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Solarbrief 4/05
Foto: Christoph Ueberfeld
Energieeffizienz
Aber wie?
EnBW AG: Jetzt für
Erneuerbare Energien
Kassieren ohne
Modernisieren
Zu einem intellektuellen
Versäumnis der
Umweltbewegung
Argumentative Unterstützung
auch für den Fortbestand
des EEG
Stromnetzbetreibern
fehlen staatlicheAufsicht
und Sanktionen
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Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V.
Solarbrief 4/05
Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V.
1
Infostellen des SFV
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52070 Aachen
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E-mail: [email protected]
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11.11.2006, 19.00 Uhr in Aachen
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Alfons Schulte
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Wolf von Fabeck (V.i.S.d.P.)
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Auflage: 5000
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Amberg / Amberg Sulzbach
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Energiemails zu allgemeinen Fragen der Energiewende und der Energiebesteuerung zur Verminderung der Arbeitslosigkeit
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der Solaranlagenbetreiber
Pressemitteilungen zu allgemeinen Fragen der Energiewende und der
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Dezember 2005
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Druckerei:
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Moeker-Merkur
gedruckt auf 100 % Recyclingpapier
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ISSN 0946-8684
Titelbild:
Christoph Ueberfeld
2
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Solarbrief 4/05
Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V.
Editorial
Fast ein Gebet
Von Rainer Kunze
Viele von uns denken bei diesem Gedicht an
das unbeschreibliche Elend in der dritten Welt,
andere denken daran, dass sogar bei uns im
Land die Kluft zwischen Reich und Arm immer größer wird. Wie sollen wir helfen, wenn
unser Gemeinwesen noch nicht einmal die vielen Probleme im eigenen Land lösen kann? Fünf
Millionen Arbeitslose! Die Staatseinnahmen
bröckeln weg.
Wir haben ein Dach
und Brot im Fach
und Wasser im Haus
da hält man’s aus.
Und wir haben es warm
und haben ein Bett.
O Gott, dass doch jeder
das alles hätt.
Geld fehlt an allen Ecken und Enden.
Ratlos suchen Politiker nach neuen Geldquellen; vielleicht die Mehrwertsteuer, oder besser die Rentenbeiträge, oder vielleicht gar die Kopfpauschale? Oder die Autobahnen verkaufen? Man könnte ja auch noch bei Hartz IV
etwas kürzen!? Die Suche erfolgt so unsystematisch, dass man
an der Kompetenz der Akteure zweifeln könnte.
Wer Lasten gerecht verteilen will, sollte zunächst die Leistungsfähigkeit der möglichen Lastenträger berücksichtigen.
Bisher tragen Arbeiter und Angestellte bei weitem die höchste Steuer- und Abgabenlast. Das stammt noch aus der Zeit als
es hieß „Alle Räder stehen still, wenn dein starker Arm es will.“
Dieser Kampfruf aus dem Jahr 1863 sollte die Arbeiter zum
solidarischen Zusammenstehen ermutigen. Er signalisiert ungeheure Macht im Produktionsprozess, zeigt aber nur einen
kleinen Aspekt der Wirklichkeit. Arbeiter können alle Räder
zum Stillstand bringen. Es ist ihnen aber unmöglich, auch nur
eine einzige Maschine ohne die Hilfe von Energie anzutreiben.
Zum Antrieb der Maschinen und zur Speisung der Schmelzund Hochöfen braucht die Wirtschaft Energie. Ohne Energie
bewegt sich rein gar nichts. Die gesamte Geschichte der Technik demonstriert die Überlegenheit der Energie gegenüber dem
Personal. Der Produktionsfaktor Energie ist im produzierenden Bereich nicht nur mächtiger als der Produktionsfaktor Personal, sondern auch billiger. Dennoch wird die Energie kaum
zur Besteuerung herangezogen. Seit dem Aufstand der Bildzeitung und des ADAC gegenüber einer langsamen Anhebung
der Benzin-Besteuerung bis auf 5 DM pro Liter ist das Thema
tabu. Energie muss billig sein, heißt es statt dessen.
Dabei ist billige Energie die Hauptursache der Arbeitslosigkeit. Schon seit Jahren müssen personalintensive Betriebe
schließen - und auf der anderen Seite blühen energieintensive
Betriebe auf.
Energieintensiv bedeutet menschenleere Fabrikhallen, bedeutet Einsatz von Automaten, bedeutet Verarbeitung von Halb-
Solarbrief 4/05
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zeugen (Kupferdraht, Aluminiumprofile,
Stahlblech usw.) am laufenden Band. Halbzeuge werden aus Grundstoffen hergestellt,
und diese werden unter ungeheurem
Energieeinsatz aus Rohstoffen gewonnen.
Billige Energie bedeutet deshalb billige
Grundstoffe, und billige Grundstoffe begünstigen die weitere Automatisierung. Arbeitsplätze werden durch Automatisierung
allerdings nicht geschaffen - im Gegenteil!
Auf der anderen Seite stehen die personalintensiven Unternehmen bereits mit dem Rücken zur Wand.
Handwerksbetriebe, Kindergärten, Schulen, Universitäten,
Forschungseinrichtungen, soziale und kulturelle Einrichtungen, fast der gesamte Dienstleistungsbereich ist betroffen. Diese Unternehmen müssen nicht nur die Nettolöhne zahlen, sondern ihr Personaletat wird indirekt auch noch durch die Lohnsteuer und die Lohnnebenkosten belastet. In ihrer Not entlassen sie Personal oder sie schließen ganz.
Ein Vergleich der jährlichen Steuer- und Abgabenlast in der
Bundesrepublik zeigt, dass der Produktionsfaktor Arbeit (Personal) mehr als zehnmal so viel belastet wird wie die Energie:
513 Mrd. Euro gegenüber 48 Mrd. Euro. Wer Personal-Neueinstellungen will, muss deshalb die personalintensiven Betriebe steuerlich und abgabenmäßig entlasten. Die energieintensiven Betriebe aber müssen zum Ausgleich eine höhere
Steuerlast übernehmen!
Wer mehr tun will als beten, sollte deshalb bei jeder Gelegenheit darauf bestehen, dass Energie stärker besteuert werden muss.
PS: Eine zukunftsfähige Wirtschaft im Dienst der gesamten Gesellschaft ist nur zu möglich, wenn die ungeheure
Produktionsmächtigkeit der Energie auch für soziale Zwecke
mobilisiert wird, dazu ist ihre angemessene Besteuerung unumgänglich. Wir werden dieses brennend wichtige Thema
auch in diesem und den folgenden Heften immer wieder von
anderen Seiten beleuchten. Sie, liebe Leser, werden dabei hoffentlich weitere neue Aspekte kennen lernen.
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Inhaltsverzeichnis
Arbeitsplätze und soziale Verantwortung
3 ..... Editorial - Die steuerpolitische Unterschätzung der Energie
Der Kampf um die Energiewende
6 ..... EnBW - Jetzt für Erneuerbare Energien!
Neue Position der Energie Baden-Württemberg AG - Dieser Kurswechsel ist ernst gemeint: W. v. Fabeck
7 ..... Auszug aus dem Positionspapier der EnBW zu den Erneuerbaren Energien
Daseinsvorsorge - Versorgungssicherheit - Unabhängigkeit - Zukunftschancen
8 ..... Energieeffizienz - aber wie?
Zu einem intellektuellen Versäumnis der Umweltbewegung: Wolf von Fabeck
9 ..... Solare Baupflicht für Neubauten - Nachrüstpflicht für Altbauten
Änderung des Baugesetzbuchs ist besser als Marktanreizprogramme für Solarthermie: W. v. Fabeck
10 ... Bürgerantrag „Solare Baupflicht“ in Aachen einen wichtigen Schritt weiter
Aktueller Stand und nachträgliche Änderung des Bürgerantrags: Susanne Jung
11 ... Wortlaut des vorgeschlagenen Ratsbeschlusses
12 ... Erdöl für alle - diese Zeit ist vorbei Hans-Josef Fell
13 ... Fair Future
Ein Report des Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie: Alfons Schulte
14 ... 12 Argumente für die Windkraft im Binnenland
Mit Fakten gegen Vorurteile - Windkraft im Binnenland unverzichtbar: Eberhard Waffenschmidt
20 ... Biogas ins Erdgasnetz einspeisen
Informationen von Petra Hörstmann-Jungemann
21 ... Keine Steuerbefreiung für Biokraftstoffe mehr?
Kommentar zu einer Vereinbarung im Koalitionsvertrag: Wolf von Fabeck
22 ... Stimmungsmache gegen Photovoltaik
FAZ vertritt kritiklos Position der strukturkonservativen Stromwirtschaft: Wolf von Fabeck
Vernachlässigte Stromnetze
23 ... Kassieren ohne Modernisieren
Ein Staat, der Daseinsvorsorge privatisiert, muss die Aufsicht behalten. Haftungsbeschränkungen
verführen Stromversorger zur Sorglosigkeit: Wolf von Fabeck
23 ... "Hei, wie Splitter brach das Gebälk entzwei"
Leserbrief und SFV-Antwort
24 ... Offener Brief an Angela Merkel
Bund der Energieverbraucher fordert Änderung der Haftungsregelungen für Netzbetreiber
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Solarbrief 4/05
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Inhaltsverzeichnis
Verbraucherschutz
25 ... Protest bei überhöhten Angaben zu den Kosten der Erneuerbaren Energien
Einbehalten eines Teilbetrages - die wirkungsvollste Maßnahme: Wolf von Fabeck
26 ... Wenn Solarmodule Flügel bekommen...
Überprüfung der Registriernummern kann Diebesgut entlarven: Wolf von Fabeck
26 ... Anschlussverzögerung zu Silvester kommt teuer
Nutzen Sie die Chance, den Betriebsbeginn Ihrer Anlage noch im alten Jahr durchzusetzen:
Wolf von Fabeck
27 ... Nicht unterschreiben!
Erklärung der Netzbetreiber zu § 115 EnWG irreführend: Wolf von Fabeck
27 ... Haben Sie Streit mit Ihrem Netzbetreiber?
SFV bereitet Beschwerde bei der Europäischen Kommission vor
28 ... Brandschutz - Erste Informationen
Was ist zu beachten, wenn Solaranlagen brennen: Wolf von Fabeck
Lernspiel für Kinder
29 ... Blue MissionPlanat - das Kinderquiz
Getestet von Petra Hörstmann-Jungemann
Internes
29 ... EUROSOLAR-Sonderpreis für Wolf von Fabeck
Würdigung für langjähriges persönliches Engagement bei der Einführung und Nutzung
Erneuerbarer Energien in Deutschland
30 ... Bericht über Mitgliederversammlung 2005
Von Bertold Ruge
30 ... Termin Mitgliederversammlug 2006
31 ... Vorstellung des SFV-Vorstandes
32 ... SFV-Mailingliste
Diskutieren Sie mit uns: Stefan Lieser
Nachrichten, Kommentare, Leserbriefe
ab Seite 33: Zur Internationalen Konferenz der Erneuerbaren Energien in Peking, zu ver.di und seiner
Stellung zum Atomausstieg und zu Erneuerbaren Energien, zur EU-Zielvorgaben, zu PVFreiflächenanlagen
Solarbrief 4/05
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Der Kampf um die Energiewende
Überraschender Kurswechsel der
Energie Baden-Württemberg (EnBW)
Unerwartete Unterstützung der Erneuerbaren Energien durch einen der vier
großen Stromversorger Deutschlands
Von Wolf von Fabeck
Von der Öffentlichkeit kaum bemerkt,
hat der viertgrößte deutsche Stromversorger einen Kurswechsel gegenüber
den Erneuerbaren Energien und dem
EEG vollzogen, der an Radikalität kaum
zu überbieten ist.
Auf der Internetseite der Energieversorgung Baden Württemberg AG
(EnBW) finden sich seit dem 9.11.05 in
einem Positionspapier mit Bezug auf die
Erneuerbaren Energien Überschriften
wie:
- Daseinsvorsorge,
- Versorgungssicherheit,
- Unabhängigkeit,
- Zukunftschancen.
Den Text im Zusammenhang finden
Sie anhängend.
Damit steigt die EnBW aus der Phalanx der Gegner aus und bekennt sich
eindeutig zur energiepolitischen Vernunft.
Die ganze Brisanz des EnBW-Textes
ergibt sich nicht nur aus dem Inhalt des
Papiers, sondern noch viel mehr aus seinem Zusammenhang mit den politischen
Ereignissen. Das Positionspapier wurde
am 9.11.05 veröffentlicht - während der
Koalitionsverhandlungen, wenige Tage
vor der Entscheidung, ob die große Koalition das Erneuerbare-Energien-Gesetz
(EEG) beibehalten oder beenden würde.
Der Verband der Deutschen Elektrizitätswirtschaft, dem auch die EnBW angehört, hatte erst wenige Tage zuvor - natürlich ebenfalls mit Blick auf die Koalitionsverhandlungen - gefordert, die
Erneuerbaren Energien sollten nicht
mehr nach dem EEG vergütet, sondern
„in den Markt eingebunden“ werden wobei natürlich allen Eingeweihten klar
ist, dass es sich nicht um einen freien
Markt mit gleichen Chancen für die Erneuerbaren handelt.
Befürworter und Gegner der Erneuerbaren Energien zerbrechen sich seitdem
den Kopf, welche möglicherweise unausgesprochene Absicht hinter der
EnBW-Veröffentlichung stecken mag.
Eine Sprecherin der FDP-Bundestagsfraktion unterstellte gar, es ginge dem
Konzern ausschließlich darum, zukünftig große Wasserkraftanlagen nach dem
EEG vergütet zu bekommen. Doch als
Tauschangebot - etwa in der Art: EnBW
erkennt das EEG an, wenn sie im Gegenzug EEG-Geld für den Ausbau der
Wasserkraft bekommt - ist das Positionspapier überhaupt nicht geeignet. Die
Aussagen zu den Erneuerbaren Energien sind dort nämlich ohne Bedingung
formuliert, eher wie Lehrsätze. Sie wurden veröffentlicht und sind nicht mehr
wie ein „Tauschobjekt“ rückholbar.
Der unschätzbare politische Wert dieser Aussagen liegt darin, dass sie bei
Menschen mit geringer energietechnischer Fachkompetenz letzte Zweifel
am Sinn der Erneuerbaren Energien ausräumen.
Aus diesem Grund empfehlen wir, diese gut gezielte Vorlage aufzunehmen und
bei jeder Gelegenheit weiterzuspielen.
Dem Vorstand der EnBW gratulieren
wir zu seiner mutigen Entscheidung, aus
der Front der Verweigerer auszubrechen.
Ein Wort noch an die
Solaranlagenbetreiber im
Netzgebiet der EnBW
Wir rechnen nicht damit, dass sogleich
alle Schikanen von EnBW-Mitarbeitern
gegenüber Betreibern oder Anschlusswilligen aufhören werden, denn es
braucht immer Zeit, bis eine so radikale
Kursänderung auch beim letzten Mitarbeiter angekommen ist. Wir empfehlen
Ihnen aber, mit dem Positionspapier zu
„winken“, falls es noch Probleme gibt.
Wenn „Winken“ nicht hilft, bitten wir um
Information und werden uns - gegebenenfalls - an den EnBW-Vorstand wenden.
Auszüge aus dem Positionspapier der Energie Baden-Württemberg AG
(Oktober 2005)
Die EnBW Baden-Württemberg AG spricht sich für den Ausbau der Stromproduktion aus erneuerbaren Quellen aus. Sie
befürwortet die weitere Förderung neuer Anlagen auf Basis des Erneuerbare Energien Gesetz (EEG), verbunden mit
Forderungen an seine Novellierung.
Unsere Grundsatzposition
Die Erneuerbaren Energien sind eine der Schlüsseltechnologien für das 21. Jahrhundert. Gemeinsam mit Energieeffizienztechniken und emissionsarmen konventionellen wie Kern-Kraftwerken werden sie künftig wichtiger Bestandteil
der weltweiten Energieversorgung sein. Ihr Ausbau ist aus mehreren Gründen sinnvoll und nötig:
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Solarbrief 4/05
Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V.
Der Kampf um die Energiewende
• Daseinsvorsorge: Die regenerativen Energien übernehmen eine wichtige Rolle bei der schrittweisen Verringerung der
Kohlendioxidemissionen in der Energieproduktion.
• Versorgungssicherheit: Fossile Energieträger sind endlich, gleichzeitig wächst der Weltenergiebedarf. Die Erneuerbaren Energien müssen deshalb einen stetig wachsenden Anteil an der Weltenergieproduktion übernehmen. Ihr Ausbau
muss rechtzeitig, vorausschauend und verlässlich erfolgen.
• Unabhängigkeit: Wasser, Biomasse, Erdwärme, Wind und Sonne sind heimische Energieträger, die die Liefer- und
Preisrisiken des Weltenergiemarktes für Wirtschaft und Verbraucher längerfristig relevant mindern können.
• Zukunftschancen: Deutschland kann weltweit eine führende Rolle beim schrittweisen und langfristigen Ausbau der
Erneuerbaren Energien übernehmen. Dadurch wird seine Wirtschaftskraft gestärkt und es entstehen neue Arbeitsplätze.
Die EnBW Energie Baden-Württemberg AG hat eine lange und führende Tradition in der Nutzung Erneuerbarer Energien, vor allem der Wasserkraft. Der Neubau des Wasserkraftwerks Rheinfelden durch die EnBW ist das mit Abstand größte
deutsche Bauvorhaben im Bereich der Erneuerbaren Energien.
Unsere Position zur Förderpolitik der erneuerbaren Energien
Noch müssen die Erneuerbaren Energien gefördert werden, bis technische und ökonomische Fortschritte es ermöglichen, Strom aus erneuerbaren Energiequellen zu marktfähigen Kosten zu produzieren.
Diese Förderung muss verlässlich sein und in ausreichender Höhe erfolgen, um die nötigen Investitionen anzureizen. Sie
muss andererseits möglichst effizient sein, um die Belastungen für Industrie und Verbraucher vertretbar zu halten.
Dazu gehört, dass die Förderung zeitlich befristet ist und degressiv erfolgt, die Fördersummen pro erzeugter Kilowattstunde also kontinuierlich sinken.
Gleichzeitig sollte ein möglichst breiter Mix an Techniken weiter entwickelt werden, um vielfältige Optionen auf eine
gesicherte und preisgünstige Stromerzeugung zu haben.
Unter diesen Kriterien hat sich die Förderung der Erneuerbaren Energien durch das Erneuerbare Energien Gesetz
(EEG) im Großen und Ganzen bewährt.
Die EnBW Energie Baden-Württemberg AG spricht sich deshalb dafür aus, dieses Förderinstrument auf absehbare Zeit
beizubehalten und es durch regelmäßige Überprüfung jeweils an die Notwendigkeiten der Situation anzupassen.
Das Ziel muss sein, die volle Wirtschaftlichkeit und damit Marktfähigkeit der Erneuerbaren Energien möglichst rasch zu
erreichen - dazu wird die Preissteigerung der fossilen Energieträger mit beitragen.
In diesen Kontext gehört auch, dass zukünftig mögliche, massive Belastungen für Energie-Versorger und Netzbetreiber z. B. durch die erforderliche Online-Aufschaltung von Regelenergie bei forciertem Ausbau der Offshore-Windkraft - in
der zukünftigen Energiepolitik berücksichtigt werden.
Als Alternativen zum EEG werden Quoten- und Zertifizierungssysteme diskutiert. Die EnBW lehnt diese Systeme nicht
ab. Sie kann aber zum jetzigen Zeitpunkt in der Praxis keine grundsätzliche Überlegenheit dieser Systeme gegenüber der
garantierten Einspeisevergütung des EEG erkennen.
Der mögliche größere Nutzen neuer Fördersysteme erfordert eine grundsätzliche wirtschafts- und energiewissenschaftliche
Diskussion, rechtfertigt es nach unserer Auffassung aber nicht, die Risiken eines Systemwechsels jetzt in Kauf zu nehmen.
Bei den Verhandlungen über das Regierungsprogramm der großen Koalition sollte deswegen am EEG festgehalten werden und eine Novellierung des Gesetzes wie vorgesehen im Jahr 2007 erfolgen.
Unsere Erwartungen an eine Novellierung des EEG
Von einer Novellierung des EEG erwartet die EnBW Energie Baden-Württemberg AG auch, dass bestehende Benachteiligungen der Großen Wasserkraft gegenüber anderen regenerativen Energieträgern abgebaut werden. So sollte die zeitliche Befristung der Förderung von Modernisierungsmaßnahmen bis 2012 aufgehoben werden, um die Ausbau- und
Modernisierung und die Erzeugung auch von bestehenden Potentiale bestmöglich zu nutzen und die Erzeugung von
Grundlaststrom aus erneuerbaren Quellen zu stärken. Der Ausbau und die Modernisierung vorhandener Anlagen führt
zu einem Mehr an emissionsfrei erzeugtem Strom und zu einem verbesserten Schutz des Ökosystems Fluss und der darin
lebenden Organismen. (...)
Quelle: http://www.enbw.com/content/de/presse/pressemitteilungen/2005/11/pm_20051109_cu_mw01/index.jsp
Solarbrief 4/05
Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V.
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Der Kampf um die Energiewende
Energieeffizienz - aber wie?
