Gewerbemieten aus Sicht des Sachverständigen

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Gewerbemieten aus Sicht des Sachverständigen
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Dr. rer. oec. habil. Manfred Otto Stelter: ö.b.u.v. Sachverständiger für Mieten für Grundstücke und Gebäude. Grundstückssachverständiger
Büro Berlin Ÿ 10787 Berlin-Tiergarten Ÿ Rauchstraße 11 ŸTel 030/ 26 47 05 56 . Fax. 030/ 26 27 004
Büro Brandenburg Ÿ15806 Zossen b. Berlin Ÿ Johnepark 75 Ÿ Tel 033 77 / 30 19 16. Fax 033 77/ 20 17 91
Funktelefon 0173 / 20 65 543
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Gewerbemieten aus Sicht des Sachverständigen
Zu einigen Grundlagen der Mietpreisbewertung für Gewerbeflächen
von
Dr. habil. Manfred Otto Stelter, ö.b.u.v. Sachverständiger
Leiter der Fachgruppe Mietwertermittlung des Verbandes des vereidigten Sachverständigen Berlin-Brandenburg e.V. (VVS)
Mitglied der Gutachterausschüsse für Grundstückswerte der Stadt Potsdam und des brandenburgischen Landkreises Teltow-Fläming
Mitglied des Bewertungsausschusses der Rings Deutscher Makler Berlin-Brandenburg
Mitgleid des Arbeitskreises Gewerbemietenservice der Industrie- und Handelskammer zu Berlin
Mitautor des Gewerbemietenverzeichnisses für den Kammerbezirk der Industrie- und Handelskammer Potsdam
Mitgleid des Arbeitskreises Mietspiegel der Landeshauptstadt Potsdam
Mitglied des Fachgremiums für die Bestellung von Sachverständigen für die Bewertung von bebauten und unbebauten Grundstücken
bei der Industrie- und Handelskammer Potsdam
Berlin / Zossen, Juni 2004
© Dr. Stelter 2004
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Qualifizierung von Sachverständigen für die Grundstückswertermittlung
Zu einigen Grundlagen der Mietpreisbewertung für Gewerbeflächen
Inhalt
Seite
1
Vorbemerkungen
3
2
Mietpreisbildende Faktoren
3
2.1
Mietpreisbildende Faktoren für Ladengeschäfte
3
2.2
Mietpreisbildende Faktoren für Büro- und Praxisflächen
5
3
Bestimmung der marktüblichen Gewerbemiete
8
4
Probleme des Bewertungsmaßstabes
11
4.1
Mietbegriffe nach dem wirtschaftlichen Leistungsinhalt
11
4.2
Mietflächenberechnungen bei Gewerbeflächen
12
5
Grundsätzliches zu Schiedsgutachten
13
6
Wesentliche Bewertungsliteratur für den Mietsachverständigen – Auswahl
14
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Qualifizierung von Sachverständigen für die Grundstückswertermittlung
Zu einigen Grundlagen der Mietpreisbewertung für Gewerbeflächen
1 Vorbemerkungen
Die Höhe der Miete für Gewerbeflächen richtet sich im allgemeinen nach Angebot und Nachfrage. Sie
wird anders als bei Gewerbeflächenvermietungen lediglich reglementiert durch das Verbot der Mietpreisüberhöhung bzw. des Mietwuchers gemäss den Bestimmungen des § 138 BGB.
Die gewerblichen Mietflächen sind vielfältig strukturiert. Es werden Ladenflächen, Büro- und
Praxisflächen, Fabrikations-, Werkstatt- und Serviceflächen, Lagerflächen, Freiflächen, aber auch
Gastronomie- und Beherbergungsobjekte, Sport- und Freizeitanlagen u.a.m. angeboten und
nachgefragt. Diese unterliegen bei der Mietpreisbildung sowohl allgemeinen als auch besonderen
marktwirtschaftlichen Gesetzmäßigkeiten und Regeln.
Die hauptsächlichen Teilmärkte des gewerblichen Vermietungsmarktes bilden Ladenflächen bzw.
Verkaufs- und Andienungsflächen sowie Büro- und Praxisflächen.
