Spuren des Lebens - Lokale Agenda 21 Wien
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Spuren des Lebens - Lokale Agenda 21 Wien
„Spuren des Lebens“ Vorbereitung und Durchführung eines Generationen übergreifenden Buchprojekts. BORG „antonkriegergasse“ Projektmanagement 2011/12 Verfasserin: BEYER LISANN Betreuer: Car Manfred Inhaltsverzeichnis Vorwort .................................................................................................................................. 2 1. Einleitung ........................................................................................................................... 3 2. Materialien und Methoden ............................................................................................... 4 2.1. Materialien .................................................................................................................. 4 2.2. Methoden ................................................................................................................... 5 3. Ergebnisse .......................................................................................................................... 6 3.1. Meine Interviews ........................................................................................................ 6 3.2. Die Buchpräsentation ............................................................................................... 20 3.3. Historische Hintergründe .......................................................................................... 22 4. Diskussion ........................................................................................................................ 25 4.1. Positives .................................................................................................................... 25 4.2. Negatives................................................................................................................... 27 5. Anhang ............................................................................................................................. 28 5.1. Bilder zu „Historische Hintergründe“ ....................................................................... 28 5.1.1. Sprengung der Überreste des Philipphofs ......................................................... 31 6. Verzeichnis der Literatur ................................................................................................. 33 7. Zusammenfassung ........................................................................................................... 35 8. Abstract............................................................................................................................ 35 9. Eigenständigkeitserklärung ............................................................................................. 35 10. Arbeitsprotokoll ............................................................................................................. 36 11. Projekthandbuch ........................................................................................................... 36 1 Vorwort Das Projekt „Spuren des Lebens“ begleitete mich das gesamte Jahr 2011 und ich habe sehr viel Mühe, Zeit und Arbeit investiert. Daher hatte ich die Idee, anhand einer Fachbereichsarbeit diese Arbeit, und speziell das gelungene Ergebnis noch besser präsentieren zu können und hervorzuheben. Die Idee zu diesem Projekt entstand aufgrund von Vorgängerprojekten, wie „Gemeinsam am Mühlengrund“1 oder „Kekse und Texte“2, die sehr gut bei Schülern als auch Senioren ankamen und sehr erfolgreich waren. Die Kernidee zu „Spuren des Lebens“ wurde von Herrn Professor Car in unserer Klasse vorgestellt und gleich darauf bildeten wir ein Projektteam, von dem ich schließlich zur Projektleiterin gewählt wurde. Zusätzliche Unterstützung hatten wir von der Agenda 21 Plus, die bereits am vorher genannten Projekt beteiligt und mit unserer Schule vertraut war. Unser erstes gemeinsames Ziel war, den BIPA Schulprojektwettbewerb3 zu gewinnen, der unser Projekt finanzieren sollte. Anfang April begannen die Projektteammitglieder mit den Senioren „Am Mühlengrund“ Interviews durchzuführen, bei denen die Schüler die Gelegenheit hatten, sich in die jüngere Vergangenheit hineinzuversetzen und etwas über den Krieg zu erfahren. Auch konnten wir große Unterschiede zu unserer heutigen Gesellschaft und Generation feststellen. Aus den von uns Schülern geschriebenen Berichten der verschiedenen Menschen gestalteten wir das Buch „Spuren des Lebens“4. Abgesehen von unserem literarischen Werk, dem Buch, hinterließ unsere gemeinsame Arbeit einen ideellen Wert. Denn von diesem Projekt konnten wir Jugendliche profitieren, aus jeder einzelnen Geschichte durften wir etwas lernen und wir sammelten Erfahrungen für unser eigenes Leben. Es ist schön, dieses Buch in Händen halten zu können, mit sehr verschiedenen und einzigartigen Geschichten von genau 57 älteren Menschen, die nun nicht mehr verloren gehen können. Für eine leichtere Lesbarkeit wird bei Namen, Personen und Begriffen jeweils die männliche Form des Wortes gewählt. 1 http://www.antonkriegergasse.at/docs/userwebs/index.php?seite=48 www.antonkriegergasse.at/docs/userwebs/index.php?seite=246 3 http://www.bipaschulprojekt.at/schulprojekte.html?task=view&id=90 4 BEYER und CAR, 2011 2 2 1. Einleitung In dieser Fachbereichsarbeit handelt es sich um den Aufbau, den Verlauf und das Endergebnis des Projekts „Spuren des Lebens“, das wir im Unterrichtsfach Projektmanagement im Rahmen der Gruppe „Generationendialog“ der Agenda 21 Plus durchgeführt haben. Die Kernidee dieses Projekts war einerseits der Abbau häufig bestehender Vorurteile zwischen Jung und Alt und andererseits die Darstellung dieser Interviews, die die Teenager mit den Protagonisten durchführten, in Form eines Buchs für die Nachwelt festzuhalten. Einige ausgewählte Geschichten aus den von mir persönlich durchgeführten Interviews sind der Schwerpunkt dieser Arbeit. Außerdem werde ich auf einige geschichtliche Details eingehen, deren Grundlagen aus den Erzählungen der Interviewpartner stammen. 3 2. Materialien und Methoden 2.1. Materialien Die Menschen, also die von der Agenda 21 Plus vorgeschlagenen Bewohner vom Heim „Am Mühlengrund“ und die von uns selbst ausgewählten, wie zum Beispiel unser Direktor, sind das „Material“ des Projekts. Alle interviewten Personen lieferten mit ihren Informationen die wichtigsten Grundlagen für das Buch. Mit Hilfe einer Internetseite5 konnten wir uns optimal auf die Durchführung der Interviews vorbereiten und wussten worauf zu achten war. Bei der Ausfüllung des Projekthandbuchs, welches sich im Anhang befindet, verwendete ich als Hilfsmittel unser Projektmanagementbuch6. Für die Layoutierung des Buchs „Spuren des Lebens“ benutzten wir Computer, ebenso wie für die Darstellung der Interviews. Auch wurde eine große Zahl an technischen Geräten benötigt, wie zum Beispiel der Spiegelreflexfotoapparat, der für einwandfreie Fotos für unser Buch sorgte, oder die Handys und Aufnahmegeräte der Schüler. Für eine vollständige Dokumentation einzelner Gespräche diente der Sony HDR-HC 1 HDV-Camcorder. Aus einigen Ausschnitten dieser Aufnahmen und Fotos wurde ein Video auf einem iMac mittels iMovie und „Final Cut“ gestaltet. Der Fernsehsender Okto TV (Okto TV7 ist ein österreichischer Fernsehsender, der engagierten Menschen oder Communities die Möglichkeit gibt, verschiedene Themen und Anliegen selbstproduziert und selbstbestimmt im Fernsehen auszustrahlen. Seit Herbst 2005 ist Okto in den Fernsehprogrammen zu finden. Dieser Sender stellt das entsprechende Know-how und die gesamten technischen Ressourcen dem Produzenten zur Verfügung. Auch werden die Programmplätze kostenlos verteilt, jedoch arbeiten die Produzenten unentgeltlich.) sorgte dafür, dass das Projekt „Spuren des Lebens“ auch eine öffentliche Präsentation erleben durfte und unterstützte uns mit einem kleinen Beitrag, der gesendet wurde. 