Wunde und Wundbehandlung

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Wunde und Wundbehandlung
medicaledition
Kompendium
Wunde und Wundbehandlung
Kompendium
Wunde und Wundbehandlung
Herausgegeben von der
PAUL HARTMANN AG
89522 Heidenheim
Deutschland
http://www.hartmann.info
Konzeption, Gestaltung,
redaktionelle Bearbeitung
und Herstellung:
cmc centrum für marketing
und communication gmbh
89522 Heidenheim
Wissenschaftliche Beratung:
Prof. Dr. med. Pavel Brychta
Prof. Dr. med. Günther Germann
Dr. med. Andreas Gericke
Prof. Dr. med. Walter O. Seiler
Dr. med. Jörg Tautenhahn
Prof. Dr. med. Helmut Winter
3. überarbeitete und erweiterte
Auflage März 2008
© PAUL HARTMANN AG
ISBN 978-3-929870-60-2
gedruckt auf chlorfrei
gebleichtem Papier
PHME11_Wunde_Mantel.indd 2
10.04.2008 17:08:55
Inhaltsübersicht
Vorwort
5
Haut und Wunde
– Funktionen und Aufbau der Haut
– Wunde und Wundarten
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7
27
Die Prozesse der Wundheilung
– Die Phasen der Wundheilung
– Quantitative Einteilung der Wundheilung
– Einflüsse auf die Wundheilung
– Störungen der Wundheilung
– Die Wundinfektion
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35
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61
65
Prinzipien der Behandlung akuter Wunden
– Die akute, traumatisch bedingte Wunde
– Komplexe traumatische Defekte
– Thermische Verletzungen / Verbrennungswunden
– Inzisionen / OP-Wunden
– Epithelwunden
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81
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88
94
94
Prinzipien der Behandlung chronischer Wunden
– Das Ulcus cruris venosum
– Das Ulcus cruris arteriosum
– Das diabetische Ulkus
– Das Dekubitalulkus
– Die chronisch posttraumatische Wunde
– Chronische Strahlenschäden
– Wunden bei Tumorpatienten
96
105
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130
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Der Wundverband
– Aufgaben und Anforderungen
– Trockene Wundbehandlung
– Feuchte Wundbehandlung
– Der Verbandwechsel
136
137
144
148
177
Glossar und Stichwortverzeichnis
Literatur und Bildnachweis
194
199
Inhaltsübersicht [2.3]
Vorwort
Die Wundheilung ist ein natürliches Phänomen. Dabei
folgt die Natur im physiologischen Fall einem einheitlichen
Schema, das mit der Blutgerinnung beginnt, in katabolen
Prozessen die Wunde von untergegangenem Gewebe,
Fremdkörpern und Keimen reinigt und schließlich neues
Gewebe zur Defektfüllung aufbaut, das sich mit der Zeit in
belastbares Narbengewebe umwandelt.
Längst ist jedoch nicht alles über die Physiologie der Wundheilung bekannt, was insbesondere im Falle einer gestörten
Wundheilung manches Problem mit sich bringt. Dennoch
lassen sich aus dem aktuellen Wissen therapeutische Maßnahmen ableiten, die die körpereigenen Bemühungen, die
Kontinuität der Hautdecke wieder herzustellen, in sinnvoller
Weise unterstützen.
Mit diesem Kompendium wurde der Versuch unternommen,
den komplexen Themenkreis Wunde und Wundbehandlung
in Grundzügen darzustellen. Beschrieben werden Aufbau
und Funktionen der Haut, die Prozesse der Wundheilung,
Einflüsse auf die Wundheilung und mögliche Störungen
daraus, Prinzipien der Behandlung akuter und chronischer
Wunden sowie die Verbandbehandlung als wesentliche
lokaltherapeutische Maßnahme. Besondere Berücksichtigung fand die Darstellung moderner, hydroaktiver Wundauflagen, deren phasengerechte Anwendung vor allem bei
der Behandlung chronischer Problemwunden die Palette
der Therapieoptionen erweitert.
Die Wundbehandlung berührt alle praktischen Disziplinen
der Medizin und Pflege. Das vorliegende Kompendium
möchte dazu beitragen, Ärzten und Pflegefachkräften die
Information und Weiterbildung zu diesem vielschichtigen
Thema zu erleichtern.
Vorwort [4.5]
Haut und Wunde
Die Heilung von Hautwunden beruht auf der Fähigkeit der Haut zur
Regeneration von Epithelien und zur Reparation von Hautbindegewebe. Regeneration bedeutet dabei, dass die verletzte Haut narbenlos abheilt, und sie ist möglich, wenn nur die oberste Hautschicht
geschädigt ist. Reparation hingegen heißt, dass Ersatzgewebe aufgebaut werden muss, um den Hautdefekt zu schließen. Dies ist immer
dann der Fall, wenn die Verletzung tiefe Hautschichten mit betrifft.
Basis für das Verständnis des aktuellen Wissens über die Wundheilung
sind also zunächst Grundkenntnisse über das Organ Haut als Ort des
Geschehens.
Funktionen der Haut
Mit einer Fläche von 1,6 bis 2 qm bei einem Erwachsenen
und einem Gewicht von bis zu einem 1/6 des Körpergewichtes ist die Haut das größte menschliche Organ. Sie bildet
die äußere Grenzschicht zwischen dem Menschen und
seiner Umwelt und fungiert an dieser exponierten Stelle
einerseits als Barriere zur Außenwelt, andererseits aber
auch als Verbindung zwischen der Außenwelt und den inneren Organen. Dabei hat sie eine Vielzahl lebenswichtiger
Aufgaben zu erfüllen, weshalb ihre Unversehrtheit für den
Menschen ein so hohes Gesundheitsgut bedeutet.
▪ Bei intakter Oberfläche verhindert die Haut den Verlust
von Körperflüssigkeiten und bietet Schutz vor dem Eindringen von Mikroorganismen ins Körperinnere.
▪ Ihre mechanische Belastbarkeit beispielsweise bei Druck,
Schlag oder Stoß ist erstaunlich hoch, wodurch sie die
inneren Organe vor Schädigungen bewahrt.
▪ Bis zu einem bestimmten Grad kann die Haut die schädlichen Auswirkungen von Chemikalien und ultraviolettem
Licht abwehren.
▪ Sie ist entscheidend an der Wärmeregulation beteiligt
– durch situationsgerechte Weit- und Engstellung der
Blutgefäße sowie durch das Schwitzen – und trägt damit
zur Aufrechterhaltung der lebensnotwendigen Körpertemperatur von 37 °C bei.
▪ Als Sinnesorgan ermöglicht die Haut die Wahrnehmung
von mechanischen Reizen wie Druck, Berührung und
Vibration sowie von Temperatur und Schmerz. Viele
charakterprägende Empfindungen werden nur durch die
Haut aufgenommen, sodass der menschliche Entwicklungsprozess ohne die Haut gar nicht stattfinden könnte.
Von ganz besonderer Bedeutung ist schließlich, dass die
Haut zur Regeneration und Reparation fähig ist, was nichts
anderes heißt, als dass sie sich im Falle einer Durchtrennung bzw. Verletzung selbst heilen und ihre Kontinuität
wieder herstellen kann.
Haut und Wunde [6.7]
Die Haut besteht aus der gefäßlosen Epidermis (1) und der Dermis
(2), einem gefäß- und nervenreichen Bindegewebe. Daran schließt
sich die Subcutis (3) aus lockerem
Bindegewebe mit eingelagertem
Fettgewebe an. Die Dicke der Haut
variiert je nach Beanspruchung in
den verschiedenen Körperbereichen von 1-4 mm; sie ist am kräftigsten in den Handinnenflächen
und an den Fußsohlen.
1
2
3
Aufbau der Haut
Wie jedes Organ hat auch die Haut ihren spezifischen Feinaufbau, um ihre vielfältigen Aufgaben erfüllen zu können.
Sie ist dazu als Schichtenorgan mit unterschiedlichen Gewebetypen ausgebildet: Von außen nach innen unterscheidet
man die Oberhaut (Epidermis), die Lederhaut (Dermis oder
auch Corium) und die Unterhaut (Subcutis). Oberhaut und
Lederhaut bilden zusammen die Cutis, d. h. die Haut im
eigentlichen Sinne. Zur Haut zählen auch die Hautanhangsgebilde wie Haare, Nägel und die verschiedenen Drüsen.
Die Epidermis
Die Epidermis stellt ein verhornendes Plattenepithel aus
fünf unterschiedlichen Zellschichten dar, das durch seine
Festigkeit und Dichtigkeit bestens für Schutzaufgaben gerüstet ist. Die Zellteilung als Voraussetzung für Wachstum
und Regeneration erfolgt dabei in den beiden untersten
Zelllagen. Von dort aus schieben sich die Zellen zur Hautoberfläche vor, wobei es im Verlauf dieser Zellwanderung
zur vollständigen Verhornung (Keratinisierung) der Zellen
kommt. Die oberste Hornschicht wird in einem ständigen
Prozess der Abschuppung abgestoßen. Unter physiologischen Bedingungen nimmt die Erneuerung der Oberhaut
von der Zellteilung bis zum Abstoßen der verhornten Zellen
5
4
3
2
1
Querschnitt durch die Epidermis
an der Fingerkuppe, der deutlich
die fünf unterschiedlichen Zellschichten zeigt:
1) Keimschicht –
Stratum basale (auch Stratum
germinativum genannt)
2) Stachelzellschicht –
Stratum spinosum
3) Körnerzellschicht –
Stratum granulosum
4) Glanzschicht –
Stratum lucidum
5) Hornschicht –
Stratum corneum
etwa 30 Tage in Anspruch. Die Epidermis ist gefäßlos und
wird durch Diffusion von Nährstoffen aus den Blutgefäßen
der Dermis versorgt. Blutet die Haut beispielsweise bei
einer Abschürfung, sind bereits die Kapillaren der Lederhaut mit eröffnet.
Die Epidermis hat die Hauptlast bei den Schutzaufgaben
der Haut zu tragen, einschließlich der Abwehr ultravioletter
Strahlen. Dementsprechend wird auch eine Wundheilung
erst als abgeschlossen betrachtet, wenn sich ein neues,
belastbares Epithel gebildet hat, das den Körper wieder
nach außen schützen kann.
Der dominierende Zelltyp der Epidermis sind Keratinozyten,
die diese Bezeichnung durch ihre Fähigkeit zur Keratinsynthese erhalten haben. Keratine sind unlösliche Strukturproteine mit hoher Temperatur- und pH-Resistenz, die nur
sehr schwer enzymatischen Abbauvorgängen zugänglich
sind. Sie werden im Wesentlichen in harte und weiche
Keratine unterteilt: Harte Keratine bilden Haare und Nägel,
weiche Keratine sind Hauptbestandteil der verhornten
Zellen der äußeren Epidermisschichten.
Haut und Wunde [8.9]
Außer den Keratinozyten enthält die Epidermis weitere Zellen, die als so genannte Wanderzellen – das sind Zellen, die
ohne feste Bindung an gleichartige Zellen in den Geweben
verteilt sind – spezielle Funktionen der Epidermis sichern.
Wichtige Zellen sind:
▪ Melanozyten produzieren den braun-schwarzen Hautfarbstoff Melanin, den sie in Form von Melanosomen an
die Keratinozyten abgeben. Diese speichern das Pigment,
was sich in einer sichtbaren Färbung der Haut äußert.
Mit diesem Vorgang sollen die sich in der Zellteilung
befindlichen Keratinozyten vor Schädigung durch UVLicht geschützt werden. Je mehr UV-Licht-Einstrahlung
gegeben ist, umso stärker ist die Melanosombildung, was
letztlich zur „Sonnenbräune“ der Haut führt. Menge und
Verteilung des Melanins sind aber auch für die unterschiedlichen Haut- und Haarfarben verantwortlich.
▪ Merkel-Zellen, auch als Merkel-Tastscheiben bezeichnet,
sind flächenhaft ausgebreitete Nervenendigungen. Sie
wirken als langsam adaptierende Druckrezeptoren, d. h.
durch sie erfolgt die Wahrnehmung längerer Berührungen. Dementsprechend kommen sie gehäuft in der Haut
der Fußsohlen und Handflächen vor.
▪ Langerhans-Zellen spielen eine wichtige Rolle bei der Immunfunktion der Haut. Sie erkennen das fremde Antigen,
nehmen es auf und verarbeiten es, bevor sie mit immunkompetenten T-Lymphozyten in Wechselwirkung treten.
Stratum basale – Basalschicht (1)
Die Basal- oder Keimschicht bildet die innerste Zellschicht
der Epidermis. Sie besteht aus zylindrischen Keratinozyten,
die zur Zellteilung (Mitose) befähigt sind und die fortlaufende Regeneration der Epidermis gewährleisten. Die Zellteilung unterliegt der Steuerung durch zahlreiche Substanzen
wie z. B. verschiedene Wachstumsfaktoren, Hormone und
Vitamine. Insbesondere scheinen hier die so genannten
Chalone eine wichtige Rolle zu spielen, die durch ihren
hemmenden Effekt auf das offensichtlich unbegrenzte
Mitosepotenzial der Basalzellen den Regenerationsvorgang
Schnitt durch die Epidermis:
Oben ist das Stratum corneum
(braun) mit den Lagen an Korneozyten sichtbar. Daran schließen
die Schichten mit den lebenden
Zellen an (lila). Unten links ist die
Dermis (gelb) erkennbar, durch
die die Epidermis ernährt wird.
konstant halten. Umgekehrt kommt es bei einem Verlust
der Epidermis, der mit dem Absinken des Chalonspiegels
verbunden ist, zu einer raschen Regeneration durch eine
„enthemmte“ mitotische Aktivität der Basalzellen.
Die Basalschicht verläuft wellenförmig entlang den zapfenartigen Vorstülpungen (Papillen) der Dermis. Zwischen
der Basalschicht und der Dermis liegt die gefäßlose Basalmembran. Sie trennt beide Hautschichten voneinander,
dient aber zugleich auch der Verankerung der Basalzellen
und steuert in einem gewissen Umfang den Transport von
Proteinen.
Stratum spinosum – Stachelzellschicht (2)
Die Stachelzellschicht enthält bis zu sechs Lagen unregelmäßig gestalteter Zellen, die Keratin-Peptide synthetisieren
und noch eine geringe mitotische Aktivität aufweisen. Sie
sind durch Zellbrücken (Desmosomen) miteinander verbunden, die den Zellen ihr „stacheliges“ Aussehen verleihen.
Zwischen den Zellbrücken wird Flüssigkeit gespeichert.
Stratum granulosum – Körnerzellschicht (3)
Die allmähliche Verhornung beginnt in der Körnerzellschicht. Sie umfasst je nach der Dicke der Hornschicht ein
bis drei Lagen flacher Zellen, die grobe Körnchen (Granula)
aus Keratohyalin aufweisen. Die Granula enthalten u. a. ein
Vorläuferprotein, das vermutlich am Aufbau von Keratinfasern im Interzellularraum beteiligt ist.
Haut und Wunde [10.11]
Die Glanzschicht schützt vor der
Einwirkung wässriger Lösungen.
Stratum lucidum – Glanzschicht (4)
Die Glanzschicht besteht aus kernlosen Zellen, in denen
intensive enzymatische Aktivitäten stattfinden. Hier wird
die Keratinisierung fortgesetzt, was auch den Abbau der
Keratohyalin-Granula der Körnerzellenschicht zu Eleidin
mit einschließt. Das Eleidin ist eine fett- und eiweißreiche,
azidophile Substanz mit stark lichtbrechenden Eigenschaften. Sie erscheint als homogene, glänzende Schicht – woher die Bezeichnung Glanzschicht stammt – und schützt
die Epidermis vor der Einwirkung wässriger Lösungen.
Stratum corneum – Hornschicht (5)
In dieser Schicht ist der Vorgang der Verhornung abgeschlossen: Die Keratinozyten sind mit der Hornsubstanz
Keratin angefüllt und werden jetzt als Korneozyten bezeichnet. Sie liegen dachziegelartig übereinander und sind
durch Keratohyalin sowie feinste Fasern (Tonofibrillen) fest
miteinander verbunden. Die Zellschicht umfasst etwa 15 bis
20 Zelllagen, wobei die oberste Schicht als Hautschuppen
verloren geht.
Der obere Hautschnitt lässt die
Dicke der Hornschicht erkennen.
Die SEM-Aufnahme der Korneozyten zeigt ihre dachziegelartige
Schichtung.
Die Hornschicht ist zusammen mit den Sekreten der
Schweiß- und Talgdrüsen am Aufbau des Oberflächenfilms
(Hydrolipidfilm) beteiligt, der auch als Säureschutzmantel
bezeichnet wird. Er trägt u. a. dazu bei, die Besiedelung
der Haut durch Mikroorganismen in einem physiologischen
Gleichgewicht zu halten. Ist die Hornschicht durch Ekzeme
oder Verletzungen geschädigt, können Keime und schädliche Substanzen ungehindert in die Haut eindringen.
Die Dermis ist ein gefäß- und
nervenreiches Bindegewebe, das
histologisch in zwei Schichten, die
Zapfen- und Netzschicht, unterschieden wird.
Die Dermis
An die Basalmembran der Epidermis schließt innen die Dermis an. Sie ist ein gefäß- und nervenreiches Bindegewebe,
das histologisch in zwei Schichten unterteilt wird: in die
äußere Zapfenschicht (Stratum papillare) und in die innere
Netzschicht (Stratum reticulare). Die Schichten unterscheiden sich durch Dichte und Anordnung ihrer Bindegewebsfasern, sind aber nicht voneinander abgegrenzt.
Stratum papillare – Zapfenschicht
Die Zapfenschicht ist durch vorgestülpte Bindegewebszapfen, die Papillen, fest mit der Epidermis verbunden.
Im Bereich der Papillen befinden sich Kapillarschlingen,
die die Versorgung der gefäßlosen Epidermis sicherstellen, sowie freie Nervenendigungen, Sinnesrezeptoren und
initiale Lymphgefäße. Das Bindegewebe selbst besteht
aus einem Gerüst von Fibrozyten (Ruheform der Fibroblasten), durchzogen mit elastischen Kollagenfasern. Der
Zellzwischenraum ist mit einer gallertigen Grundsubstanz
(extrazelluläre Matrix) gefüllt, in der sich mobile Blut- und
Gewebezellen bewegen können.
Haut und Wunde [12.13]
Stratum reticulare – Netzschicht
Die Netzschicht besteht aus miteinander verflochtenen,
kräftigen kollagenen Faserbündeln, zwischen denen elastische Fasernetze eingelagert sind. Diese Struktur gibt der
Haut ihre Elastizität, sodass sie sich Bewegungen und
Volumenschwankungen des Organismus anpassen kann.
Sie ist außerdem in der Lage, in einem dynamischen Prozess Wasser aufzunehmen und wieder abzugeben.
Bei Inzisionen ist für kosmetisch
unauffällige Narben möglichst der
Verlauf der Langer’schen Hautspaltlinien zu berücksichtigen.
Die Kollagenfasern verlaufen in allen Richtungen, orientieren sich aber überwiegend schräg zur Epidermis aufsteigend oder parallel zur Körperoberfläche. Die natürlichen,
in Richtung der geringsten Hautdehnbarkeit verlaufenden
Spaltlinien der Haut, die senkrecht zu den Hautspannungslinien verlaufen, werden als Langer’sche Hautspaltlinien
bezeichnet. Ihr Verlauf ist bei Inzisionen nach Möglichkeit
zu berücksichtigen. Hautschnitte entlang dieser Hautspaltlinien klaffen nicht auseinander und ergeben fast unsichtbare Narben, während quer dazu verlaufende Inzisionen
wesentlich breitere Narben hinterlassen.
Zelluläre Bestandteile der Dermis
Vorherrschender Zelltyp des Hautbindegewebes ist der
Fibrozyt, der in seiner aktivierten Form als Fibroblast bezeichnet wird. Er stellt eine Reihe von Substanzen zum
Aufbau neuen Gewebes bereit: Fibroblasten synthetisieren
und sezernieren Vorstufen von Kollagen, Elastin und Proteoglykanen, die außerhalb der Zellen zu Kollagen- und Elastinfasern ausreifen und in nichtfaseriger Form die gelartige
Grundsubstanz der extrazellulären Matrix bilden.
Des Weiteren finden sich in der Dermis Mastzellen, deren
Granula u. a. Heparin und Histamin enthalten, Makrophagen, die aus den Monozyten des Blutes hervorgehen, sowie
Lymphozyten. Die Zellen sind an den unspezifischen bzw.
spezifischen Abwehrmechanismen (Phagozytose bzw. humorale und zellvermittelte Immunität) des Körpers beteiligt,
Für den Aufbau von Hautbindegewebe stellen die Fibroblasten die
wichtigsten sezernierenden Zellen
dar (Zellkerne blau, Zellskelett
orange).
sezernieren aber auch biochemisch wirksame Substanzen,
die vermittelnde und regulierende Funktion haben und damit für den Fortgang der Reparationsprozesse unerlässlich
sind.
Faserbestandteile der Dermis
Die Bindegewebsfasern der Dermis bestehen aus dem
Strukturprotein Kollagen, das ein äußerst widerstandsfähiges biologisches Material darstellt und ungefähr
60 bis 80 % des Trockengewichtes des Gewebes ausmacht.
Die Bezeichnung „Kollagen“ geht darauf zurück, dass diese
Proteine beim Kochen quellen und einen Leim, griechisch
Kolla, ergeben. Von den vier genetisch unterschiedlichen
Kollagen-Typen, die in menschlichen Körpergeweben vorkommen, findet sich in der Dermis überwiegend der faserbildende Kollagen-Typ I.
Der Aufbau von Kollagenfasern erfolgt in einem intrazellulären und einem extrazellulären Schritt und beginnt in den
Fibroblasten. Zunächst werden in der Zelle die charakteristischen Aminosäuren des Kollagens, Glyzin und Prolin/
Hydroxyprolin sowie ein weiteres Drittel anderer Aminosäuren zu einer Dreifach-Helix als Prokollagen verbunden
und nach außen in den extrazellulären Raum abgegeben.
Haut und Wunde [14.15]
Elektronenmikroskopische Darstellung des Hautbindegewebes
mit Kollagenbündeln und elastischen Fasern. Die zum Aufbau
der Faserproteine erforderlichen
Substanzen werden von den Fibroblasten bereitgestellt. Sie synthetisieren Vorstufen von Kollagen und
Elastin, die in den extrazellulären
Raum abgegeben werden und hier
über verschiedene enzymatische
Vorgänge zu Kollagen- und Elastinfasern ausreifen.
Hier erfolgen weitere enzymatische Modifikationen, wodurch das noch lösliche Prokollagen in unlösliche Kollagenfibrillen überführt wird, die dann schließlich zu Kollagenfasern zusammengesetzt werden.
Ein weiteres Faserprotein der Dermis ist das flexible Elastin,
das ebenfalls von den Fibroblasten synthetisiert und sezerniert wird. Elastin stellt sich als spiralige Polypeptid-Kette
mit hochelastischen Eigenschaften dar, aus der extrazellulär
ein zweidimensionales Gebilde ähnlich einem Trampolinnetz aufgebaut wird. Diese Struktur ermöglicht die reversible Dehnung der Haut, sodass eine Überdehnung und ein
Zerreißen weitgehend vermieden werden.
Nichtfaserige Grundsubstanz der Dermis
Die Faserzwischenräume des Hautbindegewebes sind mit
amorpher Grundsubstanz, Salzen und Wasser ausgefüllt.
Wesentlicher Bestandteil der Grundsubstanz sind Proteoglykane. Dabei handelt es sich um eine Verbindung von
Mehrfachzuckern (Polysaccharide) und Proteinen mit einem
hohen Anteil an Kohlenhydraten, die früher als Mucopolysaccharide bezeichnet wurden.
Proteoglykane sind sehr hydrophil und können ein großes
Volumen an Wasser binden, sodass eine klebrige bis gelartige Substanz entsteht. Sie sind offenbar nicht nur reine
Strukturproteine, sondern scheinen zudem Einfluss auf die
Zellwanderung und Zellhaftung sowie auf die Differenzierung von Zellen zu haben.
Außerdem finden sich in der Grundsubstanz eine Reihe weiterer Glykoproteine mit geringerem Kohlenhydratanteil wie
Thrombospondin, Laminin-/Nidogen-Komplex, K-Laminin
und Gewebsfibronektin, die eine ähnliche Funktionsvielfalt
wie Proteoglykane aufweisen. Fibronektin z. B. ist ein Haftprotein, das in der Dermis insbesondere zur Bindung von
Zellen an Kollagen dient und damit auch bei der Wundheilung eine wichtige Rolle spielt.
Extrazelluläre Matrix
Im Gewebe gehen die Zellen mit den von ihnen selbst ausgeschiedenen Substanzen gewöhnlich eine enge Bindung
ein. Dazu bilden die Makromoleküle der extrazellulären
Substanzen komplexe dreidimensionale Netzwerke, die als
extrazelluläre Matrix (Extra Cellular Matrix = ECM) bezeichnet werden. Eine solche Matrix ist in jedem Körpergewebe
vorzufinden, wobei Struktur und Zusammensetzung jeweils
gewebsspezifische Unterschiede aufweisen und vom Typ
der matrixproduzierenden Zellen sowie der Gewebefunktion
abhängen.
Wachstumsfaktoren / Zytokine
Hormone /
Vitamine
Zellwachstum /
Proliferation
Schematische Darstellung
des Informationsflusses
Zelle – extrazelluläre Matrix
Zellform
Zell-Zell-Kontakte
Differenzierungszustand
Zell-MatrixBindungen
biochemische
Produkte / extrazelluläre Matrix
Haut und Wunde [16.17]
Wenn auch noch längst nicht alle Funktionen der ECM bekannt sind, geht man heute davon aus, dass sie nicht nur
als Füllsubstanz zwischen Einzelzellen, Geweben und Organen dient, sondern auch vielfältige Aufgaben im Rahmen
der Informationsübermittlung zwischen den in sie eingebetteten Zellen erfüllt.
Die Subcutis
Die Subcutis stellt die innerste Schicht der äußeren Körperdecke dar. Sie besteht aus lockerem Bindegewebe und
weist keine scharfe Begrenzung zur Dermis auf. In der
Tiefe verbindet sie sich mit den Muskelfaszien bzw. mit
der Knochenhaut. Von wenigen Körperstellen abgesehen,
kann in der gesamten Unterhaut Fettgewebe eingelagert
werden, das isolierende, speichernde und modellierende
Funktionen hat.
Eine Vielzahl sensorischer Rezeptoren macht die Haut zum lebenswichtigen Sinnesorgan. Einige
Beispiele dazu:
1) Meißner-Körperchen
2) freie Nervenendigungen
3) Vater-Pacini-Körperchen
1
Sensorische Rezeptoren in Cutis und Subcutis
Die Haut wird innerviert von verschiedenartigen freien Nervenendigungen und reizaufnehmenden Rezeptoren, die ihre
Funktion als Sinnesorgan ermöglichen. Durch die MerkelZellen in der Epidermis kann die Wahrnehmung längerer
Berührung erfolgen. Entlang des Papillarkörpers der Dermis
liegen reihenförmig die Meißner-Körperchen, die als Berührungsrezeptoren für feinste Druckempfindungen dienen.
2
3
Sie sind dementsprechend an den Fingerspitzen in großer
Dichte vorhanden. Die Kraus’schen Endkolben sind für die
Wahrnehmung von Kälte von Bedeutung, die Ruffini-Körperchen der Subcutis fungieren als Wärmerezeptoren. Freie
Nervenzellen nahe der Hautoberfläche vermitteln Schmerzempfindungen. Die Vater-Pacini-Körperchen der Subcutis
reagieren auf mechanische Deformation und Vibration.
Hautanhangsgebilde
Zu den Anhangsgebilden der Haut gehören Haare und
Nägel sowie Talg-, Schweiß- und Duftdrüsen.
Haare sind biegsame und zugfeste fädige Strukturen aus
der Hornsubstanz Keratin. Sie entwickeln sich aus nach
innen wachsenden Ausstülpungen der Oberhaut, reichen
aber mit ihrem schräg zur Hautoberfläche stehenden Haarschaft bis tief in die Lederhaut. Ihr Wachstum erfolgt in
einem endogenen Zyklus, der für jede Haarwurzel spezifisch
ist. Es findet also kein synchrones Wachstum benachbarter
Haare statt. Haarwurzeln können nicht regeneriert werden,
weshalb ein Narbengewebe stets unbehaart bleibt. Von
Haarwurzelresten, d. h. von verbliebenen Epithelien eines
geschädigten Haarschaftes, kann jedoch eine Reepithelisierung ausgehen.
Finger- und Zehennägel sind durchscheinende Hornplatten,
die von der Nagelwurzel zum freien Rand vorwachsen. Das
Wachstum beträgt monatlich etwa drei Millimeter und steht
in enger Beziehung zu vielen Organfunktionen. Der Zustand
der Nägel kann deshalb wichtige diagnostische Hinweise
liefern.
Haare in mikroskopischer Aufnahme (oben). Die Abbildung
unten zeigt Haarwurzeln mit
deutlich erkennbaren Epithelien.
Bei Verletzungen kann von den
verbliebenen Epithelien gegebenenfalls eine Reepithelisierung
ausgehen. Die Haarwurzeln selbst
können nicht regeneriert werden,
weshalb Narben immer unbehaart
bleiben.
Haut und Wunde [18.19]
Elektronenmikroskopische Aufnahmen einer Talgdrüse (links) und
einer Schweißpore (rechts). Außer
in der unbehaarten Haut der Fußsohlen und Handflächen finden
sich Talgdrüsen an allen Körperstellen, besonders zahlreich kommen sie im Gesicht und auf der
Kopfhaut vor. Hier können sich
bis zu 900 Talgdrüsen pro Quadratzentimeter konzentrieren. Auch
über Schweißdrüsen verfügt der
Mensch mit etwa 2,5 Millionen
reichlich.
Talgdrüsen münden in die Haartrichter der Haarbälge,
weshalb ihr Vorhandensein mit wenigen Ausnahmen an die
Haarfollikel gebunden ist. Ihr Talg, ein Gemisch aus Fetten,
Zellen und freien Säuren, fettet Haut und Haare und schützt
sie vor Austrocknung. Die Steuerung der Talgproduktion ist
ein komplexer Vorgang, der noch nicht in allen Einzelheiten
erforscht ist.
Schweißdrüsen entstehen ebenfalls aus Zellen der Oberhaut, die dann in die Tiefe der Lederhaut sprossen, sodass
die eigentliche Drüse in der Dermis liegt. Die Ausführungsgänge münden in die Hautporen an der Hautoberfläche.
Schweiß ist ein saures Sekret, das u. a. aus Wasser, Salzen,
flüchtigen Fettsäuren, Harnstoff und Ammoniak besteht
und die Hautoberfläche mit einem schützenden Säuremantel überzieht. Die Schweißsekretion dient hauptsächlich der
Wärmeregulation.
Duftdrüsen produzieren im Gegensatz zu den Schweißdrüsen alkalische Sekrete. Duftdrüsen befinden sich vor
allem in den Achselhöhlen, um die Brustwarzen und im
Genitalbereich. Sie nehmen ihre Sekretionstätigkeit mit
Beginn der Pubertät auf.
Blutversorgung der Haut
Die stufenförmige Gefäßverteilung in der Haut entspricht
dem geschichteten, flächigen Aufbau dieses Organs. Von
den unter der Subcutis liegenden Adern gehen reichlich
Gefäße aus, die zwischen Unterhaut und Lederhaut ein
kutanes Geflecht bilden. Überall dort, wo die Haut stärker
verschiebbar ist, sind die Gefäße stark geschlängelt. Aus
dem kutanen Geflecht verlaufen einzelne Arteriolen senkrecht nach außen und verzweigen sich am Fuß der Zapfenschicht in das subpapillare Geflecht. Von hier aus reichen
feinste schlingenförmige Kapillaren bis in die Papillen der
Lederhaut hinein und stellen so auch die Versorgung der
gefäßlosen Oberhaut sicher.
Blutgefäße der Haut (elektronenmikroskopische Aufnahme)
Die Zapfenschicht ist reichlich mit Gefäßen versehen,
während sich die Netzschicht relativ gefäßarm zeigt. Der
Abtransport von Stoffwechselprodukten erfolgt über die
entsprechenden Venennetze, teilweise auch über das
Lymphgefäßsystem.
3
2
Schematische Darstellung der
Blutversorgung in der Haut.
Aus dem subkutanen Geflecht
zwischen Subcutis und Dermis
(1) verlaufen einzelne Arteriolen
(2) senkrecht nach außen und
verzweigen sich am Fuß der
Zapfenschicht in das subpapillare
Geflecht (3), das die Versorgung
der Oberhaut sicherstellt.
1
Haut und Wunde [20.21]
Bestandteile des Blutes
Das Blut, auch als flüssiges Organ des Körpers bezeichnet, dient als Transportmedium für Atemgase, Nährstoffe,
Stoffwechselprodukte usw. Des Weiteren zirkulieren im
Blut die Zellen des Abwehrsystems sowie Bestandteile des
Gerinnungssystems, die im Falle verletzter Blutgefäße zum
raschen Verschluss der undichten Stellen beitragen. Durch
Zentrifugieren lassen sich die löslichen (Plasma) und die
zellulären Bestandteile (weiße und rote Blutkörperchen,
Blutplättchen) des Blutes voneinander trennen.
Zusammensetzung
Blutplasma
Wasser (90 %)
Elektrolyte
Kationen:
Anionen:
Magnesium
Chlorid
Kalium
Bikarbonat
Calcium
Phosphat
Natrium
Sulfat
organische Bestandteile
Proteine (7-8 %)
Albumine, Globuline
Fibrinogen (Faktor I)
Lipide
Glucose
Blutplättchen
Aufgaben
Aufrechterhaltung und
Regulation des Wasserund Elektrolythaushalts
Aufrechterhaltung des onkotischen Drucks, Proteinreserve,
Transportproteine
Blutgerinnung
Blutgerinnung
weiße Blutkörperchen
Granulozyten
Monozyten
Lymphozyten
körpereigene Abwehr
rote Blutkörperchen
Träger des roten Blutfarbstoffes
Hämoglobin
Transport der Atemgase Sauerstoff
und Kohlendioxid
Blutplasma
Blutplasma ist eine gelbliche, klare Flüssigkeit aus Wasser
(90 %), Proteinen (7-8 %), Elektrolyten und Nährstoffen
(2-3 %). Von den Proteinen sind ca. 60 % Albumine und
40 % Globuline. Ein für die Wundheilung wichtiger Bestandteil des Plasmas ist Fibrinogen (Faktor I), das für die
Blutgerinnung unerlässlich ist. Blutplasma, das nach erfolgter Blutgerinnung kein Fibrinogen mehr enthält, wird als
Blutserum bezeichnet.
Rote Blutkörperchen (Erythrozyten)
Etwa 95 % der Blutzellen sind rote Blutkörperchen: kernlose, scheibenförmige Zellen mit einer zentralen Delle, die
hohe Konzentrationen des roten Blutfarbstoffes Hämoglobin enthalten. Ihre Hauptaufgabe ist der Transport der
Atemgase Sauerstoff und Kohlendioxid, die durch Hämoglobin reversibel gebunden werden. Der Gasaustausch
selbst wird durch die seitlichen Eindellungen der Zellen
begünstigt, weil damit eine Oberflächenvergrößerung der
kleinen Blutkörperchen erreicht wird. Außerdem erleichtert
diese Gestalt die Verformung der Zellen bei der Passage
feinster Kapillaren. Bildungsort der Erythrozyten ist das rote
Knochenmark. Ihre Lebensdauer beträgt ca.120 Tage, danach werden sie vorrangig in der Milz wieder abgebaut.
Die Form der roten Blutkörperchen
mit ihrer zentralen Delle begünstigt den Austausch von Sauerstoff
und Kohlendioxid und erleichtert
die Kapillarpassage.
Haut und Wunde [22.23]
Weiße Blutkörperchen (Leukozyten)
Im Gegensatz zu den Erythrozyten enthalten die weißen
Blutkörperchen einen Zellkern. Sie stellen keine einheitliche Zellart dar, sondern werden nach ihrer Form bzw.
nach der Form des Zellkerns, nach Funktion, Anfärbbarkeit
der zytoplasmatischen Granula sowie nach ihrem Bildungsort in Granulozyten, Monozyten und Lymphozyten unterteilt.
Falschfarbendarstellung
eines weißen Blutkörperchens,
das durch das Endothel eines
Blutgefäßes auswandert. Durch
ihre Fähigkeit zur Fortbewegung
können die Leukozyten zum „Ort
des Geschehens“ wandern und
z. B. in ein verletztes Hautgebiet
gelangen, um dort als Abwehrzellen tätig zu werden.
Granulozyten und Monozyten entstehen aus Stammzellen
des Knochenmarks. Vorläuferzellen der Lymphozyten entstehen ebenfalls im Knochenmark, vermehren sich aber
später in lymphatischen Organen wie Milz und Lymphknoten. Von den insgesamt im Körper vorhandenen Leukozyten
zirkulieren nur etwa 5 % im Blut, der überwiegende Teil ist
in Organen und Geweben gespeichert oder locker mit den
Gefäßwänden assoziiert.
Leukozyten dienen der unspezifischen bzw. spezifischen
Abwehr und sind maßgeblich an der Beseitigung von
Bakterien und Detritus (geschädigte bzw. denaturierte Zellund Gewebesubstanz) beteiligt. Eine Voraussetzung zur
Erfüllung ihrer Aufgaben ist dabei ihre Fähigkeit zur amö-
Klassifizierung von weißen
Blutkörperchen (Leukozyten)
Lymphozyten
Granulozyten
Monozyten
Neutrophile
Eosinophile
Basophile
boiden Fortbewegung, die je nach Zellart unterschiedlich
stark ausgeprägt ist. Aktiviert durch chemotaktische Reize
können die Leukozyten aus den Blutgefäßen auswandern
und in das umliegende Gebiet, den „Ort des Geschehens“,
einwandern.
Granulozyten stellen 60-70 % aller Leukozyten. Sie werden
nach dem Färbeverhalten ihrer Granula in eosinophile
(mit sauren Eosinfarbstoffen anfärbbare), basophile (mit
basischen Farbstoffen anfärbbare) oder neutrophile (farblich neutrale) Granulozyten eingeteilt. Von den Granulozyten bilden die neutrophilen Zellen mit etwa 70 % die
größte Gruppe. Sie spielen eine wichtige Rolle bei der
Wundreinigung und Infektabwehr. Ihre Kerne enthalten
eine Reihe proteolytisch wirksamer Enzyme, die sie befähigen, in großem Ausmaß Detritus aufzulösen und Bakterien
zu phagozytieren.
Monozyten sind die größten Blutzellen. Im Bereich einer
Verletzung verlassen sie die Blutbahn und wandern in
das geschädigte Gebiet ein. Dort reifen sie zu gewebetypischen Makrophagen aus und sorgen durch Phagozytose (Eliminierung großer Partikel) bzw. durch Pinozytose
(Eliminierung gelösten Materials) für die Beseitigung devitalisierten Gewebes. Die Vorgänge der Phagozytose sowie
die weiteren Funktionen der Makrophagen, denen eine
Schlüsselrolle in der Wundheilung zukommt, sind im Kapitel
„Die Prozesse der Wundheilung“ ab Seite 34 ausführlich
beschrieben.
Lymphozyten sind kugelförmige Zellen mit einem runden
oder ovalen Kern, die trotz geringer amöboider Beweglichkeit zur Migration befähigt sind. Sie stellen die Funktionsträger der spezifischen Abwehr dar: B-Lymphozyten dienen
der humoralen Abwehr und T-Lymphozyten der zellulären
Abwehr.
Haut und Wunde [24.25]
Kernlose Blutplättchen im Querschnitt: Deutlich erkennbar sind
ihre zahlreichen Granula, die die
verschiedensten Gerinnungsfaktoren enthalten. Blutplättchen leiten
die Blutgerinnung ein und wirken
bei der Thrombenbildung mit.
Blutplättchen (Thrombozyten)
Blutplättchen sind runde, kernlose Scheibchen, die durch
Zytoplasma-Fragmentierung aus Riesenzellen des Knochenmarks hervorgehen. Sie stellen die kleinsten Zellelemente
des Blutes dar. Ihr bedeutendstes Aufgabengebiet ist die
Blutstillung: Sie leiten die Blutgerinnung ein und sind an
der Thrombusbildung beteiligt. Dementsprechend finden
sich in ihren zahlreichen Granula wichtige Blutgerinnungsfaktoren (Plättchenfaktoren). Die Vorgänge der Blutgerinnung sind ebenfalls im Kapitel „Die Prozesse der Wundheilung“ ab Seite 34 beschrieben.
