Wunde und Wundbehandlung
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Wunde und Wundbehandlung
medicaledition Kompendium Wunde und Wundbehandlung Kompendium Wunde und Wundbehandlung Herausgegeben von der PAUL HARTMANN AG 89522 Heidenheim Deutschland http://www.hartmann.info Konzeption, Gestaltung, redaktionelle Bearbeitung und Herstellung: cmc centrum für marketing und communication gmbh 89522 Heidenheim Wissenschaftliche Beratung: Prof. Dr. med. Pavel Brychta Prof. Dr. med. Günther Germann Dr. med. Andreas Gericke Prof. Dr. med. Walter O. Seiler Dr. med. Jörg Tautenhahn Prof. Dr. med. Helmut Winter 3. überarbeitete und erweiterte Auflage März 2008 © PAUL HARTMANN AG ISBN 978-3-929870-60-2 gedruckt auf chlorfrei gebleichtem Papier PHME11_Wunde_Mantel.indd 2 10.04.2008 17:08:55 Inhaltsübersicht Vorwort 5 Haut und Wunde – Funktionen und Aufbau der Haut – Wunde und Wundarten 6 7 27 Die Prozesse der Wundheilung – Die Phasen der Wundheilung – Quantitative Einteilung der Wundheilung – Einflüsse auf die Wundheilung – Störungen der Wundheilung – Die Wundinfektion 34 35 50 54 61 65 Prinzipien der Behandlung akuter Wunden – Die akute, traumatisch bedingte Wunde – Komplexe traumatische Defekte – Thermische Verletzungen / Verbrennungswunden – Inzisionen / OP-Wunden – Epithelwunden 80 81 85 88 94 94 Prinzipien der Behandlung chronischer Wunden – Das Ulcus cruris venosum – Das Ulcus cruris arteriosum – Das diabetische Ulkus – Das Dekubitalulkus – Die chronisch posttraumatische Wunde – Chronische Strahlenschäden – Wunden bei Tumorpatienten 96 105 110 116 126 130 132 134 Der Wundverband – Aufgaben und Anforderungen – Trockene Wundbehandlung – Feuchte Wundbehandlung – Der Verbandwechsel 136 137 144 148 177 Glossar und Stichwortverzeichnis Literatur und Bildnachweis 194 199 Inhaltsübersicht [2.3] Vorwort Die Wundheilung ist ein natürliches Phänomen. Dabei folgt die Natur im physiologischen Fall einem einheitlichen Schema, das mit der Blutgerinnung beginnt, in katabolen Prozessen die Wunde von untergegangenem Gewebe, Fremdkörpern und Keimen reinigt und schließlich neues Gewebe zur Defektfüllung aufbaut, das sich mit der Zeit in belastbares Narbengewebe umwandelt. Längst ist jedoch nicht alles über die Physiologie der Wundheilung bekannt, was insbesondere im Falle einer gestörten Wundheilung manches Problem mit sich bringt. Dennoch lassen sich aus dem aktuellen Wissen therapeutische Maßnahmen ableiten, die die körpereigenen Bemühungen, die Kontinuität der Hautdecke wieder herzustellen, in sinnvoller Weise unterstützen. Mit diesem Kompendium wurde der Versuch unternommen, den komplexen Themenkreis Wunde und Wundbehandlung in Grundzügen darzustellen. Beschrieben werden Aufbau und Funktionen der Haut, die Prozesse der Wundheilung, Einflüsse auf die Wundheilung und mögliche Störungen daraus, Prinzipien der Behandlung akuter und chronischer Wunden sowie die Verbandbehandlung als wesentliche lokaltherapeutische Maßnahme. Besondere Berücksichtigung fand die Darstellung moderner, hydroaktiver Wundauflagen, deren phasengerechte Anwendung vor allem bei der Behandlung chronischer Problemwunden die Palette der Therapieoptionen erweitert. Die Wundbehandlung berührt alle praktischen Disziplinen der Medizin und Pflege. Das vorliegende Kompendium möchte dazu beitragen, Ärzten und Pflegefachkräften die Information und Weiterbildung zu diesem vielschichtigen Thema zu erleichtern. Vorwort [4.5] Haut und Wunde Die Heilung von Hautwunden beruht auf der Fähigkeit der Haut zur Regeneration von Epithelien und zur Reparation von Hautbindegewebe. Regeneration bedeutet dabei, dass die verletzte Haut narbenlos abheilt, und sie ist möglich, wenn nur die oberste Hautschicht geschädigt ist. Reparation hingegen heißt, dass Ersatzgewebe aufgebaut werden muss, um den Hautdefekt zu schließen. Dies ist immer dann der Fall, wenn die Verletzung tiefe Hautschichten mit betrifft. Basis für das Verständnis des aktuellen Wissens über die Wundheilung sind also zunächst Grundkenntnisse über das Organ Haut als Ort des Geschehens. Funktionen der Haut Mit einer Fläche von 1,6 bis 2 qm bei einem Erwachsenen und einem Gewicht von bis zu einem 1/6 des Körpergewichtes ist die Haut das größte menschliche Organ. Sie bildet die äußere Grenzschicht zwischen dem Menschen und seiner Umwelt und fungiert an dieser exponierten Stelle einerseits als Barriere zur Außenwelt, andererseits aber auch als Verbindung zwischen der Außenwelt und den inneren Organen. Dabei hat sie eine Vielzahl lebenswichtiger Aufgaben zu erfüllen, weshalb ihre Unversehrtheit für den Menschen ein so hohes Gesundheitsgut bedeutet. ▪ Bei intakter Oberfläche verhindert die Haut den Verlust von Körperflüssigkeiten und bietet Schutz vor dem Eindringen von Mikroorganismen ins Körperinnere. ▪ Ihre mechanische Belastbarkeit beispielsweise bei Druck, Schlag oder Stoß ist erstaunlich hoch, wodurch sie die inneren Organe vor Schädigungen bewahrt. ▪ Bis zu einem bestimmten Grad kann die Haut die schädlichen Auswirkungen von Chemikalien und ultraviolettem Licht abwehren. ▪ Sie ist entscheidend an der Wärmeregulation beteiligt – durch situationsgerechte Weit- und Engstellung der Blutgefäße sowie durch das Schwitzen – und trägt damit zur Aufrechterhaltung der lebensnotwendigen Körpertemperatur von 37 °C bei. ▪ Als Sinnesorgan ermöglicht die Haut die Wahrnehmung von mechanischen Reizen wie Druck, Berührung und Vibration sowie von Temperatur und Schmerz. Viele charakterprägende Empfindungen werden nur durch die Haut aufgenommen, sodass der menschliche Entwicklungsprozess ohne die Haut gar nicht stattfinden könnte. Von ganz besonderer Bedeutung ist schließlich, dass die Haut zur Regeneration und Reparation fähig ist, was nichts anderes heißt, als dass sie sich im Falle einer Durchtrennung bzw. Verletzung selbst heilen und ihre Kontinuität wieder herstellen kann. Haut und Wunde [6.7] Die Haut besteht aus der gefäßlosen Epidermis (1) und der Dermis (2), einem gefäß- und nervenreichen Bindegewebe. Daran schließt sich die Subcutis (3) aus lockerem Bindegewebe mit eingelagertem Fettgewebe an. Die Dicke der Haut variiert je nach Beanspruchung in den verschiedenen Körperbereichen von 1-4 mm; sie ist am kräftigsten in den Handinnenflächen und an den Fußsohlen. 1 2 3 Aufbau der Haut Wie jedes Organ hat auch die Haut ihren spezifischen Feinaufbau, um ihre vielfältigen Aufgaben erfüllen zu können. Sie ist dazu als Schichtenorgan mit unterschiedlichen Gewebetypen ausgebildet: Von außen nach innen unterscheidet man die Oberhaut (Epidermis), die Lederhaut (Dermis oder auch Corium) und die Unterhaut (Subcutis). Oberhaut und Lederhaut bilden zusammen die Cutis, d. h. die Haut im eigentlichen Sinne. Zur Haut zählen auch die Hautanhangsgebilde wie Haare, Nägel und die verschiedenen Drüsen. Die Epidermis Die Epidermis stellt ein verhornendes Plattenepithel aus fünf unterschiedlichen Zellschichten dar, das durch seine Festigkeit und Dichtigkeit bestens für Schutzaufgaben gerüstet ist. Die Zellteilung als Voraussetzung für Wachstum und Regeneration erfolgt dabei in den beiden untersten Zelllagen. Von dort aus schieben sich die Zellen zur Hautoberfläche vor, wobei es im Verlauf dieser Zellwanderung zur vollständigen Verhornung (Keratinisierung) der Zellen kommt. Die oberste Hornschicht wird in einem ständigen Prozess der Abschuppung abgestoßen. Unter physiologischen Bedingungen nimmt die Erneuerung der Oberhaut von der Zellteilung bis zum Abstoßen der verhornten Zellen 5 4 3 2 1 Querschnitt durch die Epidermis an der Fingerkuppe, der deutlich die fünf unterschiedlichen Zellschichten zeigt: 1) Keimschicht – Stratum basale (auch Stratum germinativum genannt) 2) Stachelzellschicht – Stratum spinosum 3) Körnerzellschicht – Stratum granulosum 4) Glanzschicht – Stratum lucidum 5) Hornschicht – Stratum corneum etwa 30 Tage in Anspruch. Die Epidermis ist gefäßlos und wird durch Diffusion von Nährstoffen aus den Blutgefäßen der Dermis versorgt. Blutet die Haut beispielsweise bei einer Abschürfung, sind bereits die Kapillaren der Lederhaut mit eröffnet. Die Epidermis hat die Hauptlast bei den Schutzaufgaben der Haut zu tragen, einschließlich der Abwehr ultravioletter Strahlen. Dementsprechend wird auch eine Wundheilung erst als abgeschlossen betrachtet, wenn sich ein neues, belastbares Epithel gebildet hat, das den Körper wieder nach außen schützen kann. Der dominierende Zelltyp der Epidermis sind Keratinozyten, die diese Bezeichnung durch ihre Fähigkeit zur Keratinsynthese erhalten haben. Keratine sind unlösliche Strukturproteine mit hoher Temperatur- und pH-Resistenz, die nur sehr schwer enzymatischen Abbauvorgängen zugänglich sind. Sie werden im Wesentlichen in harte und weiche Keratine unterteilt: Harte Keratine bilden Haare und Nägel, weiche Keratine sind Hauptbestandteil der verhornten Zellen der äußeren Epidermisschichten. Haut und Wunde [8.9] Außer den Keratinozyten enthält die Epidermis weitere Zellen, die als so genannte Wanderzellen – das sind Zellen, die ohne feste Bindung an gleichartige Zellen in den Geweben verteilt sind – spezielle Funktionen der Epidermis sichern. Wichtige Zellen sind: ▪ Melanozyten produzieren den braun-schwarzen Hautfarbstoff Melanin, den sie in Form von Melanosomen an die Keratinozyten abgeben. Diese speichern das Pigment, was sich in einer sichtbaren Färbung der Haut äußert. Mit diesem Vorgang sollen die sich in der Zellteilung befindlichen Keratinozyten vor Schädigung durch UVLicht geschützt werden. Je mehr UV-Licht-Einstrahlung gegeben ist, umso stärker ist die Melanosombildung, was letztlich zur „Sonnenbräune“ der Haut führt. Menge und Verteilung des Melanins sind aber auch für die unterschiedlichen Haut- und Haarfarben verantwortlich. ▪ Merkel-Zellen, auch als Merkel-Tastscheiben bezeichnet, sind flächenhaft ausgebreitete Nervenendigungen. Sie wirken als langsam adaptierende Druckrezeptoren, d. h. durch sie erfolgt die Wahrnehmung längerer Berührungen. Dementsprechend kommen sie gehäuft in der Haut der Fußsohlen und Handflächen vor. ▪ Langerhans-Zellen spielen eine wichtige Rolle bei der Immunfunktion der Haut. Sie erkennen das fremde Antigen, nehmen es auf und verarbeiten es, bevor sie mit immunkompetenten T-Lymphozyten in Wechselwirkung treten. Stratum basale – Basalschicht (1) Die Basal- oder Keimschicht bildet die innerste Zellschicht der Epidermis. Sie besteht aus zylindrischen Keratinozyten, die zur Zellteilung (Mitose) befähigt sind und die fortlaufende Regeneration der Epidermis gewährleisten. Die Zellteilung unterliegt der Steuerung durch zahlreiche Substanzen wie z. B. verschiedene Wachstumsfaktoren, Hormone und Vitamine. Insbesondere scheinen hier die so genannten Chalone eine wichtige Rolle zu spielen, die durch ihren hemmenden Effekt auf das offensichtlich unbegrenzte Mitosepotenzial der Basalzellen den Regenerationsvorgang Schnitt durch die Epidermis: Oben ist das Stratum corneum (braun) mit den Lagen an Korneozyten sichtbar. Daran schließen die Schichten mit den lebenden Zellen an (lila). Unten links ist die Dermis (gelb) erkennbar, durch die die Epidermis ernährt wird. konstant halten. Umgekehrt kommt es bei einem Verlust der Epidermis, der mit dem Absinken des Chalonspiegels verbunden ist, zu einer raschen Regeneration durch eine „enthemmte“ mitotische Aktivität der Basalzellen. Die Basalschicht verläuft wellenförmig entlang den zapfenartigen Vorstülpungen (Papillen) der Dermis. Zwischen der Basalschicht und der Dermis liegt die gefäßlose Basalmembran. Sie trennt beide Hautschichten voneinander, dient aber zugleich auch der Verankerung der Basalzellen und steuert in einem gewissen Umfang den Transport von Proteinen. Stratum spinosum – Stachelzellschicht (2) Die Stachelzellschicht enthält bis zu sechs Lagen unregelmäßig gestalteter Zellen, die Keratin-Peptide synthetisieren und noch eine geringe mitotische Aktivität aufweisen. Sie sind durch Zellbrücken (Desmosomen) miteinander verbunden, die den Zellen ihr „stacheliges“ Aussehen verleihen. Zwischen den Zellbrücken wird Flüssigkeit gespeichert. Stratum granulosum – Körnerzellschicht (3) Die allmähliche Verhornung beginnt in der Körnerzellschicht. Sie umfasst je nach der Dicke der Hornschicht ein bis drei Lagen flacher Zellen, die grobe Körnchen (Granula) aus Keratohyalin aufweisen. Die Granula enthalten u. a. ein Vorläuferprotein, das vermutlich am Aufbau von Keratinfasern im Interzellularraum beteiligt ist. Haut und Wunde [10.11] Die Glanzschicht schützt vor der Einwirkung wässriger Lösungen. Stratum lucidum – Glanzschicht (4) Die Glanzschicht besteht aus kernlosen Zellen, in denen intensive enzymatische Aktivitäten stattfinden. Hier wird die Keratinisierung fortgesetzt, was auch den Abbau der Keratohyalin-Granula der Körnerzellenschicht zu Eleidin mit einschließt. Das Eleidin ist eine fett- und eiweißreiche, azidophile Substanz mit stark lichtbrechenden Eigenschaften. Sie erscheint als homogene, glänzende Schicht – woher die Bezeichnung Glanzschicht stammt – und schützt die Epidermis vor der Einwirkung wässriger Lösungen. Stratum corneum – Hornschicht (5) In dieser Schicht ist der Vorgang der Verhornung abgeschlossen: Die Keratinozyten sind mit der Hornsubstanz Keratin angefüllt und werden jetzt als Korneozyten bezeichnet. Sie liegen dachziegelartig übereinander und sind durch Keratohyalin sowie feinste Fasern (Tonofibrillen) fest miteinander verbunden. Die Zellschicht umfasst etwa 15 bis 20 Zelllagen, wobei die oberste Schicht als Hautschuppen verloren geht. Der obere Hautschnitt lässt die Dicke der Hornschicht erkennen. Die SEM-Aufnahme der Korneozyten zeigt ihre dachziegelartige Schichtung. Die Hornschicht ist zusammen mit den Sekreten der Schweiß- und Talgdrüsen am Aufbau des Oberflächenfilms (Hydrolipidfilm) beteiligt, der auch als Säureschutzmantel bezeichnet wird. Er trägt u. a. dazu bei, die Besiedelung der Haut durch Mikroorganismen in einem physiologischen Gleichgewicht zu halten. Ist die Hornschicht durch Ekzeme oder Verletzungen geschädigt, können Keime und schädliche Substanzen ungehindert in die Haut eindringen. Die Dermis ist ein gefäß- und nervenreiches Bindegewebe, das histologisch in zwei Schichten, die Zapfen- und Netzschicht, unterschieden wird. Die Dermis An die Basalmembran der Epidermis schließt innen die Dermis an. Sie ist ein gefäß- und nervenreiches Bindegewebe, das histologisch in zwei Schichten unterteilt wird: in die äußere Zapfenschicht (Stratum papillare) und in die innere Netzschicht (Stratum reticulare). Die Schichten unterscheiden sich durch Dichte und Anordnung ihrer Bindegewebsfasern, sind aber nicht voneinander abgegrenzt. Stratum papillare – Zapfenschicht Die Zapfenschicht ist durch vorgestülpte Bindegewebszapfen, die Papillen, fest mit der Epidermis verbunden. Im Bereich der Papillen befinden sich Kapillarschlingen, die die Versorgung der gefäßlosen Epidermis sicherstellen, sowie freie Nervenendigungen, Sinnesrezeptoren und initiale Lymphgefäße. Das Bindegewebe selbst besteht aus einem Gerüst von Fibrozyten (Ruheform der Fibroblasten), durchzogen mit elastischen Kollagenfasern. Der Zellzwischenraum ist mit einer gallertigen Grundsubstanz (extrazelluläre Matrix) gefüllt, in der sich mobile Blut- und Gewebezellen bewegen können. Haut und Wunde [12.13] Stratum reticulare – Netzschicht Die Netzschicht besteht aus miteinander verflochtenen, kräftigen kollagenen Faserbündeln, zwischen denen elastische Fasernetze eingelagert sind. Diese Struktur gibt der Haut ihre Elastizität, sodass sie sich Bewegungen und Volumenschwankungen des Organismus anpassen kann. Sie ist außerdem in der Lage, in einem dynamischen Prozess Wasser aufzunehmen und wieder abzugeben. Bei Inzisionen ist für kosmetisch unauffällige Narben möglichst der Verlauf der Langer’schen Hautspaltlinien zu berücksichtigen. Die Kollagenfasern verlaufen in allen Richtungen, orientieren sich aber überwiegend schräg zur Epidermis aufsteigend oder parallel zur Körperoberfläche. Die natürlichen, in Richtung der geringsten Hautdehnbarkeit verlaufenden Spaltlinien der Haut, die senkrecht zu den Hautspannungslinien verlaufen, werden als Langer’sche Hautspaltlinien bezeichnet. Ihr Verlauf ist bei Inzisionen nach Möglichkeit zu berücksichtigen. Hautschnitte entlang dieser Hautspaltlinien klaffen nicht auseinander und ergeben fast unsichtbare Narben, während quer dazu verlaufende Inzisionen wesentlich breitere Narben hinterlassen. Zelluläre Bestandteile der Dermis Vorherrschender Zelltyp des Hautbindegewebes ist der Fibrozyt, der in seiner aktivierten Form als Fibroblast bezeichnet wird. Er stellt eine Reihe von Substanzen zum Aufbau neuen Gewebes bereit: Fibroblasten synthetisieren und sezernieren Vorstufen von Kollagen, Elastin und Proteoglykanen, die außerhalb der Zellen zu Kollagen- und Elastinfasern ausreifen und in nichtfaseriger Form die gelartige Grundsubstanz der extrazellulären Matrix bilden. Des Weiteren finden sich in der Dermis Mastzellen, deren Granula u. a. Heparin und Histamin enthalten, Makrophagen, die aus den Monozyten des Blutes hervorgehen, sowie Lymphozyten. Die Zellen sind an den unspezifischen bzw. spezifischen Abwehrmechanismen (Phagozytose bzw. humorale und zellvermittelte Immunität) des Körpers beteiligt, Für den Aufbau von Hautbindegewebe stellen die Fibroblasten die wichtigsten sezernierenden Zellen dar (Zellkerne blau, Zellskelett orange). sezernieren aber auch biochemisch wirksame Substanzen, die vermittelnde und regulierende Funktion haben und damit für den Fortgang der Reparationsprozesse unerlässlich sind. Faserbestandteile der Dermis Die Bindegewebsfasern der Dermis bestehen aus dem Strukturprotein Kollagen, das ein äußerst widerstandsfähiges biologisches Material darstellt und ungefähr 60 bis 80 % des Trockengewichtes des Gewebes ausmacht. Die Bezeichnung „Kollagen“ geht darauf zurück, dass diese Proteine beim Kochen quellen und einen Leim, griechisch Kolla, ergeben. Von den vier genetisch unterschiedlichen Kollagen-Typen, die in menschlichen Körpergeweben vorkommen, findet sich in der Dermis überwiegend der faserbildende Kollagen-Typ I. Der Aufbau von Kollagenfasern erfolgt in einem intrazellulären und einem extrazellulären Schritt und beginnt in den Fibroblasten. Zunächst werden in der Zelle die charakteristischen Aminosäuren des Kollagens, Glyzin und Prolin/ Hydroxyprolin sowie ein weiteres Drittel anderer Aminosäuren zu einer Dreifach-Helix als Prokollagen verbunden und nach außen in den extrazellulären Raum abgegeben. Haut und Wunde [14.15] Elektronenmikroskopische Darstellung des Hautbindegewebes mit Kollagenbündeln und elastischen Fasern. Die zum Aufbau der Faserproteine erforderlichen Substanzen werden von den Fibroblasten bereitgestellt. Sie synthetisieren Vorstufen von Kollagen und Elastin, die in den extrazellulären Raum abgegeben werden und hier über verschiedene enzymatische Vorgänge zu Kollagen- und Elastinfasern ausreifen. Hier erfolgen weitere enzymatische Modifikationen, wodurch das noch lösliche Prokollagen in unlösliche Kollagenfibrillen überführt wird, die dann schließlich zu Kollagenfasern zusammengesetzt werden. Ein weiteres Faserprotein der Dermis ist das flexible Elastin, das ebenfalls von den Fibroblasten synthetisiert und sezerniert wird. Elastin stellt sich als spiralige Polypeptid-Kette mit hochelastischen Eigenschaften dar, aus der extrazellulär ein zweidimensionales Gebilde ähnlich einem Trampolinnetz aufgebaut wird. Diese Struktur ermöglicht die reversible Dehnung der Haut, sodass eine Überdehnung und ein Zerreißen weitgehend vermieden werden. Nichtfaserige Grundsubstanz der Dermis Die Faserzwischenräume des Hautbindegewebes sind mit amorpher Grundsubstanz, Salzen und Wasser ausgefüllt. Wesentlicher Bestandteil der Grundsubstanz sind Proteoglykane. Dabei handelt es sich um eine Verbindung von Mehrfachzuckern (Polysaccharide) und Proteinen mit einem hohen Anteil an Kohlenhydraten, die früher als Mucopolysaccharide bezeichnet wurden. Proteoglykane sind sehr hydrophil und können ein großes Volumen an Wasser binden, sodass eine klebrige bis gelartige Substanz entsteht. Sie sind offenbar nicht nur reine Strukturproteine, sondern scheinen zudem Einfluss auf die Zellwanderung und Zellhaftung sowie auf die Differenzierung von Zellen zu haben. Außerdem finden sich in der Grundsubstanz eine Reihe weiterer Glykoproteine mit geringerem Kohlenhydratanteil wie Thrombospondin, Laminin-/Nidogen-Komplex, K-Laminin und Gewebsfibronektin, die eine ähnliche Funktionsvielfalt wie Proteoglykane aufweisen. Fibronektin z. B. ist ein Haftprotein, das in der Dermis insbesondere zur Bindung von Zellen an Kollagen dient und damit auch bei der Wundheilung eine wichtige Rolle spielt. Extrazelluläre Matrix Im Gewebe gehen die Zellen mit den von ihnen selbst ausgeschiedenen Substanzen gewöhnlich eine enge Bindung ein. Dazu bilden die Makromoleküle der extrazellulären Substanzen komplexe dreidimensionale Netzwerke, die als extrazelluläre Matrix (Extra Cellular Matrix = ECM) bezeichnet werden. Eine solche Matrix ist in jedem Körpergewebe vorzufinden, wobei Struktur und Zusammensetzung jeweils gewebsspezifische Unterschiede aufweisen und vom Typ der matrixproduzierenden Zellen sowie der Gewebefunktion abhängen. Wachstumsfaktoren / Zytokine Hormone / Vitamine Zellwachstum / Proliferation Schematische Darstellung des Informationsflusses Zelle – extrazelluläre Matrix Zellform Zell-Zell-Kontakte Differenzierungszustand Zell-MatrixBindungen biochemische Produkte / extrazelluläre Matrix Haut und Wunde [16.17] Wenn auch noch längst nicht alle Funktionen der ECM bekannt sind, geht man heute davon aus, dass sie nicht nur als Füllsubstanz zwischen Einzelzellen, Geweben und Organen dient, sondern auch vielfältige Aufgaben im Rahmen der Informationsübermittlung zwischen den in sie eingebetteten Zellen erfüllt. Die Subcutis Die Subcutis stellt die innerste Schicht der äußeren Körperdecke dar. Sie besteht aus lockerem Bindegewebe und weist keine scharfe Begrenzung zur Dermis auf. In der Tiefe verbindet sie sich mit den Muskelfaszien bzw. mit der Knochenhaut. Von wenigen Körperstellen abgesehen, kann in der gesamten Unterhaut Fettgewebe eingelagert werden, das isolierende, speichernde und modellierende Funktionen hat. Eine Vielzahl sensorischer Rezeptoren macht die Haut zum lebenswichtigen Sinnesorgan. Einige Beispiele dazu: 1) Meißner-Körperchen 2) freie Nervenendigungen 3) Vater-Pacini-Körperchen 1 Sensorische Rezeptoren in Cutis und Subcutis Die Haut wird innerviert von verschiedenartigen freien Nervenendigungen und reizaufnehmenden Rezeptoren, die ihre Funktion als Sinnesorgan ermöglichen. Durch die MerkelZellen in der Epidermis kann die Wahrnehmung längerer Berührung erfolgen. Entlang des Papillarkörpers der Dermis liegen reihenförmig die Meißner-Körperchen, die als Berührungsrezeptoren für feinste Druckempfindungen dienen. 2 3 Sie sind dementsprechend an den Fingerspitzen in großer Dichte vorhanden. Die Kraus’schen Endkolben sind für die Wahrnehmung von Kälte von Bedeutung, die Ruffini-Körperchen der Subcutis fungieren als Wärmerezeptoren. Freie Nervenzellen nahe der Hautoberfläche vermitteln Schmerzempfindungen. Die Vater-Pacini-Körperchen der Subcutis reagieren auf mechanische Deformation und Vibration. Hautanhangsgebilde Zu den Anhangsgebilden der Haut gehören Haare und Nägel sowie Talg-, Schweiß- und Duftdrüsen. Haare sind biegsame und zugfeste fädige Strukturen aus der Hornsubstanz Keratin. Sie entwickeln sich aus nach innen wachsenden Ausstülpungen der Oberhaut, reichen aber mit ihrem schräg zur Hautoberfläche stehenden Haarschaft bis tief in die Lederhaut. Ihr Wachstum erfolgt in einem endogenen Zyklus, der für jede Haarwurzel spezifisch ist. Es findet also kein synchrones Wachstum benachbarter Haare statt. Haarwurzeln können nicht regeneriert werden, weshalb ein Narbengewebe stets unbehaart bleibt. Von Haarwurzelresten, d. h. von verbliebenen Epithelien eines geschädigten Haarschaftes, kann jedoch eine Reepithelisierung ausgehen. Finger- und Zehennägel sind durchscheinende Hornplatten, die von der Nagelwurzel zum freien Rand vorwachsen. Das Wachstum beträgt monatlich etwa drei Millimeter und steht in enger Beziehung zu vielen Organfunktionen. Der Zustand der Nägel kann deshalb wichtige diagnostische Hinweise liefern. Haare in mikroskopischer Aufnahme (oben). Die Abbildung unten zeigt Haarwurzeln mit deutlich erkennbaren Epithelien. Bei Verletzungen kann von den verbliebenen Epithelien gegebenenfalls eine Reepithelisierung ausgehen. Die Haarwurzeln selbst können nicht regeneriert werden, weshalb Narben immer unbehaart bleiben. Haut und Wunde [18.19] Elektronenmikroskopische Aufnahmen einer Talgdrüse (links) und einer Schweißpore (rechts). Außer in der unbehaarten Haut der Fußsohlen und Handflächen finden sich Talgdrüsen an allen Körperstellen, besonders zahlreich kommen sie im Gesicht und auf der Kopfhaut vor. Hier können sich bis zu 900 Talgdrüsen pro Quadratzentimeter konzentrieren. Auch über Schweißdrüsen verfügt der Mensch mit etwa 2,5 Millionen reichlich. Talgdrüsen münden in die Haartrichter der Haarbälge, weshalb ihr Vorhandensein mit wenigen Ausnahmen an die Haarfollikel gebunden ist. Ihr Talg, ein Gemisch aus Fetten, Zellen und freien Säuren, fettet Haut und Haare und schützt sie vor Austrocknung. Die Steuerung der Talgproduktion ist ein komplexer Vorgang, der noch nicht in allen Einzelheiten erforscht ist. Schweißdrüsen entstehen ebenfalls aus Zellen der Oberhaut, die dann in die Tiefe der Lederhaut sprossen, sodass die eigentliche Drüse in der Dermis liegt. Die Ausführungsgänge münden in die Hautporen an der Hautoberfläche. Schweiß ist ein saures Sekret, das u. a. aus Wasser, Salzen, flüchtigen Fettsäuren, Harnstoff und Ammoniak besteht und die Hautoberfläche mit einem schützenden Säuremantel überzieht. Die Schweißsekretion dient hauptsächlich der Wärmeregulation. Duftdrüsen produzieren im Gegensatz zu den Schweißdrüsen alkalische Sekrete. Duftdrüsen befinden sich vor allem in den Achselhöhlen, um die Brustwarzen und im Genitalbereich. Sie nehmen ihre Sekretionstätigkeit mit Beginn der Pubertät auf. Blutversorgung der Haut Die stufenförmige Gefäßverteilung in der Haut entspricht dem geschichteten, flächigen Aufbau dieses Organs. Von den unter der Subcutis liegenden Adern gehen reichlich Gefäße aus, die zwischen Unterhaut und Lederhaut ein kutanes Geflecht bilden. Überall dort, wo die Haut stärker verschiebbar ist, sind die Gefäße stark geschlängelt. Aus dem kutanen Geflecht verlaufen einzelne Arteriolen senkrecht nach außen und verzweigen sich am Fuß der Zapfenschicht in das subpapillare Geflecht. Von hier aus reichen feinste schlingenförmige Kapillaren bis in die Papillen der Lederhaut hinein und stellen so auch die Versorgung der gefäßlosen Oberhaut sicher. Blutgefäße der Haut (elektronenmikroskopische Aufnahme) Die Zapfenschicht ist reichlich mit Gefäßen versehen, während sich die Netzschicht relativ gefäßarm zeigt. Der Abtransport von Stoffwechselprodukten erfolgt über die entsprechenden Venennetze, teilweise auch über das Lymphgefäßsystem. 3 2 Schematische Darstellung der Blutversorgung in der Haut. Aus dem subkutanen Geflecht zwischen Subcutis und Dermis (1) verlaufen einzelne Arteriolen (2) senkrecht nach außen und verzweigen sich am Fuß der Zapfenschicht in das subpapillare Geflecht (3), das die Versorgung der Oberhaut sicherstellt. 1 Haut und Wunde [20.21] Bestandteile des Blutes Das Blut, auch als flüssiges Organ des Körpers bezeichnet, dient als Transportmedium für Atemgase, Nährstoffe, Stoffwechselprodukte usw. Des Weiteren zirkulieren im Blut die Zellen des Abwehrsystems sowie Bestandteile des Gerinnungssystems, die im Falle verletzter Blutgefäße zum raschen Verschluss der undichten Stellen beitragen. Durch Zentrifugieren lassen sich die löslichen (Plasma) und die zellulären Bestandteile (weiße und rote Blutkörperchen, Blutplättchen) des Blutes voneinander trennen. Zusammensetzung Blutplasma Wasser (90 %) Elektrolyte Kationen: Anionen: Magnesium Chlorid Kalium Bikarbonat Calcium Phosphat Natrium Sulfat organische Bestandteile Proteine (7-8 %) Albumine, Globuline Fibrinogen (Faktor I) Lipide Glucose Blutplättchen Aufgaben Aufrechterhaltung und Regulation des Wasserund Elektrolythaushalts Aufrechterhaltung des onkotischen Drucks, Proteinreserve, Transportproteine Blutgerinnung Blutgerinnung weiße Blutkörperchen Granulozyten Monozyten Lymphozyten körpereigene Abwehr rote Blutkörperchen Träger des roten Blutfarbstoffes Hämoglobin Transport der Atemgase Sauerstoff und Kohlendioxid Blutplasma Blutplasma ist eine gelbliche, klare Flüssigkeit aus Wasser (90 %), Proteinen (7-8 %), Elektrolyten und Nährstoffen (2-3 %). Von den Proteinen sind ca. 60 % Albumine und 40 % Globuline. Ein für die Wundheilung wichtiger Bestandteil des Plasmas ist Fibrinogen (Faktor I), das für die Blutgerinnung unerlässlich ist. Blutplasma, das nach erfolgter Blutgerinnung kein Fibrinogen mehr enthält, wird als Blutserum bezeichnet. Rote Blutkörperchen (Erythrozyten) Etwa 95 % der Blutzellen sind rote Blutkörperchen: kernlose, scheibenförmige Zellen mit einer zentralen Delle, die hohe Konzentrationen des roten Blutfarbstoffes Hämoglobin enthalten. Ihre Hauptaufgabe ist der Transport der Atemgase Sauerstoff und Kohlendioxid, die durch Hämoglobin reversibel gebunden werden. Der Gasaustausch selbst wird durch die seitlichen Eindellungen der Zellen begünstigt, weil damit eine Oberflächenvergrößerung der kleinen Blutkörperchen erreicht wird. Außerdem erleichtert diese Gestalt die Verformung der Zellen bei der Passage feinster Kapillaren. Bildungsort der Erythrozyten ist das rote Knochenmark. Ihre Lebensdauer beträgt ca.120 Tage, danach werden sie vorrangig in der Milz wieder abgebaut. Die Form der roten Blutkörperchen mit ihrer zentralen Delle begünstigt den Austausch von Sauerstoff und Kohlendioxid und erleichtert die Kapillarpassage. Haut und Wunde [22.23] Weiße Blutkörperchen (Leukozyten) Im Gegensatz zu den Erythrozyten enthalten die weißen Blutkörperchen einen Zellkern. Sie stellen keine einheitliche Zellart dar, sondern werden nach ihrer Form bzw. nach der Form des Zellkerns, nach Funktion, Anfärbbarkeit der zytoplasmatischen Granula sowie nach ihrem Bildungsort in Granulozyten, Monozyten und Lymphozyten unterteilt. Falschfarbendarstellung eines weißen Blutkörperchens, das durch das Endothel eines Blutgefäßes auswandert. Durch ihre Fähigkeit zur Fortbewegung können die Leukozyten zum „Ort des Geschehens“ wandern und z. B. in ein verletztes Hautgebiet gelangen, um dort als Abwehrzellen tätig zu werden. Granulozyten und Monozyten entstehen aus Stammzellen des Knochenmarks. Vorläuferzellen der Lymphozyten entstehen ebenfalls im Knochenmark, vermehren sich aber später in lymphatischen Organen wie Milz und Lymphknoten. Von den insgesamt im Körper vorhandenen Leukozyten zirkulieren nur etwa 5 % im Blut, der überwiegende Teil ist in Organen und Geweben gespeichert oder locker mit den Gefäßwänden assoziiert. Leukozyten dienen der unspezifischen bzw. spezifischen Abwehr und sind maßgeblich an der Beseitigung von Bakterien und Detritus (geschädigte bzw. denaturierte Zellund Gewebesubstanz) beteiligt. Eine Voraussetzung zur Erfüllung ihrer Aufgaben ist dabei ihre Fähigkeit zur amö- Klassifizierung von weißen Blutkörperchen (Leukozyten) Lymphozyten Granulozyten Monozyten Neutrophile Eosinophile Basophile boiden Fortbewegung, die je nach Zellart unterschiedlich stark ausgeprägt ist. Aktiviert durch chemotaktische Reize können die Leukozyten aus den Blutgefäßen auswandern und in das umliegende Gebiet, den „Ort des Geschehens“, einwandern. Granulozyten stellen 60-70 % aller Leukozyten. Sie werden nach dem Färbeverhalten ihrer Granula in eosinophile (mit sauren Eosinfarbstoffen anfärbbare), basophile (mit basischen Farbstoffen anfärbbare) oder neutrophile (farblich neutrale) Granulozyten eingeteilt. Von den Granulozyten bilden die neutrophilen Zellen mit etwa 70 % die größte Gruppe. Sie spielen eine wichtige Rolle bei der Wundreinigung und Infektabwehr. Ihre Kerne enthalten eine Reihe proteolytisch wirksamer Enzyme, die sie befähigen, in großem Ausmaß Detritus aufzulösen und Bakterien zu phagozytieren. Monozyten sind die größten Blutzellen. Im Bereich einer Verletzung verlassen sie die Blutbahn und wandern in das geschädigte Gebiet ein. Dort reifen sie zu gewebetypischen Makrophagen aus und sorgen durch Phagozytose (Eliminierung großer Partikel) bzw. durch Pinozytose (Eliminierung gelösten Materials) für die Beseitigung devitalisierten Gewebes. Die Vorgänge der Phagozytose sowie die weiteren Funktionen der Makrophagen, denen eine Schlüsselrolle in der Wundheilung zukommt, sind im Kapitel „Die Prozesse der Wundheilung“ ab Seite 34 ausführlich beschrieben. Lymphozyten sind kugelförmige Zellen mit einem runden oder ovalen Kern, die trotz geringer amöboider Beweglichkeit zur Migration befähigt sind. Sie stellen die Funktionsträger der spezifischen Abwehr dar: B-Lymphozyten dienen der humoralen Abwehr und T-Lymphozyten der zellulären Abwehr. Haut und Wunde [24.25] Kernlose Blutplättchen im Querschnitt: Deutlich erkennbar sind ihre zahlreichen Granula, die die verschiedensten Gerinnungsfaktoren enthalten. Blutplättchen leiten die Blutgerinnung ein und wirken bei der Thrombenbildung mit. Blutplättchen (Thrombozyten) Blutplättchen sind runde, kernlose Scheibchen, die durch Zytoplasma-Fragmentierung aus Riesenzellen des Knochenmarks hervorgehen. Sie stellen die kleinsten Zellelemente des Blutes dar. Ihr bedeutendstes Aufgabengebiet ist die Blutstillung: Sie leiten die Blutgerinnung ein und sind an der Thrombusbildung beteiligt. Dementsprechend finden sich in ihren zahlreichen Granula wichtige Blutgerinnungsfaktoren (Plättchenfaktoren). Die Vorgänge der Blutgerinnung sind ebenfalls im Kapitel „Die Prozesse der Wundheilung“ ab Seite 34 beschrieben. Wunde und Wundarten Unter einer Wunde versteht man die Trennung des Zusammenhangs von Geweben der Körperhülle, die meist mit einem Verlust an Substanz verbunden ist. Tiefer gehende Schädigungen, die das Muskelgewebe, das Skelettsystem oder innere Organe betreffen, werden definitionsgemäß als komplizierte Wunden bezeichnet. Nach ihrer Entstehung, aber auch nach Tiefe und Ausdehnung des Defektes werden Wunden in verschiedene Wundarten unterschieden: ▪ mechanische bzw. traumatische Wunden ▪ thermische und chemische Wunden ▪ Geschwürswunden Mechanische / traumatische Wunden Mechanische Wunden entstehen durch die unterschiedlichsten Kraft- und Gewalteinwirkungen und umfassen z. B. die geplant gesetzte Operationswunde, die unfallbedingte Zufalls- oder Gelegenheitswunde oder auch die kriegsbedingte Wunde. Die Art der traumatisierenden Einwirkung und das Ausmaß der Schädigung dienen auch hier wiederum der weiteren Klassifizierung für Prognose und Behandlung. Insbesondere lässt die Wundentstehung von vornherein eine Beurteilung zu, ob die Wunde als sauber oder verschmutzt und /oder als primär infiziert einzustufen ist. Diese Beurteilung ist für das nachfolgende Wundmanagement von grundsätzlicher Bedeutung. Geschlossene Wunden sind durch Schädigungen der unter der Haut liegenden Gewebe- und Knochenstrukturen, Blutgefäße und Nerven gekennzeichnet, ohne dass es durch die Gewalteinwirkung zur Durchtrennung der Haut gekommen ist. Beispiele für geschlossene Wunden sind gedeckte Hirnverletzungen mit Gehirnerschütterung, geschlossene FrakHaut und Wunde [26.27] turen oder Distorsionen und Luxationen. Sichtbare Auswirkungen der Traumen sind zumeist Weichteilschwellungen und Hämatome, begleitet von starken Schmerzen. Oberflächliche oder epitheliale Wunden betreffen immer nur die gefäßlose Epidermis. Da die Epidermis zur Regeneration befähigt ist, heilen die Wunden narbenlos ab; die Hautoberfläche unterscheidet sich später in nichts von ihrem früheren Aussehen. Die Schürfwunde ist eine epitheliale Wunde. Auch Spalthautentnahmestellen sowie Entnahmestellen von Reverdin-Transplantaten sind dem Wesen nach als oberflächliche Wunden anzusehen. Perforierende Wunden liegen vor, wenn die Durchtrennung der Haut die Epidermis und die Dermis sowie gegebenenfalls auch die Subcutis betrifft. Beispiele für perforierende Wunden, die auch als penetrierende Wunden bezeichnet werden, sind Schnitt- und Stichwunden, Riss-, Platz- und Quetschwunden, Biss- und Schusswunden usw. Je nach Art des Traumas können zudem Muskelgewebe und innere Organe in Mitleidenschaft gezogen sein, sodass die Übergänge zur komplizierten Wunde oftmals fließend sind. Entsprechend der Entstehungsursache differieren auch Wundzustand und Heilungstendenz erheblich. Komplizierte Wunden, wie z. B. ausgedehnte Weichteiltraumatisierungen, offene Frakturen, schwere Quetschungen mit Décollement, Amputations- und Ausrissverletzungen, können die Folge perforierender und stumpfer Gewalteinwirkung oder auch thermischer bzw. thermo-mechanischer Verletzungen sein. Zusätzlich besteht bei solch komplexen Verletzungsmustern in ausgeprägter Weise das Problem weiterer sekundärer Schädigungen, beispielsweise durch Gefäßverletzungen mit konsekutiver Ischämie, Reperfusionsphänomenen oder Kompartmentsyndromen, aber auch durch Infektionen oder eine inadäquate Primärversorgung. 1 2 3 4 5 6 7 8 1) Hämatom bei geschlossener Fraktur 2) Schürfwunde oder oberflächliche (epitheliale) Wunde 3) Spalthautentnahmestelle, die als oberflächliche Wunde einzustufen ist 4) Perforierende Wunde (Schnittwunde) als geplant gesetzte OPWunde 5) Quetschwunde am Daumen 6) Komplizierte Wunde, Fraktur mit erheblicher Weichteilschädigung 7) Komplexe offene Unterschenkelfraktur nach Verkehrsunfall mit schwerster Weichteilschädigung 8) Quetschwunde mit ausgedehnter Gewebezerstörung Haut und Wunde [28.29] Thermische und chemische Wunden Thermische und chemische Wunden entstehen durch Einwirkungen von Hitze und Kälte, gewebeschädigenden Strahlen, Säuren oder Laugen. Sie weisen je nach Dauer, Einwirkungsintensität der verschiedenen Medien sowie Höhe der Temperatur Gewebezerstörungen unterschiedlichster Art auf. Die Einteilung von Verbrennungsschäden und Erfrierungen in drei bzw. vier Schweregrade dient der prognostischen Beurteilung und Therapieplanung. 