KVNo 2010 - Diabetes-Management mit System
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KVNo 2010 - Diabetes-Management mit System
KVNO extra Arznei- und Heilmittelvereinbarung 2010 UI UII Vorwort Sehr geehrte Damen und Herren, auf Ihre Praxis kommen in diesem Jahr zwar einige neue Arzneimittel-Quoten zu, am System aber hat sich nichts geändert. Richtgrößen dienen weiterhin zur Orientierung und Steuerung. Die Generikaquote bleibt eine Empfehlung, und die Me-too-Quoten haben sich gegenüber 2009 nicht geändert. Hingegen wurden bei den DDD-Quoten neue Ziele vereinbart. Aber nicht jeder Arzt ist von allen Quoten betroffen. Es kommt nur auf die Quoten der Arzneimittelgruppen an, die tatsächlich zum Repertoire der Praxis gehören. Vor allem aber gilt auch in 2010: Wer die individuellen Ziele erreicht, ist von Richtgrößenprüfungen befreit. Dieses Sonderheft gibt Ihnen einen Überblick über die Arznei- und Heilmittelvereinbarung 2010 in Nordrhein. Wir wollen Ihnen damit Informationen an die Hand geben, um Sie vor Prüfungen zu schützen. Dr. Holger Neye Leiter Pharmakotherapieberatung Inhalt 2 Arzneimittelvereinbarung 2010 6 Heilmittelvereinbarung 2010 Anhang 9 Patentgeschützte Analogpräparate (Me-too-Liste 2010) 11 Übersicht der Wirkstoffgruppen, für die Leitsubstanzen vereinbart wurden 13 Therapiehinweis des Gemeinsamen Bundesausschusses Exenatide (zum Beispiel Byetta®) 18 Therapiehinweis des Gemeinsamen Bundesausschusses Ezetimib KVNO Seite: extra Arznei- und Heilmittelvereinbarung 2010 Arzneimittelvereinbarung 2010 Das Ausgabenvolumen für Arzneimittel beläuft sich im kommenden Jahr auf 3,28 Milliarden Euro; das sind 4,5 Prozent mehr als im Jahr 2009. Darauf haben sich die KV Nordrhein und die Krankenkassen verständigt. Bei der Verordnung von Medikamenten sollten Ärzte auf Ihre Richtgrößen achten. Wenn der Verordnungsumsatz unter der Richtgröße liegt, gibt es weder eine Prüfung noch einen Regress. Wer die Richtgröße überschreitet, sollte die verschiedenen Quoten einhalten, besonders die Quote für die Metoo-Präparate und für die definierten Tagesdosen (DDD). Denn sonst droht ein Regress. Richtgrößen für Arzneimittel und Verbandstoffe Die Richtgrößen im Arznei- und Heilmittelbereich berechnen KV und Kassen alljährlich neu. Das Richtgrößenvolumen 2010 ist so auf die einzelnen Fachgruppen verteilt, wie die Ausgaben anteilig in 2008 gewesen sind. Die Volumina sind weiter auf die einzelnen Fälle herunter gebrochen. Am Ende steht die Richtgröße pro Fall. Die berechnete Richtgröße spiegelt das Verordnungsverhalten eines Vorjahres wieder. Ist die Richtgröße in einer Fachgruppe kleiner als im Jahr zuvor, kann dies an geringeren Verordnungsanteilen oder größeren Fallzahlen liegen. Wenn die Allgemeinärzte beispielsweise regelmäßig „teure Patienten“ zwecks Verordnung zum Facharzt schicken würden, dann würde dies dazu führen, dass bei diesen die Richtgröße steigt und bei den Allgemeinärzten zurück geht. Preisänderungen beeinflussen ebenfalls die Verordnungsanteile. So sind in 2008 die Preise für Generika um durchschnittlich vier Prozent gegenüber 2007 zurückgegangen. Dies macht sich in der Fachgruppe der Allgemeinmediziner besonders bemerkbar, weil hier der Generikaanteil am Gesamtmarkt am höchsten ist. KVNO Richtgrößen Arztgruppe Richtgröße 2010 AV*/RV** in Euro Allgemeinmedizin und Praktische Ärzte AV 46,70 RV127,44 Anästhesiologie AV 43,26 RV121,04 Augenheilkunde AV 5,90 RV13,33 Chirurgie AV 7,77 RV13,68 Gynäkologie AV19,62 RV 55,96 HNO einschließlich Phoniatrie und Pädaudiologie AV12,56 RV 5,89 Haut- und Geschlechtskrankheiten AV 22,11 RV19,12 Innere Medizin, hausärztlich AV 46,70 RV127,44 Innere Medizin, fachärztlich einschließlich Angiologie, Endokrinologie, Gastroentereologie, Hämatologie und Internistische Onkologie, Kardiologie, Nephrologie, Pneumologie, Rheumatologie AV RV 271,51 340,08 Kinderheilkunde AV RV 27,80 56,23 MKG-Chirurgie AV RV 6,14 4,43 Nervenheilkunde (Neurologie/Psychiatrie) Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie einschließlich Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie AV 132,66 RV150,87 Orthopädie einschließlich orthopädischer Rheumatologie AV 6,33 RV17,22 Urologie AV RV 24,37 61,27 *AV: Allgemeinversicherte (Mitglieder und ZFamilienversicherte) **RV: Rentner extra Arznei- und Heilmittelvereinbarung 2010 Seite: Praxisbesonderheiten Die Praxisbesonderheit Voriconazol (Vfend) ist gestrichen worden. Zwei Praxisbesonderheiten kommen 2010 hinzu: n Ziconotid (Prialt), nur wenn eine zuvor durchgeführte Opioidtherapie nicht ausreicht oder nicht vertragen wurde (Sonderziffer 90939). n Linezolid (Zyvoxid), nur zur Fortführung einer im Krankenhaus begonnenen Linezolid-Therapie über insgesamt maximal 28 Tage (Sonderziffer 90990). Diese Praxisbesonderheiten werden in dem Maße anerkannt, wie sie über das durchschnittliche Verordnungsvolumen der Fachgruppe hinaus gehen (Praxisbesonderheiten, Schritt 2). Auf dem Weg zur praxiseigenen Positivliste Für zwölf Arzneimittelgruppen gibt es 2010 Leitsubstanzen, für die Sie jeweils einen Mindestverordnungsanteil erreichen sollten. Die Leitsubstanzen lassen sich beispielsweise aus Leitlinien herleiten. Für die genannten Wirkstoffe besteht einerseits die beste Studienlage in der jeweiligen Arzneimittelgruppe, sie sind zudem wirtschaftliche Präparate, wenn Sie sie als Generikum verordnen. Die Leitsubstanzen sind die Wirkstoffe, die die meisten Praxen vornehmlich verordnen. Die jeweiligen Quoten, die erreicht werden sollen, stellen den aktuellen Durchschnitt dar. KV und Krankenkassen haben die Quoten auf der Basis der so genannten definierten Tagesdosen (DDD) berechnet. In der Liste sind die betroffenen Arzneimittelgruppen über den anatomisch-therapeutischchemischen (ATC) Code definiert. Beispielsweise umfasst die Gruppe der selektiven Serotonin-Wiederaufnahmehemmer SSRI (ATC-Code N06AB) unter anderem Citalopram, Fluoxetin, Fluvoxamin, Paroxetin, Sertralin oder Escitalopram. Die Gruppe der nichtselektiven Monoamin-Wiederaufnahmehemmer (ATCCode N06AA) umfasst beispielsweise Amitriptylin, Imipramin, Nortriptylin oder Maprotilin. Die Arzneimittelgruppen auf der Basis der ATC-Codes finden Sie im An- hang. Mianserin, Mirtazapin, Duloxetin und Venlafaxin gehören in die Gruppe der „anderen Antidepressiva“ (ATC-Code N06AX). Leitsubstanzen Arzneimittelgruppe Verordnungsanteil (DDD) ACE-Hemmer: Anteil Enalapril, Lisinopril, Ramipiril mindestens 95,0 % ACE-Hemmer-Diuretika-Kombinationen: mindestens 83,0 % Anteil Enalapril, Lisinopril, Ramipiril jeweils mit Diuretikum HMG-CoA-Reduktasehemmer: Anteil Simvastatin mindestens 89,0 % Orale Antidiabetika: Anteil Metformin oder Sulfonylharn- mindestens 90,0 % stoffpräparate Selektive Betablocker: Anteil Bisoprolol, Metoprolol mindestens 88,0 % Alpha-Rezeptorenblocker: Anteil Tamsulosin mindestens 80,0 % Selektive Serotonin-RückaufnahmeInhibitoren: mindestens 52,0 % Anteil Citalopram Bisphosphonate zur Osteoporosebehandlung: mindestens 78,0 % Anteil Alendronsäure Nicht-steroidale Antirheumatika: Anteil Diclofenac, Ibuprofen mindestens 87,0 % Schleifendiuretika: Anteil