Wunde und Wundarten
Unter einer Wunde versteht man die Trennung des Zusammenhangs von Geweben der Körperhülle, die meist mit
einem Verlust an Substanz verbunden ist. Tiefer gehende
Schädigungen, die das Muskelgewebe, das Skelettsystem
oder innere Organe betreffen, werden definitionsgemäß als
komplizierte Wunden bezeichnet. Nach ihrer Entstehung,
aber auch nach Tiefe und Ausdehnung des Defektes werden Wunden in verschiedene Wundarten unterschieden:
▪ mechanische bzw. traumatische Wunden
▪ thermische und chemische Wunden
▪ Geschwürswunden
Mechanische / traumatische Wunden
Mechanische Wunden entstehen durch die unterschiedlichsten Kraft- und Gewalteinwirkungen und umfassen z. B.
die geplant gesetzte Operationswunde, die unfallbedingte
Zufalls- oder Gelegenheitswunde oder auch die kriegsbedingte Wunde.
Die Art der traumatisierenden Einwirkung und das Ausmaß
der Schädigung dienen auch hier wiederum der weiteren
Klassifizierung für Prognose und Behandlung. Insbesondere
lässt die Wundentstehung von vornherein eine Beurteilung
zu, ob die Wunde als sauber oder verschmutzt und /oder
als primär infiziert einzustufen ist. Diese Beurteilung ist für
das nachfolgende Wundmanagement von grundsätzlicher
Bedeutung.
Geschlossene Wunden sind durch Schädigungen der unter
der Haut liegenden Gewebe- und Knochenstrukturen, Blutgefäße und Nerven gekennzeichnet, ohne dass es durch die
Gewalteinwirkung zur Durchtrennung der Haut gekommen
ist. Beispiele für geschlossene Wunden sind gedeckte Hirnverletzungen mit Gehirnerschütterung, geschlossene FrakHaut und Wunde [26.27]
turen oder Distorsionen und Luxationen. Sichtbare Auswirkungen der Traumen sind zumeist Weichteilschwellungen
und Hämatome, begleitet von starken Schmerzen.
Oberflächliche oder epitheliale Wunden betreffen immer
nur die gefäßlose Epidermis. Da die Epidermis zur Regeneration befähigt ist, heilen die Wunden narbenlos ab;
die Hautoberfläche unterscheidet sich später in nichts von
ihrem früheren Aussehen. Die Schürfwunde ist eine epitheliale Wunde. Auch Spalthautentnahmestellen sowie Entnahmestellen von Reverdin-Transplantaten sind dem Wesen
nach als oberflächliche Wunden anzusehen.
Perforierende Wunden liegen vor, wenn die Durchtrennung
der Haut die Epidermis und die Dermis sowie gegebenenfalls auch die Subcutis betrifft. Beispiele für perforierende
Wunden, die auch als penetrierende Wunden bezeichnet
werden, sind Schnitt- und Stichwunden, Riss-, Platz- und
Quetschwunden, Biss- und Schusswunden usw. Je nach
Art des Traumas können zudem Muskelgewebe und innere Organe in Mitleidenschaft gezogen sein, sodass die
Übergänge zur komplizierten Wunde oftmals fließend sind.
Entsprechend der Entstehungsursache differieren auch
Wundzustand und Heilungstendenz erheblich.
Komplizierte Wunden, wie z. B. ausgedehnte Weichteiltraumatisierungen, offene Frakturen, schwere Quetschungen
mit Décollement, Amputations- und Ausrissverletzungen,
können die Folge perforierender und stumpfer Gewalteinwirkung oder auch thermischer bzw. thermo-mechanischer
Verletzungen sein. Zusätzlich besteht bei solch komplexen
Verletzungsmustern in ausgeprägter Weise das Problem
weiterer sekundärer Schädigungen, beispielsweise durch
Gefäßverletzungen mit konsekutiver Ischämie, Reperfusionsphänomenen oder Kompartmentsyndromen, aber auch
durch Infektionen oder eine inadäquate Primärversorgung.
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4
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6
7
8
1) Hämatom bei geschlossener
Fraktur
2) Schürfwunde oder oberflächliche (epitheliale) Wunde
3) Spalthautentnahmestelle, die
als oberflächliche Wunde einzustufen ist
4) Perforierende Wunde (Schnittwunde) als geplant gesetzte OPWunde
5) Quetschwunde am Daumen
6) Komplizierte Wunde, Fraktur
mit erheblicher Weichteilschädigung
7) Komplexe offene Unterschenkelfraktur nach Verkehrsunfall mit
schwerster Weichteilschädigung
8) Quetschwunde mit ausgedehnter Gewebezerstörung
Haut und Wunde [28.29]
Thermische und chemische Wunden
Thermische und chemische Wunden entstehen durch
Einwirkungen von Hitze und Kälte, gewebeschädigenden
Strahlen, Säuren oder Laugen. Sie weisen je nach Dauer,
Einwirkungsintensität der verschiedenen Medien sowie
Höhe der Temperatur Gewebezerstörungen unterschiedlichster Art auf. Die Einteilung von Verbrennungsschäden
und Erfrierungen in drei bzw. vier Schweregrade dient der
prognostischen Beurteilung und Therapieplanung.
9%
9%
je
18 %
9%
1%
18 %
18 %
Neuner-Regel nach Wallace
zur Flächenbewertung einer
Verbrennung
Die vier Schweregrade der Verbrennung sind:
▪ Grad I:
funktionelle Schädigung der oberen Epidermisschicht
(Stratum corneum), die sich als Erythem manifestiert
▪ Grad IIa:
Zerstörung der Epidermis bis zur Basalschicht mit Blasenbildung
▪ Grad IIb:
tief dermale Verbrennung, die die Epidermis und fast die
gesamte Tiefe der Dermis betrifft
▪ Grad III:
Nekrose mit vollständiger, irreversibler Zerstörung von
Epidermis, Dermis und oft teilweise der Subcutis („fullthickness-burn“)
▪ Grad IV:
Verkohlung, die die Muskeln, Sehnen und gegebenenfalls
die Knochen mit betrifft. Die Einteilung in Grad IV ist
heute allerdings allgemein nicht mehr gebräuchlich.
Der Schweregrade einer thermischen Verletzung bezieht
sich nur auf die Tiefe der Verletzung. Ein mindestens ebenso wichtiges Kriterium für Prognose und Therapieplanung
ist jedoch auch die flächenmäßige Ausdehnung der Verbrennung. Sie wird insbesondere in der Notfallsituation
üblicherweise nach der so genannten Neuner-Regel nach
Wallace geschätzt und in Prozenten ausgedrückt. Möglich ist aber auch eine Flächenabschätzung mithilfe des
Vergleichs der Handfläche des Brandverletzten, die circa
1) Verbrennung Grad III mit Nekrosen der Epidermis, Dermis und
Teilen der Subcutis
2) Verbrennung Grad III und IV
3) Erfrierung
4) Laugenverletzung („chemische
Verbrennung“)
1
2
3
4
einem Prozent seiner Körperoberfläche (KOF) entspricht.
Eine exaktere Flächenbewertung erfolgt dann nach entsprechenden Tabellen, in denen auch die Besonderheiten der
Körperdimensionen von Kindern Berücksichtigung finden.
Auch Erfrierungen werden, je nachdem welche Hautanteile zerstört sind, in vier Schweregrade eingeteilt: Grad I =
Erythem, Grad II = Blasenbildung, Grad III = Nekrose und
Grad IV = Thrombenbildung und Gefäßverschlüsse.
Verletzungen durch Säuren oder Laugen sind nach ihrem
Schädigungsmuster wie Verbrennungswunden einzustufen
(„chemische Verbrennung“). Sie werden nach der Neutralisation der einwirkenden Säure oder Lauge wie Verbrennungswunden klassifiziert und behandelt.
Haut und Wunde [30.31]
Geschwürswunden
Eine weitere Gruppe mit besonderer Wundheilungsproblematik stellen die Geschwürswunden dar, die in der Fachsprache als Ulzera bezeichnet werden. Im Gegensatz zu
akuten Wunden entstehen sie zumeist nicht durch traumatische Ereignisse von außen, sondern durch lokale Ernährungsstörungen in der Haut, hervorgerufen durch venös,
arteriell oder neuropathisch bedingte Gefäßschädigungen
oder durch lokale, anhaltende Druckeinwirkungen. Ein
Ulkus kann aber auch als symptomatisches Geschwür aus
einer Systemerkrankung resultieren, z. B. infolge bestimmter Tumoren, infektiöser Hauterkrankungen oder Bluterkrankungen. Entsprechend der Schwere der trophischen
Störung kann die Schädigung alle Hautschichten betreffen
und bis auf die Knochen reichen.
Ulzera benötigen zu ihrer Heilung meist länger als acht
Wochen und gelten deshalb definitionsgemäß auch als
chronische Wunden. Unter dieser Klassifizierung werden die
wichtigsten chronischen Wundzustände im Kapitel „Prinzipien der Behandlung chronischer Wunden“ ab Seite 96
beschrieben.
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6
1) Fersendekubitus mit
geschlossener Nekrosekappe
2) Sakraler Dekubitus mit
Nekrosen und Wundtaschen
3) Ulcus cruris venosum, das als so
genanntes Gamaschenulkus den
ganzen Unterschenkel erfasst hat
4) Ulcus cruris, verursacht durch
ein Basaliom
5) Diabetisches Ulkus
(Mal perforans)
6) Strahlenulkus
Haut und Wunde [32.33]
Die Prozesse der Wundheilung
Die Regeneration von Epithelien und erst recht die arbeitsintensive Reparation von Hautbindegewebe sind biologisch
wie zeitlich wohl organisierte Gemeinschaftsleistungen der
verschiedensten Blut-, Immun- und Gewebezellen. Sie treiben den Heilungsprozess Schritt für Schritt in so genannten
Wundheilungsphasen voran.
Die Phasen der Wundheilung
Unabhängig von der Art der Wunde und vom Ausmaß des
Gewebeverlustes verläuft jede Wundheilung in Phasen, die
sich zeitlich überlappen und nicht voneinander zu trennen
sind. Die Phaseneinteilung orientiert sich an den grundsätzlichen morphologischen Veränderungen im Laufe der
Reparationsprozesse, ohne die eigentliche Komplexität der
Vorgänge widerzuspiegeln. Üblich sind Einteilungen in drei
bzw. vier Wundheilungsphasen, wobei hier für die nachfolgenden Darstellungen die Systematik von drei Grundphasen
benutzt wird:
▪ Inflammatorische bzw. exsudative Phase zur Blutstillung
und Wundreinigung
▪ Proliferative Phase zum Aufbau von Granulationsgewebe
▪ Differenzierungsphase zur Ausreifung, Narbenbildung
und Epithelisierung
In der Praxis werden die drei Wundheilungsphasen verkürzt
auch als Reinigungs-, Granulations- und Epithelisierungsphase bezeichnet.
Schematische Darstellung des Zeitablaufes der Wundheilungsphasen:
inflammatorische Phase
proliferative Phase
Differenzierungsphase
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Prozesse der Wundheilung [34.35]
Inflammatorische /exsudative Phase
Die inflammatorische /exsudative Phase setzt mit dem
Moment der Verletzung ein und dauert unter physiologischen Bedingungen etwa drei Tage. Die ersten Gefäßund Zellreaktionen bestehen in der Blutstillung und Blutgerinnung und sind nach ca.10 Minuten abgeschlossen.
Durch Gefäßerweiterung (Vasodilatation) und Erhöhung
der Kapillarpermeabilität kommt es dann zur verstärkten
Exsudation von Blutplasma in das Interstitium. Damit wird
die Einwanderung von Leukozyten, vor allem neutrophiler
Granulozyten und Makrophagen, in das Wundgebiet gefördert. Sie haben die Aufgabe, Infektionen abzuwehren
und die Wunde durch Phagozytose zu reinigen. Gleichzeitig
geben sie biochemisch wirksame Mediatorsubstanzen ab,
durch die Zellen aktiviert und stimuliert werden, die bereits
für die nächste Phase wichtig sind. Eine Schlüsselrolle
kommt dabei den Makrophagen zu. Ihre Anwesenheit in
ausreichender Zahl ist für den Fortgang der Wundheilung
von entscheidender Bedeutung.
Blutgerinnung und Blutstillung
Erstes Ziel der reparativen Vorgänge ist es, die Blutung zu
stillen. Durch die Verletzung werden aus den geschädigten
Zellen vasoaktive Substanzen freigesetzt, die eine Engstellung der Gefäße (Vasokonstriktion) zur Vermeidung
größerer Blutverluste bewirken, bis durch Thrombozytenaggregation ein erster Gefäßverschluss hergestellt ist. Die
im Blutplasma zirkulierenden Blutplättchen heften sich
am Verletzungsort an die geschädigten Gefäße und bilden
einen Pfropf, der die Gefäße zunächst provisorisch verschließt.
Mit dem komplexen Vorgang der Thrombozytenaggregation wird das Gerinnungssystem aktiviert, um die Verletzungsstelle dauerhaft zu verschließen. Die in Stufen ablaufende Blutgerinnung (Gerinnungskaskade), an der etwa
30 verschiedene Faktoren beteiligt sind, führt zur Bildung
Blutstillumg
Thrombozyten
Gerinnungsfaktoren
Bildung eines Fibringerinnsels
– als Wundverschluss
– Matrix für Kollageneinbau
Entzündung und
Reinigung
Freisetzung von Wachstumsfaktoren,
stimulieren Einstrom von Entzündungszellen
Mastzellen,
Lymphozyten
neutrophile
Granulozyten
Makrophagen
Immunabwehr / Phagozytose
Freisetzung von Wachstumsfaktoren und
Zytokinen, stimulieren ...
Proliferation
Fibroblasten
Kollagensynthese
Gefäßendothelzellen
Keratinozyten
Angiogenese
Epithelisierung
Ablaufschema der physiologischen
Wundheilung. Im Idealfall wird in
einer Wunde über verschiedene
voneinander abhängige Prozesse
wie Blutgerinnung, Entzündung
und Abbau devitalisierten Gewebes, Gefäßneubildung, Aufbau
von Granulationsgewebe, Epithelisierung und Ausreifung das
fehlende Gewebe durch ein funktionelles Narbengewebe ersetzt.
Damit die Wundheilungskaskade
regulär ablaufen kann, ist das
chronologisch korrekte Auftreten
der beteiligten Zellen unerlässlich.
Kommt es zur Störung nur eines
Teilschrittes, kann dies die gesamte Wundheilung beeinflussen.
Differenzierung
Defektauffüllung durch
Granulationsgewebe
Kontraktion, Narbenbildung, Epithelisierung,
Ausreifung
Prozesse der Wundheilung [36.37]
Blutgerinnsel bestehend aus Blutplättchen, roten Blutkörperchen
und Fibrinfäden
eines unlöslichen Fibrinnetzes aus Fibrinogen. Es entsteht
ein Gerinnsel, das die Blutung stoppt, die Wunde verschließt und gegen weitere bakterielle Kontamination
und Flüssigkeitsverlust schützt.
Um den Gesamtorganismus dabei nicht durch sich ausbreitende thrombotische Prozesse zu gefährden, müssen
Thrombozytenaggregation und die Vorgänge der Blutgerinnung lokal auf den Ort der Verletzung beschränkt bleiben.
Im strömenden Blut wird der Gerinnungsvorgang deshalb
ständig durch Substanzen des fibrinolytischen (gerinnselauflösenden) Systems kontrolliert.
Entzündungsreaktionen
Die Inflammation oder Entzündung stellt die komplexe
Abwehrreaktion des Organismus auf die Einwirkung
unterschiedlichster Noxen mechanischen, physikalischen,
chemischen oder bakteriellen Ursprungs dar. Ziel ist es,
die Noxen zu eliminieren bzw. zu inaktivieren, das Gewebe
zu reinigen und die Voraussetzungen für die nachfolgenden
proliferativen Vorgänge zu schaffen.
Entzündungsreaktionen sind somit bei jeder Wunde, auch
bei einer geschlossenen Wunde mit intakter Hautoberfläche, vorhanden. Sie treten jedoch verstärkt auf, wenn
bei offenen Hautwunden, die immer bakteriell verunreinigt
sind, die eingedrungenen Mikroorganismen eliminiert und
Detritus sowie sonstige Fremdkörper abgeräumt werden
müssen.
Die Entzündung ist durch die vier Symptome Rötung
(Rubor), Wärme (Calor), Schwellung (Tumor) und Schmerz
(Dolor) charakterisiert. Die zu Beginn der Verletzung kurzfristig eng gestellten Arteriolen erweitern sich durch vasoaktive Substanzen wie Histamin, Serotonin und Kinin. Dies
führt zur verstärkten Durchblutung des Wundgebietes und
zu der für die Eliminierung der Noxen notwendigen Steigerung des lokalen Stoffwechsels. Der Vorgang zeigt sich
klinisch als Rötung und Erwärmung um das Entzündungsgebiet.
Durch die Gefäßerweiterung kommt es gleichzeitig zu
einer Steigerung der Gefäßpermeabilität mit verstärkter
Exsudation von Blutplasma in das Interstitium. Ein erster
Exsudationsschub findet etwa zehn Minuten nach der
Wundsetzung statt, ein zweiter etwa ein bis zwei Stunden
später. Es entsteht ein als Schwellung sichtbares Ödem, an
dessen Ausbildung zusätzlich die verlangsamte Blutzirkulation, aber auch die örtliche Azidose (Verschiebung des
Säure-Basen-Gleichgewichtes in den sauren Bereich) im
Wundgebiet Anteil hat. Es wird heute davon ausgegangen,
dass durch die örtliche Azidose die katabolen Vorgänge
verstärkt und durch die Vermehrung der Gewebsflüssigkeit
die toxischen Zerfallsprodukte von Gewebe und Bakterien
verdünnt werden.
Entzündete Wunden mit dem
deutlich sichtbaren Symptom der
Rötung, oben eine Verbrennungswunde, unten eine OP-Naht nach
gefäßchirurgischem Eingriff
Der Wundschmerz entwickelt sich als Folge freigelegter
Nervenendigungen und der Schwellung, aber auch durch
bestimmte Entzündungsprodukte wie z. B. Bradykinin.
Starker Schmerz kann eine Funktionseinschränkung
(Functio laesa) zur Folge haben.
Prozesse der Wundheilung [38.39]
Phagozytose und Infektabwehr
Etwa 2-4 Stunden nach der Verletzung beginnt im Rahmen
der Entzündungsreaktionen die Einwanderung von Leukozyten, die als so genannte Phagozyten (Fresszellen) zur Phagozytose von Detritus, körperfremdem Material und Keimen
befähigt sind.
In der initialen Entzündungsphase überwiegen hierbei
neutrophile Granulozyten, die verschiedene entzündungsfördernde Botenstoffe, so genannte Zytokine, in die Wunde
sezernieren, Bakterien phagozytieren, aber auch eiweißspaltende Enzyme (Proteinasen) freisetzen, die beschädigte
und avitale Bestandteile der extrazellulären Matrix beseitigen. Dies bedeutet eine erste Reinigung der Wunde.
Im Gefolge der Granulozyten wandern etwa 24 Stunden
später Monozyten in das Wundgebiet ein, die sich dann
im Wundgebiet zu Makrophagen ausdifferenzieren, die
Phagozytose fortsetzen, aber auch durch Sezernierung
weiterer Zytokine und Wachstumsfaktoren entscheidend
in das Geschehen eingreifen.
Ablauf der Phagozytose:
Nach der Opsonierung des Fremdkörpers („Schmackhaftmachen“)
bewegt sich der Phagozyt zielgerichtet auf den Fremdkörper zu
(1), und es kommt zur Adhäsion
(2). Im nächsten Schritt umschließt
der Phagozyt den Fremdkörper mit
Pseudopodien (3). Durch erneutes
Verschmelzen der Pseudopodien
(4) entsteht eine Vakuole (Phagosom), die mit Lysosomen zum
Phagolysosomen verschmilzt (5),
in dem dann die „Verdauung“ des
Fremdkörpers stattfindet (6).
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Die Leukozyteneinwanderung sistiert innerhalb eines Zeitraums von ca. 3 Tagen, wenn die Wunde „sauber“ ist, und
die Entzündungsphase nähert sich ihrem Ende. Kommt es
jedoch zu einer Infektion, hält die Leukozyteneinwanderung
an und die Phagozytose wird verstärkt. Dies führt zu einer
zeitlichen Verlängerung der inflammatorischen Phase und
somit zu einer Verzögerung der Wundheilung.
Die mit Detritus beladenen Phagozyten und aufgelöstes
Gewebe bilden den Eiter. Die Abtötung von Bakterienmaterial im Zellinneren der Phagozyten kann nur mithilfe
von Sauerstoff erfolgen, weshalb eine ausreichende Sauerstoffversorgung im Wundgebiet für die Infektabwehr von
zentraler Bedeutung ist.
Die dominierende Rolle der Makrophagen
Es gilt heute als gesichert, dass eine Wundheilung ohne
funktionierende Makrophagen nicht möglich ist. Der größte
Teil der Makrophagen hat seinen Ursprung in hämatogenen
Monozyten, deren Differenzierung und Aktivierung zum
Makrophagen im Wundgebiet stattfindet. Angelockt durch
chemotaktische Reize bakterieller Toxine und zusätzlicher
Aktivierung durch neutrophile Granulozyten, wandern die
Zellen in dichten Reihen aus dem zirkulierenden Blut in
die Wunde. Im Rahmen ihrer phagozytierenden Tätigkeit,
die den höchsten Aktivierungsgrad der Zellen darstellt, beschränken sich die Makrophagen dabei nicht nur auf einen
direkten Angriff auf Mikroorganismen, sie helfen auch bei
der Antigenübermittlung an die Lymphozyten. Von Makrophagen abgefangene und teilweise aufgebaute Antigene
werden den Lymphozyten in einer erkennbaren Form angeboten.
Makrophagen bei der Phagozytose
von E.-coli-Bakterien
Des Weiteren sezernieren Makrophagen entzündungsfördernde Zytokine (Interleukin-1, IL-1, und tumor necrosis
factor α, TNF-α ) sowie verschiedene Wachstumsfaktoren
Prozesse der Wundheilung [40.41]
Verwundung
Blutgerinnung, Blutplättchen
Entzündung
Epithelzellen
Fibroblasten
Makrophagen – Lymphozyten, Granulozyten
Débridement, Infektabwehr
Angiogenese
Kollagenabbau
Kollagensynthese
Remodelling
Wundkontraktion
Proteoglykansynthese
Wundverschluss
Die Rolle der Makrophagen
bei der Wundheilung
(bFGF = basis fibroblast growth factor, EGF = epidermal
growth factor, PDGF = platelet-derived growth factor und
TGF-α und -β = transforming growth factor α und β). Diese
Wachstumsfaktoren sind Polypeptide, die die an der Wundheilung beteiligten Zellen in vielfältiger Weise beeinflussen:
Sie locken Zellen an und fördern ihren Einstrom in das
Wundgebiet (Chemotaxis), stimulieren die Zellen zur Proliferation, können aber auch eine Transformation der Zellen
bewirken.
Proliferative Phase
Während der zweiten Wundheilungsphase überwiegt die
Zellproliferation mit dem Ziel der Gefäßneubildung und
Defektauffüllung durch das Granulationsgewebe. Die
Phase beginnt etwa am 4. Tag nach der Wundentstehung,
die Voraussetzungen dafür wurden aber bereits in der inflammatorisch-exsudativen Phase geschaffen: Unverletzte
Fibroblasten aus dem umliegenden Gewebe können in das
bei der Blutgerinnung entstandene Gerinnsel und Fibrinnetz einwandern und es als provisorische Matrix nutzen.
Die bereits sezernierten Zytokine und Wachstumsfaktoren
stimulieren und regulieren die Migration und Proliferation
der für die Gewebe- und Gefäßneubildung zuständigen
Zellen.
Gefäßneubildung und Vaskularisierung
Ohne neue Gefäße, die eine ausreichende Versorgung des
Wundgebietes mit Blut, Sauerstoff und Nährstoffen sicherstellen sollen, kann die Wundheilung nicht vorankommen.
Die Gefäßneubildung geht dabei von intakten Blutgefäßen
am Wundrand aus.
Durch die Stimulation von Wachstumsfaktoren sind die Zellen der Epithelschicht, die die Gefäßwände auskleidet (hier
als Endothel bezeichnet), in der Lage, ihre Basalmembran
abzubauen, sich zu mobilisieren und in das umgebende
Wundgebiet und das Blutgerinnsel einzuwandern. Durch
weitere Zellteilungen formen sie hier ein röhrenförmiges
Gebilde, das sich an seinem knospenartigen Ende weiter
teilt. Die einzelnen Gefäßknospen wachsen aufeinander
zu und verbinden sich zu kapillaren Gefäßschlingen, die
sich wiederum so lange weiter verzweigen, bis sie auf ein
größeres Gefäß stoßen, in das sie einmünden können.
Allerdings wurden kürzlich im Blut zirkulierende Endothelstammzellen entdeckt, was möglicherweise die bisherige
Lehrmeinung in Frage stellt.
Eine gut durchblutete Wunde ist äußerst gefäßreich. Auch
die Permeabilität neu gebildeter Kapillaren ist höher als die
der sonstigen Kapillaren, wodurch dem gesteigerten Stoffwechsel in der Wunde Rechnung getragen wird. Allerdings
sind die neuen Kapillaren wenig widerstandsfähig gegen
mechanische Belastungen, weshalb das Wundgebiet vor
Traumatisierungen geschützt werden muss. Mit der späteren Ausreifung des Granulationsgewebes zu Narbengewebe
bilden sich auch die Gefäße wieder zurück.
1
2
Das Modell der Angiogenese: Auflösung der Basalmembran intakter
Blutgefäße durch verschiedene
Substanzen, dadurch Freisetzung
von Endothelzellen, Bildung von
Gefäßknospen durch Zellteilung
(1), die sich zu Kapillarschlingen
weiterentwickeln (2)
Prozesse der Wundheilung [42.43]
Granulationsgewebe
In zeitlicher Abhängigkeit von der Gefäßbildung beginnt
etwa am 4. Tag nach der Wundentstehung die Defektauffüllung mit neuem Gewebe. Es entwickelt sich das so
genannte Granulationsgewebe, dessen Aufbau maßgeblich
von den Fibroblasten initiiert wird. Sie produzieren zum
einen Kollagen, das außerhalb der Zellen zu Fasern ausreift
und dem Gewebe seine Festigkeit verleiht, zum anderen
aber auch Proteoglykane als gallertige Grundsubstanz des
extrazellulären Raums.
Elektronenmikroskopische Aufnahme eines Fibroblasten, der
als wichtigster Zelltyp des Hautbindegewebes für Synthese und
Sekretion von Kollagen, Elastin
und Proteoglykanen verantwortlich ist.
Fibroblasten
Die spindelförmigen Fibroblasten werden nicht mit dem
Blutkreislauf in die Wunde transportiert, sondern stammen
vorwiegend aus dem ortsständigen Gewebe, das verletzt
wurde. Sie werden durch Chemotaxis angelockt. Als Nährsubstrat dienen Aminosäuren, die beim Abbau der Blutgerinnsel durch die Makrophagen entstehen. Gleichzeitig
benutzen die Fibroblasten das bei der Blutgerinnung entstandene Fibrinnetz als Matrix für den Einbau von Kollagen.
Die enge Beziehung zwischen Fibroblasten und dem Fibrinnetz führte in der Vergangenheit zur Annahme, dass das
Fibrin zu Kollagen umgewandelt wird. Tatsächlich aber wird
mit dem zunehmenden Einbau von Kollagen das Fibrinnetz
abgebaut, die verschlossenen Gefäße werden wieder rekanalisiert. Dieser Prozess, gesteuert durch das Enzym Plasmin, wird als Fibrinolyse bezeichnet.
Fibroblasten wandern also in das Wundgebiet ein, wenn
Aminosäuren von aufgelösten Blutgerinnseln bereitstehen
und nekrotisches Gewebe abgeräumt ist. Sind jedoch
Hämatome, nekrotisches Gewebe, Fremdkörper und Bakterien anwesend, wird sowohl die Neubildung der Gefäße als
auch die Fibroblasteneinwanderung verzögert. Der Umfang
der Granulationsbildung korrespondiert so direkt mit dem
Umfang der Blutgerinnung und dem Ausmaß des Entzündungsgeschehens sowie mit der körpereigenen Wundreinigung mithilfe der Phagozytose.
Auch wenn Fibroblasten üblicherweise als „einheitlicher
Zelltyp“ gesehen werden, ist insbesondere für die Wundheilung wichtig, dass sie in Funktion und Reaktion differieren.
In einer Wunde befinden sich Fibroblasten unterschiedlichen Alters, die sich sowohl in ihrer Sekretionstätigkeit als
auch in ihrer Reaktion auf Wachstumsfaktoren unterscheiden. Im Verlauf der Wundheilung wandelt sich ein Teil der
Fibroblasten zu Myofibroblasten um, die die Kontraktion
der Wunde bewirken.
Besonderheiten des Granulationsgewebes
Das Granulationsgewebe kann als eine vorübergehende,
primitive Gewebseinheit oder auch als Organ bezeichnet
werden, das die Wunde „endgültig“ verschließt und als
„Bett“ für die anschließende Epithelisierung dient. Nach
der Erfüllung seiner Aufgaben wird es schrittweise zu
Narbengewebe umgewandelt.
Die Bezeichnung „Granulation“ wurde 1865 von Billroth
eingeführt und rührt daher, dass sich bei der Entwicklung
des Gewebes auf der Oberfläche hellrote, glasig-transparente Körnchen (lat. Granula) zeigen. Jedem dieser Körnchen entspringt ein Gefäßbäumchen mit zahlreichen feinen
Kapillarschlingen, wie sie durch die Gefäßneubildung entstehen. An die Schlingen lagert sich das neue Gewebe an.
Bei einer guten Granulation vergrößern sich die Körnchen
mit der Zeit und nehmen auch zahlenmäßig zu, sodass
schließlich eine lachsrote, feuchtglänzende Oberfläche entsteht. Eine solche Granulation zeigt eine gute Heilung. Gestörte, stagnierende Heilungsprozesse sind gegeben, wenn
die Granulation mit schmierigen Auflagerungen belegt ist,
blass und schwammig aussieht oder bläulich verfärbt ist.
Die Beschaffenheit des Granulationsgewebes ist ein wichtiger
Indikator zur Beurteilung der
Heilungstendenz und Qualität
der Wundheilung. Die Abbildung
oben zeigt ein schwammiges Granulationsgewebe bei inadäquater
Wundheilung; die frischrote
Granulation (unten) hingegen
ist ein Zeichen für einen guten
Heilungsverlauf.
Prozesse der Wundheilung [44.45]
Differenzierungs- und Umbauphase
Etwa zwischen dem 6. und 10. Tag beginnt die Ausreifung
der kollagenen Fasern. Die Wunde kontrahiert, das Granulationsgewebe wird zunehmend wasser- und gefäßärmer,
festigt sich und bildet sich zu Narbengewebe um. Die Epithelisierung bringt dann die Wundheilung zum Abschluss.
Dieser Vorgang beinhaltet die Neubildung von Epidermiszellen durch Mitose und Zellwanderung, vorrangig vom
Wundrand her.
Wundkontraktion
Die Wundkontraktion führt durch Annäherung der nicht
zerstörten Gewebssubstanzen dazu, dass das Gebiet der
„unvollständigen Reparation“ so klein wie möglich gehalten wird und Wunden sich spontan schließen. Sie wirkt sich
umso mehr aus, je beweglicher die Haut gegenüber ihrer
Unterlage ist.
Entgegen der früheren Vorstellung, dass die Wundkontraktion durch die Schrumpfung der Kollagenfasern zustande
kommt, weiß man heute, dass diese Schrumpfung nur eine
untergeordnete Rolle spielt. Verantwortlich für die Kontraktion sind vielmehr die Fibroblasten des Granulationsgewebes, die sich nach Beendigung ihrer Sekretionstätigkeit
teilweise in Fibrozyten (Ruheform der Fibroblasten) und
Wundverschluss durch deutlich
sichtbare Kontraktion und Epithelisierung (links), noch nicht belastbarer Epithelrasen (rechts)
teilweise in Myofibroblasten umwandeln. Der Myofibroblast
ähnelt den Zellen der glatten Muskulatur und enthält wie
diese den kontraktionsfähigen Muskeleiweißkörper Actomyosin. Die Myofibroblasten kontrahieren, womit gleichzeitig die Kollagenfasern gestrafft werden. Dadurch schrumpft
das Narbengewebe und zieht das Hautgewebe am Wundrand zusammen.
Epithelisierung
Die Überhäutung der Wunde bildet den Abschluss der
Heilung, wobei die Vorgänge der Epithelisierung auf das
Engste mit der Ausbildung der Wundgranulation verknüpft
sind. Vom Granulationsgewebe gehen zum einen die
chemotaktischen Signale zur Auswanderung der Randepithelien aus, zum anderen benötigen die Epithelzellen
eine feuchte Gleitfläche für ihre Migration.
Auch die Reepithelisierung ist ein komplexer Vorgang,
der auf einer verstärkten Mitoserate in der Basalschicht
der Epidermis und der Migration neuer Epithelzellen vom
Wundrand her beruht.
Mitose und Migration
Die zur Wundheilungsreaktion befähigten stoffwechselaktiven Zellen der Basalschicht besitzen offensichtlich ein
unbegrenztes Mitosepotenzial, das normalerweise durch
gewebsspezifische Hemmstoffe, die so genannten Chalone,
gedrosselt, im Läsionsfall jedoch voll wirksam wird. Sinkt
also nach einer Epidermisverletzung der extrazelluläre
Chalonspiegel infolge des Verlustes zahlreicher chalonproduzierender Zellen im Wundbereich stark ab, ergibt sich
daraus eine entsprechend hohe mitotische Aktivität der
Zellen der Basalschicht und leitet die für die Defektdeckung
erforderliche Zellvermehrung ein.
Prozesse der Wundheilung [46.47]
Auch die Zellwanderung zeigt ihre Besonderheiten. Während bei der physiologischen Reifung der Epidermis die Zellen von der Basalschicht zur Hautoberfläche hin wandern,
erfolgt der reparative Zellersatz durch Vordringen der Zellen
in linearer Richtung auf den gegenüberliegenden Wundrand hin. Die Epithelisierung vom Wundrand aus setzt bereits mit der Kontinuitätsdurchtrennung der Epidermis ein.
Die auseinander gerissenen Epithelzellen kriechen durch
aktive amöboide Bewegungen, die an die Fähigkeit von
Einzellern erinnern, aufeinander zu und versuchen so, die
Lücke zu schließen. In dieser Weise gelingt das allerdings
nur bei spaltförmigen, oberflächlichen Wunden. Bei allen
anderen Verletzungen der Haut ist die Migration der Wundrandepithelien an die Auffüllung des Gewebedefektes durch
das Granulationsgewebe gebunden, denn die Epithelien
zeigen keinerlei Neigung, in Senken oder Wundkrater hinabzusteigen. Sie benötigen die glatte, feuchte Kriechfläche.
Schematische Darstellung der
Reepithelisierung durch Zellteilung und Zellwanderung. Auf der
Gleitfläche des Granulationsgewebes kriechen die Epithelzellen
aufeinander zu. Ist der Defekt
geschlossen, schieben sich die
Epithelzellen übereinander, sodass die Epitheldecke widerstandsfähiger wird.
Mitose
migrierende Zellen
Migrationsrichtung
›
‹
Kontaktinhibition
›
‹
Mitose
Die Migration der randständigen Epidermiszellen geht nicht
gleichmäßig und unaufhaltsam, sondern wahrscheinlich in
Abhängigkeit von der jeweiligen Beschaffenheit der Wundgranulation schubweise vor sich. An das erste Vorwachsen
des Randepithels schließt sich eine Phase der Verdickung
der zunächst einschichtigen Epitheldecke durch ein Übereinanderschieben der Zellen an. Des Weiteren werden die
bald mehrschichtigen Epithellagen widerstandsfähiger und
dichter.
Besonderheiten der Reepithelisierung
Nach dem Muster der physiologischen Regeneration heilen
lediglich die oberflächlichen Schürfwunden der Haut, das
Regenerat fällt demgemäß vollwertig und ebenbildlich
aus. Alle anderen Hautwunden ersetzen den entstandenen
Gewebeverlust, wie bereits geschildert, durch Zellmigration
vom Wundrand und von erhalten gebliebenen Hautanhangsgebilden aus. Das Resultat dieser Reepithelisierung
stellt nicht einen vollwertigen Hautersatz dar, sondern ein
dünnes, gefäßarmes Ersatzgewebe, das wesentliche Epidermisbestandteile wie Drüsen und Pigmentzellen und wichtige Eigenschaften der Haut, wie z. B. eine ausreichende
Neurotisation, vermissen lässt.
Prozesse der Wundheilung [48.49]
Quantitative Einteilung
der Wundheilung
Seit Galen wird die Wundheilung in eine Heilung per primam intentionem (p.p.) und per secundam intentionem
(p.s.) unterschieden. Dabei bezieht sich die „Intentio”
im Sinne Galens nicht auf die physiologische Natur der
Heilungsvorgänge, sondern auf die Absicht des Arztes,
nach Möglichkeit eine primäre Wundheilung mit nahe
aneinander liegenden, wenig klaffenden Wundrändern zu
erreichen. Die Unterscheidung hat damit vor allem quantitative Bedeutung – bei der sekundären Heilung muss mehr
Ersatzgewebe aufgebaut werden – und sie ist wichtig für
die Prognose. Um der therapeutischen Problematik, die sich
aus dem Umfang und der Art der Gewebszerstörung ergibt,
Rechnung tragen zu können, wird heute weiter unterschieden in die primäre verzögerte Heilung, in die regenerative
Heilung sowie in chronische Wundverläufe.
Primäre Wundheilung (per primam intentionem)
Die Voraussetzungen für die Wundheilung liegen umso
günstiger, je weniger Gewebe geschädigt wurde. Am
besten sind die Heilungsaussichten bei glatten, dicht aneinander liegenden Wundflächen einer Schnittwunde ohne
nennenswerten Substanzverlust und ohne Einlagerung von
Fremdkörpern in einem gut mit Blutgefäßen versorgten
Körpergebiet. In solchen Fällen kommt es beim Ausbleiben
einer Wundinfektion zur primären Wundheilung (per primam intentionem).
Eine p.p.-Heilung ist üblicherweise bei chirurgisch gesetzten
Wunden oder bei Gelegenheitswunden durch scharfkantige
Gegenstände gegeben. Bei entsprechend begrenzter Gewebszerstörung durch andere traumatische Einwirkungen
(z. B. Riss- oder Platzwunden) kann gegebenenfalls durch
ein chirurgisches Débridement die Voraussetzung für eine
Primärheilung geschaffen werden.
Zur Primärheilung fähige Wunden werden durch Naht,
mit Klammern oder mit Wundnahtstreifen geschlossen. Im
Rahmen der Blutgerinnung sorgt Fibrin für eine vorläufige
lockere Verklebung der Wundflächen, während nahezu
unbemerkt die Inflammations- und Exsudationsphase
abläuft. Übergreifend schließen sich die Reparationsvorgänge an, die durch die Einwanderung der Fibroblasten,
die Ausbildung der Grundsubstanz und durch den Einbau
der kollagenen Fasern gekennzeichnet sind. Zahlreiche neu
einsprießende Kapillaren ernähren das junge Bindegewebe
und stellen den Anschluss an den Blutkreislauf wieder her.
Beide Wundflächen sind nach ca. acht Tagen fest miteinander vereinigt. Ihre endgültige Zugfestigkeit erhält die Wunde jedoch erst im Laufe mehrerer Wochen. Das Ergebnis der
Primäre Wundheilung bei
infektfreien, dicht aneinander
liegenden Wundflächen
Verzögerte Primärheilung bei
infektgefährdeter Wunde
Sekundäre Wundheilung mit
Defektauffüllung durch Granulationsgewebe, das sich im Verlauf
der Heilung zu Narbengewebe
umbildet
Regenerative oder auch epitheliale Heilung von Verletzungen,
die ausschließlich die Epidermis
betreffen
Prozesse der Wundheilung [50.51]
Primärheilung ist eine schmale, strichförmige Narbe, die
anfangs durch den Gefäßreichtum rot, später dann durch
die Reduzierung der Gefäße langsam heller und schließlich
weißer als die sie umgebenden normalen Hautpartien ist.
Verzögerte Primärheilung
Eine verzögerte Primärheilung tritt ein, wenn aufgrund der
Wundentstehung mit einer Infektion zu rechnen ist und die
Wunde nicht verschlossen werden darf. Zur Beobachtung
der Infektionsentwicklung wird der Wundspalt tamponiert
und offen gehalten. Bleibt die Infektion aus, kann die Wunde etwa zwischen dem 4. und 7. Tag verschlossen werden
und heilt dann per primam intentionem. Manifestiert sich
eine Infektion, wird die Wunde als sekundär heilend eingestuft und einer offenen Wundbehandlung zugeführt.