An die konzeptionellen Vordenker der Umweltbewegung
Von Wolf von Fabeck
Würde man alle Appelle zur effizienten Verwendung von Energie und zum
Energiesparen, die seit der ersten Ölkrise 1973 gedruckt wurden, aufeinanderlegen, so würde der Papierstapel wahrscheinlich schon den Mond erreichen.
Ein Grund zum Stolz ist dies keinesfalls.
Nach über 30 Jahren sollten wir lieber
einmal Bilanz ziehen, was die Appelle
eigentlich gebracht haben.
Optimisten weisen hier gerne auf
Wirkungsgradverbesserungen im Kraftwerksbereich hin und auf Verminderung
des Strombedarfs bei Kühlschränken und
Waschmaschinen. Aber schon die Aufsummierung des Stromverbrauchs aller
deutscher Standby-Schaltungen lässt
Zweifel am Konzept aufkommen. Wer
sich durchgreifende Erfolge erhofft hatte, wurde bitter enttäuscht. Die sich
selbst tragende Effizienzbewegung ist
ausgeblieben - Warum eigentlich?
Bei den Erneuerbaren Energien im
Wärme- oder im Verkehrsbereich und bei
der Energieeffizienz wird jeder wesentliche Fortschritt ausgebremst, weil Energie zu billig ist. Niedrige Energiepreise sind die wichtigste Ursache dafür, dass
Leute sich heute noch immer 7- oder 10Liter-Autos kaufen, Elektroboiler und
Gas- oder Ölheizungen einbauen, das
Wort "Passivhaus" für einen Witz halten
und die Zimmertemperatur durch Öffnen
der Fenster regeln.
Die Schlussfolgerung ist eigentlich
ganz einfach: Energie muss teurer werden; nicht zögerlich und in ungewisser
Zukunft durch die steigende Nachfrage
aus Indien und China, sondern jetzt
gleich und ernsthaft durch eine radikale
Erhöhung der Energiesteuern!
Aber nicht einmal die Umweltverbände wagen es, diese Forderung öffentlich zu stellen. Der Grund ist weniger die Angst vor der Bildzeitung oder
vor dem Verlust von Mitgliedern, sondern hinter ihrer Unsicherheit steckt eine
argumentative Schwäche, nämlich die
8
nicht zu Ende geführte intellektuelle
Auseinandersetzung mit dem Totschlagargument: "Teure Energie kostet Arbeitsplätze".
Wer davon ausgeht, dass teure Energie Arbeitsplätze kostet - es zumindest
für denkbar hält - der kann natürlich nicht
mit gutem Gewissen höhere Energiesteuern fordern. Die grundsätzliche Lösung bleibt ihm deshalb verwehrt. So
probieren es die Umweltfreunde mit mal
einem Förderprogramm hier und mal einer Subvention dort, mit Einrichtung von
Energieagenturen und mit weiteren Aufklärungsprogrammen zur Energieeffizienz. Seit über 30 Jahren!
"Teure Energie kostet Arbeitsplätze".
Die Tatsache, dass hinter dieser Behauptung handfeste Interessen der Energiewirtschaft zu vermuten sind, müsste eigentlich zum kritischen Nachdenken führen. Aber die Aussage wird überhaupt
nicht mehr als eine nachprüfbare - und
ggf. auch widerlegbare - Behauptung
empfunden. Sie ist vielmehr wie ein
Glaubenssatz tief ins kollektive Unterbewusstsein eingedrungen, so dass keiner mehr auf die Idee kommt, die zu
Grunde liegenden Argumente herauszusuchen, sie zu entwirren und kritisch zu
Ende zu denken. Die Folge ist eine Lähmung der Umweltbewegung.
Doch fehlerhafte Glaubenssätze bestehen glücklicherweise nicht ewig. Fast
unbeachtet von der Öffentlichkeit hat ein
interdisziplinäres Team aus Volkswirtschaftlern, Physikern, Mathematikern
und Ingenieuren eine Argumentenkette
entwickelt, die zum eindeutigen Schluss
führt:
Nicht billige, sondern teure Energie
schafft Arbeitsplätze. Eine rasche Erhöhung der Energiesteuern ist dringend und
überfällig!
ökonomischen(!) Begründungen zu ähnlichen Ergebnissen wie schon die alte
ökologische Steuer- und Finanzreform.
Aus beiden Gründen - sowohl aus ökonomischer als auch aus ökologischer
Sicht - ist eine Anhebung der Energiesteuern dringend erforderlich. Damit leistet die neue Theorie gleichzeitig einen
bahnbrechenden Beitrag zur Versöhnung
von Ökologie und Ökonomie.
Der Solarenergie-Förderverein Deutschland hat sich dem neuen interdisziplinären Energiesteuer-Team angeschlossen
und für die praktische Umsetzung drei
konkrete Forderungen aufgestellt, die
weit über die Forderungen der ökologischen Steuerreform hinausgehen:
1. Ersatz des bisherigen Arbeitgeberanteils zur Sozialversicherung durch eine
Energiesteuer von zunächst 12 Cent/
kWh auf Endenergie,
2. Dauerhafte Gewährung eines Energiegeldes von 100 Euro pro Kopf und
Monat,
3. Durchführung der Energiesteuerreform so schnell dies überhaupt möglich ist, um weiteres Ausbluten von Staat
und Sozialsystemen zu beenden.
Informieren Sie sich über unsere
Argumentationskette unter http://
w w w. s f v . d e / l o k a l / m a i l s / w v f /
arbeitun.htm oder über unser SolarbriefSonderheft "Arbeitsplätze und soziale
Gerechtigkeit - Aber wie?". Wir senden
Ihnen gern auch mehrere kostenlose Exemplare zu.
Falls Sie unserem Vorschlag zustimmen, helfen Sie bitte mit, die Aktiven der
verschiedenen Umweltverbände zu überzeugen, dass sie endlich die Frage der
Energieeffizienz vom Grundsatz her in
Angriff nehmen.
Obwohl sie kein einziges ökologisches
Argument verwendet, kommt die jetzt
aufgestellte Argumentenkette mit rein
Solarbrief 4/05
Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V.
Der Kampf um die Energiewende
Solare Baupflicht für Neubauten Nachrüstpflicht für Altbauten
Änderung des Baugesetzbuchs ist besser als ein Marktanreizprogramm für Solarthermie von Wolf von Fabeck
100 % Erneuerbare Energien! Im Ziel
sind sich die Solarfreunde einig, aber die
Vorstellungen, wie dieses Ziel erreicht
werden soll, können unterschiedlicher
kaum sein. Auf der einen Seite steht die
Forderung des SFV nach einer Bau- und
einer Nachrüstpflicht für Erneuerbare
Energien im Baugesetzbuch (nicht nur
für Solarwärme und nicht nur bei Neubauten). Auf der anderen Seite forderten am 5.11.2005 in Fürstenfeldbruck
über 200 Solarinitiativen nach der
RegioSolar-Konferenz die Bundesregierung auf, das Marktanreizprogramm zur
Förderung der Wärmeerzeugung aus Erneuerbaren Energien schnellstmöglich
wieder in Gang zu setzen und dazu die
Finanzmittel ausreichend aufzustocken.
Es ist kaum damit zu rechnen, dass
Politiker sich für beide Forderungen einsetzen werden. Es geht also um eine
Entscheidung entweder für die Bau- und
Nachrüstpflicht oder für das Marktanreizprogramm.
SFV-Bedenken gegen das Marktanreizprogramm Solarthermie
1. Solarthermie ist eine ausgereifte
Technik. Ihre Nutzung ist ein Gebot wirtschaftlicher Vernunft. Dass sie dennoch
nur in beschränktem Umfang erfolgt, ist
als Fehlentwicklung anzusehen. Es ist
aber nicht Aufgabe des Staates, wirtschaftliche Fehlentwicklungen mit Hilfe von Subventionen zu berichtigen, sondern er hat die Rahmenbedingungen
(Spielregeln) so festzulegen und zu beaufsichtigen, dass die Akteure im gewünschten Sinne tätig werden. Der
Schiedsrichter schießt nicht selber die
Elfmeter.
2. Steuermittel erlauben keine nachhaltige Förderung von Massentechniken,
da sie begrenzt sind und unregelmäßig
fließen. Sie sind zumeist Ende des Som-
Solarbrief 4/05
Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V.
mers verbraucht und werden - wenn
überhaupt - erst im Frühjahr nach Verabschiedung des Haushaltes neu freigegeben. Insbesondere darf niemand auf
die Verfügbarkeit von Steuermitteln hoffen, nachdem die Bundesrepublik bereits
mehrfach gegen die Maastricht-Kriterien verstoßen hat. Einer durch Subventionen in Gang gesetzten Bautätigkeit
fehlt deshalb die notwendige Verlässlichkeit und Planbarkeit. Sie leidet unter
der ständigen Ungewissheit sowie unter
einem verhängnisvollen STOP und Go.
3. Zur Gegenfinanzierung verweisen
die Solarinitiativen auf die Einnahmen
aus der Ökosteuer auf Erneuerbare Energien. Derzeit flössen nur ca. 35 % der
Ökosteuer auf Erneuerbare Energien in
das Marktanreizprogramm. Es müssten
also weitere 65 % zur Verfügung gestellt
werden. Die Tatsache, dass dem Marktanreizprogramm die ursprünglich zugesagten Mittel vorenthalten wurden, stellt
in der Tat einen Vertrauensbruch dar. Die
Solarinitiativen sollten aber gerade daraus lernen, wie unsicher der Grund ist,
auf den sie ihre Hoffnung bauen. Die Zusage einer Subvention kann mit jeder
Haushaltssperre wieder rückgängig gemacht werden. Es gibt keinen Rechtsanspruch und keine Grundlage für die Entwicklung eines Wirtschaftszweiges.
Bau- und Nachrüstpflicht für
Anlagen zur Nutzung
Erneuerbarer Energien
Der Vorschlag einer Baupflicht für
Anlagen der Erneuerbaren Energien im
Bundesbaugesetz wurde vom Solarenergie-Förderverein Deutschland schon vor
Jahren gestellt. Bereits seit vergangenem
Jahr können aufgrund einer ersten Änderung im Bundesbaugesetz Kommunen
in ihrem Bereich den Einsatz erneuerbarer Energien vorschreiben. Dies ist
Bauvorschriften erfüllt?
gezeichnet von Eberhard Waffenschmidt
zwar erst eine Vorstufe der angestrebten
Änderung, der Solarenergie-Förderverein Deutschland regt aber an, bereits diese gesetzliche Möglichkeit im Vorfeld zu
nutzen. Er hat dazu in Aachen einen entsprechenden Bürgerantrag gestellt, der
erstmals im Solarbrief 2/05 auf Seite 12
erläutert wurde und nochmals auf Seite
8 dieses Solarbriefes zu finden ist.
Die endgültige Einführung einer Baupflicht im Bundesbaugesetz ist inzwischen in erreichbare Nähe gerückt. So
macht sich z.B. der SPD-Bundestagsabgeordnete Ulrich Kelber (einer der stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden) für
dieses Instrument stark. Die Tatsache,
dass die große Koalition im Bundesrat
die Mehrheit hat, macht die Verwirklichung ohne Abstriche möglich.
Um auch den Altbaubestand einzubeziehen, schlägt der SFV zusätzlich eine
Nachrüstpflicht für Altbauten vor.
Die Änderungen des Bundesbaugesetzes kosten keine Steuermittel und verursachen eine gleichmäßige nachhaltige
Einführung der Erneuerbaren Energien.
Wir sollten uns auf diese wesentliche
Forderung konzentrieren.
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Der Kampf um die Energiewende
Bürgerantrag „Solare Baupflicht“
einen wichtigen Schritt weiter
Nachträgliche Änderung des SFV-Bürgerantrags Von Susanne Jung
Am 18.07.2005 stellten MitarbeiterInnen des SFV in Aachen den Bürgerantrag, die Nutzung von Erneuerbaren Energien in neu auszuweisenden oder geänderten Baugebieten in Zukunft verbindlich vorzuschreiben. Den genauen
Wortlaut dieses Bürgerantrags einschließlich Begründung haben wir nochmals auf der geegnüberliegenden Seite
abgedruckt.
Die Intention
Eine umfassende Integration von Erneuerbaren-Energie-Techniken im Hausbau soll künftige Investoren vor den absehbaren, enormen Erdöl- und ErdgasPreissteigerungen schützen. Zudem beabsichtigt der SFV, aus klimapolitischen
Gründen sowie zur Einsparung von Ressourcen und zur Verringerung der
Importabhängigkeit im Energiebereich
einen beispielgebenden Impuls für die
Bundesrepublik Deutschland sowie einen Qualifizierungsanreiz für die örtliche Architekten- und Handwerkerschaft
zu geben.
Erster Teilerfolg
Am 15.12.2005 fand die erste öffentliche Anhörung im Bürger- und
Beschwerdeausschuss der Stadt Aachen
statt. Hier sollte über die Plausibilität unseres Antrages entschieden werden, um
diesen ggf. an die zuständigen Fachausschüsse weiterreichen zu können.
Zu diesem Zeitpunkt lag uns bereits
der für diesen Ausschuss erarbeitete
Beschlussvorschlag der Stadtverwaltung
Aachen vor. In ihm wurde dargelegt, dass
der Bürgerantrag „angesichts rechtlicher
Bedenken“ zurückzuweisen sei. Eine
Grundsatzentscheidung dürfe nicht die
sachgerechte Abwägung in jedem Einzelfall unmöglich machen. Die Verwaltung empfahl jedoch trotz dieses Einwandes, den Bürgerantrag in den jeweiligen
Fachausschüssen zu diskutieren, da es
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sich um eine zukunftsweisende Idee
handelt.
Diese erste Stellungnahme der Stadtverwaltung nahmen wir zum Anlass,
unseren Antrag wie folgt zu modifizieren: In der unter Punkt 1 genannten Forderung wurde das Wort „grundsätzlich“
wie folgt eingefügt:
„1. Die Stadt/Gemeinde beschließt,
bei allen zukünftigen Bebauungsplanvorhaben sowie Vorhaben- und Erschließungsplänen sowie bei zukünftigen Änderungen von Bebauungsplänen grundsätzlich für die betroffenen
Gebiete den Einsatz erneuerbarer Energien in Neubauten verbindlich festzuschreiben.“
Diese Formulierungsänderung soll es
ermöglichen, dass die Verwaltung in berechtigten Ausnahmefällen vom Grundsatz der „Solaren Baupflicht“ abweichen
und Ausnahmen zulassen kann.
In Gesprächen mit SPD- und CDUVertretern machten wir im Vorfeld zur
Sitzung am 15.12.05 auf diese Formulierungsänderung aufmerksam. Trotzdem wurde uns hier deutlich, dass noch
erhebliche Überzeugungsarbeit nötig ist
und großer Aufklärungsbedarf besteht.
Allein hoffnungsvoll stimmte uns die
aufmunternde Bemerkung des CDURatsherrn Hans Herff, dass wir mit unserem Antrag „mal wieder 10 Jahre zu
früh“ gekommen wären.
Der Initiative des Herrn Herff war es
dann schlussendlich auch zu verdanken,
dass eine positive Entscheidung des Bürger- und Beschwerdeausschusses möglich wurde. Da man sich erwartungsgemäß uneinig war, wie die im Beschlussentwurf der Stadtverwaltung dargelegten
rechtlichen Bedenken zu handhaben seien, schlug Herr Herff - ebenso wie Ausschussmitglied Roland Jahn, Bündnis 90/
Die Grünen - vor, diese strittige Passage
einfach zu streichen. Auf diese Weise
Kommunale Baupflicht für
EE-Anlagen bei Neubauten
Stand: Dezember 2005
Bremen
Vellmar
Aachen
Bad Harzburg
München
Bürgerantrag gestellt
Ratsbeschluss
wurde es nach vielen spannenden Minuten doch noch möglich, dass der
Beschwerdeausschuss einstimmig der
Vorlage unseres Bürgerantrags bei den
zuständigen Fachausschüssen (Umweltund Planungsausschuss) zustimmte.
Motiviert gehen wir jetzt also in die
„zweite Runde“. In einer der nächsten
Umweltausschuss-Sitzungen 2006 wird
erstmals über den Bürgerantrag beraten.
Im Vorfeld werden wir nichts unversucht
lassen, mit weiteren Argumenten die
Mitglieder des Ausschusses und Politiker für unsere Idee zu begeistern.
Wir werden zum Beispiel auf eine Broschüre des BINE-Informationsdienstes
Karlsruhe aufmerksam machen, in der
bereits 2001 umfassend über Möglichkeiten der Langzeit-Wärmespeicher und
über solare Nahwärme berichtet wurde.
(Ein kostenloser Bezug dieser Broschüre profiinfo 1/01 - auch in größerer Stückzahl - ist übrigens unter 0228-92379-0
möglich.)
Solarbrief 4/05
Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V.
Der Kampf um die Energiewende
Wortlaut unseres Vorschlags: Bürgerantrag "Solare Baupflicht"
Unter Bezug auf § 9, Absatz 1, Nr. 23 b des Baugesetzbuchs, der die Kommunen ermächtigt, in Bebauungsplanvorhaben aus städtebaulichen Gründen
Gebiete festzulegen, in denen bei der Errichtung von Gebäuden bestimmte Maßnahmen für den Einsatz erneuerbarer Energien getroffen werden
müssen, stelle ich /stellen wir den Antrag, der Stadtrat / Gemeinderat möge folgenden Beschluss fassen:
1. Die Stadt / Gemeinde beschließt, bei allen zukünftigen Bebauungsplanvorhaben sowie Vorhaben- und Erschließungsplänen sowie bei zukünftigen
Änderungen von Bebauungsplänen für die betroffenen Gebiete grundsätzlich den Einsatz erneuerbarer Energien in Neubauten verbindlich festzuschreiben.
2. Die Festsetzung lässt den Bauherren Entscheidungsspielraum, die Gebäude auszustatten mit eigenen Anlagen zur Wärmeversorgung aus erneuerbaren Energien oder solche Anlagen gemeinschaftlich mit anderen Bauherren zu errichten und zu nutzen. Zur Auswahl stehen
a. thermische Solaranlagen zur Heizungsunterstützung mit Saisonspeicher und zur Erwärmung des Brauchwassers,
b. Anlagen zur Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien nach § 3, Absatz 1 des Gesetzes zur Neuregelung des Rechts der Erneuerbaren Energien im
Strombereich (EEG) in der Fassung vom 21.07.2004, die in Kraft-Wärmekopplung betrieben werden können,
c. sonstige Anlagen zur Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien nach § 3, Absatz 1 des Gesetzes zur Neuregelung des Rechts der Erneuerbaren
Energien im Strombereich (EEG) in der Fassung vom 21.07.2004, insbesondere Anlagen zur Stromerzeugung aus solarer Strahlungsenergie.
3. Anlagen nach 2 a oder 2 b können auch in Kombination eingesetzt werden. In jedem Fall ist eine Deckungsrate für den jährlichen Heizungs- und
Warmwasserbedarf von mindestens 60 Prozent aus erneuerbaren Energien nachzuweisen.
4. Falls Anlagen nach 2 c gewählt werden, müssen diese eine Erzeugung von mindestens 2000 kWh elektrischer Energie jährlich pro 100 Quadratmeter
überbauter Grundfläche erwarten lassen.
5. Für Neubauten, die gemäß dem Bemessungsverfahren nach der Energieeinsparverordnung (EnEV) die Anforderungen des sog. „Passivhaus-Standards“ erfüllen (Heizwärmebedarf ? 15 kWh/(m2/a)), kann eine Befreiung von den Bestimmungen der Punkte
1 - 4 erteilt werden.
6. Die örtlichen Kreditinstitute werden gebeten zu prüfen, ob sie die Maßnahmen nach Punkt 2 bis 5 durch Kredite zu Sonderkonditionen unterstützen
können.
Vorschlag für eine Begründung:
Die Stadt XYZ will ihren laufend entstehenden Bestand neuer Gebäude an die absehbare Entwicklung auf dem Weltenergiemarkt anpassen und aus
klimapolitischen Gründen sowie zur Einsparung von Ressourcen und zur Verringerung der Importabhängigkeit im Energiebereich einen beispielgebenden Impuls für die Bundesrepublik Deutschland sowie einen Qualifizierungsanreiz für die örtliche Architektenschaft bewirken.
Innerhalb der nächsten 10 Jahre ist aufgrund der wachsenden Volkswirtschaften in China und Indien mit einem nachfragebedingten wesentlichen
Anstieg des Rohölpreises zu rechnen. So hat z. B. in diesen beiden Ländern die Massenmotorisierung begonnen. Schon jetzt wird teilweise mit
Ölpreissteigerungen von über 100 Prozent gerechnet. Die Preissteigerungen werden sich in der Folgezeit fortsetzen, da ein entsprechender Anstieg der
Rohöl-Fördermengen nicht mehr zu erwarten ist. Infolge von Substitutionsvorgängen (Erdöl wird - wo dies möglich ist - durch Erdgas oder durch
Elektrizität ersetzt) werden die Preissteigerungen auch auf die anderen Energieformen übergreifen. Dies trifft insbesondere die Nutzer langlebiger
Wirtschaftsgüter mit hohem Energieverbrauch, da eine vorzeitige Ersatzbeschaffung kaum möglich und eine technische Nachbesserung unverhältnismäßig aufwendig ist. Wohnungen, deren Wärmedämmung nicht dem heute schon möglichen Dämmstandard entspricht und deren Wärmeversorgung
auf konventionellen Energieträgern basiert, werden die Sanierungsfälle von morgen sein. Sofern die Rückzahlung der Investitionssumme noch nicht
beendet ist - also bei der großen Mehrzahl aller Neubauten - stellt der Anstieg der Energiepreise auch ein Risiko für die Rückzahlung von Baudarlehen
dar. Nicht nur die Eigentümer selbstgenutzter Wohnungen, sondern auch die Mieter und sogar die Kreditgeber sind gefährdet. Da die Nutzungsdauer
von Wohnungen in der Größenordnung eines Jahrhunderts liegt, ist hier eine vorausschauende Planung von besonderer Wichtigkeit.
