugang zu Schulen und
Gesundheitswesen führen kann und über ein gewisses Mass
an Produktivität verfügt, bekommt man weniger Kinder.»
Die globalen Bevölkerungsdaten bestätigen dies. Die
hohe Kindersterblichkeit bis zur industriellen Revolution bedeutete, dass die Weltbevölkerung trotz der hohen Zahl an
Geburten pro Frau nur sehr langsam zunahm. Als die Kindersterblichkeit sank, wuchs die Weltbevölkerung schnell auf
sieben Milliarden Menschen. Jetzt geht die Zahl der Geburten weltweit pro Jahr zurück, und die Zahl der Kinder, die älter als fünf Jahre werden, nimmt zu. Der Gesamteffekt ist,
dass sich das weltweite Bevölkerungswachstum verlangsamt.
apminder
World 2013
80
«Wir können die weltweite Ungleich­
heit punkto Gesundheit beenden –
wir wissen, was dafür zu tun ist.
Tatsächlich scheint dieses Ziel im
Vergleich zum Kampf gegen Klima­
wandel und Krieg geradezu leicht
erreichbar.»
Lesotho
$500
$1000
$2000
Japan
Italien
Israel
Zypern
Malta
China
Ch
n
Vietnam
Nicaragua
Bosnien & H.
Sri Lanka
Jamaika
k
Marokko
Palästina
Kap Verde
Bolivien
Honduras
Samoa
Moldawien
Tonga
Ecuad
dor
do
Ukkraine
Guatemala
Philippinen
Usbekistan
b
Bhutan
Kirgisistan
Myanmar
y mar
ar
Kambodscha
odsc
Mikronesien
n
Pakistan
Jemen
Ghanaa
Kolumbien
umbie
Barb
Mexiko
M
k
Brasilien
ilil en
Bulgarien
Irrak
Suriname Weiss-
Indonesien
d
russland
Fidschi
s
Mongolei
Nigeria
Angola
Saudi Arabien
Vereinigte Arabische Emirate
Oman
Trinidad &
Tobago
Russland
d
GESUNDHEIT & EINKOMMEN
DER NATIONEN
IN 2013
Diese Grafik zeigt Lebenserwartung und
BIP pro Kopf für alle 182 von den
UN anerkannten Ländern mit mehr
als 100 000 Einwohnern im Vergleich.
Botswan
na
Indien
d
Elfenbeinküste
t
Kuwait
Seychellen
Guyana
Kongo Rep.
Luxemburg
Brunei
Bahrein
Kasachstan
Turkmenistan
USA
Tschechische
c
Rep.
Malaysia
Katar
Singapur
Deutschland
n
nd
Dänemark
Belgien
Polen
Aserbaidschan
Grenada
Österreich
Niederlande
Norwegen
Bahamas
Mauritius
St.Vincent. & G.
Schweiz
Kanada
Irland
N. Seel.
Finnland
Estland
Slowakische Rep.
Rumänien
n Ungarn
Ven
nezuela
n
Lettland
Lithuania
M onten
en.
en
Thailaand
GB
Slowenien
Chile
Kroatien
Uruguay
Panama
Peru
Ägypten
t
Laos
Mauretanien
Vanuatu
A lbanien
St.. Lucia
El Salvador St
B elize
elizz e
Serbien
Portugal
Türk
rkkei
Argeentinie
n nien
eT
en
Libyen
Mazedonien
i Alg
Algerien
i n
Dominikanische R.
Armenien Paraguay
Georgia
Syrien
S d
Sudan
Jordan
Tuneesien
Gi h l d
Griechenland
IranLibanon Kuba
Malediven
Frank
Fran
nkreich
eicch
h
Spanien
Südkorea
Costa Rica
Island
AustralienSchweden
FARBEN FÜR DIE REGIONEN
Namibia
Südafrika
Gabun
ÄquatorialÄ
guinea
GRÖSSE DER BEVÖLKERUNG
Sambia
1
10
100
1000
Millionen
Swasiland
ARM
EINKOMMEN REICH
$4000
$8000
$16 000
BIP pro Kopf in internationalen USD
www.gapminder.org/world
version 8
$32 000
$64 000
$128 000
Diese Abbildung zeigt Lebenserwartung und BIP pro Kopf im Jahr 2013 für 182 Länder im Vergleich. Jeder Kreis steht für ein Land, an der
Grösse ist die Bevölkerungszahl zu erkennen, an der Farbe die Region. In Ländern mit höherem Pro-Kopf-BIP leben die Menschen länger.
In keinem der Länder mit hohen Einkommen gibt es eine sehr kurze Lebenserwartung und in keinem Land mit niedrigen Einkommen eine
sehr hohe. Die Abbildung wurde im November 2014 produziert und im März 2015 von Gapminder überarbeitet. (www.gapminder.org)
31
DIE ZUKUNFT GESTALTEN
reichsten Ländern kommen ältere Männer zumeist durch
nicht ansteckende Krankheiten wie Herzinfarkt, Schlaganfall
und Lungenkrebs ums Leben. «Mit sozioökonomischen Fortschritten entstehen neue Gefahren. Für manche Länder ist
die Gesundheit der Zukunft das, was in anderen Ländern bereits die Gesundheit der Gegenwart ist.»
All die Fortschritte werfen noch deutlicher die Frage auf,
was mit den rund einer Milliarde Menschen auf Erden geschehen soll, die bislang nicht von diesen Entwicklungen profitieren konnten – mit denjenigen also, die noch immer im
Teufelskreis aus extremer Armut und Krankheit stecken. Rosling formuliert es sehr direkt: «In extremer Armut zu leben,
bedeutet, auf einem Niveau zu leben, auf dem man nicht
überleben wird, wenn der Lebensstandard auch nur ein bisschen sinkt.» Das Überwinden extremer Armut ist der wichtigste Punkt in den nachhaltigen Entwicklungszielen der Vereinten Nationen, die am 1. Januar 2016 in Kraft getreten
sind: Innerhalb von 15 Jahren soll es die Welt schaffen, extreme Armut zu stoppen. Rosling ist fest davon überzeugt, dass
dies im Rahmen unserer Möglichkeiten liegt. Der Schlüssel
dazu sei die Verbesserung der grundlegenden Gesundheitsversorgung. «Das grösste Gesundheitsproblem für die ärmsten Länder bilden noch immer Infektionskrankheiten wie
Lungenentzündung und Durchfall. Dies sind heilbare Krankheiten, die sich mit einer hinreichend hygienischen Umgebung vermeiden lassen», sagt Rosling. «Wir können die weltweite Ungleichheit beenden – wir wissen, was dafür zu tun
ist. Tatsächlich scheint dieses Ziel im Vergleich zum Kampf
gegen Klimawandel und Krieg geradezu leicht erreichbar.»
Laut Rosling ist eine der grössten Hürden unsere eigene
Ignoranz über die Entwicklungen der vergangenen 50 Jahre.
2006 fand er heraus, dass Studierende im Fach globale Gesundheit am Karolinska-Institut beim Beantworten von Fragen über die Gesundheitslage in Asien nicht besser waren als
Schimpansen. Bei der Aufgabe, anzugeben, welches von zwei
Ländern eine doppelt so hohe Sterblichkeitsrate hat wie das
andere, kam weniger als die Hälfte auf die richtige Antwort.
«Das ist weniger als bei Schimpansen, die ihre Antworten zufällig wählen», sagt Rosling ohne Umschweife. Ähnliche
Tests hat er seitdem mit Gruppen in anderen Ländern wie
den USA, Grossbritannien, Deutschland, Südafrika und Norwegen gemacht. Zu den Fragen zählen: «Hat sich der Anteil
der Weltbevölkerung, der in extremer Armut lebt, in den
­vergangenen 20 Jahren verdoppelt, halbiert oder nicht verändert?» und «Wie ist die Lebenserwartung der Weltbevölkerung?». Die Ergebnisse waren überall ähnlich – ein erschreckend hoher Anteil der erwachsenen Befragten täuschen sich
über den Zustand der Welt, halten die Situation für schlimmer, als sie ist.
Die Ursachen dafür sieht Rosling in mehreren Faktoren,
einen aber hebt er heraus: Der Blick auf die Welt, den viele
von uns haben, sei schlicht veraltet. «Die meisten von uns
haben das, was sie über die Welt wissen, in der Schule gelernt, und diese Informationen werden nur über die Nachrichten aktualisiert, die naturgemäss das Aussergewöhnliche
DIE ZUKUNFT GESTALTEN
32
«Die meisten von uns haben das, was sie
über die Welt wissen, in der Schule
­gelernt, und diese Informationen werden
nur über die Nachrichten aktualisiert,
die naturgemäss das Aussergewöhnliche
gegenüber dem Normalen betonen und
sich auf rasche Veränderungen konzen­
trieren. Langsamer und stetiger Wandel
bei bedeutenden Trends dagegen be­
kommt nicht viel Aufmerksamkeit.»
Hans Rosling
gegenüber dem Normalen betonen und sich auf rasche Veränderungen konzentrieren. Langsamer und stetiger Wandel
bei bedeutenden Trends dagegen bekommt nicht viel Aufmerksamkeit», erklärt Rosling. Von daher kommt unsere
­Tendenz, zu glauben, dass die Dinge schlimmer sind, als sie
wirklich sind.
DIE WAHRHEIT LIEGT IN DEN FAKTEN
Rosling hat es zu einem seiner wichtigsten Ziele gemacht,
gegen solche falschen Vorstellungen anzugehen. Er möchte
den Menschen Fakten über unsere Welt so zeigen, dass sie
leicht zu verstehen sind. Dazu hat er 2005 zusammen mit
seinem Sohn und seiner Schwiegertochter die Gapminder
Foundation gegründet. Eine gemeinnützige Organisation,
die sich für nachhaltige globale Entwicklung mit Hilfe eines
auf Fakten basierenden Blicks auf die Welt einsetzt. Mit
Trendanalyzer, einem selbst entwickelten Softwarewerkzeug,
hat das Gapminder-Team eine Möglichkeit gefunden, Daten
von verschiedenen Institutionen zusammenzubringen, die
bis dahin für die Öffentlichkeit schlecht zugänglich oder
nicht auf Anhieb zu verstehen waren. Diese Daten werden
durch das Team leicht und verständlich zusammengetragen.
Rosling spricht davon, Daten auf eine Weise «zu befreien
und zu verbinden», um einen auf Fakten basierenden Blick
auf die Welt zu gewinnen.
«In Westeuropa und Nordamerika gibt es diesbezüglich
eine toxische Kombination aus Arroganz und Ignoranz», sagt
er. «Ich habe entschieden, dem entgegenzutreten, indem ich
zum Lehrer werde und öffentlich verfügbare Statistiken einsetze. Acht von zehn Menschen weltweit haben heute Zugang zu Elektrizität, acht von zehn Kindern werden gegen
Masern geimpft, neun von zehn Mädchen im Grundschul­
alter gehen in die Schule. Die Leute wissen das nicht. Sie haben eine veraltete Weltsicht, die ungefähr 35 Jahre hinter der
Zeit zurückliegt.»
Wir müssen verstehen, wie wir die Zukunft gestalten und
unseren Blick auf die Welt auf einen neuen Stand bringen
können, der zur heutigen Realität passt, betont Rosling. Von
den heute sieben Milliarden Menschen weltweit gehört eine
Milliarde zur höchsten Einkommensgruppe und eine Milliarde zur untersten. Für die fünf Milliarden Menschen da­
zwischen passieren die schnellsten Fortschritte im Bereich
Gesundheit. «Wenn wir uns auf die schlimmsten Fälle konzentrieren, übersehen wir die enormen Verbesserungen, die
es bei der Mehrheit gegeben hat», sagt Rosling. «Die meisten Länder sind gut unterwegs. Eine Ausnahme sind die Länder, in denen Krieg herrscht oder dysfunktionale Regierungen an der Macht sind. Die Schwellenländer nähern sich
Europa und Nordamerika jedes Jahr weiter an. Sie bieten
grundlegende Gesundheitsdienste für alle Einwohner, Hilfe
für jede schwangere Frau und Impfungen für jedes Kind sowie Medikamente gegen Fieber und Durchfall.» Wenn ein
Land Infektionskrankheiten unter Kontrolle bekommt, profitiert die gesamte Bevölkerung – direkt, weil sie sich nicht
ansteckt, und indirekt, weil die Erwerbstätigen gesünder
­
­werden, was der Wirtschaft zugute kommt. Roslings Schlussfolgerung daraus: «Investitionen in die Gesundheit zahlen
sich aus. Erstens führen Menschen dadurch ein besseres Leben, zweitens können sie Geld verdienen. Man kann deutlich
schneller vorankommen, wenn man erst einmal gesund ist.»
zen, dass in Afrika vier Milliarden Menschen leben werden»,
erklärt Rosling. Damit wird es in Afrika viermal so viele Menschen geben wie in Europa, und der «Alte Westen» – die
USA und Europa – wird weniger als zehn Prozent der gesamten Weltbevölkerung ausmachen; in den 1960er Jahren waren es noch 30 Prozent. Mehr als 80 Prozent der Weltbevölkerung werden in Asien und Afrika leben. «Das Zentrum wird
nicht mehr der Nordatlantik sein. Der Grossteil des Handels
wird sich um den Indischen Ozean herum abspielen», sagt
Rosling. «Bereits 2035 wird es im Westen weniger Reiche geben als im Rest der Welt.»
«Investitionen in die Gesundheit zahlen
sich aus. Erstens führen Menschen da­
durch ein besseres Leben, zweitens kön­
nen sie Geld verdienen. Man kann deut­
lich schneller vorankommen, wenn man
erst einmal gesund ist.»
Hans Rosling
IN DIE GESUNDHEIT INVESTIEREN LOHNT SICH
Zum Beleg zeigt Rosling Daten zu einem weiteren wichtigen
Fortschrittsindikator: der Lebenserwartung. Im Jahr 1800
lag sie weltweit bei nur 40 Jahren. «Selbst in den wohlhabenderen Ländern wie Grossbritannien waren die Leute reicher,
aber nicht gesünder, weil es noch nicht das nötige Wissen
über Hygiene gab», erklärt er. Heute zeigt sich beim Vergleich von zwei Ländern wie Schweden und Singapur, dass
der Stadtstaat Schweden nicht nur eingeholt, sondern sogar
überholt hat. Singapur ist sowohl reicher als auch gesünder.
«In Asien machen die Menschen allgemein schnellere Fortschritte», sagt Rosling. «Gesundheit, Zwei-Kind-Familien
und Bildung waren zuerst da. Jetzt haben die jungen Menschen in dieser Region einen Universitätsabschluss und zählen zu den besten jungen Talenten weltweit. Anschliessend
beginnt das Wirtschaftswachstum.» Der letzte Schritt der
Aufholjagd, bei dem Asien das Niveau von Europa und den
USA erreicht, dürfte laut Rosling schneller kommen, als viele
glauben. Schon Mitte dieses Jahrhunderts könne es so weit
sein. Und auch in Afrika hätten ähnliche Entwicklungen bereits begonnen.
Was kann man, gerüstet mit den Fakten über die Gegenwart, aus den weltweiten Bevölkerungstrends für die Zukunft
ablesen? Von den heute sieben Milliarden Menschen leben
eine Milliarde in Nord- und Südamerika, eine Milliarde in Europa, der Türkei und Russland, eine Milliarde in Afrika und
vier Milliarden in Asien. Aber all das wird sich aufgrund von
unterschiedlichen Geburtenraten in den einzelnen Regionen
ändern. «Bis 2050 wird es in Afrika und Asien je eine Milliarde zusätzliche Menschen geben. Für 2100 lässt sich abschät-
Fakten und Statistiken sind wichtig, um sich ein korrektes
Bild von der Welt zu machen. Jedoch besteht Rosling zugleich darauf, dass auch Erfahrungen aus erster Hand unverzichtbar sind. «Ich habe die Welt nicht durch Daten verstanden, sondern durch die Realität», sagt er. «Ich konnte die
Welt nur verstehen, weil ich in ihr gearbeitet habe.» Lange
Zeit über war Rosling in Asien, Afrika, Lateinamerika und im
Nahen Osten tätig. Vor Kurzem unterstützte er in Liberia
den Kampf gegen Ebola. Seine eigenen Erfahrungen zeigen,
wie sehr direkter Kontakt zu anderen Ländern dabei hilft, die
Welt zu entdecken und sie besser zu verstehen. «Im Kongo
habe ich Zeit mit weiblichen Kleinbauern verbracht, die zu
den ärmsten Menschen der Welt zählen», berichtet er. «Ich
muss zugeben, dass ich überrascht darüber war, wie intelligent sie sind. Menschliche Klugheit hat nichts damit zu tun,
ob man studiert hat oder nicht. Um es brutal zu sagen: Wenn
man in extremer Armut lebt, muss man sogar intelligent sein,
ansonsten stirbt man.»
Mit der Gapminder Foundation haben wir versucht, eine
Landkarte der modernen Welt zur Verfügung zu stellen»,
sagt er. Mit dieser Arbeit zeigt Rosling der breiten Öffentlichkeit, welche Auswirkungen die enormen Veränderungen
der vergangenen Jahre hatten, welche Entwicklungen in
Gang gekommen sind und welche Erfolge in Zukunft noch
möglich sind. Und was werden die Auswirkungen unserer
Generation sein? «Ich bin weder Optimist noch Pessimist»,
sagt Rosling zusammenfassend zu den Fortschrittschancen
für die Menschheit. «Ich bin Possibilist. Wenn es möglich ist,
können wir es schaffen.»