5 http://www.rhetorik.ch/Interviewtechnik/Interviewtechnik.html Auchmann, Maria; Berger, Christoph; Feierfeil, Gerlinde; Panis, Alfred: Projekt-Management-Step By Step: MANZ Verlag Schulbuch GmbH- Wien: 2007, 240pp 7 http://okto.tv/lesen/der-sender 6 4 2.2. Methoden Für das Projekt „Spuren des Lebens“, hat sich die Methode der Interviewführung am besten angeboten. Ein Interview8 ist eine Befragung durch Fragesteller mit dem Ziel, persönliche Informationen zu ermitteln. Das Interview erfordert eine Vorbereitung und ein Höchstmaß an Einfühlungsvermögen. Vor unserem ersten Termin hielten der Projektcoach und ich ein kurzes Briefing für die Schüler, die als Interviewer tätig werden sollten. Wir teilten Kopien aus, in denen sich ein Leitfaden für Fragen befand, um einen Schwerpunkt der Geschichten erzielen zu können, wie den Krieg, die Schulbesuche und das Berufsleben. Wichtig für das Einfühlungsvermögen gegenüber der interviewten Person und für eine persönlichere Stimmung war es auch, Namen und Geburtsdatum des Partners herauszufinden. Die jeweiligen Gespräche wurden von den Schülern aufgenommen, um später beim Verfassen der Berichte manche Details erneut anhören zu können. Als Abschluss der Projektarbeit wurde die Präsentation des Buchs organisiert, bei der auch ein selbstproduziertes Video gezeigt wurde. Besondere Gespräche, wie mit der Jüdin Eva Brossmann, deren Vater Geheimarbeit betreiben musste, oder der 101 jährigen Sportlerin Emma Böck, wurden mit einer Filmkamera festgehalten. Dieses selbstproduzierte Video mit hinzugefügten Fotos der Schüler zusammen mit ihren Interviewpartnern, wurde am Tag der Buchpräsentation „Am Mühlengrund“ gezeigt, um den Leuten unsere Arbeitsweise zu zeigen. Bei der Planung und Durchführung wurden alle Arbeitsmethoden und Tools, die vorher im Unterrichtsfach „Projektmanagement“ erlernt wurden, angewandt. Außerdem haben wir nach Anleitung unseres Projektmanagementbuchs gearbeitet. Das ausgearbeitete Projekthandbuch, das die fertige Arbeit dokumentiert und teilweise graphisch darstellt, ist in Punkt 11. angeführt. 8 http://de.wikipedia.org/wiki/Interview 5 3. Ergebnisse 3.1. Meine Interviews Ein Auszug aus meinen persönlich geführten Interviews und geschriebenen Berichten ist Teil dieser Fachbereichsarbeit. In der unten angeführten Tabelle sind meine gesamten Interviews aufgelistet; um jedoch die Fachbereichsarbeit nicht zu sehr auszudehnen, habe ich mich nur für einen Auszug aus meinen Arbeiten entschieden. Interviewpartner Geburtstag Buchseite In der FBA9 Dr. Breiner Ilse 30.05.1930 104 Ja Brossmann Eva 26.03.1931 33 Nein Giffinger Eduard 20.11.1940 108 Ja 23.05.1942 94 Ja 03.08.1919 36 Ja Josefine und 26.11.1928 91 Nein Josef Kreutzer 04.01.1926 92 Nein Patocka Helga 22.06.1948 127 Nein Rattay Frank 29.05.1945 120 Ja Schmidt Herbert 03.04.1952 125 Nein Stoiber Gertrud 28.11.1921 60 Ja Stony Maximilian 05.10.1931 114 Nein Hatzinger-Winkler Ursel Hirtenfelder Gertrude 9 Fachbereichsarbeit 6 Dr. Breiner Ilse (geboren am 30.05.1930) Zeugin der Errichtung unserer Schule „antonkriegergasse“: Ilse Breiner wurde in ihrem Wohnhaus in Brunn am Gebirge geboren „weil sie damals zu schnell war“. In genau diesem Haus wohnt sie auch heute noch. Ihr Vater, der aus dem Sudetenland gekommen war, hatte das Haus, das 1910 erbaut wurde, 1929 gekauft. Ihre hochintelligente Schwester starb leider schon mit 27 Jahren an der Zuckerkrankheit. Zur Volksschule ging Ilse in Brunn am Gebirge bei den Schulschwestern. 1938 hatten die Nationalsozialisten die Privatschulen aufgelöst und so musste sie die letzten zwei Volksschuljahre in Perchtoldsdorf absolvieren. Dort waren 64 Schüler in einer Klasse. Das führte dazu, dass Ilse die Hälfte ihrer Klasse nicht einmal kannte. Danach besuchte sie das Gymnasium Eisentorgasse (heute Bachgasse) in Mödling. 1944 wurde das Gymnasium, so wie alle anderen auch, wegen der vielen Fliegerangriffe geschlossen. Sie kam mit der Kinderlandverschickung in die Hohe Tatra, Slowakei. Im Sommer 1944 kamen die Russen in die Slowakei und die Familie flüchtete nach Salzburg, dort vollendete sie die Schulausbildung und maturierte 1948. Kein Hunger… Auf die Frage, ob sie in den 40er Jahren, wie viele Österreicher hungern musste und auf Lebensmittelkarten angewiesen war, antwortete sie: „Mein Vater, der aus einer Bauernfamilie stammte, hatte im Garten eine Obst- und Gemüseplantage mit Bienen, die Honig produzierten, Hühner, Hasen und Tauben. Wir versorgten uns selbst mit Nahrung. Seit dieser Zeit ist meine Lieblingsspeise gebratene Taube.“ Hinterher meinte sie, so gute Tauben, wie sie sie hatten, gibt es heute nicht mehr. Schule, Beruf, Mann… Ilse besuchte nach der Matura in Wien die Graphische Akademie und studierte an der Universität Wien Kunstgeschichte und Archäologie. Während der Besatzungszeit wohnte sie in Wien im Studentenheim, das war für ein Mädchen sicherer als im von den Russen besetzten Brunn zu leben. Nach dem Studium, das sie mit dem Doktorat abschloss, war sie als Führerin für die „Wien Aktion“ tätig. Bei einem Studentenball lernte sie ihren Mann, Dr. Walter Breiner, kennen. In den nächsten Jahren kamen die Söhne Matthias, Markus und die Tochter Ingeborg zur Welt. Als Mutter von drei Kindern hatte Ilse keine Möglichkeit ihren Beruf Vollzeit auszuüben. So engagierte sie sich ehrenamtlich im Verein „Brunner Heimathaus“. 7 Auf meine Frage, ob es eine glückliche Ehe war, erklärte sie mir, dass sie sehr oft miteinander gestritten haben. Ilse ist der Meinung, dass Streiten wichtig ist. Sie meinte: “Ohne Streiterei wäre das Leben fad!“. Sie hätte es nicht ertragen können, wenn ihr Mann ununterbrochen dieselbe Meinung wie sie gehabt hätte. Über 50 Jahre war das Ehepaar Breiner verheiratet, bis Walter Breiner, ein Direktor unserer Schule „antonkriegergasse“, 2010 verstarb. Bau unserer Schule… Direktor Dr. Walter Breiner war es, der die Schule „antonkriegergasse“ als einzige Gesamtschule Österreichs an einem Gymnasium aufgebaut hatte. Unterrichtsminister Fred Sinowatz überreichte ihm 1974 den Schulschlüssel. Um als AHS-Lehrer auch den Pflichtschulbetrieb kennenzulernen, hatte er zuvor an der Hauptschule Dirmhirngasse unterrichtet. Im Frühjahr 1974, vor der Eröffnung der neuen Schule, waren die Wege noch nicht asphaltiert. Rund um die Schule war noch alles voll Erde und Schutt, sie stand mitten auf einem Feld. Außerdem gab es noch keine Sekretärin, so unterstützte Ilse ihren Mann bei der Aufnahme der Schüler für die 1. und 5. Klasse. Vieles war noch nicht fertig, es gab keine eingerichtete Direktion. Die Schüler der 2. Klasse hatte ihr Mann aus der Hauptschule Dirmhirngasse mehr oder weniger „mitgenommen“. Anfangs gab es noch nicht einmal einen Schulwart, weil der erste Bewerber gleich wieder heimgeschickt wurde, da er zum ersten Arbeitstag, gestärkt vom Bauernmarkt, betrunken in die Schule gekommen war. Ilse heute… Sie gestand mir, dass seit dem Tod ihres Mannes leider alles ein wenig bergab mit ihr gehen würde. Ihr Rat für die Jugend von heute ist, dass sie viel lesen soll und lernen sich gut auszudrücken und zu sprechen. Guter klarer Ausdruck ist im Berufsleben wichtig. 