Erläuterung zu den vorgesehenen Techniken:
Die Wahlmöglichkeit zwischen verschiedenen Techniken und ihre mögliche Kombination erhöht die Effektivität und die Akzeptanz.
Zu 2) Die zugrunde liegende Bestimmung des Baugesetzbuches, dass aus städtebaulichen Gründen (ganze) Gebiete festgesetzt werden, erlaubt auch
den Einsatz solcher Techniken der erneuerbaren Energien, die ihre volle Wirtschaftlichkeit erst bei größeren Anlagen bzw. bei gemeinschaftlicher
Nutzung größerer Anlagen - z.B. bei einer gemeinsamen Nahwärmeversorgung - entfalten. Hier bietet sich auch die Kombination verschiedener
Techniken, z.B. nach 2 a und 2 b an, um eine bessere jahreszeitliche Bedarfsdeckung zu erzielen.
Zu 2 a) Falls thermische Solaranlagen gewählt werden, wird die Heizungsunterstützung mit Saisonspeicher ausdrücklich vorgeschrieben. Diese Kombination stellt die konsequenteste Anwendung von Solartechnik im Wärmebereich dar. Ihre Effektivität übersteigt die einer einfachen BrauchwasserSolaranlage um ein Vielfaches, da hier insbesondere die Solarwärme der Sommermonate und auch der Urlaubswochen für die kalte Jahreszeit nutzbar
gemacht wird. Da die Effektivität eines Wärmespeichers mit seiner Größe steigt, ist das Zusammenwirken mehrerer Wohneinheiten mit einem Zentralspeicher von Vorteil. Nach heutiger Technik kann die geforderte solare Deckungsrate von 60 Prozent in Norddeutschland mit einer Kollektorfläche von
mindestens 20 Prozent der beheizten Wohnfläche und mit einem Zentralspeicher zur Heizungsunterstützung mit einem Volumen von mindestens 60
Kubikmetern pro Wohneinheit erreicht werden.
Zu 2 b) Abgesehen von der Photovoltaik, der Windenergie und der Geothermie lassen sich Anlagen nach dem EEG auch in Kraft-Wärmekopplung
betreiben. Die Einspeisevergütung für den erzeugten Strom ist deutlich höher als bei Kraft-Wärmekopplung mit fossilen Energien. Die gleichzeitige
Erzeugung von Strom und Wärme stellt die beste Ausnutzung der wertvollen stofflichen Energieträger dar. Solche Kraft-Wärmekopplung ist in der
Regel mit der gegenwärtig zur Verfügung stehenden Technik erst in größeren Einheiten wirtschaftlich, so dass sich auch hier ein Zusammenschluss
mehrerer Wohneinheiten zu einem Nahwärmenetz anbietet. Infrage kommen z. B. pflanzenölgetriebene Blockheizkraftwerke, Kraft-Wärmekopplung
im Zusammenhang mit Holzvergasung. Auch der Antrieb eines Klein-Blockheizkraftwerks mit Biogas aus dem Erdgasnetz ist möglich, wenn anderenorts nach vertraglicher Vereinbarung die gleiche Menge Biogas in das Gasnetz eingespeist und „durchgeleitet“ wird. Eine Verbrennung von Biomasse
zur Wärmeerzeugung ohne gleichzeitige Stromerzeugung (z. B. eine Holzpelletsheizung) steht ausdrücklich nicht zur Wahl
Zu 2 c) Die Stromerzeugung aus Anlagen zur Nutzung der solaren Strahlungsenergie, d. h. üblicherweise Photovoltaik, stellt eine Wahlmöglichkeit z.
B. für Lager- und Montagehallen dar, sowie für einzelne Gebäude, die nicht in ein Nahwärmenetz mit anderen Gebäuden eingebunden werden sollen
oder können.
Zu 5) Die vorgesehene Befreiungsmöglichkeit für Gebäude mit Passivhausstandard berücksichtigt, dass bei diesen Gebäuden der Energiebedarf äußerst gering ist.
Solarbrief 4/05
Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V.
11
Der Kampf um die Energiewende
Erdöl für alle - diese Zeit ist vorbei
von Hans-Josef Fell, Mitglied des Deutschen Bundestages, Forschungs- und technologiepolitischer Sprecher Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen.
Erdöl für alle - diese Zeit ist vorbei.
Es ist eine Mär zu glauben, es gäbe für
den Verbrauch noch für Jahrzehnte genügend Erdöl in der Welt. Die Realität
sieht anders aus. Das Erdöl wird knapp
und zwar bald, sehr bald sogar. Dies
musste und muss verschleiert werden. Zu
diesem Zweck wurden unzählige Expertisen geschrieben, scharenweise Vorträge gehalten, Interviews gegeben. Hauptverschleierungskünstler sind die Internationale Energieagentur (IEA), die Mineralölkonzerne und die amerikanische
USGS (United States Geological
Survey), die den Statistischen Unterbau
liefert, auf den sich die meisten Energieexperten beziehen. Da die meisten Experten auf die gleichen Zahlen zugreifen, kommen auch die meisten zu dem
gleichen Ergebnis, dass es noch lange genügend Erdöl gäbe.
Wer hinter den Ölschleier sehen will,
betrachtet am besten die Analysen der
ASPO (Association for the Study of Peak
Oil & Gas). Die ASPO sagt schon seit
Jahren für den jetzigen Zeitraum das Erreichen des Maximums der Erdölförderung voraus.
Doch selbst die ASPO wurde in den
letzten Jahren noch von der Realität
überholt. Grund ist die stark gestiegene
globale Nachfrage nach Erdöl. Alleine
der Anstieg im letzten Jahr überschritt
den Verbrauch Deutschlands.
seine Erdölförderung zurückfahren
muss. Und Saudi-Arabien produziert an
seiner Kapazitätsgrenze. Die jüngste Studie des Analysten Simmons geht davon
aus, dass Saudi-Arabien schon bald seine Erdölförderung wird senken müssen.
Kritisch über die Möglichkeiten SaudiArabiens äußert sich mittlerweile sogar
der frühere Chef des staatlichen saudiarabischen Ölkonzerns Aramco in NewYork Times Magazin vom 21.August.
Der französische Premier-Minister
Dominique de Villepin sagte am 1. September, dass es Zeit ist, sich der Energie-Realität zu stellen: „Wir sind in das
Post-Erdölzeitalter eingetreten. Ich
möchte alle Konsequenzen ziehen und
einen richtigen Schwung in Energiesparen und erneuerbare Energien geben“.
Doch noch sind die beschwichtigenden Stimmen in der Überzahl - leider
nicht ohne Folgen: Die jahrelangen Fehleinschätzungen der Erdölanalysten haben gravierende Auswirkungen auf die
Planungen der Staatshaushalte und Investitionen der Wirtschaft sowie der Privathaushalte.
Alle Jahre wieder werden aufgrund
utopischer Annahmen über Erdöl-
reserven für das Folgejahr niedrigere
Ölpreis prognostiziert. Halb aus Spaß,
halb mit Ernst hatte ich am 19.10.2004
in einer Pressemitteilung folgende Prognose abgegeben: „Für 2005 rechnen
die Wirtschaftsweisen vollkommen weltfremd mit 37 Dollars je Barrel Rohöl. In
den letzten 6 Jahren lag der Olpreis im
Schnitt um 50 % über der Prognose von
Analysten, wie eine Untersuchung der
Deutschen Bank zeigte. Wird dies berücksichtigt, ergibt sich ein Ölpreis von
durchschnittlich 55 Dollars je Barrel.
D.h., dass der Olpreis sich im nächsten
Jahr vermutlich über längere Zeiträume
über 60 Dollars je Barrel aufhalten
wird.“
Letztes Jahr schwankte der Rohölpreis
im August zwischen 40 und 45 Dollar je
Barrel. Damals wurden die Spekulanten
und die Krisen in Venezuela und Nigeria dafür verantwortlich gemacht. Die
Krisen sind verschwunden und der
Erdölpreis liegt zwischen 60 und 70
Dollar je Barrel - auch schon vor den
Hurrikan-Schäden.
Jetzt, wo das Erdöl knapp wird, wäre
es das Verkehrteste, die Mineralölsteuer
zu senken und damit erneut falsche Kaufanreise zu setzen. Leider genügt es auch
Alle 3-4 Jahre müsste ein neues Saudi-Arabien aus dem Boden gebohrt werden, um diesen
Nachfrageanstieg zu befriedigen.
Dabei hat Saudi-Arabien schon genügend damit zu tun, den Förderrückgang
der Nordsee und anderer Gebiete aufzufangen. Das OPEC-Land Indonesien ist
dieses Jahr zum Importland geworden
und hat mit Unruhen aufgrund der Erdölpreisanstiegs zu tun. Iran versucht auf
Erdgas und Atom umzusteigen, da es
12
Solarbrief 4/05
Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V.
Der Kampf um die Energiewende
nicht, alleine aufs Energiesparen zu setzen und etwa 5-liter-Erdöl-Autos zur
Norm zu machen. Diese Maßnahmen
sind zweifellos wichtig. Entscheidend ist
aber der Wechsel der Energieträger - Weg
von endlichen Ressourcen - hin zu unerschöpflichen Erneuerbaren Energien.
Besser sind also 3-Liter-Pflanzelölautos
oder 1-Liter-Solarautos, so wie ich es
fahre. Und es ist sicher auch wichtig,
Altbauten besser zu dämmen. Aber in die
Heizung des Niedrigenenergiealtbaus gehören dann Holzpellets und nicht Erdöl
und auch nicht das Erdgas, das sich als
nächstes verknappen wird, wie wir in
Amerika bereits sehen konnten.
Fair Future
Ein Report des Wuppertal Instituts für Klima, Umwelt,
Rezension von Alfons Schulte
Energie
Im Zentrum des Reports steht die Frage, wie in einer Welt begrenzter Ressourcen eine globale Gerechtigkeit hergestellt
werden kann.
Am Anfang erfolgt eine fundierte Bestandsaufnahme, die dem Leser schonungslos die Augen öffnet: Die Welt, wie
sich uns derzeit darstellt, ist alles andere
als gerecht. Der wirtschaftliche Abstand
zwischen reichen und armen Staaten –
gemessen im BIP – hat sich in der Realität vergrößert; ausgenommen hiervon
sind nur einige Schwellenländer wie
China und Indien.
In der offiziellen Entwicklungspolitik
wird die These vorgebracht, die Armut
könne nur durch Wachstum und Einbindung in die globale Weltwirtschaft erreicht werden. Diese These – so eine
Kernaussage des Reports – ist mit Blick
auf die "Fortschritte" in vielen ärmeren
Teilen der südlichen Hemisphäre höchst
fragwürdig. Als zentrales Problem wird
sich, so die Autoren, jedoch die Frage
der begrenzten natürlichen Ressourcen
stellen: Die Welt, damit ist die Biosphäre gemeint, sei schon jetzt mit der Last
aus der Inanspruchnahme von Ressourcen in ihrer Regenerationsfähigkeit überstrapaziert. Der Hauptgrund liege in der
übermäßigen Nutzung durch die Industrieländer sowie aufkommender
Schwellenländer.
sphäre innerhalb kürzester Frist restlos
überfordert.
Das Autorenteam versucht vor diesem
Hintergrund darzulegen, was globale Gerechtigkeit ist. Ausgehend von den Erkenntnissen der europäischen Aufklärung (Kant) wird eine Grundthese entwickelt, die unter globaler Gerechtigkeit
eine Entwicklung versteht, die die Rechte anderer Menschen respektiert und
nicht einschränkt. In einem System begrenzter Ressourcen kann dies nur heißen, dass die westlichen Staaten sich auf
ein "verträgliches Maß" an Ressourcennutzung beschränken. Gleichzeitig wird
den ärmeren Staaten, insbesondere in der
südlichen Hemisphäre, ein Mehrverbrauch zugestanden. Eine Entwicklung
auf Effizienz, Konsistenz und Suffizienz
hin stellt das Leitmotiv dar: dahinter verstehen die Autoren eine effiziente Nutzung der Ressourcen, aber nur in dem
Maße, wie sie zur Befriedigung von
Grundbedürfnissen notwendig sind
(Suffizienz). Das Konsistenzprinzip soll
sicherstellen, dass industrielle Prozesse
die natürlichen nicht nachhaltig negativ
beeinflussen.
Die genannten Prinzipien müssen –
das ist das Ziel der Autoren – die Basis
der Politik bilden.
Fair Future -
Begrenzte Ressourcen
und globale Gerechtigkeit
Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie GmbH, Verlag C.H. Beck oHG, München
Mai 2005, Broschiert, 278 Seiten mit 23 Abbildungen und 7 Tabellen, 19,90 Euro,
ISBN 3-406-52788-4
ressourcenleichte Zukunft hin orientiert.
Die Autoren setzen sich am Schluss des
Reports mit der politischen Gegenwart
auseinander.
Sie zeigen auf, dass gerade die europäische Politik aufgefordert ist, hier Zeichen zu setzen und die Rolle des Vorreiters zu übernehmen.
Fazit: Fair Future ist ein aufschlussreiches und wichtiges Buch, das dem
Leser hilft, die aktuellen Entwicklungen
Als logische Folge verbietet es sich und Probleme, die insbesondere aus dem
dies ist eine weitere Kernaussage des BuGlobalisierungsgedanken heraus deutches - dass Entwicklich werden, besser zu verlungspolitik als die Ko"Die Welt hat genug für jedermanns Bedürfnisse,
stehen. Ein empfehlenswerpie des westlichen Wohltes Geschenk für jeden poliaber nicht genug für jedermanns Gier."
stands- und Konsummotisch Interessierten.
dells verstanden wird.
Mahatma Gandhi
Diese würde die BioSolarbrief 4/05
Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V.
An vielen praktischen Beispielen wird
erläutert, wie Fehlentwicklungen wirken
und was praktisch getan werden muss,
damit sich die Welt auf eine gerechte,
13
Der Kampf um die Energiewende
Der SFV fordert: Ausbau der Windenergie auch im Binnenland
12 Argumente für
die Windkraft im Binnenland
Mit Fakten gegen Vorurteile: Von Eberhard Waffenschmidt
Die Entwicklung der Windkraft in den
letzten Jahren ist ein beispielhafter Erfolg für den Ausbau erneuerbarer Energien. Innerhalb weniger Jahre hat der
Anteil der Windenergie an der Stromerzeugung den der Wasserkraft überholt.
Das Stromeinspeisungsgesetz von 1991
mit seinem Nachfolger, dem Erneuerbare-Energien-Gesetz, hat bewirkt, dass
die Windkraft einen soliden Grundbestandteil aus erneuerbaren Energien
unserer elektrischen Energieversorgung
darstellt. Inzwischen werden über 6%
des deutschen Stromes aus Windkraft
hergestellt.
Während jedoch noch vor wenigen
Jahren die Windkraft euphorisch als sauber und effizient gepriesen wurde,
scheint sich in der Wahrnehmung der Bevölkerung das Blatt zu wenden. Kritiklos werden verdrehte Tatsachen, absurde Behauptungen oder gar regelrechte
Lügen verbreitet. Die Aachener Zeitung
konnte sogar kürzlich in einer Liste von
Themen für die geplante Große Koalition die Frage aufnehmen: "Werden die
Windkrafträder jetzt alle wieder abgebaut?" Die Antwort lautete zum Glück
"nein", denn alle Parteien hätten ihren
Nutzen eingesehen, aber vor ein oder
zwei Jahren wäre sicherlich allein eine
solche Frage schon absurd gewesen. Sie
zeigt, wie weit es gekommen ist.
Tatsächlich kommen Windenergiegegnern häufig mit Halb- und Unwahrheiten, was vor allem bei technischen
Dingen, bei denen ein normalgebildeter
Bürger sachlich nicht mithalten kann,
leicht fällt. Aber das muss ja nicht so
bleiben.
1. Behauptung:
"Windenergie und überhaupt erneuerbare Energien werden zu hoch subven14
tioniert und kosten
uns zuviel!"
Falsch! Windkraft
wird nur aufgrund des
Erneuerbare-Energien-Gesetzes durch
festgelegte Preise für
Windstrom unterstützt, und Strom aus
erneuerbarer Energie
kostet einem durch- Bild 1: Der Windpark in Aachen-Vetschau trägt zur sauberen
schnittlichen
3- Energieversorgung von Aachen bei.
Personenhaushalt geher als für andere Zukunftstechnologien
rade mal 1,50 • zusätzlich pro Monat.
Windräder hingegen werden nicht von und werden praktisch nur an Universiden Steuerzahlern, sondern von den Ei- täten und Forschungseinrichtungen vergentümern bezahlt. Der Betrieb rentiert geben. Windkraftunternehmen und Besich, weil die Energieversorger für den treiber bekommen davon nichts. AndeWindstrom etwa 0,6 Cent mehr bezah- re Erneuerbare Energien wie Biomasse,
len müssen, als Strom durchschnittlich Geothermie und zum Teil auch Solarenkostet. Diese sogenannte "kostendecken- ergie (zum Heizen und zur Warmwasserde Vergütung" wird nicht aus der Staats- bereitstellung) werden subventioniert.
kasse finanziert, sondern auf die Ver- Das wird immer wieder schon mal in Zeibraucher von Strom umgelegt. So zah- tungsartikeln und Diskussionen fälschlen nur die viel, die auch viel Strom ver- lich mit der Windenergie in einen Topf
geworfen.
brauchen.
Neben dieser Vergütung für gelieferten Windstrom gibt es nach Wissen des
Autors keine Subventionen im eigentlichen Sinne. In der umfangreichen Broschüre "Geld vom Staat - für Energiesparen und erneuerbare Energien", herausgegeben vom Bundesministerium für
Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit, in der über 100 Förderprogramme aufgelistet sind, finden sich außer einem kleinen Förderprogramm der
Stadt Bremen und einem Teilprogramm
im Saarland, keine Hinweise auf Förderungen vom Staat für den Bau von Windanlagen.
Aber wie sieht das mit Steuervorteilen für Investoren von Windrädern aus?
Es gibt Mittel für die Erforschung der
Windenergie, sie sind jedoch nicht hö-
In dem Zusammenhang ist es durchaus erwähnenswert, dass die Bundesregierung 4,7 Milliarden Euro Steuergel-
Nach Auskunft der Bundesregierung
in der schon genannten "Antwort der
Bundesregierung auf die Kleine Anfrage Mehrfachförderung von Windkraftanlagen", Drucksache 15/4547, gilt: "Mit
Ausnahme der Stromsteuerbefreiung
(Anmerkung des Autors: Des Stroms
zum Eigenverbrauch!) erhalten Betreiber von Windenergieanlagen keine speziellen Steuervergünstigungen, die von
anderen gewerblichen Bereichen nicht
auch in Anspruch genommen werden
können".
Solarbrief 4/05
Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V.
Der Kampf um die Energiewende
der pro Jahr für Braun- und Steinkohlesubventionen ausgibt, wie Greenpeace
auf ihrer Website mitteilt Demnach arbeiten derzeit im Kohlebergbau und in
den Kraftwerken insgesamt noch 93.000
Menschen. Gleichzeitig stellen die erneuerbaren Energien (wobei die Windkraft einen erheblichen Anteil hat) schon
heute 130.000 Arbeitsplätze. Macht es
wirklich Sinn, Mittel in dieser Größenordnung zu verwenden, um den Klimawandel zu sponsern?
Übrigens, wie Herr Dr. Knüfer aus
Jülich in einem Leserbrief in der Aachener Zeitung am 15.10.05 bemerkt: "Die
maßlosen Jahresbezüge für 2004 allein
des RWE-Vorstandsvorsitzenden von
rund 31.000 Euro pro Tag (!) müssen
ebenfalls vom Stromkunden bezahlt werden."
2. Behauptung:
"Windräder im Binnenland erzeugen
lange nicht so viel Energie wie an der
Küste. Wir können daher darauf verzichten."
Falsch! Die Hälfte der Windenergie
wird in Binnenländern erzeugt. In NRW
wird mehr Windstrom als in Mecklenburg-Vorpommern erzeugt, worauf wir
nicht verzichten wollen.
dortigen lokalen Wetterverhältnisse bestimmt. Wichtig für eine gute Grundversorgung ist daher nicht nur, dass
Windräder da stehen, wo viel Wind weht.
Fast noch wichtiger ist - und das wird in
der Diskussion fast nie berücksichtigt dass die Windräder gut verteilt stehen,
sodass immer ein Teil in Betrieb ist,
wenn anderswo gerade Flaute ist. Auch
daher brauchen wir die Windräder im
Binnenland dringend.
3. Behauptung:
"Aber man braucht im Binnenland wesentlich mehr Windräder für dieselbe
Windenergie."