9% 9% je 18 % 9% 1% 18 % 18 % Neuner-Regel nach Wallace zur Flächenbewertung einer Verbrennung Die vier Schweregrade der Verbrennung sind: ▪ Grad I: funktionelle Schädigung der oberen Epidermisschicht (Stratum corneum), die sich als Erythem manifestiert ▪ Grad IIa: Zerstörung der Epidermis bis zur Basalschicht mit Blasenbildung ▪ Grad IIb: tief dermale Verbrennung, die die Epidermis und fast die gesamte Tiefe der Dermis betrifft ▪ Grad III: Nekrose mit vollständiger, irreversibler Zerstörung von Epidermis, Dermis und oft teilweise der Subcutis („fullthickness-burn“) ▪ Grad IV: Verkohlung, die die Muskeln, Sehnen und gegebenenfalls die Knochen mit betrifft. Die Einteilung in Grad IV ist heute allerdings allgemein nicht mehr gebräuchlich. Der Schweregrade einer thermischen Verletzung bezieht sich nur auf die Tiefe der Verletzung. Ein mindestens ebenso wichtiges Kriterium für Prognose und Therapieplanung ist jedoch auch die flächenmäßige Ausdehnung der Verbrennung. Sie wird insbesondere in der Notfallsituation üblicherweise nach der so genannten Neuner-Regel nach Wallace geschätzt und in Prozenten ausgedrückt. Möglich ist aber auch eine Flächenabschätzung mithilfe des Vergleichs der Handfläche des Brandverletzten, die circa 1) Verbrennung Grad III mit Nekrosen der Epidermis, Dermis und Teilen der Subcutis 2) Verbrennung Grad III und IV 3) Erfrierung 4) Laugenverletzung („chemische Verbrennung“) 1 2 3 4 einem Prozent seiner Körperoberfläche (KOF) entspricht. Eine exaktere Flächenbewertung erfolgt dann nach entsprechenden Tabellen, in denen auch die Besonderheiten der Körperdimensionen von Kindern Berücksichtigung finden. Auch Erfrierungen werden, je nachdem welche Hautanteile zerstört sind, in vier Schweregrade eingeteilt: Grad I = Erythem, Grad II = Blasenbildung, Grad III = Nekrose und Grad IV = Thrombenbildung und Gefäßverschlüsse. Verletzungen durch Säuren oder Laugen sind nach ihrem Schädigungsmuster wie Verbrennungswunden einzustufen („chemische Verbrennung“). Sie werden nach der Neutralisation der einwirkenden Säure oder Lauge wie Verbrennungswunden klassifiziert und behandelt. Haut und Wunde [30.31] Geschwürswunden Eine weitere Gruppe mit besonderer Wundheilungsproblematik stellen die Geschwürswunden dar, die in der Fachsprache als Ulzera bezeichnet werden. Im Gegensatz zu akuten Wunden entstehen sie zumeist nicht durch traumatische Ereignisse von außen, sondern durch lokale Ernährungsstörungen in der Haut, hervorgerufen durch venös, arteriell oder neuropathisch bedingte Gefäßschädigungen oder durch lokale, anhaltende Druckeinwirkungen. Ein Ulkus kann aber auch als symptomatisches Geschwür aus einer Systemerkrankung resultieren, z. B. infolge bestimmter Tumoren, infektiöser Hauterkrankungen oder Bluterkrankungen. Entsprechend der Schwere der trophischen Störung kann die Schädigung alle Hautschichten betreffen und bis auf die Knochen reichen. Ulzera benötigen zu ihrer Heilung meist länger als acht Wochen und gelten deshalb definitionsgemäß auch als chronische Wunden. Unter dieser Klassifizierung werden die wichtigsten chronischen Wundzustände im Kapitel „Prinzipien der Behandlung chronischer Wunden“ ab Seite 96 beschrieben. 1 2 3 4 5 6 1) Fersendekubitus mit geschlossener Nekrosekappe 2) Sakraler Dekubitus mit Nekrosen und Wundtaschen 3) Ulcus cruris venosum, das als so genanntes Gamaschenulkus den ganzen Unterschenkel erfasst hat 4) Ulcus cruris, verursacht durch ein Basaliom 5) Diabetisches Ulkus (Mal perforans) 6) Strahlenulkus Haut und Wunde [32.33] Die Prozesse der Wundheilung Die Regeneration von Epithelien und erst recht die arbeitsintensive Reparation von Hautbindegewebe sind biologisch wie zeitlich wohl organisierte Gemeinschaftsleistungen der verschiedensten Blut-, Immun- und Gewebezellen. Sie treiben den Heilungsprozess Schritt für Schritt in so genannten Wundheilungsphasen voran. Die Phasen der Wundheilung Unabhängig von der Art der Wunde und vom Ausmaß des Gewebeverlustes verläuft jede Wundheilung in Phasen, die sich zeitlich überlappen und nicht voneinander zu trennen sind. Die Phaseneinteilung orientiert sich an den grundsätzlichen morphologischen Veränderungen im Laufe der Reparationsprozesse, ohne die eigentliche Komplexität der Vorgänge widerzuspiegeln. Üblich sind Einteilungen in drei bzw. vier Wundheilungsphasen, wobei hier für die nachfolgenden Darstellungen die Systematik von drei Grundphasen benutzt wird: ▪ Inflammatorische bzw. exsudative Phase zur Blutstillung und Wundreinigung ▪ Proliferative Phase zum Aufbau von Granulationsgewebe ▪ Differenzierungsphase zur Ausreifung, Narbenbildung und Epithelisierung In der Praxis werden die drei Wundheilungsphasen verkürzt auch als Reinigungs-, Granulations- und Epithelisierungsphase bezeichnet. Schematische Darstellung des Zeitablaufes der Wundheilungsphasen: inflammatorische Phase proliferative Phase Differenzierungsphase 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 Prozesse der Wundheilung [34.35] Inflammatorische /exsudative Phase Die inflammatorische /exsudative Phase setzt mit dem Moment der Verletzung ein und dauert unter physiologischen Bedingungen etwa drei Tage. Die ersten Gefäßund Zellreaktionen bestehen in der Blutstillung und Blutgerinnung und sind nach ca.10 Minuten abgeschlossen. Durch Gefäßerweiterung (Vasodilatation) und Erhöhung der Kapillarpermeabilität kommt es dann zur verstärkten Exsudation von Blutplasma in das Interstitium. Damit wird die Einwanderung von Leukozyten, vor allem neutrophiler Granulozyten und Makrophagen, in das Wundgebiet gefördert. Sie haben die Aufgabe, Infektionen abzuwehren und die Wunde durch Phagozytose zu reinigen. Gleichzeitig geben sie biochemisch wirksame Mediatorsubstanzen ab, durch die Zellen aktiviert und stimuliert werden, die bereits für die nächste Phase wichtig sind. Eine Schlüsselrolle kommt dabei den Makrophagen zu. Ihre Anwesenheit in ausreichender Zahl ist für den Fortgang der Wundheilung von entscheidender Bedeutung. Blutgerinnung und Blutstillung Erstes Ziel der reparativen Vorgänge ist es, die Blutung zu stillen. Durch die Verletzung werden aus den geschädigten Zellen vasoaktive Substanzen freigesetzt, die eine Engstellung der Gefäße (Vasokonstriktion) zur Vermeidung größerer Blutverluste bewirken, bis durch Thrombozytenaggregation ein erster Gefäßverschluss hergestellt ist. Die im Blutplasma zirkulierenden Blutplättchen heften sich am Verletzungsort an die geschädigten Gefäße und bilden einen Pfropf, der die Gefäße zunächst provisorisch verschließt. Mit dem komplexen Vorgang der Thrombozytenaggregation wird das Gerinnungssystem aktiviert, um die Verletzungsstelle dauerhaft zu verschließen. Die in Stufen ablaufende Blutgerinnung (Gerinnungskaskade), an der etwa 30 verschiedene Faktoren beteiligt sind, führt zur Bildung Blutstillumg Thrombozyten Gerinnungsfaktoren Bildung eines Fibringerinnsels – als Wundverschluss – Matrix für Kollageneinbau Entzündung und Reinigung Freisetzung von Wachstumsfaktoren, stimulieren Einstrom von Entzündungszellen Mastzellen, Lymphozyten neutrophile Granulozyten Makrophagen Immunabwehr / Phagozytose Freisetzung von Wachstumsfaktoren und Zytokinen, stimulieren ... Proliferation Fibroblasten Kollagensynthese Gefäßendothelzellen Keratinozyten Angiogenese Epithelisierung Ablaufschema der physiologischen Wundheilung. Im Idealfall wird in einer Wunde über verschiedene voneinander abhängige Prozesse wie Blutgerinnung, Entzündung und Abbau devitalisierten Gewebes, Gefäßneubildung, Aufbau von Granulationsgewebe, Epithelisierung und Ausreifung das fehlende Gewebe durch ein funktionelles Narbengewebe ersetzt. Damit die Wundheilungskaskade regulär ablaufen kann, ist das chronologisch korrekte Auftreten der beteiligten Zellen unerlässlich. Kommt es zur Störung nur eines Teilschrittes, kann dies die gesamte Wundheilung beeinflussen. Differenzierung Defektauffüllung durch Granulationsgewebe Kontraktion, Narbenbildung, Epithelisierung, Ausreifung Prozesse der Wundheilung [36.37] Blutgerinnsel bestehend aus Blutplättchen, roten Blutkörperchen und Fibrinfäden eines unlöslichen Fibrinnetzes aus Fibrinogen. Es entsteht ein Gerinnsel, das die Blutung stoppt, die Wunde verschließt und gegen weitere bakterielle Kontamination und Flüssigkeitsverlust schützt. Um den Gesamtorganismus dabei nicht durch sich ausbreitende thrombotische Prozesse zu gefährden, müssen Thrombozytenaggregation und die Vorgänge der Blutgerinnung lokal auf den Ort der Verletzung beschränkt bleiben. Im strömenden Blut wird der Gerinnungsvorgang deshalb ständig durch Substanzen des fibrinolytischen (gerinnselauflösenden) Systems kontrolliert. Entzündungsreaktionen Die Inflammation oder Entzündung stellt die komplexe Abwehrreaktion des Organismus auf die Einwirkung unterschiedlichster Noxen mechanischen, physikalischen, chemischen oder bakteriellen Ursprungs dar. Ziel ist es, die Noxen zu eliminieren bzw. zu inaktivieren, das Gewebe zu reinigen und die Voraussetzungen für die nachfolgenden proliferativen Vorgänge zu schaffen. Entzündungsreaktionen sind somit bei jeder Wunde, auch bei einer geschlossenen Wunde mit intakter Hautoberfläche, vorhanden. Sie treten jedoch verstärkt auf, wenn bei offenen Hautwunden, die immer bakteriell verunreinigt sind, die eingedrungenen Mikroorganismen eliminiert und Detritus sowie sonstige Fremdkörper abgeräumt werden müssen. Die Entzündung ist durch die vier Symptome Rötung (Rubor), Wärme (Calor), Schwellung (Tumor) und Schmerz (Dolor) charakterisiert. Die zu Beginn der Verletzung kurzfristig eng gestellten Arteriolen erweitern sich durch vasoaktive Substanzen wie Histamin, Serotonin und Kinin. Dies führt zur verstärkten Durchblutung des Wundgebietes und zu der für die Eliminierung der Noxen notwendigen Steigerung des lokalen Stoffwechsels. Der Vorgang zeigt sich klinisch als Rötung und Erwärmung um das Entzündungsgebiet. Durch die Gefäßerweiterung kommt es gleichzeitig zu einer Steigerung der Gefäßpermeabilität mit verstärkter Exsudation von Blutplasma in das Interstitium. Ein erster Exsudationsschub findet etwa zehn Minuten nach der Wundsetzung statt, ein zweiter etwa ein bis zwei Stunden später. Es entsteht ein als Schwellung sichtbares Ödem, an dessen Ausbildung zusätzlich die verlangsamte Blutzirkulation, aber auch die örtliche Azidose (Verschiebung des Säure-Basen-Gleichgewichtes in den sauren Bereich) im Wundgebiet Anteil hat. Es wird heute davon ausgegangen, dass durch die örtliche Azidose die katabolen Vorgänge verstärkt und durch die Vermehrung der Gewebsflüssigkeit die toxischen Zerfallsprodukte von Gewebe und Bakterien verdünnt werden. Entzündete Wunden mit dem deutlich sichtbaren Symptom der Rötung, oben eine Verbrennungswunde, unten eine OP-Naht nach gefäßchirurgischem Eingriff Der Wundschmerz entwickelt sich als Folge freigelegter Nervenendigungen und der Schwellung, aber auch durch bestimmte Entzündungsprodukte wie z. B. Bradykinin. Starker Schmerz kann eine Funktionseinschränkung (Functio laesa) zur Folge haben. Prozesse der Wundheilung [38.39] Phagozytose und Infektabwehr Etwa 2-4 Stunden nach der Verletzung beginnt im Rahmen der Entzündungsreaktionen die Einwanderung von Leukozyten, die als so genannte Phagozyten (Fresszellen) zur Phagozytose von Detritus, körperfremdem Material und Keimen befähigt sind. In der initialen Entzündungsphase überwiegen hierbei neutrophile Granulozyten, die verschiedene entzündungsfördernde Botenstoffe, so genannte Zytokine, in die Wunde sezernieren, Bakterien phagozytieren, aber auch eiweißspaltende Enzyme (Proteinasen) freisetzen, die beschädigte und avitale Bestandteile der extrazellulären Matrix beseitigen. Dies bedeutet eine erste Reinigung der Wunde. Im Gefolge der Granulozyten wandern etwa 24 Stunden später Monozyten in das Wundgebiet ein, die sich dann im Wundgebiet zu Makrophagen ausdifferenzieren, die Phagozytose fortsetzen, aber auch durch Sezernierung weiterer Zytokine und Wachstumsfaktoren entscheidend in das Geschehen eingreifen. Ablauf der Phagozytose: Nach der Opsonierung des Fremdkörpers („Schmackhaftmachen“) bewegt sich der Phagozyt zielgerichtet auf den Fremdkörper zu (1), und es kommt zur Adhäsion (2). Im nächsten Schritt umschließt der Phagozyt den Fremdkörper mit Pseudopodien (3). Durch erneutes Verschmelzen der Pseudopodien (4) entsteht eine Vakuole (Phagosom), die mit Lysosomen zum Phagolysosomen verschmilzt (5), in dem dann die „Verdauung“ des Fremdkörpers stattfindet (6). 1 2 3 4 5 6 Die Leukozyteneinwanderung sistiert innerhalb eines Zeitraums von ca. 3 Tagen, wenn die Wunde „sauber“ ist, und die Entzündungsphase nähert sich ihrem Ende. Kommt es jedoch zu einer Infektion, hält die Leukozyteneinwanderung an und die Phagozytose wird verstärkt. Dies führt zu einer zeitlichen Verlängerung der inflammatorischen Phase und somit zu einer Verzögerung der Wundheilung. Die mit Detritus beladenen Phagozyten und aufgelöstes Gewebe bilden den Eiter. Die Abtötung von Bakterienmaterial im Zellinneren der Phagozyten kann nur mithilfe von Sauerstoff erfolgen, weshalb eine ausreichende Sauerstoffversorgung im Wundgebiet für die Infektabwehr von zentraler Bedeutung ist. Die dominierende Rolle der Makrophagen Es gilt heute als gesichert, dass eine Wundheilung ohne funktionierende Makrophagen nicht möglich ist. Der größte Teil der Makrophagen hat seinen Ursprung in hämatogenen Monozyten, deren Differenzierung und Aktivierung zum Makrophagen im Wundgebiet stattfindet. Angelockt durch chemotaktische Reize bakterieller Toxine und zusätzlicher Aktivierung durch neutrophile Granulozyten, wandern die Zellen in dichten Reihen aus dem zirkulierenden Blut in die Wunde. Im Rahmen ihrer phagozytierenden Tätigkeit, die den höchsten Aktivierungsgrad der Zellen darstellt, beschränken sich die Makrophagen dabei nicht nur auf einen direkten Angriff auf Mikroorganismen, sie helfen auch bei der Antigenübermittlung an die Lymphozyten. Von Makrophagen abgefangene und teilweise aufgebaute Antigene werden den Lymphozyten in einer erkennbaren Form angeboten. Makrophagen bei der Phagozytose von E.-coli-Bakterien Des Weiteren sezernieren Makrophagen entzündungsfördernde Zytokine (Interleukin-1, IL-1, und tumor necrosis factor α, TNF-α ) sowie verschiedene Wachstumsfaktoren Prozesse der Wundheilung [40.41] Verwundung Blutgerinnung, Blutplättchen Entzündung Epithelzellen Fibroblasten Makrophagen – Lymphozyten, Granulozyten Débridement, Infektabwehr Angiogenese Kollagenabbau Kollagensynthese Remodelling Wundkontraktion Proteoglykansynthese Wundverschluss Die Rolle der Makrophagen bei der Wundheilung (bFGF = basis fibroblast growth factor, EGF = epidermal growth factor, PDGF = platelet-derived growth factor und TGF-α und -β = transforming growth factor α und β). Diese Wachstumsfaktoren sind Polypeptide, die die an der Wundheilung beteiligten Zellen in vielfältiger Weise beeinflussen: Sie locken Zellen an und fördern ihren Einstrom in das Wundgebiet (Chemotaxis), stimulieren die Zellen zur Proliferation, können aber auch eine Transformation der Zellen bewirken. Proliferative Phase Während der zweiten Wundheilungsphase überwiegt die Zellproliferation mit dem Ziel der Gefäßneubildung und Defektauffüllung durch das Granulationsgewebe. Die Phase beginnt etwa am 4. Tag nach der Wundentstehung, die Voraussetzungen dafür wurden aber bereits in der inflammatorisch-exsudativen Phase geschaffen: Unverletzte Fibroblasten aus dem umliegenden Gewebe können in das bei der Blutgerinnung entstandene Gerinnsel und Fibrinnetz einwandern und es als provisorische Matrix nutzen. Die bereits sezernierten Zytokine und Wachstumsfaktoren stimulieren und regulieren die Migration und Proliferation der für die Gewebe- und Gefäßneubildung zuständigen Zellen. Gefäßneubildung und Vaskularisierung Ohne neue Gefäße, die eine ausreichende Versorgung des Wundgebietes mit Blut, Sauerstoff und Nährstoffen sicherstellen sollen, kann die Wundheilung nicht vorankommen. Die Gefäßneubildung geht dabei von intakten Blutgefäßen am Wundrand aus. Durch die Stimulation von Wachstumsfaktoren sind die Zellen der Epithelschicht, die die Gefäßwände auskleidet (hier als Endothel bezeichnet), in der Lage, ihre Basalmembran abzubauen, sich zu mobilisieren und in das umgebende Wundgebiet und das Blutgerinnsel einzuwandern. Durch weitere Zellteilungen formen sie hier ein röhrenförmiges Gebilde, das sich an seinem knospenartigen Ende weiter teilt. Die einzelnen Gefäßknospen wachsen aufeinander zu und verbinden sich zu kapillaren Gefäßschlingen, die sich wiederum so lange weiter verzweigen, bis sie auf ein größeres Gefäß stoßen, in das sie einmünden können. Allerdings wurden kürzlich im Blut zirkulierende Endothelstammzellen entdeckt, was möglicherweise die bisherige Lehrmeinung in Frage stellt. Eine gut durchblutete Wunde ist äußerst gefäßreich. Auch die Permeabilität neu gebildeter Kapillaren ist höher als die der sonstigen Kapillaren, wodurch dem gesteigerten Stoffwechsel in der Wunde Rechnung getragen wird. Allerdings sind die neuen Kapillaren wenig widerstandsfähig gegen mechanische Belastungen, weshalb das Wundgebiet vor Traumatisierungen geschützt werden muss. Mit der späteren Ausreifung des Granulationsgewebes zu Narbengewebe bilden sich auch die Gefäße wieder zurück. 1 2 Das Modell der Angiogenese: Auflösung der Basalmembran intakter Blutgefäße durch verschiedene Substanzen, dadurch Freisetzung von Endothelzellen, Bildung von Gefäßknospen durch Zellteilung (1), die sich zu Kapillarschlingen weiterentwickeln (2) Prozesse der Wundheilung [42.43] Granulationsgewebe In zeitlicher Abhängigkeit von der Gefäßbildung beginnt etwa am 4. Tag nach der Wundentstehung die Defektauffüllung mit neuem Gewebe. Es entwickelt sich das so genannte Granulationsgewebe, dessen Aufbau maßgeblich von den Fibroblasten initiiert wird. Sie produzieren zum einen Kollagen, das außerhalb der Zellen zu Fasern ausreift und dem Gewebe seine Festigkeit verleiht, zum anderen aber auch Proteoglykane als gallertige Grundsubstanz des extrazellulären Raums. Elektronenmikroskopische Aufnahme eines Fibroblasten, der als wichtigster Zelltyp des Hautbindegewebes für Synthese und Sekretion von Kollagen, Elastin und Proteoglykanen verantwortlich ist. Fibroblasten Die spindelförmigen Fibroblasten werden nicht mit dem Blutkreislauf in die Wunde transportiert, sondern stammen vorwiegend aus dem ortsständigen Gewebe, das verletzt wurde. Sie werden durch Chemotaxis angelockt. Als Nährsubstrat dienen Aminosäuren, die beim Abbau der Blutgerinnsel durch die Makrophagen entstehen. Gleichzeitig benutzen die Fibroblasten das bei der Blutgerinnung entstandene Fibrinnetz als Matrix für den Einbau von Kollagen. Die enge Beziehung zwischen Fibroblasten und dem Fibrinnetz führte in der Vergangenheit zur Annahme, dass das Fibrin zu Kollagen umgewandelt wird. Tatsächlich aber wird mit dem zunehmenden Einbau von Kollagen das Fibrinnetz abgebaut, die verschlossenen Gefäße werden wieder rekanalisiert. Dieser Prozess, gesteuert durch das Enzym Plasmin, wird als Fibrinolyse bezeichnet. Fibroblasten wandern also in das Wundgebiet ein, wenn Aminosäuren von aufgelösten Blutgerinnseln bereitstehen und nekrotisches Gewebe abgeräumt ist. Sind jedoch Hämatome, nekrotisches Gewebe, Fremdkörper und Bakterien anwesend, wird sowohl die Neubildung der Gefäße als auch die Fibroblasteneinwanderung verzögert. Der Umfang der Granulationsbildung korrespondiert so direkt mit dem Umfang der Blutgerinnung und dem Ausmaß des Entzündungsgeschehens sowie mit der körpereigenen Wundreinigung mithilfe der Phagozytose. Auch wenn Fibroblasten üblicherweise als „einheitlicher Zelltyp“ gesehen werden, ist insbesondere für die Wundheilung wichtig, dass sie in Funktion und Reaktion differieren. In einer Wunde befinden sich Fibroblasten unterschiedlichen Alters, die sich sowohl in ihrer Sekretionstätigkeit als auch in ihrer Reaktion auf Wachstumsfaktoren unterscheiden. Im Verlauf der Wundheilung wandelt sich ein Teil der Fibroblasten zu Myofibroblasten um, die die Kontraktion der Wunde bewirken. Besonderheiten des Granulationsgewebes Das Granulationsgewebe kann als eine vorübergehende, primitive Gewebseinheit oder auch als Organ bezeichnet werden, das die Wunde „endgültig“ verschließt und als „Bett“ für die anschließende Epithelisierung dient. Nach der Erfüllung seiner Aufgaben wird es schrittweise zu Narbengewebe umgewandelt. Die Bezeichnung „Granulation“ wurde 1865 von Billroth eingeführt und rührt daher, dass sich bei der Entwicklung des Gewebes auf der Oberfläche hellrote, glasig-transparente Körnchen (lat. Granula) zeigen. Jedem dieser Körnchen entspringt ein Gefäßbäumchen mit zahlreichen feinen Kapillarschlingen, wie sie durch die Gefäßneubildung entstehen. An die Schlingen lagert sich das neue Gewebe an. Bei einer guten Granulation vergrößern sich die Körnchen mit der Zeit und nehmen auch zahlenmäßig zu, sodass schließlich eine lachsrote, feuchtglänzende Oberfläche entsteht. Eine solche Granulation zeigt eine gute Heilung. Gestörte, stagnierende Heilungsprozesse sind gegeben, wenn die Granulation mit schmierigen Auflagerungen belegt ist, blass und schwammig aussieht oder bläulich verfärbt ist. Die Beschaffenheit des Granulationsgewebes ist ein wichtiger Indikator zur Beurteilung der Heilungstendenz und Qualität der Wundheilung. Die Abbildung oben zeigt ein schwammiges Granulationsgewebe bei inadäquater Wundheilung; die frischrote Granulation (unten) hingegen ist ein Zeichen für einen guten Heilungsverlauf. Prozesse der Wundheilung [44.45] Differenzierungs- und Umbauphase Etwa zwischen dem 6. und 10. Tag beginnt die Ausreifung der kollagenen Fasern. Die Wunde kontrahiert, das Granulationsgewebe wird zunehmend wasser- und gefäßärmer, festigt sich und bildet sich zu Narbengewebe um. Die Epithelisierung bringt dann die Wundheilung zum Abschluss. Dieser Vorgang beinhaltet die Neubildung von Epidermiszellen durch Mitose und Zellwanderung, vorrangig vom Wundrand her. Wundkontraktion Die Wundkontraktion führt durch Annäherung der nicht zerstörten Gewebssubstanzen dazu, dass das Gebiet der „unvollständigen Reparation“ so klein wie möglich gehalten wird und Wunden sich spontan schließen. Sie wirkt sich umso mehr aus, je beweglicher die Haut gegenüber ihrer Unterlage ist. Entgegen der früheren Vorstellung, dass die Wundkontraktion durch die Schrumpfung der Kollagenfasern zustande kommt, weiß man heute, dass diese Schrumpfung nur eine untergeordnete Rolle spielt. Verantwortlich für die Kontraktion sind vielmehr die Fibroblasten des Granulationsgewebes, die sich nach Beendigung ihrer Sekretionstätigkeit teilweise in Fibrozyten (Ruheform der Fibroblasten) und Wundverschluss durch deutlich sichtbare Kontraktion und Epithelisierung (links), noch nicht belastbarer Epithelrasen (rechts) teilweise in Myofibroblasten umwandeln. Der Myofibroblast ähnelt den Zellen der glatten Muskulatur und enthält wie diese den kontraktionsfähigen Muskeleiweißkörper Actomyosin. Die Myofibroblasten kontrahieren, womit gleichzeitig die Kollagenfasern gestrafft werden. Dadurch schrumpft das Narbengewebe und zieht das Hautgewebe am Wundrand zusammen. Epithelisierung Die Überhäutung der Wunde bildet den Abschluss der Heilung, wobei die Vorgänge der Epithelisierung auf das Engste mit der Ausbildung der Wundgranulation verknüpft sind. Vom Granulationsgewebe gehen zum einen die chemotaktischen Signale zur Auswanderung der Randepithelien aus, zum anderen benötigen die Epithelzellen eine feuchte Gleitfläche für ihre Migration. Auch die Reepithelisierung ist ein komplexer Vorgang, der auf einer verstärkten Mitoserate in der Basalschicht der Epidermis und der Migration neuer Epithelzellen vom Wundrand her beruht. Mitose und Migration Die zur Wundheilungsreaktion befähigten stoffwechselaktiven Zellen der Basalschicht besitzen offensichtlich ein unbegrenztes Mitosepotenzial, das normalerweise durch gewebsspezifische Hemmstoffe, die so genannten Chalone, gedrosselt, im Läsionsfall jedoch voll wirksam wird. Sinkt also nach einer Epidermisverletzung der extrazelluläre Chalonspiegel infolge des Verlustes zahlreicher chalonproduzierender Zellen im Wundbereich stark ab, ergibt sich daraus eine entsprechend hohe mitotische Aktivität der Zellen der Basalschicht und leitet die für die Defektdeckung erforderliche Zellvermehrung ein. Prozesse der Wundheilung [46.47] Auch die Zellwanderung zeigt ihre Besonderheiten. Während bei der physiologischen Reifung der Epidermis die Zellen von der Basalschicht zur Hautoberfläche hin wandern, erfolgt der reparative Zellersatz durch Vordringen der Zellen in linearer Richtung auf den gegenüberliegenden Wundrand hin. Die Epithelisierung vom Wundrand aus setzt bereits mit der Kontinuitätsdurchtrennung der Epidermis ein. Die auseinander gerissenen Epithelzellen kriechen durch aktive amöboide Bewegungen, die an die Fähigkeit von Einzellern erinnern, aufeinander zu und versuchen so, die Lücke zu schließen. In dieser Weise gelingt das allerdings nur bei spaltförmigen, oberflächlichen Wunden. Bei allen anderen Verletzungen der Haut ist die Migration der Wundrandepithelien an die Auffüllung des Gewebedefektes durch das Granulationsgewebe gebunden, denn die Epithelien zeigen keinerlei Neigung, in Senken oder Wundkrater hinabzusteigen. Sie benötigen die glatte, feuchte Kriechfläche. Schematische Darstellung der Reepithelisierung durch Zellteilung und Zellwanderung. Auf der Gleitfläche des Granulationsgewebes kriechen die Epithelzellen aufeinander zu. Ist der Defekt geschlossen, schieben sich die Epithelzellen übereinander, sodass die Epitheldecke widerstandsfähiger wird. Mitose migrierende Zellen Migrationsrichtung › ‹ Kontaktinhibition › ‹ Mitose Die Migration der randständigen Epidermiszellen geht nicht gleichmäßig und unaufhaltsam, sondern wahrscheinlich in Abhängigkeit von der jeweiligen Beschaffenheit der Wundgranulation schubweise vor sich. An das erste Vorwachsen des Randepithels schließt sich eine Phase der Verdickung der zunächst einschichtigen Epitheldecke durch ein Übereinanderschieben der Zellen an. Des Weiteren werden die bald mehrschichtigen Epithellagen widerstandsfähiger und dichter. Besonderheiten der Reepithelisierung Nach dem Muster der physiologischen Regeneration heilen lediglich die oberflächlichen Schürfwunden der Haut, das Regenerat fällt demgemäß vollwertig und ebenbildlich aus. Alle anderen Hautwunden ersetzen den entstandenen Gewebeverlust, wie bereits geschildert, durch Zellmigration vom Wundrand und von erhalten gebliebenen Hautanhangsgebilden aus. Das Resultat dieser Reepithelisierung stellt nicht einen vollwertigen Hautersatz dar, sondern ein dünnes, gefäßarmes Ersatzgewebe, das wesentliche Epidermisbestandteile wie Drüsen und Pigmentzellen und wichtige Eigenschaften der Haut, wie z. B. eine ausreichende Neurotisation, vermissen lässt. Prozesse der Wundheilung [48.49] Quantitative Einteilung der Wundheilung Seit Galen wird die Wundheilung in eine Heilung per primam intentionem (p.p.) und per secundam intentionem (p.s.) unterschieden. Dabei bezieht sich die „Intentio” im Sinne Galens nicht auf die physiologische Natur der Heilungsvorgänge, sondern auf die Absicht des Arztes, nach Möglichkeit eine primäre Wundheilung mit nahe aneinander liegenden, wenig klaffenden Wundrändern zu erreichen. Die Unterscheidung hat damit vor allem quantitative Bedeutung – bei der sekundären Heilung muss mehr Ersatzgewebe aufgebaut werden – und sie ist wichtig für die Prognose. Um der therapeutischen Problematik, die sich aus dem Umfang und der Art der Gewebszerstörung ergibt, Rechnung tragen zu können, wird heute weiter unterschieden in die primäre verzögerte Heilung, in die regenerative Heilung sowie in chronische Wundverläufe. Primäre Wundheilung (per primam intentionem) Die Voraussetzungen für die Wundheilung liegen umso günstiger, je weniger Gewebe geschädigt wurde. Am besten sind die Heilungsaussichten bei glatten, dicht aneinander liegenden Wundflächen einer Schnittwunde ohne nennenswerten Substanzverlust und ohne Einlagerung von Fremdkörpern in einem gut mit Blutgefäßen versorgten Körpergebiet. In solchen Fällen kommt es beim Ausbleiben einer Wundinfektion zur primären Wundheilung (per primam intentionem). Eine p.p.-Heilung ist üblicherweise bei chirurgisch gesetzten Wunden oder bei Gelegenheitswunden durch scharfkantige Gegenstände gegeben. Bei entsprechend begrenzter Gewebszerstörung durch andere traumatische Einwirkungen (z. B. Riss- oder Platzwunden) kann gegebenenfalls durch ein chirurgisches Débridement die Voraussetzung für eine Primärheilung geschaffen werden. Zur Primärheilung fähige Wunden werden durch Naht, mit Klammern oder mit Wundnahtstreifen geschlossen. Im Rahmen der Blutgerinnung sorgt Fibrin für eine vorläufige lockere Verklebung der Wundflächen, während nahezu unbemerkt die Inflammations- und Exsudationsphase abläuft. Übergreifend schließen sich die Reparationsvorgänge an, die durch die Einwanderung der Fibroblasten, die Ausbildung der Grundsubstanz und durch den Einbau der kollagenen Fasern gekennzeichnet sind. Zahlreiche neu einsprießende Kapillaren ernähren das junge Bindegewebe und stellen den Anschluss an den Blutkreislauf wieder her. Beide Wundflächen sind nach ca. acht Tagen fest miteinander vereinigt. Ihre endgültige Zugfestigkeit erhält die Wunde jedoch erst im Laufe mehrerer Wochen. Das Ergebnis der Primäre Wundheilung bei infektfreien, dicht aneinander liegenden Wundflächen Verzögerte Primärheilung bei infektgefährdeter Wunde Sekundäre Wundheilung mit Defektauffüllung durch Granulationsgewebe, das sich im Verlauf der Heilung zu Narbengewebe umbildet Regenerative oder auch epitheliale Heilung von Verletzungen, die ausschließlich die Epidermis betreffen Prozesse der Wundheilung [50.51] Primärheilung ist eine schmale, strichförmige Narbe, die anfangs durch den Gefäßreichtum rot, später dann durch die Reduzierung der Gefäße langsam heller und schließlich weißer als die sie umgebenden normalen Hautpartien ist. Verzögerte Primärheilung Eine verzögerte Primärheilung tritt ein, wenn aufgrund der Wundentstehung mit einer Infektion zu rechnen ist und die Wunde nicht verschlossen werden darf. Zur Beobachtung der Infektionsentwicklung wird der Wundspalt tamponiert und offen gehalten. Bleibt die Infektion aus, kann die Wunde etwa zwischen dem 4. und 7. Tag verschlossen werden und heilt dann per primam intentionem. Manifestiert sich eine Infektion, wird die Wunde als sekundär heilend eingestuft und einer offenen Wundbehandlung zugeführt. Beispiele für die verschiedenen Arten der Wundheilung: 1) Primäre Wundheilung bei dicht aneinander liegenden Wundrändern, in der Regel möglich bei chirurgisch gesetzten Wunden. 2) Regenerative oder epitheliale Heilung, wobei sich der abgeheilte vom ursprünglichen Zustand kaum unterscheidet. 3) Sekundäre Heilung mit Gewebeaufbau, hier nach Dehiszenz einer Thoraxwunde. Nach der entsprechenden Wundkonditionierung erfolgt eine Sekundärnaht. 4) Chronischer Heilungsverlauf bei einem Sakraldekubitus, der mit dem erforderlichen Aufbau von Granulationsgewebe der sekundären Wundheilung entspricht. 1 2 3 4 Sekundäre Wundheilung (per secundam intentionem) Sekundäre Wundheilung ist immer dann gegeben, wenn Gewebslücken aufzufüllen sind bzw. wenn eine eitrige Infektion die direkte Vereinigung der Wundränder verhindert. Die Wundflächen liegen nun nicht mehr dicht beieinander, sondern klaffen mehr oder weniger auseinander. Um die Wunde zu schließen, muss Granulationsgewebe aufgebaut werden, dessen Entwicklung bereits beschrieben wurde. Die Arbeitsleistung, die dabei vom Organismus erbracht werden muss, ist also größer als im Falle der Primärheilung, wie auch insgesamt der Aufbau des Granulationsgewebes störanfälliger für endogene und exogene Einflüsse ist. Regenerative Heilung Regeneration bedeutet den gleichwertigen Ersatz von untergegangenen Zellen oder Geweben und ist nur bei solchen Zellen möglich, die zeitlebens ihre Mitosefähigkeit behalten. Dazu zählen die Zellen der Basalschicht der Epidermis. Wird bei einer Verletzung also nur die Epidermis geschädigt, z. B. bei Schürfwunden, heilt diese Wunde narbenlos ab. Die Heilungsvorgänge entsprechen der Wundheilungsphase der Reepithelisierung. Chronische Heilungsverläufe Die chronische Wunde ist dem Wesen nach eine sekundär heilende Wunde, die durch Gewebeaufbau geschlossen werden muss. Benötigt dieser Vorgang mehr als acht Wochen Zeit, wird die Wunde als chronisch eingestuft. Der Übergang von einer akuten zur chronischen Wunde kann dabei in jeder der Wundheilungsphasen erfolgen. Mehrheitlich entwickeln sich chronische Wunden jedoch aus fortschreitenden Gewebszerstörungen infolge von Gefäßerkrankungen unterschiedlichster Genese, wie venös oder arteriell bedingten Durchblutungsstörungen, Diabetes mellitus, lokalen Druckschädigungen, Strahlenschäden oder Tumoren. Prozesse der Wundheilung [52.53] Einflüsse auf die Wundheilung Wenngleich der menschliche Organismus grundsätzlich in der Lage ist, Wunden aus eigener Kraft zu heilen, so unterliegt diese Fähigkeit doch großen individuellen Schwankungen. Wie schnell und wie gut eine Wunde heilt, ist abhängig von der allgemeinen körperlichen Verfassung des betroffenen Menschen sowie von der Wundentstehung und den daraus resultierenden spezifischen Gegebenheiten. Auf beide Reaktionslagen wirken vielfältige Einflüsse ein, allgemeiner oder lokaler Natur, die für den Heilungsverlauf von wesentlicher Bedeutung sein können. Allgemeine Einflüsse Allgemeine Einflüsse ergeben sich aus dem individuell vorliegenden körperlichen Status des Betroffenen. Ihre Relevanz für den Heilungsverlauf ist dabei sehr unterschiedlich ausgeprägt, manche „Einflüsse“ sind sogar selbst Auslöser für die Wundentstehung. 60 Jahre 50 40 30 20 10 0 Tage 20 40 60 80 100 Die Heilung einer Wunde von 20 cm2 in Abhängigkeit vom Lebensalter Alter des Patienten Erkenntnisse aus der klinischen Forschung lassen den Schluss zu, dass das physiologische Altern die Wundheilungsprozesse durch die allgemein reduzierten Zellaktivitäten vor allem zeitlich verzögert, was auch eine qualitative Minderung des Heilungsergebnisses bedeuten kann. Eigentliche Wundheilungsstörungen ergeben sich aber zumeist erst durch die Auswirkungen altersbedingter Multimorbidität mit schlechtem Immunstatus und oft anzutreffender Mangelernährung. Zwangsläufig treten im Alter auch Geschwürswunden als Folge von Stoffwechselerkrankungen, Gefäßleiden und Tumoren gehäuft auf. Dann ist mit einer entsprechend schlechten Heilungstendenz zu rechnen. Ernährungsstatus Die Wundheilung wird beeinträchtigt, wenn die für den gesteigerten Wundstoffwechsel benötigten Nährstoffe und Nährstoffbestandteile (Proteine und Kalorien, Vitamine und Mineralstoffe) nicht in ausreichender Menge zur Verfügung stehen. Werden beispielsweise nicht genügend Proteine zugeführt, sistiert die Proteinsynthese und damit die Zellproliferation von Granulationsgewebe, aber auch von weiteren Zellen der Immunabwehr. Ein Proteinmangel beeinträchtigt daher ausnahmslos alle Vorgänge der Wundheilung. Krankheiten, insbesondere Infektionen und chronische Ulzera stellen den Stoffwechsel via Zytokinproduktion auf katabol um, was konsekutiv zu Malnutrition führt. Dem Körper stehen dann zu wenig Nährstoffe zur Energieproduktion für eine gute Wundheilung zur Verfügung. Alle Vitamine beeinflussen in ihrer Eigenschaft als Koenzyme die Wundheilung positiv und der Mangel nur eines einzigen Vitamins kann die Heilung bereits verzögern. Vitamine des B-Komplexes beteiligen sich z. B. an der Kollagensynthese und stimulieren die Antikörperbildung und Infektabwehr. Auch Vitamin A wirkt bei der Kollagensynthese und -vernetzung. Antioxidantien wie Vitamin E und Vitamin C fangen die für die Epithelzellen toxischen freie Radikale ab. Des Weiteren spielt Vitamin C eine Schlüsselrolle beim Aufbau von Kollagen, ist aber auch von Bedeutung für die Bildung von Interzellularsubstanz, Gefäßbasalmembranen, Komplementfaktoren und Gammaglobulinen. Bei den Mineralstoffen sind es vor allem ein Zink- und Eisenmangel, die Störungen verursachen. Zink ist ein zentraler Bestandteil von sog. Metalloenzymen mit bedeutenden biologischen Effekten im Organismus, die sich auch Prozesse der Wundheilung [54.55] auf die Wundheilung erstrecken. Eisenmangel verursacht eine Anämie und vermindert so den Sauerstofftransport in das Wundgebiet. Malnutrition mit zum Teil kachektischen Zuständen ist vor allem bei schwer kranken, multimorbiden und älteren Menschen häufig zu beobachten. Krankheitsbedingt kann sie ihre Ursachen z. B. in Tumorleiden, Infektionserkrankungen, Organkrankheiten und starken Schmerzzuständen haben. Ernährungsbedingt spielen eine ungenügende Nahrungszufuhr oder Resorptionsstörungen oft eine große Rolle. Immunstatus Im Rahmen der Wundheilung sind die Vorgänge der immunologischen Abwehr von großer Bedeutung. Dementsprechend bedingen Beeinträchtigungen oder Defekte des Immunsystems eine erhöhte Anfälligkeit für Wundheilungsstörungen und infektiöse Komplikationen. Erworbene Immunmangelerscheinungen bzw. Immundefekte können sich ergeben durch OP-Traumen, parasitäre, bakterielle oder virusbedingte Infektionen, aber auch durch eine Mangelernährung, nach großflächigen Verbrennungen, nach Strahlenschäden mit ionisierenden Strahlen, nach Entero- oder Nephropathien mit erheblichem Eiweißdefizit und zytostatischer immundepressiver Behandlung. Grunderkrankungen Krankheiten mit hemmendem Einfluss auf die Wundheilung sind vorrangig wiederum solche, die die Immunitätslage des betroffenen Organismus beeinträchtigen, wie z. B. Tumoren, Autoimmunerkrankungen und Infektionen. Mit einer verzögerten bzw. gestörten Wundheilung muss aber auch bei Bindegewebserkrankungen (z. B. Rheumatischer Formenkreis), Stoffwechselerkrankungen (z. B. Diabetes mellitus) und Gefäßerkrankungen (z. B. pAVK, venöse Insuffizienz) gerechnet werden. Insbesondere sind Diabetes mellitus sowie arterielle und venöse Gefäßerkrankungen selbst Auslöser von Ulzerationen. allgemein (systemisch) lokal ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ Ausmaß der Schädigung (Größe, Tiefe, ...) ▪ Zustand des Wundbettes (Eiter, Nekrosen, ...) ▪ Zustand der Wundränder (glatt, zerklüftet, ...) ▪ Keimbesiedelung, Verschmutzung, Infektion ▪ Lokalisation der Wunde ▪ Alter der Wunde ▪ Qualität des Wundmanagements ▪ Operationsbedingungen und -umstände Alter Ernährungsstatus Immunstatus Grunderkrankungen postoperative Komplikationen akute Traumen Medikamente psychosoziale Situation Wichtige systemische und lokale Einflüsse auf die Wundheilung Postoperative Komplikationen Zahlreiche postoperative Komplikationen wirken sich direkt auf die Wundheilung aus: Thrombosen und Thromboseembolien, möglicherweise durch die gesteigerten fibrinolytischen Aktivitäten, postoperative Pneumonien, postoperative Peritonitis, postoperativer Ileus und postoperative Urämie. Hier wirkt offenbar die schwere Intoxikation mit harnpflichtigen toxischen Substanzen hemmend auf den Heilungsverlauf. Auswirkungen akuter Traumen / Schock Das mit Blutverlust oder hohem Flüssigkeitsverlust einhergehende Trauma, z. B. eine schwere Verbrennung, löst im Organismus eine Vielzahl mediatorvermittelter Reaktionen aus, die u. a. zu einer Störung der Mikrozirkulation mit konsekutiver Gewebshypoxie, erhöhter Kapillarpermeabilität und klinisch erfassbarer Perfusionsstörung mit Schocksymptomatik führen. Das daraus resultierende Missverhältnis zwischen Sauerstoffbedarf und -angebot sowie der verzögerte Abtransport von Stoffwechselprodukten hat insbesondere Auswirkungen auf die Initialphase der Wundheilung und die Immunantwort. Prozesse der Wundheilung [56.57] Medikamente Verschiedene Pharmaka üben direkt einen negativen Einfluss auf die Wundheilung aus, wobei vor allem