2
Mietpreisbildende Faktoren
In der üblichen Bewertungspraxis werden insbesondere nachfolgend dargestellte mietpreisbildende
Faktoren herausgestellt.
2.1 Mietpreisbildende Faktoren für Ladenflächen
Die Lagekomponente stellt für Läden nach einhelliger Auffassung im fachlichen Schrifttum den
wichtigsten Mietpreisfaktor dar. Die Lage wird dabei sowohl durch die Passantenfrequenz als auch
durch qualitative Momente wie das Auftreten internationaler Filialisten oder die Häufung des
Auftretens von Dienstleistungsangeboten im Erdgeschoss-Bereich u.ä. definiert.
Allgemein und der Klassifikation des Rings Deutscher Makler (RDM) folgend wird zwischen einer
Lage im Geschäftskern und einer im Nebenkern unterschieden, die weiter in jeweilige 1a- und 1bLagen sowie 2er und ggf. 3er Lagen differenziert werden können. Diese Ausdifferenzierung ist je nach
Umfang des örtlichen Einzelhandelsmarktes möglich, wobei eine marktnahe d. h. den jeweiligen
örtlichen Gegebenheiten Rechnung tragende Einschätzung angeraten ist.
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Zu einigen Grundlagen der Mietpreisbewertung für Gewerbeflächen
Den nächst wichtigen Einflussfaktor auf den Mietpreis stellt die Größe der Ladenfläche dar. Als
gängige Unterscheidung hat sich die zwischen kleinen Flächen (bis ca. 100 m², idealer Weise mit
stufenlosem Zugang und 6 m Frontbreite) und Flächengrößen über 100 m² (mit Abgrenzungen zum so
genannten größerflächigen Einzelhandel) bewährt. Jedoch bildet auch unter diesem Aspekt die
überwiegende örtliche und somit marktprägende Situation den Maßstab marktgerechter Bewertung.
In Lagen mit hohen Mietpreisen ist der Sachverständige gehalten, ggf. eine Zonenbildung in Bezug
auf die Ladentiefe oder den Zuschnitt des Ladens vorzunehmen. Dieses als Zoning-Methode
bezeichnete Verfahren soll die unterschiedliche Wertigkeit der Flächenbestandteile eines Ladens
würdigen – die Einteilung erfolgt dabei in der Regel in 7-m-Zonen und Preisabstufungen von 100, 50
und 25 Prozent des Ausgangsmietwertes für die ideal typische Mietfläche. Die Methode kann auch auf
die Berücksichtigung unterschiedlicher Geschossebenen angewendet werden.
So einleuchtend diese empirisch nachvollziehbaren Bewertungsüberlegungen auch sind,
Richtschnur marktgerechter Mietenbewertung muss immer das am Ort festzustellende
Marktverhalten der Mietkontrahenten sein. Keinesfalls darf die ungeprüfte, gar schematische
Übertragung bestimmter, eventuell für ganz besondere örtliche Gegebenheiten gefundener
Umrechnungskoeffizienten auf ein konkretes Bewertungsobjekt erfolgen. Gleiches gilt für die oft
erforderliche Berücksichtigung unterschiedlicher Flächenbestandteile einer Ladenmietsache
(Verkaufsfläche einerseits, andererseits Lager-, Büro-, Sozialbereich als Nebenflächen).
Weitere Faktoren können der optische Eindruck der Baulichkeit, in der das Ladenobjekt belegen ist,
oder die Ausstattung der Geschäftsräume sein. Diese Einflussfaktoren sind jedoch nach den Einschätzungen im fachlichen Schrifttum für die Höhe des Mietpreises von eher untergeordneter Bedeutung.
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2.2 Mietpreisbildende Faktoren für Büro- und Praxisflächen
Wesentliche Bedeutung für die Wertigkeit von Büro-/Praxisräumen und damit den Mietpreis in diesem
Vermietungsmarktsegment haben Lage- und Standortkriterien wie Erreichbarkeit, Standort-Image,
Pkw-Abstellmöglichkeiten, günstiges Umfeld für den jeweiligen Geschäftsbetrieb (z.B. Kombination
von
Gesundheitseinrichtung,
Apotheke,
Arztpraxis)
und
für
die Bürobeschäftigten (z.B.