8 Giffinger Eduard (geboren am 20.11.1940) Eduard wurde kurz nach Kriegsbeginn als erstes Kind seiner Eltern Eduard und Emilie Giffinger in Wien geboren. Seine Mutter ging damals mit ihm und seiner Tante, die ebenfalls ein Kind in seinem Alter hatte, nach Oberösterreich. Dort gab es in einem Gasthof einen Zufluchtsort für Mütter mit Kindern. Zusammen mit ungefähr 10 anderen Frauen mit Kindern lebten sie auf diesem Hof, es war ihr Versteck vor dem Krieg. Obwohl Eduard fast keine Erinnerungen behielt, wusste er ganz genau, dass er nie zu hungern brauchte, er musste zum Glück nie das Gefühl kennenlernen, wie es ist, mit einem leeren Magen schlafen zu gehen. Bis zum fünften Lebensjahr von Eduard lebten sie in Oberösterreich und somit konnte er eine gewöhnliche Kindheit mit Spiel und Spaß genießen, trotz Kriegszeit. Ein besonderes Erlebnis behielt er ganz genau im Gedächtnis: Er stand damals als kleiner Junge auf einem Hügel und spielte, als er plötzlich hunderte von Fliegern sah, die den Himmel über ihm bedeckten. Als er seine Mutter fragte, was die Flieger da oben machen würden, antwortete sie betroffen: „Die fliegen in Richtung Wien, um uns zu bombardieren.“ Ein zweites Erlebnis behielt er auch in Erinnerung. Seine Mutter, seine Tante und er waren noch in Wien und mussten bei einem Bombenangriff in einen provisorischen Schutzkeller fliehen. Bei diesem handelte es sich um einen Keller, der sich unter der damaligen Brauerei Liesing befand. Heimkehr nach Wien: 1945 kamen sie wieder zurück nach Wien. Sie hatten extremes Glück, ihr Wohnhaus hatte den Krieg tatsächlich überstanden und ihre Wohnung war noch voll intakt. Als die russischen Soldaten bei ihnen einen Besuch in der Wohnung abstatteten, hat einer von ihnen das Spielzeugauto von Eduard weggenommen, der andere Soldat jedoch war so warmherzig, dass er es dem kleinen Jungen zurückgab. Das freute Eduard unheimlich und hinterließ einen guten Eindruck von den Russen bei ihm. Auch nach dem Krieg achtete seine Mutter immer darauf, dass ihr kleiner Junge nicht an Hunger leiden musste. Als sie einmal frische Orangen vom Markt mitbrachte, wunderte sich Eduard was das war, und wie man das essen sollte. Er kannte keine Orangen, für ihn war das aber nichts Schlimmes, weil er eben von ihrer Existenz nichts wusste. Jedoch für 9 seine Mutter war das nicht so einfach zu begreifen, dass ihr eigener Sohn in seinem Leben noch keine einzige Orange zu Gesicht bekommen hat. Vater kehrt auch zurück: 1947 stieg eines Tages ein fremder Mann durch das Fenster in die Wohnung. Es war sein Vater, der aus dem Krieg heimkehrte und der für ihn damals ein fremder Mann war. Als ich Eduard fragte, ob ihm sein Vater aus dem Krieg erzählt hat, verneinte er die Frage, fügte aber hinzu, dass bevor sein Vater 1962 an einem Nierenversagen starb, er in seinen letzten Lebenstagen ein wenig über den Krieg zu sprechen begann. Jedoch handelte es sich hierbei um keine Heldengeschichten, sondern nur um Menschliches. Zum Beispiel, dass er einem seiner Gegner einen Verband geschenkt hat. Kurz nachdem der Krieg zu Ende war, wurde sein kleiner Bruder geboren, mit dem er immer ein enges Verhältnis hatte. Schule, Ausbildung, Beruf,… Eduard besuchte mit fünf Jahren sein erstes Volksschuljahr, er ging in die Dirmhirngasse, weil seine für ihn vorgesehene Schule zerbombt worden war. Dort hatten sie einen sogenannten „Wechselunterricht“, das bedeutet, sie hatten eine Woche Vormittagsunterricht und in der darauf folgenden Woche Nachmittagsunterricht und dann wieder umgekehrt. Das war deshalb so, weil jeder Lehrer zwei Klassen unterrichten musste. Eduard besuchte die Schule mit Begeisterung. Allerdings hatte sein zu früher Schulbeginn einen großen Nachteil: Weil er zu jung war, durfte er nach Ende des letzten Schuljahres noch nicht mit seiner Lehre beginnen. Deshalb wurde Eduard wieder heimgeschickt und meldete sich bei dem Institut „Jugend am Werk“ an, welches sich um Jugendliche, die keine Lehrstelle bekommen, kümmert. Dort erlernte er bereits einige Dinge, die ihn dann auf sein späteres Berufsleben vorbereiteten. Seine Lehrstelle wurde ihm glücklicherweise freigehalten und so konnte er nach einem halben Jahr, mit bereits gesammelter Erfahrung, seinen Beruf Schlosser erlernen. Er schloss seine Lehre ab und führte den Beruf um die 25 Jahre lang aus. Als er viele Jahre später nach Oberösterreich zurückkehrte um nach dem Gasthof seiner Kindheit zu suchen, traf er dort die Großmutter des Hauses, die früher eine junge Wirtin war. Sie konnte sich an ihn noch erinnern und erzählte ihm einiges aus dieser Zeit. Über einen gemeinsamen Freundeskreis lernte Eduard seine zukünftige Frau Mathilde kennen und lieben. Sie heirateten und bekamen miteinander zwei Kinder. 10 Nach einigen Jahren Ehe beschlossen beide einvernehmlich sich voneinander zu trennen und sich scheiden zu lassen. Seine heutige Ex-Frau gehört jedoch immer noch zu seiner großen Familie. Eduard heiratete ein zweites Mal in einem kleineren Kreis und ist bis jetzt immer noch glücklich mit seiner Frau Elisabeth. Mit 38 Jahren bekam er noch einmal die Chance in die Schule zu gehen, um sich fortzubilden und eine gewerkschaftliche Ausbildung zu machen. Ab 1987 arbeitete er dann beim Österreichischen Gewerkschaftsbund als Sekretär für Klein- und Mittelbetriebe, bis zu seiner Pensionierung im Jahre 2001. Bei diesem Beruf begann sein großes Interesse an Integrationsarbeit. Eduard hatte ein gutes Verhältnis zum Bezirksvorsteher, der ihm vorschlug zu einem Treffen zu kommen, wo über das Thema „Zusammenleben“ diskutiert wurde. Es ging um den Globalen Hof, wo 50% „Alte Österreicher“ und 50% „Neue Österreicher“ wohnen. Dort hörte er zum ersten Mal von der Agenda. Sein Interesse galt immer schon den Menschen anderer Kulturen. Er war sogar schon in den 80er Jahren Mitglied in dem türkischen Verein „Österreich Türkische Freundschaft“. 2006 wurde er schließlich Mitglied der Agenda 21 Plus bei der Integrationsgruppe. Er genießt es endlich das machen zu können, was ihm Spaß macht. Mittlerweile hat Eduard drei Enkelkinder und zwei Urenkel. Mir scheint es, dass seine große Familie ein sehr wichtiger Bestandteil seines Lebens ist. Heute lebt er zusammen mit seiner Frau Elisabeth im Wohnpark in Alt Erlaa und genießt jeden einzelnen Tag. Hatzinger- Winkler Ursel (geboren am 23.05.1942) Ursel ist in Marburg an der Drau, als erstes von sechs Kindern, geboren worden. Während der Kriegszeit wurde Ursel bei ihren Großeltern in Kärnten untergebracht. Sie war noch zu klein um sich Kriegserinnerungen zu behalten. Trotz des Krieges konnte sie eine schöne und zufriedene Kindheit in Kärnten genießen. In ihrer Erinnerung ist geblieben, dass heftig mit den Bauern in der umliegenden Gegend Nahrung getauscht wurde. Außerdem bekam man monatlich Lebensmittelmarken zugeteilt, mit denen man das Nötigste einkaufen konnte. Ihre Familie und sie brauchten niemals zu hungern, denn zusätzlich hatten sie das Glück, dass ihre Großeltern einen großen Garten besaßen, in dem sie selber Salate, Zwiebeln und anderes Gemüse pflanzten. 