Beispiele für die verschiedenen
Arten der Wundheilung:
1) Primäre Wundheilung bei dicht
aneinander liegenden Wundrändern, in der Regel möglich bei
chirurgisch gesetzten Wunden.
2) Regenerative oder epitheliale
Heilung, wobei sich der abgeheilte
vom ursprünglichen Zustand kaum
unterscheidet.
3) Sekundäre Heilung mit Gewebeaufbau, hier nach Dehiszenz einer
Thoraxwunde. Nach der entsprechenden Wundkonditionierung
erfolgt eine Sekundärnaht.
4) Chronischer Heilungsverlauf bei
einem Sakraldekubitus, der mit
dem erforderlichen Aufbau von
Granulationsgewebe der sekundären Wundheilung entspricht.
1
2
3
4
Sekundäre Wundheilung (per secundam intentionem)
Sekundäre Wundheilung ist immer dann gegeben, wenn
Gewebslücken aufzufüllen sind bzw. wenn eine eitrige
Infektion die direkte Vereinigung der Wundränder verhindert. Die Wundflächen liegen nun nicht mehr dicht beieinander, sondern klaffen mehr oder weniger auseinander.
Um die Wunde zu schließen, muss Granulationsgewebe
aufgebaut werden, dessen Entwicklung bereits beschrieben
wurde. Die Arbeitsleistung, die dabei vom Organismus
erbracht werden muss, ist also größer als im Falle der
Primärheilung, wie auch insgesamt der Aufbau des Granulationsgewebes störanfälliger für endogene und exogene
Einflüsse ist.
Regenerative Heilung
Regeneration bedeutet den gleichwertigen Ersatz von
untergegangenen Zellen oder Geweben und ist nur bei
solchen Zellen möglich, die zeitlebens ihre Mitosefähigkeit
behalten. Dazu zählen die Zellen der Basalschicht der Epidermis. Wird bei einer Verletzung also nur die Epidermis
geschädigt, z. B. bei Schürfwunden, heilt diese Wunde narbenlos ab. Die Heilungsvorgänge entsprechen der Wundheilungsphase der Reepithelisierung.
Chronische Heilungsverläufe
Die chronische Wunde ist dem Wesen nach eine sekundär
heilende Wunde, die durch Gewebeaufbau geschlossen
werden muss. Benötigt dieser Vorgang mehr als acht Wochen Zeit, wird die Wunde als chronisch eingestuft. Der
Übergang von einer akuten zur chronischen Wunde kann
dabei in jeder der Wundheilungsphasen erfolgen. Mehrheitlich entwickeln sich chronische Wunden jedoch aus
fortschreitenden Gewebszerstörungen infolge von Gefäßerkrankungen unterschiedlichster Genese, wie venös oder
arteriell bedingten Durchblutungsstörungen, Diabetes
mellitus, lokalen Druckschädigungen, Strahlenschäden
oder Tumoren.
Prozesse der Wundheilung [52.53]
Einflüsse auf die Wundheilung
Wenngleich der menschliche Organismus grundsätzlich
in der Lage ist, Wunden aus eigener Kraft zu heilen, so
unterliegt diese Fähigkeit doch großen individuellen
Schwankungen. Wie schnell und wie gut eine Wunde heilt,
ist abhängig von der allgemeinen körperlichen Verfassung
des betroffenen Menschen sowie von der Wundentstehung
und den daraus resultierenden spezifischen Gegebenheiten.
Auf beide Reaktionslagen wirken vielfältige Einflüsse ein,
allgemeiner oder lokaler Natur, die für den Heilungsverlauf
von wesentlicher Bedeutung sein können.
Allgemeine Einflüsse
Allgemeine Einflüsse ergeben sich aus dem individuell vorliegenden körperlichen Status des Betroffenen. Ihre Relevanz für den Heilungsverlauf ist dabei sehr unterschiedlich
ausgeprägt, manche „Einflüsse“ sind sogar selbst Auslöser
für die Wundentstehung.
60
Jahre
50
40
30
20
10
0
Tage
20 40 60 80 100
Die Heilung einer Wunde von
20 cm2 in Abhängigkeit vom
Lebensalter
Alter des Patienten
Erkenntnisse aus der klinischen Forschung lassen den
Schluss zu, dass das physiologische Altern die Wundheilungsprozesse durch die allgemein reduzierten Zellaktivitäten vor allem zeitlich verzögert, was auch eine
qualitative Minderung des Heilungsergebnisses bedeuten
kann. Eigentliche Wundheilungsstörungen ergeben sich
aber zumeist erst durch die Auswirkungen altersbedingter Multimorbidität mit schlechtem Immunstatus und oft
anzutreffender Mangelernährung. Zwangsläufig treten im
Alter auch Geschwürswunden als Folge von Stoffwechselerkrankungen, Gefäßleiden und Tumoren gehäuft auf.
Dann ist mit einer entsprechend schlechten Heilungstendenz zu rechnen.
Ernährungsstatus
Die Wundheilung wird beeinträchtigt, wenn die für den
gesteigerten Wundstoffwechsel benötigten Nährstoffe und
Nährstoffbestandteile (Proteine und Kalorien, Vitamine und
Mineralstoffe) nicht in ausreichender Menge zur Verfügung
stehen. Werden beispielsweise nicht genügend Proteine zugeführt, sistiert die Proteinsynthese und damit die Zellproliferation von Granulationsgewebe, aber auch von weiteren
Zellen der Immunabwehr. Ein Proteinmangel beeinträchtigt
daher ausnahmslos alle Vorgänge der Wundheilung.
Krankheiten, insbesondere Infektionen und chronische
Ulzera stellen den Stoffwechsel via Zytokinproduktion auf
katabol um, was konsekutiv zu Malnutrition führt. Dem
Körper stehen dann zu wenig Nährstoffe zur Energieproduktion für eine gute Wundheilung zur Verfügung.
Alle Vitamine beeinflussen in ihrer Eigenschaft als Koenzyme die Wundheilung positiv und der Mangel nur
eines einzigen Vitamins kann die Heilung bereits verzögern.
Vitamine des B-Komplexes beteiligen sich z. B. an der Kollagensynthese und stimulieren die Antikörperbildung und
Infektabwehr. Auch Vitamin A wirkt bei der Kollagensynthese und -vernetzung. Antioxidantien wie Vitamin E und
Vitamin C fangen die für die Epithelzellen toxischen freie
Radikale ab. Des Weiteren spielt Vitamin C eine Schlüsselrolle beim Aufbau von Kollagen, ist aber auch von Bedeutung für die Bildung von Interzellularsubstanz, Gefäßbasalmembranen, Komplementfaktoren und Gammaglobulinen.
Bei den Mineralstoffen sind es vor allem ein Zink- und
Eisenmangel, die Störungen verursachen. Zink ist ein zentraler Bestandteil von sog. Metalloenzymen mit bedeutenden biologischen Effekten im Organismus, die sich auch
Prozesse der Wundheilung [54.55]
auf die Wundheilung erstrecken. Eisenmangel verursacht
eine Anämie und vermindert so den Sauerstofftransport in
das Wundgebiet.
Malnutrition mit zum Teil kachektischen Zuständen ist vor
allem bei schwer kranken, multimorbiden und älteren Menschen häufig zu beobachten. Krankheitsbedingt kann sie
ihre Ursachen z. B. in Tumorleiden, Infektionserkrankungen,
Organkrankheiten und starken Schmerzzuständen haben.
Ernährungsbedingt spielen eine ungenügende Nahrungszufuhr oder Resorptionsstörungen oft eine große Rolle.
Immunstatus
Im Rahmen der Wundheilung sind die Vorgänge der
immunologischen Abwehr von großer Bedeutung. Dementsprechend bedingen Beeinträchtigungen oder Defekte
des Immunsystems eine erhöhte Anfälligkeit für Wundheilungsstörungen und infektiöse Komplikationen. Erworbene
Immunmangelerscheinungen bzw. Immundefekte können
sich ergeben durch OP-Traumen, parasitäre, bakterielle
oder virusbedingte Infektionen, aber auch durch eine
Mangelernährung, nach großflächigen Verbrennungen,
nach Strahlenschäden mit ionisierenden Strahlen, nach
Entero- oder Nephropathien mit erheblichem Eiweißdefizit
und zytostatischer immundepressiver Behandlung.
Grunderkrankungen
Krankheiten mit hemmendem Einfluss auf die Wundheilung
sind vorrangig wiederum solche, die die Immunitätslage
des betroffenen Organismus beeinträchtigen, wie z. B.
Tumoren, Autoimmunerkrankungen und Infektionen. Mit
einer verzögerten bzw. gestörten Wundheilung muss aber
auch bei Bindegewebserkrankungen (z. B. Rheumatischer
Formenkreis), Stoffwechselerkrankungen (z. B. Diabetes
mellitus) und Gefäßerkrankungen (z. B. pAVK, venöse Insuffizienz) gerechnet werden. Insbesondere sind Diabetes mellitus sowie arterielle und venöse Gefäßerkrankungen selbst
Auslöser von Ulzerationen.
allgemein (systemisch)
lokal
▪
▪
▪
▪
▪
▪
▪
▪
▪ Ausmaß der Schädigung
(Größe, Tiefe, ...)
▪ Zustand des Wundbettes
(Eiter, Nekrosen, ...)
▪ Zustand der Wundränder
(glatt, zerklüftet, ...)
▪ Keimbesiedelung, Verschmutzung, Infektion
▪ Lokalisation der Wunde
▪ Alter der Wunde
▪ Qualität des Wundmanagements
▪ Operationsbedingungen
und -umstände
Alter
Ernährungsstatus
Immunstatus
Grunderkrankungen
postoperative Komplikationen
akute Traumen
Medikamente
psychosoziale Situation
Wichtige systemische und lokale
Einflüsse auf die Wundheilung
Postoperative Komplikationen
Zahlreiche postoperative Komplikationen wirken sich direkt
auf die Wundheilung aus: Thrombosen und Thromboseembolien, möglicherweise durch die gesteigerten fibrinolytischen Aktivitäten, postoperative Pneumonien, postoperative Peritonitis, postoperativer Ileus und postoperative
Urämie. Hier wirkt offenbar die schwere Intoxikation mit
harnpflichtigen toxischen Substanzen hemmend auf den
Heilungsverlauf.
Auswirkungen akuter Traumen / Schock
Das mit Blutverlust oder hohem Flüssigkeitsverlust einhergehende Trauma, z. B. eine schwere Verbrennung, löst im
Organismus eine Vielzahl mediatorvermittelter Reaktionen
aus, die u. a. zu einer Störung der Mikrozirkulation mit konsekutiver Gewebshypoxie, erhöhter Kapillarpermeabilität
und klinisch erfassbarer Perfusionsstörung mit Schocksymptomatik führen. Das daraus resultierende Missverhältnis
zwischen Sauerstoffbedarf und -angebot sowie der verzögerte Abtransport von Stoffwechselprodukten hat insbesondere Auswirkungen auf die Initialphase der Wundheilung
und die Immunantwort.
Prozesse der Wundheilung [56.57]
Medikamente
Verschiedene Pharmaka üben direkt einen negativen Einfluss auf die Wundheilung aus, wobei vor allem Immunsuppressiva, Zytostatika, Antiphlogistika (hauptsächlich Glukokortikoide) und Antikoagulanzien zu nennen sind. Entsprechend der Hemmwirkung der verschiedenen Substanzen auf
die Blutgerinnung, Entzündungsprozesse und Proliferation
werden insbesondere Granulations- und Narbenbildung
beeinflusst, sodass mit einer herabgesetzten Reißfestigkeit
der Wunde gerechnet werden muss. Allerdings sind die
Auswirkungen auf die Reparaturmechanismen des Gewebes
abhängig von der Dosis, vom Zeitpunkt der Gabe und der
Therapiedauer.
Psychosoziale Situation des Patienten
Die Wundheilung, vor allem die Heilung stoffwechselbedingter chronischer Wunden, wie z. B. diabetischer Ulzera,
erfordert ein großes Maß an Mitarbeit vonseiten des Patienten. Die individuelle, psychosoziale Situation schafft
jedoch oft sehr unterschiedliche Ausgangsbedingungen im
Hinblick auf die Verständnisfähigkeit des Patienten und
seine Motivation, an der Behandlung mitzuarbeiten. Vor
allem nimmt die Zahl älterer Patienten mit chronischen
Wunden stetig zu, die gleichzeitig an demenziellen Erkrankungen leiden, sodass eine adäquate Compliance nicht
mehr gegeben ist. Auch Selbstschädigungstendenzen sind
mitunter zu berücksichtigen.
Des Weiteren zeigen auch Alkohol- und Nikotinabusus sowie Drogenzufuhr negative Einflüsse auf die Wundheilung.
Abgesehen von der gefäßschädigenden Komponente des
Drogenmissbrauchs (Arteriosklerose, schwere Durchblutungsstörungen), weist diese Patientengruppe häufig einen
schlechten Allgemeinzustand mit verringerter Immunitätsabwehr und einem schlechten Ernährungsstatus auf.
Lokale Einflüsse
Lokal sind es naturgemäß der Zustand der Wunde sowie
die Qualität des praktizierten Wundmanagements, die den
Ablauf der Wundheilung beeinflussen.
Wundzustand
Zur Beurteilung des Wundzustandes und den sich daraus
für die Wundheilung ergebenden Konsequenzen sind eine
Reihe von Faktoren zu berücksichtigen:
▪ Entstehung/Ausmaß der Schädigung (Größe, Tiefe, Mitbeteiligung tiefer liegender Strukturen wie Faszien, Muskeln, Sehnen, Knorpeln, Knochen)
▪ Zustand der Wundränder (glatt, unregelmäßig, zerklüftet,
unterminiert, mit Wundtaschen)
▪ Zustand des Wundgrundes (Anteil an nekrotischem
Gewebe, Beschaffenheit der Nekrosen: geschlossene,
schwarze Nekrosen, Schorf, schmieriges Gewebe, verschmutzt, Fremdkörpereinlagerung, sauber)
▪ Beschaffenheit der Exsudation (blutend, blutig serös,
eitrig, ausgetrocknet)
▪ Ausmaß der Keimbesiedelung/Infektionsanzeichen (siehe
auch Kapitel „Wundinfektion“)
▪ Lokalisation der Wunde (in gut oder schlecht durchblutetem Gebiet)
▪ Alter der Wunde (akutes Trauma, verflossene Zeitspanne
vom Unfall bis zur Erstversorgung/Behandlung, chronische Wundzustände)
Bei operativ gesetzten Wunden ergeben sich lokale Einflussfaktoren durch die Art des Eingriffes mit ihren unterschiedlichen hygienischen Risiken, die Lokalisation der
Operation, die Dauer und die Art der Operationsvorbereitung, den Hygienestatus und die Qualität des Hygienemanagements im OP, die Operationstechniken sowie die
Dauer der Operation.
Zwei Methoden, Größe und Volumen einer Wunde zu bestimmen:
Bei flächigen Wunden (oben)
transparente Folie auflegen,
Wundumrisse mit Filzstift markieren, Fläche berechnen. Größe
und Volumen einer Wunde lassen
sich durch das „Auslitern“ (unten)
bestimmen. Wunde mit Folie
abkleben und sterile Flüssigkeit
einspritzen. Die eingespritzten
ml bzw. ccm entsprechen dem
Volumen.
Prozesse der Wundheilung [58.59]
Qualität der Wundbehandlung
Bedeutenden Einfluss auf die Wundheilung hat nicht zuletzt
aber auch die Qualität des Wundmanagements. Je nach
Wundart und Genese erfordert das Wundmanagement
dabei die unterschiedlichsten therapeutischen Maßnahmen: chirurgische Eingriffe zur Versorgung akuter Traumen
ebenso wie komplexe Kausaltherapien zur Beeinflussung
chronischer Wundverhältnisse oder eine sachgerechte
Verbandbehandlung. Ein gutes Wundmanagement berührt
viele medizinische Disziplinen, und nicht selten sind Erfolge
bei der Wundbehandlung nur durch interdisziplinäre Zusammenarbeit möglich.
Die Prinzipien der Wundbehandlung bei akuten (ab Seite
80) und chronischen Wunden (ab Seite 96) werden in den
entsprechenden Kapiteln beschrieben.
Störungen der Wundheilung
Durch die Auswirkungen einzelner oder mehrerer der
genannten Einflüsse ergeben sich Störungen der Wundheilung in unterschiedlicher Ausprägung und Erscheinungsform: Stagnierende Wundreinigung, minderwertiger bzw.
verzögerter Aufbau von Granulationsgewebe oder eine
fehlende Reepithelisierung gehören dazu ebenso wie typische postoperative Komplikationen (Serome, Hämatome,
Wunddehiszenzen und hypertrophe Narbenbildungen)
sowie die Wundinfektion als häufigste und schwerwiegendste Störung.
Serome
Serome sind Hohlräume im Wundbereich, in denen sich
Blut, Serum oder Lymphe ansammeln. Meist entstehen sie
durch Reizzustände im Wundgebiet, z. B. verursacht durch
Fremdkörper, Koagulationsnekrosen durch übermäßige
Anwendung von Elektrokoagulation oder Massenligaturen,
aber auch durch Spannungszustände in der Wunde bei
stark angespannten Nähten oder durch unterschwellige
Infektionen. Transsudate bei allgemeinen Eiweißmangelzuständen oder Allgemeinerkrankungen sowie ein behinderter
Lymphabfluss können ursächlich mit in Betracht kommen.
Kleinere Serome können mit einer Kanüle punktiert werden,
bei größeren muss eine Wundrevision erfolgen. Die alte
Wunde wird eröffnet, wobei im Falle einer Wundfistel die
Lymphgänge mittels Elektrokoagulation verschorft werden.
Es erfolgt die Einlage einer Redondrainage, die erst gezogen werden darf, wenn sich die Haut fest mit der Unterlage
verbunden hat. Eine Komplikation besteht darin, dass sich
die primär nicht infizierten Serome durch das vorherrschende günstige Milieu zur Keimvermehrung infizieren. Sie sind
dann wie Abszesse zu behandeln.
Prozesse der Wundheilung [60.61]
Wundhämatome
Wundhämatome bilden sich im Wundspalt als Folge mangelhafter Blutstillung der ins Wundgebiet einmündenden
Gefäße oder bei postoperativ auftretender Blutdrucksteigerung. Sie finden sich häufig bei Hemmung der Blutgerinnung infolge Antikoagulanzientherapie oder bei pathologischen Defekten im Gerinnungssystem.
Ausgedehntes Wundhämatom
Die klinischen Symptome einer Nachblutung sind Pulsanstieg, Blutdruckabfall, Umfangszunahme z. B. des Halses
oder einer Extremität. Diagnostisch sollten ein Blutbild erstellt, der Gerinnungsstatus überprüft sowie eine Puls- und
RR-Kontrolle und eine Sonographie durchgeführt werden.
Bei kleineren Hämatomen können Eisapplikation und Punktion zur Begrenzung ausreichend sein. Größere Hämatome
müssen als potenzielle Infektionsherde entleert werden.
Die Revision wird meist im Bereich des alten Hautschnittes
vorgenommen, alle Koagel müssen entfernt werden. Nach
der Spülung mit Ringerlösung erfolgt das Einlegen einer
Redondrainage und der erneute Wundverschluss.
Weichteilnekrosen
Weichteilnekrosen entstehen, wenn die Ernährung von
Wundrand- bzw. Weichteilgewebe durch die Verletzung
oder Stauung von versorgenden Gefäßen reduziert oder
unterbrochen wurde, so z. B. durch inadäquate Schnittführung, starke Traumatisierung der Haut oder falsche
Nahttechnik. In der Regel sind sie nur im Bereich der Hautwunde erkennbar und in ihrer Demarkierung zu verfolgen.
Wundrandnekrose im Nahtbereich
eines Amputationsstumpfes
In den ersten Tagen der Wundheilung fallen sie als blasse
oder zyanotische kühle Hautpartien auf, die sich allmählich
braun verfärben. Die Hautnekrosen müssen trocken gehalten und sollten nicht vorzeitig abgetragen werden, da sie
einem sterilen Verband gleichkommen. Sie werden erst
nach ihrer spontanen Demarkierung abgetragen. Feuchte
Nekrosen müssen hingegen wegen der Gefahr tiefer Eiterretentionen sofort entfernt werden.
Wunddehiszenzen (Rupturen)
Wunddehiszenzen sind Wundheilungsstörungen, bei denen
Teile der Wundflächen trotz Adaptionsnähten nicht miteinander verkleben und bindegewebig verbunden werden,
sondern infolge der Spannungszustände im Gewebe voreinander zurückweichen. Beispiele für prädisponierende Faktoren sind ischämisierende Nähte, zu früh gezogene Fäden,
Malnutrition, Faktor-XIII-Mangel, Adipositas, konsumierende Neoplasmen, postoperativer Husten oder Diabetes mellitus. Aber auch Therapien mit Zytostatika, Kortikoiden oder
Antibiotika erhöhen das Risiko von Rupturen.
Eine postoperative Wunddehiszenz nach Laparatomie kann
komplett (alle Schichten betreffend), inkomplett (intaktes
Peritoneum) oder inapparent (Hautnaht noch geschlossen) sein. Symptome sind die am dritten Tag einsetzende
serös-sanguinolente Wundsekretion und Zunahme von
Wundschmerzen, Magenatonie und paralytischer Ileus oder
Darmvorfall aus der Wunde (Eviszeration). Die Dehiszenz
wird operativ saniert, ggf. unter Implantation eines Kunststoffnetzes. Die Prognose ist bei rechtzeitiger Behandlung
gut, die Letalität liegt unter 10 %.
Komplette Ruptur mit Muskelnekrose nach einer Bypass-Operation
im Knie (oben), Ruptur nach einer
Dickdarmresektion (unten)
Hypertrophe Narbenbildungen
Manche Menschen neigen zu überschießender Narbenbildung, als deren Ursachen Störungen in der Kollagenbildung und der -vernetzung diskutiert werden. Hypertrophe
Narben entwickeln sich bald nach der Operation, bleiben
in der Regel auf das Wundgebiet begrenzt und zeigen eine
spontane Tendenz zur Rückbildung.
Für die Ausbildung hypertropher Narben spielt auch die
Wundlokalisation im Hinblick auf die Spaltlinien der Haut
eine Rolle. Verläuft die Naht einer Wunde vertikal zur Richtung der Langer’schen Spaltlinien in diesem Hautareal, ist
mit einer hypertrophen Narbenbildung zu rechnen. Dieser
Umstand gewinnt besondere Bedeutung in Körperregionen,
wo infolge großer Muskelbewegung Zugkräfte in Längs-
Hypertrophe Narbenbildung nach
Verbrennung
Prozesse der Wundheilung [62.63]
richtung der Narbe einwirken. Das Ergebnis sind dann nicht
nur kosmetische Fehlleistungen. Verläuft die Narbe über
ein Gelenk hinweg, kommt es mit zunehmender Narbenkontraktur zu einer schwerwiegenden Funktionseinschränkung
des Gelenks.
Bei abgeheilten Brandwunden mit entsprechender Disposition wird versucht, durch Kompression mithilfe individuell
genähter, elastischer Anzüge („pressure garments“) der
Hypertrophie von Narben vorzubeugen.
Keloid mit typischen Kollagensträngen
Keloide
Von den hypertrophen Narben sind die Keloide primär
schwer abzugrenzen. Auch bei ihnen handelt es sich um
faserreiche Narbenwucherungen, die selbst nach späterer
Exzision zu Rezidiven neigen. Entscheidend in der Abgrenzung gegenüber der hypertrophen Narbenbildung ist ihre
Struktur, die aus dicken glasigen oder hyalinen Strängen
von Kollagen besteht, die in einer schleimigen Matrix eingebettet sind. Selbst kleinste Inzisionen können erhebliche
Keloide verursachen, wobei diese sich unabhängig von
Muskelbewegungen und selten über Gelenken entwickeln.
Im Gegensatz zu hypertrophen Narben überschreiten die
Keloide in ihrer Entwicklung häufig die Wundgrenzen und
zeigen keine Tendenz zur Rückbildung. Chirurgische Korrekturen verschlechtern die Situation oftmals.
Die Wundinfektion
Die Infektion der Wunde ist die folgenschwerste Störung
der Wundheilung. Sie wird durch die verschiedensten
Mikroorganismen verursacht, die in die Wunde eindringen,
sich dort vermehren und dabei schädigende Giftstoffe
erzeugen. Das Infektionsgeschehen ist zumeist örtlich begrenzt und führt durch Gewebszerstörungen mit Nekrosenbildung zu unterschiedlich schweren Wundheilungsstörungen. Jede Wundinfektion kann sich aber auch systemisch
bis hin zur akut lebensbedrohlichen Sepsis ausweiten.
Infektionsanzeichen
Die bereits vom römischen Arzt Aulus Cornelius Celsus
(1. Jahrhundert n. Ch.) beschriebenen Anzeichen der
Wundinfektion wie Rubor (Rötung), Tumor (Schwellung),
Calor (Wärme) und Dolor (Schmerz) dienen immer noch als
Entscheidungshilfe für ihre Erkennung. Sie sind Ausdruck
des Abwehrkampfes des Immunsystems gegen die eingedrungenen Mikroorganismen, der einem Wettlauf zwischen
der Antikörperproduktion und der Keimvermehrung gleicht.
Allgemeine Symptome sind Fieber und Schüttelfrost, Leukozytose sowie eine Schwellung der regionären Lymphknoten,
wobei insbesondere Fieber einer sorgfältigen Abklärung
bedarf.
Je früher die Diagnose einer Infektion gestellt wird, umso
größer sind die Chancen, sie rechtzeitig in den Griff zu
bekommen. Gerade das Erkennen beginnender Infektionen
ist jedoch mit Schwierigkeiten verbunden, weil die eindeutigen Symptome noch fehlen. Das Fortbestehen eines
lokalen Reizzustandes, febrile Temperaturen, anhaltende
Leukozytose und zunehmender Wundschmerz sind ernst zu
nehmende Anzeichen.
Aulus Cornelius Celsus, 1. Jahrhundert n. Chr., gilt trotz der
unsicheren Daten zu seinem
Lebenslauf als Autor eines der
wichtigsten medizinischen Werke
der Antike.
Prozesse der Wundheilung [64.65]
Dispositionsfaktoren
Das Infektionsgeschehen ist ein komplexer, von vielen
Dispositionsfaktoren beeinflusster Vorgang. Von ausschlaggebender Bedeutung für das Angehen einer Infektion sind
dabei zunächst einmal die Art, die Pathogenität und Virulenz sowie die Anzahl der beteiligten Keime. In der Wunde
finden die Keime dann ein bestimmtes Milieu vor, das in
mehr oder weniger ausgeprägter Weise ihren Lebensbedingungen entspricht. Deshalb sind der Zustand der Wunde
(Verschmutzungsgrad, Ausmaß des zerstörten Gewebes,
Durchblutungssituation usw.), ihr Alter und auch ihre Genese weitere wichtige Dispositionsfaktoren. Insbesondere
spielt es eine große Rolle, wie schnell sich in Abhängigkeit
vom Wundzustand die lokalen Abwehrmechanismen formieren können und wie wirksam sie sind.
Dies wiederum ist abhängig von dem allgemeinen Immunstatus des betroffenen Organismus. Ein bereits geschwächtes Immunsystem, ein reduzierter Allgemeinzustand,
bestimmte Stoffwechselerkrankungen, bösartige Tumoren,
fortgeschrittenes Alter, Mangelernährung usw. haben
immer auch negative Auswirkungen auf die Immunantwort.
Dadurch ergeben sich für die eingedrungenen Mikroorganismen weitere günstige Wachstumsbedingungen.
Infektionserreger
Erreger von Wundinfektionen können Viren, Pilze und Bakterien sein, in überwiegenden Fällen sind jedoch Bakterien
die Verursacher.
Bakterien sind immer einzellige Mikroorganismen, deren
Zellinneres nur eine geringe Differenzierung aufweist. Es
besteht aus einem „Kernäquivalent“ mit genetischem
Material sowie dem Zytoplasma mit Ribosomen, verschiedenen Enzymen und Plasmiden als Träger von Resistenzfaktoren. Der äußeren Zellwand kann eine Kapsel in
unterschiedlicher Zusammensetzung angelagert sein, die
die Bakterien gegebenenfalls vor Austrocknung oder vor
Fresszellen schützt.
Viele Bakterien bilden giftige Substanzen, sog. Toxine.
Basis für die Toxinbildung können sowohl das Exotoxin aus
dem Zytoplasma als auch das Endotoxin aus der Zellwand
sein. Das Exotoxin wird von den Bakterien laufend aus
dem Zellinneren abgesondert, z. B. bei Gasödemerregern.
Endotoxin wird erst bei der Zellauflösung mit dem Zerfall
der Zellwand frei.
Benötigen Bakterien zum Leben Sauerstoff, werden sie
als obligat aerobe Bakterien klassifiziert, brauchen sie ein
sauerstofffreies Milieu, als Anaerobier. Sie sind fakultativ
aerob bzw. anaerob, wenn sie in beiden Milieus existieren
können. Die Differenzierung von Bakterien erfolgt nach bestimmten Färbemethoden, so z. B. die Färbung nach Gram
zur Unterscheidung in grampositive und gramnegative
Bakterien.
grampositiv
Nukleoid
(Kernäquivalent)
Bau und Merkmale
grampositiver und
gramnegativer Bakterien
gramnegativ
Kapsel
Plasmid
Ribosomen
Geißeln
äußere
Membran
Pili
Zellwand
(Mureinschicht)
periplasmatischer
Spalt
ZellZytoplasma membran
Prozesse der Wundheilung [66.67]
Elektronenmikroskopische Aufnahmen von Bakterien mit unterschiedlicher Pathogenität:
1) Clostridium tetani, grampositiv,
Tetanuserreger, hoch pathogen
2) Escherichia coli, gramnegativ,
im frühen Stadium der Teilung,
fakultativ pathogen
3) Staphylococcus aureus, grampositiv, komplettes Bakterium
sowie rechts oben durch Antibiotikumeffekt aufgelöstes Bakterium,
fakultativ pathogen
4) Staphylococcus epidermidis,
grampositiv, im Stadium der Teilung, apathogen
1
2
3
4
Pathogenität
Als Erreger von Infektionskrankheiten bzw. von Wundinfektionen kommen Bakterien erst dann in Betracht, wenn sie
über ein spezifisches, für den Menschen krank machendes,
d. h. pathogenes Potenzial verfügen.
Bakterien können bereits hochpathogen sein, wenn sie
in die Wunde eindringen. Dem menschlichen Organismus
verbleibt dann keine Zeit mehr zur Aktivierung der körpereigenen Abwehrmechanismen, weshalb solche Infektionen
lebensbedrohlich sind. Ein Beispiel hierfür ist der durch
Clostridium tetani hervorgerufene Wundstarrkrampf.
Andere Erregerstämme sind fakultativ, d. h. bedingt pathogen. Vielfach handelt es sich hierbei um Bakterien aus der
physiologischen Besiedelung des menschlichen Organismus, die ihren natürlichen Standort verlassen haben, in die
Wunde eingedrungen sind und am veränderten Standort
ihre pathogene Potenz entfalten. Dies ist beispielsweise der
Fall, wenn Escherichia coli aus der Darmflora in die Wunde
gelangen. Beim Staphylococcus aureus, ebenfalls ein wichtiger Erreger von Wundinfektionen, liegt die menschliche
Trägerrate bei ca. 30 %. Hauptkeimreservoir ist die Nase.
Eine weitere Gruppe von Bakterien ist als apathogen klassifiziert. Sie können jedoch bei entsprechender Disposition
des Patienten, z. B. bei reduzierter Abwehrkraft, zu opportunistischen Infekten und zur Wundinfektion führen. Ein
Beispiel hierfür ist der Staphylococcus epidermidis, der sich
normalerweise als harmloser Keim auf der Haut findet.
Virulenz
Die Pathogenität, also das krank machende Potenzial von
Bakterien, ist in engem Zusammenhang mit ihrer Infektionskraft, der Virulenz, zu sehen, die letztlich den Grad der
Pathogenität bestimmt.
Die Virulenz ist eine erworbene, veränderbare Eigenschaft,
sodass sich avirulente bzw. nur wenig virulente Bakterien
unter dem Druck von Umwelteinflüssen rasch genetisch
verändern und äußerst virulent werden können. Diese
Problematik ist insbesondere im Krankenhausbereich von
aktueller Brisanz, weil sich hier durch die konzentrierte
Anwendung keimhemmender Substanzen neue Genotypen
entwickelt haben, die virulenter und resistenter gegen
Chemotherapeutika sind als es beispielsweise der gleiche
Bakterientyp in häuslicher Umgebung ist.
Erregerdosis – manifeste Wundinfektion
Jede Wunde, auch eine sog. aseptische OP-Wunde, ist mit
Keimen besiedelt. Die Anwesenheit von Bakterien auf der
Wunde ist jedoch nicht gleichbedeutend mit einer Wundinfektion, sondern wird als Kontamination bezeichnet. Die
körpereigenen Abwehrmechanismen sind häufig in der
Lage, mit dieser Keimbesiedelung fertig zu werden, sodass
es gar nicht zur Infektion kommt. Erst wenn die Bakterien
tiefer in die Wunde eindringen, sich dort vermehren, durch
ihre Toxine das Gewebe schädigen und Entzündungsreaktionen hervorrufen, kann vom Bestehen einer Infektion
gesprochen werden.
Prozesse der Wundheilung [68.69]
Die Vermehrung der Bakterien erfolgt immer durch Teilung.
Abgesehen von hoch virulenten Keimen startet die Vermehrungstätigkeit der Bakterien nicht sofort mit dem Eindringen in die Wunde, sondern sie benötigen einige Stunden
zur Anpassung an den neuen Nährboden. Die Inkubationszeit beträgt im Allgemeinen acht bis zehn Stunden, dann
nimmt die Bakterienzahl rasch zu.
Die Teilungsgeschwindigkeit
(Generationszeit) liegt bei günstigem Milieu und optimalen Temperaturbedingungen für viele Bakterien bei etwa 20 bis 30 Minuten.
Die Graphik zeigt die theoretische
Vermehrung einer einzigen Bakterie bei einer Generationszeit
von 20 Minuten nach 4, 8 und 10
Stunden.
4 Stunden
4.096 Keime
8 Stunden
16.777.216 Keime
10 Stunden
1.073.741.824 Keime
Logischerweise ist dabei auch die Anzahl der eingedrungenen Keime, die Erregerdosis, von ausschlaggebender Bedeutung. Je mehr Keime eingedrungen sind, umso größer
wird die Wahrscheinlichkeit, dass es zu einer Wundinfektion kommt. Messungen an standardisierten Proben haben
nachgewiesen, dass 104 pyogene Streptokokken/mm3 bzw.
105-106 Staphylococci aurei/mm3 vorhanden sein müssen,
um eine Wundinfektion zu erzeugen. Abhängig vom klinischen Zustand kann also eine Zahl von 105 Keimen/mm3
Gewebe als ungefähre Richtschnur für eine therapiebedürftige Infektion gelten.
Bei der Anfertigung des Wundabstriches ist die richtige
Technik für das zuverlässige Ergebnis entscheidend. Die
Abstriche sind aus der Tiefe der Wunde und von den Wundrändern zu entnehmen, da sich die Infektionserreger an
dieser Stelle konzentrieren.
Wundzustand und Infektionsanfälligkeit
Grundsätzlich ist die frische Wunde in hohem Maße infektionsanfällig. Mit zunehmender Organisation der Abwehrmechanismen verringert sich die Infektionsgefährdung, sodass
eine Wunde mit gut vaskularisiertem Granulationsgewebe
den Erregern bereits erheblichen Widerstand entgegensetzen kann. Auch ältere chronische Wunden zeigen erfahrungsgemäß eine eher geringere Infektanfälligkeit. Solange
die Wunde jedoch nicht durch eine geschlossene Epithelschicht geschützt ist, bleibt ein Infektionsrisiko bestehen.
Die für die lokale Abwehr und Antikörperbildung wichtigen
Zellen und Substanzen sowie der zur Phagozytose benötigte
Sauerstoff können nur mit einer funktionierenden Durchblutung in das Wundgebiet gebracht werden. Jede verminderte
bis fehlende Durchblutung im Wundgebiet erhöht deshalb
das Infektionsrisiko erheblich.
Auch nekrotisches Gewebe ist nicht mehr durchblutet und
stellt zugleich einen idealen Nährboden für Bakterien dar.
Alle traumatisch bedingten Wunden mit Gewebsquetschungen, Zerreißungen und Taschenbildungen sind somit besonders infektionsgefährdet. Bei der Behandlung solcher Wunden ist von Anfang an von einer Infektion auszugehen, um
durch eine umfassende Wundexzision rechtzeitig „saubere“
Wundverhältnisse zu schaffen. Bestehen geschlossene Nekrosekappen, wie sie z. B. für Dekubitalulzera typisch sind,
ist zu bedenken, dass sich unter der Nekrose eine eitrige
Infektion befinden kann, die sich in tiefere Gewebsschichten ausbreiten und zur Osteomyelitis führen kann.
Riskant ist des Weiteren nicht abfließendes, mit Keimen
belastetes Sekret, z. B. bei tiefen und zerklüfteten Wunden.
Es kommt zur Bildung einer feuchten Kammer, wobei dieser
negative Effekt gegebenenfalls durch einen ungeeigneten
Verband mit ungenügender Saugkraft und Wasserdampfdurchlässigkeit noch verstärkt wird.
Prozesse der Wundheilung [70.71]
Sind Fremdkörper wie z. B. Nahtmaterial, Plastikteile, Implantate usw. in der Wunde, bewirken diese eine lokale
Minderung der körpereigenen Abwehr. Sie verursachen
eine mehr oder weniger ausgeprägte Ischämie, die Infektionsgefahr steigt. Des Weiteren ist für den Grad der Infektionsgefährdung auch die Lokalisation der Wunde von
Bedeutung, da die einzelnen Körperregionen sowohl eine
unterschiedliche Durchblutung als auch eine unterschiedlich hohe Keimbesiedelung aufweisen.
Für das Infektionsrisiko spielt schließlich die Wundentstehung eine große Rolle. Bei chirurgisch gesetzten Wunden ist das Infektionsrisiko grundsätzlich abhängig von
der Art des Eingriffes mit ihren spezifischen hygienischen
Risiken (aseptische und bedingt aseptische Eingriffe, OP in
primär kontaminiertem und in primär septischem Wundgebiet). Weitere Risiken ergeben sich bei der Operationsvorbereitung und -durchführung sowie der postoperativen
Wundversorgung. Durch verschiedene Studien belegte
wichtige Faktoren sind:
▪ Dauer der Operationsvorbereitung auf der Station, weil
mit jedem Tag die Besiedelung des Patienten mit Krankenhauskeimen zunimmt
▪ Präoperatives Antibiotikaregime
▪ Präoperative Rasur des Operationsfeldes
▪ Hygienestatus und Qualität des Hygienemanagements
im OP
▪ Operationstechniken, Ausmaß der Gewebstraumatisierung, z. B. durch mangelhafte Schnittführung, Elektrokoagulation, fehlerhafte Naht- und Knotentechnik usw.
▪ Dauer der Operation, die Zahl der Erreger nimmt zu,
freiliegende Gewebe sind verstärkt durch Austrocknung,
Zirkulationsstörungen, reaktive Ödeme usw. gefährdet
▪ Wunddrainagen und ihre postoperative Versorgung.
Alle Wunden, die durch äußere Gewalteinwirkung entstanden sind, wie z. B. Stich-, Quetsch- und Pfählungswunden,
sind generell als infiziert einzustufen, da mit dem die Verletzung verursachenden Gegenstand immer Keime in die
Wunde gelangen. Das Gleiche gilt für Bisswunden, da mit
dem Speichel von Tier und Mensch zumeist sehr virulente
Keime übertragen werden.
Arten der Infektionen
Die verschiedenen Erregerarten lösen spezifische Gewebsreaktionen aus, die das klinische Erscheinungsbild der Infektion prägen.
Pyogene Infektion
Verursacher pyogener, d. h. eitriger Infektionen sind vor
allem die „Eitererreger“ wie grampositive Staphylokokken
und Streptokokken sowie gramnegative Pseudomonas und
Escherichia coli. Bereits aus der Beschaffenheit und dem
Geruch des Exsudats kann der klinisch Erfahrene auf den
vorherrschenden Erregertyp schließen. Dennoch darf auf
einen Abstrich mit Antibiogramm als Basis für eine adäquate Antibiotikabehandlung nicht verzichtet werden.
