Saladin und die Kreuzfahrer

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Saladin und die Kreuzfahrer
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DIE REPORTAGE
KONFRONTATION DER KULTUREN?
Saladin und die Kreuzfahrer
Im späten 11. Jh. landen die ersten Kreuzfahrer an
der levantinischen Küste. Sie gründen Grafschaften, Fürstentümer und Königreiche. In der neuen
Nachbarschaft, am Hof, im Handel und im Kampf
begegnen sich nun Westeuropäer und Orientalen.
Zwei Hauptakteure der Begegnung sind Sultan
Saladin und Richard Löwenherz. Waren die arabisch-islamische und die abendländische Kultur
„Wir waren uns schnell einig, dass
die Ausstellung nicht kreuzfahrerlastig sein durfte, die Kreuzzüge
sollten nicht als heldenhaft im Vordergrund
stehen“, erzählt der Tübinger Professor für
Orientalistik Heinz Gaube. „Orient und
Abendland sollten vielmehr ausgewogen vorkommen und es war uns wichtig, dass die
Ausstellung auf neutralem Boden stattfindet
– nicht im kirchlichen Raum etwa.“
In den Wirren nach dem 11. September
2001 hatte Alfried Wieczoreck, Direktor der
Reiss-Engelhorn-Museen in Mannheim, begonnen, seine Idee einer Kreuzfahrerausstellung zu realisieren. Er fand Partner – Mamoun Fansa, gebürtiger Syrer und Direktor
des Landesmuseums für Natur und Mensch
in Oldenburg, und Harald Meller, Direktor
des Landesmuseums für Vorgeschichte in
Halle. Für das wissenschaftliche Beratergremium gewann man zwei Heidelberger Pro-
aber tatsächlich so unterschiedlich? Findet eine
„Konfrontation der Kulturen“ statt?
Die Ausstellung „Saladin und die Kreuzfahrer“, die
in diesem Jahr in Halle, Oldenburg und Mannheim
zu sehen ist, hat sich ein spannendes und heikles
Thema zugleich gestellt.
Wir haben Professor Dr. Heinz Gaube, einen der
wissenschaftlichen Koordinatoren, dazu befragt.
fessoren für die Geschichte des Mittelalters,
Bernd Schneidmüller und Stefan Weinfurter,
sowie Heinz Gaube. Als Orientalist trug er
dazu bei, die eurozentristische Sicht der
Kreuzfahrerzeit aufzulösen: „Orientalisten
beherrschen neben Latein und Griechisch
auch Hebräisch, Arabisch, Syrisch und Persisch – das verändert die Sicht auf diese Epoche.“
Welt und Umwelt der Bibel: Auf wen stießen die Kreuzfahrer im Orient?
Prof. Dr. Heinz Gaube: Die Historiker gehen
davon aus, dass die Ritter auf eine hoch entwickelte islamische Kultur gestoßen sind –
die sich allerdings aus der Sicht des Orients
seit dem faktischen Ende des Kalifenreichs
um das Jahr 1000 in einem ungeheuren Tief
befand. Sie war politisch zersplittert. Der
Fernhandel, der den Orient reich gemacht
hatte, war zusammengebrochen, Kriege ent-
brannten zwischen lokalen Dynastien und
die Karawanenstraßen wurden unsicher. Ein
Händler konnte seine Ware aus dem Ostiran
nicht mehr mit großem Gewinn in Kairo verkaufen. Waren die klimatischen Verhältnisse
für Datteln in Kerman auch günstiger oder
für Baumwolle im Südostiran – man konnte
sie nicht mehr exportieren. Die Steuereinnahmen sanken, damit auch der Luxus, die
militärische Expansion stoppte und es entstanden Kleinstaaten von bescheidenem Format – genau wie in Europa. Viele Kreuzritter wurden ja als arme Unterschichtler in
den Osten abgeschoben. So stießen in der
Levante unbedeutende, landhungrige europäische Adlige auf Araber in einer ähnlichen
Situation. Die militärischen Erfolge der
Raubritter, die in den Osten zogen, waren
weder heroisch noch verwunderlich. Wir
haben Berichte, dass man sich gegenseitig
Schafe und Kühe stahl – von der einen Burg,
DOLCH mit christlichen und islamischen Motiven, Syrien/Palästina, 13. Jh.