33
DIE ZUKUNFT GESTALTEN
Dr. Liu Thai Ker möchte «das Land romantisieren», wenn er eine Stadt plant.
SINGAPUR:
DIE VISION EINES
MEISTERPLANERS
DIE ZUKUNFT GESTALTEN
34
Das unglaubliche Tempo der Urbanisierung ist eine enorme Herausforderung für Stadt­
planer weltweit. Auf der Suche nach Inspiration blicken viele von ihnen nach Singapur und
zu Dr. Liu Thai Ker. Er hat die Stadt in den vergangenen 50 Jahren von einer Ansamm­
lung von Slums zu einer der gelungensten Megacitys der Welt gemacht.
Autor: Stuart Spear
Wer nach Singapur kommt, ist sofort beeindruckt. Der Flug­
hafen begrüsst Besucher mit glitzernder Modernität. Ein
­effizientes Nahverkehrssystem und von Bäumen gesäumte
Strassen verbinden sie mit einer modernen Innenstadt mit
Weltklassehotels, Bürotürmen und Einkaufszentren. Der Sin­
gapore River und seine Quais geben der Stadt ihre Seele. Ein
Drittel der Insel ist für Naherholungsgebiete und Trinkwas­
sergewinnung reserviert, was dabei hilft, ihre natürliche Um­
gebung zu bewahren.
Es ist eine saubere, grüne Stadt aus einem Guss, und sie
funktioniert. Genau aus diesem Grund stehen Stadtplaner
aus aller Welt seit Jahren Schlange bei Dr. Liu Thai Ker, dem
Mann, der ab 1969 in verschiedenen Funktionen entschei­
dend an der Planung von Singapurs urbaner Zukunft betei­
ligt war – zuletzt als Chief Executive des Housing Deve­
lopment Board (HDB) sowie als CEO & Chief Planner der
Urban Redevelopment Authority (URA). Dass andere Planer
von ihm wissen wollen, wie man Fehler vermeiden kann, ist
keine Überraschung: Sein Einfluss auf die Gestaltung von
Singapur ist unübersehbar, und die Einwohner sind sehr zu­
frieden damit.
In den kommenden 40 Jahren wird die Welt eine Urbani­
sierung von Ehrfurcht gebietendem Ausmass erleben. Wenn
China einen Entwicklungsstand wie die USA erreichen will,
wird das Land das Äquivalent von drei Vereinigten Staaten
neu bauen müssen – also dreimal so viele Gebäude und
Stras­sen, wie es in den USA schon gibt. Indien wird entspre­
chend fünf neue USAs bauen müssen, Indonesien eine, hinzu
kommen noch Afrika und Südamerika. «Wenn die Länder bei
der Planung einen schlechten Job machen, wird das negative
Auswirkungen auf die ganze Welt haben», erklärt Dr. Liu.
«Und wenn sie gute Arbeit leisten, wird die ganze Welt profi­
tieren. Das ist der Grund dafür, warum wir mehr als bereit
sind, die Erfahrungen von Singapur weiterzugeben.»
Als kleiner Junge in Singapur träumte Dr. Liu davon, in
die Fussstapfen seines Vaters zu treten und Künstler zu wer­
den. Stattdessen schickte ihn seine Mutter auf eine Architek­
turhochschule in Australien, weil sie nicht wollte, dass er in
das damals instabile China ging, um dort Kunst zu studieren.
Mit dieser Entscheidung veränderte sie sowohl das Schicksal
­ihres Sohnes als auch das von Singapur.
Dr. Liu studierte Architektur an der University of New
South Wales in Sydney und dann an der Yale University in
den USA. In diesen wichtigen jungen Jahren lernte er die
Grundprinzipien seiner Profession, die eines Tages auch Sin­
gapur prägen sollten. Als Erstes wurde ihm klar, dass kein
Gebäude eine ­Insel ist und es deshalb einen Bezug zu den
Bauten und Stras­sen um sich herum haben muss. Für ihn war
das der Anlass, Stadtplanung zu studieren, um so ein besse­
rer Architekt zu werden.
Darüber hinaus war Dr. Liu ein früher Umweltschützer.
Als er in Sydney arbeitete, nahm ihn sein Chef, der sich für
den Schutz der natürlichen Umgebung einsetzte, mit in den
australischen Busch. Diese Erfahrung hatte tiefen Einfluss
auf Dr. Lius Denken über die Natur. Von 1992 an war er Di­
rektor von RSP Architects Planners & Engineers, wo er weiter
an bedeutenden Projekten in Singapur und Asien arbeitete.
­Parallel dazu plante er fast drei Dutzend Städte in China,
Taiwan, Nahost und Russland mit Einwohnerzahlen zwischen
knapp einer Million und zwölf Millionen.
DAS LAND ROMANTISIEREN
Wie ein Planer seiner Ansicht nach Bezug zur Natur nehmen
sollte, dafür hat sich Dr. Liu eine eingängige Formulierung
ausgedacht: «Viele Leute fragen mich, warum es in Singapur
so viele gewundene Strassen gibt», erklärt er. «Ich antworte
dann immer, weil wir die Hügel nicht durchbohren, sondern
dafür sorgen wollten, dass die Strassen sich in die Hügel ein­
passen. Ich sage den Stadtplanern, dass sie versuchen sollen,
das Land zu romantisieren. Sie sollen es nicht als Haufen
Erde behandeln, sondern als etwas mit Gefühl, mit Charak­
ter. Wenn man jemanden romantisiert, zerstört man diese
Person nicht, sondern macht sie noch schöner.»
Die Geschichte von Singapur ist aussergewöhnlich. Öko­
nomisch gesehen war es in den 1960er Jahren ein DritteWelt-Land. Seine Wirtschaftsbasis war extrem klein, das
Pro-Kopf-Einkommen gering, und die Stadt war zerfallen.
Von 1,6 Millionen Einwohnern lebten mehr als 1 Million in
­illegalen Siedlungen. Die Herausforderungen für die kleine,
heterogene postkoloniale Republik ohne natürliche Ressour­
cen waren nach ihrer Gründung im Jahr 1965 enorm.
Bis Mitte der 1980er Jahre aber hatte sich ihre Wirtschaft
grundlegend verändert und Wohlstand gebracht. Das Ge­
heimnis hinter diesem Erfolg war die Entscheidung des da­
maligen Premierministers Lee Kuan Yew, die Entwicklung der
Stadt nach einem Modell der strengen Planung anzugehen.
Heute ist Singapur ein Musterbeispiel für eine am Reiss­brett
entstandene Volkswirtschaft.
«Der eigentliche Sinn einer hervorragenden Stadt, auch
wenn Ökonomie wichtig ist, liegt in meinen Augen darin, das
Selbstwertgefühl jedes ihrer Bürger zu steigern, und ich glau­
35
DIE ZUKUNFT GESTALTEN
be, dass wir das geschafft haben», sagt Dr. Liu. Sie respek­
tiert sie, weil die Stadt so gut geplant ist.»
Bildung und Infrastruktur sollten die wichtigsten Trieb­
kräfte für Wandel in einem Land sein, das an Ressourcen
nichts hatte ausser seinen Menschen. In den späten 1960er
Jahren, als das Fundament für ihre Zukunft gelegt wurde, be­
gann die Stadt im Rhythmus des Dampfhammers zu vibrie­
ren. Dr. Liu war von Anfang an dabei. Nach seiner Rückkehr
aus den USA stieg der junge Architekt und Planer schnell auf
und wurde 1969 Chief Executive des HDB und später Chief
Planner von Singapur. «Ich hatte das Gefühl, dass es für die
USA keinen grossen Unterschied machen würde, wenn ich
weiter in New York gelebt hätte. Mit der Rückkehr nach Sin­
gapur aber hoffte ich, etwas bewirken zu können, und ich
glaube, das war die richtige Entscheidung», sagt er.
VON DEN NACHBARN LERNEN
Singapur wollte von den Erfahrungen seiner Nachbarn ler­
nen, insbesondere von Hongkong. Urbanisierung in Asien
war damals meist von Profit und Prestige getrieben. Entwick­
lungsprojekte wurden mit unrealistischen Zeitplänen ange­
gangen und waren als Zeichen des Fortschritts westlichen
Stadtlandschaften nachempfunden. Oft fielen diesem Pro­
zess historische Bezirke und landschaftlich reizvolle Gebiete
zum Opfer. Dies war ein Fehler, den Singapur nicht wieder­
holen wollte.
Eine der ersten Herausforderungen war die Schaffung
von Wohnraum. Was heute nur noch eine Reise in die Ver­
gangenheit für Touristen ist, war damals für viele Singapuria­
ner Realität – sie lebten in Kampongs oder traditionellen
Dörfern, die zum Schutz gegen Hochwasser häufig auf Stel­
zen standen. Heute sind die Kampongs verschwunden, und
allgegenwärtiger öffentlicher Wohnungsbau zeigt einen ho­
hen Anteil an Immobilienbesitzern in hoch gebauten Vierteln
mit hoher Bevölkerungsdichte. Ein Heim für jeden zu schaf­
fen, war ein enormer Kraftakt. Singapur war eine kleine Insel
mit grosser Bevölkerung und dem festen Willen, jedem Ein­
wohner mit Subventionen zu den eigenen vier Wänden zu
verhelfen. Das bedeutete, sich dem damaligen weltweiten
Trend des Hochhausbaus zu widersetzen. Die Lösung für
Singapur waren hohe, dicht beieinanderliegende Gebäude
in zwei Dutzend weitgehend autarken New Towns. Heute
kommen mehr als 80 Prozent der Wohngebäude in Singapur
vom Staat.
Anders als in den meisten anderen Megacitys sind Staus
in Singapur kein grosses Problem. Denn statt eines einzelnen
Stadtzentrums, in das Arbeitnehmer pendeln müssen, be­
kam die Stadt mit den New Towns autarke Zellen, deren Be­
wohner fast alles zu Fuss erreichen können, einschliesslich
ihrer Arbeitsplätze. All diese New Towns verfügen über ein
effizientes System für Personennahverkehr. Laut Dr. Liu hat
sich dieses Konzept anderswo in der Stadtplanung bis heute
nicht richtig durchgesetzt.
«Wir haben gewusst: Wenn wir Wohneigentum für alle
wollen, müssen wir so vorgehen», erklärt er. «Wenn man sei­
ne Ideen durchdenkt, bekommt man den Mut, dem weltwei­
ten Trend zu widerstehen. Wir sind ein kleines Land, also
Das Marina Bay Cruise Centre Singapore wurde als Teil des Masterplans für die Innenstadt von
Singapur entworfen.
DIE ZUKUNFT GESTALTEN
36
Die Henderson Bridge ist eine 274 Meter lange Fussgängerbrücke, die im Jahr 2008 fertiggestellt wurde.
Mit neun Wellen erweckt die Henderson Bridge den Eindruck, als würde sie sich schlängeln.
37
DIE ZUKUNFT GESTALTEN
Die öffentlichen und privaten Wohnungen in Bishen Town wurden
vom Housing Development Board entwickelt.
mussten wir uns darüber im Klaren sein, was wir wollten und
was wir tun mussten. Es ist wichtig, nicht irgendwelchen
Trends zu folgen.»
Singapur hat anderen Städten in Asien bewiesen, dass
eine dichte Bebauung bei guter Planung trotzdem hohe Le­
bensqualität bedeuten kann. Bis 2012 hatte das HDB 1 Milli­
on Wohneinheiten, 17 000 Geschäfte und 12 000 Fabrikein­
heiten gebaut. Die Gewinne aus Läden, Fabriken, Parkhäusern
und steigenden Grundstückspreisen wurden zur Quersub­
ventionierung von Wohnimmobilien verwendet.
Weiteres Geld kam aus Singapurs berühmtem Finanzie­
rungsprogramm, dem Central Provident Fund. «In jeder
Stadt werden wir darum beneidet. Die Idee ist so brillant,
dass wir zuerst gar nicht bemerkt haben, wie glücklich wir uns
schätzen können, sie gehabt zu haben», sagt Dr. Liu. Der
Fonds ist ein umfassender Sparplan für alle Arbeitnehmer
und dauerhaften Bewohner Singapurs und dient der Finan­
zierung von Ruhestand, Gesundheit und Wohnraum.
Die 1970er und 1980er Jahre waren eine anstrengende
Zeit, räumt Dr. Liu ein. Denn ihm wurde schnell klar, dass
DIE ZUKUNFT GESTALTEN
38
Millionen Menschen darunter gelitten hätten, wenn er Fehler
bei der Planung gemacht hätte. Er und seine Kollegen spra­
chen deshalb regelmässig mit Einwohnern und Interessen­
gruppen, um sich in jeder Phase Feedback zu holen. Gleich­
zeitig wurde ein Dutzend Soziologen beschäftigt, die mit
Architekten, Ingenieuren und Immobilienmanagern zusam­
menarbeiteten, um die Planung und Gestaltung der Wohn­
gebiete zu verfeinern.
Als die Wirtschaft Singapurs wuchs und mehr Geld ver­
fügbar war, verbesserte sich die Qualität der Gebäude.
Ab den 1970er Jahren wurden ältere Wohneinheiten reno­
viert, in den New Towns entstanden neue private Wohnge­
bäude und jegliches Stigma, das es um HDB-Immobilien
bis dahin gegeben hatte, verschwand. Die Appartements
waren standardisiert, doch bei ihrer Gestaltung hatten die
Bewohner völlige Freiheit, so dass jedes davon einzigartig
werden konnte.
Dr. Liu betont, wie wichtig umfassende staatliche Unter­
stützung ist. «Die Regierung von Singapur hat die Grundla­
gen dafür geschaffen, dass wir relativ fair Land kaufen und
Menschen umsiedeln konnten. Wenn ich durch unterschied­
liche Teile der Welt reise, fällt mir auf, von welch grosser Be­
deutung diese Entscheidung war. Ohne diese Unterstützung
hätte das HDB nicht erreichen können, was es in den vergan­
genen 50 Jahren geschaffen hat.»
Ausserdem, so warnt Dr. Liu, müsse die Regierung dafür
sorgen, dass sie ihre Ankündigungen auch einhält. Wenn sie
Obdachlosigkeit in einer bestimmten Bevölkerungsgruppe
bekämpfen will, muss sie ihre Pläne wahr machen, um glaub­
würdig zu sein und die Unterstützung der Bevölkerung zu
gewinnen. Ein solches Programm muss für die Gruppe, die
am wenigsten Miete bezahlen kann, ebenso funktionieren
wie für diejenige mit dem höchsten Einkommen. In den frü­
hen Tagen half das HDB Arbeitslosen sogar bei der Jobsu­
che, ­damit sie ihre Miete finanzieren konnten. Die Grösse der
Wohnungen wurde so gewählt, dass sie bezahlbar blieben.
Die Umsiedlung wurde von Gemeinschaft zu Gemeinschaft
betrieben, um den sozialen Zusammenhalt zu bewahren.
STADTPLANUNG ALS WISSENSCHAFT UND KUNST
Heute ist Dr. Liu Vorsitzender des Centre for Liveable Cities.
Aufgabe des im Jahr 2008 von der Regierung von Singapur
eingerichteten Zentrums ist, «Wissen über lebenswerte
nachhaltige Städte zu destillieren, zu schaffen und zu ver­
breiten». Das bedeutet, dass Dr. Liu einen Grossteil seiner
Zeit als Berater für Stadtplanung und als Vortragsredner in
der ganzen Welt unterwegs ist. Alle zwei Jahre richtet er aus­
serdem in Singapur den World Cities Summit aus, um seine
Planungsprinzipien bekannt zu machen. Einen robusten
Master-Plan nennt er eine «Maschine für das Leben» und
vergleicht die Verbindung zwischen den Elementen einer
Stadt mit der Zusammenstellung von Teilen in einem Motor.
«Es gibt keine Schönheit ohne Funktion», erklärt er.
«Stadtplanung ist eine Wissenschaft und eine Kunst, und
wir müssen die Teile in dieser Maschine für das Leben ken­
nen. Wir müssen wissen, wie viele Elemente es gibt, wie gross
sie sind und wie sie zusammengehören», sagt Dr. Liu. Um
das zu erreichen, so warnt er, reicht es nicht aus, sich kopf­
über in die Zukunft zu stürzen. Um zu sehen, was funktioniert
und was nicht, müsse man auch Erfahrungen aus Vergan­
genheit und Gegenwart berücksichtigen. Dies, so glaubt er,
ist das Vermächtnis, das Singapur der Welt zu bieten hat.
«Viele Länder und Städte wollen sein wie Singapur», sagt
Dr. Liu. «Der wertvollste Teil unserer Erfahrung liegt weniger
in dem, was in Singapur heute geschieht, sondern darin, wie
wir begonnen haben. Wenn man den Anfang richtig macht,
ergibt sich der Rest von selbst.»
Alltag in einer Siedlung des Housing Development
Board im Distrikt Tanjong Pagar.