Furosemid mindestens 53,0 % Calciumantagonisten: Anteil Amlodipin, Nitrendipin mindestens 76,0 % Nichtselektive Monoamin-Rückaufnahmehemmer: mindestens 34,0 % Anteil Amitriptylin KVNO Seite: extra Arznei- und Heilmittelvereinbarung 2010 Epoetin-Biosimilars beispielsweise von Ratiopharm sind für 2010 angekündigt. Was sind definierte Tagesdosen? Die „defined daily doses“ (DDD) sind definiert als die angenommene mittlere Erhaltungsdosis für die Hauptindikation eines Arzneimittels bei Erwachsenen. Eine DDD ist keine Dosierungsempfehlung, sondern eine rechnerische Größe. Mit der DDD las- Das Biosimilar Omnitrope sollte einen Mindestverordnungsanteil von 7,5 Prozent an allen Somatropinen ausmachen. Auch hier wird die Quote über die DDD berechnet, man könnte daher auch von einem Mindestanteil der Patienten sprechen. sen sich Wirkstoffmengen auf der Basis von Dosen vergleichen, indem die Milligramm (mg) oder Gramm (g) Wirkstoff in in Dosen (DDD) umgerech- Höchst- und Mindestquoten net werden. Arzneimittelgruppe Beispiel: In welchem Verhältnis stehen 6 g Enalapril und 3 g Losartan zueinander, die in einem Monat in einer Praxis verordnet werden? Auf der Basis der definierten Tagesdosen von 10 mg für Enalapril und 50 mg für Losartan ergibt sich ein Verhältnis von 600 (6000/10) zu 60 (3000/50), also 10 zu 1. Die amtliche deutsche Fassung der ATC-Klassifi- Verordnungsanteil (DDD) HMG-CoA-Reduktasehemmer plus ezetimibhaltige Arzneimittel: Anteil ezetemibhaltiger Arzneimittel höchstens 3,5 % Antidiabetika: exklusive Insuline: Anteil der GLP-1-Analoga höchstens 0,7 % Antibiotika: Anteil Generika mindestens 95 % Erythropoetin: Anteil Biosimilars mindestens 30,0 % Somatropinhaltige Arzneimittel: Anteil biosimilarer Somatropine mindestens 7,5 % kation mit den DDD-Angaben veröffentlicht das Deutsche Institut für Medizinische Dokumentation und Information (DIMDI). Höchst- und Mindestquoten Für fünf weitere Arzneimittelgruppen existieren Höchstund Mindestquoten, die sich ebenfalls am aktuellen durchschnittlichen Verordnungsverhalten orientieren. In der Gruppe der Antibiotika sollte der Anteil der Generika zum Beispiel bei mindestens 95 Prozent liegen. Hier wird der Vergleich ebenfalls auf der Basis der DDD berechnet, so dass die Preise für die Quote keine Rolle spielen. Auch für die Biosimilars in den Gruppen der Erythropoetine und der Somatropine haben KV Nordrhein und Krankenkassen Mindestquoten festgelegt. So sollten die Präparate Abseamed, Binocrit, Epoetin alfa Hexal, Retacrit und Silapo einen Mindestverordnungsanteil von 30 Prozent an allen Erythropoetinen ausmachen. Weitere KVNO Höchstquoten wurden für ezetimibhaltige Arzneimittel und für GLP-Analoga vereinbart. Der Verordnungsanteil für ezetimibhaltige Arzneimittel (Inegy, Ezetrol) sollte unter 3,5 Prozent liegen (auch hier auf der Basis der DDD). Der Gemeinsame Bundesausschuss hat am 17. Dezember 2009 einen Therapiehinweis zu Ezetimib beschlossen, der noch im Bundesanzeiger veröffentlicht werden muss (siehe Anhang). Therapiehinweise sind ein Bestandteil der Arzneimittel-Richtlinien und für Verordnungen zu Lasten der Krankenkassen bindend. Entsprechend dem Therapiehinweis sollte der wirtschaftliche Einsatz von Ezetimib beschränkt werden auf Patienten, bei denen n eine homozygote familiäre Sitosterinämie vorliegt oder n eine ausgeprägte, nicht anders zu behandelnde familiäre homozygote Hypercholesterinämie vorliegt oder extra Arznei- und Heilmittelvereinbarung 2010 Seite: n das Therapieziel die Verhinderung einer LDL-Aphe- rese ist oder n eine Unverträglichkeit oder Kontraindikation für Statine nachgewiesen wurde. Der Verordnungsanteil für Exenatide (Byetta) beziehungsweise Liraglutid (Victoza) (und für weitere GLP-Analoga) sollte 0,7 Prozent nicht übersteigen. Zu Exenatide hat der Gemeinsame Bundesausschuss bereits 2008 einen Therapiehinweis veröffentlicht (siehe Anhang). Danach sollte Exenatide Typ-2-Diabetikern vorbehalten bleiben, bei denen unter Ausschöpfung einer Therapie mit oralen Antidiabetika eine adäquate Blutzuckerkontrolle nicht erreicht werden konnte und die klinischen Befunde bei massivem Übergewicht (BMI > 30) vorrangig für eine Insulinresistenz sprechen, so dass bei Zugabe von Insulin mit einer weiteren Gewichtszunahme und hohen Insulindosierungen zu rechnen ist. Der Einsatz der GLP-Analoga bleibt damit auf Ausnahmefälle beschränkt. Neue Me-too-Präparate 2010 und ihre Alternativen Präparat (Wirkstoff) Alternative Betoptima AT (Betaxolol) Timolol AT Crestor (Rosuvastatin) Simvastatin Edronax (Reboxetin) Venlafaxin Firmagon (Degarelix) Leuprorelin Kerlone (Betaxolol) Metoprolol Rasilez HCT Enalapril HCT, Ramipril HCT, Valsartan HCT Solvex (Reboxetin) Venlafaxin Zebinix (Eslicarbazepin) Oxcarbazepin Mit Crestor steht nunmehr das sechste Statin zur Verfügung. Firmagon ist ein GnRH-Antagonist zur Behandlung des fortgeschrittenen hormonabhängigen Prostatakarzinoms. Mit Rasilez HCT wurde die Liste um das Kombinationspräparat des Reninantagonisten erweitert, das erst 2009 eingeführt wurde. Das Antiepileptikum Zebinix ist der linksdrehende Anteil des aktiven Metaboliten von Oxcarbazepin. Me-too-Liste 2010 – acht neue Präparate Die Me-too-Liste 2010 enthält acht neue Präparate. Parkinsan und Relifex wurden von der Liste gestrichen, weil der Patentschutz abgelaufen ist, Tanatril ist außer Handel. Die Neuaufnahmen betreffen den Betablocker Betaxolol (Betoptima AT und Kerlone Tbl.), das Antidepressivum Reboxetin (Edronax und Solvex) und vier weitere Präparate, die 2009 neu in Deutschland eingeführt wurden. Die Me-too-Quoten sind die gleichen wie 2009. Auch die Generikaquoten haben sich nicht geändert und sind nach wie vor Empfehlungen. Wer die Generikaquote nicht einhält, hat deswegen keinen Honorarabzug zu fürchten. Me-too-Quoten 2010 Arztgruppe Me-too-Quote* Allgemeinmediziner 6,9 % Augenärzte 3,7 % Gynäkologen 1,9 % HNO-Ärzte 5,4 % Hautärzte 3,9 % Internisten 6,9 % Kinderärzte 1,0 % Nervenärzte 10,9 % Urologen 5,4 % *Zielwert ist der Bruttoumsatz der Me-too-Präparate an den Gesamtverordnungen der Praxis. Datenquelle: GAmSi-Arzt /Neuberechnung KVNO Seite: extra Arznei- und Heilmittelvereinbarung 2010 Generikaquoten 2010 Arztgruppe Allgemeinmediziner Anästhesisten Augenärzte Chirurgen Gynäkologen HNO-Ärzte Hautärzte Internisten Kinderärzte Nervenärzte Orthopäden Urologen Generikaquote* 80,0 % 76,8 % 80,4 % 70,5 % 80,8 % 87,9 % 76,1 % 80,0 % 79,3 % 73,1 % 81,2 % 80,7 % Me-too-Quote überschreiten und mindestens ein DDDQuotenziel verfehlen. Auch in diesem Jahr sieht die Arzneimittelvereinbarung eine Befreiung von der Richtgrößenprüfung vor. Ärzte, die alle Quoten, also die Generika-, Me-too- und alle sie betreffenden DDD-Quoten einhalten, sind von der Richtgrößenprüfung befreit. Damit konnte die KV Nordrhein wie schon in 2009 eine Befreiung von der Richtgrößenprüfung durchsetzen, die für viele Ärzte in anderen Regionen nicht gilt. Ansprechpartner zu Arznei- und Heilmitteln *Zielwert ist der Brutto-Generikaumsatz am generikafähigen Markt, Datenquelle: GAmSi-Arzt Quoten erreicht, kein Regress Ein Verfehlen der Ziele und Quoten