Falsch! Windräder in Binnenland bringen mehr als 90% der Leistung von
Windrädern an der Küste. Es werden
darum kaum mehr Windräder für die selbe Leistung gebraucht.
Auch hier helfen die Zahlen vom
DEWI weiter. Bild 3 (siehe nachfolgende Seite) zeigt den Ausnutzungsgrad von
Windrädern in verschiedenen Bundesländern. Der Ausnutzungsgrad beschreibt, wie groß die tatsächliche mittlere (Jahres) Leistung einer Windkraftanlage in Bezug auf ihre installierte Leistung ist. Im Mittel beträgt der Ausnut-
zungsgrad für alle Binnenländer 20,9 %
und für alle Küstenländer 23,0 %, d. h.
ein Windrad im Binnenland bringt im
Durchschnitt 91 % der Energie wie eines in einem Küstenland.
Wie kommt das, wo doch jeder weiß,
dass an der Küste der Wind stärker weht?
Der Grund ist, dass seit geraumer Zeit
Windanlagen im Binnenland speziell für
die dort vorherrschenden schwächeren
Windverhältnisse entworfen werden.
Vereinfacht gesagt, haben sie größere
Rotorblätter. Solche Windräder würden
an der Küste bei stärkerem Wind dauernd abschalten und hätten dort einen
schlechten Ausnutzungsgrad.
Weiterhin hat natürlich jeder Windradeigentümer ein ureigenstes Interesse, ein
Windrad nur dort aufzubauen, wo auch
genügend Wind weht. Seine Anlage finanziert sich ja ausschließlich über den
erzeugten Windstrom.
4. Behauptung:
"Windenergie ist unzuverlässig, denn der
Wind weht ja nicht immer."
Falsch! etwa 40% der im Mittel erzeugten Leistung aus Windgeneratoren,
zählt als "statistisch garantierte Lei-
Diese Antwort und die folgende stützen sich auf die Zahlen, die das Deutsche Windenergie-Institut (DEWI) in
Wilhelmshaven veröffentlicht. Unter
www.dewi.de finden sich Pressemitteilungen dazu. Aus den dort veröffentlichten Zahlen zur Windenergieerzeugung
sind die Graphiken in Bild 2 und Bild 3
erstellt worden.
Bild 2 zeigt deutlich, dass 2004 im
Binnenland Nordrhein-Westfalen
(NRW) mehr Windstrom als im Küstenland Mecklenburg-Vorpommern und fast
soviel wie in Schleswig-Holstein erzeugt
wurde. Insgesamt wurde in den Binnenländern die Hälfte der gesamten Windenergie erzeugt. Es wäre demnach ein
herber Verlust, würde man die Windräder im Binnenland abbauen.
Ein weiterer Grund für Windräder im
Binnenland ist eine damit zu erzielende
gleichmäßige Grundenergieerzeugung.
Stünden alle Windräder nur in einer Region, wäre die Windenergieerzeugung
durch die starken Schwankungen der
Solarbrief 4/05
Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V.
Bild 2: Erzeugte Energie aus Windkraft im Jahr 2004, nach Bundesländern geordnet.
Das Binnenland NRW (weiß) kann bei der Windenergieerzeugung gut mit den Küstenländern (hellgrau) mithalten.
15
Der Kampf um die Energiewende
stung", bei einem Niveau
Versorgungssicherheit von 99 %.
der
In einer Studie der Deutschen Energieagentur (DENA) von Anfang 2004
zur Zukunft der Windenergie in Deutschland wurde unter anderem untersucht,
wie zuverlässig Windenergie vorhanden
ist und sein wird. Mitglieder der Projektsteuerungsgruppe dieser Studie waren
Netzbetreiber wie RWE, E.ON oder
Vattenvall Europe, Verbände der Energiewirtschaft und Windkraftbetreiber.
Details zu dieser "DENA-Netzstudie"
sind im Internet unter http://
www.deutsche-energie-agentur.de/page/
index.php?id=2764&type=5 zu finden.
Wie die Tabelle in Bild 4 zeigt, kommt
die Studie zu dem Ergebnis, dass im Jahr
2003 je nach Jahreszeit 889 MW bis
1245 MW als "statistisch garantierte
Leistung" (etwa 40% der durchschnittlich erzeugten Leistung) aus Windgeneratoren zur Verfügung stand. Es
könnten dafür sogar entsprechend konventionelle Kraftwerke abgerissen werden.
Bild 3: Ausnutzungsgrad von Windkraftanlagen im Jahr 2004, nach Bundesländern geordnet.
Der Ausnutzungsgrad beschreibt, wie groß die tatsächliche mittlere Leistung einer Windkraftanlage in Bezug auf ihre installierten Leistung ist. Anlagen im Binnenland NRW (weiß) sind genau
so gut ausgenutzt wie die in Küstenländern (hellgrau).
Der Grund dafür ist, dass irgendwo
immer der Wind weht. Wichtig für eine
gute Grundversorgung ist daher nicht
nur, dass Windräder da stehen, wo viel
Wind weht. Fast noch wichtiger ist - und
das wird in der Diskussion fast nie berücksichtigt - dass die Windräder gut
verteilt stehen, sodass immer ein Teil in
Betrieb ist, wenn anderswo gerade Flaute
ist. Daher brauchen wir die Windräder
im Binnenland dringend.
Zusätzlich zu der sicheren Grundlast
korreliert ein nicht unerheblicher Teil der
erzeugten Windstromerzeugung mit der
Last. So weht im Winterhalbjahr, wenn
mehr Strom gebraucht wird, der Wind
stärker. Oft ist der Wind tagsüber und
besonders Mittags wegen der erhöhten
Thermik durch Sonneneinstrahlung passend zum Stromverbrauch am stärksten.
5. Behauptung
"Es müssen immer konventionelle Kraftwerke mitlaufen, damit bei Flauten
Strom da ist. Darum sparen Windräder
keinen Krümel Kohle ein."
Falsch! Die vielen Windparks in
Deutschland reagieren in der Summe so
langsam, dass man im Bedarfsfall bequem Reservekraftwerke hochfahren
16
Bild 4: Tabelle gesicherte Leistung aus der DENA Studie.
kann. Darum brauchen sie nicht dauernd
mit zu laufen.
Die Behauptung enthält gleich vier
Fehler.
Erstens treten keine "plötzlichen"
Leistungsausfälle durch Windmangel
auf. Das mag noch für ein einzelnes
Windrad gelten, das Reaktionszeiten auf
Windänderungen von einigen Sekunden
aufweist. Aber schon für einen kleinen
Windpark - wie z. B. in Aachen
Vetschau, siehe Bild 1 - gleichen sich die
Leistungsschwankungen der einzelnen
Windräder teilweise aus. Die Reaktionszeit verlängert sich dadurch schon auf
ein bis zwei Minuten. Noch wesentlich
freundlicher sieht das für eine ganze vernetzte Region wie z.B. das Rheinland
aus. Hier ist mit Reaktionszeiten im EinStundenbereich zu rechnen. Für ganz
Deutschland gleichen sich die Anteile
der Regionen sogar so stark aus, dass
40% der im Mittel erzeugten Windleistung immer vorhanden sind. Es bleibt
also reichlich Zeit, auch träge Kraftwerke zu- und abzuschalten, um die Stromversorgung stabil zu halten.
Zweitens lassen sich die mittleren
Windgeschwindigkeiten in größeren Regionen gut vorhersagen, so dass man das
Zu- oder Wegschalten von Kraftwerken
sogar im Voraus planen kann.
Solarbrief 4/05
Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V.
Der Kampf um die Energiewende
Drittens ist es falsch, dass die mit verminderter Leistung mitlaufenden Kraftwerke für den Ausfall von Windanlagen
bereitgehalten werden. Ihr Hauptzweck
ist es, einzuspringen, wenn sich mal wieder ein Kernkraftwerk wegen eines Störfalls von einer Sekunde zur nächsten
vom Netz verabschiedet.
Viertens ist es eine Fehlinformation,
dass die "gedrosselt mitlaufenden" Kraftwerke genau so viel Brennstoff benötigen wie bei Volllast. Eine Halbierung der
Kraftwerksleistung bedeutet nahezu
auch eine Halbierung des Brennstoffverbrauchs, denn der Wirkungsgrad der
Kraftwerke verringert sich im "gedrosselten" Betrieb lediglich um etwa 1%Punkt. Im übrigen können konventionelle Kraftwerke aus dem Teillastbetrieb
innerhalb von Sekunden von halber Kraft
auf "Vollgas hochgefahren" werden,
wenn es nötig sein sollte. Siehe auch
http://www.sfv.de/lokal/mails/wvf/
windunoe.htm.
6. Behauptung:
"Windenergie ist eh nur ein 'Tropfen auf
den heißen Stein'"
Falsch! Es wird soviel Windstrom erzeugt, wie mehrere Bundesländer, z. B.
Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt, zusammen an Strom verbrauchen.
Der Anteil der Windenergie an der
Stromerzeugung betrug 6,17 % im Jahre
2004, siehe Jahrespressekonferenz 2004
DEWI im Internet. Hier gibt es auch Zahlen für den Stromverbrauch der Länder
(siehe Bild 5), leider nur für 2001, aber
seitdem hat sich der Stromverbrauch
nicht grundlegend erhöht.
steigerungen von konventionellen Kraftwerken einsparen.
Schon jetzt beträgt der Anteil der
Windenergie an der Stromerzeugung
über 6 %. In Kürze, wenn die sich in der
schon konkreten Planung befindlichen
Off-Shore-Windparks ans Netz gehen
werden, wird der Anteil auf über 10%
steigen. Durch weiteren Ausbau und den
Ersatz von Altanlagen durch größere
Neuanlagen (Repowering) kann und
wird der Anteil auch in Zukunft noch
weiter steigen. Der Anteil fossiler Energieerzeugung an der Gesamtstromerzeugung liegt dann bei etwa 75%. 10%
Windenergie gegenüber 75% Fossilenergie sind etwa 14 %. Die Windenergie
spart also ca. 14 % der fossilen Brennstoffe in der Stromerzeugung ein. Angenommen, wir wollten diese 14 %
Brennstoffreduktion durch eine Wirkungsgrad-Verbesserung erzielen. Bei
einem jetzigen typischen Wirkungsgrad
von 40 % von fossilen Kraftwerken
müsste der Wirkungsgrad um etwa 7 %Punkte auf 47% gesteigert werden, und
zwar für alle Kraftwerke. Wenn man bedenkt, dass Wirkungsgradsteigerungen
von 5 % heutzutage schon als technische
Wunderleistung gehandelt werden, ist
eine Steigerung, wie sie notwendig wäre,
insbesondere für den gesamten
Kraftwerkspark, technisch illusorisch
und finanziell mit Sicherheit teurer als
Windenergie.
Außerdem verbauen uns große Investitionen in fossile Kraftwerke den Weg
zu einer nachhaltigen Wirtschaft und
betonieren für weitere 30 Jahre den Verbrauch an fossilen Energieträgern.
8. Behauptung:
Wenn die gesamte Stromerzeugung
eine Literflasche darstellt, ist der Anteil
der Windenergie immerhin ein großes
Schnapsglas (ca. 60 ml) voll. Das ist
mehr als nur ein Schluck, und auf jeden
Fall mehr als ein kleiner Tropfen.
"Die Stromnetze sind jetzt schon durch
Windenergie überlastet und ihr Ausbau
ist unbezahlbar."
7. Behauptung:
Muss Windenergie tatsächlich einmal
über eine Region hinaus transportiert
werden, so existiert ein gut ausgebautes
"Rückgrat" an Leitungen von Norden
nach Süden quer durch die Republik. Ein
Teil davon im Norden wurde unter anderem angelegt, um das Kernkraftwerk
Stade bei Hamburg anzuschließen und
"Wir sollten das Geld für die Windräder
besser in effizientere Kohlekraftwerke
investieren, das bringt eine größere Entlastung der Umwelt."
Falsch! Soviel Energie, wie in absehbarer Zukunft mit Windenergie erzeugt
wird, lässt sich nicht mit EffizienzSolarbrief 4/05
Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V.
Falsch! Der Ausbau der Netze wird
mit höchstens 0, 05 Cent je kWh zu Buche schlagen.
um die Stadt Hamburg bei einem plötzlichen Ausfall des Kraftwerkes weiterhin versorgen zu können. Davon können
jetzt Windparks in Ost- und Nordfriesland profitieren.
Trotzdem ist ein Ausbau des Leitungsnetzes notwendig, um den weitern Ausbau der Windenergie insbesondere durch
Off-Shore Windparks nicht zu blockieren. In der Studie der Deutschen Energieagentur (DENA) von Anfang 2004
zur Zukunft der Windenergie in Deutschland wurde dies ausführlich untersucht.
Sie kommt zu dem Schluss: "Durch die
notwendigen Netzneubaumaßnahmen
bis zum Jahr 2015 wird das bereits bestehende
Höchstspannungsübertragungsnetz um insgesamt 850 km erweitert. Das entspricht einem Anteil von
5% bezogen auf die bereits vorhandenen
Höchstspannungstrassen." Dabei müssen
insbesondere Lücken in der Verbindung
zwischen West- und Ostdeutschland geschlossen und die schwach erschlossene Region Ostfriesland besser angebunden werden.
Dieser Ausbau soll im Wesentlichen
durch die Netzbetreiber finanziert werden, die die Kosten an ihre Kunden weitergeben. Insgesamt ergeben sich jedoch
für einen normalen Endkunden
vernachlässigbare Aufschläge auf den
Strompreis. Laut DENA-Studie "steigen
gegenüber dem Jahr 2003 die Netznutzungsentgelte nur durch die Netzausbaukosten bis zum Jahr 2007 um 0,05
Cent je kWh, bis zum Jahr 2010 um
0,015 Cent je kWh und bis zum Jahr
2015 um 0,025 Cent je kWh."
Dass die Netze im Hinblick auf die
stärkere Nutzung Erneuerbarer Energien ausgebaut werden müssen, hat auch
die neue Bundesregierung erkannt und
im
Koalitionsvertrag
(http://
www.erneuerbare-energien.de/inhalt/
36266/4590/) beschlossen, für die Erneuerbaren Energien "die Rahmenbedingungen (zum Beispiel Ausbau der Stromnetze) [zu] verbessern".
Im Übrigen stellt die DENA-Studie
fest: "Der größere Verdichtungsgrad des
Höchstspannungsübertragungsnetzes
könnte in Zukunft auch für zusätzliche
Aktivitäten im Stromhandel genutzt werden." Damit profitieren nicht nur Windenergieerzeuger von einem ausgebauten
17
Der Kampf um die Energiewende
Windkraft insgesamt zu verdammen,
steht jenseits aller Relation.
Man vergleiche nur die Anzahl und die
Wirkung der "Ereignisse" mit denen in
konventionellen Kraftwerken oder von
Kernkraftwerken, die ja ohne Windräder
als Alternative in Frage kämen. Neben
der technischen Wirkung - bei einem
Störfall in einem Kraftwerk liegen unmittelbar hunderte Megawatt still, beim
Ausfall eines Windrades laufen alle anderen weiter - ist die gesundheitliche
Auswirkung eines einzigen Störfalls in
einem Kernkraftwerk unkalkulierbar für
tausende oder möglicherweise millionen
betroffene Bürger.
11. Behauptung:
"Der von Windkraftanlagen verursachte Infraschall ist gesundheitsschädlich"
Bild 5: Jahresstromverbrauch in den einzelnen Bundesländern in 2001 und gesamte in Deutschland 2004 erzeugte Windenergie (weiß). Es gibt mehrere Bundesländer, die man jeweils allein
mit Windenergie versorgen könnte (hellgrau). Der Stromverbrauch hat sich seit 2001 nicht wesentlich geändert.
Netz, sondern auch große Stromkonzerne, die dadurch beispielsweise
besser billige Wasserkraft aus Skandinavien in Deutschland verteilen können.
9. Behauptung:
"Die vielen Windräder tragen mit ihren
Fundamenten erheblich zur Bodenversiegelung bei."
Falsch! Großkraftwerke benötigen ein
Mehrfaches an Grundfläche im Vergleich zu Windrädern mit der gleichen
Leistung.
Es gab Ende 2004 16543 Windräder
in Deutschland. Bei einer Grundfläche
von schätzungsweise 5 m x 5 m ergibt
das einen Verbrauch an Grundfläche von
41,4 ha. Das entspricht einem Feld mit einer Kantenlänge von etwa 650 m x 650 m.
Allein das Braunkohle-Großkraftwerk in
Eschweiler-Weisweiler ist mit einer Grundfläche von geschätzten 0,5 km x 1 km
etwa so groß. Dabei sind die grob geschätzten insgesamt über 100 km²
(=10.000 ha) für die Braunkohletagebaue noch gar nicht mitgerechnet.
10. Behauptung:
"Windräder sind lebensgefährlich. Wegen der vielen Unfälle gehören sie abgeschafft."
18
Falsch! Außer geringfügigen Sachschäden haben bisher keine Unbeteiligten unmittelbar durch Windräder körperlichen Schaden erlitten.
Es passieren tatsächlich immer wieder mal Unfälle an Windrädern. Blitzschläge, Brände durch heißgelaufene
Lager oder Generatoren, abgerissene
Rotorblätter und vor allem Eisschlag
sorgen für spektakuläre Zeitungsberichte. Auf der Webseite http://
members.aol.com/fswemedien/
ZZUnfalldatei.htm ist das ganze Horrorszenario aufgelistet. Demnach hält man
bei Gewitter oder Sturm vielleicht doch
besser etwas Abstand von Windrädern.
Es gibt auch vereinzelt Unfälle mit
Personenschäden, sogar mit tödlichem
Ausgang, jedoch waren davon immer nur
direkt Beteiligte der Windkraftfirmen
betroffen, z. B. bei Reparaturen oder Installationsarbeiten. Unfälle, bei denen
unbeteiligte Personen körperlich geschädigt wurden, sind auf der genannten
Webseite nicht zu finden.
Als Schlussfolgerung aus den 57 Ereignissen zwischen 2003 und 2005 mag
man durchaus der Forderung nach einer
besseren technischen Überprüfung von
Windrädern zustimmen, aber damit die
Falsch! Ausführliche Untersuchungen
haben keine gesundheitliche Beeinträchtigung durch Infraschall nachweisen
können.
Windenergiegegner benutzen gelegentlich das Thema "Infraschall", um bei
der Bevölkerung Ängste vor Winden
ergieanlagen zu schüren. Der den meisten Menschen nicht geläufige Begriff ist
hierzu besonders geeignet, da Unbekanntes sehr leicht Furcht und Misstrauen
erregt. Daher zunächst die Erklärung des
ungewöhnlichen Begriffes, der ein ganz
gewöhnliches Phänomen bezeichnet:
Als Infraschall bezeichnet man Luftschallwellen unterhalb des menschlichen
Hörbereiches. Der menschliche Hörbereich liegt zwischen einer Schallfrequenz
von 20 (sehr tiefe Töne) und 20000 Hertz
(sehr hohe Töne). Infraschall wird durch
eine große Anzahl natürlicher wie auch
künstlicher Geräuschquellen erzeugt.
Eine allgegenwärtige natürliche
Infraschallquelle ist z. B. der Wind. Vereinfacht kann man sagen, dass nahezu
jede Geräuschquelle auch Infraschall
erzeugt. Einige Tierarten kommunizieren
sogar mit Hilfe der für Menschen unhörbaren und energiearmen Infraschallwellen. Menschen können Infraschall
nicht mit den Ohren wahrnehmen. Sehr
starker Infraschall kann aber körperlich,
z. B. mit dem Brustkorb gespürt werden.
Infraschallwellen zeigen keine Wechselwirkung mit lebendem Gewebe und können damit auch keine physiologische
Solarbrief 4/05
Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V.
Der Kampf um die Energiewende
Wirkung auf Organismen ausüben, genauso
wenig, wie das normale Schallwellen können.
Eine psychologische
Wirkung kann natürlich
nur auftreten, wenn der
Infraschall wahrgenommen wird. Es besteht also kein Grund,
sich vor unhörbarem
Infraschall zu fürchten.
Der von Windanlagen
erzeugte Infraschall
bleibt aber selbst in
nächster Nähe unterhalb der Wahrnehmungsschwelle und
nimmt außerdem stark
mit der Entfernung weiter ab.
12. Behauptung:
"Windräder verspargeln die
Landschaft. Wie sieht das
denn aus? Ich möchte so ein
Ding nicht vor der Türe stehen haben."
Deutschland ist seit Jahrhunderten eine vom Menschen geprägte Kulturlandschaft und das Landschaftsbild ist Gewöhnungssache.
Bild 6: Künstlerisch bemalte Windräder in Lübow
Foto: Windpark Lübow KG
Die ständige Präsenz
von Infraschallwellen
im menschlichen Lebensbereich führte
schon früh zu einer Untersuchung durch
das Bundesgesundheitsamt. Auch beschäftigte sich die Berufsgenossenschaft
für Feinmechanik und Elektronik mit den
Auswirkungen von Infraschall auf den
Menschen. Fazit: "Von einer unterschwelligen, gesundheitsschädlichen
Gefährdung durch Infraschall ist nicht
auszugehen." (Quelle: Bundesgesundheitsamt 1982, Zeitschrift für Lärmbekämpfung 1999). Speziell auf Infraschall
von Windanlagen geht die Veröffentlichung
"Sachinformationen
zu
Geräuschemissionen und -imissionen"
ein (zu finden u. a. auf der Website der
Windkraftanlage "Ewiger Fuhrmann",
von der auch Teile dieses Kapitels übernommen sind, http://www.ewigerfuhrmann.de/homepage/geruechte-undtatsachen). Sie enthält eine weitere umfangreiche Untersuchung des Landesumweltamtes des Landes NRW zum Thema Schall und Infraschall von Windenergieanlagen. Auch diese Untersuchung kommt zu dem Ergebnis, dass von
dem Infraschall einer Windenergieanlage
keinerlei Gefahr oder Beeinträchtigung
ausgeht.