39
DIE ZUKUNFT GESTALTEN
SCHNELL UND
ERFOLGREICH
Simona De Silvestro und ihr Leben für den Rennsport
Schon als Kind hatte Simona De Silvestro ein grosses Ziel: die erste Liga des ProfiRennsports. Inzwischen hat sich die Schweizer Rennfahrerin einen Namen in der
IndyCar-Serie gemacht. Nun nimmt sie die Formel E ins Visier. Als «gebranntes Kind»,
das nichts scheut, stellt sie sich mutig und entschlossen den Rennen der Zukunft.
Autor: Ross Ringham, Redakteur des Magazins Current E
Vierzig Sekunden. De Silvestro müssen sie wie eine Ewigkeit
vorgekommen sein, als die Vorderräder ihres IndyCar auf
dem Texas Motor Speedway Feuer fingen. Noch bevor der
Rennwagen bebend zum Stehen kam, hatten sich die Flammen über die gesamte rechte Fahrzeugseite ausgebreitet.
Die Rettungskräfte waren sofort zur Stelle, hatten aber
Mühe, die Pilotin aus dem Cockpit zu befreien. Ausgerechnet ein Teil der Kopfstütze, die den Fahrer bei einem Unfall
schützen soll, war im Weg. Dann klemmte ein Feuerwehrschlauch, sodass wertvolle Zeit verging, bis der Löschschaum
die Flammen erstickte. Als De Silvestro schliesslich aus dem
Inferno befreit wurde, hatte sie an den Händen trotz feuerfester Kleidung Verbrennungen dritten Grades erlitten.
Für die 27-Jährige, die ausser IndyCar-Rennen auch schon
Formel-1 und Formel-E-Rennen gefahren ist, war das aber
nicht das letzte Spiel mit dem Feuer. Ein Jahr später hatte sie
den nächsten IndyCar-Unfall. Diesmal war eine defekte Aufhängung schuld: Der Wagen überschlug sich, fing Feuer und
rutschte auf dem Dach liegend über die Rennstrecke.
De Silvestro – von ihren Fans bewundernd «Eiserne Jungfrau» genannt, seit sie mit verbrannten Händen dem Rennsport
treu blieb – fürchtet überraschenderweise weder Unfälle noch
Fahrzeugbrände. Ihr macht etwas ganz anderes viel mehr zu
schaffen: das Warten auf das nächste grosse Rennen.
Darin ähneln Profi-Rennfahrer den Schauspielern: Sie
sind manchmal nur für ein Rennen oder eine Saison Mitglied
des Teams – so wie Schauspieler für einen Film oder für eine
Spielzeit am Theater engagiert werden. Erfolge münden
nicht automatisch in einer Vertragsverlängerung. Auch sind
sie – angesichts der wenigen verfügbaren Plätze – keine Garantie, dass schon der nächste Einsatz wartet.
EIN «ELEKTRISIERENDER» WECHSEL – PER ZUFALL
De Silvestro ist in den höchsten Motorsportklassen, sowohl
in Europa als auch in den USA, keine Unbekannte. Nach einigen Jahren in der IndyCar-Serie hatte sie gute Aussichten
auf einen Einstieg in die Formel 1, den sie aber hauchdünn
verpasste. «Die Formel 1 ist mein grösster Traum. Aber der
ist nicht leicht zu verwirklichen», sagt sie.
Februar 2016: De Silvestro sitzt auf einer niedrigen Mauer in Puerto Modero, einem aufstrebenden Viertel von Buenos Aires. In zwei Tagen werden sich die Strassen der Metropole in eine Rennstrecke für rein elektrisch angetriebene
Formel-E-Rennwagen verwandeln. Drei Rennen ihrer ersten
Saison im Andretti-Formel-E-Team hat De Silvestro bereits
hinter sich. Ihren Einstieg in die Formel E hat sie nicht geplant; sie war einfach nur vorbereitet und zur richtigen Zeit
am richtigen Ort.
«Ich bin da einfach so hineingestolpert», sagt sie. «Michael (Andretti) hatte ein Team. Letztes Jahr bin ich für ihn
ganz erfolgreich einige (IndyCar-)Rennen gefahren. Danach
war ich beim Indy 500 mit dabei. Und dann wusste ich nicht
so recht, wie es weitergehen sollte. Schliesslich wollten sie
mich für die Formel E in London haben.» Wenn sich eine sol-
SPONSORING
42
che Chance bietet, greifen Rennfahrer wie De Silvestro natürlich mit beiden Händen zu.
Wenn De Silvestro – sonnengebräunt, das braune Haar
zusammengebunden, mit der typischen verspiegelten Sonnenbrille auf der Nase – über ihre Karriere spricht, könnte
man meinen, sie erzählt von einem ganz normalen Beruf.
Durchhaltevermögen zeigen, sich von Enttäuschungen nicht
unterkriegen lassen und offen für neue Chancen sein: Überzeugungen wie diese bestimmen ihr Leben und ihre Karriere
– für sie besteht da ohnehin kein Unterschied.
«Man gibt schon ziemlich viel auf», sagt sie nachdenklich.
«Als Rennfahrer lebst du für deinen Sport. Als ich die Schweiz
verliess, war ich 16. Du verlierst ein paar Freunde, weil du nicht
wirklich da bist. Aber du erlebst auch so viel Neues! Wenn du
etwas wirklich willst und die Chance erhältst, es zu tun, dann
denkst du nicht lange nach – du machst es einfach.»
Als gebürtige Schweizerin mit italienischen Wurzeln war
De Silvestro schon als kleines Kind von schnellen Autos fasziniert: «Als ich vier war, nahm mein Vater mich zu einer
­Gokart-Show mit. Ich wollte selbst fahren, kam aber nicht an
die Pedale. Er nahm mich auf den Schoss und fuhr mit mir
herum. Aber ich weinte wie ein Schlosshund, weil ich nicht
selbst fahren konnte! Als ich sechs war, bekam ich dann meinen ersten Gokart.»
Viele der erfolgreichsten Rennfahrer der Welt haben als
Kartfahrer angefangen. Im Gokart lernt man, ein Fahrzeug zu
beherrschen. Später, mit wachsender Erfahrung, kommt der
Wechsel in die Klasse der «richtigen» Rennwagen. «Ich war
16, als ich den Gokart gegen einen Rennwagen tauschte»,
sagt De Silvestro. «2005 fuhr ich erstmals in der Formel
­Renault 2.0 in Italien. Aber ich hatte nicht genug Geld, um in
­Europa zu bleiben. Dann erhielt ich die Chance, Formelrennen für BMW in den USA zu fahren.»
2006 wurde De Silvestro in der Formel BMW Vierte bei
den US-amerikanischen Meisterschaften und bekam ihre
nächste, noch grössere Chance: «Ich fuhr dann drei Jahre
lang in der Atlantic-Championship-Rennserie», sagt sie. In
dieser Zeit erreichte sie vier Mal die Pole-Position, fuhr fünf
Siege ein und errang im dritten Jahr den dritten Platz in der
Gesamtwertung.
Die nächste Station auf De Silvestros «Weg zu höheren
Weihen» waren die IndyCar-Rennen, Amerikas wichtigste
Open-Wheel-Rennserie. Für die Saison 2010 ergatterte sie
einen Platz in einem der kleineren Rennställe, dem HVMTeam. Es war eine schwierige Zeit, obwohl De Silvestro den
«Rookie of the Year», den begehrten Nachwuchspreis der Indianapolis 500, erhielt und sich einen Platz in der Renngeschichte sicherte. Ihr Team war von ihren IndyCar-Erfolgen
beeindruckt. Ihre harte Arbeit und ihr geschicktes Networking zahlten sich schliesslich aus: 2014 wurde das SauberFormel-1-Team auf sie aufmerksam. «Die Tests verliefen
gut», sagt De Silvestro. «Aber leider fehlte etwas ganz Entscheidendes: Sponsoren.»
Nach dieser Enttäuschung weiterzumachen, war nicht
leicht, wie De Silvestro zugibt. «Nach dem schweren Unfall
Seit der Saison 2015/2016 fährt De Silvestro für das Team Andretti Formula E.
43
SPONSORING
Oben: Rettungsteams bekämpfen das Feuer an De Silvestros Auto beim IndyCar-Rennen Firestone 550K im Texas
Motor Speedway in Fort Worth, Texas.
SPONSORING
44
«Du musst hart arbeiten. Dranbleiben. Auch wenn es
manchmal nicht so läuft, wie du willst: Behalte dein
Ziel im Auge. Hab keine Angst vor deinen Träumen.»
Simona De Silvestro
2011, bei dem meine Hände ziemlich schlimm verbrannt waren, wollte ich zuerst keine Rennen mehr fahren. Das war
hart. Aber noch härter war es, als ich letztes Jahr, nach der
Geschichte mit Sauber, nicht wusste, was und wo ich in Zukunft fahren würde.» Aber dann kam der Anruf von Michael
Andretti, und De Silvestro stieg in die Formel E ein.
ADRENALIN UND ENERGIEZIELE
Rennfahrer können scheinbar keiner Herausforderung widerstehen, und die Formel E ist keine einfache Serie, wie De
­Silvestro inzwischen weiss. Für das Training haben die Fahrer
am Renntag nur 75 Minuten. Das muss reichen, um vor der
einzigen Qualifying-Runde die Rennstrecke kennenzulernen
und die Fahrzeuge abzustimmen. Nicht viel Zeit also für Experimente und Änderungen am Fahrzeug oder für Neulinge,
die sich mit den für diesen Sport so wichtigen Energiesparkniffen noch vertraut machen müssen.
«Das Rennen ist vollkommen anders als alles, was ich bisher kannte», sagt De Silvestro. «Im IndyCar fährst du immer
auf Tempo. Sicher versuchst du auch, Sprit zu sparen, aber
das steht nicht so im Vordergrund wie das Energiesparen in
der Formel E. Das musst du einfach beherrschen. Du hast
Fahrer hinter dir und vor dir und willst eigentlich überholen,
aber dann schaust du auf die Energieanzeige und dein Puls
beginnt zu rasen. Das gibt es in anderen Rennserien so nicht.»
Zwar können elektrisch angetriebene Formel-E-Rennwagen durch Bremsvorgänge Energie zurückgewinnen, aber die
Batterieleistung und die Energieabgabe werden von der FIA
strikt geregelt. Im Qualifying beträgt die erlaubte Maximalleistung 200 kW, im Rennen 180 kW. Während die Fahrer
sich ihre Positionen erkämpfen, müssen sie gleichzeitig darauf achten, nicht zu viel Energie zu verbrauchen. Ausserdem
dürfen nur wenige Telemetriedaten an das Team übermittelt
werden, sodass es viel stärker auf das Können, die Intelligenz
und die Leistung des Fahrers ankommt als auf die Ingenieure an der Boxenmauer.
«Das Verrückte ist: Im Stand fühlt sich der Formel-E-Wagen an wie ein ganz normaler Rennwagen», sagt De Silvestro.
«Aber wenn du losfährst, hörst du kein Motorgeräusch. Weil
das Auto so leise ist, hörst du dein Herz umso lauter schlagen. Das war das erste, was mir in London auffiel. Ich rollte
zum Start und mein Herz schlug wie wild.»
In der Rennsaison 2015/16 brauchten De Silvestro und
das Andretti-Team erst eine Anlaufphase. Dass das amerikanische Team Probleme mit dem Antriebsstrang hatte, war
auch nicht hilfreich. Am Ende entschied es sich, wieder die
Technologie der ersten Generation einzusetzen, da diese sich
auch mit der neuen Maschine bewährt hatte. Allerdings war
den Fahrern und Ingenieuren da schon wertvolle Zeit verloren
gegangen, um das Beste aus den Fahrzeugen herauszuholen.
Die langen Intervalle in dieser Rennserie sind grösstenteils dem Beschluss geschuldet, beim Transport auf das Flugzeug zu verzichten und das Material möglichst per Seefracht
oder Bahn zu den Austragungsorten zu bringen, um den
CO2-Fussabdruck der Logistik zu minimieren.
«Man hat daher fast zu viel Zeit zum Nachdenken», sagt De
Silvestro. «Wenn ein Rennen schlecht gelaufen ist, klingt das
noch lange nach. Das gibt es in anderen Serien so nicht: Da sitzt
du nach einer Woche wieder im Rennwagen und kannst weitermachen. Wenn du aber zu viel Zeit hast, macht dich das manchmal fast verrückt, weil du einfach nur auf die Piste gehen und etwas ausprobieren willst. Aber man lernt, damit umzugehen,
steigt wieder ein und versucht einfach, sein Bestes zu geben.»
DEN PREIS IM VISIER
De Silvestro freut sich über jede Chance, die sich ihr bietet.
Wenn sie über ihre Erfolge spricht, fällt zwar oft das Wort
«Glück», aber man muss nur etwas genauer hinschauen, um
ihre Entschlossenheit, ihren Mut und ihren Fleiss zu erkennen.
Wie jeder Profi-Sportler, Künstler oder Musiker von Weltrang
ist De Silvestro bereit, sehr viel Zeit in ihre Karriere zu investieren. Nach ihren Erfolgen in der IndyCar-Serie und dem
zum Greifen nahen Einstieg in die Formel 1 glaubt sie, dass es
heute nicht mehr so sehr interessiere, dass sie eine Frau sei.
«Ich weiss ja nicht, wie die Jungs das sehen», sagt sie –
mit einem Anflug von Ärger. «Aber Rennfahren ist heute ein
harter Job, weil es inzwischen so viel Konkurrenz gibt. In jeder
Serie, die ich bisher gefahren bin, habe ich Rennen gewonnen
und bin ganz vorne mitgefahren. Ich habe mir den Respekt
der anderen Fahrer verdient. Unter dem Helm bin ich wie alle
anderen da draussen auf der Strecke: Ich will einfach einen
möglichst guten Job machen.»
Im Moment heisst das: den blauen Andretti-FormelE-Flitzer auf Touren bringen. Auf die Frage, was sie jungen
Leuten raten würde, die im Rennsport Fuss fassen wollen,
sagt De Silvestro nach einigem Nachdenken aus vollem Herzen: «Du musst hart arbeiten. Dranbleiben. Auch wenn es
manchmal nicht so läuft, wie du willst: Behalte dein Ziel im
Auge. Solange ich denken kann, wollte ich Rennfahrerin werden. Dass ich eine Frau bin, war vielleicht nicht die beste Voraussetzung für diesen Traum. Aber ich wusste immer: Ich will
Rennen fahren. Hab also keine Angst vor deinen Träumen.»
45
SPONSORING
KÜNSTLERISCHE
MANIFESTATIONEN
Von Dada bis Ökonomie
Zürich ist in diesem Jahr Gastgeberin für eines der wichtigsten Ereignisse im euro­
päischen Kulturkalender: Manifesta, die europäische Biennale für zeitgenössische
Kunst, mit einem Themenspektrum von Dada bis Ökonomie. Gründungsdirektorin
Hedwig Fijen spricht über die möglichen Auswirkungen der Wanderausstellung
auf die lokale ­Kunstszene und erklärt ihre Ziele bezüglich Bildung, Transformation
und Kunst sowie ihren Auftrag, den vielfältigen Charakter eines veränderlichen
Europas zu erkunden.
Autorin: Emily Rookwood
47
SPONSORING
«Ich glaube, dass sich die Welt der zeit­
genössischen Kunst rapide verändern
wird, insbesondere in Bezug auf ihre
wirtschaftliche Basis.»
Hedwig Fijen
Der Akzent von Hedwig Fijen ist erst einmal schwer einzuord­
nen. Wenn sie über ihre Gedanken zur Rolle von Kunst in einer
veränderlichen Gesellschaft spricht, wird ein niederländischer
Einschlag erkennbar, doch insgesamt ist ihr Akzent, genau
wie ihr Leben und ihre Arbeit, stark von einer gesamteuropäi­
schen Perspektive geprägt. Aufgewachsen in den Niederlan­
den, hat Fijen an der Universität Amsterdam Geschichte,
Kunstgeschichte und Architektur studiert. Sie sieht bei sich
selbst einen «französischen, deutschen, christlichen und jüdi­
schen Hintergrund», und der hatte starken Einfluss darauf,
wie sie das Leben versteht. Die internationale Prägung war
auch der Grund dafür, dass sie über die Bedeutung von Kultur
nachdachte. Ihre persönlichen Erfahrungen mit Migration,
Kultur und Bildung wurden zur Grundlage ihrer Ansichten
über «die Rolle von Kunst in einer Veränderungen unterwor­
fenen Gesellschaft». Doch erst nach dem Fall der Berliner
Mauer nahmen diese Ansichten eine greifbare Form an.
«Nach dem Fall der Mauer war halb Europa mit der Tatsa­
che konfrontiert, dass die andere Hälfte an seinem Dialog
nicht teilgenommen hatte. Plötzlich gab es für junge Künstler
viel mehr Bewegungsfreiheit, aber auch mehr Dialog, Zusam­
menarbeit und Synergien», erklärt Fijen. «Wir haben uns
überlegt, dass es noch keine zweijährliche oder andere Kunst­
veranstaltung gab, die auf die neuen Formen der Zusammen­
arbeit reagierte, auf diese neue Art des Denkens in einer ge­
samteuropäischen Perspektive.» Und so wurde Manifesta
geboren, eine an wechselnden Orten stattfindende Biennale
für zeitgenössische Kunst, die jeweils genau 100 Tage dauert.