Immunsuppressiva, Zytostatika, Antiphlogistika (hauptsächlich Glukokortikoide) und Antikoagulanzien zu nennen sind. Entsprechend der Hemmwirkung der verschiedenen Substanzen auf die Blutgerinnung, Entzündungsprozesse und Proliferation werden insbesondere Granulations- und Narbenbildung beeinflusst, sodass mit einer herabgesetzten Reißfestigkeit der Wunde gerechnet werden muss. Allerdings sind die Auswirkungen auf die Reparaturmechanismen des Gewebes abhängig von der Dosis, vom Zeitpunkt der Gabe und der Therapiedauer. Psychosoziale Situation des Patienten Die Wundheilung, vor allem die Heilung stoffwechselbedingter chronischer Wunden, wie z. B. diabetischer Ulzera, erfordert ein großes Maß an Mitarbeit vonseiten des Patienten. Die individuelle, psychosoziale Situation schafft jedoch oft sehr unterschiedliche Ausgangsbedingungen im Hinblick auf die Verständnisfähigkeit des Patienten und seine Motivation, an der Behandlung mitzuarbeiten. Vor allem nimmt die Zahl älterer Patienten mit chronischen Wunden stetig zu, die gleichzeitig an demenziellen Erkrankungen leiden, sodass eine adäquate Compliance nicht mehr gegeben ist. Auch Selbstschädigungstendenzen sind mitunter zu berücksichtigen. Des Weiteren zeigen auch Alkohol- und Nikotinabusus sowie Drogenzufuhr negative Einflüsse auf die Wundheilung. Abgesehen von der gefäßschädigenden Komponente des Drogenmissbrauchs (Arteriosklerose, schwere Durchblutungsstörungen), weist diese Patientengruppe häufig einen schlechten Allgemeinzustand mit verringerter Immunitätsabwehr und einem schlechten Ernährungsstatus auf. Lokale Einflüsse Lokal sind es naturgemäß der Zustand der Wunde sowie die Qualität des praktizierten Wundmanagements, die den Ablauf der Wundheilung beeinflussen. Wundzustand Zur Beurteilung des Wundzustandes und den sich daraus für die Wundheilung ergebenden Konsequenzen sind eine Reihe von Faktoren zu berücksichtigen: ▪ Entstehung/Ausmaß der Schädigung (Größe, Tiefe, Mitbeteiligung tiefer liegender Strukturen wie Faszien, Muskeln, Sehnen, Knorpeln, Knochen) ▪ Zustand der Wundränder (glatt, unregelmäßig, zerklüftet, unterminiert, mit Wundtaschen) ▪ Zustand des Wundgrundes (Anteil an nekrotischem Gewebe, Beschaffenheit der Nekrosen: geschlossene, schwarze Nekrosen, Schorf, schmieriges Gewebe, verschmutzt, Fremdkörpereinlagerung, sauber) ▪ Beschaffenheit der Exsudation (blutend, blutig serös, eitrig, ausgetrocknet) ▪ Ausmaß der Keimbesiedelung/Infektionsanzeichen (siehe auch Kapitel „Wundinfektion“) ▪ Lokalisation der Wunde (in gut oder schlecht durchblutetem Gebiet) ▪ Alter der Wunde (akutes Trauma, verflossene Zeitspanne vom Unfall bis zur Erstversorgung/Behandlung, chronische Wundzustände) Bei operativ gesetzten Wunden ergeben sich lokale Einflussfaktoren durch die Art des Eingriffes mit ihren unterschiedlichen hygienischen Risiken, die Lokalisation der Operation, die Dauer und die Art der Operationsvorbereitung, den Hygienestatus und die Qualität des Hygienemanagements im OP, die Operationstechniken sowie die Dauer der Operation. Zwei Methoden, Größe und Volumen einer Wunde zu bestimmen: Bei flächigen Wunden (oben) transparente Folie auflegen, Wundumrisse mit Filzstift markieren, Fläche berechnen. Größe und Volumen einer Wunde lassen sich durch das „Auslitern“ (unten) bestimmen. Wunde mit Folie abkleben und sterile Flüssigkeit einspritzen. Die eingespritzten ml bzw. ccm entsprechen dem Volumen. Prozesse der Wundheilung [58.59] Qualität der Wundbehandlung Bedeutenden Einfluss auf die Wundheilung hat nicht zuletzt aber auch die Qualität des Wundmanagements. Je nach Wundart und Genese erfordert das Wundmanagement dabei die unterschiedlichsten therapeutischen Maßnahmen: chirurgische Eingriffe zur Versorgung akuter Traumen ebenso wie komplexe Kausaltherapien zur Beeinflussung chronischer Wundverhältnisse oder eine sachgerechte Verbandbehandlung. Ein gutes Wundmanagement berührt viele medizinische Disziplinen, und nicht selten sind Erfolge bei der Wundbehandlung nur durch interdisziplinäre Zusammenarbeit möglich. Die Prinzipien der Wundbehandlung bei akuten (ab Seite 80) und chronischen Wunden (ab Seite 96) werden in den entsprechenden Kapiteln beschrieben. Störungen der Wundheilung Durch die Auswirkungen einzelner oder mehrerer der genannten Einflüsse ergeben sich Störungen der Wundheilung in unterschiedlicher Ausprägung und Erscheinungsform: Stagnierende Wundreinigung, minderwertiger bzw. verzögerter Aufbau von Granulationsgewebe oder eine fehlende Reepithelisierung gehören dazu ebenso wie typische postoperative Komplikationen (Serome, Hämatome, Wunddehiszenzen und hypertrophe Narbenbildungen) sowie die Wundinfektion als häufigste und schwerwiegendste Störung. Serome Serome sind Hohlräume im Wundbereich, in denen sich Blut, Serum oder Lymphe ansammeln. Meist entstehen sie durch Reizzustände im Wundgebiet, z. B. verursacht durch Fremdkörper, Koagulationsnekrosen durch übermäßige Anwendung von Elektrokoagulation oder Massenligaturen, aber auch durch Spannungszustände in der Wunde bei stark angespannten Nähten oder durch unterschwellige Infektionen. Transsudate bei allgemeinen Eiweißmangelzuständen oder Allgemeinerkrankungen sowie ein behinderter Lymphabfluss können ursächlich mit in Betracht kommen. Kleinere Serome können mit einer Kanüle punktiert werden, bei größeren muss eine Wundrevision erfolgen. Die alte Wunde wird eröffnet, wobei im Falle einer Wundfistel die Lymphgänge mittels Elektrokoagulation verschorft werden. Es erfolgt die Einlage einer Redondrainage, die erst gezogen werden darf, wenn sich die Haut fest mit der Unterlage verbunden hat. Eine Komplikation besteht darin, dass sich die primär nicht infizierten Serome durch das vorherrschende günstige Milieu zur Keimvermehrung infizieren. Sie sind dann wie Abszesse zu behandeln. Prozesse der Wundheilung [60.61] Wundhämatome Wundhämatome bilden sich im Wundspalt als Folge mangelhafter Blutstillung der ins Wundgebiet einmündenden Gefäße oder bei postoperativ auftretender Blutdrucksteigerung. Sie finden sich häufig bei Hemmung der Blutgerinnung infolge Antikoagulanzientherapie oder bei pathologischen Defekten im Gerinnungssystem. Ausgedehntes Wundhämatom Die klinischen Symptome einer Nachblutung sind Pulsanstieg, Blutdruckabfall, Umfangszunahme z. B. des Halses oder einer Extremität. Diagnostisch sollten ein Blutbild erstellt, der Gerinnungsstatus überprüft sowie eine Puls- und RR-Kontrolle und eine Sonographie durchgeführt werden. Bei kleineren Hämatomen können Eisapplikation und Punktion zur Begrenzung ausreichend sein. Größere Hämatome müssen als potenzielle Infektionsherde entleert werden. Die Revision wird meist im Bereich des alten Hautschnittes vorgenommen, alle Koagel müssen entfernt werden. Nach der Spülung mit Ringerlösung erfolgt das Einlegen einer Redondrainage und der erneute Wundverschluss. Weichteilnekrosen Weichteilnekrosen entstehen, wenn die Ernährung von Wundrand- bzw. Weichteilgewebe durch die Verletzung oder Stauung von versorgenden Gefäßen reduziert oder unterbrochen wurde, so z. B. durch inadäquate Schnittführung, starke Traumatisierung der Haut oder falsche Nahttechnik. In der Regel sind sie nur im Bereich der Hautwunde erkennbar und in ihrer Demarkierung zu verfolgen. Wundrandnekrose im Nahtbereich eines Amputationsstumpfes In den ersten Tagen der Wundheilung fallen sie als blasse oder zyanotische kühle Hautpartien auf, die sich allmählich braun verfärben. Die Hautnekrosen müssen trocken gehalten und sollten nicht vorzeitig abgetragen werden, da sie einem sterilen Verband gleichkommen. Sie werden erst nach ihrer spontanen Demarkierung abgetragen. Feuchte Nekrosen müssen hingegen wegen der Gefahr tiefer Eiterretentionen sofort entfernt werden. Wunddehiszenzen (Rupturen) Wunddehiszenzen sind Wundheilungsstörungen, bei denen Teile der Wundflächen trotz Adaptionsnähten nicht miteinander verkleben und bindegewebig verbunden werden, sondern infolge der Spannungszustände im Gewebe voreinander zurückweichen. Beispiele für prädisponierende Faktoren sind ischämisierende Nähte, zu früh gezogene Fäden, Malnutrition, Faktor-XIII-Mangel, Adipositas, konsumierende Neoplasmen, postoperativer Husten oder Diabetes mellitus. Aber auch Therapien mit Zytostatika, Kortikoiden oder Antibiotika erhöhen das Risiko von Rupturen. Eine postoperative Wunddehiszenz nach Laparatomie kann komplett (alle Schichten betreffend), inkomplett (intaktes Peritoneum) oder inapparent (Hautnaht noch geschlossen) sein. Symptome sind die am dritten Tag einsetzende serös-sanguinolente Wundsekretion und Zunahme von Wundschmerzen, Magenatonie und paralytischer Ileus oder Darmvorfall aus der Wunde (Eviszeration). Die Dehiszenz wird operativ saniert, ggf. unter Implantation eines Kunststoffnetzes. Die Prognose ist bei rechtzeitiger Behandlung gut, die Letalität liegt unter 10 %. Komplette Ruptur mit Muskelnekrose nach einer Bypass-Operation im Knie (oben), Ruptur nach einer Dickdarmresektion (unten) Hypertrophe Narbenbildungen Manche Menschen neigen zu überschießender Narbenbildung, als deren Ursachen Störungen in der Kollagenbildung und der -vernetzung diskutiert werden. Hypertrophe Narben entwickeln sich bald nach der Operation, bleiben in der Regel auf das Wundgebiet begrenzt und zeigen eine spontane Tendenz zur Rückbildung. Für die Ausbildung hypertropher Narben spielt auch die Wundlokalisation im Hinblick auf die Spaltlinien der Haut eine Rolle. Verläuft die Naht einer Wunde vertikal zur Richtung der Langer’schen Spaltlinien in diesem Hautareal, ist mit einer hypertrophen Narbenbildung zu rechnen. Dieser Umstand gewinnt besondere Bedeutung in Körperregionen, wo infolge großer Muskelbewegung Zugkräfte in Längs- Hypertrophe Narbenbildung nach Verbrennung Prozesse der Wundheilung [62.63] richtung der Narbe einwirken. Das Ergebnis sind dann nicht nur kosmetische Fehlleistungen. Verläuft die Narbe über ein Gelenk hinweg, kommt es mit zunehmender Narbenkontraktur zu einer schwerwiegenden Funktionseinschränkung des Gelenks. Bei abgeheilten Brandwunden mit entsprechender Disposition wird versucht, durch Kompression mithilfe individuell genähter, elastischer Anzüge („pressure garments“) der Hypertrophie von Narben vorzubeugen. Keloid mit typischen Kollagensträngen Keloide Von den hypertrophen Narben sind die Keloide primär schwer abzugrenzen. Auch bei ihnen handelt es sich um faserreiche Narbenwucherungen, die selbst nach späterer Exzision zu Rezidiven neigen. Entscheidend in der Abgrenzung gegenüber der hypertrophen Narbenbildung ist ihre Struktur, die aus dicken glasigen oder hyalinen Strängen von Kollagen besteht, die in einer schleimigen Matrix eingebettet sind. Selbst kleinste Inzisionen können erhebliche Keloide verursachen, wobei diese sich unabhängig von Muskelbewegungen und selten über Gelenken entwickeln. Im Gegensatz zu hypertrophen Narben überschreiten die Keloide in ihrer Entwicklung häufig die Wundgrenzen und zeigen keine Tendenz zur Rückbildung. Chirurgische Korrekturen verschlechtern die Situation oftmals. Die Wundinfektion Die Infektion der Wunde ist die folgenschwerste Störung der Wundheilung. Sie wird durch die verschiedensten Mikroorganismen verursacht, die in die Wunde eindringen, sich dort vermehren und dabei schädigende Giftstoffe erzeugen. Das Infektionsgeschehen ist zumeist örtlich begrenzt und führt durch Gewebszerstörungen mit Nekrosenbildung zu unterschiedlich schweren Wundheilungsstörungen. Jede Wundinfektion kann sich aber auch systemisch bis hin zur akut lebensbedrohlichen Sepsis ausweiten. Infektionsanzeichen Die bereits vom römischen Arzt Aulus Cornelius Celsus (1. Jahrhundert n. Ch.) beschriebenen Anzeichen der Wundinfektion wie Rubor (Rötung), Tumor (Schwellung), Calor (Wärme) und Dolor (Schmerz) dienen immer noch als Entscheidungshilfe für ihre Erkennung. Sie sind Ausdruck des Abwehrkampfes des Immunsystems gegen die eingedrungenen Mikroorganismen, der einem Wettlauf zwischen der Antikörperproduktion und der Keimvermehrung gleicht. Allgemeine Symptome sind Fieber und Schüttelfrost, Leukozytose sowie eine Schwellung der regionären Lymphknoten, wobei insbesondere Fieber einer sorgfältigen Abklärung bedarf. Je früher die Diagnose einer Infektion gestellt wird, umso größer sind die Chancen, sie rechtzeitig in den Griff zu bekommen. Gerade das Erkennen beginnender Infektionen ist jedoch mit Schwierigkeiten verbunden, weil die eindeutigen Symptome noch fehlen. Das Fortbestehen eines lokalen Reizzustandes, febrile Temperaturen, anhaltende Leukozytose und zunehmender Wundschmerz sind ernst zu nehmende Anzeichen. Aulus Cornelius Celsus, 1. Jahrhundert n. Chr., gilt trotz der unsicheren Daten zu seinem Lebenslauf als Autor eines der wichtigsten medizinischen Werke der Antike. Prozesse der Wundheilung [64.65] Dispositionsfaktoren Das Infektionsgeschehen ist ein komplexer, von vielen Dispositionsfaktoren beeinflusster Vorgang. Von ausschlaggebender Bedeutung für das Angehen einer Infektion sind dabei zunächst einmal die Art, die Pathogenität und Virulenz sowie die Anzahl der beteiligten Keime. In der Wunde finden die Keime dann ein bestimmtes Milieu vor, das in mehr oder weniger ausgeprägter Weise ihren Lebensbedingungen entspricht. Deshalb sind der Zustand der Wunde (Verschmutzungsgrad, Ausmaß des zerstörten Gewebes, Durchblutungssituation usw.), ihr Alter und auch ihre Genese weitere wichtige Dispositionsfaktoren. Insbesondere spielt es eine große Rolle, wie schnell sich in Abhängigkeit vom Wundzustand die lokalen Abwehrmechanismen formieren können und wie wirksam sie sind. Dies wiederum ist abhängig von dem allgemeinen Immunstatus des betroffenen Organismus. Ein bereits geschwächtes Immunsystem, ein reduzierter Allgemeinzustand, bestimmte Stoffwechselerkrankungen, bösartige Tumoren, fortgeschrittenes Alter, Mangelernährung usw. haben immer auch negative Auswirkungen auf die Immunantwort. Dadurch ergeben sich für die eingedrungenen Mikroorganismen weitere günstige Wachstumsbedingungen. Infektionserreger Erreger von Wundinfektionen können Viren, Pilze und Bakterien sein, in überwiegenden Fällen sind jedoch Bakterien die Verursacher. Bakterien sind immer einzellige Mikroorganismen, deren Zellinneres nur eine geringe Differenzierung aufweist. Es besteht aus einem „Kernäquivalent“ mit genetischem Material sowie dem Zytoplasma mit Ribosomen, verschiedenen Enzymen und Plasmiden als Träger von Resistenzfaktoren. Der äußeren Zellwand kann eine Kapsel in unterschiedlicher Zusammensetzung angelagert sein, die die Bakterien gegebenenfalls vor Austrocknung oder vor Fresszellen schützt. Viele Bakterien bilden giftige Substanzen, sog. Toxine. Basis für die Toxinbildung können sowohl das Exotoxin aus dem Zytoplasma als auch das Endotoxin aus der Zellwand sein. Das Exotoxin wird von den Bakterien laufend aus dem Zellinneren abgesondert, z. B. bei Gasödemerregern. Endotoxin wird erst bei der Zellauflösung mit dem Zerfall der Zellwand frei. Benötigen Bakterien zum Leben Sauerstoff, werden sie als obligat aerobe Bakterien klassifiziert, brauchen sie ein sauerstofffreies Milieu, als Anaerobier. Sie sind fakultativ aerob bzw. anaerob, wenn sie in beiden Milieus existieren können. Die Differenzierung von Bakterien erfolgt nach bestimmten Färbemethoden, so z. B. die Färbung nach Gram zur Unterscheidung in grampositive und gramnegative Bakterien. grampositiv Nukleoid (Kernäquivalent) Bau und Merkmale grampositiver und gramnegativer Bakterien gramnegativ Kapsel Plasmid Ribosomen Geißeln äußere Membran Pili Zellwand (Mureinschicht) periplasmatischer Spalt ZellZytoplasma membran Prozesse der Wundheilung [66.67] Elektronenmikroskopische Aufnahmen von Bakterien mit unterschiedlicher Pathogenität: 1) Clostridium tetani, grampositiv, Tetanuserreger, hoch pathogen 2) Escherichia coli, gramnegativ, im frühen Stadium der Teilung, fakultativ pathogen 3) Staphylococcus aureus, grampositiv, komplettes Bakterium sowie rechts oben durch Antibiotikumeffekt aufgelöstes Bakterium, fakultativ pathogen 4) Staphylococcus epidermidis, grampositiv, im Stadium der Teilung, apathogen 1 2 3 4 Pathogenität Als Erreger von Infektionskrankheiten bzw. von Wundinfektionen kommen Bakterien erst dann in Betracht, wenn sie über ein spezifisches, für den Menschen krank machendes, d. h. pathogenes Potenzial verfügen. Bakterien können bereits hochpathogen sein, wenn sie in die Wunde eindringen. Dem menschlichen Organismus verbleibt dann keine Zeit mehr zur Aktivierung der körpereigenen Abwehrmechanismen, weshalb solche Infektionen lebensbedrohlich sind. Ein Beispiel hierfür ist der durch Clostridium tetani hervorgerufene Wundstarrkrampf. Andere Erregerstämme sind fakultativ, d. h. bedingt pathogen. Vielfach handelt es sich hierbei um Bakterien aus der physiologischen Besiedelung des menschlichen Organismus, die ihren natürlichen Standort verlassen haben, in die Wunde eingedrungen sind und am veränderten Standort ihre pathogene Potenz entfalten. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn Escherichia coli aus der Darmflora in die Wunde gelangen. Beim Staphylococcus aureus, ebenfalls ein wichtiger Erreger von Wundinfektionen, liegt die menschliche Trägerrate bei ca. 30 %. Hauptkeimreservoir ist die Nase. Eine weitere Gruppe von Bakterien ist als apathogen klassifiziert. Sie können jedoch bei entsprechender Disposition des Patienten, z. B. bei reduzierter Abwehrkraft, zu opportunistischen Infekten und zur Wundinfektion führen. Ein Beispiel hierfür ist der Staphylococcus epidermidis, der sich normalerweise als harmloser Keim auf der Haut findet. Virulenz Die Pathogenität, also das krank machende Potenzial von Bakterien, ist in engem Zusammenhang mit ihrer Infektionskraft, der Virulenz, zu sehen, die letztlich den Grad der Pathogenität bestimmt. Die Virulenz ist eine erworbene, veränderbare Eigenschaft, sodass sich avirulente bzw. nur wenig virulente Bakterien unter dem Druck von Umwelteinflüssen rasch genetisch verändern und äußerst virulent werden können. Diese Problematik ist insbesondere im Krankenhausbereich von aktueller Brisanz, weil sich hier durch die konzentrierte Anwendung keimhemmender Substanzen neue Genotypen entwickelt haben, die virulenter und resistenter gegen Chemotherapeutika sind als es beispielsweise der gleiche Bakterientyp in häuslicher Umgebung ist. Erregerdosis – manifeste Wundinfektion Jede Wunde, auch eine sog. aseptische OP-Wunde, ist mit Keimen besiedelt. Die Anwesenheit von Bakterien auf der Wunde ist jedoch nicht gleichbedeutend mit einer Wundinfektion, sondern wird als Kontamination bezeichnet. Die körpereigenen Abwehrmechanismen sind häufig in der Lage, mit dieser Keimbesiedelung fertig zu werden, sodass es gar nicht zur Infektion kommt. Erst wenn die Bakterien tiefer in die Wunde eindringen, sich dort vermehren, durch ihre Toxine das Gewebe schädigen und Entzündungsreaktionen hervorrufen, kann vom Bestehen einer Infektion gesprochen werden. Prozesse der Wundheilung [68.69] Die Vermehrung der Bakterien erfolgt immer durch Teilung. Abgesehen von hoch virulenten Keimen startet die Vermehrungstätigkeit der Bakterien nicht sofort mit dem Eindringen in die Wunde, sondern sie benötigen einige Stunden zur Anpassung an den neuen Nährboden. Die Inkubationszeit beträgt im Allgemeinen acht bis zehn Stunden, dann nimmt die Bakterienzahl rasch zu. Die Teilungsgeschwindigkeit (Generationszeit) liegt bei günstigem Milieu und optimalen Temperaturbedingungen für viele Bakterien bei etwa 20 bis 30 Minuten. Die Graphik zeigt die theoretische Vermehrung einer einzigen Bakterie bei einer Generationszeit von 20 Minuten nach 4, 8 und 10 Stunden. 4 Stunden 4.096 Keime 8 Stunden 16.777.216 Keime 10 Stunden 1.073.741.824 Keime Logischerweise ist dabei auch die Anzahl der eingedrungenen Keime, die Erregerdosis, von ausschlaggebender Bedeutung. Je mehr Keime eingedrungen sind, umso größer wird die Wahrscheinlichkeit, dass es zu einer Wundinfektion kommt. Messungen an standardisierten Proben haben nachgewiesen, dass 104 pyogene Streptokokken/mm3 bzw. 105-106 Staphylococci aurei/mm3 vorhanden sein müssen, um eine Wundinfektion zu erzeugen. Abhängig vom klinischen Zustand kann also eine Zahl von 105 Keimen/mm3 Gewebe als ungefähre Richtschnur für eine therapiebedürftige Infektion gelten. Bei der Anfertigung des Wundabstriches ist die richtige Technik für das zuverlässige Ergebnis entscheidend. Die Abstriche sind aus der Tiefe der Wunde und von den Wundrändern zu entnehmen, da sich die Infektionserreger an dieser Stelle konzentrieren. Wundzustand und Infektionsanfälligkeit Grundsätzlich ist die frische Wunde in hohem Maße infektionsanfällig. Mit zunehmender Organisation der Abwehrmechanismen verringert sich die Infektionsgefährdung, sodass eine Wunde mit gut vaskularisiertem Granulationsgewebe den Erregern bereits erheblichen Widerstand entgegensetzen kann. Auch ältere chronische Wunden zeigen erfahrungsgemäß eine eher geringere Infektanfälligkeit. Solange die Wunde jedoch nicht durch eine geschlossene Epithelschicht geschützt ist, bleibt ein Infektionsrisiko bestehen. Die für die lokale Abwehr und Antikörperbildung wichtigen Zellen und Substanzen sowie der zur Phagozytose benötigte Sauerstoff können nur mit einer funktionierenden Durchblutung in das Wundgebiet gebracht werden. Jede verminderte bis fehlende Durchblutung im Wundgebiet erhöht deshalb das Infektionsrisiko erheblich. Auch nekrotisches Gewebe ist nicht mehr durchblutet und stellt zugleich einen idealen Nährboden für Bakterien dar. Alle traumatisch bedingten Wunden mit Gewebsquetschungen, Zerreißungen und Taschenbildungen sind somit besonders infektionsgefährdet. Bei der Behandlung solcher Wunden ist von Anfang an von einer Infektion auszugehen, um durch eine umfassende Wundexzision rechtzeitig „saubere“ Wundverhältnisse zu schaffen. Bestehen geschlossene Nekrosekappen, wie sie z. B. für Dekubitalulzera typisch sind, ist zu bedenken, dass sich unter der Nekrose eine eitrige Infektion befinden kann, die sich in tiefere Gewebsschichten ausbreiten und zur Osteomyelitis führen kann. Riskant ist des Weiteren nicht abfließendes, mit Keimen belastetes Sekret, z. B. bei tiefen und zerklüfteten Wunden. Es kommt zur Bildung einer feuchten Kammer, wobei dieser negative Effekt gegebenenfalls durch einen ungeeigneten Verband mit ungenügender Saugkraft und Wasserdampfdurchlässigkeit noch verstärkt wird. Prozesse der Wundheilung [70.71] Sind Fremdkörper wie z. B. Nahtmaterial, Plastikteile, Implantate usw. in der Wunde, bewirken diese eine lokale Minderung der körpereigenen Abwehr. Sie verursachen eine mehr oder weniger ausgeprägte Ischämie, die Infektionsgefahr steigt. Des Weiteren ist für den Grad der Infektionsgefährdung auch die Lokalisation der Wunde von Bedeutung, da die einzelnen Körperregionen sowohl eine unterschiedliche Durchblutung als auch eine unterschiedlich hohe Keimbesiedelung aufweisen. Für das Infektionsrisiko spielt schließlich die Wundentstehung eine große Rolle. Bei chirurgisch gesetzten Wunden ist das Infektionsrisiko grundsätzlich abhängig von der Art des Eingriffes mit ihren spezifischen hygienischen Risiken (aseptische und bedingt aseptische Eingriffe, OP in primär kontaminiertem und in primär septischem Wundgebiet). Weitere Risiken ergeben sich bei der Operationsvorbereitung und -durchführung sowie der postoperativen Wundversorgung. Durch verschiedene Studien belegte wichtige Faktoren sind: ▪ Dauer der Operationsvorbereitung auf der Station, weil mit jedem Tag die Besiedelung des Patienten mit Krankenhauskeimen zunimmt ▪ Präoperatives Antibiotikaregime ▪ Präoperative Rasur des Operationsfeldes ▪ Hygienestatus und Qualität des Hygienemanagements im OP ▪ Operationstechniken, Ausmaß der Gewebstraumatisierung, z. B. durch mangelhafte Schnittführung, Elektrokoagulation, fehlerhafte Naht- und Knotentechnik usw. ▪ Dauer der Operation, die Zahl der Erreger nimmt zu, freiliegende Gewebe sind verstärkt durch Austrocknung, Zirkulationsstörungen, reaktive Ödeme usw. gefährdet ▪ Wunddrainagen und ihre postoperative Versorgung. Alle Wunden, die durch äußere Gewalteinwirkung entstanden sind, wie z. B. Stich-, Quetsch- und Pfählungswunden, sind generell als infiziert einzustufen, da mit dem die Verletzung verursachenden Gegenstand immer Keime in die Wunde gelangen. Das Gleiche gilt für Bisswunden, da mit dem Speichel von Tier und Mensch zumeist sehr virulente Keime übertragen werden. Arten der Infektionen Die verschiedenen Erregerarten lösen spezifische Gewebsreaktionen aus, die das klinische Erscheinungsbild der Infektion prägen. Pyogene Infektion Verursacher pyogener, d. h. eitriger Infektionen sind vor allem die „Eitererreger“ wie grampositive Staphylokokken und Streptokokken sowie gramnegative Pseudomonas und Escherichia coli. Bereits aus der Beschaffenheit und dem Geruch des Exsudats kann der klinisch Erfahrene auf den vorherrschenden Erregertyp schließen. Dennoch darf auf einen Abstrich mit Antibiogramm als Basis für eine adäquate Antibiotikabehandlung nicht verzichtet werden. ▪ Staphylokokken: rahmig gelblicher, geruchloser Eiter ▪ Streptokokken: dünnflüssiger, gelbgrauer Eiter ▪ Pseudomonas: blaugrünlicher, süßlich riechender Eiter ▪ Escherichia coli: bräunlicher, fäkulent riechender Eiter Typisch für eine pyogene Pseudomonas-Infektion ist blaugrünlicher, süßlich riechender Eiter. Putride Infektion Die putride Infektion oder faulig jauchige Gewebegangrän entwickelt sich vor allem aus Mischinfektionen von Escherichia coli und den Fäulniserregern Proteus vulgaris und Streptococcus putrides. Die Fäulniserreger zersetzen die Körperzellen, wobei sich beim Abbau der Eiweißstrukturen faulige Gase mit typisch jauchigem Gestank bilden. Das klinische Bild zeigt gangränöse Entzündungen mit Gasphleg- Prozesse der Wundheilung [72.73] mone im umgebenden Gewebe. Notfallmäßig muss sofort eine Therapie mit einem gegen Aerobier und Anaerobier wirksamen Antibiotikum einsetzen, der bakteriologische Befund kann nicht abgewartet werden. Gasbrand mit bereits schwarzen Weichteilnekrosen, typisch ist auch ein Knistern bei Betasten. Gasbrand Die im Erdreich und Straßenstaub vorkommenden Gasbranderreger Clostridium perfringens, Clostridium novyi und Clostridium septicum sind obligate Anaerobier und finden ideale Wachstumsbedingungen in zerklüfteten, nekrotischen und mangeldurchbluteten Wunden. Sie geben rasch gewebeauflösende und gasbildende Ekto- und Endotoxine ab, die schnell zur allgemeinen Intoxikation des Organismus führen. Echter Gasbrand (im Gegensatz zu Gasphlegmone bei putriden Infektionen) tritt nur noch selten auf, verläuft dann jedoch meist tödlich. Wundstarrkrampf Der Erreger ist Clostridium tetani, ebenfalls ein obligater Anaerobier mit Vorkommen im Erdreich und Straßenstaub. Besonders gefährdet sind wiederum zerklüftete, verschmutzte und mangeldurchblutete Wunden, Eintrittspforte kann aber auch jede Mikroläsion der Haut sein. Die von den Bakterien freigesetzten Nervengifte wandern über die Nervenbahnen in das Rückenmark und lösen Krampflähmungen aus, die sich in kraniokaudaler Richtung ausbreiten. Schutz vor Wundstarrkrampf, der etwa in der Hälfte der Fälle tödlich endet, bietet die Tetanusimpfung. Ist im Falle von Verletzungen die Grundimmunisierung nicht sicher nachzuweisen, gilt der Patient als ungeimpft und erhält aktiven und passiven Impfschutz. Tollwut Die durch Rhabdoviren hervorgerufene Tollwut wird mit dem Speichel beim Biss eines erkrankten Tieres übertragen. Das krank machende Agens dringt in die Bisswunde ein und steigt ähnlich dem Tetanustoxin längs der Nerven zum Zentralnervensystem auf. Es kommt zur Totalparese mit Exitus. Bei der vollen Manifestation versagt jede Therapie, sodass bereits bei Tollwutverdacht (abnormes Verhalten des beißenden Tieres) gehandelt werden muss. Erysipel Das Erysipel ist eine relativ häufige bakterielle Erkrankung, meist hervorgerufen durch β-hämolysierende Streptokokken. Es tritt akut mit Fieber, Schüttelfrost, Schwellung, Rötung, Überwärmung und Druckschmerz der befallenen Haut auf. Bevorzugte Lokalisationen sind der Unterschenkelbereich oder das Gesicht. Durch die typisch scharfe Abgrenzung gesunder Hautareale zur flammenden Rötung ist die Diagnose einfach zu stellen. Als Eintrittspforte genügen winzige Erosionen der Haut oder Schleimhaut; Abflussbehinderungen im lymphatischen und venösen System begünstigen die Entstehung. Eine seltenere Form mit schwerem Verlauf ist das nekrotisierende Erysipel mit Schocksymptomatik. Verhütung und Behandlung von Wundinfektionen Die Verhütung einer Wundinfektion ist gleichbedeutend mit einer weitestgehenden Verhinderung der Keimbesiedelung, während sich die Behandlung auf eine entscheidende Reduzierung der bestehenden Keimbesiedelung bzw. auf die Eliminierung der eingedrungenen Bakterien konzentriert. Die Maßnahmen, die der Prophylaxe und der Behandlung dienen, sind dabei in der praktischen Anwendung nicht isoliert, sondern als Gesamtkonzept zu sehen und erfordern ein diszipliniertes Vorgehen aller an der Wundversorgung Beteiligten. Erysipel am Unterschenkel, mit typisch scharfer Abgrenzung zu den gesunden Hautarealen (oben); fortgeschrittenes, bereits nekrotisierendes Erysipel, ebenfalls am Unterschenkel (unten) Prozesse der Wundheilung [74.75] Eine übergeordnete Maßnahme ist die strikte Einhaltung der Asepsis. Sie ist unabdingbare Voraussetzung für die präoperative Vorbereitung, das intra- und postoperative Geschehen sowie für die offene Wundbehandlung bei allen akuten und chronischen Wundzuständen. Auch bereits klinisch infizierte Wunden sind ausschließlich unter aseptischen Bedingungen zu versorgen. Abgesehen davon, dass weitere Sekundärinfektionen verhütet werden müssen, stellen solche Wunden ein Reservoir äußerst virulenter Keime dar, deren Verschleppung nur durch umfassende Asepsis zu verhindern ist. Weitere Maßnahmen zur Verhütung und Behandlung von Wundinfektionen sind wiederum abhängig vom Wundzustand und erfordern ein adäquates Vorgehen: Bei infizierten Wunden mit primärem Verschluss ist durch Eröffnen der Naht und geeignete Wunddrainagen für einen raschen Sekretabfluss zu sorgen. Bei allen sekundär heilenden Wunden, wie z. B. traumatisch bedingten oder auch chronischen Ulzerationen, steht das ausgiebige chirurgische Débridement im Vordergrund: Nekrosen und avitales Gewebe müssen großzügig entfernt, Wundtaschen weit eröffnet, schmierige Beläge und Fremdkörper sowie infizierte Areale abgetragen werden. Damit wird gleichzeitig die Gewebsdurchblutung mit entsprechender Sauerstoffzufuhr gesichert, die für die Arbeit der lokalen körpereigenen Abwehr unerlässlich ist. Sollte ein chirurgisches Débridement aufgrund spezifischer Situationen nicht möglich sein, ist eine physikalische Wundreinigung mit feuchter Verbandbehandlung und gegebenenfalls die lokale Applikation enzymatischer Präparate angezeigt. Antiseptika Nach allgemeiner Definition besteht die prophylaktische/ therapeutische Zielsetzung der Antiseptik darin, Mikroorganismen mithilfe lokal wirkender chemischer Substanzen – als Antiseptika oder auch als Antiinfektiva bezeichnet – abzutöten bzw. zu inaktivieren oder in ihrer Vermehrung zu hemmen. Da Wundantiseptika mehr oder weniger ausgeprägt mit einem zelltoxischen Potenzial belastet sind, gilt es in jedem Behandlungsfall, das am besten geeignete Wundantiseptikum auszuwählen. Folgende Grundanforderungen sollten dabei durch das Präparat erfüllt sein: ▪ sichere keimabtötende (mikrobiozide) bzw. inaktivierende Wirksamkeit gegen ein breites Spektrum an Mikroorganismen, ▪ kein Eiweißfehler, d. h. kein Wirkungsverlust des Antiseptikums unter Belastung mit Eiweißen (da das Antiseptikum bei der offenen Wundbehandlung immer in Kontakt mit Eiweißen steht, z. B. in Blut und Wundsekret, ist diesem Punkt besondere Beachtung zu schenken), ▪ schneller Wirkungseintritt, ▪ keine mikrobielle Resistenzentwicklung oder Wirkungslücken, ▪ keine Schmerzen verursachend, ▪ bestmögliche Zell- und Gewebeverträglichkeit, toxikologische Unbedenklichkeit sowie ▪ einfache Anwendung und Aufbewahrung. Infektionserreger lauern überall, auch wenn sie mit bloßem Auge nicht erkennbar sind. Die Abbildungen zeigen eine scheinbar saubere Nadelspitze (1). Die 35fache Vergrößerung (2) sowie die 175fache Vergrößerung (3) lassen jedoch eine starke Bakterienbesiedelung (gelb) erkennen. 1 2 3 Prozesse der Wundheilung [76.77] Eine risikominimierte Anwendung von Antiseptika auf offenen Wundflächen setzt also immer zuerst voraus, dass der Anwender über die speziellen Eigenschaften der gewählten Substanz und insbesondere deren Auswirkungen auf die immunologisch aktiven Zellen gründlich informiert ist. Im Allgemeinen gilt, dass sich die Behandlung mit Antiseptika so kurz wie möglich gestalten sollte. Antiseptika sind abzusetzen, sobald die klinischen Zeichen der Infektion abklingen (z. B. nachlassende Sekretion und Schwellung). Der Behandlungsfortschritt ist täglich sorgfältig zu bewerten und gegebenenfalls durch eine mikrobiologische Diagnostik nachzuweisen. Vor allem bei chronischen Wunden ist in der Praxis nicht selten zu beobachten, dass die antiseptische Behandlung ohne Berücksichtigung etwaiger Therapieerfolge über Wochen und Monate unkritisch fortgesetzt wird. Während im Stadium der Infektion die Störungen der sensiblen Wundheilungsvorgänge durch die relativ zelltoxischen Antiseptika zu vernachlässigen sind, da sie durch Bakterien bereits massiv gestört sind, birgt der Langzeitgebrauch ein erhebliches Schädigungspotenzial in sich. Die unerwünschten Wirkungen der Substanzen verstärken die schlechte Heilungstendenz chronischer Wunden signifikant, können aber auch Kontaktallergien auslösen. Hinzu kommt, dass die Langzeitanwendung von Antiseptika oft als eine ausreichende und sichere Wundbehandlungsmethode eingeschätzt wird, sodass nichts unternommen wird, die eigentlichen Ursachen der schlechten Wundheilung zu diagnostizieren und zu behandeln. Links: Escherichia coli, resistent gegen zwei Antibiotika (ohne Hof) Rechts: Staphylococcus aureus während der Auflösung durch ein Antibiotikum: Zerstörung der äußeren Zellwand mit Freisetzung von interzellulärem Material in die Umgebung Antibiotika Eine Behandlung mit lokalen Antibiotika wird heute kontrovers diskutiert und gilt allgemein als obsolet. Die Gründe hierfür liegen in der Selektion resistenter Keime, einer Sensibilisierung des Patienten und dadurch dem Verlust eines potenziellen Antibiotikums für die systemische Therapie, aber auch in der Gefahr einer Superinfektion mit Pilzen. Demgegenüber ist die systemische Gabe von Antibiotika bei lokal fortschreitenden (Phlegmone, Lymphangitis u. a.), tiefen (Emphysem, Osteomyelitis u. a.) sowie bei generalisierten Infektionen (Sepsis) eine absolute Notwendigkeit. Bei der Wahl des Antibiotikums ist das Erregerspektrum gemäß der Keimbestimmung und Resistenzprüfung zu berücksichtigen. Im Falle eines dramatisch verlaufenden Infektionsprozesses ist sofort eine empirische Initialtherapie einzuleiten, wobei sich Breitspektrum-Antibiotika bewährt haben. Die Therapie wird nach erfolgtem Antibiogramm und Resistogramm überprüft und gegebenenfalls entsprechend angepasst. Prozesse der Wundheilung [78.79] Prinzipien der Behandlung akuter Wunden Die Versorgung der akuten, traumatischen Wunde stellt wohl die ursprünglichste Aufgabe ärztlichen Handelns dar. Bahnbrechende Erfolge aber waren der Menschheit erst gegen Ende des 19. Jahrhunderts beschieden, als durch die Erkenntnisse der Antisepsis und Asepsis sowie der Entwicklung von Anästhesieverfahren begrenzende Faktoren der Chirurgie ausgeschaltet werden konnten. Heute ist ein hohes Niveau in der operativen Versorgung traumatischer Wunden erreicht. Insbesondere überzeugen die Möglichkeiten der plastischen Chirurgie, die so manchem Schwerverletzten ein Weiterleben mit akzeptablen Wundheilungsergebnissen sichern. Ziel jeder Wundbehandlung ist es, den Organismus dabei zu unterstützen, frühestmöglich eine funktionsgerechte Regeneration bzw. Reparation des geschädigten Gewebes herbeizuführen. Grundsätzliche Maßnahmen dazu bestehen: ▪ in der Evaluierung der Wunde hinsichtlich Genese, Lokalisation, Alter und Zustand sowie eventueller Begleitverletzungen und Grunderkrankungen, ▪ in der Eliminierung der Keimbesiedelung und der sie begünstigenden Faktoren durch ein gründliches Débridement sowie ▪ im Wundverschluss durch primäre oder sekundäre Naht bzw. durch Haut- oder Lappentransplantationen. Ausmaß und Umfang der einzelnen Maßnahmen differieren je nach dem Wundbefund und der zu erwartenden Heilung. Nachfolgend werden kurz die Prinzipien und Techniken der Wundbehandlung bei akuten, traumatischen Wunden zusammengefasst. Zu berücksichtigen ist jedoch, dass sich ein starres Behandlungsschema durch die Vielfalt patientenindividueller Gegebenheiten verbietet. So wird letztlich das Können des Behandelnden für den Betroffenen von schicksalhafter Bedeutung sein. Die akute, traumatisch bedingte Wunde Entsprechend der Art und Umstände des Unfallgeschehens weisen traumatische Verletzungen sehr unterschiedlich ausgeprägte Gewebeschädigungen auf und reichen von der Schnittwunde bis hin zu komplexen Defekten mit Beteiligung von Sehnen, Muskeln, Nerven, Gefäßen, Knochen und auch inneren Organen. Abgesehen von Bagatellverletzungen wird bei der Behandlung aus praktischen Gründen in eine provisorische und definitive Wundversorgung unterschieden. Akute Wunden [80.81] Die provisorische Wundversorgung umfasst: ▪ Erste-Hilfe-Maßnahmen zur Blutstillung, ▪ das Anlegen eines Notverbandes als Infektionsschutz und für den Transport, ▪ gegebenenfalls die Ruhigstellung der verletzten Körperteile und Gliedmaßen. Bei schweren Verletzungen mit Schockgeschehen hat jedoch die sofortige Einleitung der Schockbehandlung mit Stabilisierung der Vitalparameter immer Vorrang vor der provisorischen Wundversorgung. Unterschenkelfraktur (oben), schweres Fingertrauma durch Verletzung an einem Förderband (unten) Die definitive Versorgung oder Primärversorgung folgt chirurgischen Behandlungsgrundsätzen. Mit Ausnahme oberflächlicher Hautdefekte werden alle anderen Wunden unter ausreichender Schmerzausschaltung und aseptischen Bedingungen operativ revidiert. In den seltensten Fällen genügt die Besichtigung der äußeren Wundverhältnisse. Zur Verifizierung von vermuteten Fremdkörpern in der Tiefe, bei Frakturen oder Verdacht auf Nervenverletzungen, Schädel-Hirn-Beteiligung usw. können röntgenologische bzw. neurologische Untersuchungen notwendig werden. Das unverzüglich anschließende Débridement dient dem Ziel, eine möglichst keimarme und gut durchblutete Wunde zu erhalten. Durchblutungsgeschädigte Gewebe wie erkennbare Nekrosen und gequetschte Weichteile werden exzidiert, um glatte, übersichtliche Wundverhältnisse zu schaffen und Wundinfektionen den Nährboden zu entziehen. Nerven, Sehnen und Muskelstrukturen sind zu schonen und so gut wie möglich zu erhalten, verletzte Gefäße sind sofort gefäßchirurgisch zu versorgen. Besondere Sorgfalt ist bei tiefen und zerklüfteten Wunden bei der Verifizierung von Fremdkörpern geboten. Schmutzpartikel, Stofffetzen oder Glassplitter sind röntgenologisch nur schwer nachzuweisen, dürfen jedoch wegen des damit verbundenen hohen Infektionsrisikos nicht in der Wunde provisorische Wundversorgung Die Versorgung traumatischer Wunden ggf. Schockbehandlung Blutstillung Notverband Ruhigstellung Transport in Klinik definitive Wundversorgung operative Wundrevision Débridement Entscheidung Wundverschluss Wundverschluss primär / primär verzögert Verband zum Wundschutz sekundär / offen feuchte Verbandbehandlung zur Konditionierung späterer Verschluss durch Sekundärnaht, Spontanepithelisierung, Hauttransplantation, plastisch-chirurgische Verfahren zurückbleiben. Oberflächliche epitheliale Wunden werden durch Spülungen gereinigt. Nicht exzidiert werden Fingerund Gesichtsverletzungen, sofern die Wundränder nicht gequetscht sind. Ganz allgemein entspricht das Débridement der Wunde einem anspruchsvollen chirurgischen Eingriff und erfordert vom Ausführenden ein subtiles Vorgehen, basierend auf soliden anatomischen Kenntnissen. Mit Art und Umfang des Débridements fällt auch die Entscheidung über den Wundverschluss. Ein primärer Wundverschluss durch Naht, Klammern oder Wundnahtstreifen Akute Wunden [82.83] ist möglich, wenn sich die Wundränder spannungsfrei adaptieren lassen und sichergestellt ist, dass die Wunde keimarm und nicht mit virulenten Keimen besiedelt ist. Niemals darf eine Wunde unter Spannung verschlossen werden, da jeder erzwungene Wundverschluss durch die ischämisierenden Nähte und daraus resultierenden Störungen der Gewebedurchblutung die Wundheilung gefährdet und zu Nekrosen und Infektionen führen kann. Im Zweifelsfall bleibt die Wunde offen und wird der sekundären Wundheilung zugeführt. Zur Sicherstellung der Keimarmut bei angestrebtem primärem Verschluss müssen neben dem sachgerechten Débridement folgende Voraussetzungen erfüllt sein: ▪ Die Wunde darf nicht älter als 6-8 Stunden sein und ▪ sie darf nicht durch Ursachen erzeugt sein, die von vornherein die Wahrscheinlichkeit einer Primärinfektion mit virulenten Erregern mit einschließen. Hierzu zählen alle Bissverletzungen, auch Menschenbisse, Riss- und Kratzwunden von Tieren, Stich- und Schussverletzungen sowie Verletzungen bei Personen, die mit infektiösem Material wie z. B. menschlichem oder tierischem Eiter, Exkrementen usw. in Berührung gekommen sind. Die Kenntnis des Unfallgeschehens und der Begleitumstände sind somit für die Beurteilung der Infektionsgefährdung und der daraus resultierenden Vorgehensweise von entBissverletzungen von Tieren (links eine Hundebisswunde) oder Schussverletzungen (rechts) sind von vornherein als infiziert einzustufen und dementsprechend zu behandeln. scheidender Bedeutung. Die Unterschätzung des primären Wundinfektionsrisikos dürfte zu den häufigsten Fehlern gehören, die bei der Versorgung von Gelegenheitswunden gemacht werden. Bei nicht für den primären Wundverschluss geeigneten Wunden kommt vielfach die aufgeschobene Primärversorgung in Betracht. Die Wunde wird debridiert, dann aber zur Beobachtung einige Tage mit sterilen, feuchten Verbänden bzw. durch Tamponaden offen gehalten. Zeigen sich keine Infektionsanzeichen, kann die Wunde durch Naht verschlossen werden, meist zwischen dem 4. und 7. Tag. Die Nähte zum Wundverschluss werden meist bereits bei der Erstversorgung gelegt. Wesentlich vielschichtiger gestaltet sich die Frage nach dem Wundverschluss bei sekundär heilenden Wunden mit ihren unterschiedlich großen Gewebszerstörungen. Einfache Hautdefekte mit oder ohne freiliegende Muskulatur lassen sich nach operativer Revision, adäquatem Débridement sowie Konditionierung der Wunde mit Hautersatzmaterialien oder sonstigen dafür geeigneten Wundauflagen in der Regel durch eine Sekundärnaht schließen oder können durch Spalthauttransplantation gedeckt werden. Liegen komplexe Defekte vor, sind Rekonstruktionen des Weichteilmantels durch die Verfahren der plastischen Chirurgie unumgänglich. Komplexe traumatische Defekte Bei komplexen Defekten sind mehrere funktionell bedeutende Strukturen der Extremität verletzt. Dies kann in den unterschiedlichsten Kombinationen vorkommen. Bei offenen Frakturen werden vielfach Muskelzerfetzungen und Kontusionszonen gefunden, daneben noch Nerven, Sehnen oder Gefäßschädigungen. Die beteiligten Strukturen sind exponiert und können mit einfachen Hauttransplantationen nicht definitiv suffizient versorgt werden. Akute Wunden [84.85] Defektdeckung durch Verfahren der plastischen Chirurgie: 1) Komplexer Defekt des Handrückens nach einem Motorradunfall mit Verlust aller Weichteile und Strecksehnen der Langfinger 2) Hebung eines tendo-fasziokutanen Lappens vom Fußrücken 3) Funktion nach 8 Wochen 4) Akzeptabler Hebedefekt Behandlung einer traumatischen Fingerverletzung: 1) Aufnahmebefund Teilamputation D II bis D V 2) Nachamputation mit zwei freien Hautlappen. Durch zunehmende Nekrosen am Ringfinger war eine Revision erforderlich. 