Solarbrief 4/05
Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V.
Über Geschmack lässt
sich ja bekanntlich trefflich
streiten. Aber man sollte
doch die folgenden Dinge
bedenken:
Zuerst: Keiner bekommt
"So ein Ding vor die Türe"
gesetzt. Das ErneuerbareEnergien-Gesetz und die Erlasse der Landesregierungen schreiben einen Mindestabstand von mindesten
einem halben Kilometer zu Siedlungen
vor, um Licht- und Lärmbelästigungen
zu vermeiden. Notfalls muss ein Windrad sogar zu bestimmten Zeiten stillgelegt werden, um den "Discoeffekt" durch
Schattenwurf zu vermeiden. Es gibt beispielsweise im Windpark AachenVetschau ein Windrad, das an einigen
Wintertagen in den frühen Abendstunden, wenn die Sonne tief steht, abgeschaltet wird, damit die Anwohner nicht
von dem oszillierenden Schattenwurf genervt werden.
Des Weiteren: Deutschland ist eine
Kulturlandschaft. Seit Jahrhunderten
wächst hier kein Hälmchen, ohne dass
Menschen es zulassen. Wälder wurden
gerodet, Städte erbaut, Straßen und Autobahnen asphaltiert, Fabriken errichtet,
Halden aufgeschüttet und Hochspannungsleitungen gezogen. Ich zum Beispiel finde im Vergleich dazu die schlanken, eleganten, sich majestätisch drehenden Windräder regelrecht ästhetisch. In
den benachbarten Niederlanden standen
bis vor wenigen Jahrzehnten in einer
ähnlichen Dichte Wind-"Mühlen", eigentlich Windpumpen, zum Entwässern
des unter dem Meeresspiegel liegenden
Landes. Heute jubeln die Touristen über
jede einzelne Windmühle. Es ist vermutlich vor allem eine Gewöhnungssache,
ob uns Windräder schön vorkommen. In
ein paar Jahren werden Windräder genauso selbstverständlich zur Landschaft
"gehören" wie heute Überlandleitungen,
Fabrikschornsteine, Autobahnbrücken
oder Bauernhöfe. Wann mögen wohl bei
uns die ersten Windräder unter Denkmalschutz gestellt werden? Vielleicht können wir dann auch den ersten OffshoreWindpark als "Kulturdenkmal der
Menschheit" von der UNESCO schützen
lassen, ähnlich wie das alte Stahlwerk
"Dillinger-Hütte" im Saarland.
Und zu guter Letzt: Wie sieht denn die
Alternative aus? Ist ein Großkraftwerk,
das dem benachbarten Ort mit seinen
Kühldampfwolken den größten Teil des
Jahres die Sonne vorenthält, angenehmer? Sind an die 100km² durch
Braunkohletagebau weggebaggerte
Landschaft schöner? Die Hochspannungsleitungen? Die Fördertürme der
Zechen? Was ist mit den verstrahlten
Menschen im Uranbergbau? Wetterkapriolen, Versteppung und Meeresspiegelerhöhung durch den Klimawandel, der durch die Verbrennung fossiler
Brennstoffe angeheizt wird?
Vielleicht ist das alles weit genug weg
und zum Glück nicht vor meiner Haustüre, und der Strom kommt bei mir immer aus der Steckdose.
Aber, ehrlich gesagt, mir ist wohler
ums Herz, wenn ich vom Dreiländereck
bei Aachen an die hundert Windräder
zählen kann, als wenn ich das
Braunkohlekraftwerk Weisweiler passiere.
Weitere (und auch ähnliche) Fragen
samt Antworten zur Windenergie sind
leicht verständlich auf einer Webseite des
Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU)
aufgelistet:
http://www.erneuerbare-energien.de/
inhalt/4573/20049/. Die Seite ist durchaus empfehlenswert.
19
Der Kampf um die Energiewende
Biogas ins Erdgasnetz
einspeisen
Informationen von Petra Hörstmann-Jungemann
Der Einsatz von Biogas als Primärenergie ist vielfältig: Erzeugung von
Strom, Erzeugung von Wärme, Einsatz
als Treibstoff.
Gegenwärtig wird das erzeugte Biogas
- zu fast 100 Pozent - direkt zur Produktion von elektrischer Energie in Blockheizkraftwerken (BHKW) eingesetzt.
Leider wird die dabei entstehende Wärme häufig nur unzureichend genutzt, da
Abnehmer fehlen. Energetisch und wirtschaftlich sinnvoller wäre es, Biogas örtlich dort einzusetzen, wo es auch Abnehmer für die Wärmeenergie gibt, wie z. B
in Siedlungsgebieten aber auch in Krankenhäusern u.s.w.
Die Herstellung von Biogas erfolgt
aber am optimalsten eindeutig in ländlichen Gebieten. Sowohl die Beschaffung
des "Rohstoffs" Biomasse als auch die
Nutzung der Restprodukte als wertvoller Dünger ist dort gegeben. Eine Einspeisung ins öffentliche Erdgasnetz ist
dann die beste Lösung. Eine finanzielle
Regelung ist auch vorhanden. Seit der
Novellierung des Erneuerbare-EnergienGesetzes erhält man für den eingespeisten Strom aus einer KWK-Anlage die
entsprechende Regelvergütung für Strom
aus Biomasse (§ 8 EEG), wenn deren
Einsatz von Erdgas als Brennstoff mit
einer Biogaseinspeisung an einer anderen Stelle korrespondiert.
Es ist also der gleiche Anspruch auf
eine im EEG festgelegte Regelversorgung gegeben, wie eine BHKWAnlage, die direkt mit Biogas versorgt
wird. Die Einspeisung ins Erdgasnetz setzt aber eine Aufbereitung
des Biogases auf Erdgasqualität
voraus. Sie erfolgt nach den anerkannten Regeln der Technik, die
von der Deutschen Vereinigung
des Gas- und Wasserfaches e.V.
(DVGW) veröffentlicht werden.
Stadtwerke Aachen plant
erste Anlage
Biogasanlage,
Nach einer Pressemitteilung plaFoto: Christoph Andreas, GBZ Straelen
nen die Stadtwerke Aachen AG
(STAWAG) ein entsprechendes
Projekt: in Erdgasqualität aufbereitetes fristig weitere Investitionen in BiogasBiogas wird am Standort Kerpen in ein anlagen. Zusätzlich werden ArbeitsplätErdgasnetz eingespeist; in Aachen wird
ze geschaffen und der Landwirtschaft
eine adäquate Menge wieder entnomwerde eine Zukunftsperspektive gegemen. Es sollen dann mit dem produzierben.
tem Biogas ab Ende 2006 über mehrere
BHKW ca. 5200 Aachener Haushalte Fazit
mit Strom versorgt werden. Die Wärme
Durch die dezentrale Biogaserzeugung
soll je nach Standort der Anlagen direkt
und Einspeisung ins öffentliche Gasnetz
zur Wärmeversorgung von Wohneinheiwerden bestehende Strukuren optimal
ten, als Wärme in industriellen Prozesgenutzt, um schnell und effizient Enersen genutzt oder in ein Nahwärmesystem
gie aus Erneuerbaren Energien an den
eingespeist werden.
Verbraucher weiterzuleiten. Außerdem
Nach eigenen Angaben wird die führt die zusätzliche Verwendung der
STAWAG bundesweit der erste Energie- Wärme zu einer wesentlich effizienteren
versorger sein, der Biogas ins Erdgasnetz Nutzung des Biogases.
einspeist. Die Investition in Eigenerzeugungsanlagen wie die geplante
Weitere Informationen
Biogasanlage, auf der Basis von nach• http://www.energiekonsens.de/
wachsenden Rohstoffen, sei ein wichtiDownloads/Service/
ger Schritt der STAWAG zu mehr UnabGutachten_Biogasnutzung.pdf
hängigkeit von den fossilen Energien Öl
• http://www.stawag.de/presse/
und Erdgas. Die STAWAG plane langmeldungen/biogas_bauantrag.html
100 % Erneuerbare Energien
20
Solarbrief 4/05
Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V.
Der Kampf um die Energiewende
Keine Steuerbefreiung mehr
für Biokraftstoffe?
Kommentar zur einer Vereinbarung im Koalitionsvertrag
Im Koalitionsvertrag steht unter 5.3
folgende Vereinbarung:
"Kraftstoffe und Rohstoffe aus
Biomasse können einen wichtigen Beitrag zur Energie- und Rohstoffversorgung und zum Klimaschutz leisten. Wir
werden daher:
· die Kraftstoffstrategie mit dem Ziel weiterentwickeln, den Anteil von Biokraftstoffen am gesamten Kraftstoffverbrauch bis zum Jahr 2010 auf 5,75% zu
steigern;
· die Mineralölsteuerbefreiung für
Biokraftstoffe wird ersetzt durch eine
Beimischungspflicht."
Unser Kommentar:
Zwar begrüßen wir das Vorhaben der
schwarz-roten Koalition, den Anteil der
Biokraftstoffe zu steigern. Wir sind jedoch enttäuscht von den ungeeigneten
Instrumenten, mit denen das Ziel erreicht
werden soll. Die Festlegung auf 5,75 %
bis 2010 ist unsinnig. Gleichgültig, ob
man die Menge als zu gering oder als zu
hoch ansieht, haben Mengenfestlegungen (Quoten) erhebliche Nachteile: Entweder wirken sie wie eine obere Begrenzung und bremsen die mögliche Entwicklung, oder aber sie führen
zu einem unverhältnismäßig hohen
Preisanstieg, wenn sich herausstellt, dass
sie sich sonst nicht erfüllen lassen. Außerdem ist schlecht vorhersehbar, wie die
jährlichen Steigerungsraten aussehen
müssen, damit das vorgegebene
Wachstumsziel bis zum 1.1.2010 exakt
erreicht wird. Erst im letzten Jahr kann
man einigermaßen zuverlässig abschätzen, ob man das Ziel erreichen wird.
Dann aber ist es für eine Korrektur zu
spät.
Folgendes Beispiel soll unsere Bedenken erläutern: Stellen Sie sich vor, Eltern würden beschließen, ihr Baby so zu
Solarbrief 4/05
Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V.
Von Wolf von Fabeck
ernähren, dass es mit 5 Jahren ein Gewicht von 19 kg erreicht. Sinnvoll wäre es dagegen, das Kind nach seinen
Bedürfnissen zu ernähren.
Auf Biokraftstoffe angewendet: Ein Preisanreiz, z.
B. eine Steuererleichterung
oder eine Festpreisregelung,
ist allemal besser als eine
Fahrzeugantrieb mit Pfanzenöl
Foto: Stadtwerke Aachen
starre Mengenregelung. Das
hätten die Koalitionäre bereits aus dem ErneuerbareEnergien-Gesetz lernen können. Ärger- Umweltminister Gabriel
lich ist auch der letzte Satz der Verein- verkennt die Macht dezentraler
barung. Hier wird die Initiative aller der- Lösungen
jenigen zunichte gemacht, die sich der
Am 24.11.05 äußerte Minister Gabridezentralen Nutzung von reinem Pflan- el In einem Interview der ZEIT unter
zenöl für den Fahrzeugverkehr oder für anderem: "Wir wollen im industriellen
Kraft-Wärme-Kopplung verschrieben Maßstab Öl ersetzen. Diesel aus Raps
haben.
kann dazu nur sehr begrenzt beitragen Betroffen sind die Werkstätten, die
sich auf die Umrüstung von Dieselfahrzeugen zu pflanzenöltauglichen
Fahrzeugen spezialisiert haben.
Betroffen sind die Fahrzeughalter, die
aufgrund der Steuerbefreiung für
Biotreibstoffe und im Vertrauen auf diese Regelung ihr Fahrzeug für einen Preis
von ca. 2.000 Euro haben umrüsten lassen. Für sie kommt die Regelung einer
Entwertung ihres Eigentums gleich.
Zu fragen bleibt auch, ob zukünftig
das Betanken von Autos mit Speiseöl
strafbar sein wird. Zur Vermeidung von
Steuerhinterziehung müsste man dann
konsequenterweise das steuerbefreite
Speiseöl mit einem Farbstoff kennzeichnen, damit man es im Tank von Steuersündern nachweisen könnte.
Auch ist schwer verständlich, dass
klimaschädliches Erdgas zum Fahrzeugantrieb weiter von der Mineralölsteuer
verschont bleibt, während dies nicht für
Biogas gelten soll.
wohl aber können es moderne Kraftstoffe
aus Biomasse. Wenn dann noch die Autos effizienter werden, dann kommen wir
wirklich weg vom Öl und sorgen gleichzeitig für neue Jobs. Umweltpolitik ist
für mich deshalb immer wieder
Innovationsmotor..."
Minister Gabriel sieht - sicherlich zu
Recht - ein Mengenproblem. Er geht allerdings von der irrigen Vorstellung aus,
dass Anstrengungen im "industriellem
Maßstab" größere Mengen bereitstellen
können als dezentrale Lösungen. Die
Umweltverbände sollten ihm gegenüber
in dieser Hinsicht Aufklärungs- und
Überzeugungsarbeit betreiben.
Anmerkung: Wir würden Minister Gabriel gerne unser altes Flugblatt zeigen,
in dem vorgerechnet wird, dass die dezentralisierte Honigherstellung durch
Millionen von Bienen durchaus mit der
Marmeladenherstellung einer zentralen
industriealisierten Marmeladenfabrik
mithalten kann.
21
Der Kampf um die Energiewende
Stimmungsmache gegen Photovoltaik
Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) vertritt kritiklos Position der Stromwirtschaft
Von Wolf von Fabeck
„Vergeßt die Sonne!“
Nein, das ist kein Satz mit einem lustigen Rechtschreibfehler, sondern eine
Überschrift in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung* vom 23.10.2005
(siehe Kasten). So schrieb man das Wort
„vergesst“ bis Ende des vorigen Jahrhunderts in ganz Deutschland - und so
schreibt die FAZ* noch heute. Jede Abkehr vom Althergebrachten fällt bekanntlich schwer. In diesem Fall trifft das auch
auf den Inhalt des Beitrags zu; auch er
scheint aus dem vergangenen Jahrhundert zu stammen.
FAZ - Sprachrohr der
Stromwirtschaft?
Die Frankfurter Allgemeine bezieht im
Artikel eindeutig Stellung in einem seit
langem schwelenden Interessenkonflikt
zwischen Stromwirtschaft und Erneuerbaren Energien. Sie stellt publizistisch
die Position der Stromwirtschaft nicht in
Frage, berichtet nicht über sie, sondern
gibt sie als ihre eigene Position wieder.
In der Sache ist auf den Artikel Folgendes zu antworten:
Möglicherweise hat die Frankfurter
Allgemeine die weltweiten Probleme
Klimawandel und schwindende
Ölvorräte nicht in ihre Überlegungen einbezogen. Sie geht wohl davon aus, dass
es genügen würde, den Anteil Erneuerbarer Energien im Strombereich in Deutschland bis zum Jahr 2020 auf 20 % zu
erhöhen, damit die weltweiten Energieund Klimaprobleme gelöst würden - und
zwar endgültig! Wenn die Lösung bei
20 % endgültig erreicht wäre, dann wäre
die Photovoltaik in der Tat für den genannten Zweck nicht unbedingt nötig.
Aber so einfach ist es eben nicht. Wenn
wir 20 % erneuerbare Energien im
Strombereich erreicht haben, dann müssen wir fortfahren, die konventionelle
Energieversorgung weiter auf Erneuerbare Energien umzustellen. Im Endergebnis brauchen wir schließlich nicht
20 % Erneuerbare Energien nur im
Strombereich und nur in Deutschland,
22
Artikel aus der FAS* vom 23.10.2005
Vergeßt die Sonne!
Photovoltaik-Förderung wird zum Millionengrab
Frankfurt. Mit der Förderung der Photovoltaik werden jedes Jahr hohe Millionenbeträge verschwendet. Das ist das Ergebnis einer Studie des Forschungsinstitutes EEFA. Das
Institut hat untersucht, wie der Anteil erneuerbarer Energien am effizientesten erhöht
werden kann. Das Ergebnis: Es geht viel günstiger ohne Solarstrom. Zur Zeit müssen
die Energieversorger die saubere Energie zu gesetzlich vorgeschriebenen Preisen abnehmen. Die höchsten Preise bekommt die Sonnenenergie, für die es zwischen 45 und
62 Cent je Kilowattstunde gibt. Das ist mehr als zehnmal höher als die Produktionskosten für konventionellen Strom. Selbst wenn sich die Kosten in zehn Jahren halbieren,
wäre die Photovoltaik in Deutschland nicht wettbewerbsfähig, so die Studie. Im marktorientierten Fördermodell, das das EEFA für den Verband der Elektrizitätswirtschaft
entworfen hat, wurden vor allem Biogasanlagen und Windkraftwerke auf See die
Photovoltaik ersetzen. Das Ziel, den Anteil erneuerbarer Energien auf 20 Prozent bis
2020 zu steigern, würde deutlich billiger erreicht werden. Mehrere Milliarden Euro
seien einzusparen. wvp
sondern 100 % in der gesamten Energieversorgung weltweit. Ob das kurzfristig, mittelfristig oder auch langfristig erforderlich ist, darüber müssen wir hier
nicht streiten. Allein in Deutschland
wäre das etwa 15 mal so viel wie die angesprochenen 20 % und lässt sich mit
Biogas und Offshorewindanlagen alleine ganz sicher nicht mehr decken. Auf
das Potential der Windenergie im Binnenland und auf die Photovoltaik können wir deshalb nicht verzichten.
Die Frankfurter Allgemeine argumentiert nur mit den Kosten, den „Lasten“
der PV. Sie ignoriert dagegen alle positiven Effekte, die diese Investitionen in
eine Zukunftstechnik an anderer Stelle
bewirken, z. B. die Schaffung neuer Arbeitsplätze. Schließlich ist Photovoltaik
eine Technik, die sich zum Export in
Länder ohne ausgebautes Stromnetz bestens eignet. Derzeit steht Deutschland
mit an der Spitze der PV-Exporteure.
Entwicklung und Einsatz der
Photovoltaik in Deutschland ist deshalb
auch Förderung eines Exportprodukts
und Demonstration seiner massenhaften
Nutzung.
Bei den Preisen der Photovoltaik geht
die Frankfurter Allgemeine im günstigsten Fall von einer Halbierung des Preises alle zehn Jahre aus. Derzeit liegt der
Preis für die photovoltaisch erzeugte Kilowattstunde bei ca 50 Cent. In 10 Jahren läge der Preis dann bei 25 Cent.
Warum aber „vergißt“ die Frankfurter
Allgemeine dann die darauf folgenden
nächsten 10 Jahre? Der Preis würde dann
- gemäß der von ihr selbst gemachten
Annahme - bei 12,5 Cent und nach weiteren 10 Jahren schon bei 6 Cent liegen.
So ungenau natürlich solche Vorhersagen sind, die Tendenz stimmt. Während
die Preise für konventionell erzeugten
Strom immer weiter ansteigen, sinken
die Preise für Strom aus PV immer weiter. Was wollen wir mehr!
Im Übrigen, wer Solarstrompreise mit
Erzeugungskosten von Strom aus abgeschriebenen Kohlekraftwerken vergleicht, der vergleicht Äpfel mit Birnen:
• Solarstrom wird dezentral erzeugt und
gleich in der Nachbarschaft verbraucht.
Das spart Netzgebühren.
• Solarstrom wird schwerpunktmäßig um
die Mittagszeit erzeugt, gerade dann
wenn die Nachfrage nach Strom besonders hoch ist und der Marktwert von
Strom ebenfalls.
*Anmerkung: Die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung (FAS)
ist ein redaktioneller Ableger der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ)
Solarbrief 4/05
Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V.
Vernachlässigte Stromnetze
Kassieren ohne Modernisieren
Ein Staat, der Daseinsvorsorge privatisiert, muss die Aufsicht behalten.
Haftungsbeschränkungen verführen Stromversorger zur Sorglosigkeit: W. v. Fabeck
Den vierten Tag in Folge waren über
sechzigtausend Haushalte und mittelständische Betriebe im Münsterland
ohne Strom. Schnee- und Eislast hatten
mehrere Strommasten abgeknickt.
Erst wenn der Strom wegbleibt, merken wir, wie abhängig wir von der Stromwirtschaft sind. Nicht nur Radio, Fernsehen und Beleuchtung bleiben weg.
Auch die Trinkwasserversorgung, die
Wasserspülung, die Gas- oder Ölheizung
versagen, weil sie auf elektrische Pumpen angewiesen sind. Die Telefonverbindungen brechen zusammen und in den
Kühltruhen vergammelt das Fleisch. Was
geschieht im Zoo, im Aquarium? Auf
den Bauernhöfen brüllen die Kühe, die
jetzt von Hand gemolken oder notgeschlachtet werden müssen. Was ist mit
Säuglingen, Kranken und Behinderten?