Nach den offiziellen Unterlagen sollte Manifesta eine
Antwort auf «die Vielfalt an gesellschaftlichen, politischen
und geografischen Umständen im heutigen Europa» sein.
Seit der Auflegung besteht das Hauptziel des Festivals darin,
zu diesen Themen etwas beizutragen, nicht mit theoretischen
Diskussionen, sondern durch künstlerische Angebote, basie­
rend auf kritischem Denken, Recherchen und Experimenten.
DIE IDENTITÄT EUROPAS NEU ERKUNDEN
Heute, 25 Jahre nach dem Beginn des ersten Projekts, sieht
Fijen «noch dringendere Gründe dafür, dass sich junge Euro­
SPONSORING
48
päer, Künstler, Denker, Macher und Philosophen zusam­
mensetzen und die Identität Europas neu erkunden». Der
Kontinent ist zunehmend gespalten und von vielen wirt­
schaftlichen und gesellschaftlichen Unsicherheiten geprägt.
Fijens Wunsch, Menschen zu ermutigen, die «grundlegen­
den humanistischen Ideen von Freiheit, Gleichheit, Brüder­
lichkeit» zu schätzen, ist vor diesem Hintergrund noch stär­
ker geworden.
Für Fijen ist zeitgenössische Kunst ein Medium, durch
das Hoffnung und neue Ideen entstehen und der breiten
Masse nähergebracht werden können. «Meine Idee ist, dass
wir auch mit einem kleinen Projekt mit relativ kleinem Budget
Berge versetzen können, was das Denken der Menschen be­
trifft», erklärt sie. «Selbst ein kleiner, bescheidener Versuch
kann manchmal – so wie der erste Stein, der ins Wasser ge­
worfen wird – enorme Wirkung haben.»
Dieses Jahr blicken dafür alle Augen auf Zürich, die Gast­
geberin für die elfte Auflage von Manifesta. Bislang ist die
Stadt eher für ihre Finanzinstitute bekannt als für ihre florie­
rende Kunst- und Sammlerszene. Mit dem diesjährigen Fes­
tival hoffen Fijen und das Manifesta-Team, die experimen­
telle Seite von Zürich zeigen zu können.
EIN KONTROVERSES THEMA
Dabei scheint der Titel für die Manifesta 11 den Mythos von
Zürich als einer Stadt, in der sich alles um die Finanzindustrie
dreht, zunächst sogar zu bestätigen. «What People Do
For Money: Some Joint Ventures», lautet er – sich mit die­
sem Thema im internationalen Finanzzentrum Zürich zu be­
schäftigen, hat Potenzial für Provokation.
«Was Menschen für Geld tun, ist in diesem Jahrzehnt der
weltweiten wirtschaftlichen Veränderungen eine Frage, die
viel mit Identität zu tun hat. Es ist eine sehr bedeutende,
dringliche Frage», erklärt Fijen. «Alles hängt davon ab, wie
man den Titel verstehen möchte – er ist ironisch, er ist nicht
zynisch, er ist humoristisch, aber zugleich ernst. Es ist wie bei
einem Diamanten – man kann ihn und das Thema aus vielen
unterschiedlichen Blickwinkeln betrachten.»
Für Fijen und die anderen Ausrichter der Manifesta 11 ist
wichtig, dass das Thema nicht als negativ wahrgenommen
wird, sondern als inspirierend, als Sprungbrett für allgemei­
nere Diskussionen über den Arbeitsmarkt, über die Auswir­
kungen von schnellen technologischen Entwicklungen auf
unser Arbeitsumfeld und über das Potenzial für die Zusam­
menarbeit zwischen Künstler- und Geschäftswelt. «Man
muss die Menschen ein wenig provozieren, damit sie auf
neue Ideen kommen», sagt Fijen. In diesem Fall erfüllt die
kleine Provokation ihren Zweck perfekt: Das Thema löst so­
fort Diskussionen aus und eröffnet Gespräche über Bedeu­
tung, Interpretationen und Hochrechnungen in Zusammen­
hang mit Geld.
Die Stadt Zürich hat das Festival, das mit ihren Feiern
zum 100. Geburtstag von Dada zusammenfällt, intensiv un­
terstützt. Der wunderbare absurde Geist von Dada bestätigt
Der Pavillon der Reflexionen, eine schwimmende Insel mit Freiluftkino und integriertem Swimming-Pool, entsteht zur
Manifesta 11 in Zusammenarbeit mit 30 Architekturstudenten von der ETH Zürich.
Tagsüber soll der Pavillon der Reflexionen als Treffpunkt und Schwimmgelegenheit im Freien dienen, abends werden
dort Filme gezeigt, die den kreativen Prozess hinter den verschiedenen Ausstellungsorten dokumentieren.
49
SPONSORING
Fijens Behauptung, Zürich sei schon immer «ein Ort für Ex­
perimente» gewesen, und die Feierlichkeiten dazu wurden
vollständig in das Manifesta-Programm integriert. Aus dem
Cabaret Voltaire, Heimat des Dadaismus, wird ein Zunft­
haus für Künstler – in einer Stadt voller Zunfthäuser für alle
Berufe, von Gewürzhändlern bis zu Schneidern und Schmie­
den, hat eines für Künstler bislang gefehlt. Jetzt kann jeder
Mitglied der neuen Zunft werden – man muss dafür nur
­einen Akt der performativen Kunst beitragen.
DIE GEMEINSCHAFT MIT EINBEZIEHEN
Sehr wichtig für Fijen ist es, die grössere Gemeinschaft mit
einzubeziehen – vor allem solche Menschen, die sich norma­
lerweise wenig mit zeitgenössischer Kunst beschäftigen wür­
den. Auf gewisse Weise ist Manifesta gar keine Biennale im
traditionellen Sinn: Statt Kunst nur in sauberen weissen Aus­
stellungsräumen zu zeigen, geht sie hinaus in die Gemein­
schaft, inspiriert parallele Projekte und «soziale Innovation»
und lässt in «künstlerischen Interventionen» lokale Studen­
ten und Berufstätige mitwirken. Für diesen inklusiven Ansatz
der Manifesta in Zürich gibt es zwei besonders erwähnens­
werte Beispiele: den Pavillon der Reflexionen und «What
People Do For Money: Some Joint Ventures».
«Meine Idee ist es, dass wir auch mit einem
kleinen Projekt mit relativ kleinem
­Budget Berge versetzen können, was
das Denken der Menschen betrifft.»
Hedwig Fijen
Der Pavillon der Reflexionen ist eine riesige schwimmen­
de Installation auf dem Zürichsee. Entworfen von Studenten
der ETH Zürich, wird er als Kombination aus Kino, Restau­
rant und Badi (Schweizer Wort für Schwimmbad) dienen.
Besucher können hier städtisches Schwimmen in seiner
schönsten Form erleben, während die Filme von einigen der
teilnehmenden Manifesta-Künstler laufen. Zelebriert wird
damit sowohl das Ergebnis der künstlerischen Beschäftigung
mit dem Thema des Festivals als auch eine sehr typische
Schweizer Tradition. Der Pavillon der Reflexionen ist ein Bei­
spiel dafür, wie Manifesta Kunst an neue Orte bringt. «Mani­
festa versucht, sich immer neu zu überlegen, wie eine Aus­
stellung aussehen könnte und wie Künstler ausserhalb
traditioneller Ausstellungsräume arbeiten und Interventio­
nen für die Gesellschaft schaffen können. So entsteht eine
Verbindung zu Menschen, die sich normalerweise keine
Kunst ansehen würden», erklärt Fijen.
«What People Do For Money: Some Joint Ventures» ist
das zweite Beispiel für diese Bewegung hinaus aus traditionel­
SPONSORING
50
len Räumen in die allgemeine Gemeinschaft hinein. Für die
diesjährige Manifesta hat Christian Jankowski, der erste
künstlerische Kurator der Biennale, eine Reihe von Kollabo­
rationen zwischen Künstlern und Vertretern von Berufsgrup­
pen in Zürich organisiert; beteiligt sind unter anderem ein Kü­
chenchef, ein Zahnarzt und ein Kundenberater von Julius Bär.
«Das Fachwissen von Julius Bär könnte extrem wichtig dafür
sein, wie wir unser Leben und dessen wirtschaftliche Organi­
sation verstehen», sagt Fijen. «Private Vermögensverwaltung
hat viel damit zu tun, was Menschen für Geld tun. Ich kann
mir vorstellen, dass die künstlerische Intervention zusammen
mit der professionellen Erfahrung eines Kundenberaters von
­Julius Bär sehr interessant sein könnte.» Ausserdem, so be­
tont sie, soll das Thema nicht nur zum Nachdenken darüber
anregen, was Menschen für Geld tun, sondern auch darüber,
was sie sowohl mit als auch ohne Geld anfangen.
PRIVATISIERUNG SCHÜTTELT
DIE KUNSTWELT DURCH
Was Menschen mit ihrem Geld machen, kann bedeutende
Auswirkungen auf die Welt der zeitgenössischen Kunst ha­
ben, wie sich bereits zeigt. Auf die Frage nach den wichtigsten
Entwicklungen in diesem Bereich kommt Fijen auf das Thema
der zunehmenden Privatisierung wichtiger Kunstsammlun­
gen zu sprechen. Relativ häufig würden diese Sammlungen
von wohlhabenden Mäzenen geschaffen, die eine «gesell­
schaftliche Verantwortung, ihre Sammlungen der Allgemein­
heit zugänglich zu machen», verspüren. Die Folge davon ist
«eine Welle des neuen Denkens und eine neue A
­ tmosphäre»
in der Kunstwelt, die laut Fijen dazu führen könnte, dass
­öffentliche Institutionen ihre Haltung überdenken.
«Ich glaube, dass sich die Welt der zeitgenössischen Kunst
rapide verändern wird, insbesondere in Bezug auf ihre wirt­
schaftliche Basis», erklärt sie. «Kunst wird noch stärker als
heute zu einem wichtigen Wirtschaftsfaktor werden.»
Wie aber sieht es mit Fijens eigener Zukunft aus? Was will
sie nach der Entwicklung von Manifesta noch erreichen? Ihre
Antwort lautet: Stabilität. Sie will die Organisation stabilisie­
ren und für sie ein grösseres Netz an Sponsoren und Mäze­
nen schaffen, die dazu beitragen sollen, die Bildungsreich­
weite des Festivals zu vergrössern, ein noch grösseres
Publikum zu erreichen und noch mehr junge Talente an Pla­
nung, Produktion und Erfolg künftiger Veranstaltungen zu
beteiligen. Das, so sagt sie, habe sie sich für die nächsten
Jahre vorgenommen. Anschliessend sei es «möglicherweise
Zeit, sich etwas anderem zuzuwenden.»
Ob die Besucher aus der Kunstwelt in Zürich irgendetwas
anderes als ein Finanzzentrum sehen werden und ob die Welt
der zeitgenössischen Kunst in der Stadt ein grösseres Publi­
kum anziehen kann, wird sich erst in einiger Zeit zeigen. Eines
aber ist schon jetzt sicher: Manifesta 11 wird Gelegenheit für
eingehendes und interessantes neues Nachdenken bieten –
nicht nur über Kunst in Zürich, sondern auch über die Bedeu­
tung von Geld, Arbeit und Berufen in Europa.
UNSERE LEIDENSCHAFT FÜR KUNST
FOLGT EINER LANGEN TRADITION.
ALS CORPORATE PARTNER DER MANIFESTA 11
TRAGEN WIR DIESE IN DIE ZUKUNFT.
>> Entdecken Sie unsere Denkweise auf juliusbaer.com/visionary-thinking
Julius Bär ist die führende Private-Banking-Gruppe der Schweiz und weltweit an rund 50 Standorten präsent. Von Dubai, Frankfurt,
Genf, Guernsey, Hongkong, London, Lugano, Monaco, Montevideo, Moskau, Mumbai, Nassau, Singapur bis Zürich (Hauptsitz).
ZEITGENÖSSISCHE
MALEREI
Julius Bär Kunstsammlung
Die Malerei ist eine der
ältesten künstlerischen
Ausdrucksformen. Schon
immer haben Künstler
sich des Mediums Farbe
bedient, um von ihrer
Zeit zu erzählen: seit den
ersten Höhlenmalereien
in Spanien vor 40 000
Jahren bis zum heutigen
Tag. Zeitgenössische
Künstler ermöglichen uns
wie ihre Vorgänger, einen
Zugang zum jeweiligen
Zeitgeist zu finden. Mit
ihren Werken regen sie
dazu an, über gesellschaftlich relevante Fragen
­nachzudenken, sich Vorstellungen von der Zukunft
zu machen oder Schönes
zu schätzen.
Reto Boller, *1966
«Klebefolie, Aluminium», 2004,
Klebefolie auf Aluminium,
204 x 286 cm
Gemälde haben eine zentrale Bedeutung für die
Julius Bär Kunstsammlung, die nach 35 Jahren
strategischer Sammlungstätigkeit mittlerweile mehr
als 5000 Werke umfasst – darunter circa 1125 Gemälde. Seit die Kunstkommission von Julius Bär
1981 ins Leben gerufen wurde, verfolgt sie das
Ziel, Werke von Schweizer oder in der Schweiz lebenden Künstlern zu kaufen. Sie konzentriert sich
dabei auf Kunstschaffende, die am Beginn ihrer
Karriere stehen und deren Werke noch relativ
unbekannt sind. Diese Künstler begleitet die
­
­Kommission durch ihre Entwicklung und erwirbt
von ihnen über die Jahre weitere Kunstwerke.
­Viele bedeutende Schweizer Künstler der vergangenen Jahrzehnte und alle wichtigen Trends der
bildenden Kunst in der Schweiz sind in der Sammlung vertreten.
Neben Werken, die der klassischen Vorstellung
von einem Gemälde entsprechen, umfasst die
­Julius Bär Kunstsammlung auch zahlreiche Kunstwerke, die dieses Konzept grosszügiger auslegen.
Die klassische Definition eines Gemäldes ist relativ strikt: ein Kunstwerk, das durch den Auftrag
von Farbe auf einen Untergrund – etwa Leinwand,
Holz oder Papier – entsteht. In der zeitgenössischen Kunst kommen darüber hinaus unterschiedlichste andere Materialien oder gar Objekte zum
Einsatz, und auch der Untergrund kann sehr vielfältig sein. Die Künstlerin Christine Streuli (siehe
Seite 62) beispielsweise trägt Farben nicht mit
dem Pinsel auf, während die Werke aus farbigen
Folien, die der in Zürich lebende Künstler Reto
Boller auf Aluminiumplatten klebt, zwar wie Gemälde wirken, jedoch streng genommen keine
sind. Der Entstehungsprozess von Gemälden wird
heute auch durch neue Medien, insbesondere die
Fotografie und die Videokunst, enorm beeinflusst.
Die kleine Auswahl an Kunstwerken auf den
folgenden Seiten gibt Ihnen einen Einblick in die
Vielfalt der Julius Bär Kunstsammlung.
Barbara Staubli, Kuratorin,
Julius Bär Kunstsammlung
53
KUNST
Albrecht Schnider, *1958
Ohne Titel, 1998, Öl auf Jute Leinen, 133 x 95 cm
John Michael Armleder, *1948
«Pour Painting», 1998, Acryl Lack, Firnis, Spray auf Leinwand, 180 x 100 cm
Giacomo Santiago Rogado, *1979
«Horizont», 2007, Acryl und Öl auf Leinwand, 230 x 240 cm
Guillaume Pilet, *1984
«Bricks Nr. 7», 2011, Acryl auf Leinwand, 192 x 178 cm
Hans Richard, *1974
Ohne Titel, 2003, Öl auf Leinwand, 130 x 130 cm
David Renggli, *1974
«I love you (P. V. White)», 2013, Hinterglasmalerei, Tinte und eloxierter Aluminiumrücken, 165 x 130 cm
Anna Amadio, *1963
«Von Lebak bis Sesann # 10», 2010, Acryl, Leim, Schrumpffolie, Wabenplatte auf Leinwand, 140 x 120 x 3 cm
Ugo Rondinone, *1964
«Clown», 1998, Öl auf Leinwand, 130 x 130 cm
62
CHRISTINE
STREULI
Here I Am
Autorin: Michèle Bodmer
Die gebürtige Schweizerin Christine Streuli steht in ihrem
Berliner Atelier neben einer Gruppe von leeren, weissen Leinwänden. Gerade eben hat sie ihre Einzelausstellung «hello
paranoia!» in der Galerie Mark Müller in Zürich beendet. Die
Zeit nach einem solchen Projekt beschreibt sie als eine Phase
der Melancholie. Auf die langen pausenlosen Arbeitstage
vor der Vernissage folgt die übliche Ruhe nach dem «kreativen Sturm».
«Dann», so sagt sie, müsse sie «die Reset-Taste drücken»,
sich durch das Gefühl der Ruhelosigkeit kämpfen und die für
ihr Schaffen so wichtige kreative Routine wiederfinden. Ihr
«Regenerationsprogramm» besteht unter anderem darin,
dass sie neue Farben kauft und frische Leinwände aufzieht.
Dann lässt sie die vergangene Ausstellung Revue passieren
und plant die nächste Schau. «Wenn man, wie ich jetzt gerade, wieder vor einer leeren, weissen Leinwand steht, ist das
einerseits ein schönes Gefühl, aber auch eine schwierige
­Situation», sagt Streuli.