Die zweischneidige Klinge ist leicht gekrümmt, der Griff und die reich verzierte Scheide sind silbern. Möglicherweise
wurde der Dolch von einem Kreuzfahrer
bei einem muslimischen Handwerker in
Auftrag gegeben. Die arabische Inschrift
in Thuluth an der Scheide ist bislang
ungelesen. Links oben zeigt die Hand
Gottes auf einen Reiter mit Heiligenschein, der eine Schlange bekämpft.
Während alle anderen Motive im Islam
bekannt sind (Greif, Jagd, auch der Drachenkämpfer), ist die Hand Gottes nur
aus der Hl.-Georgstradition bekannt.
© Vaduz, Furusiyya Art Foundation, Foto: Philippe Maillard
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DIE ZITADELLE VON ALEPPO war zuerst Residenz von Saladins Vorgänger, des
syrischen Herrschers Nureddin (gest. 1174), mit Moschee und Palast. Der Fels ist geglättet und
mit Steinen gepflastert, das Portal und der umlaufende Graben zeugen von höchster
Festungsbaukunst. © Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt
auf der ein Muslim lebte zur anderen, auf
der ein orientalisierter Kreuzritter residierte.
Syrien und die Levante waren, wie schon so
oft in ihrer Geschichte, in der Zange zwischen zwei Großmächten, den ägyptischen
Fatimiden und den Seldschuken in Isfahan.
Lokale Generäle nutzten die Gelegenheit,
sich in diesem Niemandsland kleine Territorien zu sichern. Es gab keinen zentralen
starken Staat, auf den die Kreuzfahrer stießen und es war ihnen ein Leichtes, hier militärisch etwas auszurichten.
Dass man es dennoch mit einer überragenden orientalischen Kultur zu tun hatte,
bleibt indes unangefochten. In seinen Memoiren beschreibt Ussama Ibn Munkes, ein
Kleinherrscher in Syrien, wie Kreuzritter
Krankheiten behandeln – er hielt das für
reichlich hinter dem Mond.
Wie ist das Gefälle zu erklären?
Im Orient hatte man spätestens seit Anfang
des 9. Jh. durch die Absorption der antiken
Philosophie und Wissenschaften einen enormen naturwissenschaftlichen Vorsprung.
Der Arzt Ibn Sina ist einer der herausragenden Forscher. Bis ins 17. Jh. wurde nach seinen Studien in Europa Medizin betrieben.
Die Kenntnisse waren viel umfangreicher als
im prüden Europa, wo man keine Körper sezieren durfte. Aber nicht nur naturwissenschaftlich waren die muslimischen Reiche
überlegen, auch in der Kunst zeigt sich der
weitere Horizont. Man nutzte virtuos alle
großen hellenistischen und persischen Motive und kombinierte sie mit arabischen Inschriften.
Das Ungleichgewicht gründet darin, dass
der mittelalterliche Orient die Antike stärker
bewahrt hat als der Okzident. Die Kreuzzüge brachten ein wenig Antike nach Europa
zurück, aber erst in der Renaissance kam sie
wieder zu tragender Bedeutung.
Das Mittelalter – hier wie dort – hatte
also etwas mit dem Maß der Bewahrung
der Antike zu tun?
Zunächst: Was ist eigentlich das Mittelalter?
Offensichtlich das Zeitalter „in der Mitte“,
zwischen Antike und Neuzeit. Leider übersehen wir oft, dass es ebenso wie ein europäisches ein orientalisches Mittelalter gab.