Auch der wirtschaftliche Schaden ist
immens. Die Versorgungssicherheit
spielt deshalb bei der Beurteilung eines
Wirtschaftsstandorts eine erhebliche
Rolle. Häufigere Stromausfälle machen
einen Wirtschaftsstandort schnell
unattraktiv.
Stromversorgung gehört zur Daseinsvorsorge und ist ein Standortfaktor. Ein
Staat, der die Daseinsvorsorge einem
privatisierten Unternehmen überlässt,
muss sich deshalb zumindest starke Kontrollen und wirtschaftliche Einflussnahme vorbehalten. Doch wie sieht es
in dieser Hinsicht bei uns aus?
Der Blackout mitten in Deutschland war kein unabwendbares Ereignis, wie
RWE die Medien glauben machen will,
sondern das Ergebnis technischer Sorglosigkeit. Es ist sträflicher Leichtsinn,
heutzutage eine ganze Stadt aus Kostengründen nur noch über ein oder zwei
Stromtrassen versorgen zu wollen.
Stromnetze müssen enger vermascht
bleiben. Sicherheitseinrichtungen und
Energieversorgung müssen mehrfach
(redundant) ausgeführt werden. Wenn
die eine Leitung zusammenbricht, muss
die Stromversorgung über eine zweite
Solarbrief 4/05
Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V.
möglich sein! Im Zweifelsfall sollte man
Erdkabel statt Freileitungen verwenden,
denn Erdkabel sind witterungsunabhängiger!
Die Regeln und die technischen Elemente für eine sicherere Stromversorgung müssen nicht erst erfunden werden!
Sie waren früher selbstverständlich. Die
Netzbetreiber haben sie nach der Liberalisierung des Strommarktes nur "vergessen", um Geld zu sparen und die Gewinne zu erhöhen. Steigerung des Gewinns durch Minimierung der Kosten!
Betrachten wir ganz nüchtern die Interessenlage: Netzbetreiber haben kein
wirtschaftliches Interesse an teuren
Erdkabeln und mehrfach redundanten
Stromleitungen. Ein Wettbewerb um
mehr Netzsicherheit findet nicht statt. In
ihrem Netzgebiet sind sie Monopolisten,
sind sie Alleinherrscher. Und niemand
kann die Netzbetreiber derzeit zur Beachtung höherer Sicherheitsstandards
zwingen. Die staatliche Aufsicht beschränkt sich auf Preiskontrollen und
stellt keine Forderungen an eine Verbesserung der Netze entsprechend dem fortschreitenden Stand der Technik.
Eine rigide Schadenersatzpflicht nach
den Regeln des Bürgerlichen Gesetzbuchs wäre das einzige Druckmittel;
doch die Haftung ist gesetzlich zugunsten der Netzbetreiber eingeschränkt.
Warum eigentlich?
Gesetzliche Einschränkung der Haftung und mangelnde Qualitätskontrolle
der Netzsicherheit durch eine staatliche
Aufsicht; diese unglückliche Kombination führt zwangsläufig zu einem Niedergang der Netzsicherheit und gefährdet den Industriestandort Deutschland.
Hier liegt ein Mangel im System vor.
Man kann nur hoffen, dass die Erfahrungen aus dem derzeitigen Desaster einfließen in die Neufassung der Rechtsverordnungen AVBEltV und AVBGasV
(Verordnungen über Allgemeine Bedingungen für die Elektrizitäts-/Gasversor-
gung von Tarifkunden), die derzeit im
Bundesministerium für Wirtschaft und
Arbeit überarbeitet werden. Und es ist
zu hoffen, dass die Wirtschaftsverbände
in der bevorstehenden Anhörung auf
Streichung der Haftungsbefreiung in diesen Rechtsverordnungen drängen.
Leserbrief
(Gekürzt und Anonymisiert)
"Auch mit Verordnungen, erhöhten Sicherheiten und Mehrfacheinspeisungen
können Sie der Natur nicht vorschreiben,
was sie tun und lassen soll. Das hat auch
schon vor mehr als 100 Jahren Theodor
Fontane gewusst. Deshalb: Lesen Sie
doch mal wieder deutsche Literatur! Wie
schreibt Fontane in seiner dramatischen
Ballade über "Die Brücke am Tay" so
treffend: Hei! Wie Splitter brach das Gebälk entzwei! Tand, Tand ist das Gebilde von Menschenhand!"
SFV-Antwort
(...) Natürlich gibt es Naturgewalten,
denen kein Menschenwerk standhalten
kann. Eben weil wir das wissen, müssen
wir vorsorglich und vorausschauend die
Folgen möglichen Versagens abmildern,
zum Beispiel durch eine weitere Stromleitung. Das ist hier jedoch nicht geschehen, weil dafür keine Gelder vorgesehen
waren. Für fehlendes Geld sind nicht die
Ingenieure verantwortlich, sondern die
Geschäftsleitung. Diese aber achtet auf
die Maximierung des Gewinns.
Leider ist der Gewinn aber durch den
Stromausfall nicht gefährdet, denn die
wirtschaftlichen Folgen des Stromausfalls müssen infolge der Haftungsbeschränkungen im Wesentlichen durch
die Stromkunden selber getragen werden.
Unser Vorwurf richtet sich deshalb
nicht gegen die Ingenieure, sondern gegen die Haftungsbeschränkungen in den
Verordnungen über Allgemeine Bedingungen für die Elektrizitätsversorgung
(AVB).
23
Vernachlässigte Stromnetze
Bund der Energieverbraucher: Offener Brief an Angela Merkel
Rheinbreitbach, den 28.11.2005
Sehr geehrte Frau Bundeskanzlerin Merkel,
erlauben Sie mir, Ihnen meine Glückwünsche zu Ihrem neuen Amt auszusprechen.
Für die Energieverbraucher ist es sehr gut, dass in Deutschland jemand regiert, der den Unterschied zwischen einem
Kilowatt und einer Kilowattstunde kennt. Sie hatten noch in Ihrer Zeit als Bundesumweltministerin den Bund der Energieverbraucher für sein Phönix-Solarprojekt als Preisträger für den Cusanus-Preis der Koblenzer Bürgerschaft vorgeschlagen. Die Laudatio hatte damals Rainer Brüderle gehalten.
Es geht mir heute um die Sicherheit der Stromversorgung in Deutschland. Die Stromausfälle im Münsterland haben
deutlich gemacht, dass die Stromleitungsnetze in Deutschland in sehr schlechtem Zustand sind.
Vor der Liberalisierung haben die Verbraucher alle Investitionen in Leitungsnetze über den Strompreis bezahlt. Die Versorger haben damals sehr viel investiert. Man sprach von "vergoldeten" Netzen.
Nach der Liberalisierung konnten die Netzentgelte unabhängig von den getätigten Investitionen angehoben werden. Die
Netzentgelte haben sich seitdem Verdreifacht, die Investitionen dagegen halbierten sich. Deshalb zahlen die Verbraucher
jährlich 18 Milliarden Euro für die Netznutzung. Die Stromwirtschaft hat aber nur zwei Milliarden Euro (2004) in die
Netze investiert. Der Gewinn von RWE lag im Jahr 2004 bei 5,7 Milliarden Euro, der von E.ON bei 4,3 Milliarden Euro.
Der von den Verbrauchern bezahlte Gewinn der beiden Riesen ist derzeit fünfmal höher als der Betrag, der insgesamt in
Deutschland in die Netze investiert wird.
Die Stromversorger kassieren derzeit für die Netze und verbuchen dies als Gewinn, anstatt in die Netze zu investieren.
Deshalb vergammeln die früher so guten deutschen Stromnetze. Man umschreibt das vornehm als "ereignisorientierte"
Wartung, weil für eine präventive Wartung das Geld fehlt.
Die Stromausfälle im Münsterland werfen viele Fragen auf:
- Warum gab es keine zweite Freileitung, wie sie nach dem "n-1-Prinzip" notwendig ist?
- Warum hielten die Strommasten im nahegelegenen Holland, während sie in Deutschland abknickten?
- Warum hat man die Leitungen nicht durch höhere Stromflüsse aufgeheizt?
- Waren die Strommasten stabil genug? Wer hat sie geprüft mit welchem Ergebnis?
- Warum fordert RWE für die Schadensbehebung keine Hilfe von anderen Unternehmen oder aus dem Ausland (Niederlande) an?
Der Stromausfall ist nicht durch Schneefall im November oder höhere Gewalt verursacht worden, sondern Folge einer
ausschließlich auf Gewinn gerichteten Geschäftspolitik von RWE.
Es mutet zynisch an, dass RWE noch vor einer genauen Untersuchung alle Schuld von sich weist und die Betroffenen auch
mit den Folgeschäden allein lassen will. Der Bund der Energieverbraucher hat RWE aufgefordert, für die Schäden des
Stromausfalls materiell einzustehen.
Derzeit haften die Versorgungsunternehmen nicht für Stromausfälle. Daher fehlt der finanzielle Anreiz für höhere Investitionen in Versorgungsnetze. Erst wenn die Folgen maroder Netze die Gewinne schmälern, wird wieder mehr in die Netze
investiert werden.
Die derzeitige Haftungsfreistellung basiert auf einer Verordnung (AVBEltV), die derzeit novelliert wird. Bedauerlicherweise will das Bundeswirtschaftsministerium auch künftig an der Haftungsfreistellung festhalten (Az: BMWA IX B 1). Die
aktuellen Ereignisse zeigen, dass dies nicht nur ungerecht gegenüber den von Schäden betroffenen Verbrauchern ist,
sondern auch gravierende nachteilige Folgen für die Versorgungssicherheit hat.
Ich möchte Sie bitten, einer Haftungsfreistellung Ihre Zustimmung zu versagen.
Ich möchte Sie ferner bitten, für eine unabhängige sachverständige Untersuchung dieser Stromausfälle zu sorgen.
Mit freundlichem Gruß
Dr. Aribert Peters, Vorsitzender
Kontakt: Bund der Energieverbraucher, Grabenstr. 17, 53619 Rheinbreitbach, Tel.: 02224-9227-0, Fax: 02224-10321
E-Mail: [email protected], Internet: http://www.energienetz.de
24
Solarbrief 4/05
Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V.
Verbraucherschutz
Protest bei überhöhten
Stromrechnungen
Warum Strom aus
Erneuerbaren Energien derzeit
noch teurer ist
Strom aus Erneuerbaren Energien ausgenommen vielleicht Strom aus großen Wasserkraftwerken - ist derzeit noch
teurer als Strom aus fossilen Energien
oder aus Atomenergie. Ohne die staatliche Festsetzung von Mindestvergütungen im Erneuerbare-Energien-Gesetz
hätten deshalb die Erneuerbaren Energien in einem reinen Preiswettkampf
noch keine Chance, in die Massenproduktion zu kommen. Sie könnten kaum
jemals konkurrenzfähig werden.
Wer sich eine Umstellung der Stromversorgung auf Erneuerbare Energien
wünscht, der wird es deshalb auch gerne akzeptieren, dass er für die ca. 11 %
Strom aus Erneuerbaren Energien, die
derzeit seinem Strom beigemischt sind,
einen um etwa 0,0054 Euro höheren
Stromtarif zahlen muss.
Falsche Umlage nicht hinnehmen
Kein Stromkunde sieht es aber ein,
wenn der Stromlieferant (EVU) die Beimischung von Strom aus Erneuerbaren
Energien zum Vorwand für fantasievoll
überhöhte Stromrechnungen nimmt. Er
wird sich deshalb zur Wehr setzen.
Hier gilt folgender Grundsatz: Wer
eine zu hohe Stromrechnung widerspruchslos bezahlt, hat später kaum noch
eine Chance bei einer Rückforderung.
Was kann er also tun? Wir sprechen hier
zwei Möglichkeiten der Gegenwehr an.
Möglichkeit 1:
Zahlung unter Vorbehalt
Der Stromkunde zahlt den geforderten Rechnungsbetrag nur noch unter
Vorbehalt. Er hofft darauf, dass irgendjemand in einem Musterprozess die
Höhe der möglichen Rückforderung und
die Art ihrer exakten Ermittlung gerichtlich feststellen lässt. Wenn dies geschehen ist, fordert er einen entsprechend auf
seine Verhältnisse berechneten Betrag
zurück. Wenn niemand einen erfolgreiSolarbrief 4/05
Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V.
Wolf von Fabeck
Protestschreiben (zu Möglichkeit 1)
(Stromkunde) Absender .......
An (Anschrift des Stromverkäufers).....
Betr.: Ihre Stromrechnung vom ...
Hier: Zahlung unter Vorbehalt
Datum ....
Sehr geehrte Damen und Herren,
in Ihrer Stromrechnung vom ... nennen Sie Mehrkosten nach dem EEG für die Erneuerbaren Energien in Höhe von ...
Ausweislich der Broschüre "Was Strom aus erneuerbaren Energien wirklich kostet"
des Bundesumweltministeriums vom Juni 2005 betrug die tatsächliche EEG-Umlage pro kWh Haushaltstrom jedoch im Jahr 2004 nur 0,54 Ct. Ich gehe deshalb davon aus, dass Ihre Rechnung überhöht ist und werde bis auf weiteres nur noch unter
dem Vorbehalt der Rückforderung zu viel berechneter Beträge bezahlen.
Mit freundlichen Grüßen
....................
chen Prozess führt, bekommt er nichts
zurück.
tatsächlich konsequent bei dieser und allen folgenden Rechnungen ein.
Beurteilung: Sehr geringe Erfolgsaussichten, aber auch kein Risiko. Oben finden Sie ein Musterschreiben.
Das EVU wird dann voraussichtlich
über mehrere Jahre hinweg Mahnungen
schicken, mit einem Prozess oder sogar
mit Stromabschaltung drohen. Das alles
dürfen sie in diesem Fall nicht, denn
wenn der Kunde die Billigkeit der Rechnung nach § 315 BGB bezweifelt, gilt
der gesamte Betrag nicht als fällig. Außerdem wird das EVU alle möglichen angeblichen Beweise für die Richtigkeit
ihrer Berechnung vorlegen. Wenn diese
Beweise Sie nicht überzeugen, lassen Sie
sich auf nichts ein. Die Drohung mit der
Stromabschaltung ist natürlich Unsinn
und widerrechtlich, weil der Stromkunde
ja im Wesentlichen zahlt, verlangt aber
ein starkes Nervenkostüm. Die Drohung
mit einem Prozess fällt auf das EVU
selbst zurück, weil das EVU nicht weiß,
welchen Betrag das Gericht festlegen
wird. Und wenn das Gericht die Klage
des EVU abweist, dann behält der Stromkunde einfach sein Geld. Genau das will
er ja erreichen.
Möglichkeit 2:
Widerspruch nach § 315 und
Einbehaltung eines Teilbetrages
Der Stromkunde teilt dem Stromverkäufer (EVU) mit, dass er den Rechnungsbetrag für überhöht hält und nennt
dafür einen nachvollziehbaren Grund,
z.B. weil die im Anschreiben zu der
Rechnung beispielhaft aufgeführten
Mehrkosten für Strom aus Erneuerbaren
Energien erheblich höher sind als die
vom Bundesminister für Umwelt veröffentlichten Werte. Deshalb halte er den
Gesamtpreis für unbillig. Den genauen
Preis könne er zwar nicht angeben, aber
den in etwa grob geschätzten überhöhten Anteil des Rechnungsbetrages werde er regelmäßig einbehalten.
Falls das EVU nicht einverstanden sei,
möge es das Gericht anrufen. Er erwarte
in Gelassenheit die Bestimmung eines
billigen Preises durch ein Gerichtsurteil
nach § 315 Bürgerliches Gesetzbuch
(BGB). Den überhöhten Anteil des
Rechnungsbetrages behält er dann auch
Beurteilung: Sehr gute Erfolgsaussichten, aber nur für Kämpfernaturen zu
empfehlen.
Bitte berichten Sie dem SFV von Ihren
Erfahrungen.
25
Verbraucherschutz
Wenn Solarmodule
Flügel bekommen...
Neues Diebstahl-Register des SFV ermöglicht Erlarvung
von Diebesgut
Von Wolf von Fabeck
Diebstähle von Solarmodulen nehmen
zu. Sogar fertige Dachanlagen werden
bei Nacht und Nebel oder während der
Urlaubszeit abmontiert. Mit den gestohlenen Solarmodulen wird vermutlich ein
schwunghafter Handel getrieben, denn
Solarmodule sind derzeit nur schwer erhältlich, insbesondere vor dem Jahresende.
Damit Bauherren feststellen können,
ob ihnen ein gestohlenes Solarmodul angeboten wird, wird der SFV unter der
Internetadresse http://www.sfv.de/lokal/
mails/pj/gestohle.htm ein Register einrichten, in dem gestohlene Solarmodule
mit Typbezeichnung, Fabrikationsnummer und Ort des Diebstahls aufgeführt werden können.
Der ahnungslose Käufer eines gestohlenen Solarmoduls ist der Dumme. Auch
wenn er zunächst nicht wusste, dass es
sich um eine gestohlene Sache handelte, muss er das Solarmodul dem rechtmäßigen Eigentümer ohne Wenn und
Aber und ohne Kostenerstattung wieder
herausgeb en. Er kann dann versuchen,
den Kaufpreis vom Verkäufer zurückzuverlangen.
Wer gestohlene Solarmodule in das
Register eintragen lassen will, kann uns
schriftlich das Fabrikat, die Typenbezeichnung und die Fabrikationsnummer(n) der gestohlenen Solarmodule
zur Aufnahme im Register mitteilen.
Eine Kopie der Strafanzeige ist beizulegen. Der SFV übernimmt keine Haftung
für die Vollständigkeit
und Richtigkeit der im Register veröffentlichten Informationen.
Wir empfehlen allen Käufern von
Solarstromanlagen, die Fabrikate, Typbezeichnungen und Fabrikationsnummern aller Solarmodule
• mit den Verkaufspapieren zu vergleichen,
• im Diebstahlregister nachzuprüfen, ob
sie evtl. als gestohlen gemeldet sind,
• sie dauerhaft schriftlich zu notieren,
um im Fall eines Diebstahls die gestohlenen Module für das Diebstahlregister
genau benennen zu können,
• und erst dann die Solarmodule in ihrer
Anlage einbauen lassen.
Anschlussverzögerung
zu Silvester kommt teuer
Nutzen Sie die Chance, den Betriebsbeginn Ihrer Anlage noch im alten Jahr
durchzusetzen.
Von Wolf von Fabeck
Wer mit dem Netzanschluss bis nach
dem 31.12. wartet, hat zwar eine längere Vergütungsdauer vor sich, aber die
Vergütungshöhe ist geringer. Insgesamt
ergibt sich leider ein Nachteil. Die Verringerung der Vergütung und die längere Vergütungsdauer gleichen sich nicht
aus; genau so wenig wie eine 5-prozentige Gehaltskürzung durch eine 5-prozentige Verlängerung der Lebensarbeitszeit ausgeglichen wird.
Im Solarbrief 4/04, S.11, sowie im
Internet unter www.sfv.de/lokal/mails/
wvf/untersch.htm wurde dies bereits ausführlich dargelegt.
26
Im Zusammenhang mit dem Jahreswechsel kommen hauptsächlich zwei
unterschiedliche Probleme vor:
Fall 1
Manche Installateure, die Probleme
mit dem Nachschub von Solarmodulen
haben, schlagen vor, die Anlage nur teilweise mit Solarmodulen zu bestücken,
sie aber mit dem endgültigen Wechselrichter anzuschließen. Die fehlenden
Solarmodule könnten dann im Frühjahr
nachgeliefert und montiert werden.
Technisch ist das möglich, bringt aber
nur für die Module einen Vorteil, die im
alten Jahr angeshlossen werden.
Nach § 3 Absatz 2 EEG zählt jedes
einzelne Solarmodul als selbständige
Anlage und hat somit seinen eigenen
Betriebsbeginn, aus dem sich seine Einspeisevergütung ergibt. Für die nachgelieferten Solarmodule kommt dann die
verringerte Vergütung des Jahres 2006
zum Tragen.
Fall 2
Wenn die Anlage fertig ist, der Netzbetreiber aber die Abnahme im alten Jahr
verweigert, z. B. weil sein Personal bereits im Urlaub ist, wird dennoch die alte,
d. h. die höhere Einspeisevergütung fällig. Der Einspeiser muss dann allerdings
Solarbrief 4/05
Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V.
Verbraucherschutz
die Anlage nachweisbar beim Netzbetreiber als betriebsfertig gemeldet haben. Dazu äußert sich das EEG wie folgt:
§ 3 (4) "Inbetriebnahme ist die erstmalige Inbetriebsetzung der Anlage nach
Herstellung ihrer technischen Betriebsbereitschaft "
Das Inbetriebnahmedatum ist für die
Bemessung der Einspeisevergütung von
Belang. Die Gesetzesbegründung besagt,
dass als Inbetriebnahmedatum (im Streitfall) das Datum der Herstellung der
Betriebsbereitschaft gilt, auch dann,
wenn kein Anschluss ans Netz erfolgt ist
und der Netzbetreiber die Mitwirkung
verweigert. Diese Regelung kann insbesondere dann von Belang sein, wenn sich
der Anschluss ans Netz über den Jahreswechsel hinauszieht.