kann mit einem Honorarabzug von bis zu fünf Prozent verbunden sein. Dieser droht den Ärzten, die über Ihrer Richtgröße liegen (Praxisbesonderheiten werden hier nicht anerkannt) und die KV Nordrhein Pharmakotherapieberatung Telefon 0211 5970 8111 Telefax 0211 5970 8136 E-Mail [email protected] E-Mail [email protected] Montag bis Donnerstag : 8 bis 17 Uhr Freitag: 8 bis 13 Uhr Heilmittelvereinbarung 2010 Im Jahr 2010 stehen den Ärztinnen und Ärzten in Nordrhein 404 Millionen Euro für Heilmittel-Verordnungen zur Verfügung, genauso viel wie das Ausgabenvolumen 2009. Es soll für sämtliche Verordnungen von Physio-, Ergo-, Stimm-, Sprech- und Sprachtherapie und Podologie reichen. einen leichten Anstieg der Heilmittel-Umsätze auf Bundesebene. Dennoch waren die Kassen im Rheinland nicht bereit, das Budget für Heilmittel zu erhöhen. Im Gegenteil, die Kassen wollten das Volumen erneut absenken. Das zumindest hat die KV Nordrhein verhindert. Die Kassenärztliche Bundesvereinigung und der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenkassen erwarten Änderungen gibt es bei den Richtgrößen, die für 2010 neu berechnet wurden. Die für Chirurgen und fach- KVNO extra Arznei- und Heilmittelvereinbarung 2010 Seite: ärztlich tätige Internisten steigen leicht. Noch sparsamer mit Heilmittelverordnungen umgehen müssen dagegen HNO-Ärzte und Kinderärzte. Die Änderungen resultieren vor allem aus Patientenbewegungen, also veränderten Fallzahlen. Und daran sind die Richtgrößen angepasst worden. Zwei neue Praxisbesonderheiten Die Liste der Praxisbesonderheiten 2010 haben Kassen und KV um zwei Punkte verlängert: n Maßnahmen der Physikalischen Therapie ohne MLD (Symbolnummer 90984) für die ersten drei Monate nach konservativ behandelten Rupturen und Frakturen nach den ICD-10 Codes S83.53, S83.54, S42.21 bis S42.29, S12.21 bis S12.25, S22.01 bis S22.06, S32.01 bis S32.05. n Maßnahmen der Manuellen Lymphdrainage (Symbolnummer 90985) für die ersten drei Monate nach konservativ behandelten Rupturen und Frakturen nach den ICD-10 Codes S83.53, S83.54, S42.21 bis S42.29. Richtgrößen für Heilmittel Arztgruppe Richtgröße 2010 in Euro Allgemeinmedizin und Praktische Ärzte AV* 5,03 RV**17,31 Chirurgie einschließlich Gefäß-, Plastische, Unfall- und Visceralchirurgie AV10,69 RV16,64 HNO einschließlich Phoniatrie und Pädaudiologie AV 4,80 RV Innere Medizin, hausärztlich AV 5,03 RV17,31 Innere Medizin, fachärztlich einschließlich Angiologie, Endokrinologie, Gastroentereologie, Hämatologie und Internistische Onkologie, Kardiologie, Nephrologie, Pneumologie, Rheumatologie AV 2,44 RV 4,14 Kinderheilkunde AV18,73 RV 27,11 Orthopädie einschließlich orthopädischer Rheumatologie AV RV 26,05 24,00 2,47 *AV: Allgemeinversicherte (Mitglieder und Familienversicherte) **RV: Rentner Bitte geben Sie bei beiden Therapien den Unfalltag auf jeder Verordnung an. Die Erstbehandlung muss bei einem Chirurgen oder Orthopäden erfolgen. Die Heilmittel-Therapien in diesen Indikationsbereichen werden als Besonderheiten aus dem Heilmittelbudget herausgerechnet. Praxisbesonderheiten können Sie mit der Abrechnung mittels Symbolnummern melden. Dies vereinfacht die Dokumentation erheblich. Achtung: Pro Quartal darf die besondere Verordnung für einen Patienten nur einmal mittels einer bestimmten Symbolnummer kenntlich gemacht werden. Die Symbolnummern für Praxisbesonderheiten können Sie an jedem Tag des Quartals an der Stelle des Behandlungsausweises eintragen, an dem auch die Leistungen abgerechnet werden. Auf einem Abrechnungs- bzw. Überweisungsschein können mehrere verschiedene Symbolnummern angegeben werden. „Davon machen leider nur wenige Praxen Gebrauch“, sagt Dr. Manfred Eggen, beratender Arzt der KV Nordrhein. Dabei sei dies oft eine gute Möglichkeit, ein lästiges Richtgrößenverfahren zu verhindern. Verfahren verhindern, Besonderheiten eintragen In den vergangenen Jahren haben die Ärzte in Nordrhein immer weniger Praxisbesonderheiten bei Heilmitteln eingetragen. Damit riskieren sie, unnötigerweise in Richtgrößenverfahren zu geraten. Die Prüfungsstelle hat die Diagnosen in Form der ICD-10-Codes geprüft, um festzustellen, ob Praxen vergessen haben, die Symbolnummern an- KVNO Seite: extra Arznei- und Heilmittelvereinbarung 2010 zusetzen. Wenn dies der Fall war, hat die Prüfungsstelle der Ärzte und Krankenkassen Nordrhein dies nachgeholt und die Besonderheiten bei der Vorabprüfung berücksichtigt, also die Kosten der Heilmittelverordnungen für die Praxisbesonderheiten von der gesamten Verordnungssumme abgezogen. Diesen Service kann die Prüfungsstelle in Zukunft nicht mehr leisten. „Die Praxen sollten also nun penibel darauf achten, bei den entsprechenden Patienten die Symbolnummern für die Praxisbesonderheiten anzusetzen“, betont Eggen. Dadurch reduzieren Praxen das Risiko erheblich, in ein Prüfverfahren zu schlittern. Dies ist nämlich aufwendig – im schlimmsten Fall führt dies zu einem Regress. Das ist besonders dann ärgerlich, wenn er durch das Eintragen der Symbolnummern für Praxisbesonderheiten hätte vermieden werden können. Nutzen Sie wenn möglich hierzu ihre Praxissoftware. Mehrere Softwarehäuser bieten die Möglichkeit, Heilmittelrezepte elektronisch auszufüllen. Nach Einsetzen des Indikationsschlüssels in das Rezept bietet die Software nur das beim eingegebenen Indikationsschlüssel zulässig verordnungsfähige Heilmittel an. Sind mehrere Heilmittel als vorrangige Heilmittel erforderlich, wird das ent- Häufige Beanstandungen n Anzahl der Verordnungen ist größer als die n Im Fokus: unzulässige Verordnungen Verstöße gegen die Heilmittel-Richtlinien liegen beispielsweise dann vor, wenn Verordnungen außerhalb des Regelfalles nicht als solche gekennzeichnet sind. Die Verordnungen umgehen somit den Genehmigungsvorbehalt der Krankenkassen – sofern die Kassen nicht darauf verzichtet haben. n Auf die Genehmigung von begründungspflichtigen Heilmittel-Verordnungen verzichtet haben bislang die AOK Rheinland/Hamburg (bis auf Widerruf) sowie der Verband der Ersatzkassen (bis auf Widerruf). Auch einzelne BKKen haben auf die Genehmigung verzichtet. Eine vollständige Liste der Kassen, die auf die Genehmigung verzichten, erhalten Sie per Faxabruf unter der Nummer 0211 5970 7539. Sie finden die Liste auch im Internet unter www.kvno.de n Achtung: In einem Prüfverfahren könnte eine Verordnung selbst dann als unwirtschaftlich gewertet werden, wenn sie zuvor von einer Kasse genehmigt wurde. Trotz vorheriger Genehmigung einer Verordnung kann also immer noch ein Prüfantrag einer Kasse erfolgen. Nach Angaben der nordrheinischen Krankenkassen gibt es mehr und höhere Heilmittelregresse wegen unzulässiger als wegen unwirtschaftlicher Verordnungen. Achten Sie deswegen besonders darauf, dass das Heilmittel bei der festgestellten Indikation auch verordnungsfähig ist. KVNO n n n n n festgelegte Verordnungsmenge je Erst- oder je Folgeverordnung Anzahl der Verordnungen liegt über Gesamtverordnungsmenge im Regelfall Medizinische Begründung fehlt oder ist nicht ausreichend bei Verordnung außerhalb des Regelfalls Indikationsschlüssel fehlt Verordnetes Heilmittel