Die 1975 in Bern (Schweiz) geborene Künstlerin ist ­bekannt
für ihre ornamentalen Bilder, die sich durch den extravaganten Einsatz von Farben, Formen und Mustern auszeichnen.
Ihre visuellen Muster bezieht sie aus so unter­schiedlichen
Quellen wie der Pop Art, modernen Tattoos und Zeitungs­
fotos. Oft sprengt ihre Kunst den Rahmen und erstreckt sich
über die Bilder hinaus auf die Wände der Galerie oder findet
ihren Ausdruck in einer Tapete. Neben eher traditionellen
Maltechniken setzt die Künstlerin auch handgemachte Schablonen, Stempel, Sprühfarben und Lacke ein. Typisch für ihre
Arbeiten sind neben dem kühnen, dramatischen Farbauftrag
repetitiv eingesetzte geometrische Formen oder auch Muster,
die Streuli in der islamischen Kunst findet.
Sie könne sich nicht erinnern, sagt Streuli, dass sie jemals
etwas anderes als Kunst machen wollte. Schon früh besuchte
sie mit ihrer Familie Kunstgalerien, und bereits im Kindes­alter
erkannte sie, dass sie einen anderen Bezug zur Malerei hatte
als andere Menschen. Sie erlebte die Kunst mit einer ganz besonderen Intensität, die sie auf Details achten liess, die sonst
kaum jemanden interessierten. Als Kind, sagt sie, sei sie wohl
nicht sehr kommunikativ gewesen. Das habe sie durch ihre
visuelle Wahrnehmung kompensiert. «Ich konnte Dinge
schon immer gut erfassen und mithilfe von Farben und Gesten wiedergeben», sagt Streuli. «Für mich war diese Art des
Ausdrucks ganz natürlich, denn die Kunst schien mich in
­einen Raum hineinzuziehen, in dem ich mich wohlfühlte.»
Als Streuli sich als 16-Jährige an Kunsthochschulen bewarb, wies man sie als zu jung ab. So ging sie weitere drei
Jahre zur Schule und nahm dann ihr Studium an der Kunsthochschule in Zürich auf. Das war in den späten 90er-Jahren,
als die Studierenden sich auf Video- oder Performancekunst
spezialisierten. Streuli dagegen liebte die Malerei. Zwei Jahre
später wechselte sie an die Universität der Künste in Berlin,
um ein klassisches Kunststudium zu absolvieren. Sie erkannte jedoch bald, dass sie die kreative Vielfalt vermisste, die sie
aufgegeben hatte. So kehrte sie zwei Jahre später nach Zürich zurück, um ihr Studium an der dortigen Hochschule für
Gestaltung und Kunst (HGKZ) abzuschliessen. Streuli war
eine von vier Kunststudierenden, die ein Stipendium für ein
Studium in einem Land ihrer Wahl erhielten.
Als Teilnehmerin am International Studio and Curatorial
Program 2001 erlebte die Künstlerin eine Zeit intensiver Kreativität in New York. Nachdem Streuli als Kind einige Jahre in
Amerika gelebt hatte, hegte sie stets den Wunsch, als Erwachsene dorthin zurückzukehren. «Europa zu verlassen und
von einer anderen Kultur inspiriert zu werden, war fantastisch
– eine der besten und intensivsten Erfahrungen meines Lebens. Ich hatte ein eigenes Atelier und arbeitete wie verrückt,
weil ich so inspiriert und energiegeladen war.» Während dieser Zeit begann Streuli, ihre Arbeiten zu verkaufen: Sie traf
63
KUNST
Eine Installation mit Kissen als Teil der Ausstellung «hello paranoia!». Auf jedem der Kissen ist ein Foto eines Bildes, das Streuli in den
vergangenen 15 Jahren gemalt hat.
T-Shirts in limitierter Auflage.
KUNST
Kunstwerke in der Entstehung.
64
den Schweizer Galeristen Mark Müller, mit dem sie bis heute
zusammenarbeitet. Als das Stipendium auslief, nahm sie Gelegenheitsjobs an, um in New York bleiben zu können.
Ende 2002 war Amerika polarisiert. Das noch vom
9/11-Schock traumatisierte Land glaubte an die «Achse des
Bösen» und befand sich an der Schwelle zum Irak-Krieg.
Streuli fühlte sich hin- und hergerissen. Als Kind hatte sie
­viele Sommer in Tunesien verbracht, zu Besuch bei ihren
Grosseltern. Daher fiel es ihr schwer, ihre neu gewonnene
und durch die Dynamik New Yorks beflügelte kreative Energie unter einen Hut zu bringen mit der Dämonisierung der
Menschen im Maghreb, die Streuli aus ihrer Kindheit so vertraut waren.
DIE KÜNSTLERIN ALS NOMADIN
Und wieder war es Zeit, zu neuen Zielen aufzubrechen. ­Streuli
bewarb sich erfolgreich um ein Stipendium der Pro Helvetia
Stiftung und bezog als Artist in Residence eine eigene Wohnung mit Atelier in Kairo. «Ich warf all meine Sachen weg,
schickte meine Werke per FedEx in die Schweiz und buchte
einen Direktflug nach Kairo», sagt Streuli.
Was dann kam, beschreibt sie als «die schwierigste Zeit
meines Lebens». Während des Irak-Kriegs wurde sie als weis­
se Europäerin mit Verbindungen nach Amerika rasch zum
Ziel anti-westlicher Ressentiments. «Zu Beginn versuchte
ich, die Schuldzuweisungen zu ignorieren. Nach drei Monaten war ich aber so frustriert, dass ich mein Apartment einen
ganzen Monat lang nur zum Einkaufen verliess. Ich zog mich
komplett zurück und las die Romane von Machfus, um Ägypten besser zu verstehen.»
Ihre Erfahrungen von 2003 verarbeitete Streuli in einem
ihrer, wie sie selbst sagt, interessantesten Kunstwerke: Für die
Gemäldeserie mit dem Titel «Anything but the World» verwendete Streuli Fotos aus der New York Times, übermalte
diese und ergänzte sie mit Fotos aus der ägyptischen Zeitung
Al Ahram. «Dieses Werk bedeutet mir sehr viel. Ich werde es
nie verkaufen», erklärt Streuli. «Wenn man eine sehr schwierige Zeit durchlebt, arbeitet man anders, weil man sich an
andere Gegebenheiten anpasst. Ob ich mich in einer bestimmten politischen Lage befinde oder in den Bergen ausspanne – beides prägt meine Arbeit und zeigt sich in ihr.»
Von Kairo aus erschloss sich Streuli das Land. Sie reiste
nach Alexandria und an den Oberlauf des Nils, bevor eine
Phase ihres Lebens begann, die sie selbst als «verrückt» beschreibt und die sie zurück in die Schweiz, dann nach San
Francisco, Düsseldorf, Berlin, London und schliesslich zurück
nach Berlin führte. Während dieser Zeit wurde die Künstlerin
vielfach ausgezeichnet und erfuhr internationale Anerkennung für ihr Werk. Drei Jahre in Folge (von 2004 bis 2006)
wurde ihr der Eidgenössische Kunstpreis verliehen, 2005 erhielt sie auch den Kiefer Hablitzel Preis. Im gleichen Jahr war
sie für ihre Ausstellung im Kunstmuseum Bonn für den Dorothea-von-Stetten-Kunstpreis nominiert und erhielt von der
Stadt Zürich ein Stipendium für bildende Kunst und ein Ate-
lier in San Francisco. Es folgte ein Stipendium der Landis &
Gyr Stiftung, das sie als Artist in Residence nach London
führte. Ein besonderes Highlight war für Streuli, dass sie ihre
Werke gemeinsam mit Yves Netzhammer im Schweizer
­Pavillon an der Biennale 2007 in Venedig ausstellen durfte.
Ihre Entscheidung, in Berlin sesshaft zu werden, beschreibt Streuli als bahnbrechende Wende. Bis dahin war sie
auf der Suche nach Inspiration ständig durch die Welt gereist. «Ich erkannte, dass ich nicht dauernd unterwegs sein
musste, um hier oder da neue Anregungen zu finden», sagt
sie. «Es war nicht so, dass mir das Reisen oder Entdecken
­keinen Spass mehr gemacht hätte, aber ich war es leid, mir
ständig ein neues Atelier und eine neue Wohnung suchen
zu müssen.»
Ausserdem wollte sie an einem Ort leben, wo sie ihre
Muttersprache sprechen konnte. Ihr Englisch sei zwar gut,
sagt sie, aber es sei eben nur eine Fremdsprache, und so habe
sie ständig dieses Gefühl gehabt, das auch ihre Kindheit
prägte: sich nicht wirklich exakt ausdrücken zu können. Die
neue Beständigkeit brachte allerdings Fallstricke mit sich, die
sie als jüngere Künstlerin vermieden hatte. «Als ich jung war,
sagte ich immer, dass mir das nie passieren würde. Mein Besitz sollte in eine Tasche passen, weil ich flexibel bleiben wollte, um jederzeit überall hinziehen zu können. Natürlich sehe
ich heute auch die positiven Seiten meines neuen Lebens.»
DER HEIMATSTANDORT
Ein festes Atelier zu haben, bedeutete für Streuli, ihre Werke
an einem Ort aufbewahren zu können. Sogar ihre riesigen Installationen kann sie hier als Modelle für ihre nächste Ausstellung lagern. Wer Streulis Werk kennt, weiss, dass sie zum
Malen meist alles andere als einen Pinsel benutzt: Sie liebt es,
die Farbe mit unterschiedlichen Techniken – Spachteln, Rollen, Sprühen – auf riesige Leinwände und andere Untergründe zu bringen. «Mich interessieren die vielen verschiedenen
Möglichkeiten, Farbe auf eine Leinwand, auf Aluminiumtafeln oder Wände aufzutragen», erklärt Streuli. «Ein echtes
Problem dabei ist, dass meine Formate immer grösser werden. Ich liebe grossformatige Gemälde, weil sie mir das Gefühl geben, dass ich wahrhaftig in die Welt der Farbe und der
Malerei eintrete.» Für ihre Ausstellungen bemalt sie daher
oft auch die Wände, an denen ihre Bilder hängen, und selbst
die Böden. Alles kann als Hintergrund für ihren intensiven
Farbauftrag dienen.
Unterschiedliche Techniken faszinieren sie. Ende letzten
Jahres erforschte sie die indonesische Kunstform des Ba­
tikens. Durch diese Technik, bei der Farben und Wachs kombiniert werden, fühlte Streuli sich in einen «vorbewussten
Zustand» zurückversetzt – in eine Zeit, in der sie noch nicht
als ausgebildete Künstlerin malte, sondern ganz intuitiv
Kunst machte.
Auch das sich Wiederholende inspiriert sie: weniger die
Siebdruck-Kopie, sondern vielmehr die Idee, hunderte von
identischen Originalen zu kreieren. «Ich wähle das Bild aus
65
KUNST
Die gestickten Initialen der Künstlerin, die bei der jüngsten
Ausstellung auf Kissen zu sehen waren.
VIDEO
WWW.JULIUSBAER.COM/VISION
Schablonen und Farbe.
und versuche dann, eine Serie zu produzieren. Dabei geht es
mir um diese gewisse Monotonie, die Vorstellung, dass meine
Hände immer und immer wieder das Gleiche hervorbringen:
Bilder, die aussehen, als seien sie identisch, während in Wirklichkeit jedes ein Original ist.»
Typisch für ihre Werke ist auch der Aufbau aus mehreren
Schichten, die sich überlagern. In Streulis Atelier befindet
sich ein Werk, das sie gerade für ihre Ausstellung «hello paranoia!» fertiggestellt hat. Das Bild aus Schablonenpapier trägt
den Titel «Here I am». Streuli hatte es schon 2010 während
ihrer Zeit in London begonnen, aber nicht fertiggestellt. Da
sie niemals etwas wegwirft, packte sie die unfertigen Bilder
ein und brachte sie mit nach Berlin. «Jahre später erinnerte
ich mich auf einmal an diese Papierarbeiten, und als ich sie
mir ansah, wusste ich, was ich zu tun hatte. Es geht mir i­ mmer
um das Spiel von Aktion und Reaktion: Ich muss auf meine
erste Aktion reagieren können», erklärt Streuli.
Bei diesem Werk hörte das Überlagern nicht mit der Leinwand auf. Über die Notwendigkeit eines Identitätsnachweises nachzudenken, war für Streuli angesichts ihrer zahlreichen Reisen naheliegend – vor allem weil in Amerika bei der
Einreise die Fingerabdrücke abgenommen werden. «Mit einem Fingerabdruck teilt man etwas sehr Persönliches von
sich selbst mit. Man beantwortet zumindest teilweise die Fragen ‹Wer bin ich und was tue ich?›. Ich beschloss, meine Papierarbeit mit einer Glasplatte zu bedecken, die meinen im
KUNST
66
Siebdruckverfahren aufgebrachten Fingerabdruck trägt.»
Streuli wählte dafür einen zehnfach vergrösserten Abdruck
ihres Daumens, der fast ein Drittel des Gemäldes bedeckt.
«Ich wollte dem Werk meinen Stempel aufdrücken. Daher die
Glasplatte mit dem Fingerabdruck. Bei diesem Werk geht es
um verschiedene Schichten: Farbschichten und Zeitschichten. Zusammengehalten wird das Ganze durch das Spiel von
Aktion und Reaktion.»
Alle Gemälde Streulis tragen einen Titel. «Meinen Studenten sage ich immer, dass Künstler, die ihren Werken keinen Namen geben, faul sind.» Für Streuli erzählt jedes Gemälde zwei Geschichten: die des Werkes selbst und die
seines Titels. Dieser sollte nicht beschreibend sein, aber das
emotionale Motiv beinhalten, das dem Werk zugrunde liegt.
Der Titel sollte eigene Vorstellungen hervorrufen. «Ich möchte den Menschen, mir selbst und dem Kunstwerk etwas mitgeben, das über das Visuelle hinausgeht: die eigenen Erinnerungen. Daher müssen alle meine Werke einen Titel haben.»
Was also verbirgt sich hinter dem Werk «Here I am»? «Ich
habe zwei oder drei Jahre lang versucht herauszufinden, was
ich tue und wie ich Ideen ausdrücke. Wer authentisch sein
will, muss sich ständig mit diesen Fragen auseinandersetzen.
Also: Hier bin ich. Schau hin oder lass es bleiben. Ich denke,
diese Aussage passt genau zu meiner derzeitigen emotionalen Situation. Sie gibt mir die Möglichkeit, in die Vergangenheit zu blicken, aber auch in die Zukunft.»
67
KUNST
DHARMA LIFE
Stabiles Einkommen, Selbstachtung und Respekt der anderen
Das Sozialunternehmen Dharma Life steht für unternehmerisches Engagement, um in
ländlichen Regionen Indiens die Armut zu verringern und bessere Lebensbedingungen
zu schaffen. Wie dies funktioniert, erklärt Gründer und CEO Gaurav Mehta.
Autorin: Janet Anderson
Ein Wettbewerb verdeutlicht die Vorteile des Kochens mit Induktionsherden.
Gaurav Mehta ist in seinem Element. In
Sandhnidhar im indischen Bundesstaat
Gujarat läuft gerade das Halbfinale
im Kochwettbewerb Dharma Chef. Die
Teilnehmenden wollen im direkten
Vergleich beweisen, wer die leckerste
­
Mahlzeit auf den Tisch zaubert. Eine der
Anwärterinnen ist Falguni Mishra, Hausfrau und Supervisorin des Mittagstisch-Programms im Dorf. Sie will es mit
ihrem Vegetable Jaipuri ins Finale schaffen. Eine spezielle Herausforderung für
die Laienköche ist, dass sie an einem
neuartigen Herd kochen müssen, einem
Induktionsherd. Er ist schick, energiesparend, und im Gegensatz zu den tra-
JULIUS BÄR STIFTUNG
68
ditionellen Kochstellen in indischen Dörfern produziert er keinen Rauch.
«In Indien ist die Luftverschmutzung in Innenräumen ein grosses Gesundheitsproblem. Am stärksten betroffen sind Frauen, weil das Kochen
meist ihre Aufgabe ist und sie oft am
offenen Feuer arbeiten», erklärt Mehta.
«Wir wollen die Menschen für dieses
Problem sensibilisieren und ihnen zeigen, dass es eine erschwingliche sauberere Alternative gibt. Dazu müssen wir
sie überzeugen, dass man auf diesen
Herden genauso leckere Mahlzeiten zubereiten kann.» Dies ist eines der
Hauptziele des Kochwettbewerbs. Vor
allem aber hofft Mehta, dass den Leuten der Wettbewerb Spass macht. Er
ergänzt: «Wir wollen das Kochen zelebrieren und die Köche ermuntern, ein
kulinarisches Gespür zu entwickeln.»
Die Teilnehmenden erhalten Anleitungen von einem professionellen Chefkoch. Wer sich darüber hinaus wei­
terentwickeln und zum Beispiel ein
eigenes Restaurant eröffnen will, kann
noch weiterführende Hilfe erhalten.