Anlagenbetreibern ist anzuraten, dass sie im vorhersehbaren Konfliktfall als
Nachweis der Inbetriebnahme eine sorgfältige Beweissicherung vornehmen, z. B.
durch rechtzeitige schriftliche Fertigmeldung an den
Netzbetreiber und Herbeiziehung eines unabhängigen Zeugen zur Beurkundung der Betriebsbereitschaft.
Ohne
einen
Foto: Klaus-Jürgen Lehmann
Anschluss
an
das
Wechselstromnetz bleibt
dem Anlagenbetreiber nur eine protokol- durch Inaugenscheinnahme, dass alle erlierte gleichstromseitige Messung von forderlichen Wechselrichter vorschriftsKurzschlussstrom und Leerlaufspannung mäßig montiert sind.
aller Modulstrings sowie der Nachweis
Nicht unterschreiben!
Netzbetreiber - z. B. RWE - verlangen
von anschlusssuchenden Anlagenbetreibern eine Unterschrift zu folgender Erklärung:
„Die Vertragsparteien sind sich einig,
dass § 115 Abs. 1 des ab 13.07.2005
geltenden EnWG auf den vorliegenden
Vertrag anzuwenden ist.“
In § 115 „Bestehende Verträge“
EnWG findet sich folgende Bestimmung: (1) Bestehende Verträge über den
Netzanschluss an und den Netzzugang
zu den Energieversorgungsnetz en mit
einer Laufzeit bis zum Ablauf von sechs
Monaten nach Inkrafttreten dieses Gesetzes bleiben unberührt. Verträge mit einer längeren Laufzeit sind spätestens
sechs Monate nach Inkrafttreten einer zu
diesem Gesetz nach den §§ 17, 18 oder
24 erlassenen Rechtsverordnung an die
jeweils entsprechenden Vorschriften dieses Gesetzes und die jeweilige Rechts-
verordnung nach Maßgabe dieser
Rechtsverordnung anzupassen, soweit
eine Vertragspartei dies verlangt. § 20
Abs. 1 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen findet nach Maßgabe
des § 111 Anwendung.
Unsere Stellungnahme
Grundsätzlich empfehlen wir, keine
Einspeiseverträge zu unterschreiben, da
Einspeiser in den meisten Fällen durch
den Abschluss eines Einspeisevertrages
schlechter gestellt werden als durch die
gesetzlichen Regelungen. Dass der Netzbetreiber PV-Anlagen auch ohne Unterschrift anschließen und den Strom gegen Mindestvergütung abnehmen muss,
ist aus § 12, "Gemeinsame Vorschriften
für Abnahme, Übertragung und Vergütung", Absatz 1 EEG abzuleiten:
EEG § 12 Gemeinsame Vorschriften
für Abnahme, Übertragung und
Vergütung: (1) Netzbetreiber dürfen die
Erfüllung ihrer Verpflichtungen aus den
§§ 4 und 5 nicht vom Abschluss eines
Vertrages abhängig machen.
Wenn Sie nicht unterschreiben, gelten
nur die vom Gesetzgeber für Anlagenbetreiber ausdrücklich vorgesehenen
gesetzlichen Regelungen. § 115 Abs. 1
EnWG zur Anpassung von „Bestehenden Verträgen“ findet hingegen keine
Anwendung, da die Zahlung der Einspeisevergütung nach EEG nunmehr allein auf einem gesetzlichen Schuldverhältnis, nicht aber auf einem Vertrag beruht.
Falls Einspeiser aber die geforderte Erklärung unterschreiben, geben sie zu erkennen, dass sie von einem gegenseitigem Vertrag zwischen RWE und dem
Einspeiser ausgehen. Welche Nachteile
sich daraus ergeben können, ist derzeit
nicht absehbar.(WvF)
SFV bereitet Beschwerde bei der Europäischen Kommission vor
Netzbetreiber versuchen vermehrt, die im EEG festgelegten Pflichten zur Abnahme und Vergütung von regenerativen Strom zu
umgehen. Fast täglich erhalten wir Informationen zu Streitfällen. Als Beispiele seien hier zu nennen: Verweigerung des Netzanschlusses, Nötigung zu einem nachteiligen Vertrag, Verweigerung von Abschlagszahlungen, ungerechtfertigte Gebühren. Der
Fantasie der Netzbetreiber ist (fast) keine Grenze gesetzt.
Auf Anregung aus dem Europäischen Parlament bereiten wir eine Beschwerde vor, für die wir Streitfälle sammeln und dokumentieren. Sollten auch Sie ähnliche Probleme haben, so informieren Sie uns bitte über Ihren Streitfall. Bitte zuerst telefonisch.
Solarbrief 4/05
Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V.
27
Verbraucherschutz
Brandschutz - Erste Informationen
Welche Gefahren gehen von brennenden Solaranlagen aus?
Von Wolf von Fabeck
Unter der Überschrift "PV-Anlagen
brennendes Problem" erschien in der
Amberger Zeitung am 21.11.2005 ein
Artikel, Teilunterschrift: "Wenn sie in
Flammen aufgehen, ist die Feuerwehr
machtlos". Bei einer Tagung von Feuerwehr-Führungskräften wird behauptet:
"..nicht nur toxische Gase, herabfallende Teile und der allgegenwärtige elektrische Schlag" stellen eine "Bedrohung
für die Löschteams dar. Auf den Leitungen seien bis zu 1500 Volt Gleichspannung! Hochbrisant für die Einsatzkräfte". Ferner "PV-Anlagen ließen sich
nicht abschalten, sie komplett stromlos
zu bekommen, sei unmöglich".
Ähnliche "Probleme" werden jetzt öfter erwähnt, und wir arbeiten an einer
ausführlichen Stellungnahme. Zunächst
nur eine rasche Information:
Toxische Gase?
Toxische Gase können allenfalls bei
Verbrennung von Solarmodulen aus
Galliumarsenid entstehen. Doch solche
Module werden nur im Weltraum und
bei Hochleistungs-Solarautos, nicht aber
auf Gebäuden, verwendet.
Die Herstellung von GalliumarsenidSolarzellen für terrestrische Anwendungen wurde von der Nukem in Hanau etwa
Ende der 80er Jahre eingestellt mit dem
Kommentar, man habe bereits genügend
Ärger mit anderen Problemprodukten.
Die üblichen Solarmodule enthalten Siliziumzellen. Dieses Material verhält sich bei einem
Brand völlig unproblematisch.
Herabfallende
Teile?
Herabfallende Teile
lassen sich bei einem
Brand leider nicht vermeiden. Sie stellen aber für
die Feuerwehr keine Besonderheit dar.
Gefährliche
Spannung?
Brand in der Mehrzweckhalle in Seelze/Velber bei Hannover.
In Flammen aufgegangen sind 112 Solarmodule mit 22,4 kWp
Foto: Bernd Ellerbrock
Die elektrische Spannung von Solarmodulen kann am hellen
Tag nur abgestellt werden, indem man
den Solargenerator kurzschließt. Das
wäre ohne Schaden für die Anlage möglich, allerdings sind bei den meisten
Anlagen dafür keine Vorrichtungen vorgesehen.
Wenn die Anlage nicht auf diese Weise spannungsfrei gemacht werden kann,
muss die Feuerwehr sich so verhalten,
wie bei Löscharbeiten im Bereich elektrischer Anlagen.
Hinweise dafür gibt die DIN VDE
0132 mit dem Titel "Brandbekämpfung
im Bereich elektrischer Anlagen." Un-
ter Punkt 11, Mindestabstände findet sich
dort unter anderem zum Beispiel die folgende Bestimmung: "Das Einhalten von
Mindestabständen zwischen Löschmittelaustrittsöffnung und unter Spannung stehenden elektrischen Anlagenteilen ist erforderlich, um Stromeinwirkungen auf die Löschkräfte sicher zu
verhindern. Ist die anstehende Spannung
unbekannt, dürfen folgende Werte nicht
unterschritten werden.
- Sprühstrahl 5 m
- Vollstrahl 10 m"
Bitte informieren Sie uns über weitere Diskussionen zu diesem Thema.
Brandschutz, Steuerfragen, Notstromversorgung,
Ertragskontrolle, Vertragsfragen, Netzanschlussfragen ...
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28
Solarbrief 4/05
Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V.
Verbraucherschutz
EUROSOLAR-Sonderpreis
Würdigung für langjähriges persönliches Engagement bei der Einführung und
Nutzung Erneuerbarer Energien in Deutschland für Wolf von Fabeck
Herr Wolf von Fabeck wird für sein
langjähriges Engagement im Bereich der
Erneuerbaren Energien ausgezeichnet.
Er ist der Begründer des SolarenergieFördervereins Deutschland e.V. (SFV),
der bereits seit 1986 aktiv ist und offensive und wegweisende Beiträge zur Verbreitung und Nutzung Erneuerbarer Energien geleistet hat und dafür mit dem
ESP´94 ausgezeichnet wurde. Dass dieser Auszeichnung nun die persönliche
Auszeichnung folgt, hat entscheidend
mit der. uneigennützigen und kompromisslosen Hartnäckigkeit von Herrn
von Fabeck als Ideengeber der kostendeckenden Vergütung zu tun. Diese
Kompromisslosigkeit zeigte Herr von
Fabeck auch in der Diskussion um die
Entwicklung der Solarwirtschaft. Auch
vor Befürwortern macht seine Kritik
nicht halt, wenn er sie auf Abwegen vermutet. So warnte er davor, den Schwerpunkt der PV-Einführung auf immer größere Freiflächenanlagen zu legen. Er
wurde zum Anwalt der Hausanlage,
Grundlage der Dezentralität. Ebenso
mahnt er vor Fehlentwicklungen in Zusammenhang mit dem Emissionshandel.
Seine Kritik ist mutig, schonungslos und
konstruktiv.
Auszüge aus der Dankesrede
von Wolf von Fabeck
(...) Gerne nutze ich die Gelegenheit,
aus meinem derzeitigen Engagement zu
berichten:
Die Wirtschaft braucht andere Rahmenbedingungen, damit die Arbeitslosigkeit zurückgeht. Wir brauchen mehr
Menschen, die für die Zukunft arbeiten.
Mehr Lehrer, mehr Ausbilder, mehr For-
scher, mehr Menschen im Bereich
der werterhaltenden Produktion, für
Qualitätskontrollen, in sozialen Berufen und im kulturellen Bereich.
Es gibt genügend intelligente Menschen im Land, aber es fehlt die
Ausbildung, und vor allem, es fehlen die Stellen. Personalintensive
Unternehmen werfen keine Gewinne mehr ab.
Die Personalkosten sind zu hoch
und sie werden durch Lohnsteuer
und Sozialabgaben sogar noch verdoppelt. Der Staat selber macht
durch seine Steuer- und Sozialgesetze den Produktionsfaktor Arbeit unattraktiv. Gesucht ist deshalb
eine leistungsfähige Steuerquelle,
die diese Steuer- und Abgabenlast
übernehmen kann. Die Mehrwertsteuer ist es sicher nicht!
Preisverleihung am 29.10.05 in Mainz,
v.l.n.r. Margid Conrad, Prof. Dr. Hellmut
Glubrecht, Wolf von Fabeck, Hermann Scheer
Foto: EUROSOLAR
Hermann Scheer macht schon seit
Jahrzehnten darauf aufmerksam, welch
überragende Bedeutung die Energie in
einer Volkswirtschaft hat. Aber kann sie
auch die gewaltige Steuerlast tragen, die
wir ihr aufbürden wollen?
Inzwischen bestätigen empirische
ökonometrische Untersuchungen durch
Prof. Kümmel von der Uni Würzburg,
dass die Produktionsmächtigkeit (Produktionselastizität) der Energie die des
Produktionsfaktors Arbeit bei weitem,
sogar um ein Vielfaches, übertrifft. Und
die Faktorkosten der Energie sind erheblich niedriger. Hier sind also erhebliche
Reserven für eine höhere Besteuerung.
Die Arbeitsgruppe um Professor Kümmel liefert außerdem eine wissenschaftliche Erklärung für das Entstehen der Arbeitslosigkeit. Es besteht ein ständiger
Anreiz zur Substitution von teurer,
produktionsschwacher Arbeit durch billige und produktionsmächtige Energie.
Diese Erkenntnis wird von der konventionellen Volkswirtschaftslehre und der
Politik allerdings bisher schlicht ignoriert.
Wir müssen endlich die Konsequenzen ziehen! Als Geschäftsführer des Solarenergie-Fördervereins Deutschland
unterstütze ich engagiert den Vorschlag,
den Produktionsfaktor Arbeit finanziell
zu entlasten, die Energie hingegen steuerlich zu belasten, um so die Ursache der
Arbeitslosigkeit direkt zu beseitigen.
Wir brauchen dazu kein Wirtschaftswachstum; wir brauchen nicht immer
mehr und immer kurzlebigere Massenprodukte! Wir brauchen eine Verlagerung der Abgabenlast von der Arbeit auf
die Energie!“
Noch mehr Informationen zum SFV-Energisteuer-Vorschlag?
Fordern Sie unser kostenloses Solarbrief-Sonderheft "Arbeitsplätze und soziale Gerechtigkeit- aber wie?"
mit ausführliche Informationen zu unserem Vorschlag.
Sonderheft „Arbeitsplätze und Soziale Gerechtigkeit“ (kostenlos, auch mehrere Exemplare möglich ........)
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Adresse: ..............................................................................................................................................................
Solarbrief 4/05
Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V.
29
Internes
Der SFV - unabhängig, kompetent,
zukunftsorientiert
Ein Bericht zur Mitgliederversammlung Von Bertold Ruge
Bundes- und Kommunalpolitik, Erneuerbare Energien und das Verbot neuer fossiler Kraftwerke, Wahlen und - natürlich - die Energiesteuer prägten die
Mitgliederversammlung des SFV am
12.11.2005 in Aachen.
Bereits nach Begrüßung und Vorstellung der Tagesordnung wies der alte und
neue erste Vorsitzende, Prof. Dr. Müller-Hellmann, auf die immerhin 5 Seiten starken Ausführungen zu den Erneuerbaren Energien in dem 191 Seiten
umfassenden Koalitionspapier in Berlin
hin.
Darin sei zwar ein Bekenntnis zum
EEG enthalten, jedoch sei die Umstellung der Energieversorgung durch Erhöhung der Anteils der „Erneuerbaren“ auf
spätere Zeiten verschoben. Das sei nicht
ausreichend. Dennoch habe es schlimmer kommen können!
Rechenschaftsbericht mit
Besonderheiten
Der Rechenschaftsbericht, erstattet
durch den zweiten Vorsitzenden, Georg
Engelhard, und den Geschäftsführer,
Wolf von Fabeck, zeigte die Vielfalt der
Aktivitäten zur Verfolgung des Vereinszweckes auf: Die Dokumentation des erfreulichen „Booms“ der Solarstromerzeugung, der Verbraucherschutz, die
Bezeichnung der Strategien der Stromwirtschaft zur Verhinderung der Erneuerbaren, der Einsatz für Arbeitsplätze
durch Einführung einer Energiesteuer
waren Schwerpunkte der Arbeit des vergangenen Jahres und werden es sicher
auch in der Zukunft sein.
Der Geschäftsführer hob eine besondere lokalpolitische Initiative des Vereins
hervor: Unter Anwendung neu geschaffener Vorschriften des Baugesetzbuches
habe der SFV bei der Stadt Aachen einen Bürgerantrag gestellt, der zum Ziele
habe, dass man bei künftigen Bebauungsplänen für neu geschaffene Baugebiete die Nutzung Erneuerbarer Energien vorschreiben sollte. Von einer ersten
Erörterung mit Vertretern des Rates der
Stadt Aachen berichteten die SFV-Vertreter nicht begeistert; den kurze Zeit später erschienenen Presseberichten zufolge war der Antrag dann aber doch vom
Beschwerdeausschuss an den zuständigen Umwelt- und Planungsausschuss
weitergeleitet worden. Die Entscheidung
des Rates steht noch aus.
Besondere Erwähnung durch den Geschäftsführer fand die Mitteilung eines
großen süddeutschen Energieversorgers,
der EnBW, der sich für den Ausbau der
Erneuerbaren Energien und der Förderung durch das EEG aussprach. Zeigt
sich hier ein grundsätzlicher Wandel der
Geschäftspolitik? Wie werden die anderen großen Energieversorger reagieren?
Wahlen und neue (alte) Ziele
Die nach Entlastung des Vorstandes
fälligen Neuwahlen brachten keine Änderungen; der bisherige Vorstand und die
Vertreter wurden bestätigt (siehe nebenstehende Seite), die Kassenprüfer neu gewählt.
Zukünftig wird der SFV entsprechend
seinem Vereinszweck für die Einführung
der Erneuerbaren Energien, insbesondere für die Solarenergie, und damit grundsätzlich gegen den Neubau fossiler Kraftwerke Position beziehen. Den
Emissionshandel lehnt der SFV weiterhin strikt ab. Auf keinen Fall dürften
Mitgliederversammlung 2006
Termin: 11.11.2006, 19.00 Uhr
30
zukünftig noch einmal Emissionsrechte
zum „Nulltarif“ vergeben werden.
Besondere politische Bedeutung hat
für den SFV in der Zukunft die Forderung nach höheren Energiesteuern zur
Finanzierung der Lohnnebenkosten bei
gleichzeitiger Gewährung eines monatlichen Energiegelds zum Ausgleich des
persönlichen Energiepreisanstiegs. Das
derzeitige allein auf Wachstum aufgebaute Wirtschaftssystem überzeugt
schon deshalb nicht mehr, weil ewiges
Wachstum nicht möglich ist. Die für die
Wirtschaft weit wirkungsmächtigere
Energie muss daher stärker besteuert
werden als die aufgrund geänderter Rahmenbedingungen weniger wirkungsmächtigere Arbeit. Daran besteht offenbar großes Interesse. Das entsprechende
Solarbrief-Sonderheft wird bereits in 5.
Auflage herausgebracht. In vielen Vorträgen wird von Vereinsmitgliedern
(Prof. Dr. Kümmel, Dr. Grahl, Herr von
Fabeck) ein Umsteuern in Richtung auf
Energiesteuern propagiert. Dieses Ziel
kann infolge entgegenstehender wirtschaftlicher Interessen nur langfristig
verfolgt werden. Bestätigende Gutachten von volkswirtschaftlichen Instituten
könnten zur Verbreitung dieser Gedanken beitragen.
Anschauliche Berichte aus den Infostellen des SFV ergänzten den Überblick
über die Vereinsarbeit. Herr Bähr (Geschäftsführer der Infostelle Nordbayern)
zeigte die Probleme vor Ort auf und berichtete von mancher erfolgreicher Tätigkeit in Einzelfällen. Die Beratung von
„Solarfreunden“ stehe im Vordergrund.
Man habe in vielen Fällen durch Informationen helfen können.
Auf Zustimmung trafen die abschließenden Feststellungen des Vorstandes,
dass der SFV auch weiterhin unabhängig seine Positionen vertreten wird.
Ort: Bischöfliche Akademie Aachen
Solarbrief 4/05
Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V.
Internes
SFV-Vorstand und Stellvertreter
Der Vorstand:
Erster Vorsitzender: Prof. Dr.-Ing. Müller-Hellmann
Adolf Müller-Hellmann, geboren 1944, studierte Allgemeine Elektrotechnik und Elektrische Energietechnik und
promovierte 1979 an der RWTH Aachen. Seit 1998 ist er Hauptgeschäftsführer des Verbandes Deutscher
Verkehrsunternehmen. 1987 bzw. 1993 erhielt er von der RWTH Lehraufträge für die Lehrgebiete „Elektrische
Nahverkehrssysteme“ und „Elektrische Bahnantriebe“. 1995 folgte die Ernennung zum Honorarprofessor.
Herr Müller-Hellmann ist Gründungsmitglied des SFV und seit 1989 ehrenamtlich erster Vorsitzender des SFV.
Zweiter Vorsitzender: Dipl.-Ing. Georg Engelhard
Georg Engelhard, geboren 1967, ist Diplom-Ingenieur der Fachrichtung Elektrotechnik. Er ist derzeit als
Berater und Softwareentwickler im Fachbereich Logistik tätig. Herr Engelhard ist seit 1990 Mitglied des SFV
und machte sich in den ersten Jahren durch sein Engagement bei der Planung und Errichtung einer der ersten
Solaranlagen in Aachen an der RWTH Aachen verdient. Er ist seit 2000 ehrenamtlich zweiter Vorsitzender des
SFV.
Geschäftsführer: Dipl.-Ing. Wolf von Fabeck
Wolf von Fabeck, geboren 1935, arbeitete nach Abschluss seines Maschinenbau-Studiums in der Bundeswehr
in verschiedenen Positionen. Zuletzt war er als Dozent an der Fachhochschule des Heeres in Darmstadt,
Lehrfächer Technische Mechanik und Kreiseltechnik, tätig und wurde zum Dekan und Leiter des Fachbereiches
Mathematik, Naturwissenschaften und Datenverarbeitung berufen. Nach seiner Pensionierung im Jahr 1986
initierte er die Gründung des Solarenergie-Fördervereins e.V. und ist seitdem Geschäftsführer. Sein unermüdliches ganztägiges Engagement für die Einführung Erneuerbarer Energien war stets ehrenamtlich.
Die Stellvertreter:
Bei Ausfall eines oder mehrerer Vorstandsmitglieder werden die verbleibenden Vorstandsmitglieder und
die vier Stellvertreter unter sich eine Aufgabenteilung vornehmen, die für den Zeitraum bis zur nächsten
Mitgliederversammlung einen funktionsfähigen neuen dreiköpfigen Vorstand ergibt.