11 Kindheit, Schule, Beruf… Ihre Mutter arbeitete als Lehrerin und ihr Vater als Richter. Zusammen lebten sie fast 10 Jahre in Wolfsberg in einer Einzimmer-Notunterkunft mit Küche. Dort kamen noch drei Geschwister zur Welt. Diese Wohnsiedlung befand sich in einem riesigen Park, der sich am Nachmittag hervorragend zum Spielen eignete. In Wolfsberg besuchte sie auch die Volksschule. Ihr erstes Hauptschuljahr schloss sie ebenfalls dort ab. Danach zog die Familie, wegen eines Stellenangebotes für den Vater, nach Völkermarkt in eine riesige Wohnung. In Völkermarkt machte sie anschließend auch ihre Pflichtschule fertig und absolvierte die Ausbildung zur Lehrerin. Dort kam auch ihre jüngste Schwester zur Welt. Ihre Familie wohnte dort bis zur Pensionierung ihres Vaters. Ursel fuhr täglich mit dem Bus nach Klagenfurt um dort die Matura zu machen. Nachdem sie sie bestanden hatte, begann sie als Lehrerin im Lavanttal in einer Versuchsschule zu arbeiten. An den eigentlichen Versuch dieser Schule kann sie sich nicht mehr erinnern, jedoch an eine Konfrontation mit ihrem Direktor. Die Reibungen zwischen den beiden wurden immer gröber, bis sie vom Schulinspektor abgezogen und in eine Schule nach Wolfsberg versetzt wurde. Dort blieb sie ein Jahr, danach ging es weiter nach Bad St. Leonhard, wo sie ihre Schulzeit besonders genießen konnte. Mann in einer Zeitschrift, Ehe, Familie… Bei einem Frisörbesuch hat sie zum ersten Mal ihren zukünftigen Mann gesehen. Während sie auf ihre Dauerwelle wartete, blätterte sie eine Zeitung sorgfältig durch und entdeckte durch Zufall eine Kontaktannonce, in der ein netter und attraktiver Mann abgebildet war. Nach einigen Briefen kam es zu ihrem ersten Treffen und kurz darauf folgte die Hochzeit, danach der Umzug nach Wien. Heutzutage wären sie die perfekte Patchwork Familie gewesen, er brachte zwei Kinder mit in die Ehe und sie eines. Ursel zog insgesamt vier Kinder groß, da sie später noch ein gemeinsames Kind zur Welt brachte. Sie blieb vier Jahre zuhause um sich um die Kinder kümmern zu können. Jedoch verspürte sie nach kürzester Zeit den Wunsch wieder in einer Schule zu arbeiten. Karriere… Durch Zufall erfuhr sie über ihre Schwester, die damals auch Lehrerin war, dass es in Wien einen Lehrermangel gab und dringend Arbeitskräfte gesucht wurden. Bei ihrem Besuch beim Stadtschulrat wurde sie von einem Personalchef zuerst abgewiesen. Dank ihres starken Willens blieb sie stur sitzen und bestand auf ein Gespräch mit dem Präsidenten, der ihr dann auch wirklich eine Stelle im 20.Bezirk gab. Dank ihres Fleißes schaffte sie es sich immer wieder weiter zu bilden und immer wieder neue Kurse zu 12 belegen. Besonders interessierte sie sich für Gastschüler und Immigranten und leistete erste Integrationsarbeiten. Neben Beruf und Familie machte sie auch noch die Prüfung zur Hauptschullehrerin. Sie wurde sogar Stellvertreterin des Direktors, bis sich die Gelegenheit ergab, sich selber für diesen Posten zu bewerben. Die Direktorin und ihre Startprobleme… Ursel wurde Direktorin in der Dirmhirngasse im 23. Bezirk. In ihrem ersten Jahr als Direktorin geschah etwas Ungewöhnliches. Die Schule erhielt von nur sieben Kindern eine Anmeldung für das nächste Schuljahr. Als Ursel das hörte, bekam sie einen Schock und begann nachzuforschen. Sie erfuhr, dass das Inspektionsamt die Dirmhirngasse mit der Bendagasse zusammenlegen wollte, da sie ein neues Gebäude für ein Amt brauchten und sich das Schulgebäude dazu gut eignete. Das Inspektionsamt erzählte jedem Elternteil, der sein Kind in der Dirmhirngasse anmelden wollte, dass diese bereits voll sei und schickte sie in die Bendagasse. Sie erfuhr, dass die benachbarte Schule „antonkriegergasse“ einen tollen Schulversuch hatte, den sie auch unbedingt haben wollte. Es handelte sich um die „Neue Mittelschule“. Ursel machte sich einen privaten Termin mit dem damaligen Direktor Herrn Fröhlich der „antonkriegergasse“ in einem Café aus, um das Problem zu besprechen. Die Situation war, dass die Dirmhirngasse zu wenig Schüler hatte und die „antonkriegergasse“ viel zu viele. Zusammen konnten sie das Problem schnell lösen und bildeten sogar Arbeitsgruppen um ein Verbesserungskonzept auszuarbeiten. Am nächsten Tag wurde sie vom Stadtschulrat aufgefordert sofort zu kommen. Anfangs dachte sie ein Lob zu bekommen, weil sie ihre Schule gerettet hatte, jedoch stellte es sich schnell heraus, dass sie mehr oder weniger angeklagt wurde. Sie wurde damals im Café bei dem Gespräch mit dem Direktor belauscht und gemeldet. Als sie zusammen mit Direktor Fröhlich die Missverständnisse klarstellen konnte, wurde der neue Schulversuch auch an ihrer Schule zugelassen. Sie entwickelten ein Konzept, das einen Zusammenhalt zwischen allen Schulen im 13. und 23. Bezirk bewirken sollte. Anfangs wurden sie von den anderen Schulen ausgelacht, jedoch wurde das eingereichte Konzept bewilligt und kam zustande. Unterstützung des Finanzministers… Bei dem Versuch von dem Finanzminister unterstützt zu werden, passierte den drei auserwählten Frauen ein recht amüsantes Erlebnis. Weil sich die Damen von dem Portier des Finanzministeriums nicht abwimmeln ließen, wurden sie hinauf in ein wunderschönes Besprechungszimmer geführt. Nach kurzer Zeit kam ein Herr, ohne ein Wort von sich zu geben, brachte auf einem Tablett 13 eine Flasche Sekt mit Gläsern und verschwand wieder. Die Damen hatten keine Lust auf den Sekt und ließen ihn unberührt stehen. Nach einer Weile kam der Mann wieder und bat die Damen ihm zu folgen. Er begleitete sie wieder ohne Worte hinaus, also vor die Türe. Als der Mann wieder hineinging und die Türe schloss, schauten sich die drei Damen an und mussten einfach herzlich lachen. Der restliche Verlauf… Den Erfolg ihres hart ausgearbeiteten Konzeptes erklärte Ursel so, dass die Lehrer davon so begeistert waren, weil sie selber an dem Konzept mitarbeiteten und so jeder seine Meinung miteinfließen lassen konnte. Nach diesen ganzen Diskrepanzen und Problemen hatte Ursel sechs erste Klassen an ihrer Schule, worauf noch viele folgten. Deshalb bekam die Schule auch das neue Gebäude gesponsert und wurde zur Brückenschule. Leider war das Unternehmen zu teuer und wurde deshalb von Jahr zu Jahr immer mehr gekürzt, bis es am Schluss einen Finanztod erlitt. Fast genau 20 Jahre war Ursel Direktorin an der Dirmhirnschule und sie liebte ihren Beruf bis zu ihrer Pensionierung im Jahre 2008. Es fiel ihr wirklich schwer ihre Schule zu übergeben und sich zurückzuziehen. In ihrer ganzen Karriere betrachtete sie Schule, Schüler und Lehrer als „Ihres“. Also ihre Schüler, ihre Schule und ihre Lehrer. Jedoch achtete sie stets darauf, dass ihr Familienleben nicht unter ihrem starken Einsatz litt. Nach 23 Jahren Ehe ließen sie und ihr Mann sich scheiden, sie hatten sich über die Jahre leider auseinandergelebt. Ursel heute… Ihren Rat an uns Schüler: Lernen, lernen, lernen! Sie empfindet es vor allem wichtig Sprachen zu erlernen, nämlich schon von Kindesbeinen an. Als Vergleich zu Österreich nannte sie mir Amerika, wo ein großer Teil der Bevölkerung zwei- bis dreisprachig ist. Das würde sie sich auch für Österreich wünschen. Als sie mir das erzählte, bekam ich sofort den Eindruck, dass sie Lust hätte sich weiter für die Schüler und deren Bildung einzusetzen und weiterzukämpfen. Als ich nachfragte, bestätigte sie mir das auch. Ich fand das bemerkenswert. Sie versicherte mir auch, dass Lehrer kein Beruf sei, sondern eine Berufung. Ursel Hatzinger- Winkler hat für „ihre“ Schule und „ihre“ Schüler, für „ihre“ Lehrer und die Familie gelebt. 14 Hirtenfelder Gertrude (geboren am 03.08.1919) Gertrude erzählte von ihrer ärmlichen Jugend. Dazu kam, dass sie mit 17 Jahren gezwungenermaßen einen damaligen sehr guten Freund namens Franz Hirtenfelder heiratete. Gezwungenermaßen deshalb, weil ihre Mutter nach der Scheidung von ihrem Vater, einen neuen Mann heiratete und mit diesem „neuen“ Vater kam sie einfach nicht zurecht. Sie wohnte in Atzgersdorf und genierte sich so sehr dafür, dass sie jedes Mal behauptete, wenn sie nach ihrem Wohnort gefragt wurde, sie käme aus Liesing. Auf unsere Frage, wieso sie sich genierte, antwortete sie präzise: „Weil’s früher anders war!