Mehta erklärt: «Wir wollen den Menschen auf dem Land helfen, sich eine Lebensgrundlage zu schaffen und ihr
Selbstvertrauen zu stärken.» Dies ist das
Hauptanliegen von Mehta und seinen
Kollegen bei Dharma Life. Das 2009 gegründete Unternehmen will Menschen
helfen, ihren Lebensunterhalt nachhaltig zu bestreiten. In Indien haben nur
12,9 Prozent der einen Million ländlicher
Haushalte ein regelmässiges Einkommen. Hinzu kommt, dass viele Produkte,
die das Leben dieser Menschen verbessern könnten, in entlegenen Dörfern
nicht erhältlich sind. Dharma Life wählt
Produkte wie den obigen Induktionsherd
sorgfältig aus, schafft ein effizientes
Distributionssystem für sie und stellt lokale Unternehmer ein, die im Verkauf
der Produkte geschult werden. So entsteht ein nachhaltiger Markt, der gleichzeitig einen sozialen Nutzen bietet.
Alle sechs Produktsparten von
Dharma Life dienen einem wichtigen
sozialen Zweck: Gesundheit und Hygiene, Ausbildung, Zugang zu sauberer
Energie, Lebensunterhalt und Lebens-
stil, Innenraum-Luftverschmutzung sowie Ernährung. Events wie der Kochwettbewerb helfen, die Produkte
be­kannt zu machen und Interesse für
sie zu wecken. So stellt Mishra beispielsweise fest: «Mit dem Induktionsherd geht das Kochen schneller – früher
habe ich über eine Stunde gebraucht
und jetzt nur noch 20 Minuten. Ausserdem bleibt die Luft damit sauberer.»
Mehta zufolge haben sich die Herdverkäufe versechsfacht, weil die Menschen
sich selbst von dem Produkt und seinen
Vorteilen überzeugen konnten. Für die
lokalen Herd-Distributeure von Dharma
Life bedeutet dies mehr Einkommen.
Genauso wichtig ist aber, dass die
­Unternehmer Anerkennung aus ihrem
­lokalen Umfeld erhalten. Die DharmaLife-Distributeure werden in ihrem
Dorf respektiert, weil die Nachbarn ihre
Produkte nützlich finden und kaufen
wollen, und weil sich die Distributeure
Gaurav Mehta
eine eigene Lebensgrundlage schaffen.
Mehta, der in Deutschland geboren
und aufgewachsen ist, genoss seine
erste Ausbildung im Bekleidungsgeschäft seiner Familie. Später wechselte
er ins Investment Banking und arbeitete gleichzeitig für die Nichtregierungsorganisation Pratham, die den Analphabetismus unter indischen Kindern
bekämpft. Nach gesundheitlichen Problemen beschloss Mehta, sich fortan
auf soziale Themen zu konzentrieren.
Er kündigte seinen M&A-Job und ab-
solvierte ein MBA-Studium an der London Business School. Hier entwickelte
er gemeinsam mit Studienkollegen die
Idee zu Dharma Life. «Der Begriff
Dharma bedeutet so viel wie Verpflichtung oder Verantwortung, Gutes zu
tun. Wir empfanden es als unsere
Pflicht, etwas zu bewegen», erklärt er.
Bei seiner Arbeit für Pratham hatte
er gelernt, dass ein grosses Problem für
die Menschen seiner Zielgruppe ihre
­instabile Einkommenssituation ist. Daraus entstand die Idee, eine Lebensgrundlage für arbeitslose und benach­
teiligte Menschen auf dem Land zu
schaffen, indem sie Produkte verkaufen, die einen sozialen Nutzen haben.
Das Produktspektrum umfasst Solarlampen, Wasserfilter und Hygieneartikel ebenso wie Nähmaschinen, Mobiltelefone und andere Geräte, die das
Leben der Menschen verbessern. «Wir
untersuchen in jeder Region zuerst die
sozialen und gesundheitlichen Probleme. Dann definieren wir einen Warenkorb, der Abhilfe für diese Probleme
schafft, rekrutieren lokale Unternehmer
und schulen sie im Verkauf der Produkte», beschreibt er. Alle Produkte werden
zu Marktpreisen angeboten. Bevor sie
in den Verkauf gehen, führt Dharma
Life für jeden einzelnen Artikel eine Bewertung und ein Benchmarking durch.
«Wir haben schon eine Menge gelernt.
Einige Produkte mussten wir zurückziehen, weil sie nicht funktionierten. Wir
wollen unser Bestes geben, um den
Kunden zu helfen.» Heute sind bereits
in über 4800 Dörfern in neun indischen
Bundesstaaten Dharma Life-Unternehmer aktiv, die zusammen 2,5 Millionen
Haushalte abdecken.
Mehta weiss, dass es äusserst komplexe Probleme sind, die Dharma Life
zu lösen versucht. Durch seine Ausbildung betrachtet er sie wie betriebswirtschaftliche Fragestellungen. «Es gibt
enorme Parallelen zur Geschäftswelt –
die Bereiche Einzelhandelsdistribution,
Lieferketten und Finanzdienstleistungen bieten zahlreiche bewährte Lösungen, die sich auch hier eignen. Aus diesem Grund bin ich für einen hybriden
Ansatz. Soziale Ziele sind genauso
wichtig wie finanzielle Ziele.»
Ein Entrepreneur von Dharma Life.
Finanziert wird Dharma Life bis dato
von strategischen Partnern wie der ShellStiftung, Tata Trusts und der Elea Foundation. Durch Reinvestition von Gewinnen hofft Mehta aber, dass sich Dharma
Life bis 2019 selbst tragen kann.
Entscheidend für den Erfolg des
Geschäftsmodells sind eine günstige
Kostenstruktur, professionelle Prozesse
und talentierte Köpfe. Mehta erklärt:
«Wir haben grosse Ziele. Bis 2020 wollen wir ein Netzwerk von 100 000
Dharma-Life-Unternehmern schaffen,
die Hälfte davon Frauen. Sie sollen zusammen 50 Millionen Geringverdiener
in ländlichen Regionen bedienen. Auf
lange Sicht planen wir, ganz Indien abzudecken.»
Darüber hinaus betreibt Mehta auch
schon die internationale Expansion von
Dharma Life. Gerade wird eine Machbarkeitsstudie in Südafrika durchgeführt, wo die Gruppe mit dem Johnson
& Johnson Trust zusammenarbeitet.
Nach Mehtas Einschätzung könnte das
Geschäftsmodell auch in Südafrika gut
funktionieren.
Wo Dharma Life auch tätig ist, das
Ziel bleibt dasselbe: «Im Zentrum unserer Arbeit stehen die Unternehmer»,
­erklärt Mehta. «Wir verhelfen ihnen zu
einem soliden Einkommen und zu Anerkennung aus ihrem Umfeld. Das ist
unser Anliegen. Und das ist es, was
mich antreibt.»
Die Julius Bär Stiftung unterstützt
Dharma Life indirekt über Spenden an
die Elea Foundation.
69
JULIUS BÄR STIFTUNG
GEDULDIGE
ANLEGER
WERDEN
BELOHNT
Ziel von Yves Bonzon ist es, Portfolios zusammenzustellen, mit denen unsere Kunden
gut schlafen können – unabhängig von den unvermeidlichen Schocks am Markt.
­Anleger mit einem konstruktiven Blick auf die Welt, die sich in Geduld üben, hätten
die besten Erfolgschancen, erklärt Bonzon, Chief Investment Officer und Leiter
­Investment Management (IM), dem neuen Zentrum für Anlagekompetenz und Port­
folio-Management bei Julius Bär. Die neue Division IM ergänzt die bestehende
­Investment Solutions Group (ISG).
Interview: Michèle Bodmer
ANLAGETRENDS
70
71
ANLAGETRENDS
«Eine der wichtigsten Lektionen, die ich gelernt
habe, lautet: Es gibt kein festes Rezept, das in allen
Finanzzyklen oder Jahrzehnten funktioniert.»
Yves Bonzon, Leiter Investment Management und Chief Investment Officer
Herr Bonzon, Sie haben nach 26 erfolgreichen Jahren bei
Pictet zu Julius Bär gewechselt. Was hat Sie daran besonders gereizt?
Die einzigartige Fokussierung auf Vermögensverwaltung
– dass diese Bank nur eine Sache macht. Im heutigen Zeit­
alter der Informationstechnologie ist die Welt sehr konkur­
renzintensiv geworden, und um gut in dem zu sein, was man
tut, muss man sich fokussieren. Diese Konzentration auf nur
ein Segment ist einer der wichtigsten Vorteile von Julius Bär
gegenüber Wettbewerbern, deren Aufmerksamkeit von ver­
schiedenen Themen abgelenkt werden kann.
Was sind die wichtigsten Erkenntnisse, die Sie im Verlauf
Ihrer Anlagelaufbahn gewonnen haben?
Eine der wichtigsten Lektionen habe ich zum Glück schon
früh gelernt: Es gibt kein festes Rezept, das in allen Finanz­
zyklen oder Jahrzehnten funktioniert. Das Anlageumfeld
verändert sich, und die Marktstrukturen entwickeln sich wei­
ter. Dadurch ist es tendenziell so, dass die marktbestimmen­
den Faktoren in jedem Zyklus unterschiedlich sind.
Man muss seinen Anlageansatz an die veränderten Um­
stände anpassen. Wichtiger aber ist, dass man in der Lage
sein muss, die strukturellen Treiber und Trends auf den Fi­
nanzmärkten zu erkennen. Und man muss sich regelmässig
umfassend über neue Entwicklungen informieren.
Wie haben die Lektionen, die Sie gelernt haben, Ihre Anlagephilosophie beeinflusst?
Wichtig ist, zu erkennen, dass es zwar tatsächlich viele
unbekannte Grössen gibt, dass Anleger aber viel zu viel Zeit
damit verbringen, sich auf die nächste Krise vorzubereiten.
Lieber sollten sie sich mit der grundlegenden Struktur ihres
Portfolios beschäftigen. Unsere Aufgabe als Anlageexperten
ist es, die Portfolios von Kunden so zu strukturieren, dass sie
widerstandsfähig gegenüber Schocks sind und davon sogar
profitieren können. Unser Ziel ist, Portfolios zusammenzu­
stellen, die unsere Kunden gut schlafen lassen, egal was in
der Welt da draussen passiert und egal wie gross die Schocks
sind, die sich ereignen.
Die Grundlage für Finanzrenditen besteht darin, Risiko­
prämien zu vereinnahmen. Zusätzlich kann man versuchen,
höhere Renditen zu erzielen, indem man Chancen zur Wert­
ANLAGETRENDS
72
schöpfung nutzt. Wir wissen allerdings, dass so etwas auf
sehr konkurrenzintensiven Märkten nur selten vorkommt und
schwierig ist, sodass es sehr darauf ankommt, sich die Risiko­
prämien zu sichern. Ich bin der Meinung, dass es sich aus­
zahlt, die meiste Zeit überinvestiert zu sein.
Anleger sollten also nicht versuchen, die nächste Krise vorauszusehen. Wie sollten sie die Finanzmärkte Ihrer Meinung nach stattdessen betrachten?
Mir fällt auf, dass Anleger sich immer noch intensiv mit
den Ursachen der Finanzkrise 2008 beschäftigen. Ich beob­
achte jeden Tag, dass sich die Leute auf das nächste 2008
vorbereiten wollen. Die gute Nachricht dabei ist, dass eine
Krise dieses Ausmasses ein seltenes Ereignis ist und nicht je­
des Jahrzehnt auftritt. Die Kosten für die Absicherung gegen
eine potenzielle Krise sind viel höher, als die meisten Anleger
glauben. Stattdessen sollten sie lieber einen konstruktiven
Blick auf die Welt einnehmen: Die Renditen sind niedrig,
denn die Zinsen liegen bei fast null Prozent oder sogar dar­
unter, aber es gibt immer noch Gelegenheiten da draussen.
Geduldige Anleger werden eine Belohnung bekommen.
Hat die Krise 2008 Auswirkungen auf Ihren Anlagestil gehabt?
Eigentlich nicht, denn in meiner Zeit bei Pictet hatten wir
die Schwächen von strukturierten Kreditinstrumenten schon
vor 2008 identifiziert. Wir fanden es bemerkenswert, dass
die Anbieter dieser strukturierten Produkte so viel davon in
ihren eigenen Bilanzen behielten. Dies hatte enorme Auswir­
kungen auf den gesamten Bankensektor.
Eine der Lehren aus dieser Krise ist, dass man sehr auf die
Fehlanreize im System achten sollte. Wenn man sie versteht,
kann man sich potenziell auch vor ihren unbeabsichtigten
Folgen schützen.
Können Sie ein Beispiel für einen solchen Fehlanreiz
­nennen?
Ein gutes Beispiel ist das System der Kreditratings, wie es
vor der Finanzkrise 2008 existierte. Es gab Finanzinstituten
mit AAA-Rating die Möglichkeit, strukturierte Kreditinstru­
mente fast ohne Eigenkapitalhinterlegung in die Bilanz zu neh­
men. Das ist etwas, das ich als Fehlanreiz bezeichnen würde.
Was sind Ihrer Meinung nach die häufigsten Fehler von
Anlegern?
Allgemein sind Anleger zu risikoavers. Sie sollten sich ih­
rer eigenen Verhaltensverzerrungen bewusst sein und sie
identifizieren. Jeder Mensch ist anders und reagiert unter­
schiedlich, doch wir haben einige gemeinsame Eigenschaf­
ten. Unsere Gehirne wurden vor vielen Jahrtausenden darauf
programmiert, in einer Welt ohne Finanzmärkte und Infor­
mationstechnologie zu leben. Unsere intuitive Intelligenz
kann deshalb zu sehr schlechten Anlageentscheidungen füh­
ren. Von Verhaltensverzerrungen ist niemand frei. Aus die­
sem Grund sollten sich Anleger stets auf das Denken der
zweiten Ebene statt auf das der ersten Ebene konzentrieren.
Ich würde Anlegern empfehlen, das Buch «Thinking, Fast
and Slow» von Daniel Kahneman zu lesen, der dafür im Jahr
2002 den Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften bekom­
men hat. Es erklärt, wie unser Gehirn funktioniert.
Was können Anleger noch tun, um ihre Verhaltensverzerrungen besser zu verstehen?
Es gibt einige sehr praktische Möglichkeiten dafür. Bei­
spielsweise können sie jede Woche ihre wichtigsten Gedan­
ken über Anlagemöglichkeiten und die Finanzmärkte in ei­
nem Notizbuch festhalten – ihre Überlegungen über Dollar,
Aktien und alles, was ihnen zu den Märkten einfällt. Diese
Aufzeichnungen sollten sie sich in regelmässigen Abständen
wieder ansehen. Sie werden feststellen, dass sie eine bemer­
kenswerte Fähigkeit haben, zu vergessen, was sie früher ge­
dacht haben. Das ist eine typische Verhaltensverzerrung.
Wenn sie diese Verzerrungen bei sich identifiziert haben,
können sie sich daranmachen, sie in den Griff zu bekommen.
Es ist bei Geldanlage also nicht ratsam, der eigenen Intuition zu folgen?
Ich würde sehr davon abraten. Geldanlage spielt sich an
der Schnittstelle zwischen Kunst und Wissenschaft ab. Sie
erfordert viel rationale Intelligenz, aber auch etwas emotio­
nale Intelligenz. In manchen Fällen hat meine Intuition mich
tatsächlich dazu gebracht, Geldanlagen zu tätigen, die sich
als gelungen herausstellten. Man braucht aber recht viel
­Erfahrung, bis die eigene Intuition wirklich eine Hilfe sein
kann. Das ist eine heikle Balance.
Wie können Anleger Fallstricke umgehen?
Sie brauchen einen guten Berater, der das bereits gelernt
hat. Gute Anlageberater sind in der Lage, ihren Kunden bei­
zubringen, bessere Entscheidungen zu treffen. Viele Men­
schen glauben, sie bräuchten keinen Berater, und kaufen
stattdessen ein Indexprodukt, um sich die Performance des
Marktdurchschnitts zu sichern. In der Theorie funktioniert
das gut, aber nicht in der Praxis, denn man wird dabei un­
weigerlich durch externe Geschehnisse beeinflusst und
kauft wahrscheinlich zum falschen Zeitpunkt. Das macht es
­unwahrscheinlich, auf diese Weise die besten am Markt mög­
lichen Renditen erzielen zu können. Gute Anlageberater kön­
nen ihren Kunden helfen, dem Marktdurchschnitt so nah wie
möglich zu kommen. Natürlich strebt jeder an, den Markt zu
schlagen, doch das gelingt nur sehr wenigen.
Was denken Sie über Fintech? Können Technologien ­dabei
helfen, die emotionale Seite der Geldanlage zu umgehen,
die Sie beschrieben haben?
Technologien und damit auch manche Fintech-Lösungen
können wohl dabei helfen, unerwünschte Verhaltensverzer­
rungen abzumildern. Allerdings werden diese Vorteile wahr­
scheinlich überschätzt, denn letztlich kommt es immer auf
das menschliche Verhalten an. In der Theorie sollten Men­
schen dem folgen, was ihnen der Robo-Berater empfiehlt,
aber ich bin überzeugt, dass sie letztlich doch ihrem Instinkt
folgen werden.