3) Befund nach 8 Wochen 4) Funktionell gutes Ergebnis 1 2 3 4 1 2 3 4 Im weiteren Verlauf einer solchen Verletzung kann nach einer inadäquaten Primärbehandlung sehr schnell ein Weichteil-/Knocheninfekt entstehen, der dann zu einem komplizierten Lokalbefund ganz anderen Charakters führt. Dann nämlich steht die Sanierung der Infektion mittels stabiler Weichteildeckung im Vordergrund. Eine Rekonstruktion defekter Strukturen wird unter solchen Bedingungen eher sekundär durchgeführt werden müssen, da das Risiko einer Infektion für die rekonstruierten Strukturen zu groß ist. Grundsätzlich gelten für alle Stadien der Weichteilschädigung die gleichen Therapieprinzipien. Nach Sicherung und Stabilisierung der Vitalparameter erfolgt die Evaluation des Patienten, wann immer möglich, interdisziplinär. Bei der primären operativen Revision werden die Frakturen stabilisiert, die Wunde debridiert und, sofern möglich, alle zerstörten Strukturen rekonstruiert. Ist ein definitives Débridement während der Erstversorgung möglich, kann die Wunde auch primär endgültig gedeckt werden. Bestehen Zweifel an der Vitalität des zurückgelassenen Gewebes, sollte nach geplantem „second look“ eine definitive, optimale Deckung innerhalb von 5-7 Tagen angestrebt werden. Prinzipien der Versorgung komplexer Defekte ▪ Stabilisierung der Vitalparameter, lebenserhaltende Maßnahmen ▪ Interdisziplinäre Evaluation der Patienten ▪ Operative Exploration der Weichteil-/ Knochensituation ▪ Frakturversorgung ▪ Radikales Débridement ▪ Primäre Rekonstruktion verletzter Strukturen ▪ Evtl. „second look“ ▪ Definitive, differenzierte Deckung innerhalb 5-7 Tagen Oberster Therapiegrundsatz muss sein, dass dem Patienten eine „optimale“ Lösung angeboten wird. Dies bedeutet, dass sich ein stadiengerechtes Verfahren der Weichteilrekonstruktion an der Defektgröße und Beschaffenheit, der lokalen Situation, dem Gesamtzustand des Patienten, aber auch an den Alltagsanforderungen und dem medizinischen und sozialen Profil des Patienten orientiert. Die Wunde sollte schnellstmöglich definitiv versorgt werden. Bei komplexen Defekten muss, wenn keine einzeitige Rekonstruktion möglich ist, unter der Weichteildeckung ein rekonstruktiver Eingriff möglich sein. Akute Wunden [86.87] Thermische Verletzungen / Verbrennungswunden Je nach Intensität und Art des einwirkenden thermischen Mediums auf die Haut kommt es zur Ausbildung der Verbrennungswunde in unterschiedlichen Schweregraden. Sie manifestiert sich von der oberflächlichen Rötung bis hin zur totalen Hautnekrose. Großflächige, schwere Brandwunden zählen dabei zu den schlimmsten Verletzungen, die ein Mensch erleiden und – dank der modernen Medizin – auch überleben kann. Am Unfallort wird anhand des Befundes entschieden, ob die Behandlung ambulant oder stationär zu erfolgen hat. Bei oberflächlichen Verbrennungen mit Schweregrad I und IIa, die weniger als 10 % der Körperoberfläche betreffen, bzw. Schweregrad III mit einer Ausdehnung von weniger als 0,5 % der Körperoberfläche und einer Lokalisation am Stamm, Oberarm und Oberschenkel wird eine ambulante Therapie empfohlen. Bei tiefen Verbrennungen der Schweregrade IIb und III mit einer Ausdehnung von über 10 % der Körperoberfläche und unabhängig von der Lokalisation der Verbrennung erfolgt die Behandlung stationär im nächstgelegenen Krankenhaus. Hier wird dann entschieden, ob ein Transport des Verunglückten in ein Zentrum für Brandverletzte erforderlich ist. Die Schwere der Verbrennungen wird für Prognose und Behandlung in drei Grade eingeteilt, wobei Grad II nochmals in Grad IIa und IIb unterteilt ist. Die Einteilung bezieht sich dabei auf die Tiefe der Verletzung, d. h. welche Anteile der Haut verbrannt sind. Epidermis Dermis/ Corium Subcutis Muskeln, Sehnen und Faszien I IIa IIb III Verbrennungsgrad Im Rahmen der Notfallversorgung ist das möglichst sofortige Kühlen der Verbrennungswunde mit Leitungswasser für etwa 30 Minuten eine vorrangige Maßnahme. Vorsicht ist allerdings bei Säuglingen und Kleinkindern geboten, um eine Unterkühlung zu vermeiden. Mit dem Kühlen können Schmerzen gelindert und das so genannte Nachbrennen vermindert bzw. sogar verhindert werden. Als Nachbrennen wird die noch bis zu fast einer Stunde anhaltende Energiespeicherung in dem gut wärmeisolierenden Hautorgan bezeichnet. Dies führt im Zusammenhang mit einer fortschreitenden intravasalen Gerinnung in der verletzten Haut zu einer weiteren Gewebeschädigung, sodass unter Umständen aus einer primär oberflächlichen Verbrennung eine tiefe Verbrennung werden kann. Bei einer Grad-I-Verbrennung, die als Schädigung der obersten Epidermisschicht charakterisiert ist und sich als Erythem manifestiert, erfolgt die Heilung spontan ohne Narbenbildung in wenigen Tagen. Die Grad-IIa-Verbrennung betrifft die gesamte Epidermis und ist ausgesprochen schmerzhaft. Die Blasenbildung, verursacht durch den Plasmaaustritt aus den verletzten Kapillaren, tritt mit Verzögerung etwa 12-24 Stunden nach der Verbrennung auf. Da in den papillären Zapfen sowie in den intakten Hautanhangsgebilden noch genügend vitale Zellen zur schnellen Reepithelisierung vorhanden sind, erfolgt eine Spontanheilung ohne Narbenbildung in der Regel innerhalb von etwa 14 Tagen. Wichtig ist die sterile Versorgung der Wunde durch Desinfektion und Abdeckung mit geeigneten Wundauflagen (z. B. Salbenkompressen wie Atrauman oder kühlende Hydrogel-Verbände wie Hydrosorb). Bei großflächigen Verletzungen dieses Schweregrades, z. B. bei Verbrühungen bei Kindern, kann bereits eine Schockreaktion einsetzen. Akute Wunden [88.89] Grad IIb: Tief dermale Verbrennung der Epidermis und fast der ganzen Dermis mit den Hautanhangsgebilden. Der Wundgrund ist rot bzw. weißlich bei tiefer verbrannten Hautstellen. Es besteht immer akute Gefahr zur Vertiefung in die drittgradige Brandwunde. Bei Grad-IIb-Verbrennungen sind die Epidermis, fast die ganze Tiefe der Dermis sowie größtenteils die Hautanhangsgebilde zerstört. Eine spontane Heilung dauert hier mehrere Wochen und hat vielfach eine hypertrophe Narbe zur Folge. Oft kommt es trotz aller Mühe zur Vertiefung in die drittgradige Wunde. Insgesamt ähneln Grad-IIb-Wunden im klinischen Bild den drittgradigen, sodass auch die Therapie mit Nekrosenabtragung und nachfolgender Defektdeckung (Eigenhaut oder Hautersatz) den drittgradigen Wunden gleicht. Bei Grad-III-Verbrennungen sind Epidermis, Dermis und oft teilweise die Subcutis irreversibel zerstört (full-thicknessburn). Eine spontane Heilung ist nur bei sehr kleiner Ausdehnung von den Wundrändern her durch Narbengewebe möglich. Ansonsten verursacht die Koagulationsnekrose der Haut massive Kontraktionen. Der Patient empfindet keine Schmerzen mehr, Haare und Nägel fallen aus. Die Behandlung dieser Brandwunden ist ausschließlich chirurgisch. Grundsätzlich ist bei allen offenen Brandwunden deren hohes Infektions- und Sepsisrisiko zu beachten. Wundinfektionen stellen die häufigste Todesursache bei Brandverletzten dar. Zusätzlich ist der schwer Brandverletzte durch Verbrennungsschock und Verbrennungskrankheit gefährdet. Die sorgfältige Beobachtung des klinischen Bildes, qualifizierte Entscheidungen über die einzelnen Therapieschritte sowie eine adäquate Intensivpflege sind somit von entscheidender Bedeutung für das Überleben des Patienten. Wundkonditionierung der tiefen Verbrennung Ziel ist die Schaffung eines vitalen Wundgrundes, auf dem die verschiedenen Hauttransplantate bzw. Hautersatzmaterialien für einen definitiven oder temporären Wundverschluss einheilen können. Zur Entfernung der Nekrosen als erstem Schritt stehen dabei je nach Tiefe und Ausdehnung der Verbrennung verschiedene Techniken zur Verfügung. Grad III: Nekrose von Epidermis, Dermis und Teilen der Subcutis (links); die Haut ist bräunlich, schwarz, ledrig und schmerzunempfindlich, Haare und Nägel fallen aus. Zirkuläre Verbrennungen am Rumpf mit Entlastungsschnitten zur Sicherung der Atmung (rechts). Mit der so genannten Granulationsmethode wird in einem etappenweisen Vorgehen (etwa alle 3-4 Tage) der Verbrennungsschorf oberflächlich mit einem Messer ausgedünnt bzw. mit harten Bürsten entfernt. Zwischen den Débridements werden die Brandwunden meist mit antimikrobiellen (Salben)verbänden vor Infektionen geschützt. Diese „geschlossene Behandlung“ verhindert auch ein Austrocknen der Wundflächen, womit die Gefahr von Sekundärnekrosen reduziert wird. Bei drittgradigen zirkulären Verbrennungen am Hals, Rumpf und an den Extremitäten sind im Verbrennungsschorf Entlastungsschnitte (Escharotomie) erforderlich. Andernfalls kommt es durch die kontaminierte, nekrotische Haut in Verbindung mit der exzessiven Ödementwicklung im Laufe der Verbrennungskrankheit zu Erstickungserscheinungen bzw. zur Durchblutungsbehinderung und Kompression der neurovaskulären Bündel. Die Behandlung von Verbrennungswunden ▪ Grad I Spontanheilung in wenigen Tagen ▪ Grad IIa Spontanheilung innerhalb von etwa 14 Tagen ▪ Grad IIb abhängig vom klinischen Bild teils konservativ, teils chirurgisch ▪ Grad III chirurgisch mit Nekrektomie und Autotransplantation Eine weitere Technik zur Entfernung nekrotischen Hautgewebes ist die tangentiale Exzision. Sie besteht in einer flächigen Abtragung der zerstörten Haut mit dem Dermatom – Schicht für Schicht bis zur Erreichung einer blutenden, vitalen Wundoberfläche, auf der die Spalthaut einheilen kann. Ein Nachteil dieser Methode ist die schwer zu kontrollierende kapillare Blutung, aber auch die Schwierigkeit, die richtige Exzisionstiefe exakt am Übergang zum gesunden Gewebe zu finden. Im Anschluss an die Exzision erfolgt sofort der Wundverschluss durch Eigenhauttransplantation. Akute Wunden [90.91] Tiefe, epifasziale Exzision mit radikaler Entfernung der zerstörten Haut und des Fettgewebes bis auf die Faszie Mit der Technik der totalen oder auch tiefen, epifaszialen Exzision hingegen wird die zerstörte Haut radikal bis zur gesunden Muskelfaszie abgetragen. Die Blutung ist besser kontrollierbar als bei der tangentialen Exzision und die Einheilung der Transplantate ist in der Regel gut, da durch die tiefe Exzision ein sicher vitaler Wundgrund gewonnen wird. Das kosmetische Ergebnis ist jedoch als nicht optimal einzustufen. Diese Methode ist deshalb vor allem bei lebensbedrohlichen, d. h. ausgedehnten drittgradigen Verbrennungen indiziert, bei denen der Aspekt des Überlebens wichtiger ist als Funktion und Ästhetik . Weniger bekannt ist die Nekrektomie mit 40 % Benzoesäure in weißer Vaseline (früher wurde dazu Salicylsäure benutzt) zur blutungslosen Nekrosenentfernung, z. B. bei alten Patienten, bei Brandwundenlokalisation am Handrücken und überall dort, wo subkutane Strukturen knapp unter der Hautoberfläche liegen. Temporäre Deckung der Brandwunden Nach der Entfernung nekrotischen Hautgewebes durch die verschiedenen Exzisionsmethoden wird die Wundoberfläche meistens sofort transplantiert. In den Fällen, in denen die Wunde nicht transplantierbar ist oder durch die ausgedehnten Verbrennungen nicht mehr genügend Spenderstellen zur Verfügung stehen, muss die Wunde temporär gedeckt werden. Benutzt werden dazu biologische Wundabdeckungsmaterialien, wobei das Allotransplantat der menschlichen Haut am besten geeignet ist. Es handelt sich hierbei entweder um frische Haut oder konservierte Leichenhaut. Neben ihrer massiven stimulierenden Wirkung auf die Wundheilung dämmen Allotransplantate den Sekretionsund Eiweißverlust ein, mindern Schmerzen und tragen deutlich zur Keimreduzierung bei. Eine weitere Option zur temporären Deckung ist das Xenotransplantat der Schweinehaut. Während Allotransplantate etwa für 14 Tage auf der Wunde „heilen“, sind Xenotransplantate nach 3-4 Tagen zu entfernen. Insgesamt verfügen jedoch auch die Xenotransplantate über die grundsätzliche Wirkung des menschlichen Hautersatzes, wenn auch nicht in diesem ausgeprägten Maße. Nicht zuletzt aus Kostengründen werden zur temporären Deckung allerdings häufig synthetische Materialien wie beispielsweise die Weichschaumkompresse Syspur-derm eingesetzt. Die Benutzung von Allo- oder Xenotransplantaten bleibt in der Regel auf die kritischen Verbrennungsfälle begrenzt. Methoden der Autotransplantation Für die Autotransplantation wird zunächst Spalthaut mithilfe eines speziellen Messers oder eines Dermatoms entnommen. Bei ausreichend vorhandenen Spenderarealen kann sie zur Transplantation in ihrer Form belassen werden. Zumeist aber ist aus Mangel an Spenderstellen die Aufarbeitung der Haut mit einem Meshdermatom zu einem Gitter- oder Netztransplantat erforderlich. Aus ästhetischen, aber auch aus funktionellen Gründen ist die Anwendung von Netztransplantaten im Gesicht, am Hals und an den Händen kontraindiziert. Das Netztransplantat wird auf die gut vorbereitete Wunde gelegt, durch Nähte und Klammern fixiert und durch einen leicht komprimierenden, nicht verklebenden und saugenden Verband abgedeckt. Je nach Sekretion wird der Verband im Intervall von mehreren Tagen gewechselt, etwa alle 2-5 Tage. Autotransplantation mit Spalthaut: Entnahme der Spenderstelle (links); Deckung der gut vorbereiteten Wundfläche mit dem Netztransplantat und dessen Fixierung mit Klammern (rechts) Akute Wunden [92.93] Bei kritischen Verbrennungen, wenn um 80 % der Körperoberfläche betroffen sind, ist der Mangel an Spenderstellen dramatisch. Eine Lösung dieser Situation kann die Methode der Kultivierung von Keratinozyten in vitro bringen, mit der sich aus 2-4 cm2 der Haut des Brandverletzten bis zu 1-2 m2 autologes Epithelium züchten lassen. Dazu werden aus dem Hautstück des Patienten mithilfe bestimmter Verfahren die Keratinozyten isoliert und in einem Nährmedium so lange immer wieder zur Teilung gebracht, bis sich ein transplantationsfähiger Zellrasen gebildet hat. Inzisionen /OP-Wunden OP-Wunden zeigen meist keinen nennenswerten Gewebeverlust und sind für eine rasche Heilung per primam intentionem prädestiniert, wenn Wundinfektionen oder andere Wundheilungsstörungen ausbleiben. Entsprechend den Operationsgegebenheiten werden zur Vermeidung von Seromen oder Hämatomen Wunddrainagen zur Ableitung seröser Sekrete und Blut gelegt. Durch Naht geschlossene Inzisionen sind bei Ausbleiben von Wundinfektionen und anderen Wundheilungsstörungen für eine rasche p.p.-Heilung prädestiniert. Epithelwunden, die nur die gefäßlose Epidermis betreffen, heilen narbenlos ab. Die OP-Wunde wird mit einem trockenen, saugfähigen und luftdurchlässigen Verband versorgt, der die Aufgabe hat, eventuelle Nachblutungen aufzunehmen und die Wunde vor Sekundärinfektionen und mechanischen Irritationen zu schützen. Epithelwunden Epithelwunden oder oberflächliche Wunden betreffen immer nur die gefäßlose Epidermis. Sie reepithelisieren spontan und heilen narbenlos ab, weil kein Ersatzgewebe aufgebaut werden muss. Durch die Miteröffnung der direkt unter der Keimschicht liegenden Feinstkapillaren können oberflächliche Wunden allerdings stark bluten und sezernieren und neigen dadurch sehr zum Verkleben mit dem Verband. Zudem sind die Wunden oft ziemlich schmerzhaft, weil viele Nervenendigungen freigelegt werden. Epithelwunden entstehen durch unfallbedingte Hautabschürfungen oder durch Spalthautentnahme. 1 2 3 4 Für das kosmetische Ergebnis der Wundheilung bei Epithelwunden ist die feuchte Wundbehandlung von entscheidender Bedeutung: 1) Primär aseptische Wunde nach Spalthautentnahme am Oberschenkel 2) Applikation von Hydrosorb plus* auf der Spalthautentnahmestelle 3) Am 5. Tag ist die Reepithelisierung vollständig abgeschlossen. 4) Zustand 5 Monate nach Behandlungsbeginn, das Spenderareal ist nahezu vollständig regeneriert. *Hydrosorb plus ist jetzt als Hydrosorb comfort mit einem transparenten, umlaufenden Kleberand erhältlich. Schürfwunden werden mechanisch gereinigt, gegebenenfalls ist eine Stillung der Sickerblutung mit warmen, feuchten Kompressen erforderlich. Danach wird ein Verband angelegt, der dem Infektionsschutz dient, bei richtiger Auswahl aber auch den Epithelisierungsvorgang fördern kann. Hierzu muss der Verband die Wunde feucht und geschmeidig halten und darf weder austrocknen noch verkleben. Austrocknen hat eine heilungsverzögernde Schorfbildung zur Folge. Verklebt der Verband, werden neu gebildete Epithelzellen beim Verbandwechsel mit abgerissen, der Verbandwechsel schmerzt. Geeignete Wundauflagen zur Versorgung von Epithelwunden sind Salbenkompressen wie Atrauman, Saugkompressen mit nicht verklebender Gelbeschichtung wie Comprigel oder Hydrokolloid- und Hydrogelverbände wie Hydrocoll und Hydrosorb. Spalthautentnahmestellen sowie Entnahmestellen von Reverdin-Transplantaten sind dem Wesen nach Schürfwunden und werden analog behandelt. Nach der Entnahme erfolgen eine adäquate Blutstillung und die Versorgung der Wundfläche mit einem feuchten Verband noch im OP. Akute Wunden [94.95] Prinzipien der Behandlung chronischer Wunden Die Behandlung chronischer Wunden unterschiedlichster Genese stellt höchste Anforderungen an das therapeutische Management. Denn längst sind nicht alle Vorgänge bekannt, die die zu beobachtenden fehlgesteuerten Zellmechanismen hinreichend erklären könnten. Nicht zuletzt auf der Grundlage der heutigen Erkenntnisse über die physiologischen Wundheilungsmechanismen ist es jedoch zunehmend möglich, aktiv und korrigierend auch in die gestörten Wundheilungsprozesse einzugreifen. Definitionsgemäß wird eine sekundär heilende Wunde, die trotz kausaler und sachgerechter lokaler Therapie innerhalb von acht Wochen keine Tendenz zur Heilung zeigt, als chronisch bezeichnet. Chronische Wunden können sich jederzeit aus einer akuten Wunde heraus entwickeln, so z. B. durch nicht erkannte persistierende Infektionen oder eine inadäquate Primärversorgung. In den überwiegenden Fällen stellen chronische Wunden jedoch das letzte Stadium einer fortschreitenden Gewebszerstörung dar, ausgelöst durch venöse, arterielle oder stoffwechselbedingte Gefäßleiden, Druckschädigungen, Strahlenschäden oder Tumoren. Wie es die Ursachen erwarten lassen, sind vor allem ältere Menschen von chronischen Wunden betroffen, und die Veränderung der Altersstruktur hin zur Überalterung der Bevölkerung wird zu einer weiteren deutlichen Zunahme chronischer Wunden führen. Um dieser Herausforderung gerecht werden zu können, ist es dringend erforderlich, zum einen die prophylaktischen Bemühungen zu verstärken und zum anderen ein wissenschaftlich fundiertes und effektives Wundmanagement mit entsprechenden Qualitätskontrollen einzuführen. Beispiele chronischer Wunden: Mischulkus durch eine chronisch venöse Insuffizienz und periphere arterielle Verschlusskrankheit (oben), venöses Ulkus als Folge eines postthrombotischen Syndroms (unten) Allgemeine Therapieprinzipien Obwohl das Erscheinungsbild chronischer Ulzerationen sehr heterogen erscheint, sind die pathophysiologischen Mechanismen, die zur Chronizität führen, untereinander ähnlich. Alle zugrunde liegenden Gefäßschädigungen, auch wenn sie unterschiedlicher Genese sind, münden letztlich in Ernährungsstörungen des Hautgewebes mit zunehmender Hypoxie und Ischämie, was dann den Zelltod mit Nekrosenbildung zur Folge hat. Diese Situation ist die denkbar schlechteste Ausgangsbasis für eine Wundheilung, die, wie bei akuten Wunden auch, prinzipiell in den drei bekannten Phasen der Reinigung, des Granulationsaufbaus und der Epithelisierung abläuft. Chronische Wunden [96.97] Die Reparationsleistung der Zellen muss jedoch in einem extrem stoffwechselgeschädigten Hautgebiet gestartet werden, weshalb von Anfang an nicht gewährleistet ist, dass die „richtigen Zellen zur richtigen Zeit das Richtige tun“. Eine reguläre Wundheilung ist aber nur bei einem chronologisch korrekten Auftreten der beteiligten Zellen gegeben. Beispiele chronischer Wunden: Mal perforans bei Diabetes mellitus (oben), durch Druckeinwirkung verursachtes Dekubitalulkus (unten) Bei der chronischen Wundheilung hält durch die fortdauernde Gewebeschädigung der Einstrom von Entzündungszellen wie neutrophilen Granulozyten und Makrophagen in das Wundgebiet an. Diese wiederum sezernieren entzündungsfördernde Zytokine, die synergistisch die Produktion bestimmter Proteasen (Matrix-Metallproteinasen, MMP) steigern, während die Syntheserate des Inhibitors der MMPs (Tissue Inhibitor of Metalloproteinase, TIMP) reduziert wird. Durch die erhöhte Aktivität der MMPs wird extrazelluläre Matrix abgebaut, Zellwanderung und die Bindegewebseinlagerung sind dadurch gestört. Des Weiteren werden Wachstumsfaktoren einschließlich ihrer Rezeptoren an den Zielzellen degradiert, sodass die Wundheilungskaskade nicht fortgesetzt werden kann, weil die Mediatoren für die entsprechende Stimulation fehlen. Die Entzündung persistiert. Gleichzeitig infiltrieren toxische Zerfallsprodukte von Gewebe und auch Bakterien das umliegende Wundgebiet, was weiteren Gewebsuntergang zur Folge hat und die Chronizität der Wunde unterhält. Nach dieser Hypothese kann die Wundheilungskaskade erst wieder ablaufen, wenn der Teufelskreis der persistierenden Entzündung mit ihrer erhöhten Protease-Aktivität durchbrochen ist. Zwei voneinander abhängige Voraussetzungen scheinen dazu unerlässlich zu sein: ▪ Blutversorgung und Mikrozirkulation im betroffenen Hautgebiet müssen weitestgehend normalisiert werden, um die defizitäre nutritive Situation zu beheben, die zum Gewebsuntergang geführt hat. Praktisch bedeutet dies ein kausaltherapeutisches Vorgehen, d. h. die ulkusauslösenden Ursachen sind exakt zu diagnostizieren und adäquat zu behandeln. ▪ Durch eine gründliche Wundbettsanierung ist die chronische Wunde so gut wie möglich in den Zustand einer akuten Wunde zu überführen. Damit ist die Chance gegeben, dass die für die Heilung erforderlichen Vorgänge in der physiologisch richtigen Zell- und Zeitabfolge neu gestartet werden und regulär ablaufen können. Die Möglichkeiten kausaltherapeutischen Vorgehens wie Venenchirurgie, Kompressionstherapie, Rekanalisierung von Lumeneinengungen durch dilatative Techniken, optimale Diabeteseinstellung, Druckentlastung usw. werden bei der Beschreibung der wichtigsten Ulkusarten mit aufgeführt. Lokaltherapeutische Maßnahmen Wundbettsanierung Therapie der Wahl zur Sanierung des Wundbettes ist das chirurgische oder auch scharfe Débridement. Es bedeutet die Exzidierung nekrotischen Gewebes exakt an der Grenze zum gesunden Gewebe mithilfe eines chirurgischen Instruments wie Skalpell, Schere, scharfem Löffel oder auch Laser. Das Verfahren gilt als selektiv, da gesundes Gewebe bei sachgerechter Durchführung nicht geschädigt oder – falls aus prophylaktischen Gründen erforderlich – nur in minimalen Mengen mit exzidiert wird. Die Vorteile des chirurgischen Débridements liegen in der mitunter lebensrettenden Schnelligkeit bei der Bekämpfung schwerer Infektionen, aber auch im Zeitgewinn in der Wundbehandlung. Denn durch das chirurgische Débridement werden alle lokalen wundheilungsstörenden Faktoren wie Nekrosen, Beläge, Fremdkörper, Keime usw. gründlich aus der Wunde entfernt. Es ist insbesondere indiziert bei Chronische Wunden [98.99] ausgedehnten Ulzera mit dicken, fest haftenden nekrotischen Auflagerungen und dringend erforderlich bei fortgeschrittener Zellulitis oder Sepsis. Das chirurgische Débridement ist sowohl im stationären als auch im ambulanten Bereich eine ärztliche Tätigkeit. Entsprechend den Wundgegebenheiten ist im Einzelfall zu entscheiden, ob die Nekrosenabtragung in einem einzeitigen Vorgehen operativ unter Narkose oder durch ein schrittweises Abtragen in mehreren Sitzungen erfolgen soll. Bei klinisch manifesten Infektionen ist möglichst ein einzeitiges Vorgehen anzustreben, um der Infektion schnellstens den Nährboden zu entziehen. Ein scharfes Débridement sollte am besten im OP durchgeführt werden, insbesondere wenn ein umfangreiches Débridement erforderlich oder noch nicht klar ist, wie weit in die Tiefe gegangen werden muss. Sollte ein chirurgisches Débridement aufgrund spezifischer Situationen nicht möglich sein (Verweigerung des Patienten, Multimorbidität mit schlechtem Allgemeinzustand, bei Marcumar- bzw. Heparintherapie, Fieber, Stoffwechselentgleisungen u. a.), stellen die feuchte Wundbehandlung zur Nekrosenaufweichung und -ablösung und gegebenenfalls ein enzymatisches Débridement mit proteolytisch wirkenden Substanzen die Alternativen dar. Beide Methoden können auch zusätzlich zum chirurgischen Débridement zur Auflösung oberflächlicher, dünner nekrotischer Schichten angezeigt sein, die durch mechanische Exzision nicht oder nur schwer zu entfernen sind. Zur Wundreinigung mithilfe der feuchten Wundbehandlung stehen heute eine Reihe hydroaktiver Wundauflagen zur Verfügung, die effizient sind und eine problemlose Durchführung erlauben: Sie saugen keimbelastetes Exsudat ab, fördern durch die Zufuhr von Feuchtigkeit das Ablösen von Belägen und schaffen insgesamt ein physiologisches zellschonendes Mikroklima, das die körpereigenen, autolytischen Reinigungsmechanismen wirkungsvoll unterstützt. Anamnese und Basisdiagnostik Behandlungsablauf bei chronischen Wunden zur exakten Abklärung der Ulkusursache einschließlich differenzialdiagnostischer Maßnahmen Kausaltherapien zur Wiederherstellung bzw. bestmöglicher Kompensierung der Durchblutungssituation im gestörten Hautgebiet Maßnahmen entsprechend der auslösenden Ursachen, z. B. Venenchirurgie Kompressionstherapie angiochirurgische, dilatative Techniken optimale Diabeteseinstellung Druckentlastung Wunddiagnostik / Assessment Wundbettsanierung / Reinigung möglichst durch chirurgisches Débridement, ansonsten Wundreinigung durch feuchte Wundbehandlung, ggf. auch enzymatisch Wundkonditionierung / Granulationsaufbau mithilfe feuchter Wundbehandlung Wundverschluss durch Kontraktion und Spontanepithelisierung Deckung durch Spalthauttransplantation durch plastisch-chirurgische Verfahren (Haut-Muskel-Lappen) Chronische Wunden [100.101] Die feuchte Wundbehandlung gilt ebenfalls als selektiv, da nur devitalisiertes Gewebe aufgeweicht und abgeräumt wird. Gesundes Gewebe wird nicht traumatisiert. Zudem ist die Methode sicher und „nebenwirkungsfrei“ und in allen medizinischen Bereichen einfach durchzuführen, so z. B. auch in der Wundbehandlung in der häuslichen Pflege. Zu berücksichtigen ist jedoch immer, dass diese Art der Wundreinigung im Vergleich zum chirurgischen Débridement längere Zeit in Anspruch nimmt. Die Wirkungsweisen der einzelnen Wundauflagen werden im Kapitel „Der Wundverband“ ausführlich erläutert. Bei sehr schwierigen, infektiösen Wundzuständen zeigen zusätzliche kontinuierliche Spülungen mit Ringerlösung über einen eingelegten Katheter einen guten Reinigungseffekt. Gegebenenfalls können aber auch einzelne Spülungen bei jedem Verbandwechsel ausreichend sein. Nekrosenabtragung und Wundrandanfrischung mit einem Skalpell bei einem Dekubitus Mit dem initialen Débridement ist der Vorgang der Reinigung und Wundbettsanierung bei chronischen Wundverhältnissen jedoch meist noch nicht abgeschlossen, da die Verbesserung der nutritiven Gewebesituation in der Regel nicht schlagartig erreicht werden kann. Entsprechend der Entwicklung neuer Nekrosen oder der Bildung von Fibrinbelägen können immer wieder ein subtiles Débridement, vorsichtige Wundrandanfrischungen oder das Abtragen von Fibrinbelägen notwendig werden, wie auch keimbelastetes und überschüssiges Exsudat weiterhin aus der Wunde zu entfernen ist. Die sachgerecht durchgeführte feuchte Wundbehandlung ist hierzu wiederum ein adäquates Mittel. Da gerade bei der Behandlung chronischer Wunden häufig versucht wird, durch wissenschaftlich nicht fundierte Polypragmasie den Reinigungs- und Heilungsverlauf abzukürzen, soll explizit auf die Störungen hingewiesen werden, die durch die Zytotoxizität und andere Nebenwirkungen von Substanzen zur Wundbehandlung entstehen können. Antiseptika, antibiotikahaltige Salben, Farbstoffe, gefärbte Lösungen, metallhaltige Pasten usw. haben alle ein mehr oder weniger ausgeprägtes wundheilungsstörendes Potenzial. Bei kurzfristiger Anwendung solcher Substanzen kann angenommen werden, dass die lokale Schädigung wenig ins Gewicht fällt, anders sieht es aber bei der Langzeitanwendung an chronischen Hautulzera aus. Die Heilung kann sich durch die unerwünschten Wirkungen signifikant verzögern und verschlechtern, ganz abgesehen davon, dass die verschiedenen Substanzen Auslöser von Kontaktallergien und Resistenzentwicklungen sein können. Wundkonditionierung Ist im Anschluss an das chirurgische Débridement kein direkter chirurgischer Defektverschluss mittels verschiedener Lappenplastiken oder Hauttransplantation möglich, muss die Wunde „konditioniert“ werden. Hierunter versteht man alle Behandlungsmaßnahmen, die geeignet sind, das Wachstum des Granulationsgewebes zu fördern, bis der Defekt auf annähernd Hautniveau aufgefüllt ist. Bei erfolgreicher Konditionierung liegt dann ein frischer, sauberer Granulationsrasen vor, der die Grundvoraussetzung für eine anschließende Spontanepithelisierung bzw. zur Deckung durch eine Hauttransplantation darstellt. Im angloamerikanischen Schrifttum wird für die Wundkonditionierung der Begriff „Wound Bed Preparation“ verwendet. Wichtigste Maßnahme zur Förderung des Granulationswachstums ist, das Wundbett durch eine Behandlung mit hydroaktiven Wundauflagen permanent feucht zu halten. Damit wird ein Absterben von Zellen durch Austrocknen verhindert und ein Mikroklima geschaffen, in dem sich die notwendigen proliferativen Zellaktivitäten gut entfalten können. Die Konditionierung von Wunden erfolgt durch eine feuchte Wundbehandlung. Die Beispiele zeigen die Konditionierung mit den Calciumalginat-Kompressen Sorbalgon, die trocken eintamponiert werden und sich dann mit Sekretaufnahme in ein feuchtes Gel umwandeln. Chronische Wunden [102.103] Wundverschluss Die Epithelisierung bringt die Wundheilung zum Abschluss. Allerdings epithelisieren gerade chronische Ulzerationen in der Regel schlecht. Wie Seiler et al. 1989 für Dekubitalulzera nachweisen konnte, zeigen Epithelzellen am unmittelbaren Ulkusrand eine stark eingeschränkte Migration. Die Auswachsrate betrug lediglich 2-7 %, gesunde Haut zeigte dagegen in der Kontrolle eine Auswachsrate von ca. 80 %. Heutiger Standard bei der Versorgung der epithelisierenden Wundfläche ist eine feuchte und absolut atraumatische Wundtherapie. Jedes Austrocknen bzw. jede Verletzung von Epithelzellen beim Verbandwechsel hat den Untergang von Zellen und damit eine weitere, die Wundheilung verzögernde Reduzierung dieser ohnehin spärlichen Zellpopulation zur Folge. Die Transplantation autologer und in geeigneter Nährlösung gezüchteter Keratinozyten scheint in der Behandlung chronischer Wunden eine Reihe stimulierender Effekte zu haben. Bei schlechter Tendenz zur Spontanepithelisierung ist vor allem bei größeren Wundflächen ein Wundverschluss durch Spalthauttransplantation oder eine Reverdin-Plastik in Erwägung zu ziehen. Eine weitere Möglichkeit ist die Transplantation von autolog gewonnenen und in vitro gezüchteten Keratinozyten. Voraussetzung für alle Verfahren ist jedoch ein ausreichend konditionierter, gut durchbluteter und infektfreier Wundgrund. Zur Vorbereitung des Transplantationsgrundes oder wenn sich trotz sachgerechter Therapie keine Heilungstendenz zeigt, kann unter Umständen auch die lokale Applikation von Wachstumsfaktoren lohnend sein. Das Ulcus cruris venosum Venenveränderungen und Venenleiden zählen zu den meistverbreiteten Befindens- und Gesundheitsstörungen, und es wird geschätzt, dass etwa zwei Millionen Bundesbürger an einem venös bedingten Unterschenkelgeschwür erkrankt sind. Viele Ulkuspatienten haben dabei einen jahrzehntelangen Leidensweg aufgrund inadäquater und frustranter Therapieversuche hinter sich. Das Ulcus cruris venosum spiegelt die schwerste, durch chronisch venöse Insuffizienz (CVI) verursachte Stoffwechselstörung in der Cutis und Subcutis wider: Ist der Rücktransport des Blutes zum Herzen gestört (Veneninsuffizienz), wird weniger Blut aus den vorgeschalteten Venenabschnitten abtransportiert und der Venendruck fällt weniger ab (venöse Hypertonie). Es kommt zur Überlastung der Venen, die sich bis in die Kapillaren der Endstrombahn auswirkt. Die für einen geregelten Stoffaustausch erforderlichen Niederdruckwerte können nicht entstehen, die venöse Strömung verlangsamt sich oder sistiert gar. Der Stoffwechsel, insbesondere in Cutis und Subcutis, wird beeinträchtigt. Auf Dauer ist davon auch das Lymphsystem betroffen, das nur in den Anfangsphasen einer Abflussstörung die Flüssigkeitszunahmen in den Zellzwischenräumen (interstitielle Flüssigkeit) durch vermehrten Lymphfluss kompensieren kann. Die am frühesten erkennbare Folge der Entsorgungsstörung ist das Ödem, das neuerliche Druckerhöhungen sowie Flüssigkeitseinlagerungen zur Folge hat und somit die Stoffwechselstörung verstärkt. Es kommt zu perivaskulären Fibrosierungs-, Degenerations- und Entzündungsprozessen mit trophisch bedingten Hautveränderungen. Über weitere obliterierende Entzündungsabläufe an den Venolen und Arteriolen entwickelt sich schließlich – zunächst in Arealen mit ungünstiger venöser Hämodynamik (Knöchelbereich) – ein Ulcus cruris als nunmehr sichtbares Zeichen des venösen Hypertonus und der Stoffwechselstörung. 1 2 3 Postthrombotische Gefäß- und Strömungssituation: Die tiefe Leitvene ist nach der Thrombose vernarbt und rekanalisiert (1). Blow out durch erweiterte Verbindungsvenen (2), dadurch Entstehung sekundärer Varizen (3). Lymphatisches Knöchelödem Chronische Wunden [104.105] Schwere, Sitz und Bestandsdauer der Rücklaufstörung sowie Grad und Dauer der Belastung des Beinvenensystems bestimmen die verschiedenen klinischen Erscheinungsbilder, die sich allmählich und stetig verstärkend ausbilden. Sie werden unter dem Symptomenkomplex der chronisch venösen Insuffizienz (CVI) zusammengefasst und üblicherweise in drei Schweregrade eingeteilt: ▪ Grad I der CVI ist durch um die Knöchel und oberhalb des Fußgewölbes angeordnete, besenreiserartige Venen (Corona phlebectatica) gekennzeichnet. Zusätzlich besteht ein Knöchelödem. ▪ Grad II zeigt sich durch Hyper- und Depigmentierung der Haut, Unterschenkelödem und Dermatoliposklerose bis hin zur Atrophie blanche (auch als Capillaritis alba bezeichnet). ▪ Grad III manifestiert sich als florides oder abgeheiltes Ulcus cruris venosum. Es bildet sich bevorzugt im Bereich der Knöchel (Bisgaard’sche Kulisse) aus, kann jedoch auch an anderen Stellen am Unterschenkel auftreten. 