“. Familiengründung… Nachdem die kurze und kinderlose Ehe mit Franz endete, heiratete sie ein zweites Mal. Anton Eder heiratete sie aus Liebe und Gertrude brachte in dieser Ehe zwei Buben zur Welt. Kindheitserlebnis… Ein gut in Erinnerung gebliebenes Kindheitserlebnis war, dass sie Scheitelknien musste. Sie erzählte uns, dass Ostersonntag war und alle ihre schönsten Kleider und Trachten trugen. Gertrude trug in der Kirche ihr weißestes Kleid mit einer roten Masche, an die sie sich heute noch genau erinnern kann. Nach der Kirche ging sie mit einer Freundin Radfahren ohne sich vorher umzuziehen. Gertrude fiel genau mit dem Fahrrad auf eine frisch geteerte Straße und das weiße Kleid war nun komplett schwarz. Ängstlich versteckte sie es. Als ihre Mutter jedoch das Kleid fand, wurde Gertrude bestraft und ihre Knie waren nach dem Scheitelknien schmerzhaft blau! Krieg… Als die schwierige Zeit begann, kam Hitler und wurde populär. Anfang September bekam ihr Mann den Einberufungsbefehl und Anton musste Gertrude zwei Jahre lang mit ihren gemeinsamen Kindern alleine lassen. Das System mit den Stempelkarten bewährte sich nicht wirklich, Gertrude musste öfters stehlen gehen, um sich und ihre Familie ernähren zu können. Sie erzählte von gestohlenen Erdäpfeln und drei „Happeln“ Salat. Einmal war Gertrude mit einem ihrer Kinder sechs Wochen lang zuhause eingesperrt. Der Grund dafür war, dass ihr Sohn an Scharlach erkrankt war und sie ihn nicht alleine im Spital lassen wollte. Eingesperrt deshalb, weil Scharlach sehr ansteckend ist. Familie… Ihre Mutter war mittlerweile Filialleiterin von Hammerbrot geworden, der damalige „Anker“, und ihr Stiefvater Franz hatte „zwei Gesichter“. Nach dem Krieg wurde er Inspektor. 15 Gertrude erinnert sich genau daran, dass jeder Freitag ein besonderer Tag war, es gab nämlich Familienessen. Nun konnte ihre Familie ein wenig Wohlstand genießen. Das bedeutete des Öfteren eine Flasche Wein und sie konnten die übriggebliebenen Essensreste ihren ärmeren Nachbarn geben. Ihre Mutter schien laut ihren Erzählungen eine sehr lebensfreudige und hübsche Frau gewesen zu sein, die es liebte zu lachen. Aber leider schien sie nicht allzuviel für die Familie übrig zu haben und genoss rücksichtslos ihr Leben. Die heutige Jugend… Gertrude Hirtenfelder fragte uns, ob die Jugend heutzutage glücklicher ist, weil sie frei ist. Mit ruhigem Gewissen konnten wir mit einem „JA“ antworten. Rattay Frank (geboren am 29.05.1945) Frank Rattay ist in Tirol in Hopfgarten, nahe Kitzbühel, geboren. Dort lebte er ungefähr ein Jahr zusammen mit seinen Eltern und seinem Bruder, der einige Monate vor ihm geboren war. Leider trennten sich seine Eltern und Frank zog zusammen mit seinem Bruder und seinem Vater, der von nun an ihre einzige Bezugsperson war, nach Wien in den 15. Bezirk. Zu seiner Mutter gab es leider von da an keinen Kontakt mehr. Er erzählte uns, dass sein Vater ein wenig Angst hatte, denn sie zogen genau in der Nachkriegszeit nach Wien und es gab damals viele Gerüchte, beziehungsweise herrschte die Angst, dass die Russen einige schlechte Absichten mit Wien hätten, das stellte sich zum Glück nur als Gerücht heraus. Sein Vater sorgte dafür, dass sie nicht zu hungern brauchten, auch wenn das bedeutete, dass es eine Woche lang immer dasselbe zum Essen gab. Als Frank Rattay neun Jahre alt wurde, zogen sie zusammen nach Atzgersdorf, wo sein Vater mit viel Mühe ein Haus baute. Schule, Studium, Beruf… In seiner neuen Ortschaft, also in Atzgersdorf, schloss er dann sein letztes Volksschuljahr ab. Danach besuchte er die Hauptschule, wobei sich herausstellte, dass diese Schule nicht gut genug für seine Ausbildung war. Deshalb wechselte er in die Mittelschule und absolvierte die Externistenmatura. Er studierte Vermessungswesen und Mathematik und unterrichtete bereits während seines Studiums an der Universität. Er übte sein ganzes Leben bis in die Pension hinein den Beruf eines 16 Universitätsprofessors aus. Frank unterrichtete zusätzlich Computersimulationen, Biologie, Chemie und Physik. Frau, Kinder, Haus… Renate Rattay lernte er bei einem Ferienjob in der Schweiz am Hafen kennen. Seine zukünftige Frau war in der Nähe des Hafens im Gastgewerbe tätig und durch Zufall trafen sie aufeinander und verliebten sich. Renate lebte und arbeitete in Wien als Lehrerin. Einige Monate nachdem sie wieder nach Wien zurückgekommen waren, heirateten sie. Sie bauten zusammen im Süden Wiens ein Haus, wo sie einige Jahre wohnten und langsam begannen eine Familie zu gründen. Als Franks Vater gestorben war, zog er mit seiner Frau und den Kindern nach Atzgersdorf in das Haus des Vaters. Die gesamte Familie arbeitete mit, das Haus nach ihrem Geschmack zu gestalten, zu vergrößern und ein wenig zu restaurieren. Ein paar Erfahrungen konnte Frank schon als Student sammeln, er arbeitete nämlich manchmal am Bau um nebenbei ein wenig Geld zu verdienen. Er erzählte uns, dass seine Nachbarn ihn und seine Familie immer als Künstler bezeichneten, weil sie aus dem alten Haus ein echtes Kunstwerk gemacht hatten. Mit ihren eigenen Händen haben sie das gesamte Haus umgebaut. Schon der vierjährige Sohn hat an dem Schornstein mitgearbeitet. Anstatt in der Sandkiste zu spielen, hat er Stein über Stein gelegt. Sogar den Zaun haben sie selber aus Schmiedeeisen gemacht. Der Zaun ist auch deshalb so besonders, weil er die Elemente aus allen Weltregionen beinhaltet. Dieses einzigartige Haus hat den Namen „Haus-Drachen-Haus“ bekommen, weil an jeder Ecke des Hauses ein Drachenwasserspeier steht. Insgesamt bekamen Renate und Frank fünf Kinder, zwei Buben und drei Mädchen. Wobei die jüngste Tochter die „antonkriegergasse“ besuchte. Pension, Agenda, Forschung… Sogar heute noch, zwei Jahre nach seiner Pensionierung, hält Frank hin und wieder Vorlesungen an der Uni und hat Spaß daran, die Studenten zu unterrichten. Durch Zufall gelangten er und seine Tochter zu einem Projekt der Agenda 21 Plus. Er widmete sich der Kunstgruppe, die das große Projekt „Kunstmeile“ hatte. Das Ziel war den Weg neben der Liesing zu verschönern. Beim Projekt „Baumart“ wurden zur Verfügung gestellte Baumstämme zu riesigen Schnitzfiguren bearbeitet. Diese wurden dann neben der Liesing bei Alt Erlaa aufgestellt. Rattay übernahm mehr oder weniger die Leitung des Projekts, da er bereits Erfahrungen und die dazu nötigen Maschinen besaß. Danach wollte die Gruppe etwas mit Metall machen, jedoch ohne 17 Vorkenntnisse. Auch in diesem Projekt zeigte Frank ihnen was zu beachten war und so wurde er zum Leiter der Kunstgruppe der Agenda 21 Plus. Neben all diesen Beschäftigungen galt sein Interesse in erster Linie der Forschung. Sein derzeitiges Projekt ist es zu erforschen, wie ein Blinder mit Hilfe der Technik seine visuelle Fähigkeit wieder erlangen könnte. Er lebt zufrieden, glücklich und immer engagiert für sämtliche Projekte zusammen mit seiner Frau in dem kunstvollen Haus und genießt jeden Tag aufs Neue! Stoiber Gertrud (geboren am 28.12.1921) Gertrud Stoiber wurde als eines von fünf Kindern geboren und hatte eine recht angenehme und schöne Kindheit mit ihren Brüdern und Schwestern. Sie ging im 1.Bezirk in der Hegelgasse zur Kaufmännischen Wirtschaftsschule, die zwei Jahre lang dauerte. Nach dem 13. März 1938 wurde ihre Schule von heute auf morgen für ungefähr 14 – 21 Tage einfach geschlossen. Als die Schüler das Lehrgebäude wieder betreten durften, bemerkte Gertrud sofort einige Veränderungen. Die auffälligste und beängstigendste war, dass viele Lehrer, Professoren und Schüler einfach verschwunden waren. Ihre Klasse bestand nur mehr aus der Hälfte der Kinder. Die verschwundenen Lehrer und Schüler sahen sie nie wieder: Alle Juden waren einfach fort. Die Lehrer wurden durch neue ersetzt. Gertruds ältester Bruder musste beim österreichischen Heer einrücken und ihr zweiter musste die Matura abbrechen und danach in Deutschland einrücken. Gertrud schloss ihre zweijährige Schule ab und begann bei einem Großhandel