Menschliche Intelligenz wird schwer zu ersetzen sein. Es
gibt keine Regel, die sich systematisch anwenden lässt und
die unter allen Umständen funktioniert. Ich glaube nicht,
dass Fintech-Lösungen die Spielregeln grundlegend verän­
dern werden. Eher sind sie ein weiterer Schritt in der Evolu­
tion der Finanzbranche.
YVES HENRI BONZON
Yves Bonzon ist Leiter Investment Management
(IM) und Mitglied der Geschäftsleitung der Bank
Julius Bär und wurde am 10. Mai 2016 zum
­
alleinigen Chief Investment Officer (CIO) er­
­
nannt. Seine Tätigkeit für die Bank begann er im
Februar 2016 als Leiter Investment Management
und Co-CIO. Bonzon zählt zu den führenden
Experten für Anlageverwaltung in der Private­
Banking-Branche.
Nach einer Ausbildung in Vermögensverwaltung
und Corporate Banking bei UBS begann Bonzon
im Jahr 1989 als Junior Private Banker bei Pictet
in Genf, wo er Karriere machte und 1998 Chief
­Investment Officer wurde. Bereits ein Jahr zuvor
wurde er Mitglied des Private Banking Executive
Committee von Pictet, 2006 Group Managing
Director und Partner mit begrenzter Haftung und
2007 Mitglied des Wealth Management Exe­
cutive Committee. Im Dezember 2015 verliess
Bonzon Pictet. Er hat einen Masterabschluss in
Betriebswirtschaft der Universität Lausanne
(HEC Lausanne).
VIDEO
WWW.JULIUSBAER.COM/VISION
73
ANLAGETRENDS
JULIUS BÄR AUF EINEN BLICK
MOSKAU
ISTANBUL
KAIRO
NASSAU
MEXIKO-STADT
BEIRUT
TEL AVIV
MANAMA
ABU DHABI
PANAMA-STADT
LIMA
BELO HORIZONTE
RIO DE JANEIRO
SÃO PAULO
SANTIAGO DE CHILE
MONTEVIDEO
Julius Bär: die internationale Referenz im Private Banking
Julius Bär Gruppe1/31. Dezember 2015
• Wir leben reines Private Banking –
für unsere Kunden vor Ort und weltweit.
Total Kundenvermögen (in Mrd. CHF)
Verwaltete Vermögen
Custody-Vermögen
385.5
299.7
85.8
Personalbestand (auf Vollzeitbasis)
Schweiz
Ausland
5364
3064
2300
• Wir sind unabhängig – unserem
Schweizer Familienerbe verpflichtet.
• Wir beraten objektiv und kompetent – auf Basis
unserer einzigartigen, offenen Produktplattform.
• Wir handeln unternehmerisch und sind innovativ –
als Taktgeber der Branche.
Wichtige rechtliche Informationen finden Sie auf den Seiten 78–79.
UNSER UNTERNEHMEN
74
BIZ Gesamtkapitalquote
Moody’s Rating (langfristig)
Bank Julius Bär & Co. AG
An der SIX Swiss Exchange kotiert (BAER.VX)
1
19,4%
Aa2
DUBAI
MUMBAI2
KIEL
DUBLIN
HAMBURG
AMSTERDAM
LONDON
DÜSSELDORF
GUERNSEY
FRANKFURT
LUXEMBURG
MANNHEIM
WÜRZBURG
STUTTGART
MÜNCHEN
WIEN
ZÜRICH
MAILAND
TURIN
MONACO
TOKIO
SCHANGHAI
HONGKONG
ROM
MADRID
SINGAPUR
JAKARTA
BASEL
ST. GALLEN
ZÜRICH
ZUG
LUZERN
BERN
LAUSANNE
GENF
Hauptsitz
Buchungszentrum
Standort
GPS, hundertprozentige
Tochtergesellschaft
NSC Asesores, strategische
Minderheitsbeteiligung von 40%
ST. MORITZ
CRANS-MONTANA
SION
VERBIER
Kairos Julius Baer SIM SpA,
strategische Beteiligung von
80% an der Holdinggesellschaft (Börsenkotierung einer
Minderheitsbeteiligung für
2016 geplant)
Julius Bär ist in Mailand durch
Julius Baer Fiduciaria S.r.l.
vertreten.
75
LUGANO
Julius Bär Wealth Management
AG (Hauptsitz Erlenbach/
Zürich, ehemals TFM Asset
Management AG)
2
Weitere Advisory-Standorte in Bangalore,
Chennai, Kalkutta und Neu-Delhi
UNSER UNTERNEHMEN
UNSERE PRODUKTE UND
DIENSTLEISTUNGEN
KERNPRODUKTE – ANLAGELÖSUNGEN
WEITERE DIENSTLEISTUNGEN
Basierend auf dem bewährten Anlageansatz von
Julius Bär sowie unserer offenen Produkt- und Dienstleistungsplattform.
Wealth & Tax Planning
Auf Basis unserer offenen Produkt- und Dienstleistungsplattform bieten wir unabhängige Beratung zu Vermö­
gensstrukturierung, Finanz-, Steuer- und Nachfolgeplanung,
Wohnsitzwechsel, Pensionierung und Philanthropie.
Vermögensverwaltungsmandate
Wir bieten Ihnen eine Palette von Mandaten mit
verschiedenen Merkmalen. Sie delegieren alle Anlage­
entscheidungen an uns und werden so von laufenden
Entscheidungsfindungen entlastet.
Investment-Advisory-Angebote
Sie wählen zwischen verschiedenen Dienstleistungsmodellen aus, besprechen Ihre Anlageentscheidungen mit Ihrem
Kundenberater und/oder Anlageberater und erhalten von
uns eine massgeschneiderte Beratung.
Produkt- und Wertschriftenempfehlungen
Wir behalten Ihre Anlagen für Sie im Auge und unterbreiten Ihnen auf Ihr Risikoprofil abgestimmte Anlage­
empfehlungen. Sie treffen alle Entscheidungen selbst.
Finanzierungen
Wir bieten Ihnen eine breite Palette von Kreditlösungen –
von Lombardkrediten über Hypothekardarlehen bis hin
zu strukturierten Finanzierungen.
Trading/Administration & Safekeeping
Wir unterstützen Sie beim Handel mit Devisen, Edelmetallen und Wertpapieren und übernehmen für Sie
die ­Ab­wicklung, Administration und Verwahrung dieser
Werte. Ausserdem sind wir ein Kompetenzzentrum in
den ­Bereichen Derivate, strukturierte Produkte und
e-Trading-Lösungen.
RESEARCH
Bankeigenes Research
Unser bankeigenes Research bietet Ihnen Analysen zur
Wirtschaftsentwicklung sowie zu Aktien, Anleihen,
Währungen und Rohstoffen. Ergänzend dazu widmet sich
Julius Bär Next Generation strukturellen Trends, welche
die Zukunft verändern werden.
Unser Produkt- und Dienstleistungsangebot ist
abhängig vom Domizil des Kunden und von der
jeweiligen Rechtseinheit von Julius Bär.
Wichtige rechtliche Informationen finden Sie auf
den Seiten 78–79.
77
UNSER UNTERNEHMEN
Wichtige rechtliche Hinweise
Diese Publikation stellt Marketingmaterial dar und ist
nicht Resultat einer unabhängigen Finanzana­lyse. Sie
unterliegt daher nicht den rechtlichen ­Anforderungen
bezüglich der Unabhängigkeit der Finanzanalyse.
Die in dieser Publikation enthaltenen Informationen
und Meinungen wurden von Bank Julius Bär & Co.
AG, Zürich, zum Zeitpunkt der Redaktion dieser Publi­
kation produziert und können sich ohne Ankündigung
ändern. Diese Publikation dient ausschliesslich Infor­
mationszwecken und stellt keine Offerte, Empfeh­
lung oder Aufforderung von Julius Bär oder in ihrem
Auftrag zur Tätigung einer Anlage dar. Die Äusserun­
gen und Kommentare widerspiegeln die derzeitigen
Ansichten der Verfasser, können jedoch von Mei­
nungsäusserungen anderer Einheiten von Julius Bär
oder sonstiger Drittparteien abweichen.
Die in dieser Publikation genannten Dienstleistungen
und/oder Produkte sind unter Umständen nicht für alle
Empfänger geeignet und nicht in allen Ländern ver­
fügbar. Die Kunden von Julius Bär werden gebeten,
sich mit der lokalen Einheit von Julius Bär in Ver­
bindung zu setzen, wenn sie sich über die angebote­
nen Dienstleistungen und/oder Produkte im ent­
sprechenden Land informieren wollen.
Diese Publikation ist ohne Rücksicht auf die Ziele, die
Finanzlage oder die Bedürfnisse eines bestimmten
Anlegers erstellt worden. Bevor ein Anleger ein Ge­
schäft abschliesst, sollte er prüfen, ob sich das betref­
fende Geschäft angesichts seiner persönlichen Um­
stände und Ziele für ihn eignet. Der Kunde sollte nur
nach gründlicher Lektüre des relevanten Produkt­
merkblatts, der Zeichnungsvereinbarung, des Infor­
mationsprospekts, des Verkaufsprospekts oder anderer
Angebotsdokumente im Zusammenhang mit der
Wertschriftenemission oder anderen Finanzinstrumen­
ten Investitions-, Handels- oder sonstige Entschei­
dungen treffen. Die in dieser Publikation enthaltenen
Informationen stellen weder eine Anlage-, Rechts-,
Buchführungs- oder Steuerberatung dar noch eine
Zusicherung, dass sich eine Anlage oder Anlagestrate­
gie unter bestimmten persönlichen Umständen eignet
oder angemessen ist; sie sind auch keine persönliche
Empfehlung für einen bestimmten Anleger. Julius Bär
empfiehlt allen Anlegern, unabhängigen professionel­
len Rat über die jeweiligen finanziellen Risiken sowie
die Rechts-, Aufsichts-, Kredit-, Steuer- und Rech­
nungslegungsfolgen einzuholen.
Obwohl die in dieser Publikation enthaltenen Informa­
tionen und Angaben aus Quellen stammen, die als
zuverlässig gelten, wird keine Zusicherung bezüglich
ihrer Richtigkeit oder Vollständigkeit abgegeben. Bank
Julius Bär & Co. AG, Zürich, ihre Tochtergesellschaf­
ten und die mit ihr verbundenen Unternehmen lehnen
jegliche Haftung für Verluste infolge der Verwendung
dieser Publikation ab. Diese Publikation darf nur in
Ländern vertrieben werden, in denen der Vertrieb
rechtlich erlaubt ist. Diese Publikation ist nicht für
Personen aus Rechtsordnungen bestimmt, die solche
Publikationen (aufgrund der Staatsangehörigkeit der
Person, ihres Wohnsitzes oder anderer Gegebenhei­
ten) untersagen.
Externe Vermögensverwalter/externe Finanz­
berater: Falls diese Marketingpublikation einem
UNSER UNTERNEHMEN
78
e­ xternen Vermögensverwalter oder externen
­Finanzberater abgegeben wird, verbietet Julius Bär
ausdrücklich, dass externe Vermögensverwalter oder
externe Finanzberater diese Publikation weitergeben
oder ihren Kunden und/oder Drittparteien zugänglich
machen. Die externen Vermögensverwalter oder exter­
nen Finanzberater bestätigen, ­soweit zutreffend, dass
sie bei Erhalt jeglicher Marketingpublikation ihre eige­
ne unabhängige Analyse durchführen und unabhängi­
ge Anlageentscheide fällen.
Bahamas: Diese Publikation wird von Julius Baer Bank
& Trust (Bahamas) Limited vertrieben, einer Einheit,
der von der Zentralbank der Bahamas eine Lizenz er­
teilt wurde und die zudem der Regulierung durch die
Securities Commission of The Bahamas untersteht.
Diese Publikation ist kein Emissionsprospekt und keine
Mitteilung im Sinne des Securities Industry Act 2011
oder der Securities Industry Regulations 2012. Zudem
ist diese Publikation nur für Personen bestimmt, die im
Sinne der Bahamian ­Exchange Control Regulations
and Rules als «non-resident» bezeichnet oder betrach­
tet werden.
Chile: Diese Publikation wurde von Bank Julius Bär &
Co. AG, Zürich, erstellt und ist nur für den vorgesehe­
nen Empfänger bestimmt.
Deutschland: Bank Julius Bär Europe AG, die der
Aufsicht der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungs­
aufsicht (BaFin) untersteht, gibt ihren Kunden diese
Publikation ab. Die Publikation wurde von Bank Julius
Bär & Co. AG, Zürich (die der Aufsicht der Eidgenös­
sischen Finanzmarktaufsicht FINMA untersteht), er­
stellt. Weder die rechtlichen Anforderungen betreffend
die Unabhängigkeit der Finanzanalyse noch das Verbot
des Handels vor der Ankündigung von Finanzanalysen
finden Anwendung.
Dubai Internationales Finanzzentrum: Diese
­Publikation wird von Julius Baer (Middle East) Ltd.
vertrieben. Sie ist nicht geeignet für Retailkunden und
darf nicht an diese abgegeben werden. Bitte beachten
Sie, dass Julius Baer (Middle East) Ltd. Finanzproduk­
te oder Dienstleistungen nur professionellen Kunden
anbietet, die über genügend Finanzerfahrung und
Kenntnisse über die Finanzmärkte, Produkte oder Ge­
schäfte und die damit verbundenen Risiken verfügen.
Die erwähnten Produkte oder Dienstleistungen stehen
ausschliesslich professionellen Kunden zur Verfügung,
die der Definition des «Conduct of Business»-Moduls
der Dubai ­Financial Services Authority (DFSA) nach­
kommen. Julius Baer (Middle East) Ltd. verfügt über
eine rechtmässige Lizenz der DFSA und unterliegt
ihrer Aufsicht.
Guernsey: Diese Publikation wird von der Bank Julius
Baer & Co. Ltd., Niederlassung Guernsey, verteilt,
die eine Lizenz von der Guernsey Financial Services
Commission zur Erbringung von Bank- und Anlage­
dienstleistungen in Guernsey besitzt und von dieser
reguliert wird.
Hongkong: Diese Publikation wird in Hongkong von
und im Auftrag von Bank Julius Bär & Co. AG, Nie­
derlassung Hongkong, vertrieben, die eine volle Ban­
kenlizenz der Hong Kong Monetary Authority gemäss
der Bankenverordnung (Chapter 155 der Gesetze von
Hongkong SAR) besitzt, und kann ­dieser zugerechnet
werden. Die Bank ist ebenfalls ein registriertes Institut
mit der Central-Entity-Nummer AUR302, das gemäss
der Securities and Futures Ordinance (SFO) (Chapter
571 der Gesetze von Hongkong SAR) regulierte Akti­
vitäten des Typs 1 (Wertpapierhandel), des Typs 4
(Wertpapierberatung) und des Typs 9 (Vermögens­
verwaltung) anbieten darf. Diese Publikation darf in
Hongkong nur an professionelle Anleger (professional
investors) im Sinne der SFO abgegeben werden. Der
Inhalt dieser Publikation wurde von keiner Aufsichts­
behörde geprüft. Sollten Sie Fragen zu dieser Publika­
tion haben, wenden Sie sich bitte an Ihren Kundenbe­
rater in Hongkong. Bank Julius Bär & Co. AG hat ihren
Sitz in der Schweiz mit beschränkter Haftung.
Irland: Julius Baer International Limited, Niederlas­
sung Irland, ist autorisiert und wird reguliert durch die
Aufsichts-behörde Financial Conduct Authority im
Vereinigten Königreich und wird in Bezug auf die un­
ternehmerischen Wohlverhaltensregeln durch die Zen­
tralbank von Irland reguliert.
Israel: In Israel wird diese Publikation von Julius Baer
Financial Services (Israel) Ltd. (JBFS) vertrieben, die
durch die Aufsichtsbehörde Israel Securi­ties Authority
für die Bereitstellung von Dienstleistungen in den
­Bereichen Investment Marketing und Portfolioma­
nagement zugelassen ist. Nach israelischem Gesetz
bedeutet «Investment Marketing» die Beratung von
Kunden im Zusammenhang mit den Vorteilen einer
Anlage sowie dem Kauf, Verkauf oder Halten von
Wertpapieren oder Finanzinstrumenten, sofern der
Anbieter dieser Leistungen den Wertpapieren oder
Finanzinstrumenten zugehört. Aufgrund der Zugehö­
rigkeit von JBFS zur Bank Julius Baer & Co. AG,
­Zürich, gilt JBFS als zugehörig zu bestimmten Wert­
papieren oder Finanzinstrumenten, die möglicherweise
im Zusammenhang stehen mit den Leistungen, die
JBFS anbietet, und daher ist jede Verwendung des
Begriffs «Anlageberatung» oder Variationen dieses
Begriffs in dieser Publikation als «Investment Marke­
ting» im vorstehend genannten Sinne aufzufassen.