1) Ausgeprägte Dermatoliposklerose bei einer CVI Grad II, die auf eine zunehmende Fibrosierung von Cutis und Subcutis zurückzuführen ist 2) Atrophie blanche mit den weißen atrophischen Hautveränderungen 3) Florides Ulcus cruris venosum bei Grad III 4) Sog. Gamaschenulkus, das den gesamten Unterschenkel erfasst hat 1 2 3 4 Eine CVI kann sich aus einer primären Varicosis (Krampfaderleiden) ergeben, wenn Lumenerweiterung und Klappeninsuffizienz der suprafaszialen Venen auf die Perforansvenen und subfaszialen Venen übergreifen. Sie stellt aber auch den Folgezustand eines postthrombotischen Syndroms (PTS) dar, das zumeist sekundär nach einer tiefen Beinvenenthrombose (Phlebothrombose) entsteht. Das PTS ist die häufigste Ursache eines Ulcus cruris (Ulcus cruris postthromboticum), wobei die anatomische Lokalisation des Strömungshindernisses als entscheidender Faktor für die klinische Prognose gilt. Bei primärer Varicosis mit noch suffizientem Klappenapparat der Perforansvenen sind Ulzerationen überwiegend auf Verletzungen, stumpfe Traumen oder Varizenrupturen zurückzuführen. Dementsprechend günstiger ist ihre Prognose. Die Diagnostik des Ulcus cruris venosum umfasst eine gründliche Anamnese, die klinische und apparative Untersuchung mit Erhebung des venösen und arteriellen Status sowie differenzialdiagnostische Maßnahmen zum Ausschluss nicht venöser Entstehungsfaktoren. Das Ulcus cruris venosum ist eine chronische Wunde mit schlechter oder fehlender Heilungstendenz, die aufgrund ihrer Entstehungsursache durch eine alleinige Lokaltherapie nicht zur Abheilung gebracht werden kann. Kausal muss der dem Ulkus zugrunde liegende venöse Hypertonus so gut wie möglich beseitigt werden, um die nutritive Situation im geschädigten Hautgebiet zu verbessern. Ein Geschwür kann nur dann abheilen, wenn das Ödem abgeklungen ist und der venöse Abfluss im Bein wieder einen kompensierten Zustand erreicht hat (Hach). Diese Therapieziele können im Wesentlichen durch die Kompressionsbehandlung und gegebenenfalls durch invasive Therapieverfahren erreicht werden. Dabei stellen in der modernen Phlebologie Verödungsbehandlung und Operation sich einander ergänzende invasive Verfahren dar. WelChronische Wunden [106.107] ches Verfahren zur Anwendung kommt, ist letztlich abhängig von der anatomischen Lokalisation der Rücklaufstörung und der Ausprägung der chronischen Veneninsuffizienz. Die lokale Ulkustherapie stützt sich auf eine sachgerechte Wundbehandlung, die sich sinnvollerweise an den einzelnen Heilungsphasen orientiert. Im Rahmen der Wundbehandlung sind nach Möglichkeit auch alle Faktoren auszuschalten, die sich allgemein wundheilungsstörend auswirken, so beispielsweise Infektionen, Einflüsse von Begleiterkrankungen und Nebenwirkungen anderer Therapien oder negative psychosoziale Faktoren. Zur problemlosen Durchführung der feuchten Wundbehandlung stehen eine Reihe hydroaktiver Wundauflagen zur Verfügung. Das Beispiel zeigt die Behandlung eines ausgedehnten venösen Ulkus mit TenderWet, das durch seine „Saug-Spülwirkung“ insbesondere eine rasche Reinigung von Wunden bewirkt. Die sachgerechte Wundbehandlung umfasst phasengerecht eine gründliche Reinigung sowie die Konditionierung der Wunde und Förderung der Epithelisierung. Wenn es die medizinische Situation beim Patienten erlaubt, sollte dabei durch ein chirurgisches Débridement eine möglichst komplette Abtragung nekrotischen und unzureichend durchbluteten Gewebes angestrebt werden. Ist ein chirurgisches Débridement nicht praktizierbar, erfolgt die Reinigung durch eine feuchte Wundbehandlung, die zur Konditionierung des Wundbettes bis zur vollständigen Epithelisierung fortgesetzt wird. Wichtig ist außerdem eine kontinuierlich begleitende Kompressionsbehandlung zur Verbesserung der Hämodynamik. Unsicherheiten in der Behandlung ergeben sich oft im Hinblick auf die Infektionsprophylaxe und -bekämpfung. Es ist generell von einer Keimbesiedelung des Ulkus auszugehen. Allerdings führt die Kontamination – vor allem bei rein venösen Ulzera – relativ selten zu einer klinisch manifesten Infektion. Die allgemein zu beobachtende eher geringe Infektanfälligkeit älterer chronischer Wunden scheint auch auf das Ulcus cruris venosum zuzutreffen. Die prophylaktische Desinfektion des Ulkus bzw. eine topisch angewandte Antibiotikatherapie ist deshalb in der Regel als nicht sinnvoll einzustufen, insbesondere auch im Hinblick auf das Diagnostik Behandlungsablauf beim Ulcus cruris venosum klinische Untersuchung apparative Diagnostik Differenzialdiagnose (arterielle Ulzera, venös-arterielle Mischulzera, diabetische Ulzera, exogene, infektiöse Ulzera, Ulzera durch Bluterkrankungen, neoplastische Ulzera) Behandlung Kompressionstherapie Dauerverband mit Zinkleimbinden Wechselverband mit Kurzzugbinden generell: Der Patient soll sich mit dem Verband möglichst viel bewegen invasive Therapie zur Kompensierung der CVI: Sklerosierung, Phlebochirurgie zur Ulkussanierung: ggf. paratibiale Fasziotomie bzw. endoskopische Perforansligatur lokale Ulkustherapie chirurgisches Débridement physikalische Reinigung durch feuchte Verbandbehandlung Weiterführung der feuchten Verbandbehandlung während des Granulationsaufbaus bis zur Spontanepithelisierung, ggf. Hauttransplantation Nachsorge Kompressionsstrumpf zum Erhalt des Therapieergebnisses venengesunde Lebensweise mit möglichst viel Bewegung/ Hochlagern der Beine, ggf. Gewichtsabnahme ggf. medikamentöse Unterstützung durch Ödemprotektiva/ Venentonika Chronische Wunden [108.109] wundheilungshemmende Potenzial vieler dieser Substanzen sowie das hohe Risiko von Sensibilisierungen. Bei schweren Infektionen und deutlich erhöhtem CRP (C-reaktives Protein; Indikator für Entzündungen) sowie bei Problemulzera kann dagegen eine systemische Antibiotikatherapie angezeigt sein. Bei hartnäckig therapieresistenten Ulzerationen kann gegebenenfalls ein Eingriff peripher vom Ulkus in narbenfreien Hautarealen erforderlich werden. Als Verfahren mit guten Erfolgsquoten haben sich dabei insbesondere die paratibiale Fasziotomie nach Hach sowie die endoskopische Perforansligatur nach Hauer erwiesen. Das Ulcus cruris arteriosum Die Ursache des Ulcus cruris arteriosum stellt überwiegend die Arteriosklerosis obliterans der großen und mittleren Gefäße mit einer daraus resultierenden Gewebsischämie dar. In Grundzügen skizziert nimmt sie ihren Ausgang von einer Läsion der Intima der Gefäßwand, die reaktiv eine Thrombozytenaggregation an der geschädigten Stelle auslöst, die wiederum eine verstärkte Proliferation und Immigration glatter Muskelzellen der Media in die Intima der Gefäßwand zur Folge hat. Die Muskelzellen produzieren große Mengen an Faserproteinen (Kollagen und Elastin) sowie Proteoglykanen (wesentliche Bestandteile der extraTypisch für Arteriosklerose ist die herdförmige Ausbildung von sog. Plaques. Sie entstehen, wenn sich bei einer Schädigung der Gefäßinnenwand Blutfette und Kalk, die mit dem Blutstrom transportiert werden, an der Schadensstelle anlagern. S h itt d Atherosklerotische Plaques (graue Ablagerungen) in einer Arterienwand zellulären Matrix), die sich durch Akkumulation von Lipiden in die so genannten atherosklerotischen Plaques umbauen. Diese Plaques führen dann zur Stenosierung bzw. zum vollständigen Verschluss des betroffenen Gefäßes, wobei das Ausmaß der daraus resultierenden Mangeldurchblutung vom Stenosegrad und der vorhandenen Kollateralzirkulation abhängig ist. Durchblutungsstörungen der Beine können sich sowohl durch obliterative Prozesse der Aorta selbst als auch der Extremitätenarterien ergeben. Je nach der Lokalisation des Verschlusses unterscheidet man nach Ratschow den Aortenbifurkationstyp, den Beckentyp, den Oberschenkeltyp und den peripheren Beintyp, wobei Kombinationen möglich sind. Die Arteriosklerose als solche ist keine reine Alterskrankheit. Zwar erfolgt eine rasche Zunahme der Ausprägung vom 45. bis 60. Lebensjahr, doch sind für das Krankheitsgeschehen auch das Mitwirken einer Reihe von Risikofaktoren bedeutungsvoll. Neben der konstitutionellen Disposition stellen Hypertonie, Diabetes mellitus, Hypothyorese, Nephrose, Lipidstoffwechselstörungen, Thrombophilie, Atmungsinsuffizienz, aber auch eine falsche Lebensweise mit fett- und kalorienreicher Ernährung, Übergewicht, Stress und vor allem Rauchen wichtige Risikofaktoren dar. Chronische Wunden [110.111] h i At i it Beispiele arterieller Ulzera: 1) Zehennekrosen 2) Nekrosen am lateralen Fußrand, Calcaneus- und Achillessehnenbereich 3) Komplette Unterschenkelgangrän 4) Ulcus cruris mixtum am Unterschenkel 1 2 3 4 Männer erkranken etwa fünfmal häufiger an obliterierender Arteriosklerose als Frauen, wobei sich die Geschlechtsunterschiede in höheren Altersgruppen nivellieren. Von enormer Bedeutung für das Krankheitsgeschehen ist des Weiteren, dass ein Zusammentreffen mehrerer Risikofaktoren das Erkrankungsrisiko nahezu exponentiell ansteigen lässt. Aber auch bereits ein einzelner Risikofaktor, wie z. B. Diabetes mellitus, vervielfacht die Wahrscheinlichkeit, an einem Arterienverschluss der unteren Extremitäten zu erkranken. Insgesamt handelt es sich also um ein sehr komplexes Leiden, das die Behandlung bzw. Ausschaltung aller negativ beeinflussenden Faktoren miterfordert. Prädilektionsstellen arteriosklerotischer Ulzera am Fuß sind die Endphalangen der Zehen und Nägel, des Nagelbettes sowie der Köpfchen der Metatarsale I und II. Sie entstehen oft durch Druck des Schuhs an prominenten Knochenvorsprüngen und imponieren als tiefblau bis schwarz erscheinende Hämorrhagien. Eine weitere häufige Ulkusursache sind Läsionen durch eine unsachgemäße Pediküre oder Bagatellverletzungen der Zehen. Nekrosen infolge schwerster Durchblutungsstörungen sind meist am lateralen Fußrand, der Ferse, im Interdigitalraum und an den Streckseiten der Unterschenkel lokalisiert. Zum venösen Ulkus besteht differenzialdiagnostisch eine Schmerzhaftigkeit im Geschwürsbereich. Bei Diabetikern wird das Ulkus zusätzlich in eine angiopathische und neuropathische Form unterschieden (siehe ab Seite 117). Der Wundschweregrad kann nach der von Knighton für chronische Wunden entwickelten Klassifizierung in Stadium I bis VI unterteilt werden. Im Initialstadium erleichtert das rechtzeitige Erkennen die Therapie und verbessert die Prognose, wobei in einer ausführlichen Anamnese auf die typischen Merkmale des Claudicatio-Schmerzes geachtet werden muss. Die klinische Stadieneinteilung der arteriellen Verschlusskrankheit erfolgt modifiziert nach Fontaine: ▪ Stadium I: symptomlos, eventuell leichte Ermüdbarkeit ▪ Stadium IIa: ab einer Gehstrecke von 200 m setzen Schmerzen ein ▪ Stadium IIb: Gehstrecke unter 200 m ▪ Stadium III: Ruheschmerz ▪ Stadium IV: Dauerschmerz, Nekrose, Ulkus, Gangrän Nach Sicherung der Diagnose und Verschlusslokalisation muss ein Therapieplan erstellt werden, der nach Möglichkeit die verschiedenen pathogenetischen Faktoren berücksichtigt. Er beinhaltet: ▪ Ausschaltung der Risikofaktoren ▪ Behandlung der Begleiterkrankungen (z. B. normnahe Blutzuckereinstellung bei Diabetes mellitus) ▪ Maßnahmen zur Wiederherstellung bzw. der Verbesserung der Durchblutung durch Gefäßchirurg, Angiologen und Interventionsradiologen ▪ Lokale Wundbehandlung Chronische Wunden [112.113] In der Rangordnung der Behandlungsmaßnahmen stehen die rekonstruktiven Arterieneingriffe sowie interventionsradiologische Kathetertechniken als primäre Ursachenbekämpfung des Ulcus cruris arteriosum an erster Stelle. Die Wahl des Eingriffes ist nach der Lokalisation und Ausdehnung der Arterienverschlüsse sowie nach dem Allgemeinzustand des Patienten auszurichten. Neben der Revaskularisierung kommen zur Verbesserung der Perfusion auch Medikamente in Betracht, durch die insbesondere die hyperproliferativen Zellvorgänge und die Fließeigenschaften des Blutes beeinflusst werden sollen, z. B. Prostaglandin E1. Bei der lokalen Wundbehandlung ist das grundsätzliche Risiko zu berücksichtigen, dass sich bei einem AVK-Patienten bereits kleinste Läsionen, anfänglich ignoriert oder bagatellisiert, innerhalb weniger Tage rasch ausdehnen können. Ein weiteres zentrales Problem ist die hohe Infektionsgefährdung der arteriellen Ulzera. Dementsprechend dient das chirurgische Débridement der schnellen Infektbekämpfung: Nekrosen müssen entfernt, Taschen weit eröffnet, schmieBehandlungsbeispiele: 1) AVK vom Oberschenkel-/Unterschenkeltyp Stad. IV, Z. n. chirurgischem Débridement, Tibialis posterior-Saphena-Bypass 2) Diabetische Gangrän mit AVK vom Oberschenkel-/Unterschenkeltyp Stad. IV, Z. n. Inzision und Drainage 3) Trockene Gangrän im Bereich des IV und V Strahls, des lateralen Fußrandes, im Calcaneus und im dorsalen Fußrückenbereich 4) 4 Monate später mit Z. n. Entfernung der Nekrosen und Amputation des IV und V Strahls 1 2 3 4 Diagnostik Behandlungsablauf beim Ulcus cruris arteriosum Schweregrad der pAVK und Lokalisation des Verschlusses eruieren Evaluierung Begleiterkrankungen / Risikofaktoren (Hypertonie, Diabetes mellitus, Lipidstoffwechselstörungen, Rauchen, Übergewicht etc.) Behandlung Kausaltherapie Ausschaltung der Risikofaktoren (Rauchen, Alkoholkonsum meiden) Behandlung der Begleiterkrankungen (Bluthochdruck senken, normnahe Blutzuckereinstellung etc.) Maßnahmen zur Wiederherstellung bzw. Verbesserung der Durchblutung (angioplastische/gefäßchirurgische Verfahren; medikamentöse Verfahren, Beintieflagerung, Gefäßtraining) lokale Ulkustherapie chirurgisches Débridement Infektionsbekämpfung (systemische Antibiotikatherapie) feuchte Verbandbehandlung zur weiterführenden Wundreinigung, Konditionierung und Epithelisierung bei Indikation zur Amputation: – Infekt möglichst ausheilen – feuchte Gangrän in eine trockene überführen – maximal erreichbare Revaskularisierung anstreben Nachsorge Patienten schulen, Eigenverantwortlichkeit stärken orthopädische Schuhe mit entsprechender Druckverteilung Füße täglich auf Veränderungen inspizieren (Hornhautschwielen, Rhagaden, Pilzinfektion der Nägel) zur Fußpflege keine schneidenden Werkzeuge benutzen, nur körperwarme Fußbäder, kein Barfußlaufen, zur Durchblutungsförderung keine externen Wärmequellen (Wärmflaschen, Heizkissen), sondern nur Eigenwärme (Socken, Wattestiefel) nutzen Chronische Wunden [114.115] rige Beläge entfernt und infizierte Areale herausgeschnitten werden. Ein ungestörter Sekretabfluss wird mittels Drainage gewährleistet (Osteomyelitis-Saug-/Spüldrainage). Nach dem chirurgischen Débridement wird mithilfe feuchter Wundbehandlung die Wundreinigung und Konditionierung fortgesetzt. Gegebenenfalls sind bis zum Abklingen des Infektes antiseptische Verbände angezeigt. Ist eine Amputation erforderlich, sollte diese erst möglichst nach Abklingen des Begleitinfektes, nach der Überführung einer feuchten Gangrän in eine trockene und nach Erreichen einer maximalen Revaskularisation in der nekrobiotischen Grenzzone vorgenommen werden. Das diabetische Ulkus Der Diabetes mellitus ist eine chronische Störung des Kohlenhydratstoffwechsels, die weltweit nahezu epidemische Ausmaße erreicht hat. In Deutschland sind derzeit circa 300.000 Menschen an einem Typ-1-Diabetes erkrankt, etwa 4 bis 5 Millionen sind von einem Typ-2-Diabetes betroffen. Da gerade der Typ-2-Diabetes auch eine altersabhängige Komponente hat, ist allein aufgrund der Altersentwicklung mit weiter steigenden Erkrankungszahlen zu rechnen. Bei den diabetischen Folgekomplikationen nimmt das Diabetische Fußsyndrom (DFS) eine herausragende Stellung ein. Nach epidemiologischen Erhebungen ist davon auszugehen, dass etwa 15 % der Patienten mit Diabetes mellitus im Laufe der Erkrankung Fußläsionen in unterschiedlicher Ausprägung erleiden, die nur allzu oft in der Amputation enden. Grundbedingung für die Entstehung diabetischer Fußläsionen ist das Vorliegen einer diabetischen (Poly-)Neuropathie und/oder einer peripheren arteriellen Durchblutungsstörung. Obwohl die statistischen Erhebungen etwas differieren, kann von folgender Verteilung ausgegangen werden: Neuropathischer Fuß Angiopathisch-ischämischer Fuß langjähriger Diabetes mellitus, ggf. zusätzlicher Alkoholkonsum, weitere diabetische Spätschäden langjähriger Diabetes mellitus, ggf. Fettstoffwechselstörungen, Herzerkrankungen, Nikotinabusus, arterielle Hypertonie Hautfarbe/Temperatur rosig, warm blass-livide (lageabhängig), kühl Schweiß/Sekretion gestört; trockene, rissige Haut atrophe Haut, Verlust von Hautanhangsgebilden (Haarverlust) Sensibilität Einschränkung oder Aufhebung der Wahrnehmung für Vibration, Schmerz, Druck, Temperatur, Berührung; Reflexe beeinträchtigt ungestört, Empfindungen vorhanden Schmerz Schmerzen in Ruhe oder nachts vorhanden, Claudicatio intermittens Schmerzsymptomatik Fußpulse tastbar nicht tastbar Hyperkeratosen häufig an druckexponierten Stellen wenig ausgeprägt Knochendeformitäten häufig veränderte Knochenstruktur, frühzeitig Osteolysen selten Prädilektionsstellen von Läsionen Fußsohle, insbesondere Bereich der Zehengrundgelenke akrale Nekrosen Anamnese Klinik In ca. 45 % der Fälle ist eine diabetische Neuropathie die Ursache, bei weiteren 45 % handelt es sich um eine Mischform aus Neuropathie und Durchblutungsstörung und 10 % sind auf eine isolierte periphere Durchblutungsstörung zurückzuführen. Unterscheidungsmerkmale Diabetisches Fußsyndrom Entstehung der neuropathischen Läsion Die diabetische Neuropathie, charakterisiert als eine zunehmende „Verzuckerung“ der Nervenzellen und konsekutive Schädigung des Nervengewebes, erfasst autonome, sensorische und motorische Fasern gleichermaßen. Klinisch führen diese Schädigungen allein oder gemeinsam zu den typischen Veränderungen am Fuß des Diabetikers: Chronische Wunden [116.117] ▪ Die Schädigung der autonomen Fasern bedingt eine Verminderung der Schweißsekretion mit atrophisch trocken warmer Haut. ▪ Die sensorische Funktionsbeeinträchtigung bewirkt ein herabgesetztes Schmerz- und Temperaturempfinden bzw. den Verlust der Schmerzempfindung. ▪ Durch die Verminderung der motorisch neuralen Aktivität kommt es zu einer Atrophie der Fußbinnenmuskulatur mit Statikveränderung und Fehlregulation der Fußmotorik. Damit sind die Bedingungen für die Entwicklung eines neuropathischen Ulkus gegeben, wobei eine Kallusbildung (Schwielenbildung) an der Fußsohle ein möglicher Indikator für die bevorstehende Ulzeration ist. Denn als Reaktion auf die Einwirkung erhöhten Drucks auf die Fußsohle (bevorzugte Lokalisation ist der Bereich der Zehengrundgelenke) ergibt sich eine verstärkte Hornhautbildung (Hyperkeratosen) mit Ausbildung einer Schwiele. Die Schwiele leitet dann die Druckkräfte in tiefere, unter der Haut gelegene Gewebeschichten weiter. Gleichzeitig kommt es in der hyperkeratorisch veränderten Haut durch die zunehmenden Druck- und Scherkräfte zur Ablösung von Cutis und Subcutis, zu Fissuren, Einblutungen und Hämatomen, die im weiteren Verlauf bakteriell besiedelt werden. In Folge entsteht ein zentraler, infizierter Gewebsdefekt, das „mal perforant du pied“ (Malum perforans pedis). Die Ulkusbildung kann aber auch durch andere Traumen ausgelöst werden. Hier ist vor allem die zusätzliche unphysiologische Druckbelastung durch nicht passendes Schuhwerk zu nennen, aber auch Druckpunkte durch eingewachsene Zehennägel, Bagatellverletzungen z. B. durch schneidende, spitze Geräte bei der Fußpflege oder thermische Traumen z. B. durch zu heiße Fußbäder. Die Entstehung eines „Mal perforant“ Erhöhte Druck- und Scherkräfte durch veränderte Fußstatik und -motorik ... führen zu Hyperkeratosen und Kallusbildung, ... Rissen, Einblutungen, Hämatomen und bakterieller Besiedelung... und schließlich zu einem infizierten Defekt, dem „Mal perforant“ Erschwerend kommt hinzu, dass die Vorgänge der Ulkusentwicklung vom Betroffenen oft kaum beachtet werden, da die Schmerzwahrnehmung beeinträchtigt ist. Dies zieht dann nicht selten eine riskante zeitliche Verschleppung nach sich: Denn begünstigt durch die allgemein abgeschwächte Infektabwehr des Diabetikers kann sich die zunächst lokal begrenzte Infektion rasch in die Tiefe ausbreiten und anatomische Leitstrukturen (Sehnen, Muskeln) sowie Knochen befallen (bakterielle Osteitis). Die Entzündung der Knochen kann bis zum völligen Zusammenbruch des Fußskelettes führen. Es entsteht der sog. Charcot-Fuß, oder es entwickeln sich tiefe Entzündungen des Fußgewebes (Fußphlegmone), die die Blutzirkulation in den Zehen gefährden, sodass am Ende eine diabetische Gangrän droht. Chronische Wunden [118.119] Zur Therapieplanung und Prognoseabschätzung ist eine präzise Beschreibung und Klassifizierung der unterschiedlichen Läsionstypen unverzichtbar. Sie dient aber auch dazu, bei der erforderlichen multidisziplinären Behandlung eine eindeutige Kommunikation zwischen den verschiedenen Mitgliedern eines Behandlungsteams sicherzustellen. Zur Beschreibung der Läsionen sind verschiedene Klassifikationen verfügbar, von denen die sog. Wagner-Klassifikation weltweit zu den verbreitetsten Einteilungen diabetischer Fußläsionen gehört. Mit ihren sechs Stadien (0 bis 5) hat sie den Vorteil, dass sie im klinischen Alltag einfach anzuwenden ist. Grad 0: keine Läsion, ggf. Fußdeformation oder Cellulitis Grad 1: oberflächliche Ulzeration Grad 2: tiefes Ulkus bis zur Gelenkkapsel, zu Sehnen oder Knochen Grad 3: tiefes Ulkus mit Abszedierung, Osteomyelitis, Infektion der Gelenkkapsel Grad 4: begrenzte Nekrose im Vorfuß- oder Fersenbereich Grad 5: Nekrose des gesamten Fußes Stadium 1: Nekrose der Epidermis (Druckstelle) Stadium 2: Malum perforans subcutan bis an Knochen oder an Gelenke reichend ohne deren Läsion Stadium 3: Malum perforans mit Knochen- und/oder Gelenkbeteiligung Stadium 4: nicht mehr regional begrenzte Infektion, die von einem Malum perforans ausgeht Stadieneinteilung des Malum perforans nach Arlt Erste Anzeichen neuropathischer Störungen in den Beinen sind trockene Haut, Brennen und Kribbeln, Taubheitsgefühl und Schmerzen in Ruhe, insbesondere nachts. Es bestehen jedoch kaum Schmerzempfindungen bei Verletzungen. Entstehung der angiopathisch-ischämischen Läsion Eine verringerte Durchblutung des Gewebes aufgrund einer Mikro- und Makroangiopathie ist ein gravierender Risikofaktor für die Entstehung eines diabetischen Fußgeschwürs, beeinträchtigt aber auch die Heilung bestehender Ulzerationen. Die Makroangiopathie des Diabetikers, die weder aus histologischer noch aus histochemischer Sicht eine Eigenständigkeit aufweist, kann als eine zeitlich vorverlegte, besonders schwere Gangart der Arteriosklerose bewertet werden. Die Sklerosierung der Arterien eilt dem Stoffwechselgesunden um 10 bis 15 Jahre voraus mit den bekannten Folgen, dass Diabetiker frühzeitiger und häufiger als Stoffwechselgesunde Herzinfarkte, Schlaganfälle und Verschlüsse in den Beinen erleiden. Mikroangiopathien sind Erkrankungen der Endstrombahn und werden als Mikrozirkulationsstörungen zusammengefasst. Sie betreffen insbesondere den Gefäßwandumbau, die Blutfließeigenschaften und -bedingungen, Stoffwechselvorgänge im Interstitium sowie in den peripheren Anteilen des Lymphsystems. Die Ätiologie ist noch unklar, obwohl die metabolische Theorie im Vordergrund der pathogenetischen Betrachtungen steht. Die Prädilektionsstellen des ischämischen diabetischen Ulkus entsprechen dem des arteriellen Ulkus: Endphalangen der Zehen und Nägel, des Nagelbettes sowie der Köpfchen der Metatarsale I und II. Nekrosen infolge schwerster Durchblutungsinsuffizienz sind meist am lateralen Fußrand, der Ferse, im Interdigitalraum und an den Streckseiten der Unterschenkel lokalisiert. Mit zur Entstehung der Ulzera Chronische Wunden [120.121] tragen dann nicht selten traumatische Ereignisse bei, z. B. Druckeinwirkung durch Schuhe, unsachgemäße Pediküren oder sonstige Bagatellverletzungen der Zehen. Noch bevor es zur Ulzeration kommt, können bei der Inspektion trophisch gestörte Nägel, Mykosen, Rötung, Marmorierung und ein Verlust der Behaarung auffallen, was die Bedeutung der regelmäßigen Inspektion zur Prävention unterstreicht. Grundsätze der Therapie Ziel der Behandlung des diabetischen Fußsyndroms sind vorrangig die Senkung der Amputationsrate, der Funktionserhalt der Extremität sowie die Erhaltung der Lebensqualität des Diabetikers. Die Behandlung ist eine interdisziplinäre Aufgabe und Therapieerfolge sind nur durch breit gefächerte Maßnahmen zu erreichen. Zu den Beteiligten unterschiedlicher Disziplinen gehören: Internisten, Gefäßchirurgen, Orthopäden, Neurologen und Dermatologen. Basismaßnahme bei der Behandlung aller diabetischen Läsionen ist eine optimale Diabeteseinstellung (Normoglykämie), die zugleich die beste Therapie der Neuropathie darstellt. Weitere konservative Therapien konzentrieren sich auf die Verbesserung der zentralen Hämodynamik (Behandlung der Herzinsuffizienz oder Ventilationsstörung, Blutdruckregulierung), die Verbesserung der Hämorheologie und Vasodynamik (Blutfluss- und Blutfließbedingungen) sowie der Antikoagulation. Ein vorrangiges und zentrales Problem bei der Behandlung diabetischer Ulzerationen ist des Weiteren deren außerordentlich hohe Infektionsgefährdung. Nur ganz wenige angiopathische Läsionen weisen keine Zeichen einer Umgebungsinfektion auf. Mischformen des neuropathischen und angiopathischen Fußes sowie rein neuropathische Ulzera können dagegen in der Regel als infiziert gelten. Dabei sind die Ausbreitungsmöglichkeiten einer Infektion am Fuß Diagnostik exakte Verifizierung der Entstehungsursache (nach den Symptomen der Neuropathie und Angiopathie, Mischulkus) des Auslösers der Läsion (Verletzung, Infektion etc.) der Stoffwechsellage des Diabetes der Entzündungsparameter Behandlungsablauf beim neuropathischen Ulkus Der Behandlungsablauf des angiopathischen Ulkus entspricht dem des Ulcus cruris arteriosum. Behandlung Kausaltherapie optimale Diabeteseinstellung lokale Ulkustherapie Infektionsbekämpfung (systemische Antibiotikatherapie) absolute Druckentlastung des Ulkus bis zur Abheilung (Gehhilfen, Rollstuhl, Bettruhe) adäquates chirurgisches Débridement feuchte Verbandbehandlung zur weiterführenden Wundreinigung, Konditionierung und Epithelisierung Nachsorge Patienten schulen, Eigenverantwortlichkeit stärken orthopädische Schuhe mit entsprechender Druckverteilung Füße täglich auf Veränderungen inspizieren (Hornhautschwielen, Rhagaden, Pilzinfektion der Nägel) zur Fußpflege keine schneidenden Werkzeuge benutzen, nur körperwarme Fußbäder, kein Barfußlaufen Chronische Wunden [122.123] durch den differenzierten Bindegewebsapparat besonders günstig, weshalb sich eine konsequente systemische Antibiotikatherapie eigentlich immer bewährt. Für die Lokaltherapie des neuropathischen Ulkus lassen sich folgende Therapiegrundsätze formulieren: ▪ Absolute Entlastung der Läsion (Gehhilfen, Rollstuhl, Bettruhe) ▪ Sachgerechte Wundbehandlung mit adäquatem Débridement und feuchter Verbandbehandlung bis hin zum vollständigen Wundverschluss durch ein belastbares Epithel ▪ Versorgung mit geeignetem orthopädischem Schuhwerk ▪ Spezialisierte Nachsorge, Schulung des Patienten und Rezidivprophylaxe Trotz aller Schwierigkeiten impliziert eine neuropathische Läsion immer die Aussicht auf Wundheilung, sodass nach einem möglichst chirurgischen Débridement primär ein konservatives Vorgehen zur Konditionierung des Wundgebietes angezeigt ist. Häufigste lokalchirurgische Maßnahme zur Beseitigung wundheilungsstörender Druckpunkte ist die Resektion des Metatarsalköpfchens. Die angiopathische Gangrän bei arterieller Verschlusskrankheit erfordert ein differenziertes Herangehen, das wesentlich vom Gefäßstatus und dem Ergebnis der Revaskularisierung abhängt. Im Gegensatz zur neuropathischen Fußläsion wird man jedoch seltener ohne Amputation auskommen. Diabetische Ulzera neuropathischer Genese unter konservativer Behandlung Zur Wundbettsanierung kommen prinzipiell eine chirurgische Nekrosenabtragung, eine Grenzzonenamputation mit weitgehend sekundärer Wundheilung sowie Amputationen in klassischen Amputationslinien mit primärem Wundverschluss in Betracht. Die Festlegung der jeweiligen Behandlungsmaßnahmen erfordert klinische Erfahrung. Die Entscheidung sollte nach reiflicher Überlegung und nicht übereilt erfolgen. Oberstes Therapieziel ist dabei die Erhaltung der Extremität. Genügt eine chirurgische Nekrosenabtragung, so ist dieses Verfahren als Mittel der Wahl anzusehen. Wenn auch die Sekundärheilung unter Umständen Monate in Anspruch nehmen kann, ist das so erzielte Ergebnis immer noch das günstigste. Unter einer guten Infektprophylaxe kann bei diesem Befund der Fuß – im Unterschied zum neuropathischen Fuß – bei Nekrosefreiheit der Wunde belastet werden. Das so genannte Gefäßtraining begünstigt die Revaskularisation und die Wundheilung. Grenzzonenamputationen sind immer dann erforderlich, wenn knöcherne Anteile des Fußes im Nekrosegebiet liegen. Dabei sollte der Zeitpunkt der Amputation erst dann festgelegt werden, wenn eine weitgehende Demarkierung des Befundes erreicht ist. Unter Demarkierung versteht man die deutlich sichtbare Abgrenzung zwischen totem (schwarzem) und gesundem Gewebe. Operationen im entzündeten Gewebe ziehen durch ein Wundödem bei Minderdurchblutung oft sekundäre Nekrosen nach sich. Bei der Festlegung der Amputationslinie sollten immer die Möglichkeiten der nachfolgenden prothetischen bzw. schuhtechnischen Versorgung im Vordergrund stehen. Chronische Wunden [124.125] Das Dekubitalulkus Ein Dekubitus ist definiert als Schädigung der Haut durch eine anhaltende lokale Druckeinwirkung. Seine Entstehung lässt sich schematisiert folgendermaßen skizzieren: Beim Sitzen oder Liegen übt der menschliche Körper Druck auf die Auflagefläche aus, die ihrerseits auf das aufliegende Hautareal einen Gegendruck erzeugt. Die Höhe des Auflagedrucks ergibt sich individuell aus der Härte der Auflagefläche, wird aber normalerweise über dem physiologischen Kapillardruck von ca. 25-35 mmHg arteriell liegen. Kurzfristig kann die Haut selbst höhere Druckeinwirkungen tolerieren. Hält der Druck jedoch an, kommt es durch die Komprimierung der Blut führenden Kapillaren im belokale Minderdurchblutung troffenen Hautgebiet zu Minderdurchblutung und SauerSauerstoffmangel / stoffmangel (Hypoxie). Auf diese beginnende Schädigung Anhäufung toxischer reagiert der Körper in Form eines warnenden DruckschmerStoffwechselprodukte zes. Dieser ist bei einem gesunden, zur Bewegung fähigen Erhöhung der Kapillarpermeabilität, Menschen der Auslöser, durch eine Lageveränderung die Gefäßerweiterung, zelluläre komprimierten Hautareale zu entlasten. Druck / Druckverweildauer Infiltration, Ödembildung Blasenbildung komplette Ischämie, irreversibles Absterben der Hautzellen Geschwür / Nekrose Ist ein Mensch jedoch nicht in der Lage, diesen Druckschmerz wahrzunehmen, z. B. bei vollständiger Immobilität durch Bewusstlosigkeit oder Narkose, bei relativer Immobilität durch starke Schmerzen, Fiebererkrankung, Demenz, Altersschwäche usw., dann bleibt die Komprimierung des Hautareals bestehen. Die Minderdurchblutung nimmt zu und führt zu einer Anhäufung toxischer Stoffwechselprodukte im Gewebe mit Erhöhung der Kapillarpermeabilität, Gefäßerweiterung, zellulärer Infiltration und Ödem. Vorausgesetzt, das betroffene Hautareal wird vollständig von Druck entlastet, können sich zu diesem Zeitpunkt die Zellen noch regenerieren, weil die Entzündungsreaktionen den Abtransport der toxischen Stoffwechselprodukte begünstigen. Bleibt die Druckeinwirkung aber bestehen, Epidermis Stadium I Stadium II Dermis Subcutis Stadium III Muskeln, Sehnen, Knochen Stadium IV kommt es durch die sich weiter verstärkende Ischämie und Hypoxie zum irreversiblen Absterben der Hautzellen mit Nekrosen und Geschwürsbildung. Die Zeitspanne, die Hautgewebe unter ischämisierender Druckeinwirkung ohne Schädigung überstehen kann, wird mit etwa zwei Stunden angegeben. Allerdings unterliegt dieser Toleranzbereich starken patientenindividuellen Schwankungen. Er wird ursächlich von der Stärke der Druckeinwirkung beeinflusst, aber auch vom allgemeinen Zustand der Haut. Eine jüngere, elastische Haut ist beispielsweise widerstandsfähiger gegen Druck als eine dünn gewordene Altershaut. Des Weiteren sind eventuell vorliegende Erkrankungen von Bedeutung, die mit akuten oder chronischen hypoxischen Zuständen der Hautzellen oder äußeren Schädigungen der Haut einhergehen. Klassifikation von Dekubitalulzera: Stadium I: Scharf begrenzte Hautrötung bei intakter Haut, die sich nicht wegdrücken lässt. Richtungsweisend: Überwärmung der Haut, Verhärtung oder Ödem. Stadium II: Teilverlust der Epidermis bis hin zur Dermis. Es handelt sich um ein oberflächliches Ulkus, das sich klinisch als Abrasion, Blase oder flacher Krater manifestieren kann. Stadium III: Schädigung aller Hautschichten (Epidermis, Dermis, Subcutis), die bis zu den Faszien reichen kann, wobei diese jedoch noch nicht betroffen sind. Es zeigt sich ein tiefes, offenes Geschwür mit oder ohne Unterminierung des umliegenden Gewebes. Stadium IV: Hautverlust über die gesamte Hautdicke mit ausgedehnten Gewebsnekrosen und Schädigung der Muskeln, Sehnen und Knochen. Unterminierungen und Taschenbildung kommen ebenfalls häufig vor. Bei Stadium III und IV Gefahr durch septische Komplikationen! (mod. nach „National Pressure Ulcer Advisory Panel“, 1989) Chronische Wunden [126.127] Dekubitalulzera können sich grundsätzlich an jeder Körperstelle entwickeln. Das größte Risiko aber ist gegeben, wenn der Auflagedruck des Körpers und der Gegendruck der Aufliegefläche auf ein Hautareal einwirken, das über einem Knochenvorsprung liegt und wenig durch Unterhautfettgewebe abgepolstert ist. Dementsprechend sind die klassischen Prädilektionsstellen der Sakralbereich, die Fersen, die Sitzbeine, der große Rollhügel (Trochanter major) sowie die seitlichen Knöchel. Circa 95 % aller Dekubiti treten an diesen Stellen auf. Neben der senkrechten Druckeinwirkung auf ein Hautareal kann sich eine Gefährdung auch durch Scherkräfte ergeben. Mit dem Begriff der Scherung werden tangentiale Verschiebungen der Hautschichten untereinander bezeichnet, durch die ebenfalls Blutgefäße eingeengt und komprimiert werden. Mit dem Auftreten tangentialer Scherkräfte ist vor allem in der Gesäßregion zu rechnen, z. B. dann, wenn der Patient in eine neue Position gezogen anstatt gehoben wird oder beim Sitzen im Bett durch eine unzureichende Abstützung der Füße rutscht. Die Behandlung des Dekubitus stützt sich auf drei Therapiesäulen: Oberstes Gebot jeder Dekubitusbehandlung ist die Wiederherstellung der Blutversorgung des geschädigten Hautgebietes durch eine vollständige Druckentlastung. Ohne Druckentlastung ist eine Heilung nicht möglich und alle weiteren Maßnahmen sind sinnlos. Dabei ist die Druckentlastung über die gesamte Behandlungszeit aufrechtzuerhalten. Jede – auch nur Minuten andauernde – Belastung bewirkt erneut eine Schädigung und führt zu Rückschlägen im Heilungsverlauf. Die lokale Wundtherapie umfasst ein gründliches, möglichst chirurgisches Débridement sowie die fortlaufende Wundreinigung mithilfe hydroaktiver Wundauflagen, die Konditionierung der Wunde mit Aufbau von Granulationsgewebe sowie die abschließende Epithelisierung, ebenfalls Erstbeurteilung Gesamtsituation Behandlungsablauf beim Dekubitalulkus Lokalisation des Ulkus, Schweregrad, allgemeiner Wundzustand Evaluierung des Patientenstatus, Compliance Behandlung Kausaltherapie vollständige Druckentlastung zur Wiederherstellung der Blutversorgung während der gesamten Behandlungszeit des Ulkus bis zur Abheilung lokale Ulkustherapie adäquates chirurgisches Débridement ggf. Infektionsbekämpfung feuchte Verbandbehandlung zur weiterführenden Wundreinigung, Konditionierung und Epithelisierung ggf. plastisch-chirurgische Verfahren adjuvante Therapien Allgemeinzustand verbessern Ernährungsstatus verbessern Schmerzbekämpfung lokale und allgemeine Störfaktoren der Wundheilung eruieren und bestmöglich eliminieren Heilt Ulkus? ja Überwachung und Weiterführung der Therapie nach Behandlungsplan nein sorgfältige Überprüfung der Maßnahmen (insbesondere ob die Druckentlastung ausreichend ist!) Chronische Wunden [128.129] durch feuchte Wundbehandlung. Gegebenenfalls können mit einer plastisch-chirurgischen Deckung des Dekubitus langwierige und belastende Heilungszeiten abgekürzt werden. Aber auch in diesem Fall empfiehlt sich die vorherige Wundkonditionierung, um das Operationsergebnis zu sichern und Rezidive zu vermeiden. Als dritte Therapiesäule sind adjuvante Therapien zur Verbesserung des Allgemeinzustandes und der Ernährungssituation sowie zur Schmerzbekämpfung angezeigt. Kachexie mit Eiweißmangelzuständen, die die Wundheilung hemmen, sind gerade bei älteren Patienten häufig zu beobachten, sodass hier eine adäquate Nahrungsaufnahme mit erhöhtem Eiweißanteil und ausreichend Vitaminen und Mineralstoffen sicherzustellen ist. Instabile Narbe in der Kniekehle nach Verbrennung als Sonderform der chronisch posttraumatischen Wunde (oben) und deren Sanierung durch mikrochirurgischen Scapulalappen (unten) Die chronisch posttraumatische Wunde Die chronisch posttraumatische Wunde entsteht infolge unzureichender Primärbehandlung eines Traumas oder durch Komplikationen während der Primärbehandlung, die nicht in der unmittelbar anschließenden Therapiephase saniert wurden. Typische Ursachen für einen chronischen Heilungsverlauf posttraumatischer Wunden sind Weichteilkontusionen, Décollementverletzungen, Hautnekrosen, Osteitis, Implantatinfekte, Endoprotheseninfekte, Gelenkinfekte oder tiefe Weichteilinfekte. Häufig ist diese Entwicklung auf eine anfängliche Unterschätzung der dem Primärtrauma zugrunde liegenden Weichteilschäden zurückzuführen. Unter den Primärtraumen gilt die offene Fraktur als besonders problematisch: Durch Kontamination werden hier Weichteil- und Knocheninfekte mit oft schwerem Verlauf hervorgerufen. Eine Sonderstellung nimmt die instabile Narbe ein, wie sie nach sekundär geheilten Wunden oder nach Spalthautabdeckung mechanisch belasteter Areale zu finden ist. Bei diesem Narbentyp ist zwar die Integrität der Weich- posttraumatische Ulzera Strahlenschäden Wunden bei Tumoren Ursache inadäquate Primärtherapie z. B. von Weichteilkontusionen; Komplikationen bei Wundheilung, die nicht sofort saniert wurden, wie Nekrosen, Infekte, instabile Narben etc. ionisierende Strahlung, z. T. unter Mitwirkung weiterer Risikofaktoren wie Traumen, chemische Faktoren, Infektionen etc. benignes, malignes oder semimalignes Zellwachstum Kausaltherapie ggf. Beseitigung des Infektionsherdes und antimikrobielle Therapie ggf. adäquate Tumortherapie und/oder Therapie der begleitenden Risikofaktoren ggf. Tumortherapie Behandlung möglichst frühzeitige Sanierung durch radikales Débridement und plastisch rekonstruktive Verfahren möglichst frühzeitige Sanierung durch radikales Débridement und plastisch rekonstruktive Verfahren ist eine Radikaltherapie möglich, wird auch die vom Tumor verursachte Wunde in eine chirurgische Wunde überführt und als solche behandelt teile nicht gestört, es kommt aber immer wieder zu rezidivierenden Ulzerationen mit entsprechender Infektionsgefahr, sodass auch hier eine Sanierung der Weichteile erforderlich ist. Ursachen, Kausaltherapien und Behandlung sonstiger chronischer Hautulzera im Überblick Das Ziel aller Maßnahmen zur Behandlung einer chronisch posttraumatischen Wunde ist die stabile Weichteildeckung, wobei das Débridement und damit die Beseitigung aller Nekrosen und Infektherde wiederum den ersten Schritt darstellt. Dabei kann unter Umständen keine Rücksicht auf funktionelle Strukturen wie Sehnen, Faszien oder auch Nerven und Gefäße genommen werden. Es ist eine Weichteilsituation zu schaffen, bei der eine Defektdeckung ohne Gefahr einer weiter bestehenden Nekrose und damit einer Infektpersistenz und -ausbreitung möglich ist. Das spätere rekonstruktive Vorgehen ist jedoch bereits während des Débridements intraoperativ miteinzubeziehen. Es muss frühzeitig die Entscheidung fallen, ob in einer Sitzung sowohl Weichteildefekte als auch knöcherne Chronische Wunden [130.131] Defekte verschlossen werden oder ob man einzelne Rekonstruktionsschritte zurückstellt, um sie später bei ausgeheilter Weichteilsituation nachzuholen. Insgesamt darf bei der Planung der Zeitfaktor nicht vernachlässigt werden. Nach einem Débridement freiliegende Knochen und Sehnen können sich sekundär infizieren und austrocknen. In der Regel sollte zwei Tage nach dem ersten Débridement im Rahmen eines geplanten „second look“ der definitive Weichteilverschluss erfolgen. Für den Weichteilverschluss sind plastisch-rekonstruktive Methoden erforderlich, die vom einfachen Spalthauttransfer (bei sauberer Granulationsfläche, wenn keine ungeschützten funktionellen Strukturen vorliegen und keine mechanisch belasteten Regionen beteiligt sind) bis hin zur freien mikrochirurgischen Lappentransplantation reichen. Chronische Strahlenschäden Behandlungen mit ionisierenden Strahlen führen zu einer unvermeidbaren Schädigung der Haut und der darunter liegenden Gewebe. Wenngleich diese Schädigungen auch makroskopisch nicht sichtbar sein müssen, so werden als Zeichen der chronischen Strahlenfolge zunächst Telangiektasien festgestellt, die als Regenerate untergegangener Kapillaren aufzufassen sind. Cutis und Subcutis werden nach Strahlenexposition schlechter durchblutet und atrophieren sekundär. Die Haut wird dünner und ist durch den Verlust des Unterhautfettgewebes fest mit den darunter liegenden Strukturen verbunden. Hinzu kommen eine allgemeine Gewebefibrosierung sowie eine direkte Zellschädigung mit chromosomalen Veränderungen. Lokale Lymphödeme, eine zunehmende Hyalinisierung auf Kosten der elastischen Fasern und Thrombosen in den Arteriolen und Venolen führen schließlich zu örtlichen Ernährungsstörungen und damit 1 2 3 4 Ein 64-jähriger Patient entwickelte nach einer Hämangiombestrahlung im Jugendalter ein Plattenepithelkarzinom, das zur Amputation des Armes führte. 