für Getreide zu arbeiten. Sie arbeitete zuerst für einen österreichischen Chef, danach für einen deutschen, mit dem sie sich auch gut verstanden hat. Zu dieser Zeit marschierten die Deutschen in Österreich ein. Der Krieg begann! Mir kam es so vor, dass Gertrud am meisten die vielen Fliegerangriffe in Erinnerung geblieben sind. Sie erzählte mir von den grellen Kuckuckssirenen, die jeder fürchtete. Wenn man eine zu hören bekam, hieß es schnell sein. Sie warnten nämlich vor den tödlichen Fliegerbomben und zwangen alle Menschen so schnell wie nur möglich in einem Luftschutzkeller Schutz zu suchen. Dann kam die Zeit der Russen. Die Stoiber-Familie hatte in Mauer ein wunderschönes Haus, das ihnen die Russen einfach wegnahmen, damit ihr höchster General ein für ihn geeignetes und passendes, schönes Haus bekam. Die Familie durfte sich ihre Papiere und 18 ein paar persönliche Wertsachen mitnehmen, die aber auf das Genaueste kontrolliert wurden. Sie wurden in derselben Gasse ein paar Häuser weiter einquartiert, wo die Vormieter, genau wie sie, einfach weiter ziehen mussten und nur wenige Sachen mitnehmen durften. In der Nacht hörten sie die Russen aus ihrem ehemaligen Haus laut feiern, singen und tanzen. Außerdem berichtete sie, dass die Russen versuchten die Skulpturen in ihrem Garten mit Glasflaschen abzuschießen. Am 8. April 1945 passierte etwas Schreckliches. Ihr Bruder kam voller Heimkehrfreude von seinem letzten Feldzug aus Polen nach Hause. Er war voller Glück und Stolz. Ohne schwere körperliche Beeinträchtigungen hatte er alles überstanden, den Krieg überlebt und wollte einfach nur wieder zu seiner Familie. Doch die Russen nahmen nicht nur Gertruds Haus, sondern auch ihren Bruder. Genau als er vor der Haustüre stand und an nichts anderes mehr als an seine Familie dachte, erwischten ihn die Russen in der letzten Minute. Gnadenlos erschossen sie ihn. Ein Jahr lang verbrachte Gertrud im Krankenhaus, da sie an einer schweren Lungenentzündung erkrankte. Oft musste sie tage- und nächtelang auf dem Balkon liegen, sogar im Winter und das nur aufgrund ihres schweren Hustens. Von Wien ging sie eine Zeit lang nach Oberösterreich, nach Lambach auf einen Bauernhof, wo sie zwei Jahre lang als Magd mitarbeitete. In der Nähe von Lambach liegt Mauthausen, das damalige Konzentrationslager. Eines Tages, als die Überlebenden freigelassen wurden, kamen unzählige Menschen, verhungert, abgemagert und misshandelt auf den Bauernhof und bettelten sehnlichst um Essen. Diesen Anblick wird sie niemals vergessen können. 1947 begann sie bei der Justiz im Justizpalast zu arbeiten. Ihr Bruder, der mittlerweile zum Rechtsanwalt geworden war, verschaffte ihr die Stellung als Justizbeamtin, den sie mit voller Leidenschaft und Freude ausübte. Ihre Aufgabe war es auf der Schreibmaschine alles zu dokumentieren und zu stenographieren. 1985 ging sie zufrieden und wohlverdient in Pension. Sie arbeitete ihr Leben lang immer brav, fleißig und gerne. Heute lebt sie „Am Mühlengrund“ und kann immer lachen, sie genießt ihr Leben! 19 3.2. Die Buchpräsentation Die Buchpräsentation fand am 24.11.2011 „Am Mühlengrund“ im großen Veranstaltungssaal statt. Weil diese Präsentation der vorläufige Abschluss des Buchprojekts war, zählt dieser Nachmittag zu einer wichtigen und bedeutenden Projektphase. Bei einer gemeinsamen Besprechung mit der Agenda 21 Plus über den Ablauf der Präsentation beschlossen wir einen Flyer zu gestalteten, der als Einladung und Werbung für die Veranstaltung an alle Beteiligten verteilt wurde. Es war ein erneutes Beisammensein von jungen und alten Menschen, die gemeinsam an Tischen saßen und neugierig den Ablauf der Veranstaltung verfolgten. Beim Eingang zum Saal stand ein Verkaufstisch, der von zwei Mädchen aus der Schule betreut wurde, an dem jeder Besucher die Möglichkeit hatte, ein Buch um 10,00€ zu erwerben. Um 15 Uhr begann das vorgesehene Programm, welches die Agenda 21 Plus und das Projektteam fertig ausgearbeitet hatten. Es sprachen unter anderen der Vertreter des Bezirksvorstehers Manfred Wurm, der Direktor des Seniorenwohnhauses „Am Mühlengrund“ Herr Helmut Hempt, die Agenda 21 Plus wurde vorgestellt, der Projektcoach Manfred Car sprach generell über die Schulprojekte mit Generationen und schließlich auch ich. Ich präsentierte unser Projekt „Spuren des Lebens“. Zwischendurch wurden zwei Lieder von einer kleinen Chorgruppe aus unserer Schule gesungen, die uns hierbei gerne unterstützten. Die gesamte Präsentation wurde von Sabine Steinbacher, Vertreterin der Agenda, hervorragend moderiert. Am Ende des Programms wurde noch unser selbstproduziertes Video mit Ausschnitten und Fotos unserer Arbeit, unterlegt mit schöner Musik auf eine Leinwand projiziert. Ein sehr stimmiger und rührender Moment für alle Beteiligten. Abschließend wurden die druckfrischen Bücher „Spuren des Lebens“ an die beteiligten Personen ausgeteilt. Aufgrund des bereits bestehenden Kontakts der Agenda 21 Plus zu Okto TV und des Interesses des Senders für unser Projekt, wurden wir an diesem Präsentationsnachmittag von einem Kamerateam begleitet. Sie filmten die gesamte Präsentation und führten im Anschluss noch einzelne Interviews mit 20 Schülern und Bewohnern des Seniorenwohnhauses „Am Mühlengrund“. Zwei Wochen später wurde die gelungene Zusammenfassung10 auf Okto TV ausgestrahlt. 10 http://okto.tv/agenda21 21 3.3. Historische Hintergründe Bei einigen Interviews sind die Senioren auf interessante historische Details eingegangen, bei denen ich denke, dass sie einen geschichtlichen Wert haben und ich habe begonnen darüber zu recherchieren. Hirtenfelder Gertrude Sie erzählte bei ihrem Interview, dass ihre Mutter damals zur Filialleiterin der Bäckerei Hammerbrotwerke, dem heutigen „Anker“, befördert wurde… Die Hammerbrotwerke11 waren Fabriken einer Großbäckerei der Wiener Arbeiterschaft, die von 1909 bis 1969 in Wien und deren Umgebung existierte. Das Unternehmen drohte vor dem Ersten Weltkrieg in eine finanzielle Katastrophe zu stürzen. Aufgrund des Kriegs und der beginnenden Lebensmittelknappheit wurde die Pachtung von 24 kleineren Bäckereien in Wien gefördert. Es wurde ein eigener MilitärZwieback in die Produktpalette aufgenommen, um verarmten Soldaten und Familien ein billiges, jedoch qualitätsreiches Produkt bieten zu können. Dank dieser zusätzlichen Einnahmen, konnte das Unternehmen der finanziellen Katastrophe entgehen. Im Jahre 1919 konnte ein zweites Backwerk in Floridsdorf in der Schwaigergasse eröffnet werden. Kurz darauf folgte ein drittes Werk im ehemaligen Militärverpflegungsetablissement in der Leopoldstadt. 1937 zwang die allgemeine wirtschaftliche Lage erst zu einer Personalreduktion, dann sogar zu einer Stilllegung des Unternehmens. Die zwei neueröffneten Werke mussten verkauft werden. Der „Schoeller-Konzern“ wurde schließlich der Eigentümer des Unternehmens Hammerbrotwerke und fusionierte es 1970 mit dem ebenfalls neu übernommenen Ankerbrot12 unter dem Namen „Vereinigte Nahrungsmittel Industrie AG“. In dem ehemaligen Werk in Floridsdorf befindet sich heute eine Tanzschule namens „Tanzsportclub- blaugrün Wien“13 und das Militärverpflegungsetablissement14 wurde entsprechend dem Denkmalschutz restauriert und als Bürogebäude adaptiert. 