Einkaufsmöglichkeiten).
Ein weiteres Kriterium für die Miethöhe stellt die Art und Qualität der Ausstattung der Flächen dar,
wie Belichtung und Belüftung, zeitgemäße PC-Vorbereitung, flexible Grundrissgestaltung u.a.m.
Wie die bewertungstechnische Handhabung einer Einwertung der mietpreisbestimmenden Faktoren
bei der Bewertung einer Büro-/Praxisfläche erfolgen kann, ist aus nachfolgender Beispieleinwertung
zu ersehen:
Beispiel: Hinsichtlich von Lagewertigkeit/Nutzwert für die anzunehmende Büronutzung (hier Büroflächen in
repräsentativer Altbau-Gewerbevilla in bevorzugter Bürolage in Potsdam) ergibt sich für das gutachtengegenständliche Objekt in Anlehnung an Jones Lang Wootton / Jones LangLasalle1 und skaliert in einer NominalSkala:
Faktoren / Einwertung
schlecht
mittel
gut
Lagewert/Standortfaktoren
Verkehrsanbindung
x
Adressenlage (als Bürolage)
x
Standortimage (als Bürolage)
x
Einkaufssituation für Mitarbeiter
Gastronomie
x
x
Parkmöglichkeiten im Straßenraum
x
Zwischenfazit Lagewert/Standortfaktoren: Einwertung überwiegend mittel bis gut
Ausstattungsmerkmale
Ausreichende Belichtung/Besonnung
x
Zukunftsorientierte Elektroinstallation
insbes. PC-Verkabelung
x
Repräsentativer Zugangsbereich
x
Firmeneigene Stellplätze
Raumanordnung:
= Möglichkeit der variablen
Grundrissgestaltung und Raumaufteilung durch entsprechende
Fensteranordnung
x
x
Zwischenfazit Ausstattungsmerkmale: Einwertung überwiegend mittel
1
Zit. bei Dröge, Handbuch der Mietpreisbewertung für Wohn- und Gewerberaum, 2. Auflage 1999, S. 307
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Nutzwertkategorien in der Klassifikation des RDM:
Der (RDM) – Landesverband Berlin-Brandenburg e.V. publiziert regelmäßig Preisspiegel für Wohnund Gewerbeimmobilien in der Region Berlin, Potsdam, Cottbus und Frankfurt/Oder.2
Für den Bereich der Büro-, Praxismieten werden dabei Neuvertragsmieten als Schwerpunktpreise für
Objekte
o einfachen Nutzwertes = Gebäude als Vorkriegsbau oder Neubau in gemischt wirtschaftlich
genutzter Geschäftslage ohne besondere Ansprüche an Repräsentation
o
mittleren Nutzwertes = durchschnittlich ausgestatteter Büroneubau, verkehrsmäßig gut zu
erreichen
o
guten Nutzwertes = modern ausgestattet und gut geschnitten, repräsentativ angelegt,
Kernbereich der Stadt oder sonstige repräsentative Lage
ausgewiesen.
Beispiel für Informationen aus den RDM-Preisspiegeln:
Aus den zeitnahen RDM-Preisspiegeln 2003 bis 2004 können mit direktem Bezug auf die
Landeshauptstadt Potsdam und als eine erste grobe Orientierung für Lagen im engeren
Verflechtungsraum Brandenburg-Berlin folgende Anhaltspunkte für Mieten für Büro- und
Praxisflächen gewonnen werden:
Monatliche Nettokaltmieten in €/m²/mtl. bzw. umgerechnet in €/m²/mtl.
01.01.2003
01.07. 2003
01.01.2004
01.07.2004
Qualität
einfacher Nutzwert
mittlerer Nutzwert
guter Nutzwert
k. A.
5,50
8,00
k. A.
5,00
8,00
k. A.
5,00
7,50
k.A.
4,50
7,00
k. A. = keine Angabe
Veränderungsraten in %
2002/03 - 2003/04
1998/99 – 2003/04
Qualität
einfacher Nutzwert
mittlerer Nutzwert
guter Nutzwert
k. A.