passt nicht zum Indikationsschlüssel Indikationsschlüssel falsch, zum Beispiel ID.Schlüssel für Ergotherapie auf Verordnungsblatt für Physiotherapie Wöchentliche Therapiefrequenz ist nicht angegeben Zwei Diagnosegruppen auf einer Verordnung nicht zulässig Falsche Heilmittelkombinationen, zum Beispiel vorrangiges und optionales Heilmittel gleichzeitig verordnet sprechende Heilmittel durch Klicken ausgewählt. Durch dieses elektronische Ausfüllen der Heilmittelrezepte ist es nicht mehr möglich, unzulässige Heilmittelverordnungen zu tätigen und formal gegen die Heilmittel-Richtlinien zu verstoßen. extra Arznei- und Heilmittelvereinbarung 2010 Seite: Patentgeschützte Analogpräparate (Me-too-Liste 2010) Als patentgeschützte Analogpräparate (Me too Präparate) werden Arzneimittel bezeichnet, für die Patentschutz in irgendeiner Form (z.B. Wirkstoff-, Herstellungs-, Verwertungs-, Unterlagenschutz usw.) besteht und für die keine Generika mit gleichartigen Wirkstoffen verfügbar sind. Weitere Voraussetzung ist, dass diese Arzneimittel nach den Kriterien der Methode von Fricke und Klaus als Analogpräparate mit keinen oder nur marginalen Unterschieden zu bereits eingeführten Präparaten klassifiziert wurden bzw. klassifizierbar sind, oder Analogpräparate ohne wesentlichen therapeutischen Zusatznutzen gegenüber bereits verfügbaren Arzneimitteln gleicher Indikation sind, wenn sie auf Grund der chemischen Struktur als neuartig oder als Veränderung bekannter Wirkprinzipien bezeichnet werden können. Darüber hinaus ist Voraussetzung für die Aufnahme in die vorliegende Aufstellung, dass der Patentschutz am 15. November 2009 noch nicht abgelaufen war, die Arzneimittel am 15. November 2009 im Handel waren und dass ein pharmakologisch-therapeutisch vergleichbares Arzneimittel für die Hauptindikation mit günstigeren Tagestherapiekosten für die verordnungshäufigste Packungsgröße als Substitution verfügbar war. Wenn keine Daten über die verordnungshäufigste Packung verfügbar waren, wurde ersatzweise die größte Normpackung in einer mittleren therapeutischen Wirkstärke zur Auswahl eines pharmakologisch-therapeutisch vergleichbaren Arzneimittels für die Hauptindikation mit günstigeren Tagestherapiekosten zu Grunde gelegt. Stand: 20.11.2009 Präparat* Abilify Wirkstoff Aripiprazol Präparat* Betoptima Wirkstoff Betaxolol Actonel 5/35 Risedronsäure Bonviva Ibandronsäure Aerius Desloratadin Bonviva Fertigspritze Ibandronsäure Allegro Frovatriptan Carmen Lercanidipin Almirid Dihydroergocryptinmesilat Cholestagel Colesevelam Almogran Almotriptan Cipralex Escitalopram Alomide Lodoxamid Corifeo Lercanidipin Altargo Retapamulin Cosmofer Eisen(III)oxid-DextranKomplex Andante Bunazosin Crestor Rosuvastatin Anemet Dolasetron Asmanex Mometason Cripar Dihydroergocryptinmesilat Atemur Fluticason Curatoderm Salbe Tacalcitol Avamys Fluticason furoat Cymbalta Duloxetin Avodart Dutasterid Deltaran Dexibuprofen Azilect Rasagilin Diastabol Miglitol Bambec Bambuterol Dolomagon Dexibuprofen Beofenac Aceclofenac Dynorm Plus Cilazapril und Diuretika KVNO Seite: extra Arznei- und Heilmittelvereinbarung 2010 Präparat* Ecalta Wirkstoff Anidulafungin Präparat* Neupro Wirkstoff Rotigotin Edronax Reboxetin Nexium Esomeprazol Emadine Emedastin Opatanol Olopatadin Fareston Toremifen Pariet Rabeprazol Faslodex Fulvestrant Plenaxis Abarelix Fempress Moexipril Pletal Cilostazol Fempress plus Moexipril und Diuretika Quadropril Spirapril Fenistil Pencivir Penciclovir Rasilez Aliskiren Firmagon Degarelix Rasilez HCT Aliskiren und Hydrochlorothiazid Relestat Epinastin Relpax Eletriptan Flutide (ausgenommen Kinder von 0-12 Fluticason Jahre) Flutivate Fluticason Remodulin Treprostinil Fraxiparin Nadroparin Rupafin Rupatadin Gabitril Tiagabin Serdolect Sertindol Idom Dosulepin Seroquel Quetiapin Inegy Simvastatin und Ezetimib Solvex Reboxetin Invega Paliperidon Sonata Zaleplon Kerlone Betaxolol Sortis Atorvastatin Liserdol Metergolin Starlix Nateglinid Liviella Tibolon Sympal Dexketoprofen Loceryl Amorolfin Lotemax Loteprednol Targin Oxycodon in Kombination mit Naloxon Lyrica Pregabalin Xusal/-akut Levocetirizin Manyper Manidipin Zebinix Eslicarbazepin Maxalt Rizatriptan Zeldox Ziprasidon Mizollen Mizolastin Zemplar Paricalcitol Nadixa Nadifloxacin Zoladex-GYN Goserelin Nalpain Nalbufin Zolim Mizolastin Nasonex Mometason Zyprexa Olanzapin * Hierunter werden ebenfalls namensgleiche und -ungleiche Arzneimittel der Reimporte und Importe erfasst. Quelle: Prof. Schwabe im Projektauftrag der KV Nordrhein und der nordrheinischen Krankenkassen 10 KVNO extra Arznei- und Heilmittelvereinbarung 2010 Seite: 10 Übersicht der Wirkstoffgruppen, für die Leitsubstanzen vereinbart wurden Dargestellt sind die Wirkstoffe, die in Deutschland im Handel sind. Die Leitsubstanzen sind fett hervorgehoben. Quelle: ATC-Code des DIMDI 2009 Wirkstoff DDD Wirkstoff ACE-Hemmer, rein (auch Diuretika-Kombinationen) Captopril 50 mg O 10 mg O,P Enalapril 10 mg O Lisinopril Perindopril 4 mg O 2,5 mg O Ramipril Quinapril 15 mg O,P Benazepril 7,5 mg O Cilazapril 2,5 mg O Fosinopril 15 mg O Trandolapril 2 mg O Spirapril 6 mg O Delapril 30 mg O Moexipril 15 mg O Alpha-Glukosidasehemmer Acarbose 0,3 g O Miglitol 0,3 g O Thiazolidindione Rosiglitazon 6 mg O Pioglitazon 30 mg O Dipeptidyl-Peptidase-4-Inhibitoren Sitagliptin 0,1 g O Vildagliptin 0,1 g O Andere Antidiabetika, exkl. Insuline* Repaglinid 4 mg O Nateglinid 0,36 g O Beta-Adrenorezeptor-Antagonisten, selektiv 0,15 g O Metoprolol Atenolol 75 mg O Acebutolol 0,4 g O Betaxolol 20 mg O 10 mg O bezogen auf BisoBisoprolol prololhemifumarat HMG-CoA-Reduktasehemmer 15 mg O Simvastatin Lovastatin 30 mg O Pravastatin 20 mg O Fluvastatin 40 mg O Atorvastatin 10 mg O Rosuvastatin 10 mg O Celiprolol Esmolol Nebivolol Talinolol Antidiabetika, exkl. Insuline* Biguanide 2gO Metformin Sulfonylharnstoff-Derivate 10 mg O; 7 mg O mikroGlibenclamid kristall. Substanz Gliquidon Gliclazid Glimepirid 60 mg O 0,16 g O 2 mg O DDD 0,2 g O 5 mg O 0,1 g O Mittel bei benigner Prostatahyperplasie Alpha-Adrenorezeptor-Antagonisten Alfuzosin 7,5 mg O 0,4 mg O Tamsulosin Terazosin 5 mg O Doxazosin 6 mg O * Exenatide (Byetta) und Liraglutid (Victoza) sind nicht aufgeführt, da nur orale Antidiabetika gewertet werden KVNO Seite: 11 extra Arznei- und Heilmittelvereinbarung 2010 11 Wirkstoff DDD Antidepressiva Nichtselektive Monoamin-Wiederaufnahmehemmer Desipramin 0,1 g O Imipramin 0,1 g O,P Clomipramin 0,1 g O,P Opipramol 0,15 g O Trimipramin 0,15 g O,P 75 mg O,P Amitriptylin Nortriptylin 75 mg O; 30 mg P Doxepin 0,1 g O,P Dosulepin 0,15 g O Maprotilin 0,1 g O,P Amitriptylinoxid 75 mg O,P 5 mg O; 33 mcg P 5 mg O 14 mcg P High-Ceiling-Diuretika, Schleifendiuretika Sulfonamide, rein 40 mg O,P Furosemid Bumetanid 1 mg O,P Piretanid 6 mg O Torasemid 15 mg O,P 5 mg O 5 mg O,P 30 mg O,P Nimodipin Nisoldipin Nitrendipin Nilvadipin Manidipin Lercanidipin 0,3 g O; 50 mg P 20 mg O 20 mg O 8 mg O 10 mg O 10 mg O Oxicame Piroxicam Meloxicam 20 mg O,P,R 15 mg O,P,R Propionsäure-Derivate Naproxen Ketoprofen Tiaprofensäure Dexibuprofen Dexketoprofen 1,2 g O,R; 0,4 g O