Dr. rer. nat. Jürgen Grahl, geboren 1972,
studierte Mathematik und ist derzeit am
Mathematischen Institut der Universität
Würzburg tätig. Seit Januar 1999 ist er
Ansprechpartner der SFV-Infostelle in
Würzburg und seit 2002 stellvertretender
Vorsitzender des SFV. Besonders verdient
macht sich Herr Grahl durch sein Engagement für Energiesteuern.
Dr.-Ing. Bernd Brinkmeier, geboren
1948, arbeitet als Elektrotechniker und ist
Mitinhaber einer Elektronikfirma in Aachen,
die Messgeräte für schnellste Datenübertragungstechnik entwickelt. Herr Brinkmeier ist seit 1987 Mitglied des SFV. Er unterstützt den SFV seit vielen Jahren ehrenamtlich in Personalangelegenheiten,Steuerund Sozialversicherungsfragen.
Bertold Ruge, geboren 1949, ist Jurist
und derzeit als Verwaltungsbeamter des
Landes NRW tätig. Er ist seit 2000 Mitglied
des SFV. Herr Ruge ist aktiver, ehrenamtlicher Mitarbeiter und unterstützt den SFV
bei juristischen Fragestellungen. Er war
maßgeblich an der Erarbeitung des SFVVorschlages zum Europäischen Solarpakt
beteiligt.
Dipl.-Ing. Frank Busse, geboren 1965,
studierte Maschinenbau. Er arbeitet heute
als Patentanwalt in Aachen. Herr Busse ist
seit 1998 Mitglied des SFV. Er unterstützt
den SFV in organisatorischen und in juristischen Fragen sowie in Fragen des elektronischen Datenaustausches.
Solarbrief 4/05
Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V.
31
Internes / Lernspiel für Kinder
Diskutieren erwünscht!
Infos zur neuen Mailingliste von Stefan Lieser
Für alle, die über die Themen des
SFV diskutieren möchten, hat der SFV
eine Mailingliste eingerichtet. Sie steht
auch Nichtmitgliedern offen. Informationen zum Abonnieren der Liste finden sie nebenstehend sowie auf den
Webseiten des SFV. Wir haben dort
Links hinterlegt so dass sie die unten
angegebenen URL's nicht abtippen
müssen.
Bei Fragen zur Funktion und Organisation der Liste wenden Sie sich bitte an mich unter [email protected]
Auf eine spannende
Diskussion!
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Mission Blue Planet - Das Klima-Quiz
Rezension von Petra Hörstmann-Jungemann
Warum ist der Himmel blau? Wann war
die jüngste Eiszeit? Warum kann es im
Sommer hageln? Was ist ein Blitz? Welche Bedeutung hat der Golfstrom? Fragen über Fragen und viele interessante Informationen rund um das Thema Wind,
Wetter, Energie und Klimawandel bietet
das Klima-Quiz. Auf sehr spielerische,
aber auch spannende und informative Art
und Weise hilft es Kinder (ab ca. 5 Jahre)
aber auch Erwachsene die Zusammenhänge von Wetter, Klima, Umweltverschmutzung und Energieerzeugung besser zu
verstehen.
Dieses Computerspiel kann man alleine oder zu mehreren, z.B. mit der ganzen
Familie spielen. So können je nach Altersstufe leichte, mittlere oder schwere
Fragestellungen aus verschiedenen
Themengebieten für den einzelnen Spieler ausgewählt werden. Verschiedene
Fragetypen, wie z. B. Bildaufdecken,
Wortpuzzle oder Meinungsfrage sorgen
dafür, dass keine Langeweile aufkommt.
Das besondere an diesem Quiz ist, dass
neben der Beantwortung der Frage auch
32
Informationen zu
dem gefragten
Thema in Form
von Fotos, Grafiken und Videoclips gegeben
werden. Zum Teil
helfen sie bei der
Beantwortung der
Frage. Die Texte sind altersgemäß aufbereitet und werden für die jüngsten Mitspieler sogar gesprochen. Gespielt wird
auf Zeit und nach Punkte. In dem Quiz
sind mehr als 500 Fragen enthalten. Es
ist so aufgebaut, dass es auch durch neue
Quizfragen erweitert werden kann, die
demnächst von der Internetseite
www.mission-blue-planet.de heruntergeladen werden können.
In dem Computerspiel ist mit den verschiedenen Schwierigkeitsstufen und den
unterschiedlichen Fragetypen das Thema
Erdklima und Klimawandel sehr ansprechend und altersgerecht aufgebaut worden. Leider gibt es noch keine Erweiterungen auf der Internetseite zum
Downloads. Zur Zeit ist der kostenlose
CD: Mission BluePlanet - Das Klimaquiz
Bestellung: (derzeit Warteliste!)
co2online gGmbH Gemeinnützige Beratungsgesellschaft, Hochkirchstr. 9, D-0829
Berlin, Tel.: +49 (30) 767685-0, Fax: +49 (30)
7676 85-11, E-Mail: [email protected], www.mission-blue-planet.de
Versand nicht mehr möglich, sondern nur
gegen Erstattung der Druckkosten. Das
Quiz soll aber neu aufgelegt werden. Im
Internet unter www.mission-blueplanet.de besteht die Möglichkeit sich unverbindlich für die Neuauflage registrieren zu lassen.
Das Klima-Quiz ist für Schulen und
Bildungseinrichtungen auch in einer
Quiz-Master-Version erhältlich, mit der
das Quiz für den Gebrauch in der Klasse
weiterentwickelt werden kann. Leider ist
diese Version fast vergriffen und eine
Neuauflage steht noch offen.
Übrigens: Die Redaktion der Software
freut sich über Anregungen und Kritiken
zur Verbesserung des Quiz.
Solarbrief 4/05
Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V.
Nachrichten
Erneuerbare Energien - Nennung von Ausbauzielen sinnvoll?
Deutschland wird das von der EU vorgegebene Ziel erreichen: bis 2010 einen
Anteil von mindestens 12,5 % an der
Stromerzeugung aus Erneuerbaren Energien (EE). Dies ist der Tenor des Berichts
der "alten" Bundesregierung, der im Oktober 2005 bei der EU-Kommission gemäß der Richtlinie 2001/77/EG der Europäischen Union (EU) zur Förderung
der Stromerzeugung aus Erneuerbaren
Energiequellen im Elektrizitätsbinnenmarkt vorgelegt wurde. Die EURichtlinie legt für jeden Mitgliedstaat
nationale Ziele fest.
Zu Recht wird in dem genannten Bericht auf das wichtigste deutsche Instrument zur Förderung der EE und zur Erreichung des o. g. Ausbauziels, das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG), verwiesen. Nur durch die langfristig garantierte Vergütung konnte ein so deutlicher
Anstieg der Stromerzeugung aus EE erreicht werden. Dadurch stieg deren Anteil an der Stromerzeugung von 4,7 % im
Jahre 1998 auf 9,3 % im Jahr 2004 an.
Dies ist vor allem auf den Ausbau der
Windenergie zurückzuführen. Die im
EEG verankerte differenzierte Vergütung
der einzelnen Sparten führte aber auch
dazu, dass der Anteil an der Stromerzeugung aus Biomasse, Solarstrahlung
und auch der Geothermie steigt (Zahlenmaterial siehe Solarbrief 3/05 S. 23).
Die Europäische Kommission wird
auf der Grundlage der nationalen Berichte eine Bewertung der einzelstaatlichen
Rechtsinstrumente und anderer Instrumente in Bezug auf die Entwicklung des
Beitrags Erneuerbarer Energiequellen in
der EU entsprechend der genannten
Richtlinie vornehmen.
Entsprechend den Ergebnissen der
Bewertung soll die Kommission gegebenenfalls einen Vorschlag für einen
Gemeinschaftrahmen zur Förderung von
Strom aus Erneuerbaren Energien vor-
legen. Ein erster Kommissionsbericht
dazu soll noch vor Ende des Jahres
2005 vorliegen.
Im derzeit vorliegenden Bericht der
Bundesregierung wird jedoch der Eindruck erweckt, dass das o. g. Ziel ausreichen würde. Darf Deutschland sich
jetzt aber wirklich zurücklehnen, auf
die Schulter klopfen und sagen: Das
haben wir doch toll hinbekommen!?
Die Häufigkeit und Intensität der
Hurrikane, aber auch die rasant ansteigenden Energiepreise in diesem Jahr
lassen keine Atempause zum zurücklehnen zu (s. a. Solarbrief 3/05). Die
Notwendigkeit einer schnellen Umstellung auf EE darf nicht durch politische Trägheit behindert werden.
(PHJ)
Information
"Bericht der Bundesrepublik Deutschland 2005 zur Erreichung des Richtziels für den Verbrauch von Strom aus Erneuerbaren Energiequellen im Jahr 2010" unter http://
www.erneuerbare-energien.de/files/erneuerbare_energien/
downloads/application/pdf/ee_eubericht.pdf
China: Signale für weltweiten Ausbau der Erneuerbaren Energien
Mehr als 100 Staaten haben an der
Internationalen Konferenz für erneuerbare Energien (Beijing International
Renewable Energy Conference
(BIREC)) in Peking teilgenommen.
Nach einer Pressemitteilung des BMU
hat die Konferenz eindeutige Signale für
den weltweiten Ausbau der erneuerbaren
Energien und somit auch für den globalen Klimaschutz gesetzt. So werde durch
die Schlusserklärung auf die Verpflichtung der internationalen Gemeinschaft zu
verstärkten Anstrengungen bei dem Ausbau Erneuerbarer Energien verwiesen.
Leider handelt es sich hier nur um Absichten ohne verbindliche Ziele, die den
Klimaschutz kaum voranbringen werden.
Nach der Pressemitteilung wird China beim weltweiten Ausbau der Erneuerbaren Energien eine „besondere Vorreiterrolle“ zukommen. Dies zeige sich
Solarbrief 4/05
Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V.
neben der Ausrichtung der Konferenz
vor allem an den dort veröffentlichten,
sehr ambitionierten Ausbauzielen für
Erneuerbare Energien in China.
So will China bis zum Jahre 2020 seinen Anteil Erneuerbarer Energien am
Gesamtenergieverbrauch auf 15 Prozent
steigern, dies wären 30 Prozent seines
Stromverbrauchs. Den höchsten Anteil
soll dabei Energie aus Windkraft liefern,
neben Energie aus Wasserkraft, Bio- und
Sonnenenergie.
Durch die genannten Ausbauziele dokumentiert die aufstrebende Industrienation China, dass die nachhaltige Gewinnung von Energie aus Erneuerbaren
Quellen wichtige Techniken zur Entwicklung des Landes, aber auch für andere Entwicklungs- und Schwellenländer darstellen und so auch einen bedeutenden Beitrag für den Klimaschutz
liefern.
Ein bereits im Februar 2005 (siehe
Solarbrief 1/05) verabschiedetes Einspeisegesetz, ähnlich dem Erneuerbare-Energien-Gesetz, wird zum Erreichen der Ausbauziele beitragen; es
wird zum 1.1.2006 in Kraft treten.
Wenn sich schon China solche Ziele setzt, um wieviel stärker müssten
sich dann Industrienationen anstrengen. (PHJ)
Quelle und weitere Informationen:
• Pressemitteilung-Nr. 294/05 vom 8.11.2005:
http://www.erneuerbare-energien.de/inhalt/36192/4597/
• Informationen zur Konferenz: http://www.birec2005.cn
33
Nachrichten
PV-Freiflächenanlagen werden untersucht
Im Mittelpunkt eines 2-jährigen BMUVorhabens stehen derzeit Untersuchungen zur Umsetzung der Freiflächenregelung unter naturschutzfachlichen
Kriterien, genehmigungsrechtlichen und
Wirtschaftlichkeits-Aspekten. Grundlage
dafür sind die "Kriterien für naturverträgliche Photovoltaik-Freiflächenanlagen" der Vereinbarung zwischen
Unternehmensvereinigung Solarwirtschaft (UVS) und Naturschutzbund
NABU. Im Solarbrief 3/05, Seite 9 haben wir diese Kriterien bereits grundsätzlich in Frage gestellt: PhotovoltaikFreiflächenanlagen bleiben eine Fehlent-
wicklung, da sie derzeit weder zur CO2Einsparung noch zur Entwicklung der
Solartechnik notwendig sind.
Ergebnis des neuerlichen BMU-Vorhabens soll nun die "Erarbeitung einer
Dialoggrundlage zwischen den verschiedenen Akteuren" auf der Ebene der
Kommunen, der Umwelt- und Naturschutzvereine sein. Ob dieses
Monitoring den unnötigen Landschaftsverbrauch stoppen kann, ist anzuzweifeln. Hier lassen sich nur noch die Sym-
Freiflächenanlage Hemau - hier war vorher
Wald!
Foto: Martin Creuzburg
ptome kurieren, da der Grundsatzfehler bereits mit der Aufnahme von
Freiflächenanlagen im EEG gemacht
wurde. (SJ)
Quelle
Bunderministerium für Umwelt und Reaktorsicherheit
(BMU), http://www.erneuerbare-energien.de/inhalt/35964/
4613/
Pellwormer Freiflächenanlage wird recycelt
Nach einer Pressemitteilung der
SolarWorld AG wird Deutschlands älteste Freiflächen-Photovoltaikanlage,
1983 auf der Nordseeinsel Pellworm erbaut und 1993 auf 600 kW erweitert, modernisiert. Die Module des über 20 Jahre alten, 300 kW großen Teils der Anlage werden recycelt: In einem von der
Deutsche Solar AG (Tochterunternehmen der SolarWorld AG) entwickeltem
Recyclingprozess
werden
die
Solarsiliziumwafer zurückgewonnen.
Die in dem Recyclingverfahren
zurückgewonnenen Wafer würden sich
nicht von neu produzierten unterschei-
den und stünden für die Produktion von
neuen Modulen zur Verfügung. Zum
Ende des Recyclingprozesses sollen neben den Wafern auch die einzelnen
Verbundstoffe sortenrein wieder vorliegen. Von dem Unternehmen wird zur Zeit
auch ein freiwilliges Sammel- und
Rücknahmesystem für gebrauchte und
defekte Solarmodule und- zellen mit aufgebaut.
Die umweltverträgliche Stromerzeugung aus Photovoltaik wird durch das
Recycling der Module auch von Nachhaltigkeit geprägt: Neben einer
ressourcenschonenden und energiesparenden Produktion steht nach dem
langen Einsatz eine Wiederverwertung
im Sinne des Kreislaufwirtschaftgedankens, nicht die Entsorgung.
Weitere Informationen:
http://www.solarworld.de/presse-corporatenews/index.php ;
Pressemitteilung "DGAP-News: SolarWorld AG recycelt ältestes Solarkraftwerk Deutschlands" vom 16.09.2005.
ver.di lenkt ein
Der Vorsitzende der Gewerkschaft
ver.di, Frank Bsirske, und der Präsident
von EUROSOLAR, Hermann Scheer,
trafen sich Anfang November zu einem
Gedankenaustausch der ganz besonderen Art. Vom Ausgang dieses Gespräches
nämlich wollte Hermann Scheer es abhängig machen, ob seine ver.di-Mitgliedschaft Bestand habe. Unmittelbarer
Anlass war die überraschende Unterschrift der Gewerkschaft ver.di unter eine
Erklärung, die die Leitplanken der künftigen Energiepolitik darstellen sollte (Titel: „Mehr Realismus in der Energie- und
Umweltpolitik erforderlich“ ). Diese Erklärung wurde ebenfalls von den vier
34
großen Stromkonzerne EnBW, E.ON,
RWE und Vattenfall sowie von der IG
Bergbau, Chemie und Erdgas unterzeichnet. Die Unterschrift von ver.di erwecke
den Eindruck, dass die Gewerkschaft
nicht weiter am Atomausstieg festhalte
und sich anstelle der international vorbildhaften deutschen Förderung der Erneuerbaren Energien für ein verwässertes europaweites Fördersystem einsetzen
wolle. Frank Bsirske bekräftigte im Ge-
spräch mit Scheer, dass ver.di am
Atomausstieg festhalten werde und
sich auch weiter gegen die Verlängerung der gesetzlich vereinbarten Restlaufzeiten stelle. Ebenso stelle sich die
Gewerkschaft voll inhaltlich hinter das
Erneuerbare-Energien-Gesetz. Unter
diesen Umständen werde Hermann
Scheer weiter ver.di-Mitglied bleiben,
bekräftigte er beim Ausgang des Gesprächs. (SJ)
Quelle und weitere Informationen
• EUROSOLAR-Pressemitteilung vom 08.11.2005
• Erklärung: „Mehr Realismus in der Energie- und
Umweltpoltik erforderlich“ unter http://www.igbce.de
Solarbrief 4/05
Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V.
Leserbriefe
Verantwortung der
Umweltverbände Solarbrief 3/05
E-Mail von Johannes Brenner
Jetzt muss ich mal kurz etwas loswerden: Ich habe mich sehr über die Sätze
zu den mutlosen Umweltverbänden gefreut - ich vermute es handelt sich bei
dem angesprochenen Verband um den
BUND. Schon seit einiger Zeit ärgere ich
mich, dass die Forderungen des SFV
nicht breiter diskutiert und mitgetragen
werden. Ich freue mich immer wieder,
dass es wenigstens den SFV gibt, auch
wenn der vielleicht nicht die nötige Breitenwirkung erzielt - wenigstens noch
nicht. Ich will Euch trotzdem ermutigen,
im Sinne Eurer Ausführungen weiterzumachen, umso mehr als die Ideen und
Überlegungen des SFV ja ganz und gar
nicht weltfremd oder gesponnen daher
kommen.
Immer Gleiches mit
Gleichem vergleichen ...
E-Mail-Reaktion auf unsere Rundmail
zum Artikel Seite 22
von Hans-Peter Gäßler
Was mir schon immer ein Dorn im
Auge ist, dass man hier immer nur die
Abrechnungen gegenüberstellt.
Was würde denn ein konventionelles
Kraftwerk kosten pro kW erzeugte Leistung (plus Wartung - Instandhaltung
etc.), wenn man eines neu bauen würde? Und welche Subventionen werden
dafür ausgegeben?????
Das alles entfällt für den Kraftwerksbetreiber, wenn er dezentral über die PVAnlagen den Strom in sein Netz ein-
speist. Das heißt, er verlagert
dieses betriebswirtschaftliche
Risiko nach außen und
kommt damit in den Genuss,
das Produkt (Strom) nur noch
verteilen zu können.
Werbeanzeigen
Allerdings bekommt er
keine Steuermittel und EU
Subventionen für einen
Kraftwerksbau.
Also immer gleiches mit
gleichem vergleichen - würde ich der FAZ entgegensetzen.
Energiepolitik
Leserbrief von Alfred Winter
(...) Was Hänse nicht lernen, haben sie bis heute noch
nicht begriffen. Wenn Politiker von Großkonzernen mit
"freundlichen" Parteispenden
versehen werden, ist jeder
Fortschritt unmöglich.
Atom, Kohle, Öl und Gas
muss so teuer werden, bis jeder begreift, dass nur noch
Wasser, Sonne, Wind und
Biogas eingesetzt werden
können.
Leider gibt es ehemalige
Physikstudenten, die z. B.
Atomenergie noch nicht mit
allen Risiken beurteilen können. Uran-Kernspaltungsusw. -Verstrahlung, AbfallLagerung und bei Einsatz als
Energiequelle die Gewissheit, dass damit der erste
Schritt zur Atombombe getan
ist.
Leserbriefe geben nicht zwangsläufig die
Meinung der Redaktion wieder.
Aktuelle
Solarbriefe können im Internet unter www.sfv.de als pdf-Datei
kostenlos heruntergeladen werden.
Wenn Sie künftig den Solarbrief nur noch als Computerversion lesen möchten, so können Sie
den Papierbrief abbestellen.
Senden Sie uns hierzu eine E-Mail an [email protected]
Solarbrief 4/05
Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V.
35
G 8058
Postvertriebsstück
Entgelt bezahlt
Absender:
Solarenergie-Förderverein
Deutschland e.V. (SFV)
Bundesgeschäftsstelle
Herzogstraße 6
52070 Aachen
Die Energiewende ist möglich!
Die y-Achse zeigt den Primärenergieverbrauch Europas bezogen auf den Verbrauch im Jahr 1990 (100 %).
Bis zum Jahr 2050 kann der Primärenergieverbrauch durch Energieeinsparung (Energiesteuer),
Wirkungsgradverbesserung und Solararchitektur auf ca 45 % verringert werden. Das Erneuerbare-EnergienGesetz (EEG) kann bewirken, dass der Anteil der Erneuerbaren Energien bis auf 100 Prozent des
verbleibenden Rests zunehmen.
In Anlehnung an die Studie „Long-Term integration of renewable energies into the European energy
system.“ Beteiligte Forschungsinstitute: Centre de Recherche sur l’environment et le Dévelopement (CIRED)
Paris, Faculte Polytechnique de Mons (Belgien), Roskilde University (Dänemark), Wuppertal-Institut,
Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (Mannheim).
Erschienen im: Physica Verlag Heidelberg, 1997, 268 Seiten, ca. 45 Euro, ISDN 3-7908-1104-1.
36
Solarbrief 4/05
Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V.

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