-9
-6
k.A.
- 35
- 27
Charakterisierung der Marktsituation (auf mittleren und guten Nutzwert bezogen):
♦
♦
♦
Vermarktungsdauer
Angebot/Nachfrage
Preistendenz
♦ Marktverlauf
2
01.01.2003
> 6 Monate
Angebotsüberhang
fallend
schwacher Umsatz
01.01 2004
> 6 Monate
Angebotsüberhang
fallend
schwacher Umsatz
Die RDM-Preisspiegel erscheinen für alle größeren deutschen Städte im Herbst jeden Jahres.
01.07.2004
> 6 Monate
Angebotsüberhang
fallend
schwacher Umsatz
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Beispiel für Informationen aus IHK-Gewerbemietübersichten und Übersichten aus Grundstücksmarktberichten:
Die Industrie- und Handelskammer Potsdam veröffentlicht für den Kammerbezirk seit 1997 Gewerbemietenverzeichnisse, die Bandbreiten für Gewerbemieten als Neuvertragsmieten für die Vermietungsmarktsegmente Einzelhandelsverkaufsflächen, Gastronomienutzflächen,
Lagerflächen und
Büroflächen beinhalten.
Für Büroräume werden dabei Marktpreisspannen gegliedert nach Geschäftslage bzw. Nutzwert
angegeben, wobei sich diese Kategorisierung an der zuvor referierten Nutzwerteinteilung des RDM
orientiert (RDM Nutzwert einfach = IHK Lage/Nutzwert einfach; RDM Nutzwert mittel = IHK
Lage/Nutzwert gut; RDM Nutzwert gut = IHK Lage/Nutzwert sehr gut).
Danach ergeben sich als Bandbreiten für Büromieten in Potsdam - letztverfügbarer Preisspiegel 2003:
Nettokaltmieten für Büroräume in €/m²/mtl.
Geschäftslage/Nutzwert, Stand 11/2002
einfach
gut
sehr gut
Potsdam, Stadtteile
4,00-6,00
5,00-7,00
bis 10,00
Beispiel für Informationen aus örtlichen Grundstücksmarktberichten (hier: Grundstücksmarktbericht
2003 Landkreis Teltow-Fläming, erschienen Juni 2004):
Blankenfelde/Mahlow
Ludwigsfelde
Zossen
* Nutzwerteinteilung wie IHK Potsdam
Nettokaltmieten für Büroräume in €/m²/mtl.
Geschäftslage/Nutzwert*
einfach
mittel
gut
5,00
bis
8,50
5,00
bis
8,00
3,00
bis
8,00
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Neuer Gewerbemietenservice Berlin, Stand Juni 2004, Veröffentlichung erfolgt voraussichtlich
in 08/2004, nachfolgend Tabelle mit den Mietpreiszuarbeiten des SV Dr. Stelter
Bitte informieren sie sich über die endgültige Fassung und die Lagebeschreibungen über die Webside der IHK
Berlin!
Bandbreiten der Gewerbemieten bei Neuvermietung (alle Angaben in €/m² Nutzfläche/mtl. netto kalt)
1a City
1a City
1b
Haupt-
Mittel-
Nahversorg.
Wohn-
Zentrum Zoo
Zentrum Mitte
Nebenl.
zentren
zentren
zentren
straßen
Büro/Praxis
12 – 20
15 - 20
10 - 15
9 – 12
8 –10
7 – 10
5 – 10
180 – 200
80 - 110
25 - 40
50 – 90
20 – 30
7 – 10
5 – 10
60 - 70
25 - 30
30 – 60
10 – 20
10 – 20
5 – 10
40 - 60
25 - 30
15 – 20
10 – 15
10 – 15
5 – 10
Läden
bis 100 m²
Läden
100 - 300 m² 130 – 140
Läden
über 300 m²
90 – 100
Innenstadtlage
Aussenbezirke
innerh. S-Bahnring
außerh. S-Bahnring
mehrgeschossig
3–4
2,50 – 3,50
Fabrik- u. Lagerhallen
3–4
2,50 – 3,50
Freiflächen befestigt
1,50
0,50
Werkstatt- und Fabrikgebäude
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3 Bestimmung der marktüblichen Gewerbemiete
In der Bewertungsliteratur wird die Auffassung vertreten, dass der Sachverständige bei der Bestimmung der ortsüblichen / marktüblichen Gewerbemiete die ortsübliche Marktmiete festzustellen habe,
„die durch den Preis bestimmt wird, der zum Bewertungsstichtag im gewöhnlichen Geschäftsverkehr
nach den rechtlichen Gegebenheiten und tatsächlichen Eigenschaften hinsichtlich Art, Größe,
Ausstattung, Beschaffenheit und Lage üblicherweise erzielt und bezahlt wird“ (Dröge, a.a.O., S. 293).