11 http://de.wikipedia.org/wiki/Hammerbrotwerke http://de.wikipedia.org/wiki/Ankerbrot 13 http://www.tanzsport-wien.at/tsc_blau_gruen_wien.html 12 22 Das Hammerbrot-Schlaraffenland15: Der Konzern hatte eine firmeneigene Kinderwerbezeitschrift, die meistens monatlich erschien. Das kreativ gestaltete Heft bestand immer aus acht Seiten, die mit zahlreichen Rätseln, Comics und fortlaufenden Geschichten versehen waren. Manchmal gab es auch eine Bastelanweisung mit Ausschneidebögen oder andere ausgedachte Spiele. Da keine Belegexemplare der Serie nach Anfang 1939 zu finden waren, vermutet man, dass nach dem „Anschluss“ kein Papier mehr für Werbung zu Verfügung gestellt wurde. Mitte 1951 wurde die Hammerbrot-Kinderwerbezeitung neu gegründet und kam mit dem Namen „Kleine Hammer-Welt“ auf den Markt. (Im Anhang befinden sich zwei Bilder der Kinderzeitungen.) Dr. Herta Feith Sie erzählte zwei Projektteammitgliedern, dass sie mit eigenen Augen sah, wie die Wiener Staatsoper16 abbrannte… Bereits 1944 wurde der Betrieb aller Veranstaltungshäuser und Wiener Theater eingestellt. Es entstanden erhebliche Schäden an den Wiener Kulturbauten aufgrund der starken Bombardierungen. Am 12.03.1945 wurde die Wiener Staatsoper von einer amerikanischen Bombe getroffen, der gesamte Bühnentrakt und der Zuschauerraum wurden zerstört und die Oper brannte (siehe Foto im Anhang) fast vollkommen aus. Abgesehen von dem Schaden an dem Gebäude selber, entstand ein Verlust des gesamten Dekorations- und Requisitenbestandes und den rund 150.000 Kostümen. Zum Glück wurden einige Räumlichkeiten und Treppen von dem Feuer verschont, wie zum Beispiel das Foyer, die Loggia und der Teesalon. Im Jahre 1948 begann Wien die zerstörte Oper originalgetreu wieder aufzubauen und komplett zu restaurieren. In der Zwischenzeit fanden einige Aufführungen der Staatsoper auf Ersatzbühnen, wie im Theater an der Wien oder an der Volksoper statt. Was in einer einzigen Nacht zerstört wurde, brauchte sieben Jahre bis zur Wiedereröffnung. 14 http://de.wikipedia.org/wiki/Milit%C3%A4rverpflegungsetablissement http://home.arcor.de/hitlerjugendzeitung/hammerbrot.htm 16 http://gym.scp.ac.at/web-aktiv/geschichte-im-sacre-coeur/Kulturchronik2.htm http://www.planet-vienna.com/spots/Staatsoper/staatsoper.htm 15 23 Die Staatsoper wurde am 05.11.1955 mit „Fidelio“ von Ludwig van Beethoven unter der Leitung von Karl Böhm wiedereröffnet. Auch erzählte Dr. Herta Feith von dem Anschlag auf den Philipphof17, wo rund 200-300 Menschen ums Leben kamen… Wie die Staatsoper wurde auch der Philipphof vor der Albertina am 12.03.1945 völlig zerstört. Dabei war unter dem Philipphof ein Luftschutzbunker angelegt, der als sehr sicher galt und für über 300 Personen Platz bot. Dieser Bunker sollte für die gesamten Bewohner der umliegenden Wohngegend, als Schutz gegen die Bomben dienen. Bei der Bombardierung Wiens wurde das Gebäude jedoch so schwer beschädigt, dass die gesamte Gebäudestruktur über dem Luftschutzkeller in sich zusammenbrach. Die 200-300 Menschen, die in dem Bunker Schutz gesucht hatten, wurden unter dem Schutt begraben. Bei dieser entsetzlichen Katastrophe wurde die höchste Zahl an zivilen Todesopfern in Wien gezählt. Die Bergung der verschütteten Opfer konnte leider aufgrund der Instabilität des Geländes nicht durchgeführt werden. Diese Opfer ruhen bis zum heutigen Tag in den verschütteten Kellern des ehemaligen Philipphofes. Nach Kriegsende wurden die gesamten Überreste des Gebäudes gesprengt (siehe Fotos im Anhang), um den Platz neu asphaltieren zu können. 1988 errichtete Alfred Hrdlicka ein Mahnmal (siehe Foto im Anhang) gegen Krieg und Faschismus auf dem Platz vor der Albertina. 17 http://www.timetraveller.eu/index.cfm?objectid=5DE936AA-D1A2-AC81-0F437401D7C24570#arch http://de.wikipedia.org/wiki/Bombardierung_Wiens_im_Zweiten_Weltkrieg#Schwerster_Angriff_am_12._ M.C3.A4rz_1945 24 4. Diskussion Auffallend war das Verhalten der Menschen. Die meisten Erinnerungen waren hauptsächlich positive Dinge, was vielleicht daran liegt, dass der Mensch automatisch versucht die unangenehmen und negativen Geschehnisse zu verdrängen. In manchen Fällen, wenn sie ein tiefes Trauma bewirken, können die gespeicherten Gedanken sogar vollkommen gelöscht beziehungsweise überschrieben werden, so dass derjenige nicht mehr weiß, was er selber getan hat oder was passiert ist. 4.1. Positives „Am Mühlengrund“: Sehr erfolgreich war unsere Zusammenarbeit mit dem Herrn Direktor Helmut Hempt vom Seniorenwohnhaus „Am Mühlengrund“. Er half uns die Informationen an die Senioren weiterzuleiten und sie an die nächsten Termine zu erinnern. Einen großen Vorteil hatte das Seniorenwohnhaus, denn es sind viele Senioren auf einem Fleck und so konnten an einem Tag bis zu 10 Personen interviewt werden. Außerdem fühlten sich die älteren Menschen sehr wohl, weil sie sich an einem vertrauten Ort befanden. Dadurch kam es zu keinen angespannten Situationen. Agenda 21 Plus18: Die Agenda unterstützte uns in jeder Hinsicht. Schon am Anfang des Projekts, als es darum ging genügend Stimmen für den Gewinn des BIPA Schulprojektwettbewerbs zu bekommen, voteten die Mitarbeiter fleißig mit. Auch brachten sie uns mit interessanten Persönlichkeiten aus dem 23. Bezirk in Verbindung und waren eine große Unterstützung bei der Organisation der Buchpräsentation. Die Agenda druckte ohne Verrechnung von Kosten Flyers und machte uns auf Veranstaltungen rund um den Generationendialog aufmerksam. So kam es, dass unsere Projektgruppe im Rathaus bei einer Art „Speed Dating“ mitmachen konnte, wo sich Menschen über Projekte in Wien informierten. Auch vertrat unser Projekt „Spuren des Lebens“ eine Stelle bei einer Podiumsdiskussion rund um die Generationen, was eine sehr beeindruckende Erfahrung war. Zum Abschluss unseres Projekts lud die Agenda das Projektteam zu einem Essen ein, wo noch einmal grob besprochen wurde, was gut funktionierte und was man besser hätte machen können. 18 http://la21wien.at/Plone/die-la-21-bezirke/23-bezirk/aktuelles/#spuren 25 Manfred Baumann19: Eine Besonderheit unseres Buchs ist mit Sicherheit das Cover. Das darauf abgebildete Foto stammt nämlich von dem österreichischen Starfotografen Manfred Baumann. Dieses Foto ist aus seiner neuen Ausstellung „LIFE - Unretuschiert & Unzensiert“. Für diese hat er Menschen im Alter um die 100 Jahre unretuschiert fotografiert. Durch Zufall wurde diese Ausstellung kurz vor der Gestaltung des Covers präsentiert. Nach meiner Anfrage mit genauer Beschreibung unseres Projekts, stellte Manfred Baumann uns dieses ausdrucksvolle Foto unentgeltlich zur Verfügung. Die Aufnahme des Gesprächs: Dass die Interviews mit Handys oder Aufnahmegeräten aufgenommen worden sind, diente für eine spätere Kontrolle und vor allem als Hilfsmittel. Beim Verfassen des Berichts konnte auf diese Hilfestellung zurückgegriffen werden, um sich spezielle Details erneut anzuhören und somit eine ziemlich fehlerlose Arbeit zu leisten. Die Buchpräsentation: Die Buchpräsentation entwickelte sich sehr gut und ist ohne Probleme und Pannen abgelaufen. Noch am selben Abend erhielten wir von vielen Leuten großes Lob und es war schön, dass die Menschen so begeistert unsere Arbeit zu schätzen wussten. Einige waren sehr darüber verblüfft, was aus ihrer eigenen Lebensgeschichte gemacht werden konnte. Es war ein sehr netter und schöner Nachmittag. 