1) Präoperativer Zustand 2/3) Um einen prothesenfähigen Stumpf zu erzielen, wurde ein gestielter Latissimuslappen um den Oberarmstumpf gewickelt ... 4) ... und so ein belastungsstabiler Amputationsstumpf erzielt. zum schlecht heilenden Ulkus. Diese Ulzera können im ungünstigsten Fall mit einer Latenz von 4 bis 40 Jahren eine maligne Transformation erfahren. Wenn ein anfangs stabiles Radioderm plötzlich instabil wird, kann ein Rezidiv des Primärtumors oder eine maligne Neubildung durch die Bestrahlung der Grund sein. Hautmetastasen nisten sich bevorzugt in bestrahlten Hautarealen ein. Weitere Ursachen für eine solche Entwicklung sind Traumen wie Injektionen, Probeentnahmen und Insektenstiche oder chemische Faktoren wie eine Lokaltherapie, lokale Dauerreize oder eine berufliche Exposition mit belastenden Chemikalien. Auch Hautinfektionen, Osteomyelitiden und nichtinfektiöse Hauterkrankungen, wie z. B. Varicosis und Stauungsdermatitis, können hier chronische Schädigungen auslösen, ebenso interne Erkrankungen wie Diabetes mellitus oder Arteriosklerose. Chronische Wunden [132.133] Die Indikationen zur chirurgischen Behandlung bestehen in der Resektion lokaler Rezidive, der Resektion einer instabilen Narbe oder der Resektion der strahlengeschädigten Haut zur Schmerzlinderung, Pflegeerleichterung und Verbesserung der Lebensqualität des Patienten. Die chirurgische Behandlung der Strahlenfolgen erfordert zunächst ein radikales Débridement mit histologischer Aufarbeitung des Resektates, der Resektionsränder und -tiefe. Dies kann auch die Resektion von Knochen, z. B. Rippen, Sternum oder der ganzen Brustwand, erfordern. Ohne ein solches Débridement lassen sich vor allem Osteo-Radionekrosen nicht sanieren. Da ein direkter Wundverschluss in der Regel nicht angestrebt werden sollte und eine Deckung mit Spalthaut ebenfalls häufig ungenügend ist, kommen zur Deckung der vielfach großen Defekte vor allem gut vaskularisierte Haut-(Muskel-)Lappen in Frage. Grundsätzlich ist anzumerken, dass viele Strahlenschäden oft zu lange konservativ behandelt und damit zu spät einer chirurgischen Sanierung zugeführt werden. Es sollte in stärkerem Maß der Erfahrung Rechnung getragen werden, dass Ulzera in bestrahlten Regionen in der Regel durch konservative Therapien nicht abheilen und chronische Ulzera hier nur allzu leicht Ausgangspunkt sekundärer Malignome sein können. Ganz abgesehen davon, dass sich der Leidensweg eines Patienten verkürzt, lassen sich darüber hinaus durch eine frühe chirurgische Sanierung in vielen Fällen komplexe Rekonstruktionen vermeiden. Wunden bei Tumorpatienten Das Wachstum gutartiger oder bösartiger Tumoren unter oder in der Haut führt zur Zerstörung der Gewebekontinuität, wobei es durch die monatelangen bzw. jahrelangen Wachstumsprozesse unter Umständen zu offenen Ulzerationen kommen kann. Großflächiger Exzisionsdefekt am Rücken nach lymphabstromgerechter Kontinuitätsdissektion eines malignen Melanoms (links); exulzeriertes Mammakarzinom (rechts) Erlauben es Stadium, Ausdehnung und Lokalisation des Tumors, wird eine Radikaloperation als der sicherste Weg zur Tumorbekämpfung angestrebt. Damit werden die vom Tumor verursachten Läsionen in chirurgische Wunden überführt und können entsprechend behandelt und verschlossen werden. Je nach Ausmaß des tumorchirurgischen Eingriffs kann dabei nach der Konditionierung der Wunde ein Defektverschluss durch Transplantation erforderlich werden. Kann in einem terminalen Stadium die Tumorbehandlung nur noch palliativ erfolgen, gilt dies in gleichem Maße für die Wundbehandlung. Verbände dienen in diesem Stadium vorrangig dem Ziel, Schmerzen zu lindern, unangenehme Gerüche einzudämmen und die Wunde so lange wie möglich in einem erträglichen Zustand zu halten. Chronische Wunden [134.135] Der Wundverband Seit jeher hat der Mensch seine Wunden verbunden und damit instinktiv die richtige Maßnahme ergriffen. Blutstillung und Wundschutz waren dabei über Jahrtausende hinweg die Hauptaufgaben des Verbandes. Und sie sind es heute noch. Aber gerade durch die in den letzten Jahrzehnten erkannten biochemischen und morphologischen Zusammenhänge bei der Wundheilung konnten Wundauflagen entwickelt werden, die in hohem Maße therapeutischen Zwecken dienen. Damit ist der moderne Wundverband insbesondere bei der Therapie chronischer Wunden zu einem unverzichtbaren Bestandteil der lokalen Wundbehandlung geworden. Nach wie vor hat die Wundabdeckung die Aufgabe, die Wunde vor der Einwirkung äußerer Noxen zu schützen. Darüber hinaus aber können die modernen Wundauflagen aufgrund ihrer differenzierten physikalischen Wirkungsweisen individuell und gezielt für die Wundheilung genutzt werden. Die neuen Erkenntnisse in der Wundbehandlung in Verbindung mit den speziellen Wundauflagenmaterialien haben insbesondere dazu geführt, verstärkt die phasengerechte Wundbehandlung zu praktizieren, mit der sich die zellulären Aktivitäten der einzelnen Phasen im Sinne einer qualitativ besseren Wundheilung stimulieren lassen. Bodenbild einer attischen Schale des Töpfers Sosias, um 500 v. Chr.: Achilleus verbindet Patroklos Aufgaben des Verbandes Bis die Wunde abgeheilt und der Hautdefekt wieder geschlossen ist, übernimmt der Verband interimsweise wesentliche Aufgaben der intakten Haut. Er bietet: ▪ Schutz vor mechanischen Einflüssen (Druck, Stoß, Scheuern), Verschmutzung und chemischen Irritationen, ▪ Schutz vor Sekundärinfektionen, ▪ Schutz vor Austrocknung und Verlust von Körperflüssigkeiten (Elektrolytverlusten) sowie ▪ Schutz vor Wärmeverlusten. Über den umfassenden Wundschutz hinaus kann der Wundverband aber auch aktiv das Heilungsgeschehen beeinflussen durch die Reinigung der Wunde, die Schaffung eines wundheilungsfördernden Mikroklimas und den Erhalt der Wundruhe. Aufgaben in der Reinigungsphase In jeder Wunde sammelt sich zunächst Exsudat in wechselndem Umfang, das mit abgestorbenen Zellen, Gewebstrümmern, mit Schmutz und Keimen durchsetzt ist. Bleiben größere Exsudatmengen auf der Wunde stehen, wird der Fortgang der Heilung sowohl mechanisch als auch biologisch behindert, die Infektionsgefahr wächst. Überschüssiges Exsudat muss deshalb durch den Verband abgesaugt werden. Damit werden gleichzeitig Bakterien, schädliche Der Wundverband [136.137] Stoffwechselprodukte, devitalisiertes Gewebe, Schmutz und Fremdkörper aus der Wunde entfernt und brauchen nicht durch die körpereigene Phagozytose eliminiert zu werden. Der Verband unterstützt und beschleunigt somit die Säuberung der Wunde und dient im Hinblick auf vorhandene pathogene Keime der Infektionsprophylaxe. Gleichzeitig schützt er die Wunde vor neuerlicher Kontamination. Aufgaben in der Granulationsphase Neben einer funktionierenden Mikrozirkulation ist ein ausgewogenes feuchtes Wundmilieu eine weitere wichtige Voraussetzung zum Aufbau von Granulationsgewebe. Dagegen wird die Heilung sowohl durch ein Austrocknen der Wunde als auch durch überschüssiges Sekret in ihrem Fortgang gestört. Eine entsprechende Regulierung der Wundfeuchtigkeit ist nur durch den Verband möglich: Er saugt überschüssiges Sekret ab, verhindert das Austrocknen der Wunde und führt ihr bei Bedarf auch dosiert Feuchtigkeit zu. Selbstverständlich müssen die dazu eingesetzten Wundauflagen über spezifische physikalische Eigenschaften verfügen, wenn sie diesen Aufgaben gerecht werden wollen. Die Wirkungsprinzipien dieser Verbandstoffe werden ab Seite 147 erläutert. Bedeutsam in dieser Phase ist auch der Schutz des Granulationsgewebes vor jeglicher Traumatisierung. Durch das eiweißreiche Sekret und die hohe Anzahl feinster Haarkapillaren neigt es vor allem außerordentlich zum Verkleben. Deshalb muss die Wundauflage über atraumatische Eigenschaften verfügen, d. h. sie darf nicht mit der Wunde verkleben. Andernfalls wird bei jedem Verbandwechsel das Granulationsgewebe durch Zellstripping geschädigt und zumindest partiell wieder in die Entzündungsphase zurückgeworfen. Aufgaben des Verbandes: 1) In der Reinigungsphase saugt der Verband überschüssiges, keimbelastetes Sekret ab und unterstützt die körpereigenen Reinigungsmechanismen. 2) In der Granulationsphase fördert der Verband durch ein feuchtes Wundmilieu den Gewebeaufbau. 3) In der Epithelisierungsphase beschleunigt der Verband Zellwanderung und Zellteilung. 1 2 3 Darüber hinaus hat der Verband weiterhin die Funktion, für einen sicheren Infektionsschutz zu sorgen, wenngleich die Infektionsgefährdung proportional zu einem gut ausgebildeten Granulationsgewebe abnimmt. Aufgaben in der Epithelisierungsphase Eine reife Granulation und eine feuchte Gleitfläche sind die Vorbedingungen für die abschließende Epithelisierung. Der Verband muss die Wunde deshalb weiterhin in ausgewogenem Maße feucht halten. Bleibt überschüssiges Sekret auf der Wunde stehen, schwimmen die Epithelzellen auf. Ist die Wunde zu trocken, bildet sich Schorf, der die Reepithelisierung beeinträchtigt, weil die Epithelzellen unter den Schorf kriechen müssen. Es werden also auch in dieser Phase wieder hydroaktive, atraumatische Wundauflagen benötigt, die die Wundfläche vor dem Austrocknen und die Epithelzellen vor dem Zellstripping beim Verbandwechsel schützen. Der Wundverband [138.139] Anforderungen an Wundauflagen In welchem Maße der einzelne Wundverband den spezifischen Funktionen gerecht werden kann, ist abhängig von den Eigenschaften des verwendeten Materials. Dennoch lassen sich einige grundsätzliche Anforderungen an Wundauflagen formulieren. Saugfähigkeit und Aufnahmekapazität Die definierte Saugfähigkeit einer Wundauflage ist eine ihrer wichtigsten Eigenschaften, um die Wunde durch Absaugen überschüssigen Exsudats zu säubern. Um eine Rekontamination zu verhindern, sollte das Exsudat zudem möglichst intrakapillar, d. h. in die Materialstruktur der Wundauflage aufgenommen und dort festgehalten werden. Textile Materialien wie Mullgewebe, Vliesstoffe oder kombinierte Kompressen aus Vliesstoff mit Pulpfüllungen verfügen über eine hohe, spontane Saugfähigkeit. Diese kann jedoch auch dazu führen, dass der Sekretfluss durch die Sogwirkung zu stark angeregt wird, die Gefahr einer Ödembildung ist erhöht. Des Weiteren wird das Exsudat bei textilen Materialien überwiegend interkapillar, also zwischen den Fasern aufgenommen, sodass ein sicherer Keimeinschluss mit Schutz vor Rekontamination nicht gewährleistet ist. Interaktive Wundauflagen für die feuchte Wundbehandlung wie Calciumalginat-Kompressen, Kompressen mit Supersaugstoff im Saugkissen, spezielle Schaumstoffkompressen, Hydrokolloid- oder Hydrogel-Verbände weisen dagegen Materialstrukturen auf, die eine intrakapillare Sekretaufnahme ermöglichen und dadurch keimbelastetes Sekret zurückhalten. Der Grad ihrer Saugfähigkeit wird dabei bestimmt von der Art des Materials. So haben beispielsweise Calciumalginat-Kompressen eine höhere spontane Saugfähigkeit als Hydrogel-Kompressen, die dafür aber über einen langen Zeitraum hinweg Sekret aufnehmen können. Gaspermeabilität Eine weitere wichtige Aufgabe von Wundauflagen ist, den Gasaustausch von Sauerstoff und Kohlendioxid sowie die Abgabe von Wasserdampf zu ermöglichen. Man geht davon aus, dass ein kontinuierlicher Gasaustausch Auswirkungen auf die Konzentration des Sauerstoffs und des pH-Wertes in der Wunde hat und damit die zellulären Vorgänge beeinflusst. Insbesondere wird die Epithelisierung der Wunde durch die Verfügbarkeit von Sauerstoff, der sich im Wundsekret löst und direkt von den epidermalen Zellen verwertet wird, gefördert. Die Durchlässigkeit von Wundauflagen für Wasserdampf trägt dazu bei, das feuchte Wundmilieu auszubalancieren. Der Grad der Gas- und Wasserdampfdurchlässigkeit einer Wundauflage ist abhängig vom verwendeten Material. Er ist bei textilen und textilähnlichen Materialien wie Mull-, Vliesstoff- oder Calciumalginat-Kompressen höher als bei den synthetischen Materialien wie Hydrogelen oder Hydrokolloiden mit ihren okklusiven Eigenschaften. Letztere erlauben jedoch ebenfalls in einem bestimmten Umfang den Gasaustausch, der sich mit zunehmender Sättigung durch aufgenommenes Wundsekret und der damit verbundenen Aufdehnung der Materialstrukturen sogar noch verstärkt, sodass sie als semipermeabel bezeichnet werden können. Die Gas- und Wasserdampfdurchlässigkeit einer Wundauflage wird in der Praxis auch als wichtiges Kriterium dafür angesehen, ob sie für die Anwendung bei infizierten Wunden geeignet ist. Dabei gelten Wundauflagen aus textilen und textilähnlichen Materialien mit hoher Durchlässigkeit als besser geeignet als semipermeable Systeme wie Hydrogele oder Hydrokolloide. Diese werden bei klinisch manifesten Infektionen vorsichtshalber immer noch als kontraindiziert eingestuft. Der Wundverband [140.141] Diese Einstufung ist auf Erfahrungen mit den früher üblichen, absolut luftdicht abschließenden Okklusivverbänden zurückzuführen, bei denen die Gefahr der Ausbildung feuchter Kammern und ein hohes Infektionsrisiko vor allem im Hinblick auf Anaerobier-Infektionen bestand. Moderne semipermeable Wundauflagen sind jedoch so konstruiert, dass dieses Gefahrenpotenzial entscheidend minimiert ist. Sie saugen keimbelastetes Sekret auf, sodass gefährliche Sekretstaus, die zur Bildung einer feuchten Kammer führen, erst gar nicht entstehen, wobei die Keime sicher in der Materialstruktur eingeschlossen werden. Zusätzlich trägt der in einem bestimmten Umfang mögliche Gasaustausch zum Ausbalancieren der Feuchtigkeit bei. Wundfreundlichkeit Eine nachteilige Eigenschaft textiler, saugender Verbandstoffe wie Mull- oder Vliesstoffkompressen ist deren ausgeprägte Tendenz zum Verkleben mit der sezernierenden Wundfläche, wenn das aufgenommene Sekret im Verband eintrocknet und mit ihm eine starre Verbindung eingeht. Dies führt beim Wechseln des Verbandes dazu, dass mit dem eingetrockneten Sekret auch das darunter liegende, neu gebildete Gewebe mit abgerissen wird. Um diese Wundheilungsstörung zu vermeiden, müssen Wundauflagen über wundfreundliche oder so genannte atraumatische Eigenschaften verfügen, d. h. sie dürfen auch bei längerer Anwendung auf sezernierenden Wunden Mullverbandstoffe verkleben mit der Wunde (links), beim Verbandwechsel wird neu gebildetes Gewebe mit abgerissen. Diese Wundheilungsstörung lässt sich durch die Verwendung atraumatischer Wundauflagen, wie z. B. gelbildender CalciumalginatKompressen (rechts), vermeiden. nicht verkleben, damit beim Verbandwechsel keine neuen Wunden gesetzt werden. Gleichzeitig wird durch die atraumatischen Eigenschaften einer Wundauflage ein schmerzarmer Verbandwechsel ermöglicht. Bei textilen, saugenden Verbandstoffen werden atraumatische Eigenschaften durch wasserabweisende Imprägnierungen wie z. B. Salben (Salbenkompressen) oder Beschichtungen mit Gelen erreicht. Des Weiteren kann durch die Verwendung hydrophober, nicht selbst saugender Fasern als Material für die wundnahe Schicht von Kompressen der Verklebungsgefahr entgegengewirkt werden. Wundfreundlich sind auch alle hydroaktiven Wundauflagen, die trotz ihrer Saugfähigkeit durch ihre spezifischen Materialstrukturen nicht mit der Wundfläche verkleben. Anwendungssicherheit Wundauflagen müssen sowohl mechanisch als auch biochemisch reizlos sein. Mechanische Reize sind vor allem Bewegungsreize und betreffen vorrangig Wundauflagen auf textiler Basis. Sie dürfen weder schrumpfen noch zu locker oder zu dünn verwebt sein, da zweidimensionale Bewegungsvorgänge auf der Wunde zur Reizsekretion führen. Die biochemische Reizlosigkeit bezieht sich auf ein mögliches Potenzial zellschädigender (zytotoxischer) und sensibilisierender Wirkung von Wundauflagen, wobei von dieser Problematik die traditionellen Wundverbände aus textilen Materialien und die neuen synthetischen Materialien gleichermaßen betroffen sind. Um Interferenzen auszuschließen, müssen sich Wundauflagen zudem neutral gegenüber anderen Substanzen verhalten, die zur lokalen Wundbehandlung eingesetzt werden. Gebrauchsfertig sterilisierte und einzeln eingesiegelte Wundauflagen erleichtern die Wundversorgung unter sterilen Kautelen. Der Wundverband [142.143] Anwendungssicherheit bedeutet aber auch, dass eine Wundauflage einfach anzuwenden, gebrauchsgerecht verpackt und eindeutig gekennzeichnet ist. Selbstverständlich müssen alle Wundauflagen sterilisierbar sein bzw. bereits gebrauchsfertig sterilisiert bereitstehen. Methoden der Wundbehandlung Je nach ihrem Zustand werden Wunden „trocken“ oder „feucht“ versorgt. Im Rahmen der feuchten Wundbehandlung wird weiter unterschieden in die feuchte Wundbehandlung mit permeablen, also luft- und wasserdampfdurchlässigen Wundauflagen sowie in die feuchte Wundbehandlung mit Okklusiveffekt durch semipermeable Wundauflagen. Trockene Wundbehandlung Die Anwendung trockener Wundauflagen beschränkt sich heute auf folgende Indikationen: ▪ Versorgung von Wunden im Rahmen der Ersten Hilfe ▪ Versorgung primär heilender, mit Naht verschlossener Wunden zur Aufnahme von Sickerblutungen, als Schutz vor Sekundärinfektion und als Polsterschutz gegen mechanische Irritationen Eine Spezialindikation der trockenen Verbandbehandlung stellt die Interimsdeckung von Brandwunden oder Konditionierung von Weichteildefekten mit synthetischen Hautersatzmaterialien dar. Weder trocken noch feucht sind Salbenkompressen, die zum Geschmeidighalten von Wundflächen eingesetzt werden. Da sie selbst durch die Salbenimprägnierung über keine Saugkraft verfügen, müssen sie mit saugenden Wundauflagen zur Sekretaufnahme kombiniert werden. Kombinierte Saugkompressen Neben den klassischen Kompressen aus Verbandmull (ESKompressen) oder mullähnlichem Vliesstoff (Medicomp) werden für die trockene Wundbehandlung kombinierte Saugkompressen eingesetzt. Diese sind schichtweise aus unterschiedlichen Materialien aufgebaut und weisen damit eine gute Saugkraft auf. Exsudat wird nicht nur flächig verteilt, sondern von der Wunde weggezogen und in der Tiefe des Saugkörpers gehalten. Sie sind luft- und wasserdampfdurchlässig, weich und drapierfähig und verfügen über eine gute Polsterwirkung zum Schutz der Wunde. Beispiele für die verschiedenen Arten von Saugkompressen sind Zetuvit, Zetuvit Plus sowie Cosmopor steril. Zetuvit erhält ihre wundfreundlichen Eigenschaften durch eine nicht verklebende Vliesumhüllung und kann durch ihren Saugkörper aus hoch saugfähigen Zellstoff-Flocken auch größere Mengen Exsudats aufnehmen. Zetuvit eignet sich deshalb vor allem zur Versorgung von akuten, flächenhaften Wunden mit starker Exsudation sowie zur Versorgung primär heilender Wunden. Zetuvit Plus ist eine kombinierte Saugkompresse speziell für die Versorgung sehr stark nässender Wunden. Vier verschiedenen Materialschichten verleihen dabei Zetuvit Plus seine hervorragenden Gebrauchseigenschaften: Der Saugkern aus weichen Zellstoff-Flocken ist mit flüssigkeitsspeichernden Polymeren (SAP) vermischt (1). Damit saugt Zetuvit Plus mehr als das Doppelte von herkömmlichen Saugkompressen. Das Exsudat wird sicher im Saugkern 1 2 1) Zetuvit, kombinierte Saugkompresse mit guter Polsterwirkung 2) Zetuvit Plus, kombinierte Saugkompresse mit SAP zur Versorgung sehr stark nässender Wunden. 4 1 3 2 Der Wundverband [144.145] eingeschlossen, sodass Zetuvit Plus auch unter Druck, z. B. unter einem Kompressionsverband, angewendet werden kann. Der Einschluss überschüssigen Exsudats trägt aber auch zur Reduzierung der Infektionsgefahr bei, weil keimbelastetes Exsudat von der Wunde ferngehalten und die Gefahr der Rekontamination vermindert wird. Darüber hinaus sorgt die weiche Beschaffenheit des Saugkerns für eine gute Polsterwirkung, die Wunde ist vor schädigenden mechanischen Einflüssen wie Druck oder Stoß gut geschützt. Der extra saugstarke Kern ist vollständig mit dünnem Vliesstoff (2) umhüllt, der die Flüssigkeit bzw. das Exsudat gleichmäßig an den Saugkörper verteilt. Ein wasserabweisendes, aber luftdurchlässiges Spezialvlies (3) auf der wundabgewandten Seite des Saugkerns wirkt einem Durchfeuchten des Verbandes entgegen. Das Spezialvlies ist grün eingefärbt, sodass Zetuvit Plus sicher appliziert werden kann. Die grüne Seite ist immer die wundabgewandte Seite (siehe Foto auf Seite 145). Die äußere Umhüllung von Zetuvit Plus aus einem zweischichtigen Vlies (4) hat folgende Funktionen: Die hydrophobe Vliesaußenseite reduziert die Verklebungsneigung mit der Wunde, was auch den Verbandwechsel für den Patienten angenehmer macht. Die hydrophilen Zellwollfasern der Vliesinnenseite verfügen dagegen über eine hohe Kapillarwirkung und leiten überschüssiges Exsudat rasch in den Saugkern weiter. Dadurch wird ein Exsudatstau auf der Wunde verhindert. Cosmopor steril, selbsthaftender Wundverband mit hydrophobem Micronetz als Schutz gegen Verkleben Cosmopor steril ist ein selbsthaftender Wundverband aus einem weichen Trägervlies und einem Wundkissen aus 100 % Baumwollwatte. Als zuverlässigen Schutz gegen ein Verkleben mit der Wunde verfügt Cosmopor steril als wundseitige Schicht über ein hydrophobes Micronetz, das zudem Wundsekret bzw. Exsudat rasch in das darüberliegende Saugkissen weiterleitet. Die selbsthaftende Klebezone ist durch einen hypoallergenen Polyacrylat-Kleber besonders gut hautverträglich. Cosmopor steril ermöglicht eine problemlose Versorgung von OP-Wunden, aber auch von Bagatellverletzungen, z. B. im Rahmen der Ersten Hilfe. Salbenkompressen Salbenkompressen wie z. B. Atrauman bestehen aus einem dünnen, weichen Gittertüll aus hydrophoben Polyesterfasern, der mit einer wirkstofffreien Salbenmasse imprägniert ist. Sowohl der hydrophobe Gittertüll als auch die Salbenimprägnierung wirken einer Verklebung entgegen, sodass mit Atrauman ein wundfreundlicher Verbandwechsel möglich ist. Durch den Salbenauftrag hält Atrauman zudem Wundfläche und Wundränder geschmeidig, schützt die Wunde vor dem Austrocknen und beugt Narbenkontrakturen vor. Die Salbenmasse selbst ist gaspermeabel und durchlässig für Sekrete. Damit werden ein ausreichender Luftzutritt zur Wunde sowie ein rascher Transport überschüssiger Sekrete sichergestellt. Für die Sekretaufnahme ist über Atrauman eine Saugkompresse zu applizieren. Salbenkompressen dienen zur atraumatischen Wundbehandlung in allen Phasen der Wundheilung, z. B. bei Schürfwunden, Verbrennungen, Verbrühungen oder zur Abdeckung von Spender- und Empfängerstellen bei Hauttransplantationen. Zur Behandlung von oberflächlichen akuten und chronischen Wunden aller Art, insbesondere zum ergänzenden Einsatz bei der Behandlung von keimbelasteten oder infizierten Wunden sowie zur Infektionsprophylaxe eignet sich Atrauman Ag. Atrauman Ag ist eine silberhaltige Salbenkompresse, die nicht nur einem Verkleben mit der Wunde entgegenwirkt, sondern auch die Wundränder pflegt und in direktem Kontakt Keime abtötet. Das Trägermaterial von Atrauman Ag besteht aus einem weitmaschigem hydrophoben Textil aus Polyamid. Es ist mit metallischem Silber ummantelt, das chemisch fest an das Trägermaterial gebunden ist. Das mit Silber ummantelte Trägermaterial ist wiederum mit einer hydrophoben Salbenmasse imprägniert, die vor allem aus Triglyzeriden besteht und die einem Verkleben mit der Wunde entgegenwirkt sowie die Salbenränder pflegt und schützt. Die Salbenkompresse Atrauman hält Wundränder und -flächen geschmeidig und verhindert ein Verkleben mit der Wunde. Atrauman Ag zur Behandlung oberflächlicher Wunden, insbesondere zum ergänzenden Einsatz bei der Behandlung von keimbelasteten oder infizierten Wunden sowie zur Infektionsprophylaxe. Der Wundverband [146.147] Feuchte Wundbehandlung Für alle sekundär heilenden Wunden mit erforderlichem Gewebeaufbau zur Defektfüllung gilt die feuchte Wundbehandlung heute als Standard und bewährt sich insbesondere bei der Behandlung chronischer Problemwunden. Die wissenschaftlichen Grundlagen der Feuchttherapie wurden durch die Arbeiten von G. D. Winter geschaffen (1962, Erstveröffentlichung in „Nature“). Er wies nach, dass ein feuchter und permeabler Wundverband und das damit erzielte „moist wound healing“ zu einer schnelleren Heilung führt als ein trockenes, der Luft ausgesetztes Wundmilieu. Die feuchte Wundbehandlung hat ihre positiven Auswirkungen auf alle Phasen der Wundheilung: In der Reinigungsphase weisen feuchte Wundverbände einen guten wundreinigenden Effekt auf und ermöglichen ein physikalisches Débridement, ohne Zellen zu schädigen. Des Weiteren kann durch das feuchte Milieu eine Inaktivierung immunkompetenter Zellen vermieden werden (Seiler). In der Granulationsphase erzeugen feuchte Verbände in der Wunde ein physiologisches Mikroklima, ähnlich einem Zellkulturmedium, das die Zellproliferation und damit die Ausbildung von Granulationsgewebe fördert. Nach Turner/ Beatty et al. (1990) bewirkt die permanente Feuchttherapie eine signifikant schnellere Reduktion der Wundfläche und führt zu einer größeren Menge an Granulationsgewebe. In der Epithelisierungsphase verbessern sich unter feuchten Verbänden die Bedingungen für Mitose und Migration von Epithelzellen. Dies führt in der Regel zu einer schnelleren Epithelisierung mit kosmetisch günstigeren Ergebnissen. Allgemein geben Patienten vielfach eine Schmerzlinderung durch die feuchte Wundbehandlung an. Da moderne, sogenannte hydroaktive Wundauflagen für die Feuchttherapie normalerweise nicht mit der Wunde verkleben, also über atraumatische Eigenschaften verfügen, ermöglichen sie zudem einen für den Patienten schmerzfreien wie auch atraumatischen Verbandwechsel. Das bedeutet, dass ein wundheilungsstörendes Zellstripping beim Verbandwechsel vermieden wird. Die für die Heilung so wichtige Wundruhe bleibt erhalten. Wundauflagen für die feuchte Wundbehandlung Für die praktische Durchführung der Feuchttherapie stehen heute eine Reihe hydroaktiver Wundauflagen zur Verfügung, mit denen im Sinne eines phasengerechten Behandlungssystems die gesamte Bandbreite der therapeutischen Notwendigkeiten abgedeckt werden kann. TenderWet – Wundkissen mit Superabsorber TenderWet ist eine äußerst effiziente Wundauflage zur raschen Reinigung, Nekrosenablösung, Keimreduzierung und Wundbettsanierung vor allem von chronischen und infizierten Wunden. Grundlage der hohen Effizienz ist ein einzigartiges Wirkungsprinzip, das eine kontinuierliche „Spülung“ der Wunde ermöglicht. TenderWet ist eine mehrschichtige, kissenförmige Wundauflage, die als zentralen Bestandteil ihres Saug-Spülkörpers superabsorbierendes Polyacrylat enthält. Der wirkstofffreie Superabsorber wird vor der Anwendung mit einer entsprechenden Menge Ringerlösung aktiviert, die dann über Stunden kontinuierlich an die Wunde abgegeben wird. Durch die permanente Zufuhr von Ringerlösung werden Nekrosen aufgeweicht, abgelöst und ausgespült (1). Gleichzeitig wird aber auch keimbelastetes Wundexsudat in das Wundkissen aufgenommen und dort gebunden. Dieser Austausch – Ringerlösung wird abgegeben und Proteine werden aufgenommen – funktioniert, weil der Superabsorber des Wundkissens eine höhere Affinität für das proteinhaltige Wundexsudat besitzt als für die salzhaltige Ringerlösung (2), die somit aus dem Kissen verdrängt wird. Sobald die wundheilungshemmenden Faktoren entfernt 1 2 3 Das Wirkungsprinzip von TenderWet Der Wundverband [148.149] sind, d. h. die Wunde von Nekrosen, Detritus und Belägen gereinigt ist, sind die Voraussetzungen zum Aufbau von Granulationsgewebe gegeben: Proliferative Zellen können in das Wundgebiet einwandern und Kapillaren können einsprießen (3). Die Feuchtigkeit sowie die in der Ringerlösung enthaltenen Elektrolyte wie Natrium, Kalium und Calcium tragen dabei zur Zellproliferation bei. TenderWet hat keine Kontraindikationen und kann auch bei infizierten Wunden angewendet werden. In Einzelfällen kommt es bei der Initialreinigung mit TenderWet zu einer scheinbaren Vergrößerung der Wunde. Dies bedeutet, dass mit dieser Methode auch devitalisiertes Gewebe, das als solches nicht erkennbar war, entfernt wurde. Bei tiefen Wundverhältnissen ist TenderWet locker, ohne Druck einzutamponieren, um den für den Flüssigkeitsaustausch erforderlichen direkten Kontakt sicherzustellen. Die physikalischen Eigenschaften des Superabsorbers in Verbindung mit dem äußeren Hüllgestrick des Wundkissens verleihen TenderWet die notwendigen Tamponadeeigenschaften. Bei großflächigen Wunden sind die TenderWet Wundkissen leicht überlappend aufzulegen. TenderWet ist in verschiedenen Ausführungen sowie in runden und rechteckigen Formaten erhältlich, damit jeweils auf die Praxisbesonderheiten eingegangen werden kann. TenderWet 24 active und TenderWet active cavity sind bereits gebrauchsfertig mit Ringerlösung aktiviert. Für eine vereinfachte Anwendung steht TenderWet in einer bereits aktivierten Form als TenderWet active cavity und TenderWet 24 active mit einer integrierten feuchtigkeitsabweisenden Schutzschicht zur Verfügung. Diese „active“Wundkissen sind gebrauchsfertig mit Ringerlösung getränkt und können sofort appliziert werden. Damit entfällt ein vorbereitender Arbeitsgang, was Zeit sparen hilft. Ein weiterer Vorteil der bereits aktivierten Wundkissen ist aber auch, dass ein deutlich größeres Volumen an Ringerlösung in den Saugkörper eingebracht werden kann, als dies durch 1 2 3 4 5 6 7 8 TenderWet hat keine Kontraindikationen und kann bei allen Wundzuständen, infiziert und nicht infiziert, angewendet werden. Die „Spülwirkung“ von TenderWet kommt dabei am besten während der Reinigungsphase und zu Beginn der Granulationsphase zur Geltung. Die Beispiele zeigen TenderWet bzw. TenderWet 24 bei der Versorgung venöser Ulzera (1und 2), einer Verbrennungswunde (3) sowie einer diabetisch bedingten Fußläsion (4). Die schnelle und effiziente Reinigungswirkung von TenderWet bewährte sich bei dieser dehiszenten medialen Abdominalwunde, 83-jähriger Patient (Kasuistik M. Butcher, Plymouth, England). 5) Zustand der Wunde nach Dehiszenz mit fest anhaftenden nekrotischen Belägen 6) Beginn der TenderWet-Behandlung am 28.1. mit 10 x10 cm großen TenderWet und Verbandwechsel alle 12 Stunden 7) Wundzustand zwei Tage nach Behandlungsbeginn mit bereits deutlicher Reduzierung der Beläge 8) Zustand der Wunde am 17.2. mit transplantationsfähigem Granulationsgewebe, die endgültige Deckung erfolgte durch Spalthaut. Der Wundverband [150.151] Das Austamponieren von tiefen Dekubiti mit in Antiseptika getränkten Gazestreifen (Abb. 1) gewährleistet nicht immer eine ausreichende Reinigung, sodass alternativ ein schnelles und gründliches Débridement mit dem Wundkissen TenderWet active cavity in Erwägung gezogen werden sollte (Abb. 2-4, Kasuistik F. Meuleneire, Belgien). Selbstverständlich muss die lokale Wundbehandlung konsequent durch druckentlastende Maßnahmen gestützt werden, beispielsweise durch Lagern des Patienten auf Antidekubitusmatratzen bzw. durch regelmäßiges Umlagern. Die mit TenderWet 24 active mögliche rasche Nekrosenabtragung und Wundbettsanierung zeigte sich auch beim Débridement eines Hämatoms mit ausgeprägten Blutgerinnseln, 78-jährige Patientin (Kasuistik F. Meuleneire, Belgien). 5) Débridement des Hämatoms am 2. 2. 6) Zustand nach dem Débridement, Wunde mit Restnekrosen 7) Beginn der Wundreinigung ausschließlich mit TenderWet 24 acitve, Verbandwechsel 1x täglich. 8) Bereits 5 Tage nach Behandlungsbeginn (7. 2.) ist die Wunde nahezu vollständig sauber. Auch die Patientin war mit der schnellen Wundreinigung sehr zufrieden, die Verbandwechsel verliefen problem- und schmerzlos. 1 2 3 4 5 6 7 8 ein manuelles Tränken möglich ist. So kann die Wunde über einen längeren Zeitraum feucht gehalten werden. Darüber hinaus sind die Wundkissen weich und gut modellierbar, was insbesondere TenderWet active cavity auszeichnet, mit dem selbst tiefere Wunden problemlos austamponiert werden können (= cavity). Hingegen sollte TenderWet 24 active wegen seiner feuchtigkeitsabweisenden Schutzschicht nicht eintamponiert werden. Das klassische TenderWet muss vor seiner Anwendung mit Ringerlösung getränkt werden. Wie viel Ringerlösung zur Aktivierung benötigt wird, ist von der Kompressengröße abhängig und entsprechend auf der Packung angegeben. Zur einfachen Aktivierung von TenderWet und auch von TenderWet 24 steht außerdem TenderWet Solution in gebrauchsfertigen Ampullen zur Verfügung. Die Zusammensetzung der sterilen, pyrogenfreien und isotonen Solution entspricht der einer Ringerlösung. TenderWet 24 active und TenderWet 24 weisen in ihrer Konstruktion eine Besonderheit auf, die letztlich auch dazu beiträgt, die Saug-Spülwirkung auf etwa 24 Stunden zu verlängern: Die Wundkissen sind mit einer feuchtigkeitsabweisenden Schutzschicht ausgestattet, hauptsächlich um ein Durchfeuchten des Verbandes nach außen zu verhindern. Die Kompressenseite mit der integrierten Schutzschicht ist durch parallel verlaufende Farbstreifen gekennzeichnet, damit das Wundkissen sicher platziert werden kann. Wie bereits erwähnt, sollten TenderWet 24 active und TenderWet 24 wegen dieser Schutzschicht nicht eintamponiert werden. TenderWet und TenderWet 24 sind vor Gebrauch mit TenderWet Solution oder mit Ringerlösung zu aktivieren. Generell gilt für alle TenderWet Wundkissen: Sie sind nicht selbsthaftend und müssen adäquat fixiert werden, z. B. vollflächig mit elastischen Fixiervliesen (z. B. Omnifix) oder mit elastischen Fixierbinden (z. B. Peha-crepp, Peha-haft). Der Wundverband [152.153] Sorbalgon – tamponierbare Calciumalginat-Kompressen Sorbalgon eignet sich hervorragend zur Reinigung und zum Granulationsaufbau bei oberflächlichen und tiefen, infizierten und nicht infizierten Wunden. Sorbalgon lässt sich ausgezeichnet tamponieren und sorgt somit vor allem auch bei tiefen Wunden für eine wirkungsvolle Reinigung und Konditionierung. 1 2 3 Das Wirkungsprinzip von Sorbalgon Sorbalgon ist eine nicht gewebte Kompresse aus hochwertigen Calciumalginat-Fasern, die trocken in die Wunde eintamponiert wird (1). Bei Kontakt mit Natriumsalzen, wie sie beispielsweise in Blut und im Wundsekret vorhanden sind, quellen die Fasern und wandeln sich in ein feuchtes, saugfähiges Gel um, das die Wunde ausfüllt (2). Durch die enge Adaption von Sorbalgon an die Wundflächen werden Keime auch in der Tiefe aufgenommen und sicher in der Gelstruktur eingeschlossen (3). Dies führt zu einer effizienten Keimreduzierung und hilft, Rekontamination zu vermeiden. Wunden werden rasch gereinigt, sodass sich Sorbalgon insbesondere bei der Behandlung chronischer und infizierter Wunden bewährt. Die gelartige Konsistenz von Sorbalgon wirkt zudem wie ein feuchter Verband, der ein Austrocknen der Wunde verhindert. Es entsteht ein für die Wundheilung günstiges Mikroklima, das die Bildung von Granulationsgewebe fördert und die Wundflächen geschmeidig hält. Durch die Gelbildung verklebt Sorbalgon nicht mit der Wunde, der Verbandwechsel verläuft schmerzarm. Allerdings setzt die vollständige Umwandlung der Calciumalginat-Fasern in ein Gel ausreichend Sekretion voraus. Falls zerklüftete Wunden mit geringer Sekretion austamponiert werden müssen, ist Sorbalgon zweckmäßigerweise mit Ringerlösung zu befeuchten. Eventuell in der Wunde 1 2 3 4 5 6 7 8 Durch ihre ausgezeichnete Tamponierbarkeit erweist sich Sorbalgon vor allem bei problematisch gelegenen und tiefen Wunden als ideale Wundauflage, wie die Anwendungsbeispiele 1-4 zeigen. Sorbalgon gewährleistet dabei auch eine absolut gewebeschonende Tamponade, die zudem atraumatisch und schmerzfrei zu entfernen ist. In der klinischen Praxis zeigt sich Sorbalgon nicht nur als sehr gut geeignet zur Reinigung von Wunden, sondern bewährt sich auch bei der Konditionierung von Wunden: 85-jähriger Patient, Dekubitus 3. Grades (Kasuistik F. Lang, Leonberg). 