In den Kernländern des Islam brach die Antike genauso zusammen! Wir haben im
Orient allerdings eine Variante von Mittelalter, in der neben den griechisch-römischen
Wurzeln die Verbindung mit der alten Kultur des persisch-mesopotamischen Raumes
hinzukam. Doch sind die Grenzen fließend:
In der Stauferkirche in Schwäbisch-Gmünd
finden Sie in der Dekoration viele persischorientalische Elemente. Gemeinsame Wurzeln haben die Kulturen seit der Antike verbunden – und genauso im Mittelalter. In der
Diskussion darum, wann das Mittelalter be-
INSCHRIFTENRING aus Paußnitz,
13. Jh. Der mystische Text ist in frühgotischen Majuskeln und Buchstaben
der irisch-angelsächsischen Zierkapitalis
abgefasst. Dechiffriert ist mittelhochdeutsch zu lesen: NAINE MI XPS „Verneine mich Christus“ im Sinne von „Vernichte mich, Christus“. Das eigene Ich
soll ausgelöscht werden, um daraufhin
vollständig vom Geiste Christi durchdrungen zu werden – eine mystische
Spiritualität mit vorderorientalischen
Einflüssen, die besonders bei Kreuzfahrern zu finden war. Der Ring birgt
zudem einige Hinweise aus der Zahlenmystik. © Halle, Landesmuseum für Vorgeschichte
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DIE REPORTAGE
ginnt, brachte Henri Pirenne vor 70 Jahren
die These auf, es beginne mit dem Aufkommen des Islam – als der verbindende Mittelmeerraum in einen christlichen Norden und
einen islamischen Süden auseinander fiel.
Doch die hellenistische Prägung beider Kulturräume bleibt und dadurch behält ihre
Weiterentwicklung auch Ähnlichkeiten.
Während der hellenistisch-römischen Zeit
und bereits früher unter den persischen
Achämeniden hatte der Orient rege Beziehungen zu den Mittelmeerkulturen. Die
Kunst zeigt das: Grundelemente wie den
Akanthus oder die Palmette finden Sie überall. Selbst eine Buddhastatue mit ihrem griechischen Faltenwurf wäre ohne Alexander
d. Gr. nicht denkbar.
Wann und wie kam Saladin ins Spiel?
Unter Saladins Vorgänger Nureddin entstand
in der zersplitterten Levante, Syrien und
Nordmesopotamien eine religiöse, sunnitische Einheit – zumindest in den tieferen Lagen. Auf den Bergen lebten kleine Gruppen
von Maroniten, Alawiten oder Drusen. Parallel dazu fand eine kulturelle Renaissance
statt – ein classical revival. Nun entstanden
Bauten, in denen bewusst lokale antike Formen aufgegriffen wurden. An einer Moschee
in Aleppo etwa wurde ein römisch anmutender, aber arabischer Architrav mit arabischer Inschrift eingebaut. Die Hochfassade
der Hauptmoschee in Diyarbakir sieht byzantinisch aus, Münzen mit den Abbildern
Alexanders d. Gr. oder antiker persischer
Könige wurden geprägt. Erstmals im arabisch-islamischen Reich verwurzelte man
sich lokal und wollte alles aus dem eigenen
Territorium hinausdrängen, was nicht dorthin gehörte – und das waren die Kreuzfahrer, denen Nureddin die ersten großen Verluste beibrachte. Saladin setzte seine Politik
fort, konnte das schiitisch-fatimidische
Ägypten dazugewinnen und sein Reich bis
in den Jemen ausdehnen. Die Kreuzfahrer
standen erstmals einem starken Gegner
gegenüber. Die BURG VON MASJAF in
Syrien überragt den modernen Ort
auf einer Felshöhe. Von 1140 bis 1290
war die arabische Burg ein Hauptsitz
der ismailitischen Nizariten, die
durch ihre religiös-politischen Morde
und Selbstmordattentate im Orient
gefürchtet und im Westen als Assassinen bekannt waren. Ihr Führer war
der „Alte vom Berg“. Legendär werden
sie aufgrund der Bezeichnung
„haschischijja“ mit Haschischkonsum
in Verbindung gebracht. Saladin hatte
die Burg vergeblich belagert.