▪ Staphylokokken: rahmig gelblicher, geruchloser Eiter
▪ Streptokokken: dünnflüssiger, gelbgrauer Eiter
▪ Pseudomonas: blaugrünlicher, süßlich riechender Eiter
▪ Escherichia coli: bräunlicher, fäkulent riechender Eiter
Typisch für eine pyogene Pseudomonas-Infektion ist blaugrünlicher, süßlich riechender Eiter.
Putride Infektion
Die putride Infektion oder faulig jauchige Gewebegangrän
entwickelt sich vor allem aus Mischinfektionen von Escherichia coli und den Fäulniserregern Proteus vulgaris und
Streptococcus putrides. Die Fäulniserreger zersetzen die
Körperzellen, wobei sich beim Abbau der Eiweißstrukturen
faulige Gase mit typisch jauchigem Gestank bilden. Das klinische Bild zeigt gangränöse Entzündungen mit Gasphleg-
Prozesse der Wundheilung [72.73]
mone im umgebenden Gewebe. Notfallmäßig muss sofort
eine Therapie mit einem gegen Aerobier und Anaerobier
wirksamen Antibiotikum einsetzen, der bakteriologische
Befund kann nicht abgewartet werden.
Gasbrand mit bereits schwarzen
Weichteilnekrosen, typisch ist
auch ein Knistern bei Betasten.
Gasbrand
Die im Erdreich und Straßenstaub vorkommenden Gasbranderreger Clostridium perfringens, Clostridium novyi und
Clostridium septicum sind obligate Anaerobier und finden
ideale Wachstumsbedingungen in zerklüfteten, nekrotischen und mangeldurchbluteten Wunden. Sie geben rasch
gewebeauflösende und gasbildende Ekto- und Endotoxine
ab, die schnell zur allgemeinen Intoxikation des Organismus führen. Echter Gasbrand (im Gegensatz zu Gasphlegmone bei putriden Infektionen) tritt nur noch selten auf,
verläuft dann jedoch meist tödlich.
Wundstarrkrampf
Der Erreger ist Clostridium tetani, ebenfalls ein obligater
Anaerobier mit Vorkommen im Erdreich und Straßenstaub. Besonders gefährdet sind wiederum zerklüftete,
verschmutzte und mangeldurchblutete Wunden, Eintrittspforte kann aber auch jede Mikroläsion der Haut sein.
Die von den Bakterien freigesetzten Nervengifte wandern
über die Nervenbahnen in das Rückenmark und lösen
Krampflähmungen aus, die sich in kraniokaudaler Richtung
ausbreiten. Schutz vor Wundstarrkrampf, der etwa in der
Hälfte der Fälle tödlich endet, bietet die Tetanusimpfung.
Ist im Falle von Verletzungen die Grundimmunisierung nicht
sicher nachzuweisen, gilt der Patient als ungeimpft und erhält aktiven und passiven Impfschutz.
Tollwut
Die durch Rhabdoviren hervorgerufene Tollwut wird mit
dem Speichel beim Biss eines erkrankten Tieres übertragen.
Das krank machende Agens dringt in die Bisswunde ein
und steigt ähnlich dem Tetanustoxin längs der Nerven zum
Zentralnervensystem auf. Es kommt zur Totalparese mit
Exitus. Bei der vollen Manifestation versagt jede Therapie,
sodass bereits bei Tollwutverdacht (abnormes Verhalten
des beißenden Tieres) gehandelt werden muss.
Erysipel
Das Erysipel ist eine relativ häufige bakterielle Erkrankung,
meist hervorgerufen durch β-hämolysierende Streptokokken. Es tritt akut mit Fieber, Schüttelfrost, Schwellung,
Rötung, Überwärmung und Druckschmerz der befallenen
Haut auf. Bevorzugte Lokalisationen sind der Unterschenkelbereich oder das Gesicht. Durch die typisch scharfe
Abgrenzung gesunder Hautareale zur flammenden Rötung
ist die Diagnose einfach zu stellen. Als Eintrittspforte
genügen winzige Erosionen der Haut oder Schleimhaut;
Abflussbehinderungen im lymphatischen und venösen
System begünstigen die Entstehung. Eine seltenere Form
mit schwerem Verlauf ist das nekrotisierende Erysipel mit
Schocksymptomatik.
Verhütung und Behandlung von Wundinfektionen
Die Verhütung einer Wundinfektion ist gleichbedeutend
mit einer weitestgehenden Verhinderung der Keimbesiedelung, während sich die Behandlung auf eine entscheidende
Reduzierung der bestehenden Keimbesiedelung bzw. auf
die Eliminierung der eingedrungenen Bakterien konzentriert. Die Maßnahmen, die der Prophylaxe und der Behandlung dienen, sind dabei in der praktischen Anwendung
nicht isoliert, sondern als Gesamtkonzept zu sehen und
erfordern ein diszipliniertes Vorgehen aller an der Wundversorgung Beteiligten.
Erysipel am Unterschenkel, mit
typisch scharfer Abgrenzung zu
den gesunden Hautarealen (oben);
fortgeschrittenes, bereits nekrotisierendes Erysipel, ebenfalls am
Unterschenkel (unten)
Prozesse der Wundheilung [74.75]
Eine übergeordnete Maßnahme ist die strikte Einhaltung
der Asepsis. Sie ist unabdingbare Voraussetzung für die
präoperative Vorbereitung, das intra- und postoperative
Geschehen sowie für die offene Wundbehandlung bei allen
akuten und chronischen Wundzuständen.
Auch bereits klinisch infizierte Wunden sind ausschließlich
unter aseptischen Bedingungen zu versorgen. Abgesehen
davon, dass weitere Sekundärinfektionen verhütet werden
müssen, stellen solche Wunden ein Reservoir äußerst virulenter Keime dar, deren Verschleppung nur durch umfassende Asepsis zu verhindern ist.
Weitere Maßnahmen zur Verhütung und Behandlung von
Wundinfektionen sind wiederum abhängig vom Wundzustand und erfordern ein adäquates Vorgehen:
Bei infizierten Wunden mit primärem Verschluss ist durch
Eröffnen der Naht und geeignete Wunddrainagen für einen
raschen Sekretabfluss zu sorgen. Bei allen sekundär heilenden Wunden, wie z. B. traumatisch bedingten oder auch
chronischen Ulzerationen, steht das ausgiebige chirurgische
Débridement im Vordergrund: Nekrosen und avitales Gewebe müssen großzügig entfernt, Wundtaschen weit eröffnet,
schmierige Beläge und Fremdkörper sowie infizierte Areale
abgetragen werden. Damit wird gleichzeitig die Gewebsdurchblutung mit entsprechender Sauerstoffzufuhr gesichert, die für die Arbeit der lokalen körpereigenen Abwehr
unerlässlich ist.
Sollte ein chirurgisches Débridement aufgrund spezifischer
Situationen nicht möglich sein, ist eine physikalische Wundreinigung mit feuchter Verbandbehandlung und gegebenenfalls die lokale Applikation enzymatischer Präparate
angezeigt.
Antiseptika
Nach allgemeiner Definition besteht die prophylaktische/
therapeutische Zielsetzung der Antiseptik darin, Mikroorganismen mithilfe lokal wirkender chemischer Substanzen – als Antiseptika oder auch als Antiinfektiva bezeichnet
– abzutöten bzw. zu inaktivieren oder in ihrer Vermehrung
zu hemmen. Da Wundantiseptika mehr oder weniger ausgeprägt mit einem zelltoxischen Potenzial belastet sind,
gilt es in jedem Behandlungsfall, das am besten geeignete
Wundantiseptikum auszuwählen. Folgende Grundanforderungen sollten dabei durch das Präparat erfüllt sein:
▪ sichere keimabtötende (mikrobiozide) bzw. inaktivierende
Wirksamkeit gegen ein breites Spektrum an Mikroorganismen,
▪ kein Eiweißfehler, d. h. kein Wirkungsverlust des Antiseptikums unter Belastung mit Eiweißen (da das Antiseptikum bei der offenen Wundbehandlung immer in Kontakt
mit Eiweißen steht, z. B. in Blut und Wundsekret, ist diesem Punkt besondere Beachtung zu schenken),
▪ schneller Wirkungseintritt,
▪ keine mikrobielle Resistenzentwicklung oder Wirkungslücken,
▪ keine Schmerzen verursachend,
▪ bestmögliche Zell- und Gewebeverträglichkeit, toxikologische Unbedenklichkeit sowie
▪ einfache Anwendung und Aufbewahrung.
Infektionserreger lauern überall,
auch wenn sie mit bloßem Auge
nicht erkennbar sind. Die Abbildungen zeigen eine scheinbar
saubere Nadelspitze (1). Die 35fache Vergrößerung (2) sowie die
175fache Vergrößerung (3) lassen
jedoch eine starke Bakterienbesiedelung (gelb) erkennen.
1
2
3
Prozesse der Wundheilung [76.77]
Eine risikominimierte Anwendung von Antiseptika auf offenen Wundflächen setzt also immer zuerst voraus, dass der
Anwender über die speziellen Eigenschaften der gewählten
Substanz und insbesondere deren Auswirkungen auf die
immunologisch aktiven Zellen gründlich informiert ist.
Im Allgemeinen gilt, dass sich die Behandlung mit Antiseptika so kurz wie möglich gestalten sollte. Antiseptika sind
abzusetzen, sobald die klinischen Zeichen der Infektion
abklingen (z. B. nachlassende Sekretion und Schwellung).
Der Behandlungsfortschritt ist täglich sorgfältig zu bewerten und gegebenenfalls durch eine mikrobiologische Diagnostik nachzuweisen.
Vor allem bei chronischen Wunden ist in der Praxis nicht
selten zu beobachten, dass die antiseptische Behandlung
ohne Berücksichtigung etwaiger Therapieerfolge über
Wochen und Monate unkritisch fortgesetzt wird. Während
im Stadium der Infektion die Störungen der sensiblen
Wundheilungsvorgänge durch die relativ zelltoxischen
Antiseptika zu vernachlässigen sind, da sie durch Bakterien
bereits massiv gestört sind, birgt der Langzeitgebrauch
ein erhebliches Schädigungspotenzial in sich. Die unerwünschten Wirkungen der Substanzen verstärken die
schlechte Heilungstendenz chronischer Wunden signifikant,
können aber auch Kontaktallergien auslösen. Hinzu kommt,
dass die Langzeitanwendung von Antiseptika oft als eine
ausreichende und sichere Wundbehandlungsmethode
eingeschätzt wird, sodass nichts unternommen wird, die
eigentlichen Ursachen der schlechten Wundheilung zu
diagnostizieren und zu behandeln.
Links: Escherichia coli, resistent
gegen zwei Antibiotika (ohne Hof)
Rechts: Staphylococcus aureus
während der Auflösung durch
ein Antibiotikum: Zerstörung der
äußeren Zellwand mit Freisetzung
von interzellulärem Material in die
Umgebung
Antibiotika
Eine Behandlung mit lokalen Antibiotika wird heute kontrovers diskutiert und gilt allgemein als obsolet. Die Gründe
hierfür liegen in der Selektion resistenter Keime, einer Sensibilisierung des Patienten und dadurch dem Verlust eines
potenziellen Antibiotikums für die systemische Therapie,
aber auch in der Gefahr einer Superinfektion mit Pilzen.
Demgegenüber ist die systemische Gabe von Antibiotika
bei lokal fortschreitenden (Phlegmone, Lymphangitis u. a.),
tiefen (Emphysem, Osteomyelitis u. a.) sowie bei generalisierten Infektionen (Sepsis) eine absolute Notwendigkeit.
Bei der Wahl des Antibiotikums ist das Erregerspektrum
gemäß der Keimbestimmung und Resistenzprüfung zu
berücksichtigen. Im Falle eines dramatisch verlaufenden
Infektionsprozesses ist sofort eine empirische Initialtherapie
einzuleiten, wobei sich Breitspektrum-Antibiotika bewährt
haben. Die Therapie wird nach erfolgtem Antibiogramm
und Resistogramm überprüft und gegebenenfalls entsprechend angepasst.
Prozesse der Wundheilung [78.79]
Prinzipien der Behandlung akuter Wunden
Die Versorgung der akuten, traumatischen Wunde stellt
wohl die ursprünglichste Aufgabe ärztlichen Handelns dar.
Bahnbrechende Erfolge aber waren der Menschheit erst
gegen Ende des 19. Jahrhunderts beschieden, als durch
die Erkenntnisse der Antisepsis und Asepsis sowie der Entwicklung von Anästhesieverfahren begrenzende Faktoren
der Chirurgie ausgeschaltet werden konnten. Heute ist ein
hohes Niveau in der operativen Versorgung traumatischer
Wunden erreicht. Insbesondere überzeugen die Möglichkeiten der plastischen Chirurgie, die so manchem Schwerverletzten ein Weiterleben mit akzeptablen Wundheilungsergebnissen sichern.
Ziel jeder Wundbehandlung ist es, den Organismus dabei
zu unterstützen, frühestmöglich eine funktionsgerechte
Regeneration bzw. Reparation des geschädigten Gewebes
herbeizuführen. Grundsätzliche Maßnahmen dazu bestehen:
▪ in der Evaluierung der Wunde hinsichtlich Genese, Lokalisation, Alter und Zustand sowie eventueller Begleitverletzungen und Grunderkrankungen,
▪ in der Eliminierung der Keimbesiedelung und der sie
begünstigenden Faktoren durch ein gründliches Débridement sowie
▪ im Wundverschluss durch primäre oder sekundäre Naht
bzw. durch Haut- oder Lappentransplantationen.
Ausmaß und Umfang der einzelnen Maßnahmen differieren
je nach dem Wundbefund und der zu erwartenden Heilung.
Nachfolgend werden kurz die Prinzipien und Techniken
der Wundbehandlung bei akuten, traumatischen Wunden
zusammengefasst. Zu berücksichtigen ist jedoch, dass sich
ein starres Behandlungsschema durch die Vielfalt patientenindividueller Gegebenheiten verbietet. So wird letztlich
das Können des Behandelnden für den Betroffenen von
schicksalhafter Bedeutung sein.
Die akute, traumatisch bedingte Wunde
Entsprechend der Art und Umstände des Unfallgeschehens
weisen traumatische Verletzungen sehr unterschiedlich
ausgeprägte Gewebeschädigungen auf und reichen von
der Schnittwunde bis hin zu komplexen Defekten mit Beteiligung von Sehnen, Muskeln, Nerven, Gefäßen, Knochen
und auch inneren Organen. Abgesehen von Bagatellverletzungen wird bei der Behandlung aus praktischen Gründen
in eine provisorische und definitive Wundversorgung unterschieden.
Akute Wunden [80.81]
Die provisorische Wundversorgung umfasst:
▪ Erste-Hilfe-Maßnahmen zur Blutstillung,
▪ das Anlegen eines Notverbandes als Infektionsschutz
und für den Transport,
▪ gegebenenfalls die Ruhigstellung der verletzten Körperteile und Gliedmaßen.
Bei schweren Verletzungen mit Schockgeschehen hat jedoch die sofortige Einleitung der Schockbehandlung mit
Stabilisierung der Vitalparameter immer Vorrang vor der
provisorischen Wundversorgung.
Unterschenkelfraktur (oben),
schweres Fingertrauma durch
Verletzung an einem Förderband
(unten)
Die definitive Versorgung oder Primärversorgung folgt
chirurgischen Behandlungsgrundsätzen. Mit Ausnahme
oberflächlicher Hautdefekte werden alle anderen Wunden
unter ausreichender Schmerzausschaltung und aseptischen
Bedingungen operativ revidiert. In den seltensten Fällen
genügt die Besichtigung der äußeren Wundverhältnisse.
Zur Verifizierung von vermuteten Fremdkörpern in der
Tiefe, bei Frakturen oder Verdacht auf Nervenverletzungen,
Schädel-Hirn-Beteiligung usw. können röntgenologische
bzw. neurologische Untersuchungen notwendig werden.
Das unverzüglich anschließende Débridement dient
dem Ziel, eine möglichst keimarme und gut durchblutete
Wunde zu erhalten. Durchblutungsgeschädigte Gewebe
wie erkennbare Nekrosen und gequetschte Weichteile
werden exzidiert, um glatte, übersichtliche Wundverhältnisse zu schaffen und Wundinfektionen den Nährboden
zu entziehen. Nerven, Sehnen und Muskelstrukturen sind
zu schonen und so gut wie möglich zu erhalten, verletzte
Gefäße sind sofort gefäßchirurgisch zu versorgen.
Besondere Sorgfalt ist bei tiefen und zerklüfteten Wunden
bei der Verifizierung von Fremdkörpern geboten. Schmutzpartikel, Stofffetzen oder Glassplitter sind röntgenologisch
nur schwer nachzuweisen, dürfen jedoch wegen des damit
verbundenen hohen Infektionsrisikos nicht in der Wunde
provisorische Wundversorgung
Die Versorgung
traumatischer Wunden
ggf. Schockbehandlung
Blutstillung
Notverband
Ruhigstellung
Transport in Klinik
definitive Wundversorgung
operative Wundrevision
Débridement
Entscheidung Wundverschluss
Wundverschluss
primär / primär verzögert
Verband zum Wundschutz
sekundär / offen
feuchte Verbandbehandlung zur Konditionierung
späterer Verschluss durch Sekundärnaht,
Spontanepithelisierung, Hauttransplantation,
plastisch-chirurgische Verfahren
zurückbleiben. Oberflächliche epitheliale Wunden werden
durch Spülungen gereinigt. Nicht exzidiert werden Fingerund Gesichtsverletzungen, sofern die Wundränder nicht
gequetscht sind.
Ganz allgemein entspricht das Débridement der Wunde
einem anspruchsvollen chirurgischen Eingriff und erfordert
vom Ausführenden ein subtiles Vorgehen, basierend auf
soliden anatomischen Kenntnissen.
Mit Art und Umfang des Débridements fällt auch die Entscheidung über den Wundverschluss. Ein primärer Wundverschluss durch Naht, Klammern oder Wundnahtstreifen
Akute Wunden [82.83]
ist möglich, wenn sich die Wundränder spannungsfrei
adaptieren lassen und sichergestellt ist, dass die Wunde
keimarm und nicht mit virulenten Keimen besiedelt ist.
Niemals darf eine Wunde unter Spannung verschlossen
werden, da jeder erzwungene Wundverschluss durch die
ischämisierenden Nähte und daraus resultierenden Störungen der Gewebedurchblutung die Wundheilung gefährdet
und zu Nekrosen und Infektionen führen kann. Im Zweifelsfall bleibt die Wunde offen und wird der sekundären Wundheilung zugeführt.
Zur Sicherstellung der Keimarmut bei angestrebtem primärem Verschluss müssen neben dem sachgerechten Débridement folgende Voraussetzungen erfüllt sein:
▪ Die Wunde darf nicht älter als 6-8 Stunden sein und
▪ sie darf nicht durch Ursachen erzeugt sein, die von vornherein die Wahrscheinlichkeit einer Primärinfektion mit
virulenten Erregern mit einschließen.
Hierzu zählen alle Bissverletzungen, auch Menschenbisse,
Riss- und Kratzwunden von Tieren, Stich- und Schussverletzungen sowie Verletzungen bei Personen, die mit infektiösem Material wie z. B. menschlichem oder tierischem Eiter,
Exkrementen usw. in Berührung gekommen sind.
Die Kenntnis des Unfallgeschehens und der Begleitumstände sind somit für die Beurteilung der Infektionsgefährdung
und der daraus resultierenden Vorgehensweise von entBissverletzungen von Tieren
(links eine Hundebisswunde)
oder Schussverletzungen (rechts)
sind von vornherein als infiziert
einzustufen und dementsprechend
zu behandeln.
scheidender Bedeutung. Die Unterschätzung des primären
Wundinfektionsrisikos dürfte zu den häufigsten Fehlern
gehören, die bei der Versorgung von Gelegenheitswunden
gemacht werden.
Bei nicht für den primären Wundverschluss geeigneten
Wunden kommt vielfach die aufgeschobene Primärversorgung in Betracht. Die Wunde wird debridiert, dann aber zur
Beobachtung einige Tage mit sterilen, feuchten Verbänden
bzw. durch Tamponaden offen gehalten. Zeigen sich keine
Infektionsanzeichen, kann die Wunde durch Naht verschlossen werden, meist zwischen dem 4. und 7. Tag. Die
Nähte zum Wundverschluss werden meist bereits bei der
Erstversorgung gelegt.
Wesentlich vielschichtiger gestaltet sich die Frage nach
dem Wundverschluss bei sekundär heilenden Wunden mit
ihren unterschiedlich großen Gewebszerstörungen. Einfache Hautdefekte mit oder ohne freiliegende Muskulatur
lassen sich nach operativer Revision, adäquatem Débridement sowie Konditionierung der Wunde mit Hautersatzmaterialien oder sonstigen dafür geeigneten Wundauflagen in
der Regel durch eine Sekundärnaht schließen oder können
durch Spalthauttransplantation gedeckt werden. Liegen
komplexe Defekte vor, sind Rekonstruktionen des Weichteilmantels durch die Verfahren der plastischen Chirurgie
unumgänglich.
Komplexe traumatische Defekte
Bei komplexen Defekten sind mehrere funktionell bedeutende Strukturen der Extremität verletzt. Dies kann in den
unterschiedlichsten Kombinationen vorkommen. Bei offenen Frakturen werden vielfach Muskelzerfetzungen und
Kontusionszonen gefunden, daneben noch Nerven, Sehnen
oder Gefäßschädigungen. Die beteiligten Strukturen sind
exponiert und können mit einfachen Hauttransplantationen
nicht definitiv suffizient versorgt werden.
Akute Wunden [84.85]
Defektdeckung durch Verfahren
der plastischen Chirurgie:
1) Komplexer Defekt des Handrückens nach einem Motorradunfall mit Verlust aller Weichteile
und Strecksehnen der Langfinger
2) Hebung eines tendo-fasziokutanen Lappens vom Fußrücken
3) Funktion nach 8 Wochen
4) Akzeptabler Hebedefekt
Behandlung einer traumatischen
Fingerverletzung:
1) Aufnahmebefund Teilamputation D II bis D V
2) Nachamputation mit zwei freien
Hautlappen. Durch zunehmende
Nekrosen am Ringfinger war eine
Revision erforderlich.
3) Befund nach 8 Wochen
4) Funktionell gutes Ergebnis
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Im weiteren Verlauf einer solchen Verletzung kann nach
einer inadäquaten Primärbehandlung sehr schnell ein
Weichteil-/Knocheninfekt entstehen, der dann zu einem
komplizierten Lokalbefund ganz anderen Charakters führt.
Dann nämlich steht die Sanierung der Infektion mittels
stabiler Weichteildeckung im Vordergrund. Eine Rekonstruktion defekter Strukturen wird unter solchen Bedingungen eher sekundär durchgeführt werden müssen, da das
Risiko einer Infektion für die rekonstruierten Strukturen zu
groß ist.
Grundsätzlich gelten für alle Stadien der Weichteilschädigung die gleichen Therapieprinzipien. Nach Sicherung und
Stabilisierung der Vitalparameter erfolgt die Evaluation
des Patienten, wann immer möglich, interdisziplinär. Bei
der primären operativen Revision werden die Frakturen
stabilisiert, die Wunde debridiert und, sofern möglich, alle
zerstörten Strukturen rekonstruiert.
Ist ein definitives Débridement während der Erstversorgung
möglich, kann die Wunde auch primär endgültig gedeckt
werden. Bestehen Zweifel an der Vitalität des zurückgelassenen Gewebes, sollte nach geplantem „second look“
eine definitive, optimale Deckung innerhalb von 5-7 Tagen
angestrebt werden.
Prinzipien der Versorgung
komplexer Defekte
▪ Stabilisierung der Vitalparameter, lebenserhaltende
Maßnahmen
▪ Interdisziplinäre Evaluation
der Patienten
▪ Operative Exploration der
Weichteil-/ Knochensituation
▪ Frakturversorgung
▪ Radikales Débridement
▪ Primäre Rekonstruktion
verletzter Strukturen
▪ Evtl. „second look“
▪ Definitive, differenzierte
Deckung innerhalb 5-7 Tagen
Oberster Therapiegrundsatz muss sein, dass dem Patienten
eine „optimale“ Lösung angeboten wird. Dies bedeutet,
dass sich ein stadiengerechtes Verfahren der Weichteilrekonstruktion an der Defektgröße und Beschaffenheit, der
lokalen Situation, dem Gesamtzustand des Patienten, aber
auch an den Alltagsanforderungen und dem medizinischen
und sozialen Profil des Patienten orientiert. Die Wunde sollte schnellstmöglich definitiv versorgt werden. Bei komplexen Defekten muss, wenn keine einzeitige Rekonstruktion
möglich ist, unter der Weichteildeckung ein rekonstruktiver
Eingriff möglich sein.
Akute Wunden [86.87]
Thermische Verletzungen / Verbrennungswunden
Je nach Intensität und Art des einwirkenden thermischen
Mediums auf die Haut kommt es zur Ausbildung der Verbrennungswunde in unterschiedlichen Schweregraden.
Sie manifestiert sich von der oberflächlichen Rötung bis
hin zur totalen Hautnekrose. Großflächige, schwere Brandwunden zählen dabei zu den schlimmsten Verletzungen,
die ein Mensch erleiden und – dank der modernen
Medizin – auch überleben kann.
Am Unfallort wird anhand des Befundes entschieden, ob
die Behandlung ambulant oder stationär zu erfolgen hat.
Bei oberflächlichen Verbrennungen mit Schweregrad I und
IIa, die weniger als 10 % der Körperoberfläche betreffen,
bzw. Schweregrad III mit einer Ausdehnung von weniger
als 0,5 % der Körperoberfläche und einer Lokalisation am
Stamm, Oberarm und Oberschenkel wird eine ambulante
Therapie empfohlen. Bei tiefen Verbrennungen der Schweregrade IIb und III mit einer Ausdehnung von über 10 %
der Körperoberfläche und unabhängig von der Lokalisation der Verbrennung erfolgt die Behandlung stationär im
nächstgelegenen Krankenhaus. Hier wird dann entschieden, ob ein Transport des Verunglückten in ein Zentrum
für Brandverletzte erforderlich ist.
Die Schwere der Verbrennungen
wird für Prognose und Behandlung in drei Grade eingeteilt,
wobei Grad II nochmals in Grad
IIa und IIb unterteilt ist. Die Einteilung bezieht sich dabei auf die
Tiefe der Verletzung, d. h. welche
Anteile der Haut verbrannt sind.
Epidermis
Dermis/
Corium
Subcutis
Muskeln, Sehnen und Faszien
I
IIa
IIb
III
Verbrennungsgrad
Im Rahmen der Notfallversorgung ist das möglichst sofortige Kühlen der Verbrennungswunde mit Leitungswasser
für etwa 30 Minuten eine vorrangige Maßnahme. Vorsicht
ist allerdings bei Säuglingen und Kleinkindern geboten, um
eine Unterkühlung zu vermeiden. Mit dem Kühlen können
Schmerzen gelindert und das so genannte Nachbrennen
vermindert bzw. sogar verhindert werden. Als Nachbrennen
wird die noch bis zu fast einer Stunde anhaltende Energiespeicherung in dem gut wärmeisolierenden Hautorgan
bezeichnet. Dies führt im Zusammenhang mit einer fortschreitenden intravasalen Gerinnung in der verletzten Haut
zu einer weiteren Gewebeschädigung, sodass unter Umständen aus einer primär oberflächlichen Verbrennung eine
tiefe Verbrennung werden kann.
Bei einer Grad-I-Verbrennung, die als Schädigung der
obersten Epidermisschicht charakterisiert ist und sich als
Erythem manifestiert, erfolgt die Heilung spontan ohne
Narbenbildung in wenigen Tagen.
Die Grad-IIa-Verbrennung betrifft die gesamte Epidermis
und ist ausgesprochen schmerzhaft. Die Blasenbildung,
verursacht durch den Plasmaaustritt aus den verletzten
Kapillaren, tritt mit Verzögerung etwa 12-24 Stunden nach
der Verbrennung auf. Da in den papillären Zapfen sowie in
den intakten Hautanhangsgebilden noch genügend vitale
Zellen zur schnellen Reepithelisierung vorhanden sind,
erfolgt eine Spontanheilung ohne Narbenbildung in der
Regel innerhalb von etwa 14 Tagen. Wichtig ist die sterile
Versorgung der Wunde durch Desinfektion und Abdeckung
mit geeigneten Wundauflagen (z. B. Salbenkompressen wie
Atrauman oder kühlende Hydrogel-Verbände wie Hydrosorb). Bei großflächigen Verletzungen dieses Schweregrades, z. B. bei Verbrühungen bei Kindern, kann bereits eine
Schockreaktion einsetzen.
Akute Wunden [88.89]
Grad IIb: Tief dermale Verbrennung der Epidermis und fast der
ganzen Dermis mit den Hautanhangsgebilden. Der Wundgrund
ist rot bzw. weißlich bei tiefer verbrannten Hautstellen. Es besteht
immer akute Gefahr zur Vertiefung
in die drittgradige Brandwunde.
Bei Grad-IIb-Verbrennungen sind die Epidermis, fast die
ganze Tiefe der Dermis sowie größtenteils die Hautanhangsgebilde zerstört. Eine spontane Heilung dauert hier
mehrere Wochen und hat vielfach eine hypertrophe Narbe
zur Folge. Oft kommt es trotz aller Mühe zur Vertiefung in
die drittgradige Wunde. Insgesamt ähneln Grad-IIb-Wunden im klinischen Bild den drittgradigen, sodass auch
die Therapie mit Nekrosenabtragung und nachfolgender
Defektdeckung (Eigenhaut oder Hautersatz) den drittgradigen Wunden gleicht.
Bei Grad-III-Verbrennungen sind Epidermis, Dermis und oft
teilweise die Subcutis irreversibel zerstört (full-thicknessburn). Eine spontane Heilung ist nur bei sehr kleiner Ausdehnung von den Wundrändern her durch Narbengewebe
möglich. Ansonsten verursacht die Koagulationsnekrose der
Haut massive Kontraktionen. Der Patient empfindet keine
Schmerzen mehr, Haare und Nägel fallen aus. Die Behandlung dieser Brandwunden ist ausschließlich chirurgisch.
Grundsätzlich ist bei allen offenen Brandwunden deren
hohes Infektions- und Sepsisrisiko zu beachten. Wundinfektionen stellen die häufigste Todesursache bei Brandverletzten dar. Zusätzlich ist der schwer Brandverletzte durch Verbrennungsschock und Verbrennungskrankheit gefährdet.
Die sorgfältige Beobachtung des klinischen Bildes, qualifizierte Entscheidungen über die einzelnen Therapieschritte
sowie eine adäquate Intensivpflege sind somit von entscheidender Bedeutung für das Überleben des Patienten.
Wundkonditionierung der tiefen Verbrennung
Ziel ist die Schaffung eines vitalen Wundgrundes, auf dem
die verschiedenen Hauttransplantate bzw. Hautersatzmaterialien für einen definitiven oder temporären Wundverschluss einheilen können. Zur Entfernung der Nekrosen als
erstem Schritt stehen dabei je nach Tiefe und Ausdehnung
der Verbrennung verschiedene Techniken zur Verfügung.
Grad III:
Nekrose von Epidermis, Dermis
und Teilen der Subcutis (links); die
Haut ist bräunlich, schwarz, ledrig
und schmerzunempfindlich, Haare
und Nägel fallen aus.
Zirkuläre Verbrennungen am
Rumpf mit Entlastungsschnitten
zur Sicherung der Atmung (rechts).
Mit der so genannten Granulationsmethode wird in einem
etappenweisen Vorgehen (etwa alle 3-4 Tage) der Verbrennungsschorf oberflächlich mit einem Messer ausgedünnt
bzw. mit harten Bürsten entfernt. Zwischen den Débridements werden die Brandwunden meist mit antimikrobiellen
(Salben)verbänden vor Infektionen geschützt. Diese „geschlossene Behandlung“ verhindert auch ein Austrocknen
der Wundflächen, womit die Gefahr von Sekundärnekrosen
reduziert wird.
Bei drittgradigen zirkulären Verbrennungen am Hals, Rumpf
und an den Extremitäten sind im Verbrennungsschorf Entlastungsschnitte (Escharotomie) erforderlich. Andernfalls
kommt es durch die kontaminierte, nekrotische Haut in
Verbindung mit der exzessiven Ödementwicklung im Laufe
der Verbrennungskrankheit zu Erstickungserscheinungen
bzw. zur Durchblutungsbehinderung und Kompression der
neurovaskulären Bündel.
Die Behandlung von
Verbrennungswunden
▪ Grad I
Spontanheilung in
wenigen Tagen
▪ Grad IIa
Spontanheilung innerhalb
von etwa 14 Tagen
▪ Grad IIb
abhängig vom klinischen
Bild teils konservativ, teils
chirurgisch
▪ Grad III
chirurgisch mit Nekrektomie
und Autotransplantation
Eine weitere Technik zur Entfernung nekrotischen Hautgewebes ist die tangentiale Exzision. Sie besteht in einer flächigen Abtragung der zerstörten Haut mit dem Dermatom
– Schicht für Schicht bis zur Erreichung einer blutenden,
vitalen Wundoberfläche, auf der die Spalthaut einheilen
kann. Ein Nachteil dieser Methode ist die schwer zu kontrollierende kapillare Blutung, aber auch die Schwierigkeit,
die richtige Exzisionstiefe exakt am Übergang zum gesunden Gewebe zu finden. Im Anschluss an die Exzision erfolgt
sofort der Wundverschluss durch Eigenhauttransplantation.
Akute Wunden [90.91]
Tiefe, epifasziale Exzision mit
radikaler Entfernung der zerstörten Haut und des Fettgewebes
bis auf die Faszie
Mit der Technik der totalen oder auch tiefen, epifaszialen
Exzision hingegen wird die zerstörte Haut radikal bis zur
gesunden Muskelfaszie abgetragen. Die Blutung ist besser
kontrollierbar als bei der tangentialen Exzision und die
Einheilung der Transplantate ist in der Regel gut, da durch
die tiefe Exzision ein sicher vitaler Wundgrund gewonnen
wird. Das kosmetische Ergebnis ist jedoch als nicht optimal einzustufen. Diese Methode ist deshalb vor allem bei
lebensbedrohlichen, d. h. ausgedehnten drittgradigen Verbrennungen indiziert, bei denen der Aspekt des Überlebens
wichtiger ist als Funktion und Ästhetik .
Weniger bekannt ist die Nekrektomie mit 40 % Benzoesäure in weißer Vaseline (früher wurde dazu Salicylsäure
benutzt) zur blutungslosen Nekrosenentfernung, z. B. bei
alten Patienten, bei Brandwundenlokalisation am Handrücken und überall dort, wo subkutane Strukturen knapp
unter der Hautoberfläche liegen.
Temporäre Deckung der Brandwunden
Nach der Entfernung nekrotischen Hautgewebes durch die
verschiedenen Exzisionsmethoden wird die Wundoberfläche
meistens sofort transplantiert. In den Fällen, in denen die
Wunde nicht transplantierbar ist oder durch die ausgedehnten Verbrennungen nicht mehr genügend Spenderstellen
zur Verfügung stehen, muss die Wunde temporär gedeckt
werden. Benutzt werden dazu biologische Wundabdeckungsmaterialien, wobei das Allotransplantat der menschlichen Haut am besten geeignet ist. Es handelt sich hierbei
entweder um frische Haut oder konservierte Leichenhaut.
Neben ihrer massiven stimulierenden Wirkung auf die
Wundheilung dämmen Allotransplantate den Sekretionsund Eiweißverlust ein, mindern Schmerzen und tragen
deutlich zur Keimreduzierung bei.
Eine weitere Option zur temporären Deckung ist das
Xenotransplantat der Schweinehaut. Während Allotransplantate etwa für 14 Tage auf der Wunde „heilen“, sind
Xenotransplantate nach 3-4 Tagen zu entfernen. Insgesamt verfügen jedoch auch die Xenotransplantate über die
grundsätzliche Wirkung des menschlichen Hautersatzes,
wenn auch nicht in diesem ausgeprägten Maße. Nicht zuletzt aus Kostengründen werden zur temporären Deckung
allerdings häufig synthetische Materialien wie beispielsweise die Weichschaumkompresse Syspur-derm eingesetzt.
Die Benutzung von Allo- oder Xenotransplantaten bleibt in
der Regel auf die kritischen Verbrennungsfälle begrenzt.
Methoden der Autotransplantation
Für die Autotransplantation wird zunächst Spalthaut
mithilfe eines speziellen Messers oder eines Dermatoms
entnommen. Bei ausreichend vorhandenen Spenderarealen kann sie zur Transplantation in ihrer Form belassen
werden. Zumeist aber ist aus Mangel an Spenderstellen die
Aufarbeitung der Haut mit einem Meshdermatom zu einem
Gitter- oder Netztransplantat erforderlich. Aus ästhetischen,
aber auch aus funktionellen Gründen ist die Anwendung
von Netztransplantaten im Gesicht, am Hals und an den
Händen kontraindiziert.
Das Netztransplantat wird auf die gut vorbereitete Wunde gelegt, durch Nähte und Klammern fixiert und durch
einen leicht komprimierenden, nicht verklebenden und
saugenden Verband abgedeckt. Je nach Sekretion wird der
Verband im Intervall von mehreren Tagen gewechselt, etwa
alle 2-5 Tage.
Autotransplantation mit Spalthaut: Entnahme der Spenderstelle
(links); Deckung der gut vorbereiteten Wundfläche mit dem
Netztransplantat und dessen
Fixierung mit Klammern (rechts)
Akute Wunden [92.93]
Bei kritischen Verbrennungen, wenn um 80 % der Körperoberfläche betroffen sind, ist der Mangel an Spenderstellen
dramatisch. Eine Lösung dieser Situation kann die Methode
der Kultivierung von Keratinozyten in vitro bringen, mit
der sich aus 2-4 cm2 der Haut des Brandverletzten bis zu
1-2 m2 autologes Epithelium züchten lassen. Dazu werden
aus dem Hautstück des Patienten mithilfe bestimmter Verfahren die Keratinozyten isoliert und in einem Nährmedium
so lange immer wieder zur Teilung gebracht, bis sich ein
transplantationsfähiger Zellrasen gebildet hat.
Inzisionen /OP-Wunden
OP-Wunden zeigen meist keinen nennenswerten Gewebeverlust und sind für eine rasche Heilung per primam
intentionem prädestiniert, wenn Wundinfektionen oder
andere Wundheilungsstörungen ausbleiben. Entsprechend
den Operationsgegebenheiten werden zur Vermeidung von
Seromen oder Hämatomen Wunddrainagen zur Ableitung
seröser Sekrete und Blut gelegt.
Durch Naht geschlossene Inzisionen sind bei Ausbleiben von
Wundinfektionen und anderen
Wundheilungsstörungen für eine
rasche p.p.-Heilung prädestiniert.
Epithelwunden, die nur die
gefäßlose Epidermis betreffen,
heilen narbenlos ab.
Die OP-Wunde wird mit einem trockenen, saugfähigen und
luftdurchlässigen Verband versorgt, der die Aufgabe hat,
eventuelle Nachblutungen aufzunehmen und die Wunde
vor Sekundärinfektionen und mechanischen Irritationen zu
schützen.
Epithelwunden
Epithelwunden oder oberflächliche Wunden betreffen immer nur die gefäßlose Epidermis. Sie reepithelisieren spontan und heilen narbenlos ab, weil kein Ersatzgewebe aufgebaut werden muss. Durch die Miteröffnung der direkt unter
der Keimschicht liegenden Feinstkapillaren können oberflächliche Wunden allerdings stark bluten und sezernieren
und neigen dadurch sehr zum Verkleben mit dem Verband.
Zudem sind die Wunden oft ziemlich schmerzhaft, weil
viele Nervenendigungen freigelegt werden. Epithelwunden
entstehen durch unfallbedingte Hautabschürfungen oder
durch Spalthautentnahme.
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Für das kosmetische Ergebnis der
Wundheilung bei Epithelwunden
ist die feuchte Wundbehandlung
von entscheidender Bedeutung:
1) Primär aseptische Wunde nach
Spalthautentnahme am Oberschenkel
2) Applikation von Hydrosorb
plus* auf der Spalthautentnahmestelle
3) Am 5. Tag ist die Reepithelisierung vollständig abgeschlossen.
4) Zustand 5 Monate nach
Behandlungsbeginn, das Spenderareal ist nahezu vollständig
regeneriert.
*Hydrosorb plus ist jetzt als
Hydrosorb comfort mit einem
transparenten, umlaufenden
Kleberand erhältlich.
Schürfwunden werden mechanisch gereinigt, gegebenenfalls ist eine Stillung der Sickerblutung mit warmen, feuchten Kompressen erforderlich. Danach wird ein Verband
angelegt, der dem Infektionsschutz dient, bei richtiger Auswahl aber auch den Epithelisierungsvorgang fördern kann.