Kinder DDD 0,5 g O,R 0,15 g O,P,R 0,6 g O,R 0,8 g O 75 mg O,P Coxibe Celecoxib Parecoxib Etoricoxib 0,2 g O 40 mg P 60 mg O Ibuprofen Andere nichtsteroidale Antiphlogistika und Antirheumatika Nabumeton 1gO Oxaceprol Calciumkanalblocker Dihydropyridin-Derivate 5 mg O Amlodipin O: oral P: parenteral R: rektal KVNO Felodipin Isradipin Nifedipin Essigsäure-Derivate und verwandte Substanzen Indometacin 0,1 g O,P,R 0,1 g O,P,R Diclofenac Acemetacin 0,12 g O Proglumetacin Aceclofenac 0,2 g O Bisphosphonate (zur Behandlung der Osteoporose) Etidronsäure 0,4 g O 10 mg O bezogen auf die Alendronsäure Säure der Alendronsäure 12 DDD Nichtsteroidale Antiphlogistika und Antirheumatika Butylpyrazolidine Phenylbutazon 0,3 g O,P,R Selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer Fluoxetin 20 mg O 20 mg O,P Citalopram Paroxetin 20 mg O Sertralin 50 mg O Fluvoxamin 0,1 g O Escitalopram 10 mg O Ibandronsäure Risedronsäure Zoledronsäure Wirkstoff extra Arznei- und Heilmittelvereinbarung 2010 Seite: 12 Therapiehinweis des Gemeinsamen Bundesausschusses Exenatide (zum Beispiel Byetta®) In Kraft getreten am 28. November 2008 Exenatide ist ein Antidiabetikum, welches zur Wirkstoffklasse der Inkretinmimetika gehört. Der Einsatz von Exenatide sollte Typ-2-Diabetikern vorbehalten bleiben, bei denen unter Ausschöpfung einer Therapie mit oralen Antidiabetika eine adäquate Blutzuckerkontrolle nicht erreicht werden konnte und die klinischen Befunde bei massivem Übergewicht (BMI > 30) vorrangig für eine Insulinresistenz sprechen, sodass bei Zugabe von Insulin mit einer weiteren Gewichtszunahme und hohen Insulindosierungen zu rechnen ist. Exenatide ist rund dreibis viermal teurer als die Therapie mit in vergleichenden Studien eingesetzten Insulin- Analoga und rund fünfmal teurer als eine Therapie mit Humaninsulin in der durchschnittlichen, in diesen Studien verwendeten Insulindosierung. Erst ab einer täglichen Dosis von 80 IE Insulin Glargin, 90 IE biphasischem Insulin Aspart oder 120 IE Humaninsulin schneidet Exenatide im Vergleich der Tagestherapiekosten günstiger ab. Exenatide ist somit in der Regel unwirtschaftlich. Die Zulassung von Exenatide umfasst nicht die Kombination mit Insulin oder anderen oralen Antidiabetika als Metformin oder Sulfonylharnstoffen. Insbesondere für die Kombination mit Glitazonen besteht in Europa keine Zulassung. Wird bei adipösen Typ-2-Diabetikern mit Lebensstil-Interventionen, maximal tolerierbaren Dosen von Metformin und Gabe eines weiteren oralen Antidiabetikums eine Senkung des HbA1c-Wertes auf unter 7 % nicht erreicht, wird im Allgemeinen empfohlen, mit einer Insulintherapie zu beginnen. Für Patienten in dieser Phase ihrer Erkrankung wurde in zwei offenen vergleichenden Studien gezeigt, dass die zusätzliche Gabe von Exenatide der zusätzlichen Gabe von Insulin Glargin oder biphasischem Insulin Aspart hinsichtlich der Senkung des HbA1c-Wertes nicht unterlegen ist. Dies gilt nicht für Patienten mit Versagen der Betazellfunktion oder für Patienten mit ausgeprägter Stoffwechselentgleisung (HbA1c > 11 %). Die Anwendung von Exenatide ist mit häufigen unerwünschten gastrointestinalen Wirkungen verknüpft, welche unter Studienbedingungen oft zu Therapieabbrüchen führten (6 % gegenüber < 1 % unter Insulin). Im Gegensatz zu Insulin und anderen insulinotropen Substanzen, wie Sulfonylharnstoffen oder Glitazonen, führt Exenatide bei übergewichtigen Studienteilnehmern (mittlerer BMI 30 - 34) zu einer Gewichtsreduktion (mittlere Gewichtsreduktion 1,6 kg bis 2,6 kg in 30 Wochen bzw. 2,5 kg in 52 Wochen). Inwieweit dieser übereinstimmend in allen Studien beobachtete Effekt in der Langzeitanwendung zu einer Risikoreduktion der kardiovaskulären Morbidität und Mortalität führt, muss in Endpunktstudien untersucht werden. Die Erfahrungen in der Behandlung normalgewichtiger Patienten mit einem BMI < 25 sind sehr begrenzt. Unter Therapie mit Exenatide ist eine Dosistitration mit häufigen Kontrollen der Blutzuckerwerte nicht erforderlich. In mit Insulin vergleichenden Studien unterscheiden sich die Hypoglykämieraten nicht. Wenn Exenatide nur in Kombination mit Metformin gegeben wird, wurde im KVNO Seite: 13 extra Arznei- und Heilmittelvereinbarung 2010 13 Vergleich zu Metformin plus Placebo kein Anstieg der Hypoglykämieinzidenz beobachtet (5,3 % versus 5,3 %). Bei Patienten, die aufgrund eingeschränkter intellektueller Fähigkeiten (z. B. Demenz, geistige Behinderung) nicht in der Lage sind, ihre Lebensführung an eine Hypoglykämiegefährdung anzupassen, kann die Verordnung dieser Kombination im Einzelfall notwendig und wirtschaftlich sein. Voraussetzung ist, dass noch kein absoluter Insulinmangel besteht und mit Kombinationen oraler Antidiabetika - ausgenommen Sulfonylharnstoffen - das Therapieziel nicht erreicht werden konnte. Kontrollierte Langzeitstudien mit klinischen Endpunkten liegen nicht vor, sodass Nutzen und Sicherheit von Exenatide in der Langzeitanwendung unbekannt sind. Sein Stellenwert in der Behandlung des Typ-2-Diabetes ist noch unklar. Kosten Wirkstoff Dosierung Tagestherapiekosten Jahrestherapiekosten Exenatide** 2 x 5 µg 4,15 € 1.515,00 € Exenatide** 2 x 10 µg 3,94 € 1.438,00 € Analoginsuline, langwirksame, 10 x 3 ml, ZAM* 40 IE 1,96 € 715,00 € Analoginsuline, kombiniert intermediär und schnellwirkend, 10 x 3ml, ZAM 40 IE 1,68 € 613,00 € Humanes Mischinsulin 40 IE 1,21 € 442,00 € Humanes NPH Insulin 40 IE 1,21 € 442,00 € Indikation Exenatide wurde am 20.11.2006 von der Europäischen Zulassungsbehörde (EMEA) zugelassen und wird seit April 2007 in Deutschland vertrieben. Exenatide ist zugelassen zur Behandlung des Typ-2-Diabetes mellitus in Kombination mit Metformin und/oder Sulfonylharnstoff-Präparaten bei Patienten, bei denen mit der maximal verträglichen Dosis dieser oralen Therapien eine angemessene Blutzuckerkontrolle nicht erreicht werden konnte. Exenatide ist nicht zur Monotherapie zugelassen. Exenatide darf nicht eingesetzt werden bei Typ-2-Diabetikern, bei denen aufgrund eines Betazellversagens eine Insulin-Therapie erforderlich ist. Ebenso wenig darf Exenatide bei Patienten mit Typ-1- Diabetes mellitus oder zur Behandlung der diabetischen Ketoazidose angewendet werden. Es liegen keine Erfahrungen vor für die Behandlung von Kindern und Jugendlichen unter 18 Jahren. Die Erfahrungen in der Behandlung von älteren Patienten über 75 Jahren sind sehr begrenzt. Die Therapie mit Exenatide wird nicht empfohlen für Patienten mit schweren gastrointestinalen Erkrankungen, wie Gastroparese, oder Patienten mit terminaler Niereninsuffizienz bzw. schwerer Nierenfunktionsstörung. Exenatide ist in einem als Fertigpen erhältlich mit fixen Einzeldosen von 60 x 5 µg oder 60 x 10 µg. Um die Verträglichkeit zu verbessern, sollte die Behandlung zunächst mit der zweimal täglichen Gabe von 5 µg Exenatide subkutan begonnen werden und mindestens für einen Monat beibehalten werden. Danach kann auf eine Dosis von zweimal täglich 10 µg gesteigert werden. Die Injektionen können zu einem beliebigen Zeitpunkt innerhalb von 60 Minuten vor der Morgen- und Abendmahlzeit, die mindestens 6 Stunden auseinander liegen sollen, appliziert werden. Die Injektion darf nicht nach den Mahlzeiten erfolgen. Bei Patienten über 70 Jahren und Patienten mit mäßig eingeschränkter Nierenfunktion wird zu einer konservativen Dosissteigerung geraten. ZAM: Zylinderampullen, Stand: Lauer: 01.08.2008 **Die Kosten von Metformin und/oder Sulfonylharnstoffen müssen hinzu gerechnet werden. Bei der Verordnung von Analoginsulinen ist Anlage 10 der Arzneimittelrichtlinie zu beachten. 