19 http://blog.statravel.at/life-manfred-baumann/ 26 4.2. Negatives So wie bei den meisten Projekten, verlief auch unseres nicht völlig ohne Probleme. Typisch Schüler: Die Verlässlichkeit untereinander war ein wichtiger Punkt, der leider nicht von allen eingehalten worden ist. So musste vielen Schülern nachgelaufen werden, um die fertigen Berichte zu erhalten, damit alles zur rechten Zeit fertig werden konnte. Was ein wenig verständlich ist, wenn man bedenkt, dass dieses Projekt neben der Schulzeit stattfand und auch viel Freizeit in Anspruch genommen hat. Der Tod: Leider passierte auch etwas sehr Unangenehmes, mit dem man zu rechnen hat, wenn man mit älteren Menschen zusammenarbeitet. Einer unserer Interviewpartner starb leider noch bevor das Buch gedruckt werden konnte. In Gedanken an ihn und in Trauer fügten wir einen kleinen Kommentar auf seiner Buchseite hinzu und umrandeten die Seite schwarz. Depressive Menschen: Einige Jugendliche haben sich sehr schwer damit getan, dass es auch Menschen gab, die sich nicht mehr am Leben freuen konnten und sich intensiv mit dem Tod auseinandersetzten. Obwohl die meisten Lebensgeschichten recht erheiternd waren und die Gespräche auch lustig und nett sein konnten, gab es auch Personen, die sehr grantig und depressiv waren. Aber zum Glück kam das nur sehr selten vor, denn die meisten Leute kamen aus Neugierde zu uns und hatten gute Laune. Der Rauswurf: Bei einem Hausbesuch in Mauer, wo wir einen sehr netten und engagierten Mann interviewen wollten, passierte etwas sehr Ungewöhnliches und Uncharmantes. Johanna Schagerl und ich saßen zum ausgemachten Termin gemeinsam mit dem Mann in seinem Garten und hatten soeben mit dem Interview begonnen. Plötzlich kam die Frau des Befragten heim und hat uns beinhart und dazu sehr unhöflich hinausgeworfen. Bei dem Versuch der Frau höflich zu erklären, warum wir hier sind, beziehungsweise, dass der Termin ja mit ihrem Mann ausgemacht war, scheiterten wir komplett. Sie unterbrach uns und meinte bloß, dass sie uns nicht einmal hineingelassen hätte, denn sie habe heute Geburtstag und ihr Mann habe auch heute Geburtstag und dass sie sich nicht weiter mit uns ärgern möchte. Sie sprach sehr unfreundlich, wenn nicht abwertend mit uns und sagte, dass wir jetzt sofort verschwinden sollten. Wir packten unsere Sachen, verabschiedeten uns bei dem Mann und gingen. 27 5. Anhang 5.1. Bilder zu „Historische Hintergründe“ Abbildung 120: ©Herr Walter Mayrhofer Ein Titelblatt der Kinderwerbezeitschrift „Das Hammerbrot- Schlaraffenland“ 20 http://home.arcor.de/hitlerjugendzeitung/hammerbrot.htm 28 Abbildung 221: ©Herr Walter Mayrhofer Titelblatt der neuen Auflage „Kleine Hammer- Welt“ (März 1953) 21 http://home.arcor.de/hitlerjugendzeitung/hammerbrot.htm 29 Abbildung 322: Die Wiener Staatsoper wurde am 12.03.1945 zerbombt und brannte fast vollständig aus. 22 http://gym.scp.ac.at/web-aktiv/geschichte-im-sacre-coeur/Kulturchronik2.htm 30 5.1.1. Sprengung der Überreste des Philipphofs23 23 Aus dem Archiv der Firma „Marx Media GmbH“ 31 Abbildung 424: Das Mahnmal gegen Krieg und Faschismus auf dem Platz an dem der Philipphof stand. 24 http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Datei:Mahnmal_Albertinaplatz_Vienna_Oct._2006_002.jpg&fil etimestamp=20061014122651 32 6. Verzeichnis der Literatur Bücher: - Beyer, Lisann und Car, Manfred: Spuren des Lebens –Wien: Eigenverlag, 2011, 133pp - Auchmann, Maria; Berger, Christoph; Feierfeil, Gerlinde; Panis, Alfred: ProjektManagement-Step By Step: MANZ Verlag Schulbuch GmbH- Wien: 2007, 240pp Internet: - „antonkriegergasse”: Generationenprojekte. http://www.antonkriegergasse.at/docs/userwebs/index.php?seite=48, 06.02.2012 www.antonkriegergasse.at/docs/userwebs/index.php?seite=246, 06.02.2012 - Bipa Schulprojektwettbewerb: Spuren des Lebens. http://www.bipaschulprojekt.at/schulprojekte.html?task=view&id=90, 06.02.2012 - Knill+Knill Kommunikationsberatung: Interview führen-aber wie? http://www.rhetorik.ch/Interviewtechnik/Interviewtechnik.html, 10.02.2012 - Okto Community: Der Sender. http://okto.tv/lesen/der-sender, 09.02.2012 - Wikipedia: Interview. http://de.wikipedia.org/wiki/Interview, 06.02.2012 - Wikipedia: Hammerbrotwerke. http://de.wikipedia.org/wiki/Hammerbrotwerke, 08.02.2012 - Wikipedia: Ankerbrot. http://de.wikipedia.org/wiki/Ankerbrot, 08.02.2012 - Das Hammerbrot Schlaraffenland. http://home.arcor.de/hitlerjugendzeitung/hammerbrot.htm, 08.02.2012 - Wikipedia: Militärverpflegungsetablissement. http://de.wikipedia.org/wiki/Milit%C3%A4rverpflegungsetablissement, 08.02.2012 - ÖTSV: TSC Blau-Grün Wien http://www.tanzsportwien.at/tsc_blau_gruen_wien.html, 08.02.2012 - Kulturchronik. http://gym.scp.ac.at/web-aktiv/geschichte-im-sacrecoeur/Kulturchronik2.htm, 09.02.2012 - Planet-vienna: Staatsoper. http://www.planetvienna.com/spots/Staatsoper/staatsoper.htm, 09.02.2012 33 - Time: Traveller: visualisierung albertinaplatz. http://www.timetraveller.eu/index.cfm?objectid=5DE936AA-D1A2-AC810F437401D7C24570#arch, 09.02.2012 - Wikipedia: Schwerster Angriff am 12. März 1945. http://de.wikipedia.org/wiki/Bombardierung_Wiens_im_Zweiten_Weltkrieg#Sch werster_Angriff_am_12._M.C3.A4rz_1945, 09.02.2012 - Lokale Agenda: Agenda 21 Plus. http://la21wien.at/Plone/die-la-21-bezirke/23bezirk/aktuelles/#spuren, 09.02.2012 - Okto: Agenda 21 in Action. http://okto.tv/agenda21, 09.02.2012 - Blog: Manfred Baumann. http://blog.statravel.at/life-manfred-baumann/, 04.02.2012 Bilder: - Mahnmal: http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Datei:Mahnmal_Albertinaplatz_Vienna _Oct._2006_002.jpg&filetimestamp=20061014122651, 09.02.2012 - Kulturchronik. http://gym.scp.ac.at/web-aktiv/geschichte-im-sacrecoeur/Kulturchronik2.htm, 09.02.2012 - Das Hammerbrot Schlaraffenland. http://home.arcor.de/hitlerjugendzeitung/hammerbrot.htm, 08.02.2012 - Philipphof: Sprengung. Aus dem Archiv der Firma „Marx Media GmbH“, 1230 Wien: Speisinger Straße, 13.02.2012 34 7. Zusammenfassung Im Rahmen der Projektgruppe „Generationendialog“ der Schule „antonkriegergasse“ und der Agenda 21 Plus wurde ein neues Projekt namens „Spuren des Lebens“ gestaltet. Man führte von Anfang April bis Ende Oktober 2011 Interviews mit 57 verschiedenen Personen aus dem Bezirk Wien Liesing. Diese 57 Geschichten wurden im Eigenverlag zu dem Buch „Spuren des Lebens“ publiziert. In dieser Arbeit wird die Projektvorbereitung, Durchführung und die Präsentation beschrieben. Auch wurde auf einige geschichtliche Details eingegangen, deren Grundlagen aus den Erzählungen der Interviewpartner stammen. 8. Abstract A team of students from the school “antonkriegergasse” fulfilled in 2011 a new and real special project called “Spuren des Lebens”. The main idea was to interview senior citizens at the retirement home “Am Mühlengrund” and some other interesting people living in the 23rd district of Vienna. The students did the interviews and asked the senior citizens questions about the wartime, their working lives and their childhoods. The next step was to write down these interesting stories from our interview notes. These stories and the photos, which we made from each interviewee, are the contents of the book “Spuren des Lebens” we published ourselves. 9. Eigenständigkeitserklärung Ich, BEYER Lisann, erkläre hiermit, dass ich die vorliegende Fachbereichsarbeit selbständig und ohne fremde Hilfe verfasst und nur die im Literaturverzeichnis angegebenen Quellen benützt habe. Wien, Unterschrift: 35 10. Arbeitsprotokoll Datum Art der Besprechung Thema der Besprechung 08.09.2011 (13:00-13:30) Persönliches Treffen Kontrolle des Rohentwurf 15.09.2011 (15:00-16:00) Persönliches Treffen Grobdisposition und Einleitung besprochen 10.10.2011 (17:00) Telefonat Besprechung des Anhangs 24.10.2011 (9:50-10:00) Persönliches Treffen Geschichtliche Recherche und Buchpräsentation 13.12.2011 (13:13) E-Mail BIPA Schulprojektwettbewerb 15.12.2011 (14:00-15:00) Persönliches Treffen Planungsgespräch 21.12.2011 (14:40-15:30) Persönliches Treffen Kontrolle 12.01.2012 (13:00-14:00) Persönliches Treffen Überprüfung von den ersten Seiten der FBA 24.01.2012 (11:05) E-Mail Projekthandbuch 26.01.2012 (13:00-14:00) Persönliches Treffen Fragen wegen des Literaturverzeichnisses 11. Projekthandbuch Auf den nächsten 24 Seiten ist das ausgearbeitete Projekthandbuch, das das Projekt „Spuren des Lebens“ dokumentiert und teilweise graphisch darstellt, angeführt. 36