Hierzu muss der Verband die Wunde feucht und geschmeidig halten und darf weder austrocknen noch verkleben.
Austrocknen hat eine heilungsverzögernde Schorfbildung
zur Folge. Verklebt der Verband, werden neu gebildete
Epithelzellen beim Verbandwechsel mit abgerissen, der
Verbandwechsel schmerzt. Geeignete Wundauflagen zur
Versorgung von Epithelwunden sind Salbenkompressen
wie Atrauman, Saugkompressen mit nicht verklebender
Gelbeschichtung wie Comprigel oder Hydrokolloid- und
Hydrogelverbände wie Hydrocoll und Hydrosorb.
Spalthautentnahmestellen sowie Entnahmestellen von
Reverdin-Transplantaten sind dem Wesen nach Schürfwunden und werden analog behandelt. Nach der Entnahme
erfolgen eine adäquate Blutstillung und die Versorgung der
Wundfläche mit einem feuchten Verband noch im OP.
Akute Wunden [94.95]
Prinzipien der Behandlung
chronischer Wunden
Die Behandlung chronischer Wunden unterschiedlichster
Genese stellt höchste Anforderungen an das therapeutische Management. Denn längst sind nicht alle Vorgänge
bekannt, die die zu beobachtenden fehlgesteuerten Zellmechanismen hinreichend erklären könnten. Nicht zuletzt
auf der Grundlage der heutigen Erkenntnisse über die
physiologischen Wundheilungsmechanismen ist es jedoch
zunehmend möglich, aktiv und korrigierend auch in die
gestörten Wundheilungsprozesse einzugreifen.
Definitionsgemäß wird eine sekundär heilende Wunde, die
trotz kausaler und sachgerechter lokaler Therapie innerhalb
von acht Wochen keine Tendenz zur Heilung zeigt, als chronisch bezeichnet. Chronische Wunden können sich jederzeit
aus einer akuten Wunde heraus entwickeln, so z. B. durch
nicht erkannte persistierende Infektionen oder eine inadäquate Primärversorgung. In den überwiegenden Fällen
stellen chronische Wunden jedoch das letzte Stadium einer
fortschreitenden Gewebszerstörung dar, ausgelöst durch
venöse, arterielle oder stoffwechselbedingte Gefäßleiden,
Druckschädigungen, Strahlenschäden oder Tumoren.
Wie es die Ursachen erwarten lassen, sind vor allem ältere
Menschen von chronischen Wunden betroffen, und die
Veränderung der Altersstruktur hin zur Überalterung der
Bevölkerung wird zu einer weiteren deutlichen Zunahme
chronischer Wunden führen. Um dieser Herausforderung
gerecht werden zu können, ist es dringend erforderlich,
zum einen die prophylaktischen Bemühungen zu verstärken
und zum anderen ein wissenschaftlich fundiertes und effektives Wundmanagement mit entsprechenden Qualitätskontrollen einzuführen.
Beispiele chronischer Wunden:
Mischulkus durch eine chronisch
venöse Insuffizienz und periphere
arterielle Verschlusskrankheit
(oben), venöses Ulkus als Folge
eines postthrombotischen Syndroms (unten)
Allgemeine Therapieprinzipien
Obwohl das Erscheinungsbild chronischer Ulzerationen
sehr heterogen erscheint, sind die pathophysiologischen
Mechanismen, die zur Chronizität führen, untereinander
ähnlich. Alle zugrunde liegenden Gefäßschädigungen, auch
wenn sie unterschiedlicher Genese sind, münden letztlich in
Ernährungsstörungen des Hautgewebes mit zunehmender
Hypoxie und Ischämie, was dann den Zelltod mit Nekrosenbildung zur Folge hat.
Diese Situation ist die denkbar schlechteste Ausgangsbasis
für eine Wundheilung, die, wie bei akuten Wunden auch,
prinzipiell in den drei bekannten Phasen der Reinigung,
des Granulationsaufbaus und der Epithelisierung abläuft.
Chronische Wunden [96.97]
Die Reparationsleistung der Zellen muss jedoch in einem
extrem stoffwechselgeschädigten Hautgebiet gestartet
werden, weshalb von Anfang an nicht gewährleistet ist,
dass die „richtigen Zellen zur richtigen Zeit das Richtige
tun“. Eine reguläre Wundheilung ist aber nur bei einem
chronologisch korrekten Auftreten der beteiligten Zellen
gegeben.
Beispiele chronischer Wunden:
Mal perforans bei Diabetes
mellitus (oben), durch Druckeinwirkung verursachtes Dekubitalulkus (unten)
Bei der chronischen Wundheilung hält durch die fortdauernde Gewebeschädigung der Einstrom von Entzündungszellen wie neutrophilen Granulozyten und Makrophagen
in das Wundgebiet an. Diese wiederum sezernieren
entzündungsfördernde Zytokine, die synergistisch die Produktion bestimmter Proteasen (Matrix-Metallproteinasen,
MMP) steigern, während die Syntheserate des Inhibitors
der MMPs (Tissue Inhibitor of Metalloproteinase, TIMP)
reduziert wird. Durch die erhöhte Aktivität der MMPs wird
extrazelluläre Matrix abgebaut, Zellwanderung und die
Bindegewebseinlagerung sind dadurch gestört.
Des Weiteren werden Wachstumsfaktoren einschließlich
ihrer Rezeptoren an den Zielzellen degradiert, sodass die
Wundheilungskaskade nicht fortgesetzt werden kann, weil
die Mediatoren für die entsprechende Stimulation fehlen.
Die Entzündung persistiert. Gleichzeitig infiltrieren toxische
Zerfallsprodukte von Gewebe und auch Bakterien das umliegende Wundgebiet, was weiteren Gewebsuntergang zur
Folge hat und die Chronizität der Wunde unterhält.
Nach dieser Hypothese kann die Wundheilungskaskade erst
wieder ablaufen, wenn der Teufelskreis der persistierenden
Entzündung mit ihrer erhöhten Protease-Aktivität durchbrochen ist. Zwei voneinander abhängige Voraussetzungen
scheinen dazu unerlässlich zu sein:
▪ Blutversorgung und Mikrozirkulation im betroffenen
Hautgebiet müssen weitestgehend normalisiert werden,
um die defizitäre nutritive Situation zu beheben, die zum
Gewebsuntergang geführt hat. Praktisch bedeutet dies
ein kausaltherapeutisches Vorgehen, d. h. die ulkusauslösenden Ursachen sind exakt zu diagnostizieren und
adäquat zu behandeln.
▪ Durch eine gründliche Wundbettsanierung ist die chronische Wunde so gut wie möglich in den Zustand einer
akuten Wunde zu überführen. Damit ist die Chance gegeben, dass die für die Heilung erforderlichen Vorgänge
in der physiologisch richtigen Zell- und Zeitabfolge neu
gestartet werden und regulär ablaufen können.
Die Möglichkeiten kausaltherapeutischen Vorgehens wie
Venenchirurgie, Kompressionstherapie, Rekanalisierung von
Lumeneinengungen durch dilatative Techniken, optimale
Diabeteseinstellung, Druckentlastung usw. werden bei der
Beschreibung der wichtigsten Ulkusarten mit aufgeführt.
Lokaltherapeutische Maßnahmen
Wundbettsanierung
Therapie der Wahl zur Sanierung des Wundbettes ist das
chirurgische oder auch scharfe Débridement. Es bedeutet
die Exzidierung nekrotischen Gewebes exakt an der Grenze
zum gesunden Gewebe mithilfe eines chirurgischen Instruments wie Skalpell, Schere, scharfem Löffel oder auch
Laser. Das Verfahren gilt als selektiv, da gesundes Gewebe
bei sachgerechter Durchführung nicht geschädigt oder –
falls aus prophylaktischen Gründen erforderlich – nur in
minimalen Mengen mit exzidiert wird.
Die Vorteile des chirurgischen Débridements liegen in der
mitunter lebensrettenden Schnelligkeit bei der Bekämpfung schwerer Infektionen, aber auch im Zeitgewinn in der
Wundbehandlung. Denn durch das chirurgische Débridement werden alle lokalen wundheilungsstörenden Faktoren
wie Nekrosen, Beläge, Fremdkörper, Keime usw. gründlich
aus der Wunde entfernt. Es ist insbesondere indiziert bei
Chronische Wunden [98.99]
ausgedehnten Ulzera mit dicken, fest haftenden nekrotischen Auflagerungen und dringend erforderlich bei fortgeschrittener Zellulitis oder Sepsis.
Das chirurgische Débridement ist sowohl im stationären
als auch im ambulanten Bereich eine ärztliche Tätigkeit.
Entsprechend den Wundgegebenheiten ist im Einzelfall
zu entscheiden, ob die Nekrosenabtragung in einem einzeitigen Vorgehen operativ unter Narkose oder durch ein
schrittweises Abtragen in mehreren Sitzungen erfolgen soll.
Bei klinisch manifesten Infektionen ist möglichst ein einzeitiges Vorgehen anzustreben, um der Infektion schnellstens
den Nährboden zu entziehen.
Ein scharfes Débridement sollte
am besten im OP durchgeführt
werden, insbesondere wenn ein
umfangreiches Débridement
erforderlich oder noch nicht klar
ist, wie weit in die Tiefe gegangen
werden muss.
Sollte ein chirurgisches Débridement aufgrund spezifischer
Situationen nicht möglich sein (Verweigerung des Patienten, Multimorbidität mit schlechtem Allgemeinzustand, bei
Marcumar- bzw. Heparintherapie, Fieber, Stoffwechselentgleisungen u. a.), stellen die feuchte Wundbehandlung zur
Nekrosenaufweichung und -ablösung und gegebenenfalls
ein enzymatisches Débridement mit proteolytisch wirkenden Substanzen die Alternativen dar. Beide Methoden
können auch zusätzlich zum chirurgischen Débridement zur
Auflösung oberflächlicher, dünner nekrotischer Schichten
angezeigt sein, die durch mechanische Exzision nicht oder
nur schwer zu entfernen sind.
Zur Wundreinigung mithilfe der feuchten Wundbehandlung
stehen heute eine Reihe hydroaktiver Wundauflagen zur
Verfügung, die effizient sind und eine problemlose Durchführung erlauben: Sie saugen keimbelastetes Exsudat ab,
fördern durch die Zufuhr von Feuchtigkeit das Ablösen von
Belägen und schaffen insgesamt ein physiologisches zellschonendes Mikroklima, das die körpereigenen, autolytischen Reinigungsmechanismen wirkungsvoll unterstützt.
Anamnese und Basisdiagnostik
Behandlungsablauf
bei chronischen Wunden
zur exakten Abklärung der Ulkusursache einschließlich
differenzialdiagnostischer Maßnahmen
Kausaltherapien
zur Wiederherstellung bzw. bestmöglicher Kompensierung der
Durchblutungssituation im gestörten Hautgebiet
Maßnahmen entsprechend der auslösenden Ursachen, z. B.
Venenchirurgie
Kompressionstherapie
angiochirurgische, dilatative Techniken
optimale Diabeteseinstellung
Druckentlastung
Wunddiagnostik / Assessment
Wundbettsanierung / Reinigung
möglichst durch chirurgisches Débridement,
ansonsten Wundreinigung durch feuchte Wundbehandlung, ggf. auch enzymatisch
Wundkonditionierung / Granulationsaufbau
mithilfe feuchter Wundbehandlung
Wundverschluss
durch Kontraktion und Spontanepithelisierung
Deckung durch Spalthauttransplantation
durch plastisch-chirurgische Verfahren
(Haut-Muskel-Lappen)
Chronische Wunden [100.101]
Die feuchte Wundbehandlung gilt ebenfalls als selektiv,
da nur devitalisiertes Gewebe aufgeweicht und abgeräumt
wird. Gesundes Gewebe wird nicht traumatisiert. Zudem ist
die Methode sicher und „nebenwirkungsfrei“ und in allen
medizinischen Bereichen einfach durchzuführen, so z. B.
auch in der Wundbehandlung in der häuslichen Pflege. Zu
berücksichtigen ist jedoch immer, dass diese Art der Wundreinigung im Vergleich zum chirurgischen Débridement
längere Zeit in Anspruch nimmt. Die Wirkungsweisen der
einzelnen Wundauflagen werden im Kapitel „Der Wundverband“ ausführlich erläutert.
Bei sehr schwierigen, infektiösen Wundzuständen zeigen
zusätzliche kontinuierliche Spülungen mit Ringerlösung
über einen eingelegten Katheter einen guten Reinigungseffekt. Gegebenenfalls können aber auch einzelne Spülungen bei jedem Verbandwechsel ausreichend sein.
Nekrosenabtragung und Wundrandanfrischung mit einem
Skalpell bei einem Dekubitus
Mit dem initialen Débridement ist der Vorgang der Reinigung und Wundbettsanierung bei chronischen Wundverhältnissen jedoch meist noch nicht abgeschlossen, da die
Verbesserung der nutritiven Gewebesituation in der Regel
nicht schlagartig erreicht werden kann. Entsprechend der
Entwicklung neuer Nekrosen oder der Bildung von Fibrinbelägen können immer wieder ein subtiles Débridement,
vorsichtige Wundrandanfrischungen oder das Abtragen
von Fibrinbelägen notwendig werden, wie auch keimbelastetes und überschüssiges Exsudat weiterhin aus der
Wunde zu entfernen ist. Die sachgerecht durchgeführte
feuchte Wundbehandlung ist hierzu wiederum ein adäquates Mittel.
Da gerade bei der Behandlung chronischer Wunden häufig
versucht wird, durch wissenschaftlich nicht fundierte Polypragmasie den Reinigungs- und Heilungsverlauf abzukürzen, soll explizit auf die Störungen hingewiesen werden,
die durch die Zytotoxizität und andere Nebenwirkungen
von Substanzen zur Wundbehandlung entstehen können.
Antiseptika, antibiotikahaltige Salben, Farbstoffe, gefärbte
Lösungen, metallhaltige Pasten usw. haben alle ein mehr
oder weniger ausgeprägtes wundheilungsstörendes Potenzial. Bei kurzfristiger Anwendung solcher Substanzen kann
angenommen werden, dass die lokale Schädigung wenig
ins Gewicht fällt, anders sieht es aber bei der Langzeitanwendung an chronischen Hautulzera aus. Die Heilung kann
sich durch die unerwünschten Wirkungen signifikant verzögern und verschlechtern, ganz abgesehen davon, dass die
verschiedenen Substanzen Auslöser von Kontaktallergien
und Resistenzentwicklungen sein können.
Wundkonditionierung
Ist im Anschluss an das chirurgische Débridement kein
direkter chirurgischer Defektverschluss mittels verschiedener Lappenplastiken oder Hauttransplantation möglich,
muss die Wunde „konditioniert“ werden. Hierunter versteht
man alle Behandlungsmaßnahmen, die geeignet sind, das
Wachstum des Granulationsgewebes zu fördern, bis der
Defekt auf annähernd Hautniveau aufgefüllt ist. Bei erfolgreicher Konditionierung liegt dann ein frischer, sauberer
Granulationsrasen vor, der die Grundvoraussetzung für eine
anschließende Spontanepithelisierung bzw. zur Deckung
durch eine Hauttransplantation darstellt. Im angloamerikanischen Schrifttum wird für die Wundkonditionierung
der Begriff „Wound Bed Preparation“ verwendet.
Wichtigste Maßnahme zur Förderung des Granulationswachstums ist, das Wundbett durch eine Behandlung mit
hydroaktiven Wundauflagen permanent feucht zu halten.
Damit wird ein Absterben von Zellen durch Austrocknen
verhindert und ein Mikroklima geschaffen, in dem sich die
notwendigen proliferativen Zellaktivitäten gut entfalten
können.
Die Konditionierung von Wunden
erfolgt durch eine feuchte Wundbehandlung. Die Beispiele zeigen
die Konditionierung mit den Calciumalginat-Kompressen Sorbalgon,
die trocken eintamponiert werden
und sich dann mit Sekretaufnahme
in ein feuchtes Gel umwandeln.
Chronische Wunden [102.103]
Wundverschluss
Die Epithelisierung bringt die Wundheilung zum Abschluss.
Allerdings epithelisieren gerade chronische Ulzerationen
in der Regel schlecht. Wie Seiler et al. 1989 für Dekubitalulzera nachweisen konnte, zeigen Epithelzellen am unmittelbaren Ulkusrand eine stark eingeschränkte Migration.
Die Auswachsrate betrug lediglich 2-7 %, gesunde Haut
zeigte dagegen in der Kontrolle eine Auswachsrate von
ca. 80 %.
Heutiger Standard bei der Versorgung der epithelisierenden
Wundfläche ist eine feuchte und absolut atraumatische
Wundtherapie. Jedes Austrocknen bzw. jede Verletzung von
Epithelzellen beim Verbandwechsel hat den Untergang von
Zellen und damit eine weitere, die Wundheilung verzögernde Reduzierung dieser ohnehin spärlichen Zellpopulation
zur Folge.
Die Transplantation autologer und
in geeigneter Nährlösung gezüchteter Keratinozyten scheint in der
Behandlung chronischer Wunden
eine Reihe stimulierender Effekte
zu haben.
Bei schlechter Tendenz zur Spontanepithelisierung ist vor
allem bei größeren Wundflächen ein Wundverschluss durch
Spalthauttransplantation oder eine Reverdin-Plastik in
Erwägung zu ziehen. Eine weitere Möglichkeit ist die Transplantation von autolog gewonnenen und in vitro gezüchteten Keratinozyten. Voraussetzung für alle Verfahren ist
jedoch ein ausreichend konditionierter, gut durchbluteter
und infektfreier Wundgrund. Zur Vorbereitung des Transplantationsgrundes oder wenn sich trotz sachgerechter
Therapie keine Heilungstendenz zeigt, kann unter Umständen auch die lokale Applikation von Wachstumsfaktoren
lohnend sein.
Das Ulcus cruris venosum
Venenveränderungen und Venenleiden zählen zu den
meistverbreiteten Befindens- und Gesundheitsstörungen,
und es wird geschätzt, dass etwa zwei Millionen Bundesbürger an einem venös bedingten Unterschenkelgeschwür
erkrankt sind. Viele Ulkuspatienten haben dabei einen
jahrzehntelangen Leidensweg aufgrund inadäquater und
frustranter Therapieversuche hinter sich.
Das Ulcus cruris venosum spiegelt die schwerste, durch
chronisch venöse Insuffizienz (CVI) verursachte Stoffwechselstörung in der Cutis und Subcutis wider: Ist der
Rücktransport des Blutes zum Herzen gestört (Veneninsuffizienz), wird weniger Blut aus den vorgeschalteten
Venenabschnitten abtransportiert und der Venendruck fällt
weniger ab (venöse Hypertonie). Es kommt zur Überlastung
der Venen, die sich bis in die Kapillaren der Endstrombahn
auswirkt. Die für einen geregelten Stoffaustausch erforderlichen Niederdruckwerte können nicht entstehen, die venöse
Strömung verlangsamt sich oder sistiert gar. Der Stoffwechsel, insbesondere in Cutis und Subcutis, wird beeinträchtigt.
Auf Dauer ist davon auch das Lymphsystem betroffen, das
nur in den Anfangsphasen einer Abflussstörung die Flüssigkeitszunahmen in den Zellzwischenräumen (interstitielle
Flüssigkeit) durch vermehrten Lymphfluss kompensieren
kann.
Die am frühesten erkennbare Folge der Entsorgungsstörung ist das Ödem, das neuerliche Druckerhöhungen sowie
Flüssigkeitseinlagerungen zur Folge hat und somit die
Stoffwechselstörung verstärkt. Es kommt zu perivaskulären
Fibrosierungs-, Degenerations- und Entzündungsprozessen
mit trophisch bedingten Hautveränderungen. Über weitere
obliterierende Entzündungsabläufe an den Venolen und
Arteriolen entwickelt sich schließlich – zunächst in Arealen
mit ungünstiger venöser Hämodynamik (Knöchelbereich)
– ein Ulcus cruris als nunmehr sichtbares Zeichen des venösen Hypertonus und der Stoffwechselstörung.
1
2
3
Postthrombotische Gefäß- und
Strömungssituation: Die tiefe Leitvene ist nach der Thrombose vernarbt und rekanalisiert (1). Blow
out durch erweiterte Verbindungsvenen (2), dadurch Entstehung
sekundärer Varizen (3).
Lymphatisches Knöchelödem
Chronische Wunden [104.105]
Schwere, Sitz und Bestandsdauer der Rücklaufstörung sowie Grad und Dauer der Belastung des Beinvenensystems
bestimmen die verschiedenen klinischen Erscheinungsbilder, die sich allmählich und stetig verstärkend ausbilden.
Sie werden unter dem Symptomenkomplex der chronisch
venösen Insuffizienz (CVI) zusammengefasst und üblicherweise in drei Schweregrade eingeteilt:
▪ Grad I der CVI ist durch um die Knöchel und oberhalb
des Fußgewölbes angeordnete, besenreiserartige Venen
(Corona phlebectatica) gekennzeichnet. Zusätzlich besteht ein Knöchelödem.
▪ Grad II zeigt sich durch Hyper- und Depigmentierung
der Haut, Unterschenkelödem und Dermatoliposklerose
bis hin zur Atrophie blanche (auch als Capillaritis alba
bezeichnet).
▪ Grad III manifestiert sich als florides oder abgeheiltes
Ulcus cruris venosum. Es bildet sich bevorzugt im Bereich
der Knöchel (Bisgaard’sche Kulisse) aus, kann jedoch
auch an anderen Stellen am Unterschenkel auftreten.
1) Ausgeprägte Dermatoliposklerose bei einer CVI Grad II, die
auf eine zunehmende Fibrosierung
von Cutis und Subcutis zurückzuführen ist
2) Atrophie blanche mit
den weißen atrophischen Hautveränderungen
3) Florides Ulcus cruris venosum
bei Grad III
4) Sog. Gamaschenulkus, das den
gesamten Unterschenkel erfasst
hat
1
2
3
4
Eine CVI kann sich aus einer primären Varicosis (Krampfaderleiden) ergeben, wenn Lumenerweiterung und Klappeninsuffizienz der suprafaszialen Venen auf die Perforansvenen und subfaszialen Venen übergreifen. Sie stellt
aber auch den Folgezustand eines postthrombotischen
Syndroms (PTS) dar, das zumeist sekundär nach einer tiefen
Beinvenenthrombose (Phlebothrombose) entsteht. Das PTS
ist die häufigste Ursache eines Ulcus cruris (Ulcus cruris
postthromboticum), wobei die anatomische Lokalisation
des Strömungshindernisses als entscheidender Faktor für
die klinische Prognose gilt. Bei primärer Varicosis mit noch
suffizientem Klappenapparat der Perforansvenen sind Ulzerationen überwiegend auf Verletzungen, stumpfe Traumen
oder Varizenrupturen zurückzuführen. Dementsprechend
günstiger ist ihre Prognose.
Die Diagnostik des Ulcus cruris venosum umfasst eine
gründliche Anamnese, die klinische und apparative Untersuchung mit Erhebung des venösen und arteriellen Status
sowie differenzialdiagnostische Maßnahmen zum Ausschluss nicht venöser Entstehungsfaktoren.
Das Ulcus cruris venosum ist eine chronische Wunde mit
schlechter oder fehlender Heilungstendenz, die aufgrund
ihrer Entstehungsursache durch eine alleinige Lokaltherapie
nicht zur Abheilung gebracht werden kann. Kausal muss
der dem Ulkus zugrunde liegende venöse Hypertonus so gut
wie möglich beseitigt werden, um die nutritive Situation im
geschädigten Hautgebiet zu verbessern. Ein Geschwür kann
nur dann abheilen, wenn das Ödem abgeklungen ist und
der venöse Abfluss im Bein wieder einen kompensierten
Zustand erreicht hat (Hach).
Diese Therapieziele können im Wesentlichen durch die
Kompressionsbehandlung und gegebenenfalls durch invasive Therapieverfahren erreicht werden. Dabei stellen in der
modernen Phlebologie Verödungsbehandlung und Operation sich einander ergänzende invasive Verfahren dar. WelChronische Wunden [106.107]
ches Verfahren zur Anwendung kommt, ist letztlich abhängig von der anatomischen Lokalisation der Rücklaufstörung
und der Ausprägung der chronischen Veneninsuffizienz.
Die lokale Ulkustherapie stützt sich auf eine sachgerechte
Wundbehandlung, die sich sinnvollerweise an den einzelnen Heilungsphasen orientiert. Im Rahmen der Wundbehandlung sind nach Möglichkeit auch alle Faktoren
auszuschalten, die sich allgemein wundheilungsstörend
auswirken, so beispielsweise Infektionen, Einflüsse von Begleiterkrankungen und Nebenwirkungen anderer Therapien
oder negative psychosoziale Faktoren.
Zur problemlosen Durchführung
der feuchten Wundbehandlung
stehen eine Reihe hydroaktiver
Wundauflagen zur Verfügung.
Das Beispiel zeigt die Behandlung
eines ausgedehnten venösen
Ulkus mit TenderWet, das durch
seine „Saug-Spülwirkung“ insbesondere eine rasche Reinigung
von Wunden bewirkt.
Die sachgerechte Wundbehandlung umfasst phasengerecht
eine gründliche Reinigung sowie die Konditionierung der
Wunde und Förderung der Epithelisierung. Wenn es die
medizinische Situation beim Patienten erlaubt, sollte dabei
durch ein chirurgisches Débridement eine möglichst komplette Abtragung nekrotischen und unzureichend durchbluteten Gewebes angestrebt werden. Ist ein chirurgisches
Débridement nicht praktizierbar, erfolgt die Reinigung
durch eine feuchte Wundbehandlung, die zur Konditionierung des Wundbettes bis zur vollständigen Epithelisierung
fortgesetzt wird. Wichtig ist außerdem eine kontinuierlich
begleitende Kompressionsbehandlung zur Verbesserung
der Hämodynamik.
Unsicherheiten in der Behandlung ergeben sich oft im Hinblick auf die Infektionsprophylaxe und -bekämpfung. Es ist
generell von einer Keimbesiedelung des Ulkus auszugehen.
Allerdings führt die Kontamination – vor allem bei rein
venösen Ulzera – relativ selten zu einer klinisch manifesten
Infektion. Die allgemein zu beobachtende eher geringe
Infektanfälligkeit älterer chronischer Wunden scheint auch
auf das Ulcus cruris venosum zuzutreffen. Die prophylaktische Desinfektion des Ulkus bzw. eine topisch angewandte
Antibiotikatherapie ist deshalb in der Regel als nicht sinnvoll einzustufen, insbesondere auch im Hinblick auf das
Diagnostik
Behandlungsablauf
beim Ulcus cruris venosum
klinische Untersuchung
apparative Diagnostik
Differenzialdiagnose (arterielle Ulzera, venös-arterielle
Mischulzera, diabetische Ulzera, exogene, infektiöse Ulzera,
Ulzera durch Bluterkrankungen, neoplastische Ulzera)
Behandlung
Kompressionstherapie
Dauerverband mit Zinkleimbinden
Wechselverband mit Kurzzugbinden
generell: Der Patient soll sich mit dem Verband
möglichst viel bewegen
invasive Therapie
zur Kompensierung der CVI: Sklerosierung,
Phlebochirurgie
zur Ulkussanierung: ggf. paratibiale Fasziotomie
bzw. endoskopische Perforansligatur
lokale Ulkustherapie
chirurgisches Débridement
physikalische Reinigung durch feuchte Verbandbehandlung
Weiterführung der feuchten Verbandbehandlung
während des Granulationsaufbaus bis zur Spontanepithelisierung, ggf. Hauttransplantation
Nachsorge
Kompressionsstrumpf zum Erhalt des Therapieergebnisses
venengesunde Lebensweise mit möglichst viel Bewegung/
Hochlagern der Beine, ggf. Gewichtsabnahme
ggf. medikamentöse Unterstützung durch Ödemprotektiva/
Venentonika
Chronische Wunden [108.109]
wundheilungshemmende Potenzial vieler dieser Substanzen
sowie das hohe Risiko von Sensibilisierungen. Bei schweren
Infektionen und deutlich erhöhtem CRP (C-reaktives Protein; Indikator für Entzündungen) sowie bei Problemulzera
kann dagegen eine systemische Antibiotikatherapie angezeigt sein.
Bei hartnäckig therapieresistenten Ulzerationen kann gegebenenfalls ein Eingriff peripher vom Ulkus in narbenfreien
Hautarealen erforderlich werden. Als Verfahren mit guten
Erfolgsquoten haben sich dabei insbesondere die paratibiale Fasziotomie nach Hach sowie die endoskopische Perforansligatur nach Hauer erwiesen.
Das Ulcus cruris arteriosum
Die Ursache des Ulcus cruris arteriosum stellt überwiegend
die Arteriosklerosis obliterans der großen und mittleren
Gefäße mit einer daraus resultierenden Gewebsischämie
dar. In Grundzügen skizziert nimmt sie ihren Ausgang von
einer Läsion der Intima der Gefäßwand, die reaktiv eine
Thrombozytenaggregation an der geschädigten Stelle
auslöst, die wiederum eine verstärkte Proliferation und
Immigration glatter Muskelzellen der Media in die Intima
der Gefäßwand zur Folge hat. Die Muskelzellen produzieren
große Mengen an Faserproteinen (Kollagen und Elastin)
sowie Proteoglykanen (wesentliche Bestandteile der extraTypisch für Arteriosklerose ist die
herdförmige Ausbildung von sog.
Plaques. Sie entstehen, wenn sich
bei einer Schädigung der Gefäßinnenwand Blutfette und Kalk, die
mit dem Blutstrom transportiert
werden, an der Schadensstelle
anlagern.
S h itt d
Atherosklerotische Plaques
(graue Ablagerungen) in einer
Arterienwand
zellulären Matrix), die sich durch Akkumulation von Lipiden
in die so genannten atherosklerotischen Plaques umbauen.
Diese Plaques führen dann zur Stenosierung bzw. zum vollständigen Verschluss des betroffenen Gefäßes, wobei das
Ausmaß der daraus resultierenden Mangeldurchblutung
vom Stenosegrad und der vorhandenen Kollateralzirkulation abhängig ist.
Durchblutungsstörungen der Beine können sich sowohl
durch obliterative Prozesse der Aorta selbst als auch der
Extremitätenarterien ergeben. Je nach der Lokalisation des
Verschlusses unterscheidet man nach Ratschow den Aortenbifurkationstyp, den Beckentyp, den Oberschenkeltyp
und den peripheren Beintyp, wobei Kombinationen möglich
sind.
Die Arteriosklerose als solche ist keine reine Alterskrankheit. Zwar erfolgt eine rasche Zunahme der Ausprägung
vom 45. bis 60. Lebensjahr, doch sind für das Krankheitsgeschehen auch das Mitwirken einer Reihe von Risikofaktoren bedeutungsvoll. Neben der konstitutionellen Disposition stellen Hypertonie, Diabetes mellitus, Hypothyorese,
Nephrose, Lipidstoffwechselstörungen, Thrombophilie,
Atmungsinsuffizienz, aber auch eine falsche Lebensweise
mit fett- und kalorienreicher Ernährung, Übergewicht,
Stress und vor allem Rauchen wichtige Risikofaktoren dar.
Chronische Wunden [110.111]
h i
At i
it
Beispiele arterieller Ulzera:
1) Zehennekrosen
2) Nekrosen am lateralen Fußrand,
Calcaneus- und Achillessehnenbereich
3) Komplette Unterschenkelgangrän
4) Ulcus cruris mixtum am
Unterschenkel
1
2
3
4
Männer erkranken etwa fünfmal häufiger an obliterierender
Arteriosklerose als Frauen, wobei sich die Geschlechtsunterschiede in höheren Altersgruppen nivellieren.
Von enormer Bedeutung für das Krankheitsgeschehen ist
des Weiteren, dass ein Zusammentreffen mehrerer Risikofaktoren das Erkrankungsrisiko nahezu exponentiell ansteigen lässt. Aber auch bereits ein einzelner Risikofaktor,
wie z. B. Diabetes mellitus, vervielfacht die Wahrscheinlichkeit, an einem Arterienverschluss der unteren Extremitäten
zu erkranken. Insgesamt handelt es sich also um ein sehr
komplexes Leiden, das die Behandlung bzw. Ausschaltung
aller negativ beeinflussenden Faktoren miterfordert.
Prädilektionsstellen arteriosklerotischer Ulzera am Fuß sind
die Endphalangen der Zehen und Nägel, des Nagelbettes
sowie der Köpfchen der Metatarsale I und II. Sie entstehen
oft durch Druck des Schuhs an prominenten Knochenvorsprüngen und imponieren als tiefblau bis schwarz erscheinende Hämorrhagien. Eine weitere häufige Ulkusursache
sind Läsionen durch eine unsachgemäße Pediküre oder
Bagatellverletzungen der Zehen.
Nekrosen infolge schwerster Durchblutungsstörungen sind
meist am lateralen Fußrand, der Ferse, im Interdigitalraum
und an den Streckseiten der Unterschenkel lokalisiert.
Zum venösen Ulkus besteht differenzialdiagnostisch eine
Schmerzhaftigkeit im Geschwürsbereich. Bei Diabetikern
wird das Ulkus zusätzlich in eine angiopathische und neuropathische Form unterschieden (siehe ab Seite 117). Der
Wundschweregrad kann nach der von Knighton für chronische Wunden entwickelten Klassifizierung in Stadium I bis
VI unterteilt werden.
Im Initialstadium erleichtert das rechtzeitige Erkennen
die Therapie und verbessert die Prognose, wobei in einer
ausführlichen Anamnese auf die typischen Merkmale des
Claudicatio-Schmerzes geachtet werden muss. Die klinische
Stadieneinteilung der arteriellen Verschlusskrankheit erfolgt
modifiziert nach Fontaine:
▪ Stadium I: symptomlos, eventuell leichte Ermüdbarkeit
▪ Stadium IIa: ab einer Gehstrecke von 200 m setzen
Schmerzen ein
▪ Stadium IIb: Gehstrecke unter 200 m
▪ Stadium III: Ruheschmerz
▪ Stadium IV: Dauerschmerz, Nekrose, Ulkus, Gangrän
Nach Sicherung der Diagnose und Verschlusslokalisation
muss ein Therapieplan erstellt werden, der nach Möglichkeit die verschiedenen pathogenetischen Faktoren berücksichtigt. Er beinhaltet:
▪ Ausschaltung der Risikofaktoren
▪ Behandlung der Begleiterkrankungen (z. B. normnahe
Blutzuckereinstellung bei Diabetes mellitus)
▪ Maßnahmen zur Wiederherstellung bzw. der Verbesserung der Durchblutung durch Gefäßchirurg, Angiologen
und Interventionsradiologen
▪ Lokale Wundbehandlung
Chronische Wunden [112.113]
In der Rangordnung der Behandlungsmaßnahmen stehen
die rekonstruktiven Arterieneingriffe sowie interventionsradiologische Kathetertechniken als primäre Ursachenbekämpfung des Ulcus cruris arteriosum an erster Stelle.
Die Wahl des Eingriffes ist nach der Lokalisation und
Ausdehnung der Arterienverschlüsse sowie nach dem
Allgemeinzustand des Patienten auszurichten. Neben der
Revaskularisierung kommen zur Verbesserung der Perfusion
auch Medikamente in Betracht, durch die insbesondere die
hyperproliferativen Zellvorgänge und die Fließeigenschaften
des Blutes beeinflusst werden sollen, z. B. Prostaglandin E1.
Bei der lokalen Wundbehandlung ist das grundsätzliche
Risiko zu berücksichtigen, dass sich bei einem AVK-Patienten bereits kleinste Läsionen, anfänglich ignoriert oder
bagatellisiert, innerhalb weniger Tage rasch ausdehnen
können.
Ein weiteres zentrales Problem ist die hohe Infektionsgefährdung der arteriellen Ulzera. Dementsprechend dient das
chirurgische Débridement der schnellen Infektbekämpfung:
Nekrosen müssen entfernt, Taschen weit eröffnet, schmieBehandlungsbeispiele:
1) AVK vom Oberschenkel-/Unterschenkeltyp Stad. IV, Z. n. chirurgischem Débridement, Tibialis
posterior-Saphena-Bypass
2) Diabetische Gangrän mit AVK
vom Oberschenkel-/Unterschenkeltyp Stad. IV, Z. n. Inzision und
Drainage
3) Trockene Gangrän im Bereich
des IV und V Strahls, des lateralen
Fußrandes, im Calcaneus und im
dorsalen Fußrückenbereich
4) 4 Monate später mit Z. n. Entfernung der Nekrosen und Amputation des IV und V Strahls
1
2
3
4
Diagnostik
Behandlungsablauf
beim Ulcus cruris arteriosum
Schweregrad der pAVK und Lokalisation des Verschlusses
eruieren
Evaluierung Begleiterkrankungen / Risikofaktoren (Hypertonie, Diabetes mellitus, Lipidstoffwechselstörungen, Rauchen,
Übergewicht etc.)
Behandlung
Kausaltherapie
Ausschaltung der Risikofaktoren (Rauchen,
Alkoholkonsum meiden)
Behandlung der Begleiterkrankungen (Bluthochdruck senken, normnahe Blutzuckereinstellung etc.)
Maßnahmen zur Wiederherstellung bzw. Verbesserung der Durchblutung (angioplastische/gefäßchirurgische Verfahren; medikamentöse Verfahren,
Beintieflagerung, Gefäßtraining)
lokale Ulkustherapie
chirurgisches Débridement
Infektionsbekämpfung (systemische Antibiotikatherapie)
feuchte Verbandbehandlung zur weiterführenden
Wundreinigung, Konditionierung und Epithelisierung
bei Indikation zur Amputation:
– Infekt möglichst ausheilen
– feuchte Gangrän in eine trockene überführen
– maximal erreichbare Revaskularisierung anstreben
Nachsorge
Patienten schulen, Eigenverantwortlichkeit stärken
orthopädische Schuhe mit entsprechender Druckverteilung
Füße täglich auf Veränderungen inspizieren (Hornhautschwielen, Rhagaden, Pilzinfektion der Nägel)
zur Fußpflege keine schneidenden Werkzeuge benutzen,
nur körperwarme Fußbäder, kein Barfußlaufen, zur Durchblutungsförderung keine externen Wärmequellen (Wärmflaschen, Heizkissen), sondern nur Eigenwärme (Socken,
Wattestiefel) nutzen
Chronische Wunden [114.115]
rige Beläge entfernt und infizierte Areale herausgeschnitten
werden. Ein ungestörter Sekretabfluss wird mittels Drainage gewährleistet (Osteomyelitis-Saug-/Spüldrainage).
Nach dem chirurgischen Débridement wird mithilfe feuchter
Wundbehandlung die Wundreinigung und Konditionierung
fortgesetzt. Gegebenenfalls sind bis zum Abklingen des
Infektes antiseptische Verbände angezeigt.
Ist eine Amputation erforderlich, sollte diese erst möglichst
nach Abklingen des Begleitinfektes, nach der Überführung
einer feuchten Gangrän in eine trockene und nach Erreichen einer maximalen Revaskularisation in der nekrobiotischen Grenzzone vorgenommen werden.
Das diabetische Ulkus
Der Diabetes mellitus ist eine chronische Störung des Kohlenhydratstoffwechsels, die weltweit nahezu epidemische
Ausmaße erreicht hat. In Deutschland sind derzeit circa
300.000 Menschen an einem Typ-1-Diabetes erkrankt,
etwa 4 bis 5 Millionen sind von einem Typ-2-Diabetes
betroffen. Da gerade der Typ-2-Diabetes auch eine altersabhängige Komponente hat, ist allein aufgrund der Altersentwicklung mit weiter steigenden Erkrankungszahlen zu
rechnen.
Bei den diabetischen Folgekomplikationen nimmt das
Diabetische Fußsyndrom (DFS) eine herausragende Stellung
ein. Nach epidemiologischen Erhebungen ist davon auszugehen, dass etwa 15 % der Patienten mit Diabetes mellitus
im Laufe der Erkrankung Fußläsionen in unterschiedlicher
Ausprägung erleiden, die nur allzu oft in der Amputation
enden.