14 KVNO Wenn Exenatide zusätzlich zu Metformin gegeben wird, kann die Metformin-Dosis unverändert bleiben. Wird Exenatide zusätzlich zu einem Sulfonylharnstoff gegeben, extra Arznei- und Heilmittelvereinbarung 2010 Seite: 14 muss eine Reduktion der Sulfonylharnstoff-Dosis in Betracht gezogen werden, um das Risiko einer Hypoglykämie zu verringern. Wirkungen Exenatide gehört zu einer Klasse von Wirkstoffen, die unter dem Namen Inkretinmimetika subsumiert werden. Inkretine sind körpereigene Hormone, die im Gastrointestinaltrakt – provoziert durch die Nahrungsaufnahme – freigesetzt werden und dafür Sorge tragen, dass aus den Betazellen des Pankreas glucoseabhängig Insulin freigesetzt wird. Die Aminosäuresequenz von Exenatide ist teilweise identisch mit der des humanen Glucagon like Peptid (GLP-1). Es aktiviert den humanen GLP-1-Rezeptor und imitiert blutzuckerregulierende Wirkungen von GLP-1. Es hat jedoch im Gegensatz zu GLP-1, welches innerhalb weniger Minuten durch das Enzym DipeptidylPeptidase 4 zu inaktiven Stoffwechselprodukten abgebaut wird, eine deutlich längere Wirkzeit mit einer mittleren Halbwertszeit von 2,4 Stunden. Exenatide stimuliert glucoseabhängig die Insulinsynthese und -sekretion. Es hemmt die Glucagonsekretion der Alpha-Zellen des Pankreas, wodurch die bei Typ-2-Diabetikern häufig unangemessen erhöhte Glucoseausschüttung aus der Leber gemindert wird. Die gegenregulatorische Glukagonausschüttung bei Hypoglykämie wird dagegen nicht durch Exenatide beeinträchtigt. Exenatide verzögert außerdem die Magenentleerung und reduziert die Nahrungsaufnahme durch ein erhöhtes Sättigungsgefühl und einen verringerten Appetit. Wirksamkeit Die Wirksamkeit von Exenatide wurde durch drei ähnlich konzipierte randomisierte, placebokontrollierte Wirksamkeitsstudien über 30 Wochen und zwei vergleichende Studien zu Insulin über 26 und 52 Wochen belegt. In die drei placebokontrollierten Studien über 30 Wochen waren insgesamt 1446 adipöse Typ-2-Diabetiker (durchschnittlicher BMI 34) eingeschlossen, die unter oralen Antidiabetika keine angemessene Blutzuckerkontrolle erreichten (durchschnittlicher HbA1c 8,4 %). Sehr schlecht eingestellte Typ-2-Diabetiker wurden ausgeschlossen (HbA1c > 11 %). In allen drei Studien wurden 5 oder 10 µg Exenatide oder Placebo zusätzlich zu Metformin und/ oder Sulfonylharnstoffen gegeben. Der primäre Endpunkt war die Veränderung des HbA1cWertes. Sekundäre Endpunkte waren der Anteil Patienten mit HbA1c-Werten < 7 % und die Veränderung des Körpergewichtes. Die kombinierte Auswertung aller drei Studien ergab eine signifikante, klinisch relevante dosisabhängige Reduktion des HbA1c-Wertes um 0,6 % in der niedrigeren und um 0,9 % in der höheren Dosierung. Einen HbA1c-Wert von < 7 % erreichten 29,6 % in der niedrigeren und 33,6 % in der höheren Dosierung. Weiterhin kam es in allen drei Studien zu einer Gewichtsreduktion. Bei kombinierter Auswertung nahm das Körpergewicht um 1,4 kg in der niedrigeren und 1,9 kg in der höheren Dosierung ab. Bei Patienten, die an den offenen Verlängerungen dieser Studien über zwei Jahre teilnahmen und in dieser Phase 10 µg Exenatide injizierten, hielt der gewichtsreduzierende Effekt an und die Senkung des HbA1c-Wertes konnte erhalten werden. Nach 2 Jahren betrug die durchschnittliche Gewichtsreduktion bei diesen Patienten 4,7 kg. Allerdings waren die Abbruchraten hoch. 46 % der Patienten der 2-Jahres-Kohorte beendeten die Behandlung in der Verlängerungsphase. In zwei der genannten Studien erfolgte die Kombination von Exenatide mit einer oralen Monotherapie. Dies entspricht nicht der üblichen Vorgehensweise bei Versagen einer Monotherapie mit oralen Antidiabetika. Empfohlen und üblich ist zunächst die Kombinationstherapie mit einem weiteren oralen Antidiabetikum. In Einzelfällen ist bei nur geringer Überschreitung der Interventionsgrenze (HbA1c > 7%) auch eine Kombination aus drei oralen Antidiabetika zielführend. Studien zur Kombination von Exenatide mit drei oralen Antidiabetika liegen bislang nicht vor. KVNO Seite: 15 extra Arznei- und Heilmittelvereinbarung 2010 15 In zwei offenen vergleichenden Nichtunterlegenheitsstudien über 26 und 52 Wochen wurden 1056 adipöse Typ-2-Diabetiker (BMI 30 - 31) mit unzureichender Blutzuckerkontrolle unter maximal effektiver Therapie mit Metformin und Sulfonylharnstoffen (HbA1c 8,2 % 8,6 %) randomisiert - entweder zusätzlich mit Exenatide oder Insulin Glargin (Lantus®) bzw. biphasischem Insulin Aspart (Novomix 30®) - behandelt. In beiden Studien führte Exenatide zu einer mit Insulin vergleichbaren Absenkung des HbA1c-Wertes (Exenatide – 1,1 % versus Insulin Glargin – 1 %; Exenatide – 1,04 % versus biphasischem Insulin Aspart – 0,89 %). Angesichts des offenen Designs dieser Studien und der geringen Dosierungen in den mit Insulin behandelten Therapiearmen (gegen Studienende durchschnittlich 25 IE Insulin Glargin und 24 IE biphasisches Insulin Aspart) ist nach Bewertung der EMEA allerdings nicht sicher auszuschließen, dass die Insulintherapie intensiviert und eine stärkere HbA1c- Senkung unter Insulin hätte erreicht werden können. In beiden Studien nahmen die Patienten unter Exenatide signifikant an Gewicht ab (- 2,3 kg nach 26 Wochen, 2,5 kg nach 52 Wochen), während die Patienten mit Insulin an Gewicht zunahmen (+ 1,8 kg nach 26 Wochen, + 2,9 kg nach 52 Wochen). Anhand selbst gemessener 7-Punkt-Blutzuckertagesprofile waren unter Exenatide geringere postprandiale Blutzuckerexkursionen festzustellen, während unter Insulin die präprandialen Blutzuckerkonzentrationen niedriger waren. Die mittleren täglichen Blutzuckerkonzentrationen waren unter Insulin und Exenatide vergleichbar. Untersuchungen an Subgruppen einiger Studien wiesen anhand von Surrogat-Parametern auf eine verbesserte Betazell-Funktion hin. Es ist unklar, welche klinische Relevanz dieser Beobachtung zukommt. Zusammengefasst führte Exenatide in einer Dosis von 10 µg in allen Studien zu einer HbA1c-Senkung um 0,8 % 16 KVNO bis 1,1 %. Übereinstimmend zeigte sich in allen Studien ein anhaltender gewichtsreduzierender Effekt, der, wenn auch etwas weniger stark ausgeprägt, auch bei Patienten beobachtet wurde, die nicht unter gastrointestinalen Nebenwirkungen zu leiden hatten. Es handelt sich somit um einen unabhängigen Effekt, der nur zum Teil durch die häufig auftretende Übelkeit erklärt ist. Methodisch hochwertige Studien zur Patientenzufriedenheit unter Exenatide sind nicht verfügbar. Risiken – ggf. Vorsichtsmaßnahmen Die Sicherheit von Exenatide wurde bisher an ca. 3000 Patienten evaluiert, die im Mittel über 13,7 Wochen behandelt wurden. Dies wird von der EMEA in Anbetracht einer häufig über Jahrzehnte behandlungsbedürftigen Erkrankung als geringe, aber in Verbindung mit einer gezielten Überwachung nach Zulassung letztlich ausreichende Erfahrung angesehen. Die häufigste Nebenwirkung unter Exenatide waren gastrointestinale Beschwerden. Zeitweise klagen 50 % der Patienten über Übelkeit, 19 % über Erbrechen und 13 % über Durchfall. Diese unerwünschten Wirkungen nahmen unter fortgesetzter Behandlung an Häufigkeit und Schwere ab. Jedoch gaben am Ende der drei placebokontrollierten 30- Wochen-Studien immer noch 10 % der Patienten an, unter Übelkeit zu leiden. Dies führte bei 6 % aller in Studien mit Exenatide behandelten Patienten zum Behandlungsabbruch. Die Hypoglykämierate unter Exenatide ist überwiegend abhängig von dem gleichzeitigen Gebrauch von Sulfonylharnstoffen. Eine Dosisreduktion der Sulfonylharnstoffe mindert das Risiko. Die Inzidenz schwerer Hypoglykämien ist niedrig. Exenatide ist als Eiweißkörper potenziell immunogen. 