5) Aufnahmebefund, es zeigt sich eine große Nekroseplatte auf dem Os sacrum, die durch ein chirurgisches Débridement entfernt wird. 6) und 7) Beginn der Behandlung mit Sorbalgon 10 Tage nach dem chirurgischen Débridement 8) Wundzustand nach 20 Tagen unter ausschließlicher SorbalgonBehandlung mit gut ausgebildetem Granulationsgewebe – dann Entlassung des Patienten in die häusliche Pflege Der Wundverband [154.155] verbleibende Fasern lassen sich mit Ringerlösung ausspülen, ansonsten wird der Gelpfropf mit einer Pinzette aus der Wunde entfernt. Sorbalgon ist in drei Kompressengrößen und als Tamponadestreifen erhältlich. Die Häufigkeit des Verbandwechsels ergibt sich aus der individuellen Wundsituation. In der Phase der Wundreinigung kann je nach dem Ausmaß der Exsudation ein 1-2-maliger Verbandwechsel erforderlich werden. Später, mit einsetzender Granulationsbildung, kann ein Verbandwechsel alle zwei bis drei Tage ausreichend sein. Sorbalgon wird in drei Kompressengrößen angeboten. Als Tamponadestreifen, speziell für voluminösere Wunden, steht Sorbalgon T zur Verfügung. PermaFoam – hydroaktiver Schaumverband Der Schaumverband PermaFoam ist indiziert bei stark bis mäßig sezernierenden, nicht infizierten Wunden in der Reinigungs- und während der Granulationsphase. Grundlage für seine therapeutische Wirkung ist seine spezielle Porenstruktur. Der hydrophile Schaumverband PermaFoam erweitert durch seine überzeugende physikalische Wirkungsweise die Behandlungsoptionen bei chronischen Wunden. PermaFoam ist eine Kombination zweier unterschiedlich strukturierter Schaumstoffe, die über eine spezielle Laminierung miteinander verbunden sind. Die Saugschicht von PermaFoam besteht aus hydrophilen PolyurethanPolymeren, die Flüssigkeit bis zum Neunfachen ihres Eigengewichtes in ihren Polymerketten einlagern können. Dabei verfügt die Polyurethanmatrix über einen einzigartigen Porengradienten, d. h. die wundseitig großen Poren werden zur Deckschicht hin immer kleiner, was eine hohe vertikale Kapillarwirkung erzeugt. Die Deckschicht von PermaFoam besteht aus einem flexiblen, geschlossenporigen Polyurethanschaum und ist semipermeabel, also keimdicht, aber durchlässig für Wasserdampf. Aus dieser Materialkombination und -konstruktion ergeben sich Produkteigenschaften, mit denen insbesondere die oft auftretende Mazerationsproblematik bei chronischen Wun- den eingegrenzt werden kann: Durch die hohe vertikale Kapillarwirkung wird keimbelastetes Wundexsudat rasch bis unter die Deckschicht geleitet. Dabei gewährleisten die wundseitig großen Schaumstoffporen, dass auch zähflüssiges Exsudat und Detritus aufgenommen werden kann, ohne die Poren zu verstopfen. Bei Aufnahme des Wundexsudats quillt der Polyurethanschaum leicht auf, sodass der für die Ableitung erforderliche Kontakt zum Wundrund gesichert ist. Grundlage für die therapeutische Wirksamkeit von PermaFoam ist die spezielle Porenstruktur: Wundseitig große Poren verkleinern sich zur Deckschicht hin immer mehr, was eine hohe vertikale Kapillarwirkung erzeugt. Dies bewirkt, dass Exsudat rasch in die Tiefe des Saugkörpers aufgenommen wird, sorgt aber auch für eine hohe Retention zur sicheren Flüssigkeitsbindung. Das aufgenommene Wundexsudat verteilt sich dann seitlich unter der Deckschicht. Wichtig ist dabei, dass PermaFoam, hauptsächlich bedingt durch die spezielle Porenstruktur, über ein hohes Zurückhaltevermögen (Retention) für Flüssigkeiten verfügt. Selbst wenn von außen Druck erzeugt wird, so beispielsweise durch einen Kompressionsverband, wird das Exsudat im Schaumstoff gehalten. Hinzu kommt, dass PermaFoam auch unter dem Druck eines angelegten Kompressionsverbandes nur geringfügig an Saugkapazität verliert. Zum Beispiel wird unter dem Druck von 42 mmHg die Saugkapazität gegenüber dem freien Zustand lediglich um 12 % reduziert. All diese Eigenschaften bewirken nicht nur eine rasche Regulierung der Exsudation, sondern schützen auch die Wundränder vor Mazeration, weil das aufgenommene Wundexsudat nicht mehr in die Wunde zurückdrückt. Darüber hinaus gewährleistet die hohe Wasserdampfdurchlässigkeit der Deckschicht ein ausgewogen feuchtes Mikroklima, was die Heilungsvorgänge zusätzlich unterstützt. Der Wundverband [156.157] Umfangreiche Anwendungsbeobachtungen ergaben, dass PermaFoam den gestellten Anforderungen bei der Reinigung und Konditionierung von Problemwunden in überzeugender Weise entsprechen kann. Kasuistik 1 (F. Lang, Leonberg): 83-jährige Patientin mit Dekubitus rechts und links gluteal mit infizierter Nekrose rechts, operative Entfernung aller Nekrosen bis ins gesunde Gewebe 1) Zustand des Dekubitus nach chirurgischem Débridement. 2/3) Reinigung und Konditionierung erfolgten ausschließlich mit PermaFoam, wobei kontinuierliche Heilungsfortschritte beobachtet werden konnten. 4) Zustand der Wunde nach 65 Tagen mit teilweise stabilem Epithel Kasuistik 2 (F. Lang, Leonberg): 86-jährige Patientin mit großem Bauchdeckenabszess nach dislozierter PEG 5) Erster Verbandwechsel nach der PEG-Entfernung und Abszessausräumung, Wundhöhle mit Restnekrosen, stark sezernierend 6) PermaFoam cavity wird locker in die Abszesshöhle eingebracht. Das weiche Schaummaterial und die spezielle Lochstruktur ermöglichen eine gute Adaption an die Wundflächen. 7) Mit PermaFoam cavity fertig austamponierte Wundhöhle 8) Unter der Behandlung mit PermaFoam cavitiy bildet sich zunehmend Granulationsgewebe aus, sodass am Entlassungstag auf Sorbalgon umgestellt wird. 1 2 3 4 5 6 7 8 PermaFoam ist atraumatisch, ein Verkleben mit der Wunde bzw. ein Einwachsen von Gewebe in die Schaumstruktur wird minimiert. Durch das hohe Absorptionsvermögen und die sehr gute Retention kann PermaFoam selbst bei stärkerer Wundsekretion beim Ausbleiben von Komplikationen mehrere Tage auf der Wunde verbleiben. PermaFoam ist weich und geschmeidig und schmiegt sich den Wundgegebenheiten gut an. Die Fixierung des Schaumverbandes erfolgt mit elastischen Fixierbinden (z. B. Peha-haft) oder vollflächig mit elastischen Fixiervliesen (z. B. Omnifix elastic). Die Produktausführung PermaFoam comfort ist für eine einfache Fixierung mit einem selbstklebenden Haftrand ausgestattet, der verwendete Kleber ist hautfreundlich. PermaFoam steht in verschiedenen Ausführungen und Zuschnitten zur Verfügung. Hydrocoll – saugfähiger Hydrokolloid-Verband Hydrocoll ist ein selbsthaftender, saugfähiger Hydrokolloid-Verband zur Reinigung und Konditionierung nicht infizierter Wunden mit mittelstarker bis mäßiger Wundexsudation bzw. -sekretion. 1 5 4 2 3 PermaFoam steht in speziellen wundangepassten Zuschnitten zur Verfügung, damit in jedem Fall eine optimale Wundbehandlung möglich ist. PermaFoam sacral (1) für Anwendungen im Sakralbereich, PermaFoam concave (2) für Anwendungen an Ferse und Ellbogen, PermaFoam tracheostomy (3) zur Versorgung von Eintrittsstellen wie Tracheostomiekanülen und Sondenapplikationen, PermaFoam cavity (4) zur Behandlung von tiefen Wunden und PermaFoam rund (5) für die Versorgung kleinerer Ulzera an Problemzonen. Der Begriff „Kolloid“ stammt aus dem Griechischen und bedeutet einen Stoff, der in feinster Verteilung in eine Matrix integriert ist. Dementsprechend besteht Hydrocoll aus saugund quellfähigen Hydrokolloiden, die in ein selbsthaftendes Elastomer eingebracht sind. Eine semipermeable Folie dient als keim- und wasserdichte Deckschicht. Im Mittelpunkt des Wirkungsmechanismus von Hydrocoll stehen die in die Trägerschicht eingebrachten Hydrokolloide. Durch die Aufnahme von Wundsekret quellen sie auf und gehen in ein Gel über, das in die Wunde expandiert und die Wunde feucht hält. Das Gel ist dabei so lange saugfähig, bis die Hydrokolloide gesättigt sind. Gleichzeitig wird mit dem Quellvorgang das aufgenommene Das Wirkungsprinzip von Hydrocoll Der Wundverband [158.159] Wundsekret, das immer auch mit Detritus, Bakterien und deren Toxinen belastet ist, sicher in der Gelstruktur eingeschlossen. Durch die Haftkraft des Elastomers kann Hydrocoll ähnlich wie ein Pflaster auf die Wunde aufgelegt werden. Mit der Gelbildung verschwindet dann im Bereich der Wundfläche die Haftkraft, sodass Hydrocoll wundschonend nur noch auf der intakten Wundrandumgebung fixiert ist. Für Hydrocoll finden besonders saug- und quellfähige Hydrokolloide Verwendung, die zudem die Eigenschaft haben, dass ihre Gelstruktur kompakt bleibt. Hydrocoll expandiert zwar wie gewohnt in die Wunde, lässt sich aber dann im Gelzustand in einem Stück von der Wunde abnehmen. In der Wunde verbleiben praktisch keine Gelrückstände, sodass das bisher erforderliche Ausspülen von Gelrückständen in eiterähnlicher Konsistenz weitgehend entfällt. Der Verbandwechsel wird dadurch einfacher und auch angenehmer. Zudem ist sofort eine sichere Wundbeurteilung möglich. Der Wirkungsmechanismus von Hydrocoll zeigt in allen Wundheilungsphasen seine Effekte: Da überschüssiges, keimbelastetes Wundsekret mit dem Saug- und Quellvorgang rasch in die hydrokolloiden Anteile des Verbandes aufgenommen wird, kommt es zu einer schnellen und guten Wundreinigung. Wie allgemeine Untersuchungen zeigten, verbessert sich mit zunehmender Reinigung auch die Mikrozirkulation im Wundgebiet. Hierdurch werden insbesondere bei chronischen Wundverhältnissen mit stagnierender Reinigungsphase die körpereigenen Reinigungsmechanismen wieder aktiviert. In der Granulationsphase stimuliert und fördert das feuchte Wundmilieu unter Hydrocoll den Aufbau von Granulationsgewebe. Dabei lässt sich mit Hydrocoll das ausbalanciert feuchte Wundmilieu ohne die Gefahr von Sekretstaus auch über längere Behandlungszeiträume problemlos aufrechterhalten und ein Aus- 1 2 3 4 5 6 7 8 Hydrocoll ist ein selbsthaftender, saugfähiger Hydrokolloid-Verband zur Reinigung und Konditionierung nicht infizierter Wunden mit mittelstarker bis mäßiger Sekretion. Zur praxisgerechten und wirtschaftlichen Anwendung steht Hydrocoll in verschiedenen Formen und Aufmachungen zur Verfügung: 1) Hydrocoll in der Standardversion 2) Hydrocoll thin für bereits epithelisierende Wunden 3) Hydrocoll sacral speziell zur Wundbehandlung im Sakralbereich 4) Hydrocoll concave in perfekter Passform für Ellbogen und Ferse Die Abbildungen 5-8 zeigen ausschnittweise den Verlauf der Wundheilung bei einem Dekubitus Grad 2 mit Blasenbildung an der linken Ferse. Die Wundversorgung erfolgte mit Hydrocoll und gestaltete sich komplikationslos. Durch sein hohes Absorptionsvermögen konnte Hydrocoll mehrere Tage auf der Wunde verbleiben, was die Behandlung einfach und durch die reduzierten Verbandwechsel auch wirtschaftlich machte. (Dokumentation Gabi Michl, Kötzting) Der Wundverband [160.161] trocknen des Granulationsgewebes sicher vermeiden. In der Epithelisierungsphase unterstützt das feuchte Wundmilieu Mitose und Migration der Epithelzellen. Zudem wird eine unerwünschte Schorfbildung verhindert, die eine Heilung verzögern würde. Die keim- und wasserdichte Deckschicht wirkt als zuverlässige Barriere gegen Keime und schützt die Wunde vor Schmutz und Feuchtigkeit. Mobile Patienten können mit dem Verband duschen. Hydrocoll steht in unterschiedlichen Formaten, z. B. als „concave“ für die Wundversorgung an Ellenbogen und Fersen oder als „sacral“ für die Versorgung von Sakraldekubiti zur Verfügung. In der rechteckigen Standardversion sind Größen auch für kleinere Wunden erhältlich. Die Ausführung „Hydrocoll thin“ ist speziell für bereits epithelisierende Wunden geeignet. Hydrotüll – hydroaktive Salbenkompresse Bei der Entwicklung der hydroaktiven Salbenkompresse Hydrotüll wurden die positiven Eigenschaften der klassischen Salbenkompresse mit modernster hydrokolloider Technologie kombiniert. Dies eröffnet der hydroaktiven Salbenkompresse ein breites Anwendungsgebiet. Hydrotüll eignet sich für die Versorgung von oberflächlichen, akuten Wunden ebenso gut wie für chronische Wunden in der Granulations- und/oder Epithelisierungsphase. Ergebnisse verschiedener Anwendungsbeobachtungen lassen dabei 3) Die Wabenstruktur der Trägermatrix verhindert Sekretstau. 2) Hydrotüll-Salbe pflegt die Wundränder. 1) Hydrokolloid-Partikel halten die Wunde feucht. 1 2 3 4 5 6 7 8 Versorgung einer Spalthautentnahmestelle (1) und der Empfängerstelle – eine Unfallverletzung am rechten Knie (2) – mit der hydroaktiven Salbenkompresse Hydrotüll (Kasuistik F. Lang, Leonberg). Komplikationsloser Heilungsverlauf mit kosmetisch sehr akzeptablen Abheilungsergebnissen (3/4). Das neue Epithel ist fein und ebenmäßig und bildete sich vom Wundrand her auffallend schnell. Behandlung einer akuten Wunde (aufgegangene Blase als Folge einer Hyperkeratose) mit Hydrotüll (Dokumentation aus einer Anwendungsbeobachtung). Zustand der Wunde vor Behandlungsbeginn am 30.5. (5) und Versorgung der Wunde mit Hydrotüll (6). Der Sekundärverband zum Aufnehmen von Wundsekret bestand aus Mullkompressen. Erster Verbandwechsel am 2.6. (7), zweiter am 6.6. (8), die Wunde war komplett epithelisiert. Der Wundverband [162.163] den Schluss zu, dass die hydroaktive Salbenkompresse Hydrotüll den Heilungsprozess insbesondere bei solchen akuten und chronischen Wunden fördert, bei denen frühere Therapien erfolglos geblieben waren. Das Vorliegen einer Infektion ist keine Kontraindikation, da ein ungehinderter Sekretabfluss möglich ist. Die ausreichende Maschenweite des Trägergewebes von Hydrotüll (Foto oben) erlaubt einen ungehinderten Sekretabfluss. Wie gut Hydrotüll Wundflächen feucht und geschmeidig hält, ohne zu verkleben, zeigt die Hydrotüll-Anwendung bei einer Verbrennungswunde (Foto unten). Entscheidend für die verbesserte wundheilungsfördernde Wirksamkeit und die atraumatischen Eigenschaften von Hydrotüll sind die in das Polyamid-Gewebe eingelagerten Hydrokolloid-Partikel (1). Diese absorbierenden Granula aus Carboxymethylcellulose nehmen Wundexsudat auf und erzeugen wie die bekannten Hydrokolloid-Verbände ein physiologisch feuchtes Wundmilieu, das die Wundheilung in allen Phasen unterstützt. Ein weiterer Vorteil der Hydrokolloide ist, dass Hydrotüll ohne die Gefahr des Austrocknens länger auf der Wunde verbleiben kann als herkömmliche Salbenkompressen, weil der Wundgrund durch das Wirkprinzip der Hydrokolloide feucht gehalten wird. Zusätzlich kommt die Imprägnierung des Polyamid-Trägergewebes mit einer wirkstofffreien hydroaktiven Salbenmasse auf Triglyzerid-Basis (2) zum Tragen. Sie verhindert ein Verkleben der Kompresse mit der Wundfläche bzw. verstärkt die atraumatischen Eigenschaften der HydrokolloidKomponente, pflegt Wundränder und beugt Mazerationen vor. Außerdem gelang es, mit dieser Salbenmasse auf Triglyzerid-Basis eine Fettkomponente zu entwickeln, die keine unangenehmen Salbenrückstände hinterlässt und in der Wunde abgebaut werden kann. Somit kann der Zustand einer Wunde immer sicher beurteilt werden. Dies ist praktisch für die Versorgung aller Wunden von Bedeutung, besonders wichtig aber für Verbrennungswunden, bei denen jederzeit eine sichere Wundbeurteilung möglich sein muss, um Verschlechterungen rechtzeitig zu erkennen. Bei Verbrennungen 3. Grades sollte Hydrotüll nur auf Anordnung des behandelnden Arztes verwendet werden. Die ausreichende Maschenweite des Polyamid-Trägergewebes von Hydrotüll (3) erlaubt es, dass überschüssiges Wundsekret ohne Stau in die sekundäre Wundauflage abfließen kann. Wie klassische Salbenkompressen kann Hydrotüll dazu mit allen gängigen Saugkompressen kombiniert werden. Auch die Handhabung der hydroaktiven Salbenkompresse Hydrotüll ist problemlos. Sie lässt sich mit einer sterilen Schere entsprechend den Wundausmaßen zuschneiden und klebt vor allem nicht an Untersuchungshandschuhen. In Anwendungsbeobachtungen konnte außerdem belegt werden, dass sich unter der Lokaltherapie der hydroaktiven Salbenkompresse Hydrotüll nicht nur anhaltende Wundschmerzen verringerten, Hydrotüll konnte beim Verbandwechsel ohne Probleme und ohne Schmerzen entfernt werden. Hydrotüll ist als Kompresse in den Größen 5 x 5 cm, 10 x 12 cm und 15 x 20 cm steril und einzeln eingesiegelt erhältlich. Hydrosorb – transparenter Hydrogel-Verband Hydrosorb eignet sich bestens dazu, bei flächigen Wunden Granulationsgewebe feucht zu halten, aber auch die Neubildung von Epithelien zu fördern. Hydrosorb ist damit die optimale Wundauflage zur phasengerechten Weiterbehandlung im Anschluss an eine Wundversorgung mit TenderWet, Sorbalgon oder PermaFoam. Physikalisch gesehen ist Hydrosorb ein dreidimensionales Netzwerk aus hydrophilen und damit saugfähigen Polymeren, in die ein Wasseranteil von ca. 60 % eingelagert ist. Trotz dieses hohen Wassergehalts kann Hydrosorb durch die Anwesenheit hydrophiler Gruppen zusätzlich große Mengen an Flüssigkeit binden. Hydrosorb quillt dabei, ohne seine Gelstruktur zu verlieren. Aus diesen Eigenschaften ergibt sich der spezifische Nutzen von Hydrosorb für die Wundbehandlung: Hydrosorb stellt von Anfang an eine voll funktionsfähige, feuchte Kompresse dar, die im Gegensatz 1 2 Das Wirkungsprinzip von Hydrosorb Der Wundverband [164.165] Oberflächliche Wunden wie Verbrennungen Grad 1 und 2a oder Verätzungen lassen sich mit dem Hydrogel Verband Hydrosorb optimal versorgen. Insbesondere wird der leicht kühlende Effekt von den Patienten als angenehm und schmerzlindernd empfunden (Kasuistik 1: F. Meuleneire, Belgien). 1) Versorgung einer Verätzungswunde mit dem Hydrogel-Verband Hydrosorb 2) Gute Wundreinigungsergebnisse bereits eine Woche später 3) Weiterbehandlung mit Hydrosorb 4) Abheilungsergebnis nach einem Monat Der Hydrogel-Verband Hydrosorb ist ideal zur phasengerechten Weiterbehandlung in der Granulations- und Epithelisierungsphase. Bei der gezeigten Kasuistik (F. Meuleneire, Belgien) wurde ein hämatombedingtes Ulkus zunächst mit TenderWet 24 active gereinigt, dann mit PermaFoam konditioniert und abschließend zum Feuchthalten und zum Schutz von Granulation und Epithel mit Hydrosorb versorgt (5-8), was die Reepithelisierung der Wunde zügig voranbrachte. Innerhalb von etwas mehr als zwei Monaten war die Problemwunde mit diesem Therapiekonzept nahezu abgeheilt. 1 2 3 4 5 6 7 8 A B C A) Die einzelnen Makromoleküle mit ihren eingelagerten Wassermolekülen bilden durch spezielle Querverbindungern Polymerketten. B) Sekretaufnahme C) Die Querverbindungen sind aufgedehnt und bilden Raum für den sicheren Einschluss von Keimen, Sekreten und Geruchsmolekülen. zu Calciumalginaten oder Hydrokolloiden kein Wundsekret mehr zur Gelumwandlung benötigt. Damit führt Hydrosorb der Wunde sofort nach der Applikation bei sehr guter Biokompatibilität selbsttätig über mehrere Tage Feuchtigkeit zu (1). Gleichzeitig saugt Hydrosorb überschüssiges, keimbelastetes Sekret auf, das sicher in der Gelstruktur eingeschlossen wird. Denn mit dem Ansaugen von Sekreten dehnen sich die Querverbindungen der Polymerketten auf, sodass innerhalb dieser Makromoleküle Raum für die mitaufgenommenen Fremdkörper wie z. B. Keime, Detritus und Geruchsmoleküle entsteht, aus dem sie nicht mehr entweichen können. Dieser Austausch sichert das für die Wundheilung optimale Feuchtigkeitsniveau und beschleunigt so Granulationsbildung und Epithelisierung (2). Die keimund wasserdichte Oberfläche von Hydrosorb bietet zudem sicheren Schutz vor Sekundärinfektionen. Allerdings ist zu beachten, dass Hydrogele ein anderes Saugverhalten zeigen als beispielsweise textile Materialien oder Calciumalginate. Hydrogele können Flüssigkeiten nicht spontan aufsaugen, ihr Flüssigkeitsaufnahmevermögen setzt erst nach einiger Zeit ein und steigert sich langsam. Dann aber sind Hydrogele wie Hydrosorb in der Lage, eine lang anhaltende, kontinuierliche Saugleistung zu erbringen. Hydrosorb verklebt nicht mit der Wunde und lässt sich auch nach längerer Verweildauer auf der Wunde irritationslos entfernen. Dabei kann Hydrosorb als vollständiger Verband abgenommen werden, da sich die Gelstruktur durch aufDer Wundverband [166.167] genommenes Wundsekret nicht auflöst. Auf der Wunde verbleiben keine Rückstände, der Wundzustand ist ohne vorherige Spülung sicher zu beurteilen. Besonders vorteilhaft in der Praxis ist zudem die Transparenz von Hydrosorb, die auch bei längeren Liegezeiten erhalten bleibt. Sie ermöglicht zu jeder Zeit ohne Verbandwechsel die Inspektion der Wunde. Dies gewährleistet die für die Heilung so wichtige Wundruhe sowie eine hohe Wirtschaftlichkeit durch verlängerte Verbandwechselintervalle. Die Transparenz von Hydrosorb ist ein wichtiger Faktor für die wirtschaftliche Anwendung. Die Wunde kann durch den Verband hindurch jederzeit beobachtet werden, sodass Hydrosorb über Tage auf der Wunde verbleiben kann. Verbandwechsel werden eingespart. Hydrosorb steht in zwei Ausführungen als Hydrosorb und Hydrosorb comfort zur Verfügung. Hydrosorb hat keinen selbsthaftenden Fixierrand und wird mit einem Fixierverband, Fixierpflastern oder mit dem Kompressionsverband befestigt. Hydrosorb comfort ist zur sicheren, keimdichten Fixierung mit einer umlaufenden, hypoallergenen Klebefolie ausgestattet. Hydrosorb Gel – zur Rehydration trockener Wunden Hydrosorb Gel ist ein klares, visköses und steriles Gel auf der Basis von Carboxymethylcellulose, Ringerlösung und Glycerin, das austrocknungsgefährdeten und trockenen, tieferen und zerklüfteten Wunden sofort heilungsfördernde Feuchtigkeit zuführt. Die Bestandteile von Hydrosorb Gel gewährleisten eine kontinuierliche und ausreichende Abgabe von Feuchtigkeit an die trockene Wunde mit folgendem therapeutischen Nutzen: Fibrinöse und nekrotische Beläge werden aufgeweicht und abgelöst. In einem geringen Umfang kann Hydrosorb Gel dabei gleichzeitig keim- und detritusbelastetes Exsudat aufnehmen. Damit wird wirkungsvoll das endogene, physikalische Débridement unterstützt und die für die Wundheilung notwendige physiologische Sekretion kann wieder in Gang kommen. Im Stadium der Wundkonditionierung mit Aufbau von Granulationsgewebe tragen die in der Ringer- lösung enthaltenen Elektrolyte wie Natrium, Kalium und Calcium zur Zellproliferation bei. Trockene bzw. austrocknungsgefährdete Wunden ergeben sich vor allem bei lang bestehenden, chronischen Ulcera cruris und Dekubitalulzera. Bei Verbrennungswunden bis Grad IIb wirkt Hydrosorb Gel durch seine Feuchtigkeit kühlend und schmerzlindernd. Eine Anwendung bei infizierten Wunden sollte nur unter ärztlicher Überwachung erfolgen. Hydrosorb Gel steht in praktischen Dosierspritzen à 15 g und 8 g zur Verfügung, die eine einfache Applikation bei allen Wundzuständen sichern: Durch den langen Auslauf der Spritze lässt sich Hydrosorb Gel auch in tiefe, zerklüftete Wunden direkt und sauber einbringen. Diese sichere Applikation wird durch die Konsistenz des Gels unterstützt. Das Gel ist fest genug, um nicht sofort zu verlaufen, und weich genug, um sich dem Wundgrund anzupassen. Hydrosorb Gel dient zur effizienten Rehydration trockener Wunden und steht in einfach zu handhabenden Dosierspritzen à 15 g und 8 g zur Verfügung. Die Dosierspritze wird einfach mit einer Hand angewendet, wobei sich das Gel ohne Schwierigkeiten exakt dosieren lässt. Zudem kann die Hydrosorb Gel Spritze – anders als Tuben, in denen oftmals viel Gel zurückbleibt – effektiv entleert werden. Aus der Spritze kann dabei jeweils genau so viel entnommen werden, wie für die Wundbehandlung benötigt wird. Von besonderem Vorteil ist außerdem die gegenläufige ml-Skala der Spritze. Sie ermöglicht es, auf einen Blick festzustellen, wie viel Gel noch in der Spritze ist und wie viel Gel in die Wunde eingebracht wurde. Die eingebrachte Gel-Menge kann zur Bestimmung des Wundvolumens herangezogen und in den Wunddokumentationsbogen eingetragen werden. Nach der Applikation von Hydrosorb Gel ist die Wunde mit einem geeigneten Sekundärverband abzudecken, wozu fast alle gängigen Wundauflagen benutzt werden können. Der Wundverband [168.169] Wundauflagen für chronische Problemwunden/Wundbild Wundreinigung Nekrose Infektion Fibrinbelag oberflächliche Wunden Exsudat ++ TenderWet 24 active TenderWet 24 active Sorbalgon Atrauman Ag* intakte Wundumgebung PermaFoam comfort PermaFoam sacral PermaFoam concave TenderWet 24 active vorgeschädigte Wundumgebung PermaFoam Exsudat + TenderWet 24 active Atrauman Ag* TenderWet 24 active tiefe oder zerklüftete Wunden Exsudat ++ TenderWet active cavity Hydrosorb Gel TenderWet active cavity Sorbalgon/Sorbalgon T Atrauman Ag* TenderWet active cavity PermaFoam cavity Sorbalgon/Sorbalgon T Exsudat + TenderWet active cavity Atrauman Ag* * mit saugender Wundauflage TenderWet active cavity Weitere Produkte Granulation intakte Wundumgebung PermaFoam comfort PermaFoam sacral PermaFoam concave vorgeschädigte Wundumgebung PermaFoam Hydrotüll* Epithelisierung intakte Wundumgebung Hydrocoll thin Hydrosorb comfort Hydrofilm** Hydrotüll* vorgeschädigte Wundumgebung Hydrosorb Hydrotüll* intakte Wundumgebung Hydrocoll Hydrocoll sacral Hydrocoll concave vorgeschädigte Wundumgebung Hydrosorb Hydrotüll* PermaFoam cavity Sorbalgon/Sorbalgon T PermaFoam cavity Hydrosorb Gel Cosmopor steril Selbsthaftender Wundverband mit hoher Saugkraft und guter Polsterwirkung für die postoperative Versorgung von Wunden sowie zur sterilen Versorgung von Bagatellverletzungen Hydrofilm Plus Selbsthaftender, wasserdichter, transparenter Wundverband mit guter Saug- und Polsterwirkung zur postoperativen Versorgung schwach sezernierender Wunden und zum Schutz vor Sekundärinfektionen Rolta Soft Sehr weiche, hautfreundliche, synthetische Wattebinde, die sich besonders gut als Polstermaterial unter Stütz- und Kompressionsverbänden eignet. Cosmopor I.V: Medicomp Drain Peha Schlitzkompresse PermaFoam tracheostomy Anzuwenden bei Drainagen und Extensionen intakte Wundumgebung Hydrocoll thin Hydrosorb comfort Hydrofilm vorgeschädigte Wundumgebung Hydrosorb ** wenn keine Sekretion vorhanden Fixierung normale Haut: Omnifix elastic, Omniplast, Omnisilk, Peha-haft, Stülpa-fix empfindliche Haut: Pehalast, Omnipor, Peha-crepp, Extremitäten: Peha-haft, Pehalast, Stülpa-fix Gelenke: Lastodur straff, Stülpa-fix, Omnifix elastic Finger und Zehen: Stülpa Fertigverband, Peha-haft Sakralbereich: Omnifix elastic, Stülpa-fix, MoliPants (Inco-System), Der Wundverband [170.171] Zetuvit Zetuvit Plus Produktcharakteristik wundfreundliche Saugkompresse mit nicht verklebender Vliesumhüllung und Saugkörper aus Zellstoff-Flocken kombinierte Saugkompresse aus vier Materialschichten: Saugkörper aus Zellstoff-Flocken mit Superabsorber vermischt, Vliesumhüllung des Saugkerns, wasserabweisendes Spezialvlies und zweischichtiges Außenvlies Eigenschaften und Anwendung sehr saugfähig, weich und drapierfähig, luftdurchlässig, gute Polsterwirkung, zur Versorgung von akuten, flächenhaften Wunden mit starker Sekretion, guter Kontaminationsschutz durch integrierte, feuchtigkeitsabweisende Zellstoff-Lage, die dem Durchschlagen der Sekrete entgegenwirkt extra saugstark, saugt mehr als das Doppelte herkömmlicher Saugkompressen, durch Superabsorber sicherer Einschluss von Exsudat im Saugkern, reduzierte Verklebungsneigung durch hydrophobe Vliesaußenseite, guter Kontaminationsschutz durch wasserabweisendes Spezialvlies, zur Versorgung von sehr stark nässenden Wunden Handelsformen Zetuvit, steril und unsteril, 10x10, 10x20, 13,5x25, 20x20 und 20x40 cm Zetuvit Plus, steril, 10x10, 10x20, 20x25 und 20x40 cm Produkte zur trockenen Wundbehandlung Cosmopor steril Atrauman Atrauman Ag selbsthaftender Wundverband mit hydrophobem Micronetz als wundnahe Schicht, Saugkissen aus reiner Baumwollwatte, weiches Trägervlies mit hypoallergenem Polyacrylatkleber beschichtet wundfreundliche Salbenkompresse aus hydrophobem Polyestertüll, imprägniert mit einer wirkstofffreien Salbenmasse silberhaltige Salbenkompresse; das mit Silber ummantelte Trägermaterial aus hydrophobem Gittertüll ist zusätzlich mit einer wirkstofffreien Salbenmasse imprägniert durch das hydrophobe Micronetz rasche Sekretweiterleitung in das Saugkissen, kein Verkleben, gute Saugkraft und Polsterwirkung, luft- und wasserdampfdurchlässig, sicher abschließende Klebezone, für die postoperative Wundversorgung, zur sterilen Versorgung von Bagatellverletzungen im Rahmen der Ersten Hilfe luft- und sekretdurchlässig, kein Verkleben mit der Wunde, durch selbstemulgierende Salbenmasse keine Rückstände auf der Wunde, wirkt nicht sensibilisierend, zum Geschmeidighalten von akuten und chronischen Wunden, insbesondere in der Dermatologie sowie bei haut- und medikamentenempfindlichen Patienten zur Behandlung oberflächlicher Wunden, insbesondere zum ergänzenden Einsatz bei der Behandlung von keimbelasteten oder infizierten Wunden sowie zur Infektionsprophylaxe; wirkt einem Verkleben mit der Wunde entgegen, pflegt und schützt die Wundränder, kann mit allen saugenden Wundauflagen kombiniert werden Cosmopor steril, 7,2x5, 10x6, 15x6, 10x8, 15x8, 20x8, 20x10, 25x10 und 35x10 cm Atrauman, steril, 5x5 und 7,5x10 cm Atrauman Ag, steril, 5x5, 10x10 und 10x20 cm Der Wundverband [172.173] TenderWet Sorbalgon Produktcharakteristik Wundkissen mit Saug-Spülkörper aus superabsorbierendem Polyacrylat, der vor der Anwendung mit Ringerlösung aktiviert wird und diese dann im Austausch mit Wundsekreten an die Wunde abgibt tamponierbare, wirkstofffreie Calciumalginat-Kompressen, die sich bei Kontakt mit Wundsekreten in ein feuchtes Gel umwandeln; mit dem Quellvorgang werden auch Keime sicher in die Gelstruktur eingeschlossen Eigenschaften und Anwendung durch kontinuierliche Zufuhr von Ringerlösung und gleichzeitigem Absaugen keimbelasteten Sekrets (= Saug-Spülwirkung) rasche aktive Wundreinigung und Förderung der Proliferation der Gewebezellen, zur Behandlung chronischer, infizierter und nicht infizierter Wunden während der Reinigungsphase und zu Beginn der Granulationsphase hohe Saugkraft mit effizienter Reinigungswirkung, hält nach Gelumwandlung die Wunde feucht, fördert die Granulationsbildung, durch ausgezeichnete Tamponierbarkeit ideal zur Reinigung und Konditionierung tiefer und zerklüfteter, infizierter und nicht infizierter Wunden sowie nach einem chirurgischen Débridement Handelsformen TenderWet 24 active, steril, Ø 4, Ø 5,5, 4x7, 7,5x7,5, 10x10 und 7,5x20 cm; TenderWet active cavity, steril, Ø 4, Ø 5,5, 4x7, 7,5x7,5 und 10x10 cm; TenderWet 24, steril, Ø 4, Ø 5,5, 7,5x7,5 und 10x10 cm; TenderWet, steril, Ø 4, Ø 5,5, 7,5x7,5 und 10x10 cm Sorbalgon, steril, 5x5, 10x10 und 10x20 cm; Sorbalgon T Tamponadestreifen, steril, 1 g/30 cm und 2 g/30 cm Produkte zur hydroaktiven Wundbehandlung PermaFoam Hydrocoll Hydrotüll hydroaktiver Schaumverband aus unterschiedlich strukturiertem Schaumstoff mit hoher vertikaler Kapillarwirkung und Retention zur sicheren Flüssigkeitsbindung, keimdichte Deckschicht selbsthaftender HydrokolloidVerband mit besonders saugund quellfähigen Hydrokolloiden, kombiniert mit semipermeabler, keim- und wasserdichter Deckschicht hydroaktive Salbenkompresse mit in das weitmaschige PolyamidTrägergewebe eingelagerten Hydrokolloid-Partikel und wirkstofffreier Salbenimprägnierung auf Triglyzerid-Basis rasche Regulierung des Wundexsudats, schützt Wundränder vor Mazeration, besonders geeignet zur Behandlung venöser Ulzera in Kombination mit einer Kompressionsbehandlung, zur Versorgung von Verbrennungen bis Grad IIa, für tiefere Wunden oder schwierig zu versorgende Problemzonen werden die jeweils spezifischen Zuschnitte eingesetzt sorgt für eine gute Reinigung, verbessert Mikrozirkulation im Wundgebiet, fördert die Granulationsbildung, kein Verkleben mit der Wunde, lässt sich im Gelzustand in einem Stück von der Wunde entfernen, besonders geeignet zur Konditionierung nicht infizierter Wunden mit mittelstarker bis mäßiger Sekretion gewährleistet ein optimal feuchtes Wundmilieu für eine schnelle Heilung, verklebt nicht mit der Wunde, schützt vor Traumatisierung beim Verbandwechsel, pflegt Wundränder und beugt Mazerationen vor, zur Behandlung von oberflächlichen, akuten und chronischen Wunden in der Granulations- und Epithelisierungsphase PermaFoam, steril, Ø 6, 10x10, 10x20, 15x15, 20x20 cm; PermaFoam comfort, steril, 8x8, 11x11, 10x20, 15x15, 20x20 cm; PermaFoam sacral,steril,18x18, 22x22 cm; PermaFoam concave, steril, 16,5x18 cm; PermaFoam cavity, steril, 10x10 cm; PermaFoam tracheostomy, steril, 8x8 cm Hydrocoll, steril, 5x5, 7,5x7,5, 10x10, 15x15 und 20x20 cm; Hydrocoll sacral, steril, 12x18 cm; Hydrocoll concave, steril, 8x12 cm; Hydrocoll thin, steril, 5x25, 7,5x7,5, 10x10 und 15x15 cm Hydrotüll, steril, 5 x 5 cm, 10 x 12 cm und 15 x 20 cm Der Wundverband [174.175] Hydrosorb Hydrosorb Gel Produktcharakteristik transparenter Gelverband aus saugfähigen Polyurethan-Polymeren, in die ein hoher Wasseranteil von ca. 60 % eingelagert ist, kombiniert mit semipermeabler, keim- und wasserdichter Deckschicht klares, visköses und steriles Hydrogel auf der Basis von Carboxymethylcellulose, Ringerlösung und Glycerin Eigenschaften und Anwendung führt der Wunde von Anfang an Feuchtigkeit zu, ermöglicht durch Transparenz jederzeit ohne Verbandwechsel die Inspektion der Wunde (= hohe Wirtschaftlichkeit durch verlängerte Verbandwechselintervalle), ideal zum Feuchthalten von Granulation und Epithel im Anschluss an eine TenderWet-, Sorbalgon- oder PermaFoam-Therapie rehydriert austrocknungsgefährdete bzw. trockene tiefe und zerklüftete Wunden, fibrinöse und nekrotische Beläge werden aufgeweicht und abgelöst, unterstützt wirkungsvoll das autolytische Débridement, trägt durch in der Ringerlösung enthaltenen Elektrolyte zur Zellproliferation bei, durch Dosierspritzen einfach anzuwenden Handelsformen Hydrosorb, steril, 5x7,5, 10x10 und 20x20 cm; Hydrosorb comfort, steril, 4,5x6,5, 7,5x10, 12,5x12,5 und 21,5x24 cm Hydrosorb Gel, steril, Dosierspritze à 15 g und 8 g Produkte zur hydroaktiven Wundbehandlung Der Verbandwechsel Je nach Art der zu versorgenden Wunde ist der Verbandwechsel durch eine ganz spezielle Problematik gekennzeichnet: Die wenigsten Schwierigkeiten bereiten dabei primär heilende, durch Naht verschlossene Wunden. Der Verband hat hier die Aufgabe, eventuelle Sickerblutungen aufzunehmen und die Wunde vor Sekundärinfektionen bzw. vor mechanischen Irritationen zu schützen. Ungleich höher sind dagegen die fachlichen Anforderungen an den Durchführenden bei einem Verbandwechsel bei sekundär heilenden, akuten und chronischen Wunden. Denn in diesem Fall ist der Wundverband eine wesentliche therapeutische Maßnahme, mit der alle Wundheilungsphasen beeinflusst werden können. Demzufolge ist auch die Qualität des Verbandwechsels mitentscheidend für den weiteren Heilungsverlauf. Lückenlose Asepsis Jeder Verbandwechsel hat unter sterilen Kautelen zu erfolgen. Auch bereits klinisch infizierte Wunden sind ausschließlich unter aseptischen Bedingungen zu versorgen. Abgesehen davon, dass hier ebenfalls Sekundärinfektionen zu verhüten sind, stellen gerade infizierte Wunden ein Reservoir äußerst virulenter Keime dar, deren Verschleppung nur durch umfassende Asepsis zu verhindern ist. Da die meisten Wundinfektionen durch Handkontakt übertragen werden, ist beim Verbandwechsel immer die so genannte Non-Touch-Technik anzuwenden, d. h. Wunde oder Verband dürfen niemals mit bloßen Händen berührt werden. Um den erhöhten Infektionsrisiken beim septischen Verbandwechsel begegnen zu können, wird dieser von zwei Personen durchgeführt. Der Wundverband [176.177] Anforderungen an das Material und Bedarfsplanung Alle Materialien, die in direkten Kontakt mit der Wunde kommen oder kommen könnten bzw. die der Sicherung des aseptischen Ablaufs dienen, müssen steril sein. Der Bedarf an sterilen Materialien ist möglichst exakt einzuschätzen, um unnötigen Rücklauf zur Resterilisation zu vermeiden. Der geschlossene Verbandwagen mit Schubladen zum Aufbewahren der Materialien dient zum Transport und zur Vorbereitung der benötigten Materialien. Das Material wird im Verbandwagen gelagert, der dementsprechend auch zum Transport und zur Vorbereitung des Verbandwechsels dient. Der Verbandwagen verbleibt außerhalb des Patientenzimmers, das für den einzelnen Verbandwechsel benötigte Material wird auf einem Tablett (bei materialaufwendigen Verbandwechseln auch auf einem fahrbaren Mehrzweckwagen) zusammengestellt. Das Tablett darf jedoch nicht auf dem Bett des Patienten abgestellt werden, ggf. kann der Nachttisch-Auszug benutzt werden. Die Arbeitsfläche wird so platziert, dass sie sich neben dem Durchführenden befindet, nie hinter ihm. Die Anordnung des Materials nach steril und unsteril erfolgt so, dass sich unsterile Materialien patientennah und sterile Materialien Steriles Material Unsteriles Material anatomische und chirurgische Pinzetten zur Verbandabnahme, zum Débridement und zur Reinigung Scheren und Skalpelle zum Débridement und zur Wundrandanfrischung Klammerentferner Knopfkanülen und -sonden zum Sondieren der Wundtiefe und zum Spülen Spritzen und Spülflüssigkeiten (z. B. steriles Wasser, Ringerlösung), gegebenenfalls ein gut verträgliches Wunddesinfektionsmittel, z. B. Lavasept Tupfer und Watteträger zur Wundreinigung entsprechende Wundauflagen bzw. Tamponaden Einmalhandschuhe und Abdecktücher Fixiermaterialien wie Pflaster, Vliese, Binden, Netz- oder Schlauchverbände Verbandscheren Einmalhandschuhe Abfall- und Desinfektionsbehältnisse Händedesinfektionsmittel Schutzbekleidung wie Einmalschürze und Mund- und Nasenmaske, eventuell auch OP-Haube patientenfern befinden. Mit dieser Anordnung lässt sich auch das „Übergreifen“ über sterile Materialien vermeiden, z. B. beim Abwerfen gebrauchter Verbandstoffe. Die sterilen Materialien müssen auf einer sterilen Unterlage liegen. Des Weiteren sind die Materialien nicht zu früh vorzubereiten, damit sie durch längeres Offenstehen nicht kontaminiert werden. Lässt sich eine frühzeitige Materialvorbereitung nicht vermeiden, sind die Materialien mit einer sterilen Abdeckung zu schützen. Alle Mehrweghilfen (Verbandtische, Tabletts, Instrumente usw.) müssen leicht zu reinigen, zu desinfizieren bzw. zu sterilisieren sein. Für die sofortige Desinfektion benutzter Instrumente und zur Entsorgung gebrauchter Verbandstoffe haben außerdem ein Desinfektionsbehältnis (Entsorgungsbox) und ein Abwurfbehältnis bereitzustehen. Bei septischen Verbänden ist zu beachten, dass diese in der Regel sehr voluminös sind, was bei der Größenwahl des Abfallbehältnisses zu berücksichtigen ist. Sind auf der Station mehrere Verbandwechsel durchzuführen, werden diese in der Reihenfolge aseptisch – septisch vorgenommen. Die praktische Durchführung des Verbandwechsels Schutzmaßnahmen des Durchführenden Entsprechend den Hygienerichtlinien hat eine hygienische Händedesinfektion bereits vor der Materialvorbereitung zu erfolgen. 