Grundbedingung für die Entstehung diabetischer Fußläsionen ist das Vorliegen einer diabetischen (Poly-)Neuropathie
und/oder einer peripheren arteriellen Durchblutungsstörung. Obwohl die statistischen Erhebungen etwas differieren, kann von folgender Verteilung ausgegangen werden:
Neuropathischer Fuß
Angiopathisch-ischämischer Fuß
langjähriger Diabetes mellitus,
ggf. zusätzlicher Alkoholkonsum,
weitere diabetische Spätschäden
langjähriger Diabetes mellitus,
ggf. Fettstoffwechselstörungen,
Herzerkrankungen, Nikotinabusus,
arterielle Hypertonie
Hautfarbe/Temperatur
rosig, warm
blass-livide (lageabhängig), kühl
Schweiß/Sekretion
gestört; trockene, rissige Haut
atrophe Haut, Verlust von Hautanhangsgebilden (Haarverlust)
Sensibilität
Einschränkung oder Aufhebung
der Wahrnehmung für Vibration,
Schmerz, Druck, Temperatur, Berührung; Reflexe beeinträchtigt
ungestört, Empfindungen
vorhanden
Schmerz
Schmerzen in Ruhe oder nachts
vorhanden, Claudicatio intermittens Schmerzsymptomatik
Fußpulse
tastbar
nicht tastbar
Hyperkeratosen
häufig an druckexponierten Stellen
wenig ausgeprägt
Knochendeformitäten
häufig veränderte Knochenstruktur, frühzeitig Osteolysen
selten
Prädilektionsstellen
von Läsionen
Fußsohle, insbesondere Bereich
der Zehengrundgelenke
akrale Nekrosen
Anamnese
Klinik
In ca. 45 % der Fälle ist eine diabetische Neuropathie die
Ursache, bei weiteren 45 % handelt es sich um eine Mischform aus Neuropathie und Durchblutungsstörung und 10 %
sind auf eine isolierte periphere Durchblutungsstörung
zurückzuführen.
Unterscheidungsmerkmale
Diabetisches Fußsyndrom
Entstehung der neuropathischen Läsion
Die diabetische Neuropathie, charakterisiert als eine zunehmende „Verzuckerung“ der Nervenzellen und konsekutive
Schädigung des Nervengewebes, erfasst autonome, sensorische und motorische Fasern gleichermaßen. Klinisch
führen diese Schädigungen allein oder gemeinsam zu den
typischen Veränderungen am Fuß des Diabetikers:
Chronische Wunden [116.117]
▪ Die Schädigung der autonomen Fasern bedingt eine Verminderung der Schweißsekretion mit atrophisch trocken
warmer Haut.
▪ Die sensorische Funktionsbeeinträchtigung bewirkt ein
herabgesetztes Schmerz- und Temperaturempfinden bzw.
den Verlust der Schmerzempfindung.
▪ Durch die Verminderung der motorisch neuralen Aktivität
kommt es zu einer Atrophie der Fußbinnenmuskulatur mit
Statikveränderung und Fehlregulation der Fußmotorik.
Damit sind die Bedingungen für die Entwicklung eines
neuropathischen Ulkus gegeben, wobei eine Kallusbildung
(Schwielenbildung) an der Fußsohle ein möglicher Indikator
für die bevorstehende Ulzeration ist. Denn als Reaktion auf
die Einwirkung erhöhten Drucks auf die Fußsohle (bevorzugte Lokalisation ist der Bereich der Zehengrundgelenke)
ergibt sich eine verstärkte Hornhautbildung (Hyperkeratosen) mit Ausbildung einer Schwiele. Die Schwiele leitet
dann die Druckkräfte in tiefere, unter der Haut gelegene
Gewebeschichten weiter.
Gleichzeitig kommt es in der hyperkeratorisch veränderten
Haut durch die zunehmenden Druck- und Scherkräfte zur
Ablösung von Cutis und Subcutis, zu Fissuren, Einblutungen
und Hämatomen, die im weiteren Verlauf bakteriell besiedelt werden. In Folge entsteht ein zentraler, infizierter Gewebsdefekt, das „mal perforant du pied“ (Malum perforans
pedis).
Die Ulkusbildung kann aber auch durch andere Traumen
ausgelöst werden. Hier ist vor allem die zusätzliche unphysiologische Druckbelastung durch nicht passendes
Schuhwerk zu nennen, aber auch Druckpunkte durch eingewachsene Zehennägel, Bagatellverletzungen z. B. durch
schneidende, spitze Geräte bei der Fußpflege oder thermische Traumen z. B. durch zu heiße Fußbäder.
Die Entstehung eines
„Mal perforant“
Erhöhte Druck- und Scherkräfte
durch veränderte Fußstatik und
-motorik ...
führen zu Hyperkeratosen und
Kallusbildung, ...
Rissen, Einblutungen, Hämatomen
und bakterieller Besiedelung...
und schließlich zu einem infizierten Defekt, dem „Mal perforant“
Erschwerend kommt hinzu, dass die Vorgänge der Ulkusentwicklung vom Betroffenen oft kaum beachtet werden,
da die Schmerzwahrnehmung beeinträchtigt ist. Dies zieht
dann nicht selten eine riskante zeitliche Verschleppung
nach sich: Denn begünstigt durch die allgemein abgeschwächte Infektabwehr des Diabetikers kann sich die zunächst lokal begrenzte Infektion rasch in die Tiefe ausbreiten und anatomische Leitstrukturen (Sehnen, Muskeln) sowie Knochen befallen (bakterielle Osteitis). Die Entzündung
der Knochen kann bis zum völligen Zusammenbruch des
Fußskelettes führen. Es entsteht der sog. Charcot-Fuß, oder
es entwickeln sich tiefe Entzündungen des Fußgewebes
(Fußphlegmone), die die Blutzirkulation in den Zehen gefährden, sodass am Ende eine diabetische Gangrän droht.
Chronische Wunden [118.119]
Zur Therapieplanung und Prognoseabschätzung ist eine präzise
Beschreibung und Klassifizierung
der unterschiedlichen Läsionstypen unverzichtbar. Sie dient aber
auch dazu, bei der erforderlichen
multidisziplinären Behandlung
eine eindeutige Kommunikation
zwischen den verschiedenen Mitgliedern eines Behandlungsteams
sicherzustellen.
Zur Beschreibung der Läsionen
sind verschiedene Klassifikationen
verfügbar, von denen die sog.
Wagner-Klassifikation weltweit zu
den verbreitetsten Einteilungen
diabetischer Fußläsionen gehört.
Mit ihren sechs Stadien (0 bis 5)
hat sie den Vorteil, dass sie im
klinischen Alltag einfach anzuwenden ist.
Grad 0: keine Läsion, ggf. Fußdeformation oder Cellulitis
Grad 1: oberflächliche Ulzeration
Grad 2: tiefes Ulkus bis zur
Gelenkkapsel, zu Sehnen oder
Knochen
Grad 3: tiefes Ulkus mit Abszedierung, Osteomyelitis, Infektion der
Gelenkkapsel
Grad 4: begrenzte Nekrose im
Vorfuß- oder Fersenbereich
Grad 5: Nekrose des gesamten
Fußes
Stadium 1: Nekrose der Epidermis
(Druckstelle)
Stadium 2: Malum perforans subcutan bis an Knochen oder an Gelenke reichend ohne deren Läsion
Stadium 3: Malum perforans mit
Knochen- und/oder Gelenkbeteiligung
Stadium 4: nicht mehr regional
begrenzte Infektion, die von einem
Malum perforans ausgeht
Stadieneinteilung des
Malum perforans nach Arlt
Erste Anzeichen neuropathischer Störungen in den Beinen
sind trockene Haut, Brennen und Kribbeln, Taubheitsgefühl
und Schmerzen in Ruhe, insbesondere nachts. Es bestehen
jedoch kaum Schmerzempfindungen bei Verletzungen.
Entstehung der angiopathisch-ischämischen Läsion
Eine verringerte Durchblutung des Gewebes aufgrund einer
Mikro- und Makroangiopathie ist ein gravierender Risikofaktor für die Entstehung eines diabetischen Fußgeschwürs,
beeinträchtigt aber auch die Heilung bestehender Ulzerationen.
Die Makroangiopathie des Diabetikers, die weder aus histologischer noch aus histochemischer Sicht eine Eigenständigkeit aufweist, kann als eine zeitlich vorverlegte, besonders schwere Gangart der Arteriosklerose bewertet werden.
Die Sklerosierung der Arterien eilt dem Stoffwechselgesunden um 10 bis 15 Jahre voraus mit den bekannten Folgen,
dass Diabetiker frühzeitiger und häufiger als Stoffwechselgesunde Herzinfarkte, Schlaganfälle und Verschlüsse in den
Beinen erleiden.
Mikroangiopathien sind Erkrankungen der Endstrombahn
und werden als Mikrozirkulationsstörungen zusammengefasst. Sie betreffen insbesondere den Gefäßwandumbau,
die Blutfließeigenschaften und -bedingungen, Stoffwechselvorgänge im Interstitium sowie in den peripheren Anteilen
des Lymphsystems. Die Ätiologie ist noch unklar, obwohl
die metabolische Theorie im Vordergrund der pathogenetischen Betrachtungen steht.
Die Prädilektionsstellen des ischämischen diabetischen Ulkus entsprechen dem des arteriellen Ulkus: Endphalangen
der Zehen und Nägel, des Nagelbettes sowie der Köpfchen
der Metatarsale I und II. Nekrosen infolge schwerster
Durchblutungsinsuffizienz sind meist am lateralen Fußrand,
der Ferse, im Interdigitalraum und an den Streckseiten der
Unterschenkel lokalisiert. Mit zur Entstehung der Ulzera
Chronische Wunden [120.121]
tragen dann nicht selten traumatische Ereignisse bei, z. B.
Druckeinwirkung durch Schuhe, unsachgemäße Pediküren
oder sonstige Bagatellverletzungen der Zehen.
Noch bevor es zur Ulzeration kommt, können bei der Inspektion trophisch gestörte Nägel, Mykosen, Rötung, Marmorierung und ein Verlust der Behaarung auffallen, was
die Bedeutung der regelmäßigen Inspektion zur Prävention
unterstreicht.
Grundsätze der Therapie
Ziel der Behandlung des diabetischen Fußsyndroms sind
vorrangig die Senkung der Amputationsrate, der Funktionserhalt der Extremität sowie die Erhaltung der Lebensqualität des Diabetikers. Die Behandlung ist eine interdisziplinäre Aufgabe und Therapieerfolge sind nur durch breit
gefächerte Maßnahmen zu erreichen. Zu den Beteiligten
unterschiedlicher Disziplinen gehören: Internisten, Gefäßchirurgen, Orthopäden, Neurologen und Dermatologen.
Basismaßnahme bei der Behandlung aller diabetischen
Läsionen ist eine optimale Diabeteseinstellung (Normoglykämie), die zugleich die beste Therapie der Neuropathie
darstellt. Weitere konservative Therapien konzentrieren
sich auf die Verbesserung der zentralen Hämodynamik
(Behandlung der Herzinsuffizienz oder Ventilationsstörung,
Blutdruckregulierung), die Verbesserung der Hämorheologie und Vasodynamik (Blutfluss- und Blutfließbedingungen)
sowie der Antikoagulation.
Ein vorrangiges und zentrales Problem bei der Behandlung
diabetischer Ulzerationen ist des Weiteren deren außerordentlich hohe Infektionsgefährdung. Nur ganz wenige
angiopathische Läsionen weisen keine Zeichen einer Umgebungsinfektion auf. Mischformen des neuropathischen und
angiopathischen Fußes sowie rein neuropathische Ulzera
können dagegen in der Regel als infiziert gelten. Dabei
sind die Ausbreitungsmöglichkeiten einer Infektion am Fuß
Diagnostik
exakte Verifizierung
der Entstehungsursache (nach den Symptomen der
Neuropathie und Angiopathie, Mischulkus)
des Auslösers der Läsion (Verletzung, Infektion etc.)
der Stoffwechsellage des Diabetes
der Entzündungsparameter
Behandlungsablauf
beim neuropathischen Ulkus
Der Behandlungsablauf des
angiopathischen Ulkus entspricht
dem des Ulcus cruris arteriosum.
Behandlung
Kausaltherapie
optimale Diabeteseinstellung
lokale Ulkustherapie
Infektionsbekämpfung (systemische Antibiotikatherapie)
absolute Druckentlastung des Ulkus bis zur
Abheilung (Gehhilfen, Rollstuhl, Bettruhe)
adäquates chirurgisches Débridement
feuchte Verbandbehandlung zur weiterführenden
Wundreinigung, Konditionierung und Epithelisierung
Nachsorge
Patienten schulen, Eigenverantwortlichkeit stärken
orthopädische Schuhe mit entsprechender Druckverteilung
Füße täglich auf Veränderungen inspizieren (Hornhautschwielen, Rhagaden, Pilzinfektion der Nägel)
zur Fußpflege keine schneidenden Werkzeuge benutzen,
nur körperwarme Fußbäder, kein Barfußlaufen
Chronische Wunden [122.123]
durch den differenzierten Bindegewebsapparat besonders
günstig, weshalb sich eine konsequente systemische Antibiotikatherapie eigentlich immer bewährt.
Für die Lokaltherapie des neuropathischen Ulkus lassen
sich folgende Therapiegrundsätze formulieren:
▪ Absolute Entlastung der Läsion (Gehhilfen, Rollstuhl,
Bettruhe)
▪ Sachgerechte Wundbehandlung mit adäquatem Débridement und feuchter Verbandbehandlung bis hin zum vollständigen Wundverschluss durch ein belastbares Epithel
▪ Versorgung mit geeignetem orthopädischem Schuhwerk
▪ Spezialisierte Nachsorge, Schulung des Patienten und
Rezidivprophylaxe
Trotz aller Schwierigkeiten impliziert eine neuropathische
Läsion immer die Aussicht auf Wundheilung, sodass nach
einem möglichst chirurgischen Débridement primär ein
konservatives Vorgehen zur Konditionierung des Wundgebietes angezeigt ist. Häufigste lokalchirurgische Maßnahme
zur Beseitigung wundheilungsstörender Druckpunkte ist die
Resektion des Metatarsalköpfchens.
Die angiopathische Gangrän bei arterieller Verschlusskrankheit erfordert ein differenziertes Herangehen, das wesentlich vom Gefäßstatus und dem Ergebnis der Revaskularisierung abhängt. Im Gegensatz zur neuropathischen Fußläsion
wird man jedoch seltener ohne Amputation auskommen.
Diabetische Ulzera neuropathischer Genese unter
konservativer Behandlung
Zur Wundbettsanierung kommen prinzipiell eine chirurgische Nekrosenabtragung, eine Grenzzonenamputation
mit weitgehend sekundärer Wundheilung sowie Amputationen in klassischen Amputationslinien mit primärem
Wundverschluss in Betracht. Die Festlegung der jeweiligen
Behandlungsmaßnahmen erfordert klinische Erfahrung. Die
Entscheidung sollte nach reiflicher Überlegung und nicht
übereilt erfolgen. Oberstes Therapieziel ist dabei die Erhaltung der Extremität.
Genügt eine chirurgische Nekrosenabtragung, so ist dieses
Verfahren als Mittel der Wahl anzusehen. Wenn auch die
Sekundärheilung unter Umständen Monate in Anspruch
nehmen kann, ist das so erzielte Ergebnis immer noch
das günstigste. Unter einer guten Infektprophylaxe kann
bei diesem Befund der Fuß – im Unterschied zum neuropathischen Fuß – bei Nekrosefreiheit der Wunde belastet
werden. Das so genannte Gefäßtraining begünstigt die
Revaskularisation und die Wundheilung.
Grenzzonenamputationen sind immer dann erforderlich,
wenn knöcherne Anteile des Fußes im Nekrosegebiet liegen. Dabei sollte der Zeitpunkt der Amputation erst dann
festgelegt werden, wenn eine weitgehende Demarkierung
des Befundes erreicht ist. Unter Demarkierung versteht man
die deutlich sichtbare Abgrenzung zwischen totem (schwarzem) und gesundem Gewebe. Operationen im entzündeten
Gewebe ziehen durch ein Wundödem bei Minderdurchblutung oft sekundäre Nekrosen nach sich. Bei der Festlegung
der Amputationslinie sollten immer die Möglichkeiten der
nachfolgenden prothetischen bzw. schuhtechnischen Versorgung im Vordergrund stehen.
Chronische Wunden [124.125]
Das Dekubitalulkus
Ein Dekubitus ist definiert als Schädigung der Haut durch
eine anhaltende lokale Druckeinwirkung. Seine Entstehung
lässt sich schematisiert folgendermaßen skizzieren: Beim
Sitzen oder Liegen übt der menschliche Körper Druck auf
die Auflagefläche aus, die ihrerseits auf das aufliegende
Hautareal einen Gegendruck erzeugt. Die Höhe des Auflagedrucks ergibt sich individuell aus der Härte der Auflagefläche, wird aber normalerweise über dem physiologischen
Kapillardruck von ca. 25-35 mmHg arteriell liegen.
Kurzfristig kann die Haut selbst höhere Druckeinwirkungen tolerieren. Hält der Druck jedoch an, kommt es durch
die Komprimierung der Blut führenden Kapillaren im belokale Minderdurchblutung
troffenen Hautgebiet zu Minderdurchblutung und SauerSauerstoffmangel /
stoffmangel (Hypoxie). Auf diese beginnende Schädigung
Anhäufung toxischer
reagiert der Körper in Form eines warnenden DruckschmerStoffwechselprodukte
zes. Dieser ist bei einem gesunden, zur Bewegung fähigen
Erhöhung der Kapillarpermeabilität, Menschen der Auslöser, durch eine Lageveränderung die
Gefäßerweiterung, zelluläre
komprimierten Hautareale zu entlasten.
Druck /
Druckverweildauer
Infiltration, Ödembildung
Blasenbildung
komplette Ischämie,
irreversibles Absterben
der Hautzellen
Geschwür / Nekrose
Ist ein Mensch jedoch nicht in der Lage, diesen Druckschmerz wahrzunehmen, z. B. bei vollständiger Immobilität
durch Bewusstlosigkeit oder Narkose, bei relativer Immobilität durch starke Schmerzen, Fiebererkrankung, Demenz,
Altersschwäche usw., dann bleibt die Komprimierung des
Hautareals bestehen. Die Minderdurchblutung nimmt zu
und führt zu einer Anhäufung toxischer Stoffwechselprodukte im Gewebe mit Erhöhung der Kapillarpermeabilität,
Gefäßerweiterung, zellulärer Infiltration und Ödem.
Vorausgesetzt, das betroffene Hautareal wird vollständig
von Druck entlastet, können sich zu diesem Zeitpunkt die
Zellen noch regenerieren, weil die Entzündungsreaktionen den Abtransport der toxischen Stoffwechselprodukte
begünstigen. Bleibt die Druckeinwirkung aber bestehen,
Epidermis
Stadium I
Stadium II
Dermis
Subcutis
Stadium III
Muskeln,
Sehnen,
Knochen
Stadium IV
kommt es durch die sich weiter verstärkende Ischämie
und Hypoxie zum irreversiblen Absterben der Hautzellen
mit Nekrosen und Geschwürsbildung.
Die Zeitspanne, die Hautgewebe unter ischämisierender
Druckeinwirkung ohne Schädigung überstehen kann, wird
mit etwa zwei Stunden angegeben. Allerdings unterliegt
dieser Toleranzbereich starken patientenindividuellen
Schwankungen. Er wird ursächlich von der Stärke der
Druckeinwirkung beeinflusst, aber auch vom allgemeinen
Zustand der Haut. Eine jüngere, elastische Haut ist beispielsweise widerstandsfähiger gegen Druck als eine dünn
gewordene Altershaut. Des Weiteren sind eventuell vorliegende Erkrankungen von Bedeutung, die mit akuten oder
chronischen hypoxischen Zuständen der Hautzellen oder
äußeren Schädigungen der Haut einhergehen.
Klassifikation von Dekubitalulzera:
Stadium I: Scharf begrenzte Hautrötung bei intakter Haut, die sich
nicht wegdrücken lässt. Richtungsweisend: Überwärmung der Haut,
Verhärtung oder Ödem.
Stadium II: Teilverlust der Epidermis bis hin zur Dermis. Es handelt
sich um ein oberflächliches Ulkus,
das sich klinisch als Abrasion,
Blase oder flacher Krater manifestieren kann.
Stadium III: Schädigung aller
Hautschichten (Epidermis, Dermis,
Subcutis), die bis zu den Faszien
reichen kann, wobei diese jedoch
noch nicht betroffen sind. Es zeigt
sich ein tiefes, offenes Geschwür
mit oder ohne Unterminierung des
umliegenden Gewebes.
Stadium IV: Hautverlust über die
gesamte Hautdicke mit ausgedehnten Gewebsnekrosen und
Schädigung der Muskeln, Sehnen
und Knochen. Unterminierungen
und Taschenbildung kommen
ebenfalls häufig vor. Bei Stadium
III und IV Gefahr durch septische
Komplikationen!
(mod. nach „National Pressure
Ulcer Advisory Panel“, 1989)
Chronische Wunden [126.127]
Dekubitalulzera können sich grundsätzlich an jeder Körperstelle entwickeln. Das größte Risiko aber ist gegeben, wenn
der Auflagedruck des Körpers und der Gegendruck der
Aufliegefläche auf ein Hautareal einwirken, das über einem
Knochenvorsprung liegt und wenig durch Unterhautfettgewebe abgepolstert ist. Dementsprechend sind die klassischen Prädilektionsstellen der Sakralbereich, die Fersen,
die Sitzbeine, der große Rollhügel (Trochanter major) sowie
die seitlichen Knöchel. Circa 95 % aller Dekubiti treten an
diesen Stellen auf.
Neben der senkrechten Druckeinwirkung auf ein Hautareal
kann sich eine Gefährdung auch durch Scherkräfte ergeben. Mit dem Begriff der Scherung werden tangentiale Verschiebungen der Hautschichten untereinander bezeichnet,
durch die ebenfalls Blutgefäße eingeengt und komprimiert
werden. Mit dem Auftreten tangentialer Scherkräfte ist vor
allem in der Gesäßregion zu rechnen, z. B. dann, wenn der
Patient in eine neue Position gezogen anstatt gehoben wird
oder beim Sitzen im Bett durch eine unzureichende Abstützung der Füße rutscht.
Die Behandlung des Dekubitus stützt sich auf drei Therapiesäulen: Oberstes Gebot jeder Dekubitusbehandlung ist
die Wiederherstellung der Blutversorgung des geschädigten
Hautgebietes durch eine vollständige Druckentlastung.
Ohne Druckentlastung ist eine Heilung nicht möglich und
alle weiteren Maßnahmen sind sinnlos. Dabei ist die Druckentlastung über die gesamte Behandlungszeit aufrechtzuerhalten. Jede – auch nur Minuten andauernde – Belastung
bewirkt erneut eine Schädigung und führt zu Rückschlägen
im Heilungsverlauf.
Die lokale Wundtherapie umfasst ein gründliches, möglichst chirurgisches Débridement sowie die fortlaufende
Wundreinigung mithilfe hydroaktiver Wundauflagen, die
Konditionierung der Wunde mit Aufbau von Granulationsgewebe sowie die abschließende Epithelisierung, ebenfalls
Erstbeurteilung Gesamtsituation
Behandlungsablauf
beim Dekubitalulkus
Lokalisation des Ulkus, Schweregrad, allgemeiner
Wundzustand
Evaluierung des Patientenstatus, Compliance
Behandlung
Kausaltherapie
vollständige Druckentlastung zur Wiederherstellung
der Blutversorgung während der gesamten Behandlungszeit des Ulkus bis zur Abheilung
lokale Ulkustherapie
adäquates chirurgisches Débridement
ggf. Infektionsbekämpfung
feuchte Verbandbehandlung zur weiterführenden Wundreinigung, Konditionierung
und Epithelisierung
ggf. plastisch-chirurgische Verfahren
adjuvante Therapien
Allgemeinzustand verbessern
Ernährungsstatus verbessern
Schmerzbekämpfung
lokale und allgemeine Störfaktoren der Wundheilung eruieren und bestmöglich eliminieren
Heilt Ulkus?
ja
Überwachung und Weiterführung
der Therapie nach Behandlungsplan
nein
sorgfältige Überprüfung der Maßnahmen
(insbesondere ob die Druckentlastung ausreichend ist!)
Chronische Wunden [128.129]
durch feuchte Wundbehandlung. Gegebenenfalls können
mit einer plastisch-chirurgischen Deckung des Dekubitus
langwierige und belastende Heilungszeiten abgekürzt werden. Aber auch in diesem Fall empfiehlt sich die vorherige
Wundkonditionierung, um das Operationsergebnis zu
sichern und Rezidive zu vermeiden.
Als dritte Therapiesäule sind adjuvante Therapien zur
Verbesserung des Allgemeinzustandes und der Ernährungssituation sowie zur Schmerzbekämpfung angezeigt.
Kachexie mit Eiweißmangelzuständen, die die Wundheilung
hemmen, sind gerade bei älteren Patienten häufig zu beobachten, sodass hier eine adäquate Nahrungsaufnahme
mit erhöhtem Eiweißanteil und ausreichend Vitaminen und
Mineralstoffen sicherzustellen ist.
Instabile Narbe in der Kniekehle
nach Verbrennung als Sonderform
der chronisch posttraumatischen
Wunde (oben) und deren Sanierung durch mikrochirurgischen
Scapulalappen (unten)
Die chronisch posttraumatische Wunde
Die chronisch posttraumatische Wunde entsteht infolge
unzureichender Primärbehandlung eines Traumas oder
durch Komplikationen während der Primärbehandlung,
die nicht in der unmittelbar anschließenden Therapiephase
saniert wurden. Typische Ursachen für einen chronischen
Heilungsverlauf posttraumatischer Wunden sind Weichteilkontusionen, Décollementverletzungen, Hautnekrosen,
Osteitis, Implantatinfekte, Endoprotheseninfekte, Gelenkinfekte oder tiefe Weichteilinfekte. Häufig ist diese Entwicklung auf eine anfängliche Unterschätzung der dem
Primärtrauma zugrunde liegenden Weichteilschäden zurückzuführen. Unter den Primärtraumen gilt die offene
Fraktur als besonders problematisch: Durch Kontamination
werden hier Weichteil- und Knocheninfekte mit oft schwerem Verlauf hervorgerufen.
Eine Sonderstellung nimmt die instabile Narbe ein, wie
sie nach sekundär geheilten Wunden oder nach Spalthautabdeckung mechanisch belasteter Areale zu finden
ist. Bei diesem Narbentyp ist zwar die Integrität der Weich-
posttraumatische Ulzera
Strahlenschäden
Wunden bei Tumoren
Ursache
inadäquate Primärtherapie
z. B. von Weichteilkontusionen; Komplikationen
bei Wundheilung, die nicht
sofort saniert wurden, wie
Nekrosen, Infekte, instabile
Narben etc.
ionisierende Strahlung, z. T.
unter Mitwirkung weiterer
Risikofaktoren wie Traumen,
chemische Faktoren, Infektionen etc.
benignes, malignes oder
semimalignes Zellwachstum
Kausaltherapie
ggf. Beseitigung des Infektionsherdes und antimikrobielle Therapie
ggf. adäquate Tumortherapie und/oder Therapie der
begleitenden Risikofaktoren
ggf. Tumortherapie
Behandlung
möglichst frühzeitige
Sanierung durch radikales
Débridement und plastisch
rekonstruktive Verfahren
möglichst frühzeitige
Sanierung durch radikales
Débridement und plastisch
rekonstruktive Verfahren
ist eine Radikaltherapie
möglich, wird auch die vom
Tumor verursachte Wunde
in eine chirurgische Wunde
überführt und als solche
behandelt
teile nicht gestört, es kommt aber immer wieder zu rezidivierenden Ulzerationen mit entsprechender Infektionsgefahr, sodass auch hier eine Sanierung der Weichteile
erforderlich ist.
Ursachen, Kausaltherapien und
Behandlung sonstiger chronischer
Hautulzera im Überblick
Das Ziel aller Maßnahmen zur Behandlung einer chronisch
posttraumatischen Wunde ist die stabile Weichteildeckung,
wobei das Débridement und damit die Beseitigung aller
Nekrosen und Infektherde wiederum den ersten Schritt
darstellt. Dabei kann unter Umständen keine Rücksicht
auf funktionelle Strukturen wie Sehnen, Faszien oder auch
Nerven und Gefäße genommen werden. Es ist eine Weichteilsituation zu schaffen, bei der eine Defektdeckung ohne
Gefahr einer weiter bestehenden Nekrose und damit einer
Infektpersistenz und -ausbreitung möglich ist.
Das spätere rekonstruktive Vorgehen ist jedoch bereits
während des Débridements intraoperativ miteinzubeziehen. Es muss frühzeitig die Entscheidung fallen, ob in
einer Sitzung sowohl Weichteildefekte als auch knöcherne
Chronische Wunden [130.131]
Defekte verschlossen werden oder ob man einzelne Rekonstruktionsschritte zurückstellt, um sie später bei ausgeheilter Weichteilsituation nachzuholen.
Insgesamt darf bei der Planung der Zeitfaktor nicht vernachlässigt werden. Nach einem Débridement freiliegende
Knochen und Sehnen können sich sekundär infizieren
und austrocknen. In der Regel sollte zwei Tage nach dem
ersten Débridement im Rahmen eines geplanten „second
look“ der definitive Weichteilverschluss erfolgen. Für den
Weichteilverschluss sind plastisch-rekonstruktive Methoden erforderlich, die vom einfachen Spalthauttransfer (bei
sauberer Granulationsfläche, wenn keine ungeschützten
funktionellen Strukturen vorliegen und keine mechanisch
belasteten Regionen beteiligt sind) bis hin zur freien mikrochirurgischen Lappentransplantation reichen.
Chronische Strahlenschäden
Behandlungen mit ionisierenden Strahlen führen zu einer
unvermeidbaren Schädigung der Haut und der darunter
liegenden Gewebe. Wenngleich diese Schädigungen auch
makroskopisch nicht sichtbar sein müssen, so werden als
Zeichen der chronischen Strahlenfolge zunächst Telangiektasien festgestellt, die als Regenerate untergegangener
Kapillaren aufzufassen sind.
Cutis und Subcutis werden nach Strahlenexposition
schlechter durchblutet und atrophieren sekundär. Die
Haut wird dünner und ist durch den Verlust des Unterhautfettgewebes fest mit den darunter liegenden Strukturen
verbunden. Hinzu kommen eine allgemeine Gewebefibrosierung sowie eine direkte Zellschädigung mit chromosomalen Veränderungen. Lokale Lymphödeme, eine zunehmende Hyalinisierung auf Kosten der elastischen Fasern
und Thrombosen in den Arteriolen und Venolen führen
schließlich zu örtlichen Ernährungsstörungen und damit
1
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3
4
Ein 64-jähriger Patient entwickelte
nach einer Hämangiombestrahlung im Jugendalter ein Plattenepithelkarzinom, das zur Amputation des Armes führte.
1) Präoperativer Zustand
2/3) Um einen prothesenfähigen
Stumpf zu erzielen, wurde ein gestielter Latissimuslappen um den
Oberarmstumpf gewickelt ...
4) ... und so ein belastungsstabiler
Amputationsstumpf erzielt.
zum schlecht heilenden Ulkus. Diese Ulzera können im ungünstigsten Fall mit einer Latenz von 4 bis 40 Jahren eine
maligne Transformation erfahren.
Wenn ein anfangs stabiles Radioderm plötzlich instabil
wird, kann ein Rezidiv des Primärtumors oder eine maligne
Neubildung durch die Bestrahlung der Grund sein. Hautmetastasen nisten sich bevorzugt in bestrahlten Hautarealen
ein. Weitere Ursachen für eine solche Entwicklung sind
Traumen wie Injektionen, Probeentnahmen und Insektenstiche oder chemische Faktoren wie eine Lokaltherapie, lokale
Dauerreize oder eine berufliche Exposition mit belastenden
Chemikalien. Auch Hautinfektionen, Osteomyelitiden und
nichtinfektiöse Hauterkrankungen, wie z. B. Varicosis und
Stauungsdermatitis, können hier chronische Schädigungen
auslösen, ebenso interne Erkrankungen wie Diabetes mellitus oder Arteriosklerose.
Chronische Wunden [132.133]
Die Indikationen zur chirurgischen Behandlung bestehen
in der Resektion lokaler Rezidive, der Resektion einer instabilen Narbe oder der Resektion der strahlengeschädigten
Haut zur Schmerzlinderung, Pflegeerleichterung und Verbesserung der Lebensqualität des Patienten.
Die chirurgische Behandlung der Strahlenfolgen erfordert
zunächst ein radikales Débridement mit histologischer Aufarbeitung des Resektates, der Resektionsränder und -tiefe.
Dies kann auch die Resektion von Knochen, z. B. Rippen,
Sternum oder der ganzen Brustwand, erfordern. Ohne ein
solches Débridement lassen sich vor allem Osteo-Radionekrosen nicht sanieren. Da ein direkter Wundverschluss in der
Regel nicht angestrebt werden sollte und eine Deckung mit
Spalthaut ebenfalls häufig ungenügend ist, kommen zur
Deckung der vielfach großen Defekte vor allem gut vaskularisierte Haut-(Muskel-)Lappen in Frage.
Grundsätzlich ist anzumerken, dass viele Strahlenschäden
oft zu lange konservativ behandelt und damit zu spät einer
chirurgischen Sanierung zugeführt werden. Es sollte in stärkerem Maß der Erfahrung Rechnung getragen werden, dass
Ulzera in bestrahlten Regionen in der Regel durch konservative Therapien nicht abheilen und chronische Ulzera hier
nur allzu leicht Ausgangspunkt sekundärer Malignome sein
können. Ganz abgesehen davon, dass sich der Leidensweg
eines Patienten verkürzt, lassen sich darüber hinaus durch
eine frühe chirurgische Sanierung in vielen Fällen komplexe
Rekonstruktionen vermeiden.
Wunden bei Tumorpatienten
Das Wachstum gutartiger oder bösartiger Tumoren unter
oder in der Haut führt zur Zerstörung der Gewebekontinuität, wobei es durch die monatelangen bzw. jahrelangen
Wachstumsprozesse unter Umständen zu offenen Ulzerationen kommen kann.
Großflächiger Exzisionsdefekt
am Rücken nach lymphabstromgerechter Kontinuitätsdissektion
eines malignen Melanoms (links);
exulzeriertes Mammakarzinom
(rechts)
Erlauben es Stadium, Ausdehnung und Lokalisation des
Tumors, wird eine Radikaloperation als der sicherste Weg
zur Tumorbekämpfung angestrebt. Damit werden die vom
Tumor verursachten Läsionen in chirurgische Wunden überführt und können entsprechend behandelt und verschlossen
werden. Je nach Ausmaß des tumorchirurgischen Eingriffs
kann dabei nach der Konditionierung der Wunde ein Defektverschluss durch Transplantation erforderlich werden.
Kann in einem terminalen Stadium die Tumorbehandlung
nur noch palliativ erfolgen, gilt dies in gleichem Maße für
die Wundbehandlung. Verbände dienen in diesem Stadium
vorrangig dem Ziel, Schmerzen zu lindern, unangenehme
Gerüche einzudämmen und die Wunde so lange wie möglich in einem erträglichen Zustand zu halten.
Chronische Wunden [134.135]
Der Wundverband
Seit jeher hat der Mensch seine Wunden verbunden und
damit instinktiv die richtige Maßnahme ergriffen. Blutstillung und Wundschutz waren dabei über Jahrtausende
hinweg die Hauptaufgaben des Verbandes. Und sie sind
es heute noch. Aber gerade durch die in den letzten Jahrzehnten erkannten biochemischen und morphologischen
Zusammenhänge bei der Wundheilung konnten Wundauflagen entwickelt werden, die in hohem Maße therapeutischen Zwecken dienen. Damit ist der moderne Wundverband insbesondere bei der Therapie chronischer Wunden
zu einem unverzichtbaren Bestandteil der lokalen Wundbehandlung geworden.
Nach wie vor hat die Wundabdeckung die Aufgabe, die
Wunde vor der Einwirkung äußerer Noxen zu schützen.
Darüber hinaus aber können die modernen Wundauflagen
aufgrund ihrer differenzierten physikalischen Wirkungsweisen individuell und gezielt für die Wundheilung genutzt
werden. Die neuen Erkenntnisse in der Wundbehandlung in
Verbindung mit den speziellen Wundauflagenmaterialien
haben insbesondere dazu geführt, verstärkt die phasengerechte Wundbehandlung zu praktizieren, mit der sich die
zellulären Aktivitäten der einzelnen Phasen im Sinne einer
qualitativ besseren Wundheilung stimulieren lassen.
Bodenbild einer attischen Schale
des Töpfers Sosias, um 500 v.
Chr.: Achilleus verbindet Patroklos
Aufgaben des Verbandes
Bis die Wunde abgeheilt und der Hautdefekt wieder
geschlossen ist, übernimmt der Verband interimsweise
wesentliche Aufgaben der intakten Haut. Er bietet:
▪ Schutz vor mechanischen Einflüssen (Druck, Stoß,
Scheuern), Verschmutzung und chemischen Irritationen,
▪ Schutz vor Sekundärinfektionen,
▪ Schutz vor Austrocknung und Verlust von Körperflüssigkeiten (Elektrolytverlusten) sowie
▪ Schutz vor Wärmeverlusten.
Über den umfassenden Wundschutz hinaus kann der
Wundverband aber auch aktiv das Heilungsgeschehen beeinflussen durch die Reinigung der Wunde, die Schaffung
eines wundheilungsfördernden Mikroklimas und den Erhalt
der Wundruhe.
Aufgaben in der Reinigungsphase
In jeder Wunde sammelt sich zunächst Exsudat in wechselndem Umfang, das mit abgestorbenen Zellen, Gewebstrümmern, mit Schmutz und Keimen durchsetzt ist. Bleiben
größere Exsudatmengen auf der Wunde stehen, wird der
Fortgang der Heilung sowohl mechanisch als auch biologisch behindert, die Infektionsgefahr wächst. Überschüssiges Exsudat muss deshalb durch den Verband abgesaugt
werden. Damit werden gleichzeitig Bakterien, schädliche
Der Wundverband [136.137]
Stoffwechselprodukte, devitalisiertes Gewebe, Schmutz
und Fremdkörper aus der Wunde entfernt und brauchen
nicht durch die körpereigene Phagozytose eliminiert zu
werden. Der Verband unterstützt und beschleunigt somit die Säuberung der Wunde und dient im Hinblick auf
vorhandene pathogene Keime der Infektionsprophylaxe.
Gleichzeitig schützt er die Wunde vor neuerlicher Kontamination.
Aufgaben in der Granulationsphase
Neben einer funktionierenden Mikrozirkulation ist ein ausgewogenes feuchtes Wundmilieu eine weitere wichtige Voraussetzung zum Aufbau von Granulationsgewebe. Dagegen
wird die Heilung sowohl durch ein Austrocknen der Wunde
als auch durch überschüssiges Sekret in ihrem Fortgang
gestört.
Eine entsprechende Regulierung der Wundfeuchtigkeit ist
nur durch den Verband möglich: Er saugt überschüssiges
Sekret ab, verhindert das Austrocknen der Wunde und führt
ihr bei Bedarf auch dosiert Feuchtigkeit zu. Selbstverständlich müssen die dazu eingesetzten Wundauflagen über
spezifische physikalische Eigenschaften verfügen, wenn sie
diesen Aufgaben gerecht werden wollen. Die Wirkungsprinzipien dieser Verbandstoffe werden ab Seite 147 erläutert.
Bedeutsam in dieser Phase ist auch der Schutz des Granulationsgewebes vor jeglicher Traumatisierung. Durch das
eiweißreiche Sekret und die hohe Anzahl feinster Haarkapillaren neigt es vor allem außerordentlich zum Verkleben. Deshalb muss die Wundauflage über atraumatische
Eigenschaften verfügen, d. h. sie darf nicht mit der Wunde
verkleben. Andernfalls wird bei jedem Verbandwechsel das
Granulationsgewebe durch Zellstripping geschädigt und
zumindest partiell wieder in die Entzündungsphase zurückgeworfen.
Aufgaben des Verbandes:
1) In der Reinigungsphase saugt
der Verband überschüssiges,
keimbelastetes Sekret ab und
unterstützt die körpereigenen
Reinigungsmechanismen.
2) In der Granulationsphase
fördert der Verband durch ein
feuchtes Wundmilieu den Gewebeaufbau.
3) In der Epithelisierungsphase
beschleunigt der Verband Zellwanderung und Zellteilung.
1
2
3
Darüber hinaus hat der Verband weiterhin die Funktion, für
einen sicheren Infektionsschutz zu sorgen, wenngleich die
Infektionsgefährdung proportional zu einem gut ausgebildeten Granulationsgewebe abnimmt.
Aufgaben in der Epithelisierungsphase
Eine reife Granulation und eine feuchte Gleitfläche sind die
Vorbedingungen für die abschließende Epithelisierung. Der
Verband muss die Wunde deshalb weiterhin in ausgewogenem Maße feucht halten. Bleibt überschüssiges Sekret auf
der Wunde stehen, schwimmen die Epithelzellen auf. Ist die
Wunde zu trocken, bildet sich Schorf, der die Reepithelisierung beeinträchtigt, weil die Epithelzellen unter den Schorf
kriechen müssen. Es werden also auch in dieser Phase wieder hydroaktive, atraumatische Wundauflagen benötigt, die
die Wundfläche vor dem Austrocknen und die Epithelzellen
vor dem Zellstripping beim Verbandwechsel schützen.