38 % der Patienten, die an den placebokontrollierten 30-Wochen-Studien teilnahmen, entwickelten niedrige Antikörpertiter, die keinen Einfluss auf die Nebenwirkungsraten oder die Blutzuckerkontrolle hatten. Zu- extra Arznei- und Heilmittelvereinbarung 2010 Seite: 16 sätzliche 6 % hatten nach 30 Wochen höhere Antikörpertiter. Bei der Hälfte dieser Patienten zeigte Exenatide keine Wirksamkeit. Lokalreaktionen an der Injektionsstelle waren unter Exenatide häufiger als unter Insulin oder Placebo (5,1 % versus 3 %). Diese waren meist gering ausgeprägt und führten nicht zum Absetzen der Therapie. enger therapeutischer Breite oder Medikamente, bei denen bestimmte Mindestkonzentrationen erreicht werden müssen, sollten deshalb mindestens eine Stunde vor der Injektion oder vier Stunden nach der Injektion eingenommen werden. Medikamente, die mit einer Mahlzeit eingenommen werden sollen, können zu einer Mahlzeit gegeben werden, zu der keine Injektion von Exenatide erfolgt (z. B. Mittagessen). Nach Markteinführung wurden einige Fälle von akuter Pankreatitis berichtet. Patienten sollten über die charakteristischen Symptome einer akuten Pankreatitis (andauernde, schwere abdominale Schmerzen) informiert werden. Ein Abklingen der Pankreatitis nach Absetzen von Exenatide und symptomatischer Behandlung wurde beobachtet. Weiterhin gab es Spontanberichte über Veränderungen der Nierenfunktion, einschließlich akutes Nierenversagen, das in manchen Fällen eine Hämodialyse erforderlich machte, und Verschlechterung eines chronischen Nierenversagens sowie Hautausschläge mit Pruritus und sehr selten anaphylaktische Reaktionen. Es wird empfohlen Exenatide verzögert die Magenentleerung. Ausmaß und Geschwindigkeit der Absorption anderer Medikamente können hierdurch vermindert werden. Medikamente mit Bei Frauen, die schwanger werden wollen oder bereits sind, soll die Behandlung mit Exenatide abgebrochen werden und durch Insulin ersetzt werden. n Antibiotika mindestens 1 Stunde vor der Injektion einzunehmen. n Das Gleiche gilt für magensaftresistente Arzneimittelzubereitungen (z. B. Protonenpumpeninhibitoren). n Für Kumarinderivate werden zu Therapiebeginn und während der Dosiserhöhung von Exenatide engmaschige Laborkontrollen empfohlen. n Unter Therapie mit CSE-Hemmern sollten die Blutfettwerte regelmäßig kontrolliert werden, da eine Dosisanpassung erforderlich sein kann. KVNO Seite: 17 extra Arznei- und Heilmittelvereinbarung 2010 17 Therapiehinweis des Gemeinsamen Bundesausschusses Ezetimib Prüfung durch das Bundesgesundheitsministerium und Veröffentlichung im Bundesanzeiger steht noch aus. Zugelassene Anwendungsgebiete Die Monotherapie mit Ezetimib ist begleitend zu Diät zugelassen zur Anwendung bei Patienten mit n primärer (heterozygoter familiärer und nicht familiärer) Hypercholesterinämie, bei denen ein Statin als ungeeignet erachtet oder nicht vertragen wird, n homozygoter familiärer Sitosterinämie. Ezetimib ist in Kombination mit einem HMG-CoA-Reduktasehemmer (Statin) zugelassen begleitend zu Diät bei Patienten mit n primärer (heterozygoter familiärer und nicht familiärer) Hypercholesterinämie oder gemischter Hyperlipidämie, bei denen die Therapie mit einem Statin allein nicht ausreicht, n homozygoter familiärer Hypercholesterinämie. Die Patienten können weitere begleitende Therapien (wie LDL-Apherese) erhalten. Empfehlung zur wirtschaftlichen Verordnung Endpunktstudien zu Ezetimib, die eine Reduktion von Morbidität, Mortalität oder eine Verbesserung der Lebensqualität zeigen könnten, liegen nicht vor. Die Atherosklerose ist bedingt durch zahlreiche nur zum Teil bekannte Risikofaktoren. Strategien zur Verhinderung kardiovaskulärer Ereignisse sollten daher nicht auf einzelne Faktoren fokussieren. Die Hypercholesterinämie ist ein wichtiger Faktor, dennoch wurde in Anbetracht der großen Zahl an entsprechenden klinischen Prüfungen nur in wenigen Studien in der Sekundärprävention eine signifikante Reduktion harter klinischer Endpunkte gezeigt. Ein klinisch relevanter Nutzen besteht nur bei sehr hohem kardiovaskulärem Risiko (zu erwartende Ereignisrate über 20% in 10 Jahren auf der Basis der zur 18 KVNO Verfügung stehenden Risikokalkulatoren oder bei bereits bestehender vaskulärer Erkrankung (KHK, cerebrovaskuläre Manifestation, pAVK)). Andererseits wurde gezeigt, dass Simvastatin (20 mg bis 40 mg) allein die Häufigkeit kardiovaskulärer Ereignisse reduziert. Für Ezetimib allein und in Kombination liegen keine harte Endpunkte erfassenden Studien vor. Bezüglich des Vorgehens im Rahmen der lipidsenkenden Therapien werden zwei verschiedene Strategien angewandt: 1. LDL-Cholesterin-Senkung auf Zielwerte 2. Strategie der festen Dosis. Zwar ist in epidemiologischen Studien das Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse umso geringer, je niedriger der LDL-Cholesterinspiegel ist. Cholesterinwerte sind aber Surrogatparameter mit begrenztem Aussagewert. Entscheidend ist, inwieweit Herzinfarkte, Schlaganfälle und dadurch bedingte Todesfälle reduziert werden. Diese Einschränkung wird durch die Studienlage bestätigt: In den Zulassungsstudien wurde eine feste Dosis eines oder mehrerer Wirkstoffe gegeben. Selbst unter Studienbedingungen erreichten weniger als die Hälfte der Studienteilnehmer die heute empfohlenen Zielwerte. Eine Titrierungsstrategie zur Erreichung der Zielwerte, wie sie in vielen aktuellen Leitlinien empfohlen wird, wurde in keiner der großen Lipidsenkerstudien direkt vergleichend randomisiert geprüft. Ein Beleg für den Nutzen einer derartigen Therapie fehlt. Die Verordnung von Ezetimib als Monotherapie bei der Behandlung von Hypercholesterinämien ist nur wirtschaftlich bei den wenigen Patienten, bei denen Statine nicht extra Arznei- und Heilmittelvereinbarung 2010 Seite: 18 eingesetzt werden können (Unverträglichkeit, Nebenwirkungen). Die Kombination bleibt Patienten mit schwerwiegenden Fettstoffwechselstörungen vorbehalten, die das genannte hohe Risiko für Ereignisse haben. Zusätzlich ist für eine wirtschaftliche Verordnung zu fordern, dass bei den Patienten n eine homozygote familiäre Sitosterinämie vorliegt oder n eine