Diese Zielvorgabe für den Sachverständigen lehnt sich an die Definition des Verkehrswertes im
BauGB und an die Formulierung der Mietpreisdeterminanten für Wohnraum nach dem BGB an. Sie
stößt jedoch auf empirische und vor allem ermittlungspraktische Probleme.
So stellen sich die den Mietpreis bestimmenden Faktoren für Gewerberaum anders als bei der
Mietpreisbewertung für Wohnraum dar. Insbesondere ist der zeitliche Aspekt bei der Bestimmung der
ortsüblichen Gewerbemiete anzusprechen. Schon bei der Verkehrswertermittlung für Grundstücke ist
es bekanntlich so, dass vergangenheitsbezogene Daten aus zurückliegenden Ermittlungen
(Bodenrichtwerte,
Liegenschaftszinssätze
u.a.)
bei
der
stichtagsbezogenen
Wertermittlung
herangezogen werden. Niemand wird auf die Idee kommen, etwa nur Vergleichsfälle zu
berücksichtigen, die aus der Woche oder dem Monat datieren, in dem der Bewertungsstichtag liegt. In
Anbetracht der Gegebenheit am Gewerbevermietungsmarkt kam in diesem Kontext das Landgericht
Berlin zu der Auffassung, dass ausreichendes Vergleichsmaterial für einen bestimmten Stichtag
regelmäßig nicht zur Verfügung stehen würde, und deshalb in die Begutachtung Daten von
Mietneuabschlüssen, gerechnet von einem Jahr vor dem Stichtag bis zu einem Jahr nach dem Stichtag,
mit einbezogen werden könnten.
Entscheidend ist auch hier und in sachgerechter Anlehnung an den Rechtsentscheid des
BayObLG vom 19.03.1981 zur ortsüblichen Vergleichsmiete für Wohnraum, dass der
Sachverständige seine Beurteilung nicht aus statistischen Erwägungen ableitet, sondern den Markt
analysiert und die gefundenen Werte sachverständig würdigt.
Als Orientierung für die ortsübliche Gewerbemiete bzw. die ortsübliche Marktmiete ist also festzuhalten:
Ortsüblichkeit stellt rechtlich einen unbestimmten Begriff dar, der wirtschaftlich als Durchschnittswert definiert wird und durch statistische Mittelwerte ausgedrückt werden kann. Die ortsübliche /
marktübliche Gewerbemiete ist aus einem Querschnitt von vergleichsgeeigneten Mietdaten abzuleiten,
die aus einem bestimmten, durch die Fragestellung abgegrenzten Gebiet und Marktsegment stammen
und unter gewöhnlichen Umständen zeitnah bezogen auf den Bewertungsstichtag (s.o.) als neu
abgeschlossene oder marktangepasste Entgelte tatsächlich gezahlt wurden oder werden.
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Hinweise zur mathematisch-statistischen Handhabung von Vergleichswertauswahlen:
Je nach Datenlage müssen Vergleichswertsamples bei der Berechnung von Durchschnittswerten für
die Ableitung von marktüblichen Gewerbemieten auch unter mathematisch-statistischen
Gesichtspunkten betrachtet werden. Zu beachten ist vor allem eine möglicherweise erforderliche
Extremwertbereinigung.
Bei vergleichsweise kleinen Datenmengen empfiehlt es sich, keine sachlich unbegründeten
mathematisch-statistischen Rechenoperationen in die Begutachtung einzuführen, sondern lediglich den
Höchst- und den Niedrigstwert aus dem Sample zu streichen und so einer Extremwertbereinigung bei
der Durchschnittserrechnung zu genügen.