3-5 ml eines geeigneten Händedesinfektionsmittels (aus Spender oder Einzelflasche) werden mindestens 30 Sekunden gründlich eingerieben. Dabei darauf achten, dass auch zwischen den Fingern desinfiziert wird. Über die saubere Schutzkleidung wird eine frische (Einmal-) Schürze angelegt. Ein Mund- und Nasenschutz ist erforderlich, wenn großflächige Wunden (z. B. Verbrennungen) Der Wundverband [178.179] zu versorgen sind oder wenn der Durchführende an einer Erkältung leidet. Eine Abdeckung der Haare durch eine OPHaube ist bei der Versorgung großflächiger, stark infektionsgefährdeter oder bereits infizierter Wunden angebracht. Beim Verbandwechsel bei AIDS- und Hepatitis-Patienten oder Patienten mit therapieresistenten StaphylokokkenStämmen (Abstrich) hat sich der Durchführende vor dem Infektionsrisiko besonders zu schützen: Erforderlich sind geeignete Einmalhandschuhe, ein Augenschutz sowie eine Mund- und Nasenmaske. Vorbereitung des Patienten Der Patient ist über den bevorstehenden Verbandwechsel und die Wundversorgung zu informieren. Sind aufgrund der Wundverhältnisse Schmerzen beim Verbandwechsel zu erwarten, sind etwa eine halbe Stunde vor dem Verbandwechsel schmerzstillende Mittel zu verabreichen. Gegebenenfalls ist zur Schmerzausschaltung die Anwendung lokalanästhesierender Cremes angezeigt. Auch hier sind die vom Hersteller angegebenen Einwirkzeiten einzuhalten. Der Patient ist so zu lagern, dass er bequem liegt und das Wundgebiet gut zugänglich ist. Besonders wichtig ist eine gute Lichtquelle. Von Fall zu Fall wird es auch erforderlich sein, den Patienten durch das Aufstellen eines Wandschirmes vor den Blicken anderer Patienten zu schützen. Während des Verbandwechsels darf das Zimmer von anderen Personen nicht betreten werden, um Keimverwirbelungen zu unterbinden. Aus diesem Grund ist auch Zugluft zu vermeiden. Schnittblumen oder sonstige offensichtliche Keimreservoire sind aus dem Verbandwechselbereich zu entfernen. Falls eine Wundspülung oder eine umfangreichere Wundreinigung vorgenommen werden muss, ist das Bett durch Einmal-Unterlagen vor Verschmutzung zu schützen. Entfernen des Verbandes Unsterile Einmalhandschuhe anziehen, Verbandfixierung entfernen und abwerfen. Mit einer sterilen Pinzette vorsichtig die Wundauflage entfernen. Lässt sich die Wundauflage nicht abnehmen, weil sie mit der Wunde verklebt ist, darf sie auf keinen Fall abgerissen werden. Sie ist mit Ringerlösung so lange zu befeuchten, bis sich die Verklebung gelöst hat. Die Wundauflage wird auf Anzeichen von Eiter und sonstigen Belägen kontrolliert und in das Abwurfbehältnis entsorgt. Die benutzte Pinzette ist in die mit Desinfektionslösung gefüllte Entsorgungsbox abzulegen. Dann folgt der Handschuhwechsel, es sollten sterile Einmalhandschuhe angezogen werden. Wundinspektion Den Zustand der Wunde richtig einzuschätzen, ist selbst für den Erfahrenen nicht immer einfach. Eine zuverlässige Evaluierung ist jedoch wesentliche Grundlage für die Wahl der anschließenden Lokaltherapie. Zu beurteilen sind: ▪ Wundgröße, Wundtiefe, Unterminierungen usw. (Hat sich die Wunde seit dem letzten Verbandwechsel vergrößert/ verkleinert?) ▪ Ausmaß und Beschaffenheit von Belägen und Nekrosen (schwarz, ledrig, Schorf, schmierig, eitrig) ▪ Beschaffenheit des Exsudats (serös, blutig) und Ausmaß der Sekretion (stark sezernierend, Wunde am Austrocknen) ▪ Vorhandensein und Beschaffenheit der Granulation (kein Granulationsgewebe vorhanden, blass, schwammig, rosa, rot, fest) ▪ Umfang der Epithelbildung ▪ Grad der Blutungsneigung ▪ Schmerzhaftigkeit der Wunde ▪ Infektionsanzeichen (Schwellung, Rötung, gelbliche oder grünliche, schmierige Beläge, Geruch) Der Wundverband [180.181] Die schriftliche Dokumentation des Wundzustandes erfolgt jedoch erst nach Beendigung des Verbandwechsels, damit keine Unterbrechung entsteht, die die Sterilkette gefährden könnte. Reinigung der Wunde und der Wundumgebung Bei primär heilenden, aseptischen Wunden genügt eine einfache Reinigung mit einem sterilen Tupfer oder einem sterilen Watteträger von innen nach außen. Eine Desinfektion der Wundumgebung ist in der Regel nicht erforderlich. Nach neuesten Empfehlungen werden auch infizierte bzw. septische Wunden von innen nach außen gereinigt, gegebenenfalls unter Anwendung eines gut verträglichen Desinfektionsmittels. Je nach Wundzustand können bei sekundär heilenden Wunden jedoch umfassendere Reinigungsmaßnahmen notwendig werden: Mechanisch lassen sich Beläge und devitalisiertes Gewebe mit Skalpell, Schere oder einem scharfen Löffel abtragen. Von den drei Instrumenten ist das Skalpell vorzuziehen, da eine Abtragung mit häufig stumpfen Scheren oder stumpfen scharfen Löffeln bereits wieder das Risiko von Gewebequetschung und Traumatisierung in sich birgt. Das Abtragen von Nekrosen und Belägen erfolgt am besten mit einem Skalpell, um Gewebequetschungen zu vermeiden. Das mechanische Abtragen kann erleichtert werden, wenn durch hydroaktive Wundverbände die Beläge vorher aufgeweicht wurden. Für das Débridement ist eine ausreichende Schmerzausschaltung sicherzustellen. Ein aufwendiges Débridement hat im OP zu erfolgen. Eine Desinfektion der Wundfläche ist nur nach strenger Indikationsstellung und möglichst nur kurzfristig mit einem Antiseptikum vorzunehmen, das über eine nachgewiesene Wirksamkeit verfügt, wenig zelltoxisch wirkt und keine Schmerzen verursacht. Falls eine Reinigung erforderlich ist, wird sowohl bei primär heilenden, aseptischen Wunden (links) als auch bei septischen Wunden (rechts) von innen nach außen gereinigt, um eine Keimeinschleppung in die Wunde zu verhindern. Zur effizienten Wundreinigung tragen auch Spülungen mit Ringerlösung bei. Die Spülflüssigkeit wird steril in eine Spritze aufgezogen (je nach Wundtiefe und Wundzustand 10 bis 20 ml) und die Wunde mit leichtem Druck gespült. Bei tieferen, zerklüfteten Wunden erfolgt die Spülung über eine Knopfsonde oder einen kurzen Katheter. Die Flüssigkeit kann entweder mit Kompressen oder einer Nierenschale aufgefangen werden. Nach dem Spülen wird die Wundumgebung mit sterilen Kompressen sorgfältig getrocknet. Bei Bedarf, z. B. bei eventueller Kontamination während der Reinigungsarbeiten, erfolgt nochmals ein Handschuhwechsel. Die Wundumgebung ist vor allem bei chronischen Wunden häufig in Mitleidenschaft gezogen und ekzematös verändert. Ihre Versorgung richtet sich nach den Grundsätzen der Ekzemtherapie: Superinfizierte Ekzeme können mit geeigneten antiseptischen Lösungen behandelt werden. Achtung: Die Antiseptika dürfen nicht in die Wunde gelangen. Subakute oder chronische Ekzeme bedürfen einer differenzierten Behandlung, wobei ausschließlich allergenneutrale Salbengrundlagen und Substanzen zur Anwendung kommen dürfen. Werden im Anschluss an diese Versorgung selbsthaftende Wundauflagen appliziert, sind diese entsprechend größer zu wählen, damit sie auf fettfreier Haut haften können. Der Wundverband [182.183] Pflege von Granulationsgewebe und Wundrändern Das Vorhandensein bzw. die Beschaffenheit des Granulationsgewebes ist ein wichtiger Indikator für die Qualität der Reparationsprozesse bei der sekundären Wundheilung. Das Granulationsgewebe kann dabei als „vorübergehende Organeinheit“ bezeichnet werden, die äußerst empfindlich auf exogene Einflüsse und Störfaktoren reagiert. Dementsprechend ist es so schonend wie möglich zu behandeln. Die beste Förderung für ein gut ausgebildetes, frischrotes Granulationsgewebe ist, es permanent feucht zu halten und vor Traumatisierungen beim Verbandwechsel zu schützen. Eine frische, rote Granulation braucht keine Reinigung und Spülung mit Desinfektionsmitteln und keine Salben zur angeblichen Granulationsförderung. Unerlässlich ist vielmehr der Erhalt der Wundruhe durch atraumatische, d. h. nicht verklebende Wundauflagen sowie ein permanentes Feuchthalten der Granulationsfläche, um ein Austrocknen zu verhindern. Hierzu stehen Hydrosorb oder alternativ Hydrocoll zur Verfügung, die sowohl das Feuchthalten der Wunde auf problemlose, Zeit sparende Weise als auch einen atraumatischen Verbandwechsel gewährleisten. Bei schmieriger, schlaffer oder stagnierender Granulation sind die bisher durchgeführten Behandlungsmaßnahmen zu überprüfen. Mögliche Ursachen für die Defizite im Aufbau von Granulationsgewebe können z. B. eine Blutminderversorgung im Wundgebiet, erneute Druckbelastung oder eine mangelhafte Wundreinigung sein. Überschießende Granulation wird üblicherweise mit einem Ätzstift (Höllenstein) abgetragen, mehr oder weniger in Ermangelung eines besseren Verfahrens. Häufig ist die Konstellation vorzufinden, dass ein Teil der Wunde bereits granuliert, während sich andere Partien noch in der Reinigungsphase befinden. Bei einer eventuell erforderlichen Wunddesinfektion sowie bei mechanischer Reinigung ist um das Granulationsgewebe herum besondere Vorsicht geboten. Insbesondere bei chronischen Wunden mit ihrem oft langen Heilungsverlauf neigen die Wundränder dazu, zu epithelisieren und sich nach innen einzustülpen. Da dann vom Wundrand aus keine weitere Epithelisierung mehr stattfinden kann, ist ein Anfrischen der Wundränder mit dem Skalpell oder einer scharfen Schere angezeigt. Die empfindlichen Hautbereiche in unmittelbarer Wundumgebung sollten bei Bedarf mit einer fettenden Creme oder einer Wasser-in-Öl-Emulsion gepflegt werden. Die zur Anwendung kommenden Präparate dürfen jedoch keine Konservierungs- oder Geruchsstoffe enthalten. Gut geeignet zum Schutz und zur Pflege von Wundrändern bzw. der Wundumgebung sind auch Salbenkompressen wie z. B. Atrauman. Ekzematös veränderte Hautbereiche werden, wie bereits beschrieben, nach den Grundsätzen der Ekzemtherapie versorgt. Versorgung epithelisierender Wundflächen Ähnlich wie ein gut ausgebildetes Granulationsgewebe erfordern auch gut vorankommende Epithelien keine weitere Behandlung als Feuchthalten und Schutz vor Zellstripping beim Verbandwechsel. Kleinere epithelisierende Wundflächen sind dabei gut mit Hydrofilm Plus oder Hydrocoll thin versorgt. Für ausgedehntere Wundflächen, vor allem bei chronischen Wunden, eignet sich hingegen Hydrosorb besonders gut, weil den Epithelzellen mehr Feuchtigkeit zugeführt wird. Kommt es zu keiner Spontanepithelisierung oder stagniert der Prozess, was gerade bei chronischen Wunden nicht selten der Fall ist, sind plastisch-chirurgische Maßnahmen (z. B. Hauttransplantationen) für einen Wundverschluss in Betracht zu ziehen. Reverdin-Plastik zum Wundverschluss: Mithilfe des Skalpells werden Epidermisläppchen gewonnen und auf die gut konditionierte Wunde transplantiert. Von diesen Epithelinseln aus kann dann die weitere Epithelisierung ausgehen. Der Wundverband [184.185] Applikation der neuen Wundauflage Nach der jeweiligen Versorgung wird mit steriler Pinzette die neue Wundauflage appliziert, wobei deren Wirkungsweise den wundspezifischen Gegebenheiten zu entsprechen hat (siehe Übersicht Wundauflagen S. 170-176). Darüber hinaus muss aber auch sichergestellt sein, dass sich die gewählte Wundauflage der Wundoberfläche optimal anpasst. Denn Wundsekret kann nur dann aufgenommen werden, wenn ein guter Kontakt zwischen der Kompresse und Wunde besteht. Tiefe und zerklüftete Wunden sind deshalb mit geeigneten Kompressen, z. B. Sorbalgon, sorgfältig auszutamponieren, um auch in der Tiefe der Wunde das Absaugen keimbelasteten Sekrets sicherzustellen. Damit Wundsekret abgesaugt werden kann, muss sich die Wundauflage optimal dem Wundgrund anpassen lassen. Anwendungsbeispiele hierfür sind TenderWet (oben) zur Versorgung flächiger Wunden oder Sorbalgon (unten) zum Austamponieren tiefer Wunden. Bei tiefen, zerklüfteten Wunden ist besonders zu beachten, dass nicht zu fest tamponiert wird. Durch den Druck zu fester Tamponaden wird die Mikrozirkulation der Wundfläche und speziell des Granulationsgewebes beeinträchtigt. Als Folge der Komprimierung zeigen sich weißliche, schmierige Beläge und erneut Nekrosen. Hält die zu starke Tamponade an, kann es im schlimmsten Fall zur Sepsis kommen. Des Weiteren sollte sich auch eine Tamponade ohne Zellstripping und größere Schmerzen entfernen lassen, so wie dies mit Sorbalgon gewährleistet ist. Fixieren der Wundauflage Bei primär heilenden oder kleineren sekundär heilenden Wunden ist eine Fixierung der Wundauflage mithilfe von Fixierpflastern zumeist ausreichend. Bei größeren Verletzungen sind vollflächige Fixierungen mit Fixiervliesen bzw. Fixierverbänden angebracht, um das Verrutschen der Wundauflage zu verhindern. Nicht fest fixierte Kompressen können auf der Wunde Bewegungsreize verursachen und zu Störungen und Verzögerungen der Wundheilung führen. Mögliche Verbandfixierungen: Kastenverband mit dem Fixierpflaster Omniplast, das durch seine starke Klebekraft für eine sichere Fixierung sorgt (links). Für Patienten mit hypersensibler Haut ist das hypoallergene Fixierpflaster Omnipor aus extrem luftund wasserdampfdurchlässigem Vliesstoff gut geeignet (rechts). Das Fixiervlies Omnifix elastic ist einfach zu handhaben und durch das querelastische Trägervlies auch an Gelenken und konischen Körperteilen sicher und faltenfrei anzupassen. Die kohäsiv-elastische Fixierbinde Peha-haft* hält sicher ohne Endfixierung und ist besonders sparsam im Gebrauch (links). Problemlose Fixierung mit elastischen Binden über Gelenken, hier mit Pehalast (rechts). Der hochelastische Netzverband Stülpa-fix braucht zum Wechseln der Wundauflage nur angehoben zu werden (links). Der Schlauchverband Stülpa ist insbesondere für spezielle Fixierungen, z. B. als Fingerverband, unentbehrlich (rechts). * Achtung: Peha-haft als kohäsive Fixierbinde mit Vorsicht bei Patienten mit Durchblutungsstörungen einsetzen. Nicht zu straff anwickeln. Der Wundverband [186.187] Bei manchen Wunden ist es erforderlich, durch leichten, planen Druck auf das Wundgebiet der Entstehung von Wundrandödemen vorzubeugen. Der plane Druck wird durch das etwas festere Anwickeln elastischer Fixierbinden oder Idealbinden erreicht. Dabei ist jedoch sorgfältig zu kontrollieren, dass keine Abschnürungen auftreten. Speziell zur Entlastung von Wunden nach Thorax- und Abdomenoperationen stehen auch elastische Stützverbände (z. B. Verba) zur Verfügung. Des Weiteren dient ein Fixierverband dazu, die Wunde zusätzlich zur Wundauflage vor dem Eindringen von Schmutz und Keimen zu schützen und sie gegen Druck und Stoß zu polstern. Er hat aber auch eine psychologische Wirkung. Als sichtbarer Abschluss der Wundbehandlung kann er vom Patienten als professionelle Leistung beurteilt werden und vermittelt ihm so das Gefühl, gut behandelt und versorgt zu sein. Abschließende Arbeiten Nach dem Verbandwechsel wird der Patient wieder in die von ihm gewünschte Lage oder für die Behandlung erforderliche Position gebracht (beispielsweise Freilagern des Wundgebietes bei Dekubitus, Tieflagern der Beine bei pAVK). Die gebrauchten Materialien werden für die endgültige Entsorgung bzw. zur Wiederaufbereitung entsprechend den Hygieneplänen vorbereitet. Abschließend erfolgt eine hygienische Händedesinfektion. Verbandwechselhäufigkeit Wichtig für den ungestörten Heilungsverlauf ist nicht nur der schonende Verbandwechsel, sondern auch der richtige Zeitpunkt. Dabei ist die Häufigkeit des Verbandwechsels vom Zustand der Wunde und den jeweiligen Eigenschaften der Wundauflage abhängig. Ein unnötiges Wechseln ist jedoch möglichst zu vermeiden, da jeder Verbandwechsel eine Störung der Wundruhe bedeutet. Grundsätzlich ist der Verband zu kontrollieren und gegebenenfalls sofort zu entfernen: ▪ wenn der Patient über Schmerzen klagt, ▪ Fieber aufgetreten ist, ▪ der Verband durchgeweicht und verschmutzt bzw. die Aufnahmekapazität der Wundauflage erschöpft ist, ▪ sich die Fixierung gelöst hat. Bei einer aseptischen, primär verheilenden Wunde, z. B. einer OP-Wunde, bleibt der Verband normalerweise bis zum Ziehen der Fäden geschlossen. Falls in den ersten Stunden nach der Operation Blut nachsickert, ist der Verband jedoch zu erneuern. Schwieriger ist dagegen die Verbandwechselhäufigkeit bei sekundär heilenden Wunden mit Gewebeaufbau einzuschätzen. In der Reinigungsphase kann je nach dem Ausmaß des anfallenden Exsudats oder beim Vorliegen einer Infektion ein ein- bis zweimaliger Verbandwechsel pro Tag erforderlich werden. Ist die Wunde sauber, frei von Infektionen und wird die Bildung von Granulationsgewebe erkennbar, lässt sich die Verbandwechselhäufigkeit reduzieren. Bei Verwendung hydroaktiver Wundauflagen wie Hydrosorb oder Hydrocoll können diese mehrere Tage auf der Wunde verbleiben. Bei Hydrocoll zeigt sich durch eine Blasenbildung, bei Hydrosorb durch ein leicht milchig trübes Aussehen des Gels an, dass die Aufnahmekapazität erschöpft ist und die Verbände zu wechseln sind. Hydrosorb ermöglicht zudem durch seine Transparenz eine problemlose Wundbeobachtung und gibt dem Arzt und Pflegepersonal die Sicherheit, dass eventuell auftretende Komplikationen sofort erkannt werden können. Bei dem Hydrokolloid-Verband Hydrocoll zeigt eine Blasenbildung den Zeitpunkt zum Wechseln an. Mit zunehmender Wundkontraktion und fortschreitender Epithelisierung lässt die physiologische Sekretion der Wunde nach, womit sich auch die Intervalle des VerbandDer Wundverband [188.189] wechsels noch einmal verlängern. Sofern Wundheilungsstörungen ausbleiben, können Hydrocoll und Hydrosorb bis zu sieben Tage auf der Wunde verbleiben. Dokumentation von Verbandwechsel und Wundversorgung Eine exakte Wunddokumentation beschreibt alle Kriterien, die sowohl der Therapieplanung und Prognoseabschätzung als auch der Therapiekontrolle und des Heilungsverlaufs dienen. Sie ist damit die Grundlage einer jeden effektiven Wundbehandlung, sollte aber auch als ein unerlässliches Instrument zur Sicherung der Behandlungsqualität gesehen und akzeptiert werden. Die sorgfältige Erfassung der Daten dient allen an der Wundbehandlung und -versorgung Beteiligten als verbindliche Leitlinie und erleichtert das konsequente Vorgehen, beginnend mit der Diagnose der Wundursache, der Festlegung einer adäquaten Kausaltherapie, dem Wundassessment, d. h. der Einschätzung des Wundzustandes, und daraus resultierend der Festlegung der lokalen Wundtherapie. Die Behandelnden setzen sich also umfassend mit der vorliegenden Wundproblematik auseinander. Dies erhöht vor allem bei chronischen Wunden die Chancen, den Defekt schneller abzuheilen, was wiederum dem Patienten unter Umständen (jahre-)lange Leidenszeiten ersparen kann. Eine exakte initiale Befunderhebung mit dem Erkennen der Wundproblematik fördert insbesondere die so dringlich erforderliche, frühzeitige interdisziplinäre Zusammenarbeit. Wird beispielsweise die Gefährlichkeit einer beginnenden diabetischen Ulzeration erkannt und setzt frühzeitig die koordinierte Behandlung durch Diabetologen, Angiologen, Chirurgen usw. ein, könnten in vielen Fällen lebensbedrohliche Amputationen verhindert werden. Des Weiteren lassen sich durch die Wunddokumentation Fortschritte, Stagnation oder auch Rückschläge in der Be- handlung sicher einschätzen, sodass Behandlungsmaßnahmen gegebenenfalls „begründet“ geändert werden können. Die Dokumentation gewährleistet vor allem aber auch den Informationsfluss zwischen Ärzten und Pflegekräften. Damit kann beispielsweise verhindert werden, dass von einem Verbandwechsel zum anderen gegensätzliche Maßnahmen ergriffen werden, nur weil dann eine andere Person die Wundversorgung vornimmt. Und nicht zuletzt ist der Nachweis einer dem aktuellen Standard entsprechenden ärztlich-pflegerischen Versorgung gesetzlich zur selbstverständlichen Pflicht erhoben, sodass die schriftliche Dokumentation zur (haftungs-) rechtlichen Absicherung der ärztlichen und pflegerischen Leistung unabdingbar ist. Mündliche Vereinbarungen, wie beispielsweise anlässlich der Stationsübergabe oder der Stationsbesprechung, sind nicht geeignet, den gesetzlich geforderten Qualitätsnachweis von Behandlung und Pflege zu erbringen. Die Eintragung der Daten in die Dokumentation sollte möglichst sofort im Anschluss an die durchgeführte Wundbehandlung bzw. den Verbandwechsel vorgenommen werden. Dann ist der Wundzustand noch frisch im Gedächtnis, sodass keine wichtige Information verloren geht. Die Dokumentation ist im Laufe einer Schicht immer auf dem aktuellen Stand. Die zum Teil geübte Praxis, die Eintragungen gesammelt erst kurz vor der Stationsübergabe vorzunehmen, ist als unzuverlässig und ungenau abzulehnen. Für die Aussagekraft einer Dokumentation ist eine „treffende“, den Wundzustand exakt beschreibende Wortwahl von erheblicher Bedeutung. Allerdings bereitet dies in der Praxis häufig Schwierigkeiten und die Aussagen sind oft wenig präzise. Um hier Unklarheiten möglichst zu vermeiden, kann ein Dokumentationssystem bereits eindeutige Beschreibungen der einzelnen Parameter enthalten, die Der Wundverband [190.191] dann nur anzukreuzen sind. Oder aber die zu verwendenden Beschreibungen werden im Team erarbeitet und als „Norm“ für die Dokumentation festgelegt, die dann für alle im Wundteam verbindlich ist. Besonders gut geeignet, den Zustand der Wunde sowie den Heilungsverlauf eindeutig und exakt festzuhalten, ist eine zusätzlich fotografische Dokumentation. Fehlinterpretationen, wie sie bei nur schriftlichen Wundbeschreibungen auftreten können, werden vermieden. Allerdings sind im Rahmen der Fotodokumentation einige rechtliche Aspekte zu beachten, die sich vor allem auf das Einverständnis des Patienten konzentrieren. Hier einige Tipps für die Durchführung der Dokumentation: ▪ Grundsätzlich ist darauf zu achten, dass Fotos, die einen Wundverlauf dokumentieren, unter immer gleichen Bedingungen angefertigt werden, damit auch bei zeitlich auseinander liegenden Fototerminen aussagekräftige Vergleiche möglich sind. ▪ Als Aufnahmeverfahren hat sich die Digitalfotografie durchgesetzt, die es ermöglicht, Fotos kostengünstig anzufertigen und diese problemlos zu archivieren. Auch wenn mittlerweile Kameras mit über 10 Millionen Bildpunkten (Pixel) angeboten werden, ist für den Zweck der Wunddokumentation auch schon ein Modell mit 3 Millionen Pixeln meist ausreichend. ▪ Alle Bilder müssen unter Umständen noch nach Jahren ihre Beweiskraft haben. Daher ist es wichtig, dass die Dateien sorgfältig verwaltet werden. Dazu gehört, dass eine sinnvolle Bezeichnung der Dateien angelegt wird (also z. B. „Nachname_Vorname_Datum.jpg“ anstelle von „DSC35469.jpg“), alle Dateien regelmäßig gesichert werden (z. B. auf CD-ROM oder DVD) und ggf. Ausdrucke mit geeigneten Fotodruckern zusätzlich in der Patientenakte abgelegt werden (1). 1 2 3 ▪ Im Hinblick auf die verwendeten Einstellungen ist zu beachten, dass nicht nur der zentrale Wundbereich scharf abzubilden ist, sondern auch die näheren und entfernteren Körperbereiche. ▪ Falls nicht ausreichend Tageslicht zur Verfügung steht, kann die Ausleuchtung notfalls mithilfe eines Blitzgerätes erfolgen, wobei aber darauf zu achten ist, dass keine Reflektionen auftreten. Sinnvoll ist auch der Einsatz von speziellen Farbkarten, die es ermöglichen, auch bei unterschiedlichen Lichtverhältnissen die Bilder auf „Normbedingungen“ zu korrigieren und damit vergleichbar zu machen. ▪ Der gewählte Hintergrund sollte möglichst „ruhig“, also ohne Struktur sein (2). ▪ Der Fotoapparat sollte mit seiner Aufnahmeebene möglichst parallel zum Aufnahmeobjekt stehen. Liegen diese nicht parallel, wird die Aufnahme verzerrt und gibt nicht die exakten Größenverhältnisse wieder (3). Der Wundverband [192.193] Glossar & Stichwortverzeichnis A Adipositas, adipös › übermäßige Ansammlung von Fettgewebe im Körper, Fettleibigkeit Agens › med.: krank machender Faktor /Stoff Aggregation › med.: Anhäufung / Zusammenschluss von Blutplättchen (Thrombozyten) › 36 Akute, traumatische Wunden 81 › Allo- › anders, fremd (gr. allos = anders, der Andere) Alter des Patienten › 54 Anforderungen an Wundauflagen › 140 Antibiotika › 79 › 77 Arteriolen › die kleinsten, sich in Kapillaren aufspaltende arterielle Blutgefäße (lat. arteriola = die kleine Pulsader) Asepsis › 168 Azidophil › säureliebend, mit sauren Farbstoffen anfärbbar Blut › 22 › Blutplasma 23 › Blutplättchen Blutstillung › Bagatellverletzungen Basalmembran › › 10 10 › 81 36 Blutversorgung der Haut › 21 › 13 Diabetisches Ulkus › 33, 117 Differenzierungsphase Duftdrüsen › 46 › 20 E Chemotaxis › chemischer Reiz, der die Bewegung von Zellen wie beispielsweise von Leukozyten oder Makrophagen aktiviert Chronisch posttraumatische Wunde › 130 Chronische Wundheilung 53, 97 Clostridium tetani › › 33, 68 Corium (Dermis, Lederhaut) Débridement Dermis (Lederhaut) Distorsion › Verstauchung, geschlossene Gelenkverletzung (lat. distorsio = Verdrehung, Verstauchung) 22, 26 › Dermatom, Meshdermatom › chirurgisches Schneideinstrument zur Gewinnung von Hautlappen für die Transplantation Dispositionsfaktoren der Wundinfektion › 66 36 Blutgerinnung › 13 D B Basalschicht Betahämolyse, betahämolysierend › vollständige Hämolyse (Auflösung von Erythrozyten und des frei werdenden Hämoglobins) im Blutagar (Nährboden) bei Besiedelung des Nährbodens mit ß-Streptokokken und Staphylokokken C Antiphlogistika › Medikamente, die Entzündungen entgegenwirken Antiseptika Dekubitalulkus, Dekubitus › 33, 102, 126, 155, 158, 161 Behandlung akuter Wunden › 80 chronischer Wunden › 96 › 99 Dehiszenzen › durch mechanische Kräfte auseinander gespaltene Strukturen / Gewebspartien, z. B. einer Wundnaht Einflüsse auf die Wundheilung 54 › Elektrokoagulation › (Thermokoagulation), chirurgisches Verfahren zur Zerstörung von Gewebe durch starken elektrischen Strom; durch die Verkochung des Eiweißes wird gleichzeitig Blutstillung erreicht Embolie › plötzlicher Verschluss einer Arterie (Schlagader) durch einen verstopfenden Partikel, z. B. einen Thrombus Emphysem › Aufblähung, med.: Luft(Gas)ansammlung sowohl in der Lunge (Lungenemphysem) als auch in anderen Geweben wie z. B. der Haut Endotoxin › Bakteriengift, das bei Zellauflösung mit dem Zerfall der Zellwand freigesetzt wird Entzündungsreaktionen › 38 Enzymatisch, Enzyme › durch Enzyme vermittelt, Enzyme = Eiweißmoleküle, die als Katalysatoren biochemische Reaktionen beschleunigen Enzymatisches Débridement 100 Epidermis, Oberhaut › › 8 Epithel › Deckgewebe als begrenzende Zellschicht der inneren und äußeren Körpergewebe (lat. epithelium = oberste Zellschicht, Deckgewebe) Exsudative Phase Exzision, exzidieren › „Herausschneiden“ bzw. Entfernen eines Gewebe- oder Organteils mithilfe eines scharfen Instruments F Faszien › „Muskelbinde“, kollagenhaltige Bindegewebshülle der Skelettmuskeln Feuchte Wundbehandlung 148 Fixierbinden 47 Fixierpflaster Epithelwunden › 94, 185 Fixiervliese Erfrierungen Ernährung › Erregerdosis Erysipel › 31 187 Bruch, chir.: der Fraktur Knochenbruch › 29 69 Funktionen der Haut Erythrozyten (rote Blutkörperchen) › 23 › 68, 79 Exitus › Kurzform für Exitus letalis = tödlicher Ausgang einer Krankheit Exogen › med.: von außen auf den Organismus Einfluss nehmend, in ihn eindringend, z. B. Krankheitserreger (lat. ex(-) = aus(-) Exotoxin (Ektotoxin) › aus dem Zellinneren von Bakterien laufend abgesondertes Gift 7 › G Galen › Claudius (Clarissimus?) Galenus von Pergamon (129 - 199 n. Chr.) gilt als bedeutendster der historisch belegbaren antiken Mediziner Gasbrand › 74 44 24 Haare › 19 › 29, 62 Hämodynamik › Lehre von den physikalischen Grundlagen der Blutströmung › 105 Hautanhangsgebilde 192 › › 75 Escherichia coli 186 187 Fotodokumentation 55 › › › › › › H Hämatom Fixieren der Wundauflage › Grampositiv, gramnegativ › Färbung von Bakterien nach dem Gram’schen Färbeverfahren, ins Blaue = grampositiv, ins Rote = gramnegativ, Färbeverhalten ist ein wichtiges Kriterium zur Bakterienklassifikation bzw. für die Antibiotikatherapie Granulozyten 187 › Glanzschicht (Stratum lucidum) › 12 Granulationsgewebe › Fibrinogen › Bestandteil des Blutplasmas, Faktor I für die Blutgerinnung › 23, 38 Epithelisierung › 36 › Hautdrüsen › › 19 20 Hornschicht (Stratum corneum) › 12 Hyalinisierung, hyalin › krankhafte Bildung von glasig transparenten Substanzen z. B. im Bindegewebe (lat. hyalus = das Glas) Hydrocoll (Hydrokolloid-Verband) 159 › Hydrosorb (Hydrogel-Verband) › 165 Gaspermeabilität › 141 Hydrosorb Gel Gefäßneubildung › 43 Hydrotüll (hydroaktive Salbenkompresse) › 162 Genotyp › gesamtes Erbgut eines Organismus Geschlossene Wunden › Geschwürswunden 32 › 27 › 168 Hypertroph › med.: übermäßig vergrößertes Gewebe zeigend Hypertrophe Narbenbildung 63 › Der Wundverband [194.195] I Ileus 63 › Darmverschluss Immunstatus › 57, Kombinierte Saugkompressen 145 56 › Immunsuppressiva › Medikamente zur künstlichen Unterdrückung von Immunreaktionen, z. B. bei Organtransplantation oder Autoimmunkrankheit › 58 Infektionsanzeichen Infektionsarten › Infektionserreger › 65 73 › 66 Inflammatorische Phase › 36 Inkretorische Störung › Störung, die die innere Sekretion betrifft Interferenz › Überlagerung, Überschneidung Komplizierte Wunden › Kontusion, Kontusionszone › Prellung, Quetschung, Prellungsbzw. Quetschungsgebiet Körnerzellschicht (Stratum granulosum) › 11 Kraus‘sche Endkolben › 19 L › Intoxikation › Vergiftung (gr. toxicon = das Gift) Lederhaut (Dermis, Corium) › 94 Ischämisierend › Minderdurchblutung oder Blutleere verursachend K Kachexie, kachektisch › Auszehrung durch starke Abmagerung, Kräfteverfall als Folge bestimmter Grundleiden, ausgezehrt › 56, 66 Kapillaren › feinste Haargefäße Keimschicht (Basalschicht, Stratum basale) › 10 Keloide › 64 › Kontraktion, kontrahieren › sich zusammenziehen, z. B. von Muskeln oder Granulationsgewebe bei der Umbildung zu Narbengewebe › 46 Langer’sche Hautspaltlinien 14, 63 › Makrophagen 28 Interstitium › Zwischenraum zwischen Organen und Geweben Inzisionen /OP-Wunden M Koagulationsnekrose › abgestorbenes Gewebe (Nekrose) infolge Eiweißgerinnung › 90 13 Leukozyten (weiße Blutkörperchen) › 24 41 › Manifestation, manifest › offenkundig, deutlich, med.: das Erkennbarwerden einer Krankheit durch die entsprechenden Symptome Mechanische Wunden Meißner-Körperchen Merkel-Zellen › Migration › 47 Mitose 47 › Monozyten › 27 › 18 › 10, 18 24 Morphologisch, Morphologie › der Form /Gestalt nach, Morphologie = Lehre von der Form des Körpers und Form und Struktur der inneren Organe (gr. morphe = die Gestalt) Mullkompressen › 142, 145 Myofibroblasten › 47 N 19 Leukozytose › Vermehrung / Erhöhung der weißen Blutkörperchen (mehr als 10.000 Leukozyten pro Mikroliter Blut) durch die verschiedensten Ursachen, z. B. Infektionen, Erkrankungen des blutbildenden Systems usw. Nägel Luxation › Verrenkung (lat. luxare = verrenken) Netzschicht (Stratum reticulare) › 14 Lymphangitis Lymphgefäße › Lymphozyten › Entzündung der 24 › Nekrose › lokaler Gewebstod, abgestorbenes Gewebe (lat. necros = der Tote) Neoplasma › Neubildung von Gewebe in Form einer Geschwulst Netzschlauchverbände › 187 Noxe › Schädlichkeit, Krankheitsursache (lat. noxa = der Schaden, die krankheitserregende Ursache) O Oberflächliche Wunden Oberhaut (Epidermis) › 28 8 › Obsolet › veraltet, überholt, nicht mehr den Regeln der ärztlichen Kunst entsprechend (lat. obsoletus = abgenutzt, veraltet) Operative Wundrevision 83 › Osteomyelitis › akute oder chronische Entzündung des Knochenmarks einschließlich des Knochengewebes und der „Knochenhaut“ P palliativ › krankheitsmildernd (lat. palliativus = augenblickliche Beschwerden beseitigend) Pathogenität › 68 pAVK › periphere arterielle Verschlusskrankheit Perforierende Wunden › 28 Peritonitis › Bauchfellentzündung (lat. peritonaeum = das Bauchfell) PermaFoam (hydroaktiver Schaumverband) › 156 Per secundam intentionem sekundäre Wundheilung › 53 Persistieren › anhaltend (lat. persistens = aushaltend, fortbestehend, dauernd) 40 › Post(-) › › Lungenentzün- lat. nach Postoperative Wundheilungsstörungen › 61 Prädisposition › durch die verschiedensten Faktoren bedingte Anfälligkeit /Bereitschaft für eine bestimmte Erkrankung Primäre Wundheilung › 50 Proliferation › Vermehrung von Gewebe durch Wucherung als Folge von entzündlichen Prozessen, z. B. im Rahmen der Wundheilung im Anschluss an die Entzündungsphase (lat. proliferatus = gesprosst, gewuchert) Proliferative Phase › 42 Provisorische Wundversorgung › 82 › › 73 73 Q › Phasen der Wundheilung Pneumonie dung Pyogene Infektion Per primam intentionem › primäre Wundheilung › 50 › Plattenepithel › oberste Deckschicht aus flachen, besonders widerstandsfähigen Zellen › 8 Putride Infektion Permeabilität, permeabel › Durchlässigkeit, durchlässig Phagozytose Physiologisch › normale (natürliche) Lebensvorgänge betreffend, nicht krankhaft 35 Quantitative Einteilung der Wundheilung › 50 R Regeneration › biol.: Erneuerung, Wiederherstellung, med.: Neubildung verloren gegangener Zellen und Gewebe, Fähigkeit zur Regeneration ist beim Menschen an bestimmte Zell- und Gewebetypen gebunden Regenerative Wundheilung › 53 Reparation › med.: Ersatz von Körpergewebe durch Granulations- und Narbengewebe Reverdin-Transplantate › Hauttransplantationsverfahren durch Epidermisläppchen, die mithilfe des Skalpells gewonnen werden (benannt nach Jacques-Louis Reverdin, 1842-1908) › 185 Reversibel › umkehrbar (lat. reversibilis = umkehrbar) Rezidiv › Rückfall, med.: Wiederaufleben einer Krankheit Rote Blutkörperchen (Erythrozyten) › 23 Ruffini-Körperchen › 19 Ruptur › meist verletzungsbedingte Gewebs- oder Organzerreißung (lat. ruptura = der Riss, Durchbruch) › 63 S Salbenkompressen › 147 Säure- und Laugenverletzungen › 31 Schweißdrüsen › 20 Sekretion › Absonderung eines Organs oder einer Wunde (lat. secretum = die Absonderung) Sekundär heilend › Wundheilung durch Aufbau von Ersatzgewebe (Granulationsgewebe) im Gegensatz zur Wundheilung durch Wundnaht = primär heilend › 53 Sensorische Rezeptoren › 18 Sepsis › umgangssprachlich „Blutvergiftung“, Reaktion des Organismus auf eine unkontrollierDer Wundverband [196.197] bare Infektion, die sich über die Blutbahn auf den ganzen Körper ausbreitet Serome › 61 sistieren › anhalten, unterbrechen, unterbinden Sorbalgon (tamponierbare Calciumalginat-Kompressen) › 154 Spalthautentnahme › 68, 79 › Störungen der Wundheilung 61 Strahlenschäden › › 33, 132 Stratum basale (Basalschicht) 10 › Stratum corneum (Hornschicht) › 12 Stratum granulosum (Körnerzellschicht) › 11 Stratum lucidum (Glanzschicht) › 12 Stratum papillare (Zapfenschicht) › 13 Stratum reticulare (Netzschicht) › 14 Stratum spinosum (Stachelzellschicht) › 11 Stülpverbände › 187 Subcutis (Unterhaut) › 18 T Talgdrüsen › Thermische und chemische Wunden › 30, 88 Thrombozyten Tollwut › Totalparese mung › 26 75 › 20 Temporäre Deckung von Brandwunden › 92 Grad IIa › 30, 89 Grad IIb › 30, 90 Grad III › 30, 90 Verzögerte Primärheilung Virulenz › › 52 69 W vollständige Läh- Transsudat › zell- und eiweißarme, fibrinogenfreie Flüssigkeit in Körperhöhlen, z. B. einer Wundhöhle Traumatische Verletzungen 27, 80, 85 › Trockene Wundbehandlung 144 › Wundauflagen › 62 140 › Wunddehiszenzen 63 › Wunddokumentation Wundhämatome Wundinfektion › Ulcus cruris arteriosum Ulcus cruris venosum Unterhaut (Subcutis) › › › 110 105 62 › 59, 181 Wundkontraktion › 46 Wundstarrkrampf › 74 103 Zapfenschicht (Stratum papillare) › 13 Zytoplasma-Fragmentierung › Zerlegung von Zellplasma in Bruchstücke Zytostatika › Medikamente, die die Kern- oder Plasmateilung verzögern oder verhindern V 43 Vasoaktiv › die Gefäßspannung (= Gefäßtonus) beeinflussend Vater-Pacini-Körperchen › Z 18 Urämie › „Harnvergiftung“ als Folge akuter oder chronischer Niereninsuffizienz / Nierenversagen (gr. uraemia = Harnvergiftung des Blutes) › 190 65 › Wundinspektion › Wundkonditionierung U Vaskularisierung Weichteilnekrosen Weiße Blutkörperchen (Leukozyten) › 24 93, 95 Stachelzellschicht (Stratum spinosum) › 11 Staphylococcus TenderWet (Wundkissen mit Superabsorber) › 149 › Verbandwechsel › 177 Dokumentation › 190 Durchführung › 179 Häufigkeit › 188 Verbrennungen › 30, 89 Grad I › 30, 89 18 Literatur Blank, I.: Postoperative Wundheilungsstörungen und Komplikationen, in WundForum 4/1997 Brychta, P.: Die Verbrennungswunde – Pathophysiologie und Therapieprinzipien, in WundForum 3/1995 Ellermann, J.: Leitfaden zur Behandlung von Dekubitalulzera, in WundForum 4/1995 Ferber, Th., Mähr, R., Straub, A.: Interaktive Naßtherapie mit TenderWet – drei Jahre klinische Erfahrung bei chronischen Wunden, in WundForum 4/1995 Gericke, A.: Die Behandlung des Ulcus cruris venosum, in WundForum 1/1998 Germann, G.: Prinzipien der Defektdeckung bei akuten posttraumatischen Wunden, in WundForum 4/1994 Germann, G., Schmidt, J.:Die chronisch posttraumatische Wunde, in WundForum 1/1996 Howe, M., Germann, G.: Die Behandlung von Strahlenschäden der Haut, in WundForum 4/1995 Lang, F., Lippert, H., Piatek, S., Vanscheidt, W., Winter, H.: Häufige Probleme bei der Behandlung chronischer Wunden, in WundForum 1/1996 Lang, F., Röthel, H.: Der Verbandwechsel – Anregung für die Entwicklung von Standards, in WundForum 3/1996 Schenck, K.: Verbandstoffkunde Teil I: Calciumalginate zur feuchten Wundbehandlung, in WundForum 4/1994 Mast, B. 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(S. 151) Camazine, S. / NAS / Okapia (S. 26) CNRI / SPL / Focus (S. 18, 44, 68, 79) Deutschle, G. (S. 45, 59) Dex, A. / SPL / Focus (S. 105) Dowsett, A. B. / SPL / Focus (S. 23) Durham, J. / SPL / Focus (S. 79) Eward, K. / Okapia (S. 20) Franke, R. P. (S. 17) Germann, G. (S. 29, 86, 130, 133) Gray, D. (S. 31) Gschmeissner, S. / SPL / Focus (S. 18) Kage, M. B. / Okapia (S. 38, 41) Kaufmann, S. H. E. & Golecki, J. R. / SPL / Focus (S. 96) Lang, F. (S. 29, 31, 59, 63, 73, 74, 75, 82, 86, 98, 100, 102, 142, 155, 158, 163, 182, 184, 186, 189) Lippert, H. (S. 39, 52, 94, 135) Looks, A. (S. 97) LWA-Dann Tardif / Corbis (S. 7) Mackowski, M. S. (S. 95) Mähr, R. (S. 33) Marazzi Dr., P. / SPL / Focus (S. 39) Mauritius / Phototake (S. 23, 104) Meckes, O. / EOS / Focus (S. 111) Meuleneire, F. (S. 152, 163, 166) Michl, G. (S. 161) Michler, A. u. H.-F. / Okapia (S. 9, 12, 13) Michler, A. u. H.-F. / SPL / Focus (S. 18) Morbach, S. (S. 124) Motta, P. / Dept. of Anatomy / University La Sapienza Rome / SPL / Focus (S. 16) Murti Dr., G. / SPL / Focus (S. 15) NIBSC / SPL / Focus (S. 24) Nishinaga, S. / SPL / Focus (S. 21) Piatek, S. (S. 62, 103, 108) Rath, E. (S. 124) Röhrig, C.-W. / Okapia (S. 110) Schepler, H. (S. 33, 119) Seiler, W. O. (S. 52) Syred, A. / SPL / Focus (S. 12) Tautenhahn, J. (S. 112, 114, 120) Terry, S. / SPL / Focus (S. 8) Teschner, M. (S. 52) Thinkstock (S. 7) Vanscheidt, W. (S. 33) VVG / SPL / Focus (S. 11, 19, 20) Wilde, J. (S. 63, 64) Winter, H. (S. 75, 135, 155) Alle anderen Abbildungen aus dem Bildarchiv der PAUL HARTMANN AG. medicaledition IVF HARTMANN AG 8212 Neuhausen Schweiz ISBN 978-3-929870-60-2 In einer Zeit rasch aufeinander folgender wissenschaftlicher Erkenntnisse muss Information vor allem auch aktuell sein. Mit diesem Anspruch will diese Buchreihe nicht nur erfahrenen Fachkräften ein Ratgeber sein. Auch denjenigen, die sich erstmalig auf neue Gebiete in Medizin und Pflege begeben, werden zeitgemäße Behandlungsmöglichkeiten aufgezeigt und nützliche Tipps gegeben. HARTMANN medicaledition – Kompendium Wunde und Wundbehandlung PAUL HARTMANN Ges.m.b.H. 2355 Wiener Neudorf Österreich Kompendium Wunde und Wundbehandlung Aktuelle Themen aus den Bereichen Medizin und Pflege behandelt die Schriftenreihe der HARTMANN medical edition. Dabei steht nicht nur Basiswissen im Vordergrund, sondern auch die Vorstellung fachbezogener und interdisziplinärer Entwicklungen. Der produktübergreifenden Information kommt hierbei ein besonderer Stellenwert zu. B47 (308) 086 317/6 PAUL HARTMANN AG 89522 Heidenheim Deutschland