ausgeprägte, nicht anders zu behandelnde familiäre homozygote Hypercholesterinämie vorliegt oder n das Therapieziel die Verhinderung einer LDL-Apherese ist oder n eine Unverträglichkeit oder Kontraindikation für Statine nachgewiesen wurde. Kosten Wirkstoff Ezetimib Ezetimib/ Simvastatin (Kombinationspräparat) Simvastatin Tagestherapiekosten* (in Euro) Dosierung/d (in mg) Jahrestherapiekosten (in Euro) 10 1,76 642 10 / 10 1,83 668 10 / 20 2,05 748 10 / 40 2,38 869 10 / 80 2,51 916 10 0,26 95 20 0,34 124 40 0,50 183 80 0,74 270 Pravastatin 10 – 40 0,26 – 0,50 95 –183 Fluvastatin 20 – 80 0,23 – 0,48 84 – 175 Lovastatin 10 – 40 0,26 – 0,52 95 – 190 Atorvastatin 10 – 80 0,26 – 0,76 95 – 277 Fenofibrat 200 – 300 0,48 – 0,62 175 – 226 Bezafibrat 400 0,36 131 900 – 1200 0,44 – 0,63 161 – 230 Colestyramin 4,0 – 24 gr. 0,67 – 4,02 245 – 1467 Nikotinsäure 1000–2000 1,01 – 2,02 369 – 737 Gemfibrozil * Berechnungsgrundlage N3-Packungen auf Basis der Festbeträge soweit vorhanden. Es gibt Arzneimittel, die unter Festbetrag angeboten werden. Stand 01.08.08 Lauer-Taxe Die Tagestherapiekosten der fixen Kombination von Ezetimib und Simvastatin im Vergleich zur freien Kombination der Einzelstoffe führt unter Berücksichtigung der Festbeträge von Simvastatin und von N3-Packungen zu den tabellarisch dargestellten Differenzen. Allerdings ist zu beachten, dass Simvastatin meistens preiswerter, unter Festbetrag, angeboten wird. Ein aktueller Preisvergleich für jede Wirkstärke von Simvastatin ist anzuraten, sofern die fixe Kombination nicht unter Patienten individuellen Aspekten aus medizinischer Sicht unverzichtbar ist. In der Regel ist die freie Kombination der Wirkstoffe kostengünstiger als die Fixkombination. Wirkungen Ezetimib wirkt lipidsenkend durch selektive Hemmung der intestinalen Resorption von Cholesterin und verwandten Phytosterinen. Das molekulare Ziel von Ezetimib ist der Steroltransporter, das Niemann-Pick-C1-Like1-(NPC1L1-)Protein, der für die intestinale Aufnahme von Cholesterin und Phytosterinen verantwortlich ist. Ezetimib lagert sich am Bürstensaum des Dünndarms an und hemmt die Cholesterinresorption, was zu einem verminderten Transport von Cholesterin aus dem Darm in die Leber führt. Statine dagegen reduzieren die Cholesterinsynthese in der Leber. Werden die Wirkstoffe kombiniert, führen die unterschiedlichen Wirkungsmechanismen zu einer komplementären Cholesterinsenkung. Wirksamkeit Eine zusätzliche LDL-C-Reduktion von zirka 13,9 % (95%CI 14,90; 12,98, p < 0,00001) und des Gesamtcholesterins von 10,36 % (95%-CI 11,9; 9,63, p < 0,00001) wird durch die Kombination von Ezetimib mit einem Statin im Vergleich zur alleinigen Statinbehandlung erreicht. Demgegenüber führt eine Verdoppelung der Statindosis KVNO Seite: 19 extra Arznei- und Heilmittelvereinbarung 2010 19 lediglich zu einer weiteren Reduktion des LDL von ungefähr 6 % bis 8 %. Studien, die Effekte auf die Mortalität oder Morbidität untersuchten, sind zu Ezetimib nicht publiziert. Angesichts des Fehlens von Endpunktstudien finden sich veröffentlichte Studien mit einer Dauer von > 12 Wochen lediglich zu Surrogatparametern. Sie zeigen, dass Ezetimib effektiv LDL-C und Gesamt-LDL senkt. In der ENHANCE-Studie wurde Ezetimib 10 mg plus Simvastatin 80 mg gegen 80 mg Simvastatin geprüft. Primärer Endpunkt war die Veränderung der Intimadicke der Carotis. Für die Kombinationstherapie betrug der Wert 0,0111 mm und für die Monotherapie mit Simvastatin 0,0058 mm, Differenz 0,053 mm. Der p-Wert war mit 0,29 nach 24 Monaten nicht signifikant, obgleich auch in dieser Studie eine signifikanter Unterschied im Hinblick auf die LDL-Werte gesehen wurde (192,7 ± 60,3 mg/dl versus 141,3 ± 52,6 mg/dl; Gruppenunterschied 16,5 %, p < 0,01) sowie signifikante Gruppenunterschiede für Triglyceride und CRP von 6,6 % und 25,7 %. Auch diese Studie war weder gepowert noch konzipiert, um klinische Endpunkte zu untersuchen. Die Intimadicke ist gleichfalls nur ein Surrogatparameter. Risiken und Vorsichtsmaßnahmen Ezetimib ist kontraindiziert bei Überempfindlichkeit gegenüber dem arzneilich wirksamen Bestandteil oder einem der sonstigen Bestandteile der Arzneimittel, ebenso in der Schwangerschaft und Stillzeit. Das Gleiche gilt für Patienten mit aktiver Lebererkrankung oder ungeklärter persistierender Erhöhung der Serum-Transaminasen. Patienten mit der seltenen hereditären Galaktoseintoleranz, Lactasemangel oder Glukose-Galaktose-Malabsorption sollten dieses Arzneimittel nicht einnehmen. Nach Markteinführung von Ezetimib wurden Fälle von Myopathie und Rhabdomyolyse berichtet. Die meisten 20 KVNO Patienten, die eine Rhabdomyolyse entwickelten, nahmen gleichzeitig ein Statin ein. Jedoch wurde eine Rhabdomyolyse sehr selten unter Monotherapie mit Ezetimib sowie sehr selten nach Zugabe von Arzneimitteln berichtet, die bekanntermaßen mit einem erhöhten Rhabdomyolyserisiko in Verbindung stehen. Alle Patienten, die auf Ezetimib eingestellt werden, sollten über das Risiko einer Myopathie aufgeklärt und aufgefordert werden, unklare Muskelschmerzen, -empfindlichkeit oder -schwäche umgehend mitzuteilen. Eine Therapie mit Ezetimib ist bei Patienten, die mit Ciclosporin behandelt werden, mit Vorsicht einzuleiten. Die Ciclosporinkonzentrationen sollten überwacht werden. Bei Gabe von Ezetimib zu Warfarin, einem anderen Cumarin-Antikoagulans, oder Fluindion ist die „International Normalized Ratio“ (INR) entsprechend zu überwachen. Fibrate können die Cholesterinausscheidung über die Galle erhöhen und so zu Cholelithiasis führen. Bei Patienten unter Fenofibrat und Ezetimib sollte der Arzt über das mögliche Risiko einer Cholelithiasis und einer Gallenblasenerkrankung informiert sein. Die gleichzeitige Anwendung von Colestyramin verkleinerte die mittlere Fläche unter der Kurve (AUC) von Gesamt-Ezetimib um zirka 55 %. Die gesteigerte Senkung des LDL-Cholesterins durch Hinzufügen von Ezetimib zu Colestyramin könnte durch diese Interaktion vermindert werden. Die Einnahme von Ezetimib sollte mindestens zwei Stunden vor oder mindestens vier Stunden nach der Einnahme eines Anionenaustauschers erfolgen. In klinischen Studien über 8 bis 14 Wochen wurden 3.366 Patienten mit 10 mg Ezetimib allein, zusammen mit einem Statin oder mit Fenofibrat (185 Patienten) behandelt. Nebenwirkungen waren normalerweise leicht ausgeprägt und von vorübergehender Natur. extra Arznei- und Heilmittelvereinbarung 2010 Seite: 20 Impressum KVNO n extra Herausgeber Kassenärztliche Vereinigung Nordrhein Redaktion Ruth Bahners (verantwortlich) Dr. Holger Neye Dr. Manfred Eggen Frank Naundorf Anschrift Kassenärztliche Vereinigung Nordrhein Tersteegenstraße 9 40474 Düsseldorf Telefon 0211 5970 8077 Telefax 0211 5970 8100 E-Mail [email protected] Titelfotos (v. l. n. r.) Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände nyul- Fotolia.com KVNO Druck Druckhaus Limbach, Köln Satz BCS, Düsseldorf Auflage 18.000 Stand 1. Januar 2010 UIII Kassenärztliche Vereinigung Nordrhein Tersteegenstraße 9 404747 Düsseldorf Pharmakotherapieberatung Telefon 0211 5970 8111 Telefax 5970 5970 8136 E-Mail [email protected]