Königreich Bahrain: Julius Baer (Bahrain) B.S.C.(c),
eine Kapitalanlagegesellschaft, die von der Zentral­
bank von Bahrain (Central Bank of Bahrain, CBB)
­lizenziert ist und reguliert wird, vertreibt für ihre fach­
kundigen und akkreditierten Investoren (expert and
accredited investor clients) diese Publikation, die er­
stellt wurde von Bank Julius Bär & Co. AG, Zürich, die
der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht FINMA un­
tersteht. Bitte beachten Sie, dass Julius Baer (Bahrain)
B.S.C.(c) Finanzprodukte oder Dienstleistungen nur
fachkundigen und akkreditierten Investoren anbietet,
in Übereinstimmung mit der Definition des CBB-Re­
gelwerks, das Regeln, Richtlinien und Vorschriften der
CBB gemäss dem CBB-Gesetz enthält. Diese Publika­
tion darf nicht an Retailkunden abgegeben werden
und darf diesen nicht als Entscheidungsgrundlage die­
nen. Die CBB übernimmt keinerlei Verantwortung
für die Richtigkeit der in dieser Publikation enthaltenen
Aussagen und Informationen und haftet nicht für Schäden oder Verluste, die Personen durch das Vertrauen
auf diese Aussagen und Informationen entstehen.
Libanon: Diese Publikation wird von Julius Baer (Le­
banon) S.A.L. vertrieben, einer ordnungsgemäss lizen­
zierten Institution für Finanzintermediation, die von
der Kapitalmarktaufsicht des Landes (Capital Markets
Authority – CMA) überwacht wird. Sie wurde nicht
von der CMA oder irgendeiner anderen relevanten
Behörde in Libanon geprüft oder zugelassen. Die
Publikation ist streng privat und vertraulich, wird nur
auf Anfrage an eine begrenzte Zahl von privaten
und institutionellen Anlegern herausgegeben und darf
weder an Dritte weitergegeben noch von diesen ver­
wendet werden.
Luxemburg: Diese Publikation wurde von Bank Julius
Bär & Co. AG, Zürich, erstellt, die der Eidgenössischen
Finanzmarktaufsicht FINMA untersteht, und wird von
Julius Baer Investment Services S.à r.l. vertrieben, ei­
nem Unternehmen, das von der Commission de Sur­
veillance du Secteur Financier (CSSF) zugelassen ist
und reguliert wird. Diese Publikation wurde nicht von
der CSSF zugelassen oder überprüft und es wird nicht
beabsichtigt, sie bei der CSSF einzureichen.
Monaco: Bank Julius Baer (Monaco) S.A.M., eine vom
Staatsminister des Fürstentums Monaco und der fran­
zösischen Nationalbank autorisierte Institution, gibt
ihren Kunden die vorliegende Publikation ab, die von
Bank Julius Bär & Co. AG, Zürich (einer schweizeri­
schen Unternehmung, die der Eidgenössischen Finanz­
marktaufsicht FINMA untersteht), erstellt wurde.
Julius Baer Wealth Management (Monaco) S.A.M., ein
in Monaco zugelassener Vermögensverwalter, ver­
treibt diese Publikation, die von Bank Julius Bär & Co.
AG, Zürich – einem in der Schweiz beheimateten und
der Aufsicht der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht
FINMA unterstehenden Institut – erstellt wurde, an
seine Kunden.
Niederlande: Julius Baer (Netherlands) B.V., die der
Aufsicht der Netherlands Authority for the Financial
Markets (AFM) unterliegt und ermächtigt ist, (i) von
Kunden Aufträge anzunehmen und weiterzuleiten so­
wie (ii) Anlageberatung zu erteilen, gibt diese Publika­
tion an ihre Kunden ab. Bank Julius Bär Europe AG
unterliegt der Aufsicht der Bundesanstalt für Finanz­
dienstleistungsaufsicht (BaFin) und ist berechtigt, in
den Niederlanden Bankdienstleistungen sowie gewisse
Anlagedienstleistungen entsprechend der ihr erteilten
Lizenz zu erbringen. Diese Publikation wird von der
Bank Julius Bär & Co. AG, Zürich, herausgegeben, die
der Aufsicht der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht
(FINMA) untersteht, jedoch nicht berechtigt ist, in den
Niederlanden regulierte Dienstleistungen zu erbrin­
gen. Anforderungen betreffend (i) die Unabhängigkeit
der Finanzanalyse und (ii) das Verbot des Handels vor
der Ankündigung von Finanzanalysen finden keine
Anwendung.
Österreich: Julius Baer Investment Advisory GesmbH,
die von der Österreichischen Finanzmarktaufsicht
(FMA) autorisiert und reguliert wird, vertreibt diese
Publikation an ihre Kunden. Weder die rechtlichen
Anforderungen betreffend die Unabhängigkeit der
Finanzanalyse noch das Verbot des Handels vor der
Ankündigung von Finanzanalysen finden Anwendung.
Panama: Die in dieser Publikation beschriebenen rele­
vanten Dienstleistungen und/oder Produkte dürfen
ausschliesslich von einer zu Julius Bär gehörenden, für
die Bereitstellung dieser Dienstleistungen und/oder
Produkte in Panama lizenzierten Rechtseinheit bewor­
ben werden. In dieser Publikation erwähnte Finanzinst­
rumente sind weder bei der Superintendence of the
Securities Market (ehemals National Securities Com­
mission) registriert noch werden sie von ihr beaufsich­
tigt. Die Befreiung von der Registrierung stützt sich
auf Artikel 129 der geänderten Rechtsverordnung 1
vom 8. Juli 1999, die durch Titel II des Gesetzes 67
von 2011 (das Wertpapiergesetz) in einen einzigen
Text überführt wurde. Als Folge davon finden die in
Artikel 334 bis 336 des Securities Law enthaltenen
Vorschriften zur steuerlichen Behandlung keine An­
wendung. Diese Publikation ist nur für den vorgesehe­
nen Empfänger bestimmt.
Schweiz: In der Schweiz wird diese Publikation von
Bank Julius Bär & Co. AG, Zürich, vertrieben, die der
Aufsicht der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht
FINMA untersteht.
Singapur: Diese Publikation wird von Bank Julius Bär
& Co. AG, Niederlassung Singapur, vertrieben und
steht nur amtlich anerkannten Investoren (accredited
investors) zur Verfügung. Da die Niederlassung Singa­
pur von einer Ausnahmeregelung (unit exemption)
gemäss Artikel 100(2) des Financial Advisers Act,
Cap. 110 von Singapur (FAA), profitiert, sind viele der
Vorschriften des Financial Advisers Act nicht anwend­
bar. Unter anderem ist die Niederlassung Singapur
nicht verpflichtet, Beteiligungen an den in dieser Publi­
kation erwähnten Wertpapieren oder Finanzinstru­
menten oder die Absicht zum Kauf oder Verkauf dieser
Wertpapiere oder Finanzinstrumente offenzulegen.
Auf Wunsch sind weitere Einzelheiten über diese Aus­
nahmeregelung erhältlich. Diese Publikation wurde
nicht bei der Monetary Authority of Singapore (MAS)
als Prospekt registriert. Dokumente oder Materialien in
Bezug auf den Kauf oder Verkauf oder die Einladung
zum Bezug oder zum Kauf von in dieser Publikation
aufgeführten Wertpapieren oder Anlagefonds dürfen
in Singapur weder verteilt werden noch direkt oder
indirekt an andere Personen weitergegeben oder ver­
breitet oder zum Bezug oder Kauf angeboten werden,
ausser (i) an institutionelle Investoren gemäss Artikel
274 bzw. 304 des Securities and Futures Act, Cap. 289
von Singapur (SFA), (ii) an relevante Personen (dazu
zählen akkreditierte Investoren) oder an sonstige Per­
sonen gemäss Artikel 275(1A) oder 305(2) SFA, wobei
die Bedingungen des Artikel 275 oder 305 SFA erfüllt
sein müssen, oder (iii) auf sonstige Weise, die gemäss
und in Übereinstimmung mit den Bedingungen aller
sonst anwendbaren Vorschriften des SFA zulässig ist.
In Bezug auf Anlagefonds, die nicht von der MAS zu­
gelassen oder anerkannt sind, dürfen Anteile solcher
Fonds keinen Privatanlegern angeboten werden und
sämtliche schriftlichen, an vorstehend genannte Perso­
nen im Zusammenhang mit dem Angebot abgegebe­
nen Materialien sind kein Verkaufsprospekt im Sinne
des SFA. Dementsprechend besteht keine gesetzliche
Haftung nach dem SFA in Bezug auf den Inhalt der
Prospekte. Für alle Fragen bezüglich der vorliegenden
Publikation wenden Sie sich bitte an einen Repräsen­
tanten der Bank Julius Baer & Co. AG, Niederlassung
Singapur. Bank Julius Bär & Co. AG hat ihren Sitz in
der Schweiz. Der in dieser Publikation verwendete
Begriff «unabhängig» bedeutet nicht, dass die Bank
Julius Bär & Co. AG (die Bank) oder irgendein Vermö­
gensverwalter bzw. irgendein Family Office in Singa­
pur, mit welchem die Bank möglicherweise verbunden
ist, unabhängig (independent) im Sinne von Cap. 110
FAA ist.
Spanien: Julius Baer Agencia de Valores, S.A.U., ein
durch das Börsenaufsichtsamt Comisión Nacional del
Mercado de Valores (CNMV) zugelassenes und regu­
liertes Unternehmen, vertreibt diese Publikation an
seine Kunden. Die in dieser Publikation genannten
Dienstleistungen und/oder Produkte dürfen in Spanien
nur von einer Einheit von Julius Bär erbracht werden,
die in Spanien für die Erbringung dieser Dienstleistun­
gen und/oder Produkte zugelassen ist. Diese Publikati­
on wurde erstellt von Bank Julius Bär & Co. AG, Zü­
rich, die der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht
FINMA untersteht.
Uruguay: Falls diese Publikation als Angebot oder
Empfehlung oder Aufforderung zum Kauf oder Ver­
kauf von Wertpapieren oder anderen Finanzinstru­
menten angesehen wird, werden diese unter Berufung
auf die Befreiung privater Anlagen (oferta privada)
gemäss Artikel 2 von Gesetz Nr. 18 627 angeboten
und sind und werden nicht bei der Bankenaufsichtsbe­
hörde der Zentralbank von Uruguay für das öffentliche
Angebot in Uruguay registriert. Im Falle geschlossener
Fonds oder Private­Equity­Fonds handelt es sich bei
den betreffenden Wertpapieren nicht um Investment­
fonds, die durch das uruguayische Gesetz Nr. 16 774
vom 27. September 1996 in der geänderten Fassung
reguliert werden. Wenn Sie in Uruguay ansässig sind,
bestätigen Sie hiermit, die deutsche Sprache, in der
diese Publikation und alle hierin genannten Dokumen­
te verfasst sind, vollständig zu verstehen und keine
weiteren Dokumente in spanischer oder einer anderen
Sprache zu benötigen.
Vereinigte Arabische Emirate: Diese Publikation wur­
de von der Bank Julius Bär & Co. AG, Zürich erstellt
und nicht von der UAE Central Bank, der Securities
and Commodities Authority oder einer anderen zu­
ständigen Behörde der Vereinigten Arabischen Emira­
te genehmigt oder lizensiert. Sie ist streng vertraulich
und wird nur auf Anfrage an eine festgelegte Anzahl
sophistizierter privater und institutioneller Anleger
ausgegeben. Sie darf nicht an dritte Personen weiter­
gegeben oder von diesen verwendet werden.
Vereinigtes Königreich: Diese Publikation wurde von
Bank Julius Bär & Co. AG, Zürich, erstellt. Bei dieser
Publikation handelt es sich um eine sogenannte Finan­
cial Promotion entsprechend Section 21 des Financial
Services and Markets Act 2000 (FSMA). Soweit diese
Publikation an Empfänger im Vereinigten Königreich
abgegeben wird, wurde sie von Julius Baer Internatio­
nal Limited (JBINT) genehmigt. JBINT unterliegt der
Aufsicht der Financial Conduct Authority (FCA). Per­
sonen, die mit anderen Mitgliedern der Julius Bär
Gruppe Geschäfte tätigen, sind nicht durch die Regeln
und Vorschriften gedeckt, die zum Schutz der Anleger
im Vereinigten Königreich bestehen; sie geniessen da­
her nicht die Rechtsansprüche von Retailkunden und
anderen Anlegern gemäss dem FSMA und den Vor­
schriften der FCA.
USA: WEDER DIE VORLIEGENDE PUBLIKATION
NOCH KOPIEN DAVON DÜRFEN IN DIE USA
VERSANDT, DORTHIN MITGENOMMEN ODER
VERTRIEBEN ODER AN US­PERSONEN ABGEGE­
BEN WERDEN.
© Julius Bär Gruppe, 2016
79
UNSER UNTERNEHMEN
Redaktionskommission
Dr. Jan A. Bielinski,
Chief Communications Officer,
Julius Bär
Nicole Chandrashekara,
Co-Head Marketing, Julius Bär
Lenah Crass, Julius Bär
Redaktion
Melanie Kienzle, Julius Bär
Emily Rookwood, Julius Bär
Textbeiträge
Janet Anderson, Journalistin
Ross Ringham, Journalist
Stuart Spear, Journalist
Redaktionelle Gestaltung
Meiré und Meiré, Köln
Deutsche Umsetzung
medienwerkstatt ag, Sulgen
Übersetzung, Lektorat
und Korrektorat
Syntax Übersetzungen AG, Zürich
Illustrationen und Grafiken
Seiten 15–19: Jelke Lerche;
Seiten 30–31: Gapminder
Druck
medienwerkstatt ag, Sulgen
Weitere Informationen über
Julius Bär erhalten Sie unter:
www.juliusbaer.com
© Julius Bär Gruppe, 2016
Die Titelseite
SOMMER 2016
AUSGABE 4 SOMMER 2016
AUSGABE 4 JULIUS BÄR GRUPPE
VISION
Hauptsitz
Bahnhofstrasse 36
Postfach
8010 Zürich
Schweiz
Telefon +41 (0) 58 888 1111
Telefax +41 (0) 58 888 1122
www.juliusbaer.com
62138_JB_VISION_4_Cover_DE.indd 1-3
JULIUS BÄR
Chefredakteurin
Michèle Bodmer, Julius Bär
Bildnachweis
Seiten 3, 6–12: Thomas Eugster;
Seiten 24–26: mit freundlicher
Genehmigung von Tesla Motors;
Seite 27: Getty Images; Seite 28:
Tommy Hvitfeldt; Seite 34: Bryan
van der Beek; Seiten 36–37: mit
freundlicher Genehmigung von
RSP, Singapur; Seite 38: iStock;
Seite 39: Getty Images; Seiten
41–44: Current E Magazine;
Seite 44, oben: Getty Images;
Seite 47: Thomas Eugster;
Seite 49: mit freundlicher
Genehmigung von ETH, Studio
Emerson; Seiten 52–61: Thomas
Eugster; Seiten 62–67, Benjamin
Zibner, Seite 64, oben: Mark
Müller Gallery; Seiten 68–69:
Vivek Singh; Seiten 71, 76:
Thomas Eugster.
Publ.-Nr. PU00001DE
Verleger
Julius Bär Gruppe AG
DIE ZUKUNFT GESTALTEN
WARUM WIR UNSERE
SPUREN IN DER GESELLSCHAFT
HINTERLASSEN WOLLEN
DR. NGOZI OKONJO-IWEALA
KÄMPFERIN FÜR
FRAUENRECHTE, REFORMEN
UND GESUNDHEIT
VISIONÄRE DENKER
JB STRAUBEL, DR. LIU THAI KER,
HEDWIG FIJEN
UND HANS ROSLING
19.05.16 10:27
Die von Pia Bublies entworfene
Titelseite symbolisiert unseren
Wunsch, die Zukunft zu gestalten,
ob durch Architektur, Wissenschaft oder Unternehmergeist, und
auf diese Weise bleibende Spuren
in der Gesellschaft zu hinterlassen.
Rechtschreibung
Die Bank Julius Bär wurde in
der Schweiz ­gegründet. Um diese
­Herkunft zu widerspiegeln, verwenden wir in diesem Magazin die
Schweizer Rechtschreibung.
Der Forest Stewardship Council
(FSC) ist eine unabhängige, ge­meinnützige Nichtregierungs­
organisation, die sich weltweit für
eine verantwortungsvolle Bewirtschaftung von Wäldern einsetzt.
Julius Bär sorgt sich um die
Umwelt. Deshalb wurde dieses
Dokument auf FSC-zertifiziertem
Papier gedruckt. medienwerkstatt
ag ist eine durch FSC und
ClimatePartner zertifizierte,
­klimaneutral arbeitende
Druckerei.
WWW.JULIUSBAER.COM/VISION
NACHHALTIGE ENERGIE IST
AUF DER ERFOLGSSPUR.
WOMIT LIEGEN SIE AM
BESTEN IM RENNEN?
>> Entdecken Sie unsere Denkweise auf juliusbaer.com/visionary-thinking
Julius Bär ist offizieller Globaler Partner der FIA Formel E Meisterschaft.
Julius Bär ist die führende Private-Banking-Gruppe der Schweiz und weltweit an rund 50 Standorten präsent. Von Dubai, Frankfurt, Genf,
Guernsey, Hongkong, London, Lugano, Monaco, Montevideo, Moskau, Mumbai, Nassau, Singapur bis Zürich (Hauptsitz).
JULIUS BÄR GRUPPE
www.juliusbaer.com
Publ.-Nr. PU00001DE
Hauptsitz
Bahnhofstrasse 36
Postfach
8010 Zürich
Schweiz
Telefon +41 (0) 58 888 1111
Telefax +41 (0) 58 888 1122

Documentos relacionados