© Landesamt für Denkmalpflege und
Archäologie Sachsen-Anhalt
SCHALE mit sitzendem Herrscher, Syrien, Mitte 12. Jh. Das Motiv scheint zum
Themenkreis des „höfischen Lebens“, einem der beliebtesten der mittelalterlichen, islamischen Kunst, zu gehören – man genießt das luxuriöse Leben. Die Figur mit Glorie,
umrahmt von einem Palmettenkranz, blickt auf einen Gegenstand in ihrer rechten
Hand, wahrscheinlich einen Becher. In der linken hält sie vielleicht einen Ring.
© Kopenhagen, Davids Samling, Inv. Nr. Isl. 195, Foto: Ole Woldbye
ASTROLABIUM, arabisch,
1086. Es wurde zur Messung der
Höhe von Gestirnen, der Stellung
der Fixsterne zum Horizont und zu
den Planeten und auch zur Zeitmessung sowie zur Navigation
benutzt. Dieses astronomische
Weltmodell war schon in der griechischen Antike bekannt, wurde
aber in der islamischen Welt ständig weiterentwickelt. Über Spanien
wurde das Astrolab in Europa
verbreitet.
© Staatliche Museen Kassel, Foto: A. Hensmanns
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MAMELUCKISCHER TÜRFLÜGEL
mit auf Unendlichkeit angelegten, geometrischen
Systemen, basierend auf komplexen Sternenmotiven. Die mystischen Arabesken erinnern an
die großartige göttliche Schöpfung. Holz mit
Elfenbeineinlagen, Ägypten, Anfang 14. Jh.
© bpk, Berlin, Museum für Islamische Kunst, Foto: Georg Niedermeiser
Was für ein Mensch war Saladin?
Er muss ein sehr asketischer und nüchterner
Typ gewesen sein. Am Abend hat er mit seinen Leuten geredet, gebetet oder über theologische Fragen diskutiert. Er muss tief gläubig gewesen sein – und modern in seiner
Zeit, was seine Toleranz angeht, die nicht
nur ein literarischer Topos, sondern eine Tatsache ist. Er hat sich wesentlich menschlicher verhalten als die Kreuzfahrer. Gefangene wurden nicht einfach zu Hunderten
geköpft, was bei den Kreuzfahrern vorkam,
sondern immer wieder wurden Gefangene
freigelassen. Saladin hat oft versucht, Konflikte auf dem Verhandlungsweg zu lösen.
Daher kommt auch sein Ruf in der westlichen Rezeption bis zu Lessing, wo er als
toleranter Herrscher auftritt. Schon zu Saladins Lebzeiten muss sich in Europa die Kunde gefestigt haben, dass im Osten ein Herrscher lebt, der in einer Situation des Krieges
zu Toleranz fähig ist. Natürlich sah er es als
seine Aufgabe an, das Territorium für den
MOSCHEEAMPEL aus Syrien, 14. Jh. Die
Gebetsräume großer Moscheen waren durch
eine Vielzahl solch gläserner Lampen angenehm ausgeleuchtet und drückten Würde und
Pracht aus. Ihre Form ist die antiker Vasen.
© bpk, Berlin, 2004, Museum für Islamische Kunst SPK
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DIE REPORTAGE
Islam zurück zu gewinnen. Wilhelm von
Tyrus sagte, Saladin sei zwar ein Gegner,
aber ein sehr anständiger. Vielleicht, weil er
in Syrien in einem Milieu aufgewachsen ist,
das nicht sehr zu Gewalt tendierte.
Welche Erkenntnisse kann ein Ausstellungsbesucher mitnehmen?
Besucher können feststellen, dass auf der islamischen Schale die gleichen Ornamente
wie auf der mittelalterlichen Kreuzfahrerschale sind – und das nicht, weil die Künstler voneinander abgeschaut haben, sondern
weil beide dieselben Wurzeln besitzen. Wer
genau hinsieht, stellt fest, dass die islamische und die christliche Kultur zwei Seiten
einer Medaille sind. Es gibt – auch jenseits
des Monotheismus – viele gemeinsame
Wurzeln. Etwa philosophisch: Hier wie dort
ticken wir sozusagen nach Aristoteles: in
unserem Verständnis von Logik, von Zeit,
von Argumentation ... Die islamische Theologie ist auf den Grundlagen der antiken
Philosophie aufgebaut. Die Theologen im
iranischen Qom sind großartige PlatonKenner, der Philosoph gehört zum Lerngrundstoff. Das zeigt sich in der auf Logik
aufbauenden, manchmal ins Sophistische
gehenden Weise, das islamische Recht
weiterzuentwickeln.