Bei genügend großen Datenmengen (wohl mindestens > 15 Fälle, besser > 30 Fälle) sind nach der
ersten Errechnung des Mittelwertes sogen. Aussreißer zu eliminieren, wobei aus meiner Erfahrung
jene Werte außerhalb einer Spanne von +- 25 bis 30 % abweichend vom arithmetischen Mittel
ausgeschlossen werden sollten. Danach ist das arithmetische Mittel – nunmehr extremwertbereinigt erneut zu berechnen.
Auch für den nicht weiter mathematisch-statistisch geschulten Gutachtennutzer ist eine Aussage über
die mathematisch-statistische Güte der Datenauswahl bei genügend großer Datenauswahl von Nutzen.
Dies kann über den Variationskoeffizienten V
V = Standardabweichung S : arithmetisches Mittel X
erfolgen.
In Anlehnung an Petersen (Grundstücksmarkt und Grundstückswert 1995, S. 32) können folgende
Einschätzungen für das arithmetische Mittel und damit für die mathematisch-statistische Güte der
Datenauswahl anhand des Variationskoeffizienten vorgenommen werden:
Spanne
Güte des Durchschnitts
0,00< V < 0,05
0,05< V < 0,10
0,10< V < 0,15
0,15< V < 0,20
0,20< V
sehr gut
gut
noch ordentlich
recht bedenklich
absolut zu verwerfen
Häufig ist bei der Mietwertermittlung auch eine mögliche Abhängigkeit der Miethöhe von der
Flächengröße zu prüfen.
Hierzu kann schon mit einfachen wissenschaftlichen Taschenrechnern der Korrelationkoeffizient
zwischen abhängiger und unabhängiger Variabler errechnet werden, wobei dieser immer nur einen
Wert zwischen 0 und +- 1 annehmen kann und das positive Vorzeichen auf eine gleichläufigen, das
negative Vorzeichen auf einen gegenläufigen Zusammenhang hinweist. Wiederum in Anlehnung an
Petersen kann dann die Aussage dieses Koeffizienten wie folgt definiert werden:
Korrelationkoeffizient
Aussage
0
unter 0,5
0,5 bis 0,8
0,8 bis 0,9
0,9 bis 1,0
keinerlei Zusammenhang
aus dem errechneten Zusammenhang sollten keine Schlüsse gezogen werden
vorsichtige Schlüsse mit erheblichen Unsicherheiten sind möglich
Schlüsse mit gewisser Sicherheiten sind möglich
Schlüsse mit gewissen bis großen Sicherheiten sind möglich
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4 Probleme des Bewertungsmaßstabes
Die gutachterliche Ermittlung der marktüblichen Gewerbemiete wird der vorherrschenden Rechtsauffassung folgend vorrangig über Vergleichswertverfahren vorgenommen. Der Bewertungsmaßstab
ist dabei der Quadratmetermietpreis der Vergleichsobjekte. Aus Zähler und Nenner dieser Kennzahl
ergeben sich in der Bewertungspraxis eine Reihe von Problemen, die eine möglichst sorgfältige
Befassung mit den Vergleichsmietdaten erforderlich macht. Das Ergebnis der Bewertung ist stets als
Schätzung zu qualifizieren, da in der Regel das Vergleichsmaterial nicht passgenau und seine
Recherche selbst mit Unsicherheiten behaftet ist.
4.1 Mietbegriffe nach dem wirtschaftlichen Leistungsinhalt
So können bei der Vermietung von Gewerbeobjekten unterschiedliche Leistungen vereinbart worden
sein, beispielsweise eine Nettokaltmiete (Miete ohne „kalte“ Betriebskosten, ohne Heiz- und
Warmwasserkosten und ohne weitere Nebenkosten), eine Bruttokaltmiete, eine Bruttowarmmiete, eine
Teilinklusivmiete oder umfassend eine sogen. Triple-Net-Miete (Nettokaltmiete plus „kalte“
Betriebskosten, Heiz- und Warmwasserkosten, weitere Nebenkosten sowie mit Kosten für den
Bauunterhalt der Mietsache und des Gebäudes).