Der Wundverband [138.139]
Anforderungen an Wundauflagen
In welchem Maße der einzelne Wundverband den spezifischen Funktionen gerecht werden kann, ist abhängig von
den Eigenschaften des verwendeten Materials. Dennoch
lassen sich einige grundsätzliche Anforderungen an Wundauflagen formulieren.
Saugfähigkeit und Aufnahmekapazität
Die definierte Saugfähigkeit einer Wundauflage ist eine
ihrer wichtigsten Eigenschaften, um die Wunde durch
Absaugen überschüssigen Exsudats zu säubern. Um eine
Rekontamination zu verhindern, sollte das Exsudat zudem
möglichst intrakapillar, d. h. in die Materialstruktur der
Wundauflage aufgenommen und dort festgehalten werden.
Textile Materialien wie Mullgewebe, Vliesstoffe oder
kombinierte Kompressen aus Vliesstoff mit Pulpfüllungen
verfügen über eine hohe, spontane Saugfähigkeit. Diese
kann jedoch auch dazu führen, dass der Sekretfluss durch
die Sogwirkung zu stark angeregt wird, die Gefahr einer
Ödembildung ist erhöht. Des Weiteren wird das Exsudat
bei textilen Materialien überwiegend interkapillar, also
zwischen den Fasern aufgenommen, sodass ein sicherer
Keimeinschluss mit Schutz vor Rekontamination nicht
gewährleistet ist.
Interaktive Wundauflagen für die feuchte Wundbehandlung
wie Calciumalginat-Kompressen, Kompressen mit Supersaugstoff im Saugkissen, spezielle Schaumstoffkompressen,
Hydrokolloid- oder Hydrogel-Verbände weisen dagegen
Materialstrukturen auf, die eine intrakapillare Sekretaufnahme ermöglichen und dadurch keimbelastetes Sekret
zurückhalten. Der Grad ihrer Saugfähigkeit wird dabei bestimmt von der Art des Materials. So haben beispielsweise
Calciumalginat-Kompressen eine höhere spontane Saugfähigkeit als Hydrogel-Kompressen, die dafür aber über
einen langen Zeitraum hinweg Sekret aufnehmen können.
Gaspermeabilität
Eine weitere wichtige Aufgabe von Wundauflagen ist, den
Gasaustausch von Sauerstoff und Kohlendioxid sowie die
Abgabe von Wasserdampf zu ermöglichen. Man geht davon
aus, dass ein kontinuierlicher Gasaustausch Auswirkungen
auf die Konzentration des Sauerstoffs und des pH-Wertes
in der Wunde hat und damit die zellulären Vorgänge beeinflusst. Insbesondere wird die Epithelisierung der Wunde
durch die Verfügbarkeit von Sauerstoff, der sich im Wundsekret löst und direkt von den epidermalen Zellen verwertet
wird, gefördert. Die Durchlässigkeit von Wundauflagen für
Wasserdampf trägt dazu bei, das feuchte Wundmilieu auszubalancieren.
Der Grad der Gas- und Wasserdampfdurchlässigkeit einer
Wundauflage ist abhängig vom verwendeten Material. Er
ist bei textilen und textilähnlichen Materialien wie Mull-,
Vliesstoff- oder Calciumalginat-Kompressen höher als bei
den synthetischen Materialien wie Hydrogelen oder Hydrokolloiden mit ihren okklusiven Eigenschaften. Letztere erlauben jedoch ebenfalls in einem bestimmten Umfang den
Gasaustausch, der sich mit zunehmender Sättigung durch
aufgenommenes Wundsekret und der damit verbundenen
Aufdehnung der Materialstrukturen sogar noch verstärkt,
sodass sie als semipermeabel bezeichnet werden können.
Die Gas- und Wasserdampfdurchlässigkeit einer Wundauflage wird in der Praxis auch als wichtiges Kriterium dafür
angesehen, ob sie für die Anwendung bei infizierten Wunden geeignet ist. Dabei gelten Wundauflagen aus textilen
und textilähnlichen Materialien mit hoher Durchlässigkeit
als besser geeignet als semipermeable Systeme wie Hydrogele oder Hydrokolloide. Diese werden bei klinisch manifesten Infektionen vorsichtshalber immer noch als kontraindiziert eingestuft.
Der Wundverband [140.141]
Diese Einstufung ist auf Erfahrungen mit den früher üblichen, absolut luftdicht abschließenden Okklusivverbänden
zurückzuführen, bei denen die Gefahr der Ausbildung
feuchter Kammern und ein hohes Infektionsrisiko vor allem
im Hinblick auf Anaerobier-Infektionen bestand. Moderne
semipermeable Wundauflagen sind jedoch so konstruiert,
dass dieses Gefahrenpotenzial entscheidend minimiert ist.
Sie saugen keimbelastetes Sekret auf, sodass gefährliche
Sekretstaus, die zur Bildung einer feuchten Kammer führen,
erst gar nicht entstehen, wobei die Keime sicher in der
Materialstruktur eingeschlossen werden. Zusätzlich trägt
der in einem bestimmten Umfang mögliche Gasaustausch
zum Ausbalancieren der Feuchtigkeit bei.
Wundfreundlichkeit
Eine nachteilige Eigenschaft textiler, saugender Verbandstoffe wie Mull- oder Vliesstoffkompressen ist deren ausgeprägte Tendenz zum Verkleben mit der sezernierenden
Wundfläche, wenn das aufgenommene Sekret im Verband
eintrocknet und mit ihm eine starre Verbindung eingeht.
Dies führt beim Wechseln des Verbandes dazu, dass mit
dem eingetrockneten Sekret auch das darunter liegende,
neu gebildete Gewebe mit abgerissen wird.
Um diese Wundheilungsstörung zu vermeiden, müssen
Wundauflagen über wundfreundliche oder so genannte
atraumatische Eigenschaften verfügen, d. h. sie dürfen
auch bei längerer Anwendung auf sezernierenden Wunden
Mullverbandstoffe verkleben mit
der Wunde (links), beim Verbandwechsel wird neu gebildetes
Gewebe mit abgerissen. Diese
Wundheilungsstörung lässt sich
durch die Verwendung atraumatischer Wundauflagen, wie z. B.
gelbildender CalciumalginatKompressen (rechts), vermeiden.
nicht verkleben, damit beim Verbandwechsel keine neuen
Wunden gesetzt werden. Gleichzeitig wird durch die atraumatischen Eigenschaften einer Wundauflage ein schmerzarmer Verbandwechsel ermöglicht.
Bei textilen, saugenden Verbandstoffen werden atraumatische Eigenschaften durch wasserabweisende Imprägnierungen wie z. B. Salben (Salbenkompressen) oder Beschichtungen mit Gelen erreicht. Des Weiteren kann durch die
Verwendung hydrophober, nicht selbst saugender Fasern
als Material für die wundnahe Schicht von Kompressen der
Verklebungsgefahr entgegengewirkt werden. Wundfreundlich sind auch alle hydroaktiven Wundauflagen, die trotz
ihrer Saugfähigkeit durch ihre spezifischen Materialstrukturen nicht mit der Wundfläche verkleben.
Anwendungssicherheit
Wundauflagen müssen sowohl mechanisch als auch biochemisch reizlos sein. Mechanische Reize sind vor allem
Bewegungsreize und betreffen vorrangig Wundauflagen auf
textiler Basis. Sie dürfen weder schrumpfen noch zu locker
oder zu dünn verwebt sein, da zweidimensionale Bewegungsvorgänge auf der Wunde zur Reizsekretion führen.
Die biochemische Reizlosigkeit bezieht sich auf ein mögliches Potenzial zellschädigender (zytotoxischer) und sensibilisierender Wirkung von Wundauflagen, wobei von dieser
Problematik die traditionellen Wundverbände aus textilen
Materialien und die neuen synthetischen Materialien gleichermaßen betroffen sind. Um Interferenzen auszuschließen, müssen sich Wundauflagen zudem neutral gegenüber
anderen Substanzen verhalten, die zur lokalen Wundbehandlung eingesetzt werden.
Gebrauchsfertig sterilisierte und
einzeln eingesiegelte Wundauflagen erleichtern die Wundversorgung unter sterilen Kautelen.
Der Wundverband [142.143]
Anwendungssicherheit bedeutet aber auch, dass eine
Wundauflage einfach anzuwenden, gebrauchsgerecht verpackt und eindeutig gekennzeichnet ist. Selbstverständlich
müssen alle Wundauflagen sterilisierbar sein bzw. bereits
gebrauchsfertig sterilisiert bereitstehen.
Methoden der Wundbehandlung
Je nach ihrem Zustand werden Wunden „trocken“ oder
„feucht“ versorgt. Im Rahmen der feuchten Wundbehandlung wird weiter unterschieden in die feuchte
Wundbehandlung mit permeablen, also luft- und wasserdampfdurchlässigen Wundauflagen sowie in die feuchte
Wundbehandlung mit Okklusiveffekt durch semipermeable
Wundauflagen.
Trockene Wundbehandlung
Die Anwendung trockener Wundauflagen beschränkt sich
heute auf folgende Indikationen:
▪ Versorgung von Wunden im Rahmen der Ersten Hilfe
▪ Versorgung primär heilender, mit Naht verschlossener
Wunden zur Aufnahme von Sickerblutungen, als Schutz
vor Sekundärinfektion und als Polsterschutz gegen
mechanische Irritationen
Eine Spezialindikation der trockenen Verbandbehandlung
stellt die Interimsdeckung von Brandwunden oder Konditionierung von Weichteildefekten mit synthetischen Hautersatzmaterialien dar.
Weder trocken noch feucht sind Salbenkompressen, die
zum Geschmeidighalten von Wundflächen eingesetzt werden. Da sie selbst durch die Salbenimprägnierung über
keine Saugkraft verfügen, müssen sie mit saugenden
Wundauflagen zur Sekretaufnahme kombiniert werden.
Kombinierte Saugkompressen
Neben den klassischen Kompressen aus Verbandmull (ESKompressen) oder mullähnlichem Vliesstoff (Medicomp)
werden für die trockene Wundbehandlung kombinierte
Saugkompressen eingesetzt. Diese sind schichtweise aus
unterschiedlichen Materialien aufgebaut und weisen damit
eine gute Saugkraft auf. Exsudat wird nicht nur flächig
verteilt, sondern von der Wunde weggezogen und in der
Tiefe des Saugkörpers gehalten. Sie sind luft- und wasserdampfdurchlässig, weich und drapierfähig und verfügen
über eine gute Polsterwirkung zum Schutz der Wunde.
Beispiele für die verschiedenen Arten von Saugkompressen
sind Zetuvit, Zetuvit Plus sowie Cosmopor steril.
Zetuvit erhält ihre wundfreundlichen Eigenschaften durch
eine nicht verklebende Vliesumhüllung und kann durch
ihren Saugkörper aus hoch saugfähigen Zellstoff-Flocken
auch größere Mengen Exsudats aufnehmen. Zetuvit eignet
sich deshalb vor allem zur Versorgung von akuten, flächenhaften Wunden mit starker Exsudation sowie zur Versorgung primär heilender Wunden.
Zetuvit Plus ist eine kombinierte Saugkompresse speziell
für die Versorgung sehr stark nässender Wunden. Vier
verschiedenen Materialschichten verleihen dabei Zetuvit
Plus seine hervorragenden Gebrauchseigenschaften: Der
Saugkern aus weichen Zellstoff-Flocken ist mit flüssigkeitsspeichernden Polymeren (SAP) vermischt (1). Damit saugt
Zetuvit Plus mehr als das Doppelte von herkömmlichen
Saugkompressen. Das Exsudat wird sicher im Saugkern
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1) Zetuvit, kombinierte Saugkompresse mit guter Polsterwirkung
2) Zetuvit Plus, kombinierte Saugkompresse mit SAP zur Versorgung
sehr stark nässender Wunden.
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Der Wundverband [144.145]
eingeschlossen, sodass Zetuvit Plus auch unter Druck, z. B.
unter einem Kompressionsverband, angewendet werden
kann. Der Einschluss überschüssigen Exsudats trägt aber
auch zur Reduzierung der Infektionsgefahr bei, weil keimbelastetes Exsudat von der Wunde ferngehalten und die
Gefahr der Rekontamination vermindert wird. Darüber
hinaus sorgt die weiche Beschaffenheit des Saugkerns
für eine gute Polsterwirkung, die Wunde ist vor schädigenden mechanischen Einflüssen wie Druck oder Stoß gut
geschützt. Der extra saugstarke Kern ist vollständig mit
dünnem Vliesstoff (2) umhüllt, der die Flüssigkeit bzw. das
Exsudat gleichmäßig an den Saugkörper verteilt. Ein wasserabweisendes, aber luftdurchlässiges Spezialvlies (3) auf
der wundabgewandten Seite des Saugkerns wirkt einem
Durchfeuchten des Verbandes entgegen. Das Spezialvlies ist
grün eingefärbt, sodass Zetuvit Plus sicher appliziert werden kann. Die grüne Seite ist immer die wundabgewandte
Seite (siehe Foto auf Seite 145). Die äußere Umhüllung
von Zetuvit Plus aus einem zweischichtigen Vlies (4) hat
folgende Funktionen: Die hydrophobe Vliesaußenseite reduziert die Verklebungsneigung mit der Wunde, was auch
den Verbandwechsel für den Patienten angenehmer macht.
Die hydrophilen Zellwollfasern der Vliesinnenseite verfügen
dagegen über eine hohe Kapillarwirkung und leiten überschüssiges Exsudat rasch in den Saugkern weiter. Dadurch
wird ein Exsudatstau auf der Wunde verhindert.
Cosmopor steril, selbsthaftender
Wundverband mit hydrophobem
Micronetz als Schutz gegen Verkleben
Cosmopor steril ist ein selbsthaftender Wundverband
aus einem weichen Trägervlies und einem Wundkissen aus
100 % Baumwollwatte. Als zuverlässigen Schutz gegen ein
Verkleben mit der Wunde verfügt Cosmopor steril als wundseitige Schicht über ein hydrophobes Micronetz, das zudem
Wundsekret bzw. Exsudat rasch in das darüberliegende
Saugkissen weiterleitet. Die selbsthaftende Klebezone ist
durch einen hypoallergenen Polyacrylat-Kleber besonders
gut hautverträglich. Cosmopor steril ermöglicht eine problemlose Versorgung von OP-Wunden, aber auch von
Bagatellverletzungen, z. B. im Rahmen der Ersten Hilfe.
Salbenkompressen
Salbenkompressen wie z. B. Atrauman bestehen aus einem
dünnen, weichen Gittertüll aus hydrophoben Polyesterfasern, der mit einer wirkstofffreien Salbenmasse imprägniert ist. Sowohl der hydrophobe Gittertüll als auch die
Salbenimprägnierung wirken einer Verklebung entgegen,
sodass mit Atrauman ein wundfreundlicher Verbandwechsel möglich ist. Durch den Salbenauftrag hält Atrauman
zudem Wundfläche und Wundränder geschmeidig, schützt
die Wunde vor dem Austrocknen und beugt Narbenkontrakturen vor. Die Salbenmasse selbst ist gaspermeabel
und durchlässig für Sekrete. Damit werden ein ausreichender Luftzutritt zur Wunde sowie ein rascher Transport überschüssiger Sekrete sichergestellt. Für die Sekretaufnahme
ist über Atrauman eine Saugkompresse zu applizieren.
Salbenkompressen dienen zur atraumatischen Wundbehandlung in allen Phasen der Wundheilung, z. B. bei
Schürfwunden, Verbrennungen, Verbrühungen oder zur
Abdeckung von Spender- und Empfängerstellen bei Hauttransplantationen.
Zur Behandlung von oberflächlichen akuten und chronischen Wunden aller Art, insbesondere zum ergänzenden
Einsatz bei der Behandlung von keimbelasteten oder infizierten Wunden sowie zur Infektionsprophylaxe eignet sich
Atrauman Ag. Atrauman Ag ist eine silberhaltige Salbenkompresse, die nicht nur einem Verkleben mit der Wunde
entgegenwirkt, sondern auch die Wundränder pflegt und
in direktem Kontakt Keime abtötet. Das Trägermaterial von
Atrauman Ag besteht aus einem weitmaschigem hydrophoben Textil aus Polyamid. Es ist mit metallischem Silber ummantelt, das chemisch fest an das Trägermaterial gebunden
ist. Das mit Silber ummantelte Trägermaterial ist wiederum
mit einer hydrophoben Salbenmasse imprägniert, die vor
allem aus Triglyzeriden besteht und die einem Verkleben
mit der Wunde entgegenwirkt sowie die Salbenränder
pflegt und schützt.
Die Salbenkompresse Atrauman
hält Wundränder und -flächen
geschmeidig und verhindert ein
Verkleben mit der Wunde.
Atrauman Ag zur Behandlung
oberflächlicher Wunden, insbesondere zum ergänzenden Einsatz
bei der Behandlung von keimbelasteten oder infizierten Wunden
sowie zur Infektionsprophylaxe.
Der Wundverband [146.147]
Feuchte Wundbehandlung
Für alle sekundär heilenden Wunden mit erforderlichem
Gewebeaufbau zur Defektfüllung gilt die feuchte Wundbehandlung heute als Standard und bewährt sich insbesondere bei der Behandlung chronischer Problemwunden. Die
wissenschaftlichen Grundlagen der Feuchttherapie wurden
durch die Arbeiten von G. D. Winter geschaffen (1962,
Erstveröffentlichung in „Nature“). Er wies nach, dass ein
feuchter und permeabler Wundverband und das damit erzielte „moist wound healing“ zu einer schnelleren Heilung
führt als ein trockenes, der Luft ausgesetztes Wundmilieu.
Die feuchte Wundbehandlung hat ihre positiven Auswirkungen auf alle Phasen der Wundheilung: In der Reinigungsphase weisen feuchte Wundverbände einen guten wundreinigenden Effekt auf und ermöglichen ein physikalisches
Débridement, ohne Zellen zu schädigen. Des Weiteren kann
durch das feuchte Milieu eine Inaktivierung immunkompetenter Zellen vermieden werden (Seiler).
In der Granulationsphase erzeugen feuchte Verbände in
der Wunde ein physiologisches Mikroklima, ähnlich einem
Zellkulturmedium, das die Zellproliferation und damit die
Ausbildung von Granulationsgewebe fördert. Nach Turner/
Beatty et al. (1990) bewirkt die permanente Feuchttherapie
eine signifikant schnellere Reduktion der Wundfläche und
führt zu einer größeren Menge an Granulationsgewebe.
In der Epithelisierungsphase verbessern sich unter feuchten
Verbänden die Bedingungen für Mitose und Migration von
Epithelzellen. Dies führt in der Regel zu einer schnelleren
Epithelisierung mit kosmetisch günstigeren Ergebnissen.
Allgemein geben Patienten vielfach eine Schmerzlinderung
durch die feuchte Wundbehandlung an. Da moderne, sogenannte hydroaktive Wundauflagen für die Feuchttherapie
normalerweise nicht mit der Wunde verkleben, also über
atraumatische Eigenschaften verfügen, ermöglichen sie
zudem einen für den Patienten schmerzfreien wie auch
atraumatischen Verbandwechsel. Das bedeutet, dass ein
wundheilungsstörendes Zellstripping beim Verbandwechsel
vermieden wird. Die für die Heilung so wichtige Wundruhe
bleibt erhalten.
Wundauflagen für die feuchte Wundbehandlung
Für die praktische Durchführung der Feuchttherapie stehen
heute eine Reihe hydroaktiver Wundauflagen zur Verfügung, mit denen im Sinne eines phasengerechten Behandlungssystems die gesamte Bandbreite der therapeutischen
Notwendigkeiten abgedeckt werden kann.
TenderWet – Wundkissen mit Superabsorber
TenderWet ist eine äußerst effiziente Wundauflage zur
raschen Reinigung, Nekrosenablösung, Keimreduzierung
und Wundbettsanierung vor allem von chronischen und
infizierten Wunden. Grundlage der hohen Effizienz ist ein
einzigartiges Wirkungsprinzip, das eine kontinuierliche
„Spülung“ der Wunde ermöglicht.
TenderWet ist eine mehrschichtige, kissenförmige Wundauflage, die als zentralen Bestandteil ihres Saug-Spülkörpers
superabsorbierendes Polyacrylat enthält. Der wirkstofffreie
Superabsorber wird vor der Anwendung mit einer entsprechenden Menge Ringerlösung aktiviert, die dann über Stunden kontinuierlich an die Wunde abgegeben wird. Durch
die permanente Zufuhr von Ringerlösung werden Nekrosen
aufgeweicht, abgelöst und ausgespült (1).
Gleichzeitig wird aber auch keimbelastetes Wundexsudat
in das Wundkissen aufgenommen und dort gebunden.
Dieser Austausch – Ringerlösung wird abgegeben und Proteine werden aufgenommen – funktioniert, weil der Superabsorber des Wundkissens eine höhere Affinität für das
proteinhaltige Wundexsudat besitzt als für die salzhaltige
Ringerlösung (2), die somit aus dem Kissen verdrängt wird.
Sobald die wundheilungshemmenden Faktoren entfernt
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Das Wirkungsprinzip
von TenderWet
Der Wundverband [148.149]
sind, d. h. die Wunde von Nekrosen, Detritus und Belägen
gereinigt ist, sind die Voraussetzungen zum Aufbau von
Granulationsgewebe gegeben: Proliferative Zellen können
in das Wundgebiet einwandern und Kapillaren können einsprießen (3). Die Feuchtigkeit sowie die in der Ringerlösung
enthaltenen Elektrolyte wie Natrium, Kalium und Calcium
tragen dabei zur Zellproliferation bei.
TenderWet hat keine Kontraindikationen und kann auch
bei infizierten Wunden angewendet werden. In Einzelfällen
kommt es bei der Initialreinigung mit TenderWet zu einer
scheinbaren Vergrößerung der Wunde. Dies bedeutet, dass
mit dieser Methode auch devitalisiertes Gewebe, das als
solches nicht erkennbar war, entfernt wurde.
Bei tiefen Wundverhältnissen ist TenderWet locker, ohne
Druck einzutamponieren, um den für den Flüssigkeitsaustausch erforderlichen direkten Kontakt sicherzustellen. Die
physikalischen Eigenschaften des Superabsorbers in Verbindung mit dem äußeren Hüllgestrick des Wundkissens verleihen TenderWet die notwendigen Tamponadeeigenschaften.
Bei großflächigen Wunden sind die TenderWet Wundkissen
leicht überlappend aufzulegen.
TenderWet ist in verschiedenen Ausführungen sowie in
runden und rechteckigen Formaten erhältlich, damit jeweils
auf die Praxisbesonderheiten eingegangen werden kann.
TenderWet 24 active und TenderWet active cavity sind bereits
gebrauchsfertig mit Ringerlösung
aktiviert.
Für eine vereinfachte Anwendung steht TenderWet in einer
bereits aktivierten Form als TenderWet active cavity und
TenderWet 24 active mit einer integrierten feuchtigkeitsabweisenden Schutzschicht zur Verfügung. Diese „active“Wundkissen sind gebrauchsfertig mit Ringerlösung getränkt
und können sofort appliziert werden. Damit entfällt ein
vorbereitender Arbeitsgang, was Zeit sparen hilft. Ein
weiterer Vorteil der bereits aktivierten Wundkissen ist aber
auch, dass ein deutlich größeres Volumen an Ringerlösung
in den Saugkörper eingebracht werden kann, als dies durch
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TenderWet hat keine Kontraindikationen und kann bei allen
Wundzuständen, infiziert und
nicht infiziert, angewendet
werden. Die „Spülwirkung“ von
TenderWet kommt dabei am
besten während der Reinigungsphase und zu Beginn der Granulationsphase zur Geltung. Die
Beispiele zeigen TenderWet bzw.
TenderWet 24 bei der Versorgung
venöser Ulzera (1und 2), einer Verbrennungswunde (3) sowie einer
diabetisch bedingten Fußläsion (4).
Die schnelle und effiziente Reinigungswirkung von TenderWet bewährte sich bei dieser dehiszenten
medialen Abdominalwunde,
83-jähriger Patient (Kasuistik
M. Butcher, Plymouth, England).
5) Zustand der Wunde nach
Dehiszenz mit fest anhaftenden
nekrotischen Belägen
6) Beginn der TenderWet-Behandlung am 28.1. mit 10 x10 cm
großen TenderWet und Verbandwechsel alle 12 Stunden
7) Wundzustand zwei Tage nach
Behandlungsbeginn mit bereits
deutlicher Reduzierung der Beläge
8) Zustand der Wunde am 17.2.
mit transplantationsfähigem Granulationsgewebe, die endgültige
Deckung erfolgte durch Spalthaut.
Der Wundverband [150.151]
Das Austamponieren von tiefen
Dekubiti mit in Antiseptika getränkten Gazestreifen (Abb. 1)
gewährleistet nicht immer eine
ausreichende Reinigung, sodass
alternativ ein schnelles und
gründliches Débridement mit dem
Wundkissen TenderWet active
cavity in Erwägung gezogen
werden sollte (Abb. 2-4, Kasuistik
F. Meuleneire, Belgien). Selbstverständlich muss die lokale Wundbehandlung konsequent durch
druckentlastende Maßnahmen
gestützt werden, beispielsweise
durch Lagern des Patienten auf
Antidekubitusmatratzen bzw.
durch regelmäßiges Umlagern.
Die mit TenderWet 24 active mögliche rasche Nekrosenabtragung
und Wundbettsanierung zeigte
sich auch beim Débridement eines
Hämatoms mit ausgeprägten Blutgerinnseln, 78-jährige Patientin
(Kasuistik F. Meuleneire, Belgien).
5) Débridement des Hämatoms
am 2. 2.
6) Zustand nach dem Débridement, Wunde mit Restnekrosen
7) Beginn der Wundreinigung
ausschließlich mit TenderWet 24
acitve, Verbandwechsel 1x täglich.
8) Bereits 5 Tage nach Behandlungsbeginn (7. 2.) ist die Wunde
nahezu vollständig sauber.
Auch die Patientin war mit der
schnellen Wundreinigung sehr zufrieden, die Verbandwechsel verliefen problem- und schmerzlos.
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ein manuelles Tränken möglich ist. So kann die Wunde über
einen längeren Zeitraum feucht gehalten werden.
Darüber hinaus sind die Wundkissen weich und gut modellierbar, was insbesondere TenderWet active cavity auszeichnet, mit dem selbst tiefere Wunden problemlos austamponiert werden können (= cavity). Hingegen sollte TenderWet
24 active wegen seiner feuchtigkeitsabweisenden Schutzschicht nicht eintamponiert werden.
Das klassische TenderWet muss vor seiner Anwendung mit
Ringerlösung getränkt werden. Wie viel Ringerlösung zur
Aktivierung benötigt wird, ist von der Kompressengröße
abhängig und entsprechend auf der Packung angegeben.
Zur einfachen Aktivierung von TenderWet und auch von
TenderWet 24 steht außerdem TenderWet Solution in gebrauchsfertigen Ampullen zur Verfügung. Die Zusammensetzung der sterilen, pyrogenfreien und isotonen Solution
entspricht der einer Ringerlösung.
TenderWet 24 active und TenderWet 24 weisen in ihrer
Konstruktion eine Besonderheit auf, die letztlich auch dazu
beiträgt, die Saug-Spülwirkung auf etwa 24 Stunden zu
verlängern: Die Wundkissen sind mit einer feuchtigkeitsabweisenden Schutzschicht ausgestattet, hauptsächlich
um ein Durchfeuchten des Verbandes nach außen zu
verhindern. Die Kompressenseite mit der integrierten
Schutzschicht ist durch parallel verlaufende Farbstreifen
gekennzeichnet, damit das Wundkissen sicher platziert
werden kann. Wie bereits erwähnt, sollten TenderWet 24
active und TenderWet 24 wegen dieser Schutzschicht nicht
eintamponiert werden.
TenderWet und TenderWet 24
sind vor Gebrauch mit TenderWet
Solution oder mit Ringerlösung zu
aktivieren.
Generell gilt für alle TenderWet Wundkissen: Sie sind nicht
selbsthaftend und müssen adäquat fixiert werden, z. B.
vollflächig mit elastischen Fixiervliesen (z. B. Omnifix) oder
mit elastischen Fixierbinden (z. B. Peha-crepp, Peha-haft).
Der Wundverband [152.153]
Sorbalgon –
tamponierbare Calciumalginat-Kompressen
Sorbalgon eignet sich hervorragend zur Reinigung und
zum Granulationsaufbau bei oberflächlichen und tiefen,
infizierten und nicht infizierten Wunden. Sorbalgon lässt
sich ausgezeichnet tamponieren und sorgt somit vor allem
auch bei tiefen Wunden für eine wirkungsvolle Reinigung
und Konditionierung.
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Das Wirkungsprinzip
von Sorbalgon
Sorbalgon ist eine nicht gewebte Kompresse aus hochwertigen Calciumalginat-Fasern, die trocken in die Wunde eintamponiert wird (1). Bei Kontakt mit Natriumsalzen, wie sie
beispielsweise in Blut und im Wundsekret vorhanden sind,
quellen die Fasern und wandeln sich in ein feuchtes, saugfähiges Gel um, das die Wunde ausfüllt (2). Durch die enge
Adaption von Sorbalgon an die Wundflächen werden Keime
auch in der Tiefe aufgenommen und sicher in der Gelstruktur eingeschlossen (3). Dies führt zu einer effizienten
Keimreduzierung und hilft, Rekontamination zu vermeiden.
Wunden werden rasch gereinigt, sodass sich Sorbalgon insbesondere bei der Behandlung chronischer und infizierter
Wunden bewährt.
Die gelartige Konsistenz von Sorbalgon wirkt zudem wie ein
feuchter Verband, der ein Austrocknen der Wunde verhindert. Es entsteht ein für die Wundheilung günstiges Mikroklima, das die Bildung von Granulationsgewebe fördert und
die Wundflächen geschmeidig hält.
Durch die Gelbildung verklebt Sorbalgon nicht mit der
Wunde, der Verbandwechsel verläuft schmerzarm. Allerdings setzt die vollständige Umwandlung der Calciumalginat-Fasern in ein Gel ausreichend Sekretion voraus.
Falls zerklüftete Wunden mit geringer Sekretion austamponiert werden müssen, ist Sorbalgon zweckmäßigerweise
mit Ringerlösung zu befeuchten. Eventuell in der Wunde
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Durch ihre ausgezeichnete Tamponierbarkeit erweist sich Sorbalgon vor allem bei problematisch
gelegenen und tiefen Wunden
als ideale Wundauflage, wie die
Anwendungsbeispiele 1-4 zeigen.
Sorbalgon gewährleistet dabei
auch eine absolut gewebeschonende Tamponade, die zudem
atraumatisch und schmerzfrei zu
entfernen ist.
In der klinischen Praxis zeigt sich
Sorbalgon nicht nur als sehr gut
geeignet zur Reinigung von Wunden, sondern bewährt sich auch
bei der Konditionierung von
Wunden: 85-jähriger Patient,
Dekubitus 3. Grades (Kasuistik
F. Lang, Leonberg).
5) Aufnahmebefund, es zeigt sich
eine große Nekroseplatte auf dem
Os sacrum, die durch ein chirurgisches Débridement entfernt
wird.
6) und 7) Beginn der Behandlung
mit Sorbalgon 10 Tage nach dem
chirurgischen Débridement
8) Wundzustand nach 20 Tagen
unter ausschließlicher SorbalgonBehandlung mit gut ausgebildetem Granulationsgewebe –
dann Entlassung des Patienten in
die häusliche Pflege
Der Wundverband [154.155]
verbleibende Fasern lassen sich mit Ringerlösung ausspülen, ansonsten wird der Gelpfropf mit einer Pinzette
aus der Wunde entfernt.
Sorbalgon ist in drei Kompressengrößen und als Tamponadestreifen
erhältlich.
Die Häufigkeit des Verbandwechsels ergibt sich aus der
individuellen Wundsituation. In der Phase der Wundreinigung kann je nach dem Ausmaß der Exsudation ein
1-2-maliger Verbandwechsel erforderlich werden. Später,
mit einsetzender Granulationsbildung, kann ein Verbandwechsel alle zwei bis drei Tage ausreichend sein. Sorbalgon
wird in drei Kompressengrößen angeboten. Als Tamponadestreifen, speziell für voluminösere Wunden, steht Sorbalgon T zur Verfügung.
PermaFoam – hydroaktiver Schaumverband
Der Schaumverband PermaFoam ist indiziert bei stark bis
mäßig sezernierenden, nicht infizierten Wunden in der Reinigungs- und während der Granulationsphase. Grundlage
für seine therapeutische Wirkung ist seine spezielle Porenstruktur.
Der hydrophile Schaumverband
PermaFoam erweitert durch seine
überzeugende physikalische
Wirkungsweise die Behandlungsoptionen bei chronischen Wunden.
PermaFoam ist eine Kombination zweier unterschiedlich
strukturierter Schaumstoffe, die über eine spezielle Laminierung miteinander verbunden sind. Die Saugschicht
von PermaFoam besteht aus hydrophilen PolyurethanPolymeren, die Flüssigkeit bis zum Neunfachen ihres
Eigengewichtes in ihren Polymerketten einlagern können.
Dabei verfügt die Polyurethanmatrix über einen einzigartigen Porengradienten, d. h. die wundseitig großen Poren
werden zur Deckschicht hin immer kleiner, was eine hohe
vertikale Kapillarwirkung erzeugt. Die Deckschicht von
PermaFoam besteht aus einem flexiblen, geschlossenporigen Polyurethanschaum und ist semipermeabel, also
keimdicht, aber durchlässig für Wasserdampf.
Aus dieser Materialkombination und -konstruktion ergeben
sich Produkteigenschaften, mit denen insbesondere die oft
auftretende Mazerationsproblematik bei chronischen Wun-
den eingegrenzt werden kann: Durch die hohe vertikale
Kapillarwirkung wird keimbelastetes Wundexsudat rasch
bis unter die Deckschicht geleitet. Dabei gewährleisten die
wundseitig großen Schaumstoffporen, dass auch zähflüssiges Exsudat und Detritus aufgenommen werden kann,
ohne die Poren zu verstopfen. Bei Aufnahme des Wundexsudats quillt der Polyurethanschaum leicht auf, sodass
der für die Ableitung erforderliche Kontakt zum Wundrund gesichert ist.
Grundlage für die therapeutische
Wirksamkeit von PermaFoam ist
die spezielle Porenstruktur: Wundseitig große Poren verkleinern sich
zur Deckschicht hin immer mehr,
was eine hohe vertikale Kapillarwirkung erzeugt. Dies bewirkt,
dass Exsudat rasch in die Tiefe des
Saugkörpers aufgenommen wird,
sorgt aber auch für eine hohe
Retention zur sicheren Flüssigkeitsbindung.
Das aufgenommene Wundexsudat verteilt sich dann seitlich
unter der Deckschicht. Wichtig ist dabei, dass PermaFoam,
hauptsächlich bedingt durch die spezielle Porenstruktur,
über ein hohes Zurückhaltevermögen (Retention) für Flüssigkeiten verfügt. Selbst wenn von außen Druck erzeugt
wird, so beispielsweise durch einen Kompressionsverband,
wird das Exsudat im Schaumstoff gehalten. Hinzu kommt,
dass PermaFoam auch unter dem Druck eines angelegten
Kompressionsverbandes nur geringfügig an Saugkapazität
verliert. Zum Beispiel wird unter dem Druck von 42 mmHg
die Saugkapazität gegenüber dem freien Zustand lediglich
um 12 % reduziert.
All diese Eigenschaften bewirken nicht nur eine rasche
Regulierung der Exsudation, sondern schützen auch die
Wundränder vor Mazeration, weil das aufgenommene
Wundexsudat nicht mehr in die Wunde zurückdrückt.
Darüber hinaus gewährleistet die hohe Wasserdampfdurchlässigkeit der Deckschicht ein ausgewogen feuchtes Mikroklima, was die Heilungsvorgänge zusätzlich unterstützt.
Der Wundverband [156.157]
Umfangreiche Anwendungsbeobachtungen ergaben, dass
PermaFoam den gestellten Anforderungen bei der Reinigung und
Konditionierung von Problemwunden in überzeugender Weise
entsprechen kann.
Kasuistik 1 (F. Lang, Leonberg):
83-jährige Patientin mit Dekubitus
rechts und links gluteal mit infizierter Nekrose rechts, operative
Entfernung aller Nekrosen bis ins
gesunde Gewebe
1) Zustand des Dekubitus nach
chirurgischem Débridement.
2/3) Reinigung und Konditionierung erfolgten ausschließlich mit
PermaFoam, wobei kontinuierliche Heilungsfortschritte beobachtet werden konnten.
4) Zustand der Wunde nach 65 Tagen mit teilweise stabilem Epithel
Kasuistik 2 (F. Lang, Leonberg):
86-jährige Patientin mit großem
Bauchdeckenabszess nach dislozierter PEG
5) Erster Verbandwechsel nach der
PEG-Entfernung und Abszessausräumung, Wundhöhle mit Restnekrosen, stark sezernierend
6) PermaFoam cavity wird locker
in die Abszesshöhle eingebracht.
Das weiche Schaummaterial und
die spezielle Lochstruktur ermöglichen eine gute Adaption an die
Wundflächen.
7) Mit PermaFoam cavity fertig
austamponierte Wundhöhle
8) Unter der Behandlung mit
PermaFoam cavitiy bildet sich
zunehmend Granulationsgewebe
aus, sodass am Entlassungstag auf
Sorbalgon umgestellt wird.
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PermaFoam ist atraumatisch, ein Verkleben mit der Wunde
bzw. ein Einwachsen von Gewebe in die Schaumstruktur
wird minimiert. Durch das hohe Absorptionsvermögen
und die sehr gute Retention kann PermaFoam selbst bei
stärkerer Wundsekretion beim Ausbleiben von Komplikationen mehrere Tage auf der Wunde verbleiben.
PermaFoam ist weich und geschmeidig und schmiegt
sich den Wundgegebenheiten gut an. Die Fixierung des
Schaumverbandes erfolgt mit elastischen Fixierbinden
(z. B. Peha-haft) oder vollflächig mit elastischen Fixiervliesen (z. B. Omnifix elastic). Die Produktausführung
PermaFoam comfort ist für eine einfache Fixierung mit
einem selbstklebenden Haftrand ausgestattet, der verwendete Kleber ist hautfreundlich. PermaFoam steht in verschiedenen Ausführungen und Zuschnitten zur Verfügung.
Hydrocoll – saugfähiger Hydrokolloid-Verband
Hydrocoll ist ein selbsthaftender, saugfähiger Hydrokolloid-Verband zur Reinigung und Konditionierung nicht
infizierter Wunden mit mittelstarker bis mäßiger Wundexsudation bzw. -sekretion.
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PermaFoam steht in speziellen
wundangepassten Zuschnitten zur
Verfügung, damit in jedem Fall
eine optimale Wundbehandlung
möglich ist. PermaFoam sacral (1)
für Anwendungen im Sakralbereich, PermaFoam concave (2) für
Anwendungen an Ferse und Ellbogen, PermaFoam tracheostomy (3)
zur Versorgung von Eintrittsstellen
wie Tracheostomiekanülen und
Sondenapplikationen, PermaFoam
cavity (4) zur Behandlung von tiefen Wunden und PermaFoam rund
(5) für die Versorgung kleinerer
Ulzera an Problemzonen.
Der Begriff „Kolloid“ stammt aus dem Griechischen und bedeutet einen Stoff, der in feinster Verteilung in eine Matrix
integriert ist. Dementsprechend besteht Hydrocoll aus saugund quellfähigen Hydrokolloiden, die in ein selbsthaftendes
Elastomer eingebracht sind. Eine semipermeable Folie dient
als keim- und wasserdichte Deckschicht.
Im Mittelpunkt des Wirkungsmechanismus von Hydrocoll
stehen die in die Trägerschicht eingebrachten Hydrokolloide. Durch die Aufnahme von Wundsekret quellen sie auf
und gehen in ein Gel über, das in die Wunde expandiert
und die Wunde feucht hält. Das Gel ist dabei so lange
saugfähig, bis die Hydrokolloide gesättigt sind. Gleichzeitig wird mit dem Quellvorgang das aufgenommene
Das Wirkungsprinzip
von Hydrocoll
Der Wundverband [158.159]
Wundsekret, das immer auch mit Detritus, Bakterien und
deren Toxinen belastet ist, sicher in der Gelstruktur eingeschlossen.