Was war für Sie spannend an der Arbeit
im wissenschaftlichen Kuratorium?
Es war der Anspruch, die Ausstellung so zu
machen, dass sie einen gebildeten Menschen aus dem Orient nicht vor den Kopf
stößt. Die Zeit um Saladin wird auf beiden
Seiten verzerrt dargestellt. In syrischen
Schulbüchern werden die Kreuzzüge mit
dem historisch viel späteren Kolonialismus
und Imperialismus in Verbindung gebracht,
durch den europäische Mächte den Orient
tatsächlich unter ihre Kontrolle brachten. In
den Übergriffen der Kreuzfahrer entdeckte
man Kolonialismus und Imperialismus bereits im Mittelalter. Das ist verständlich, historisch aber nicht ganz sauber. Und unsere
Geschichtsbücher sind ebenso tendenziös.
Der Untertitel der Ausstellung „Konfrontation der Kulturen“ ist mit Fragezeichen
versehen – Konfrontation ja oder nein?
Ist es wirklich eine? Die These vom „Clash
of civilisations“ halte ich für Unfug. Wir
haben so viele gemeinsame Wurzeln, die
wir zur Abwechslung einmal betonen müssen. Diese Wurzeln waren im Mittelalter
ebenso da, nur hat man hat die Geschichte –
auch zur Kreuzfahrerzeit – sehr selektiv
betrachtet. Die Fragen stellte Helga Kaiser.
SCHATZ VON TIBERIAS, Ende 11. Jh. Der Hortfund befand sich in einem kleinen Tonkrug und umfasste 16 arabische
Dinare und sieben Schmuckstücke aus Gold, die Ohrringform
war im byzantinischen wie im arabischen Gebiet bekannt.
Evtl. versteckte ein/e Muslim/in den Schatz bei der Invasion
der Seldschuken 1068. © Jerusalem
TERMINE UND ORTE:
Bis 12.2.2006:
Halle/Saale,
Landesmuseum für Vorgeschichte,
Tel. 0345-5247 363,
www.archlsa.de/saladin
5.3.-2.7.2006:
Oldenburg,
Landesmuseum für Natur und Mensch,
Tel. 0441-9244 300,
www.NaturundMensch.de
23.7.-5.11.2006:
Mannheim, Reiss-Engelhorn-Museen,
Tel. 0621-293 3150,
www.rem.mannheim.de
LESETIPPS
Saladin und die Kreuzfahrer
Katalog zur Ausstellung, hg. v. Alfried
Wieczorek/ Mamoun Fansa/Harald Meller,
von Zabern 2005, ISBN 3-8053-3513-X, EUR 39,–
Konfrontation der Kulturen? Saladin und die
Kreuzfahrer, hg. v. Heinz Gaube/Bernd
Schneidmüller/Stefan Weinfurter, von Zabern
2005, ISBN 3-8053-3466-4, EUR 24,90
GRABPLATTE
des Richard Löwenherz,
Klosterkirche Sainte-Marie,
Fontevrault, 13. Jh. © WUB
SALADIN UND RICHARD LÖWENHERZ
obald er von der Niederlage der christlichen Truppen
bei Hattin gehört hatte, machte sich der englische
Thronfolger Richard Löwenherz mit Stab und Sack als Zeichen der Pilgerschaft auf den Kreuzzug. Er konnte Akko
und den Küstenstreifen erobern und dadurch erneut ein
Kreuzfahrerkönigreich installieren. In Akko ließ er laut
Quellen 3000 gefangene Einwohner der Stadt hinrichten,
als Saladin eine Lösegeldzahlung und die Rückgabe des
Heiligen Kreuzes nicht einhielt. Vor dem geplanten Angriff
auf Jerusalem kam es zu Verhandlungen mit Saladin, bei
denen beide einen freien Zugang der heiligen Stätten in
Jerusalem, Betlehem und Nazaret für Pilger vereinbarten.