Während bei Wohnraummietverhältnissen regelmäßig nur die Betriebskosten nach der II. BV bzw.
jetzt der Betriebskostenverordnung umgelegt werden können (Anlage 3 des § 27 der II. BV bzw. jetzt
Verordnung über die aufstellung von Betriebskosten – BetrKV vom 25. November 200, BGBl. I S.
2346), stellt der in der II.BV/BetrKV vorliegende Katalog der umlagefähigen Betriebskosten im Fall
der Gewerberaumvermietung nur den Sockel umlagefähiger Nebenkosten dar. Er ist vor allem bei der
Vermietung herkömmlicher Gewerbeimmobilien anzutreffen. Namentlich im Segment der
hochpreisigen Top-Gewerbeimmobilien ist darüber hinaus die Umlage von Verwaltungskosten sowie
weiterer Bewirtschaftungskosten marktüblich und bei der Mietenbewertung zu berücksichtigen. Dies
macht
eine
möglichst
genaue
Analyse
der
Vergleichsmietunterlagen
unabweislich;
die
Mietenbewertung muss sich streng in dem Vermietungsmarktsegment bewegen, das dem jeweiligen
Bewertungsobjekt adäquat ist.
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4.2 Mietflächenberechnungen bei Gewerbeflächen
Unter dem Aspekt des Bewertungsmaßstabes Quadratmetermietpreis ist des Weiteren der Verweis auf
die Problematik der jeweiligen Mietflächenberechnung wichtig. Zur Wahrung der Einheitlichkeit des
Bewertungsmaßstabes sollten die herangezogenen Vergleichsobjekte und das Bewertungsobjekt nach
derselben Flächenberechnungsmethode aufgemessen worden sein. In der Praxis geschieht dies oft in
Anlehnung an die DIN 277, die jedoch aus ihrem Anwendungszweck herrührend den Begriff der vermietbaren Fläche nicht enthält. Zunehmend und besonders bei den hochpreisigen TopGewerbeimmobilien erfolgt eine Bezugnahme auf Richtlinien der Gesellschaft für immobilienwirtschaftliche Forschung e. V. (gif), bei denen z.B. für Büroraum ausgehend von der DIN 277
Berechnungsgrundlagen für Gewerbemietflächen abgeleitet wurden.
Mietfläche für Büroraum (MF-B)
Aus: Richtlinie zur Berechnung der Mietfläche für Büroraum (MF-B)*, NF=Nutzflächen; NGF=Netto-Grundfläche; BGF=
Brutto-Grundfläche; MF-B=Mietfläche
HNF/
NNF
VF
FF
Hauptnutzfläche/
volle anteil.
Nebennutzfläche
Fläche Fläche
Bürofläche
Archivräume
Sanitärräume
Putzräume
Garderobe
Teeküchen
terrassierte Gebäudeflächen,
Balkone
Verkehrsfläche
innenliegende Flure/Gänge
Erschließungsflure
Eingangshalle
Empfangsbereich
Aufzugsvorräume
Fluchtbalkone
Notausgänge
Aufzugsschächte
Treppenpodeste
Treppenläufe
Rampen
Funktionsfläche**
Hausanschlussräume
Heizungsräume
sämtl. Haustechnikräume
begehbare Versorg.-schächte
Aufzugs-/Förderanlagen
°
°
°
°
°
NF
NGF
BGF
MF-B
x
x
x
x
x
x
x
x
x
x
x
x
x
x
x
x
x
x
x
x
x
x
x
x
x
x
x
x
x
x
x
x
x
x
x
x
x
x
x
x
x
x
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x
x
x
x
x
x
x
x
x
x
x
x
x
x
x
x
x
x
x
x
x
KGF
*
Konstruktions-Grundfläche***
Konstruktionswände
x
Stützen, Pfeiler, Säulen
x
Schornsteine
x
nicht begehbare Schächte
x
gif Gesellschaft für immobilienwirtschaftliche Forschung e.V.: Richtlinie zur Berechnung der Mietfläche für Büroraum (MF-B), April
1996. Hier entnommen aus, Dröge, a.a.O., S. 537 ff.
Ausnahmen: **Räume individueller betriebstechnischer Anlagen des Nutzers sind Mietfläche. *** Die KGF von nicht ortsgebundenen
Wänden sind Mietfläche.