Richard wurde im Westen zur Idealgestalt des ritterlichen
Königs, als tapferer Edler tritt er noch heute in Filmen und
Romanen auf. S
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reportage
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Denkmal
Saladins in
Damaskus,
1992. © WUB
SALADIN,
DER EDLE HEIDE
aladin wurde in Europa zum Inbegriff des weisen und edlen Heiden, besonders durch die
Kunde seiner Milde bei der Einnahme Jerusalems
1187. Im Mittelalter kam sogar das Gerücht auf,
er habe eine christliche Mutter gehabt. Offenkundig ließ er sich auch im Krieg nicht von Rache und Vergeltung bestimmen, auch wenn es
strategische Gründe gehabt haben mag, wenn er
freien Abzug gewährte. Lessings Schauspiel „Nathan der Weise“ hat Saladin 1779 ein besonderes
Denkmal gesetzt: Der Sultan tritt als Vorläufer
des aufklärerischen Toleranzgedankens auf (wobei man nicht vergessen darf, dass Saladin in seiner Zeit als frommer Muslim handelte, nicht als
aufgeklärter Freigeist). Der weise Jude Nathan
verliert bei einem Pogrom zur Kreuzritterzeit seine Familie. Als er durch den Patriarchen von Jerusalem in Gefahr gerät, rettet ihn der Gerechtigkeitssinn des Sultans Saladin, der Jerusalem
erobert hatte. In der bekannten Ringparabel geht
es darum, dass nicht zu entscheiden ist, welche
der Weltreligionen die Wahre sei (welcher der
drei Söhne den wahren Ring vom Vater erhalten
habe). So dürfen alle von ihrer Religion als der
Wahren überzeugt sein: „Es strebe von euch jeder
um die Wette“ nach dem Guten und Juden,
Christen und Muslime mögen leben „mit innigster Ergebenheit in Gott“ als dem einenden Impuls
aller Religionen.
Das Bild des Islam war das einer gewalttätigen
Religion – auch in der Aufklärungszeit blieb es
negativ – und so stach Saladin besonders hervor.
Kaiser Wilhelm II. rühmt in einer Rede 1898
nach dem Besuch der Grabkammer Saladins in
Damaskus (deren Renovierung er spendierte)
„einen der ritterlichsten Herrscher aller Zeiten“,
den „Ritter ohne Furcht und Tadel“. In der islamischen Welt wurde Saladin besonders populär,
als die europäischen Besatzer die Macht nach
dem Zusammenbruch des Osmanischen Reichs
übernahmen: Der Widerstand in Palästina berief
sich auf Saladin, der seinerzeit Jerusalem und
Palästina von den Besatzern befreit hatte. Die
Pläne der Zionisten und der spätere Staat Israel
wurden parallel zu den Kreuzfahrerstaaten gesehen, die der bewunderte Saladin aus dem Land
verjagt hatte. (H.K./WUB)
WICHTIGE DATEN:
1096 Erster Kreuzzug trifft im Orient ein
1099 Franken erobern Jerusalem
1138-1193 Saladin
1187 Sieg Saladins bei den Hörnern von Hattin
1187 Muslime erobern unter Saladin Jerusalem zurück
1191 Richard Löwenherz trifft ein und erobert Akko
1192 Vertrag zwischen Richard und Saladin:
Zugang zu Jerusalem für christliche Pilger
1291 Letzte Territorien der Kreuzfahrer fallen
S
reportage
Szenen aus dem
Leben in einem christlichen Kloster auf einer
syrischen Glasflasche,
13. Jh. Ein Esel trägt
Früchte und ein Kreuz
identifiziert das Gebäude
als Kirche. Mit Sicherheit
haben muslimische Handwerker das Gefäß hergestellt. War es das Geschenk eines muslimischen Gouverneurs an
seine christlichen
Nachbarn?
© Vaduz, Furusiyya Art Foundation,
Foto: Philippe Maillard
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