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Zu einigen Grundlagen der Mietpreisbewertung für Gewerbeflächen
In der Praxis sind die Berechnungsmethoden von gewerblichen Mietflächen häufig aus dem
Vergleichsmietenmaterial nicht nachvollziehbar, da es insbesondere bei Bestandsmietsachen im
Bereich der herkömmlichen Gewerbeobjekte an entsprechenden Hinweisen fehlt und auch mancher
zeitnah abgeschlossener Mietvertrag die Flächenberechnungsgrundlage unerwähnt lässt. Der erfahrene
Mietensachverständige muss sich dieser Unschärfen bewusst sein und dieselben möglichst
einzugrenzen versuchen.
5 Grundsätzliches zu Schiedsgutachten
Können sich Mietparteien über mietvertraglich vereinbarte Änderungen einer Gewerbemiete nicht
einigen, wird mitunter schon im Mietvertrag die Inanspruchnahme eines öffentlich bestellten und
vereidigten Sachverständigen zur Ermittlung der neu festzusetzenden oder anzupassenden Miete, also
die Erstellung eines Schiedsgutachtens vereinbart. Dabei hat der Sachverständige vor allem den
Parteienwillen hinsichtlich der Mietveränderung festzustellen, ggf. mit den Parteien zu erörtern oder
auch zu interpretieren. Erleichtert wird die Tätigkeit des Schiedsgutachters dann, wenn im
Schiedsgutachtervertrag möglichst klar festgeschrieben wird, wann, in Bezug worauf und wie die
Mietanpassung vorgenommen werden soll.
Mitunter wird von den Mietparteien vereinbart, dass eine Gewerbemiete ab einem bestimmten
Zeitpunkt angemessen angepasst werden soll. Hier ist zu beachten: Angemessenheit und Orts- bzw.
Marktüblichkeit sind nicht identisch. Der Sachverständige hat in diesem Zusammenhang neben der
Entwicklung der vergleichsgeeigneten ortsüblichen Entgelte die Veränderung weiterer wirtschaftlicher
Bezugsgrößen zu berücksichtigen. Wurden solche Größen in der vertraglichen Unterlagen nicht
konkret benannt, greift die übliche Bewertungspraxis neben der Entwicklung der ortsüblichen
Gewerbemiete auf Lebenshaltungs- und Einkommensindizes zurück. Deren Entwicklung findet dann
in bestimmter Gewichtung Eingang in die Feststellung der nachgefragten angemessen angepassten
Miete (gebräuchlich ist z.B. als Gewichtung: Entwicklung der ortsüblichen Gewerbemiete x 0,5,
Entwicklung der Lebenshaltungs- und Einkommensindizes jeweils x 0,25).
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Sachverständigenbüro Dr. Stelter
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Qualifizierung von Sachverständigen für die Grundstückswertermittlung
Zu einigen Grundlagen der Mietpreisbewertung für Gewerbeflächen
6 Wesentliche Bewertungsliteratur für den Mietsachverständigen - Auswahl
Dröge:
Handbuch der Mietpreisbewertung für Wohn- und Gewerberaum, 2. Auflage; Neuwied, Kriftel, 1999
Schwirley:
Mietwertermittlung. Ein Praxishandbuch zur Ermittlung von Mieten für Wohn- und Gewerberaum,
Köln 2000
Blümmel, Kretzer-Mossner:
Gesamtdeutsches Miet- und Wohnrecht, 2003, Berlin 2003
Sprengnetter:
Grundstücksbewertung, Sinzig (Loseblattsammlung)
Kleiber - Simon - Weyers:
Verkehrswertermittlung von Grundstücken. Handbuch zur Ermittlung von Verkehrs-, Beleihungs-,
Versicherungs- und Unternehmenswerten unter Berücksichtigung von WertV und BauGB, Köln,
4. Auflage 2002