Durch die Haftkraft des Elastomers kann Hydrocoll ähnlich
wie ein Pflaster auf die Wunde aufgelegt werden. Mit der
Gelbildung verschwindet dann im Bereich der Wundfläche
die Haftkraft, sodass Hydrocoll wundschonend nur noch auf
der intakten Wundrandumgebung fixiert ist.
Für Hydrocoll finden besonders saug- und quellfähige
Hydrokolloide Verwendung, die zudem die Eigenschaft
haben, dass ihre Gelstruktur kompakt bleibt. Hydrocoll
expandiert zwar wie gewohnt in die Wunde, lässt sich
aber dann im Gelzustand in einem Stück von der Wunde
abnehmen. In der Wunde verbleiben praktisch keine Gelrückstände, sodass das bisher erforderliche Ausspülen von
Gelrückständen in eiterähnlicher Konsistenz weitgehend
entfällt. Der Verbandwechsel wird dadurch einfacher und
auch angenehmer. Zudem ist sofort eine sichere Wundbeurteilung möglich.
Der Wirkungsmechanismus von Hydrocoll zeigt in allen
Wundheilungsphasen seine Effekte: Da überschüssiges,
keimbelastetes Wundsekret mit dem Saug- und Quellvorgang rasch in die hydrokolloiden Anteile des Verbandes
aufgenommen wird, kommt es zu einer schnellen und
guten Wundreinigung. Wie allgemeine Untersuchungen
zeigten, verbessert sich mit zunehmender Reinigung auch
die Mikrozirkulation im Wundgebiet. Hierdurch werden
insbesondere bei chronischen Wundverhältnissen mit stagnierender Reinigungsphase die körpereigenen Reinigungsmechanismen wieder aktiviert. In der Granulationsphase
stimuliert und fördert das feuchte Wundmilieu unter Hydrocoll den Aufbau von Granulationsgewebe. Dabei lässt sich
mit Hydrocoll das ausbalanciert feuchte Wundmilieu ohne
die Gefahr von Sekretstaus auch über längere Behandlungszeiträume problemlos aufrechterhalten und ein Aus-
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Hydrocoll ist ein selbsthaftender,
saugfähiger Hydrokolloid-Verband
zur Reinigung und Konditionierung nicht infizierter Wunden
mit mittelstarker bis mäßiger
Sekretion. Zur praxisgerechten
und wirtschaftlichen Anwendung
steht Hydrocoll in verschiedenen
Formen und Aufmachungen zur
Verfügung:
1) Hydrocoll in der Standardversion
2) Hydrocoll thin für bereits
epithelisierende Wunden
3) Hydrocoll sacral speziell zur
Wundbehandlung im Sakralbereich
4) Hydrocoll concave in perfekter
Passform für Ellbogen und Ferse
Die Abbildungen 5-8 zeigen
ausschnittweise den Verlauf der
Wundheilung bei einem Dekubitus
Grad 2 mit Blasenbildung an der
linken Ferse. Die Wundversorgung
erfolgte mit Hydrocoll und gestaltete sich komplikationslos. Durch
sein hohes Absorptionsvermögen
konnte Hydrocoll mehrere Tage
auf der Wunde verbleiben, was die
Behandlung einfach und durch die
reduzierten Verbandwechsel auch
wirtschaftlich machte.
(Dokumentation Gabi Michl,
Kötzting)
Der Wundverband [160.161]
trocknen des Granulationsgewebes sicher vermeiden. In der
Epithelisierungsphase unterstützt das feuchte Wundmilieu
Mitose und Migration der Epithelzellen. Zudem wird eine
unerwünschte Schorfbildung verhindert, die eine Heilung
verzögern würde. Die keim- und wasserdichte Deckschicht
wirkt als zuverlässige Barriere gegen Keime und schützt die
Wunde vor Schmutz und Feuchtigkeit. Mobile Patienten
können mit dem Verband duschen.
Hydrocoll steht in unterschiedlichen Formaten, z. B. als
„concave“ für die Wundversorgung an Ellenbogen und
Fersen oder als „sacral“ für die Versorgung von Sakraldekubiti zur Verfügung. In der rechteckigen Standardversion sind Größen auch für kleinere Wunden erhältlich.
Die Ausführung „Hydrocoll thin“ ist speziell für bereits
epithelisierende Wunden geeignet.
Hydrotüll – hydroaktive Salbenkompresse
Bei der Entwicklung der hydroaktiven Salbenkompresse
Hydrotüll wurden die positiven Eigenschaften der klassischen Salbenkompresse mit modernster hydrokolloider
Technologie kombiniert. Dies eröffnet der hydroaktiven
Salbenkompresse ein breites Anwendungsgebiet. Hydrotüll
eignet sich für die Versorgung von oberflächlichen, akuten
Wunden ebenso gut wie für chronische Wunden in der
Granulations- und/oder Epithelisierungsphase. Ergebnisse
verschiedener Anwendungsbeobachtungen lassen dabei
3) Die Wabenstruktur der Trägermatrix verhindert Sekretstau.
2) Hydrotüll-Salbe pflegt
die Wundränder.
1) Hydrokolloid-Partikel halten
die Wunde feucht.
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Versorgung einer Spalthautentnahmestelle (1) und der Empfängerstelle – eine Unfallverletzung
am rechten Knie (2) – mit der
hydroaktiven Salbenkompresse
Hydrotüll (Kasuistik F. Lang,
Leonberg). Komplikationsloser
Heilungsverlauf mit kosmetisch
sehr akzeptablen Abheilungsergebnissen (3/4). Das neue Epithel
ist fein und ebenmäßig und
bildete sich vom Wundrand her
auffallend schnell.
Behandlung einer akuten Wunde
(aufgegangene Blase als Folge
einer Hyperkeratose) mit Hydrotüll
(Dokumentation aus einer Anwendungsbeobachtung). Zustand der
Wunde vor Behandlungsbeginn
am 30.5. (5) und Versorgung der
Wunde mit Hydrotüll (6). Der Sekundärverband zum Aufnehmen
von Wundsekret bestand aus
Mullkompressen. Erster Verbandwechsel am 2.6. (7), zweiter am
6.6. (8), die Wunde war komplett
epithelisiert.
Der Wundverband [162.163]
den Schluss zu, dass die hydroaktive Salbenkompresse
Hydrotüll den Heilungsprozess insbesondere bei solchen
akuten und chronischen Wunden fördert, bei denen frühere
Therapien erfolglos geblieben waren. Das Vorliegen einer
Infektion ist keine Kontraindikation, da ein ungehinderter
Sekretabfluss möglich ist.
Die ausreichende Maschenweite
des Trägergewebes von Hydrotüll
(Foto oben) erlaubt einen ungehinderten Sekretabfluss.
Wie gut Hydrotüll Wundflächen
feucht und geschmeidig hält,
ohne zu verkleben, zeigt die
Hydrotüll-Anwendung bei einer
Verbrennungswunde (Foto unten).
Entscheidend für die verbesserte wundheilungsfördernde
Wirksamkeit und die atraumatischen Eigenschaften von
Hydrotüll sind die in das Polyamid-Gewebe eingelagerten
Hydrokolloid-Partikel (1). Diese absorbierenden Granula aus
Carboxymethylcellulose nehmen Wundexsudat auf und erzeugen wie die bekannten Hydrokolloid-Verbände ein physiologisch feuchtes Wundmilieu, das die Wundheilung in
allen Phasen unterstützt. Ein weiterer Vorteil der Hydrokolloide ist, dass Hydrotüll ohne die Gefahr des Austrocknens
länger auf der Wunde verbleiben kann als herkömmliche
Salbenkompressen, weil der Wundgrund durch das Wirkprinzip der Hydrokolloide feucht gehalten wird.
Zusätzlich kommt die Imprägnierung des Polyamid-Trägergewebes mit einer wirkstofffreien hydroaktiven Salbenmasse auf Triglyzerid-Basis (2) zum Tragen. Sie verhindert
ein Verkleben der Kompresse mit der Wundfläche bzw. verstärkt die atraumatischen Eigenschaften der HydrokolloidKomponente, pflegt Wundränder und beugt Mazerationen
vor. Außerdem gelang es, mit dieser Salbenmasse auf
Triglyzerid-Basis eine Fettkomponente zu entwickeln, die
keine unangenehmen Salbenrückstände hinterlässt und in
der Wunde abgebaut werden kann. Somit kann der Zustand
einer Wunde immer sicher beurteilt werden. Dies ist praktisch für die Versorgung aller Wunden von Bedeutung, besonders wichtig aber für Verbrennungswunden, bei denen
jederzeit eine sichere Wundbeurteilung möglich sein muss,
um Verschlechterungen rechtzeitig zu erkennen. Bei Verbrennungen 3. Grades sollte Hydrotüll nur auf Anordnung
des behandelnden Arztes verwendet werden.
Die ausreichende Maschenweite des Polyamid-Trägergewebes von Hydrotüll (3) erlaubt es, dass überschüssiges
Wundsekret ohne Stau in die sekundäre Wundauflage
abfließen kann. Wie klassische Salbenkompressen kann
Hydrotüll dazu mit allen gängigen Saugkompressen kombiniert werden. Auch die Handhabung der hydroaktiven
Salbenkompresse Hydrotüll ist problemlos. Sie lässt sich
mit einer sterilen Schere entsprechend den Wundausmaßen
zuschneiden und klebt vor allem nicht an Untersuchungshandschuhen.
In Anwendungsbeobachtungen konnte außerdem belegt
werden, dass sich unter der Lokaltherapie der hydroaktiven
Salbenkompresse Hydrotüll nicht nur anhaltende Wundschmerzen verringerten, Hydrotüll konnte beim Verbandwechsel ohne Probleme und ohne Schmerzen entfernt werden. Hydrotüll ist als Kompresse in den Größen 5 x 5 cm,
10 x 12 cm und 15 x 20 cm steril und einzeln eingesiegelt
erhältlich.
Hydrosorb – transparenter Hydrogel-Verband
Hydrosorb eignet sich bestens dazu, bei flächigen Wunden
Granulationsgewebe feucht zu halten, aber auch die Neubildung von Epithelien zu fördern. Hydrosorb ist damit die
optimale Wundauflage zur phasengerechten Weiterbehandlung im Anschluss an eine Wundversorgung mit TenderWet,
Sorbalgon oder PermaFoam.
Physikalisch gesehen ist Hydrosorb ein dreidimensionales
Netzwerk aus hydrophilen und damit saugfähigen Polymeren, in die ein Wasseranteil von ca. 60 % eingelagert ist.
Trotz dieses hohen Wassergehalts kann Hydrosorb durch
die Anwesenheit hydrophiler Gruppen zusätzlich große
Mengen an Flüssigkeit binden. Hydrosorb quillt dabei, ohne
seine Gelstruktur zu verlieren. Aus diesen Eigenschaften
ergibt sich der spezifische Nutzen von Hydrosorb für die
Wundbehandlung: Hydrosorb stellt von Anfang an eine voll
funktionsfähige, feuchte Kompresse dar, die im Gegensatz
1
2
Das Wirkungsprinzip
von Hydrosorb
Der Wundverband [164.165]
Oberflächliche Wunden wie Verbrennungen Grad 1 und 2a oder
Verätzungen lassen sich mit dem
Hydrogel Verband Hydrosorb
optimal versorgen. Insbesondere
wird der leicht kühlende Effekt von
den Patienten als angenehm und
schmerzlindernd empfunden
(Kasuistik 1: F. Meuleneire,
Belgien).
1) Versorgung einer Verätzungswunde mit dem Hydrogel-Verband
Hydrosorb
2) Gute Wundreinigungsergebnisse bereits eine Woche später
3) Weiterbehandlung mit Hydrosorb
4) Abheilungsergebnis nach einem
Monat
Der Hydrogel-Verband Hydrosorb
ist ideal zur phasengerechten Weiterbehandlung in der Granulations- und Epithelisierungsphase. Bei der gezeigten Kasuistik
(F. Meuleneire, Belgien) wurde
ein hämatombedingtes Ulkus
zunächst mit TenderWet 24 active
gereinigt, dann mit PermaFoam
konditioniert und abschließend
zum Feuchthalten und zum Schutz
von Granulation und Epithel mit
Hydrosorb versorgt (5-8), was
die Reepithelisierung der Wunde
zügig voranbrachte. Innerhalb
von etwas mehr als zwei Monaten war die Problemwunde mit
diesem Therapiekonzept nahezu
abgeheilt.
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A
B
C
A) Die einzelnen Makromoleküle
mit ihren eingelagerten Wassermolekülen bilden durch spezielle
Querverbindungern Polymerketten.
B) Sekretaufnahme
C) Die Querverbindungen sind aufgedehnt und bilden Raum für den
sicheren Einschluss von Keimen,
Sekreten und Geruchsmolekülen.
zu Calciumalginaten oder Hydrokolloiden kein Wundsekret
mehr zur Gelumwandlung benötigt. Damit führt Hydrosorb
der Wunde sofort nach der Applikation bei sehr guter
Biokompatibilität selbsttätig über mehrere Tage Feuchtigkeit zu (1). Gleichzeitig saugt Hydrosorb überschüssiges,
keimbelastetes Sekret auf, das sicher in der Gelstruktur
eingeschlossen wird. Denn mit dem Ansaugen von Sekreten
dehnen sich die Querverbindungen der Polymerketten auf,
sodass innerhalb dieser Makromoleküle Raum für die mitaufgenommenen Fremdkörper wie z. B. Keime, Detritus und
Geruchsmoleküle entsteht, aus dem sie nicht mehr entweichen können. Dieser Austausch sichert das für die Wundheilung optimale Feuchtigkeitsniveau und beschleunigt
so Granulationsbildung und Epithelisierung (2). Die keimund wasserdichte Oberfläche von Hydrosorb bietet zudem
sicheren Schutz vor Sekundärinfektionen.
Allerdings ist zu beachten, dass Hydrogele ein anderes
Saugverhalten zeigen als beispielsweise textile Materialien
oder Calciumalginate. Hydrogele können Flüssigkeiten nicht
spontan aufsaugen, ihr Flüssigkeitsaufnahmevermögen
setzt erst nach einiger Zeit ein und steigert sich langsam.
Dann aber sind Hydrogele wie Hydrosorb in der Lage, eine
lang anhaltende, kontinuierliche Saugleistung zu erbringen.
Hydrosorb verklebt nicht mit der Wunde und lässt sich auch
nach längerer Verweildauer auf der Wunde irritationslos
entfernen. Dabei kann Hydrosorb als vollständiger Verband
abgenommen werden, da sich die Gelstruktur durch aufDer Wundverband [166.167]
genommenes Wundsekret nicht auflöst. Auf der Wunde
verbleiben keine Rückstände, der Wundzustand ist ohne
vorherige Spülung sicher zu beurteilen.
Besonders vorteilhaft in der Praxis ist zudem die Transparenz von Hydrosorb, die auch bei längeren Liegezeiten
erhalten bleibt. Sie ermöglicht zu jeder Zeit ohne Verbandwechsel die Inspektion der Wunde. Dies gewährleistet die
für die Heilung so wichtige Wundruhe sowie eine hohe
Wirtschaftlichkeit durch verlängerte Verbandwechselintervalle.
Die Transparenz von Hydrosorb
ist ein wichtiger Faktor für die
wirtschaftliche Anwendung. Die
Wunde kann durch den Verband
hindurch jederzeit beobachtet
werden, sodass Hydrosorb über
Tage auf der Wunde verbleiben
kann. Verbandwechsel werden
eingespart.
Hydrosorb steht in zwei Ausführungen als Hydrosorb und
Hydrosorb comfort zur Verfügung. Hydrosorb hat keinen
selbsthaftenden Fixierrand und wird mit einem Fixierverband, Fixierpflastern oder mit dem Kompressionsverband
befestigt. Hydrosorb comfort ist zur sicheren, keimdichten
Fixierung mit einer umlaufenden, hypoallergenen Klebefolie
ausgestattet.
Hydrosorb Gel – zur Rehydration trockener Wunden
Hydrosorb Gel ist ein klares, visköses und steriles Gel auf
der Basis von Carboxymethylcellulose, Ringerlösung und
Glycerin, das austrocknungsgefährdeten und trockenen,
tieferen und zerklüfteten Wunden sofort heilungsfördernde
Feuchtigkeit zuführt.
Die Bestandteile von Hydrosorb Gel gewährleisten eine kontinuierliche und ausreichende Abgabe von Feuchtigkeit an
die trockene Wunde mit folgendem therapeutischen Nutzen: Fibrinöse und nekrotische Beläge werden aufgeweicht
und abgelöst. In einem geringen Umfang kann Hydrosorb
Gel dabei gleichzeitig keim- und detritusbelastetes Exsudat
aufnehmen. Damit wird wirkungsvoll das endogene, physikalische Débridement unterstützt und die für die Wundheilung notwendige physiologische Sekretion kann wieder in
Gang kommen. Im Stadium der Wundkonditionierung mit
Aufbau von Granulationsgewebe tragen die in der Ringer-
lösung enthaltenen Elektrolyte wie Natrium, Kalium und
Calcium zur Zellproliferation bei.
Trockene bzw. austrocknungsgefährdete Wunden ergeben
sich vor allem bei lang bestehenden, chronischen Ulcera
cruris und Dekubitalulzera. Bei Verbrennungswunden bis
Grad IIb wirkt Hydrosorb Gel durch seine Feuchtigkeit kühlend und schmerzlindernd. Eine Anwendung bei infizierten
Wunden sollte nur unter ärztlicher Überwachung erfolgen.
Hydrosorb Gel steht in praktischen Dosierspritzen à 15 g
und 8 g zur Verfügung, die eine einfache Applikation bei
allen Wundzuständen sichern: Durch den langen Auslauf
der Spritze lässt sich Hydrosorb Gel auch in tiefe, zerklüftete
Wunden direkt und sauber einbringen. Diese sichere Applikation wird durch die Konsistenz des Gels unterstützt. Das
Gel ist fest genug, um nicht sofort zu verlaufen, und weich
genug, um sich dem Wundgrund anzupassen.
Hydrosorb Gel dient zur effizienten
Rehydration trockener Wunden
und steht in einfach zu handhabenden Dosierspritzen à 15 g und
8 g zur Verfügung.
Die Dosierspritze wird einfach mit einer Hand angewendet,
wobei sich das Gel ohne Schwierigkeiten exakt dosieren
lässt. Zudem kann die Hydrosorb Gel Spritze – anders als
Tuben, in denen oftmals viel Gel zurückbleibt – effektiv
entleert werden. Aus der Spritze kann dabei jeweils genau
so viel entnommen werden, wie für die Wundbehandlung
benötigt wird. Von besonderem Vorteil ist außerdem die
gegenläufige ml-Skala der Spritze. Sie ermöglicht es, auf
einen Blick festzustellen, wie viel Gel noch in der Spritze
ist und wie viel Gel in die Wunde eingebracht wurde.
Die eingebrachte Gel-Menge kann zur Bestimmung des
Wundvolumens herangezogen und in den Wunddokumentationsbogen eingetragen werden. Nach der Applikation
von Hydrosorb Gel ist die Wunde mit einem geeigneten
Sekundärverband abzudecken, wozu fast alle gängigen
Wundauflagen benutzt werden können.
Der Wundverband [168.169]
Wundauflagen für chronische Problemwunden/Wundbild
Wundreinigung
Nekrose
Infektion
Fibrinbelag
oberflächliche Wunden
Exsudat ++
TenderWet 24 active
TenderWet 24 active
Sorbalgon
Atrauman Ag*
intakte Wundumgebung
PermaFoam comfort
PermaFoam sacral
PermaFoam concave
TenderWet 24 active
vorgeschädigte
Wundumgebung
PermaFoam
Exsudat +
TenderWet 24 active
Atrauman Ag*
TenderWet 24 active
tiefe oder zerklüftete Wunden
Exsudat ++
TenderWet active cavity
Hydrosorb Gel
TenderWet active cavity
Sorbalgon/Sorbalgon T
Atrauman Ag*
TenderWet active cavity
PermaFoam cavity
Sorbalgon/Sorbalgon T
Exsudat +
TenderWet active cavity
Atrauman Ag*
* mit saugender Wundauflage
TenderWet active cavity
Weitere Produkte
Granulation
intakte Wundumgebung
PermaFoam comfort
PermaFoam sacral
PermaFoam concave
vorgeschädigte
Wundumgebung
PermaFoam
Hydrotüll*
Epithelisierung
intakte Wundumgebung
Hydrocoll thin
Hydrosorb comfort
Hydrofilm**
Hydrotüll*
vorgeschädigte
Wundumgebung
Hydrosorb
Hydrotüll*
intakte Wundumgebung
Hydrocoll
Hydrocoll sacral
Hydrocoll concave
vorgeschädigte Wundumgebung
Hydrosorb
Hydrotüll*
PermaFoam cavity
Sorbalgon/Sorbalgon T
PermaFoam cavity
Hydrosorb Gel
Cosmopor steril
Selbsthaftender Wundverband mit
hoher Saugkraft und guter Polsterwirkung für die postoperative
Versorgung von Wunden sowie zur
sterilen Versorgung von Bagatellverletzungen
Hydrofilm Plus
Selbsthaftender, wasserdichter,
transparenter Wundverband mit
guter Saug- und Polsterwirkung
zur postoperativen Versorgung
schwach sezernierender Wunden
und zum Schutz vor Sekundärinfektionen
Rolta Soft
Sehr weiche, hautfreundliche,
synthetische Wattebinde, die sich
besonders gut als Polstermaterial
unter Stütz- und Kompressionsverbänden eignet.
Cosmopor I.V:
Medicomp Drain
Peha Schlitzkompresse
PermaFoam tracheostomy
Anzuwenden bei Drainagen und
Extensionen
intakte Wundumgebung
Hydrocoll thin
Hydrosorb comfort
Hydrofilm
vorgeschädigte
Wundumgebung
Hydrosorb
** wenn keine Sekretion vorhanden
Fixierung
normale Haut:
Omnifix elastic, Omniplast, Omnisilk, Peha-haft, Stülpa-fix
empfindliche Haut:
Pehalast, Omnipor, Peha-crepp,
Extremitäten:
Peha-haft, Pehalast, Stülpa-fix
Gelenke:
Lastodur straff, Stülpa-fix,
Omnifix elastic
Finger und Zehen:
Stülpa Fertigverband, Peha-haft
Sakralbereich:
Omnifix elastic, Stülpa-fix,
MoliPants (Inco-System),
Der Wundverband [170.171]
Zetuvit
Zetuvit Plus
Produktcharakteristik
wundfreundliche Saugkompresse
mit nicht verklebender Vliesumhüllung und Saugkörper aus
Zellstoff-Flocken
kombinierte Saugkompresse aus
vier Materialschichten: Saugkörper aus Zellstoff-Flocken mit
Superabsorber vermischt, Vliesumhüllung des Saugkerns, wasserabweisendes Spezialvlies und
zweischichtiges Außenvlies
Eigenschaften und Anwendung
sehr saugfähig, weich und drapierfähig, luftdurchlässig, gute
Polsterwirkung, zur Versorgung
von akuten, flächenhaften Wunden mit starker Sekretion, guter
Kontaminationsschutz durch
integrierte, feuchtigkeitsabweisende Zellstoff-Lage, die dem
Durchschlagen der Sekrete entgegenwirkt
extra saugstark, saugt mehr als
das Doppelte herkömmlicher
Saugkompressen, durch Superabsorber sicherer Einschluss von
Exsudat im Saugkern, reduzierte
Verklebungsneigung durch hydrophobe Vliesaußenseite, guter
Kontaminationsschutz durch
wasserabweisendes Spezialvlies,
zur Versorgung von sehr stark
nässenden Wunden
Handelsformen
Zetuvit, steril und unsteril,
10x10, 10x20, 13,5x25, 20x20
und 20x40 cm
Zetuvit Plus, steril, 10x10,
10x20, 20x25 und 20x40 cm
Produkte zur
trockenen
Wundbehandlung
Cosmopor steril
Atrauman
Atrauman Ag
selbsthaftender Wundverband
mit hydrophobem Micronetz als
wundnahe Schicht, Saugkissen
aus reiner Baumwollwatte,
weiches Trägervlies mit hypoallergenem Polyacrylatkleber
beschichtet
wundfreundliche Salbenkompresse aus hydrophobem Polyestertüll, imprägniert mit einer
wirkstofffreien Salbenmasse
silberhaltige Salbenkompresse;
das mit Silber ummantelte Trägermaterial aus hydrophobem
Gittertüll ist zusätzlich mit einer
wirkstofffreien Salbenmasse imprägniert
durch das hydrophobe Micronetz
rasche Sekretweiterleitung in das
Saugkissen, kein Verkleben, gute
Saugkraft und Polsterwirkung,
luft- und wasserdampfdurchlässig, sicher abschließende
Klebezone, für die postoperative
Wundversorgung, zur sterilen
Versorgung von Bagatellverletzungen im Rahmen der Ersten
Hilfe
luft- und sekretdurchlässig, kein
Verkleben mit der Wunde, durch
selbstemulgierende Salbenmasse
keine Rückstände auf der Wunde,
wirkt nicht sensibilisierend, zum
Geschmeidighalten von akuten
und chronischen Wunden, insbesondere in der Dermatologie
sowie bei haut- und medikamentenempfindlichen Patienten
zur Behandlung oberflächlicher
Wunden, insbesondere zum
ergänzenden Einsatz bei der
Behandlung von keimbelasteten
oder infizierten Wunden sowie
zur Infektionsprophylaxe; wirkt
einem Verkleben mit der Wunde
entgegen, pflegt und schützt
die Wundränder, kann mit allen
saugenden Wundauflagen kombiniert werden
Cosmopor steril, 7,2x5, 10x6,
15x6, 10x8, 15x8, 20x8, 20x10,
25x10 und 35x10 cm
Atrauman, steril,
5x5 und 7,5x10 cm
Atrauman Ag, steril, 5x5, 10x10
und 10x20 cm
Der Wundverband [172.173]
TenderWet
Sorbalgon
Produktcharakteristik
Wundkissen mit Saug-Spülkörper
aus superabsorbierendem Polyacrylat, der vor der Anwendung
mit Ringerlösung aktiviert wird
und diese dann im Austausch
mit Wundsekreten an die Wunde
abgibt
tamponierbare, wirkstofffreie Calciumalginat-Kompressen, die sich
bei Kontakt mit Wundsekreten in
ein feuchtes Gel umwandeln; mit
dem Quellvorgang werden auch
Keime sicher in die Gelstruktur
eingeschlossen
Eigenschaften und Anwendung
durch kontinuierliche Zufuhr
von Ringerlösung und gleichzeitigem Absaugen keimbelasteten
Sekrets (= Saug-Spülwirkung)
rasche aktive Wundreinigung und
Förderung der Proliferation der
Gewebezellen, zur Behandlung
chronischer, infizierter und nicht
infizierter Wunden während der
Reinigungsphase und zu Beginn
der Granulationsphase
hohe Saugkraft mit effizienter
Reinigungswirkung, hält nach
Gelumwandlung die Wunde
feucht, fördert die Granulationsbildung, durch ausgezeichnete
Tamponierbarkeit ideal zur Reinigung und Konditionierung tiefer
und zerklüfteter, infizierter und
nicht infizierter Wunden sowie
nach einem chirurgischen Débridement
Handelsformen
TenderWet 24 active, steril, Ø
4, Ø 5,5, 4x7, 7,5x7,5, 10x10
und 7,5x20 cm; TenderWet
active cavity, steril, Ø 4, Ø 5,5,
4x7, 7,5x7,5 und 10x10 cm;
TenderWet 24, steril, Ø 4, Ø 5,5,
7,5x7,5 und 10x10 cm; TenderWet, steril, Ø 4, Ø 5,5, 7,5x7,5
und 10x10 cm
Sorbalgon, steril, 5x5, 10x10
und 10x20 cm; Sorbalgon T
Tamponadestreifen, steril, 1 g/30
cm und 2 g/30 cm
Produkte zur
hydroaktiven
Wundbehandlung
PermaFoam
Hydrocoll
Hydrotüll
hydroaktiver Schaumverband aus
unterschiedlich strukturiertem
Schaumstoff mit hoher vertikaler
Kapillarwirkung und Retention
zur sicheren Flüssigkeitsbindung,
keimdichte Deckschicht
selbsthaftender HydrokolloidVerband mit besonders saugund quellfähigen Hydrokolloiden,
kombiniert mit semipermeabler,
keim- und wasserdichter Deckschicht
hydroaktive Salbenkompresse mit
in das weitmaschige PolyamidTrägergewebe eingelagerten
Hydrokolloid-Partikel und wirkstofffreier Salbenimprägnierung
auf Triglyzerid-Basis
rasche Regulierung des Wundexsudats, schützt Wundränder vor
Mazeration, besonders geeignet
zur Behandlung venöser Ulzera in
Kombination mit einer Kompressionsbehandlung, zur Versorgung
von Verbrennungen bis Grad IIa,
für tiefere Wunden oder schwierig zu versorgende Problemzonen
werden die jeweils spezifischen
Zuschnitte eingesetzt
sorgt für eine gute Reinigung,
verbessert Mikrozirkulation im
Wundgebiet, fördert die Granulationsbildung, kein Verkleben
mit der Wunde, lässt sich im
Gelzustand in einem Stück von
der Wunde entfernen, besonders
geeignet zur Konditionierung
nicht infizierter Wunden mit mittelstarker bis mäßiger Sekretion
gewährleistet ein optimal
feuchtes Wundmilieu für eine
schnelle Heilung, verklebt nicht
mit der Wunde, schützt vor
Traumatisierung beim Verbandwechsel, pflegt Wundränder und
beugt Mazerationen vor, zur
Behandlung von oberflächlichen,
akuten und chronischen Wunden
in der Granulations- und Epithelisierungsphase
PermaFoam, steril, Ø 6, 10x10,
10x20, 15x15, 20x20 cm; PermaFoam comfort, steril, 8x8,
11x11, 10x20, 15x15, 20x20 cm;
PermaFoam sacral,steril,18x18,
22x22 cm; PermaFoam concave, steril, 16,5x18 cm; PermaFoam cavity, steril, 10x10 cm;
PermaFoam tracheostomy,
steril, 8x8 cm
Hydrocoll, steril, 5x5, 7,5x7,5,
10x10, 15x15 und 20x20 cm;
Hydrocoll sacral, steril, 12x18
cm; Hydrocoll concave, steril,
8x12 cm; Hydrocoll thin, steril,
5x25, 7,5x7,5, 10x10 und
15x15 cm
Hydrotüll, steril, 5 x 5 cm, 10 x
12 cm und 15 x 20 cm
Der Wundverband [174.175]
Hydrosorb
Hydrosorb Gel
Produktcharakteristik
transparenter Gelverband aus
saugfähigen Polyurethan-Polymeren, in die ein hoher Wasseranteil von ca. 60 % eingelagert
ist, kombiniert mit semipermeabler, keim- und wasserdichter
Deckschicht
klares, visköses und steriles
Hydrogel auf der Basis von
Carboxymethylcellulose,
Ringerlösung und Glycerin
Eigenschaften und Anwendung
führt der Wunde von Anfang an
Feuchtigkeit zu, ermöglicht durch
Transparenz jederzeit ohne Verbandwechsel die Inspektion der
Wunde (= hohe Wirtschaftlichkeit
durch verlängerte Verbandwechselintervalle), ideal zum
Feuchthalten von Granulation
und Epithel im Anschluss an eine
TenderWet-, Sorbalgon- oder
PermaFoam-Therapie
rehydriert austrocknungsgefährdete bzw. trockene tiefe und
zerklüftete Wunden, fibrinöse
und nekrotische Beläge werden
aufgeweicht und abgelöst, unterstützt wirkungsvoll das autolytische Débridement, trägt durch
in der Ringerlösung enthaltenen
Elektrolyte zur Zellproliferation
bei, durch Dosierspritzen einfach
anzuwenden
Handelsformen
Hydrosorb, steril, 5x7,5, 10x10
und 20x20 cm; Hydrosorb
comfort, steril, 4,5x6,5, 7,5x10,
12,5x12,5 und 21,5x24 cm
Hydrosorb Gel, steril, Dosierspritze à 15 g und 8 g
Produkte zur
hydroaktiven
Wundbehandlung
Der Verbandwechsel
Je nach Art der zu versorgenden Wunde ist der Verbandwechsel durch eine ganz spezielle Problematik gekennzeichnet: Die wenigsten Schwierigkeiten bereiten dabei
primär heilende, durch Naht verschlossene Wunden. Der
Verband hat hier die Aufgabe, eventuelle Sickerblutungen
aufzunehmen und die Wunde vor Sekundärinfektionen bzw.
vor mechanischen Irritationen zu schützen. Ungleich höher
sind dagegen die fachlichen Anforderungen an den Durchführenden bei einem Verbandwechsel bei sekundär heilenden, akuten und chronischen Wunden. Denn in diesem
Fall ist der Wundverband eine wesentliche therapeutische
Maßnahme, mit der alle Wundheilungsphasen beeinflusst
werden können. Demzufolge ist auch die Qualität des Verbandwechsels mitentscheidend für den weiteren Heilungsverlauf.
Lückenlose Asepsis
Jeder Verbandwechsel hat unter sterilen Kautelen zu
erfolgen. Auch bereits klinisch infizierte Wunden sind ausschließlich unter aseptischen Bedingungen zu versorgen.
Abgesehen davon, dass hier ebenfalls Sekundärinfektionen
zu verhüten sind, stellen gerade infizierte Wunden ein
Reservoir äußerst virulenter Keime dar, deren Verschleppung nur durch umfassende Asepsis zu verhindern ist.
Da die meisten Wundinfektionen durch Handkontakt übertragen werden, ist beim Verbandwechsel immer die so
genannte Non-Touch-Technik anzuwenden, d. h. Wunde
oder Verband dürfen niemals mit bloßen Händen berührt
werden. Um den erhöhten Infektionsrisiken beim septischen
Verbandwechsel begegnen zu können, wird dieser von zwei
Personen durchgeführt.
Der Wundverband [176.177]
Anforderungen an das Material und Bedarfsplanung
Alle Materialien, die in direkten Kontakt mit der Wunde
kommen oder kommen könnten bzw. die der Sicherung des
aseptischen Ablaufs dienen, müssen steril sein. Der Bedarf
an sterilen Materialien ist möglichst exakt einzuschätzen,
um unnötigen Rücklauf zur Resterilisation zu vermeiden.
Der geschlossene Verbandwagen
mit Schubladen zum Aufbewahren
der Materialien dient zum Transport und zur Vorbereitung der
benötigten Materialien.
Das Material wird im Verbandwagen gelagert, der dementsprechend auch zum Transport und zur Vorbereitung
des Verbandwechsels dient. Der Verbandwagen verbleibt
außerhalb des Patientenzimmers, das für den einzelnen
Verbandwechsel benötigte Material wird auf einem
Tablett (bei materialaufwendigen Verbandwechseln auch
auf einem fahrbaren Mehrzweckwagen) zusammengestellt.
Das Tablett darf jedoch nicht auf dem Bett des Patienten
abgestellt werden, ggf. kann der Nachttisch-Auszug benutzt werden.
Die Arbeitsfläche wird so platziert, dass sie sich neben dem
Durchführenden befindet, nie hinter ihm. Die Anordnung
des Materials nach steril und unsteril erfolgt so, dass sich
unsterile Materialien patientennah und sterile Materialien
Steriles Material
Unsteriles Material
anatomische und chirurgische Pinzetten zur
Verbandabnahme, zum Débridement und zur
Reinigung
Scheren und Skalpelle zum Débridement und
zur Wundrandanfrischung
Klammerentferner
Knopfkanülen und -sonden zum Sondieren der
Wundtiefe und zum Spülen
Spritzen und Spülflüssigkeiten (z. B. steriles
Wasser, Ringerlösung), gegebenenfalls ein
gut verträgliches Wunddesinfektionsmittel,
z. B. Lavasept
Tupfer und Watteträger zur Wundreinigung
entsprechende Wundauflagen bzw. Tamponaden
Einmalhandschuhe und Abdecktücher
Fixiermaterialien wie Pflaster, Vliese, Binden,
Netz- oder Schlauchverbände
Verbandscheren
Einmalhandschuhe
Abfall- und Desinfektionsbehältnisse
Händedesinfektionsmittel
Schutzbekleidung wie Einmalschürze und
Mund- und Nasenmaske, eventuell auch
OP-Haube
patientenfern befinden. Mit dieser Anordnung lässt sich
auch das „Übergreifen“ über sterile Materialien vermeiden,
z. B. beim Abwerfen gebrauchter Verbandstoffe.
Die sterilen Materialien müssen auf einer sterilen Unterlage liegen. Des Weiteren sind die Materialien nicht zu früh
vorzubereiten, damit sie durch längeres Offenstehen nicht
kontaminiert werden. Lässt sich eine frühzeitige Materialvorbereitung nicht vermeiden, sind die Materialien mit
einer sterilen Abdeckung zu schützen.
Alle Mehrweghilfen (Verbandtische, Tabletts, Instrumente
usw.) müssen leicht zu reinigen, zu desinfizieren bzw. zu
sterilisieren sein. Für die sofortige Desinfektion benutzter
Instrumente und zur Entsorgung gebrauchter Verbandstoffe
haben außerdem ein Desinfektionsbehältnis (Entsorgungsbox) und ein Abwurfbehältnis bereitzustehen. Bei septischen Verbänden ist zu beachten, dass diese in der Regel
sehr voluminös sind, was bei der Größenwahl des Abfallbehältnisses zu berücksichtigen ist.
Sind auf der Station mehrere Verbandwechsel durchzuführen, werden diese in der Reihenfolge aseptisch – septisch
vorgenommen.
Die praktische Durchführung des Verbandwechsels
Schutzmaßnahmen des Durchführenden
Entsprechend den Hygienerichtlinien hat eine hygienische
Händedesinfektion bereits vor der Materialvorbereitung zu
erfolgen. 3-5 ml eines geeigneten Händedesinfektionsmittels (aus Spender oder Einzelflasche) werden mindestens
30 Sekunden gründlich eingerieben. Dabei darauf achten,
dass auch zwischen den Fingern desinfiziert wird.
Über die saubere Schutzkleidung wird eine frische (Einmal-)
Schürze angelegt. Ein Mund- und Nasenschutz ist erforderlich, wenn großflächige Wunden (z. B. Verbrennungen)
Der Wundverband [178.179]
zu versorgen sind oder wenn der Durchführende an einer
Erkältung leidet. Eine Abdeckung der Haare durch eine OPHaube ist bei der Versorgung großflächiger, stark infektionsgefährdeter oder bereits infizierter Wunden angebracht.
Beim Verbandwechsel bei AIDS- und Hepatitis-Patienten
oder Patienten mit therapieresistenten StaphylokokkenStämmen (Abstrich) hat sich der Durchführende vor dem
Infektionsrisiko besonders zu schützen: Erforderlich sind
geeignete Einmalhandschuhe, ein Augenschutz sowie eine
Mund- und Nasenmaske.
Vorbereitung des Patienten
Der Patient ist über den bevorstehenden Verbandwechsel
und die Wundversorgung zu informieren. Sind aufgrund
der Wundverhältnisse Schmerzen beim Verbandwechsel zu
erwarten, sind etwa eine halbe Stunde vor dem Verbandwechsel schmerzstillende Mittel zu verabreichen. Gegebenenfalls ist zur Schmerzausschaltung die Anwendung lokalanästhesierender Cremes angezeigt. Auch hier sind die
vom Hersteller angegebenen Einwirkzeiten einzuhalten.
Der Patient ist so zu lagern, dass er bequem liegt und das
Wundgebiet gut zugänglich ist. Besonders wichtig ist eine
gute Lichtquelle. Von Fall zu Fall wird es auch erforderlich
sein, den Patienten durch das Aufstellen eines Wandschirmes vor den Blicken anderer Patienten zu schützen.
Während des Verbandwechsels darf das Zimmer von anderen Personen nicht betreten werden, um Keimverwirbelungen zu unterbinden. Aus diesem Grund ist auch Zugluft
zu vermeiden. Schnittblumen oder sonstige offensichtliche
Keimreservoire sind aus dem Verbandwechselbereich zu
entfernen.
Falls eine Wundspülung oder eine umfangreichere Wundreinigung vorgenommen werden muss, ist das Bett durch
Einmal-Unterlagen vor Verschmutzung zu schützen.
Entfernen des Verbandes
Unsterile Einmalhandschuhe anziehen, Verbandfixierung
entfernen und abwerfen. Mit einer sterilen Pinzette vorsichtig die Wundauflage entfernen. Lässt sich die Wundauflage
nicht abnehmen, weil sie mit der Wunde verklebt ist, darf
sie auf keinen Fall abgerissen werden. Sie ist mit Ringerlösung so lange zu befeuchten, bis sich die Verklebung gelöst
hat.
Die Wundauflage wird auf Anzeichen von Eiter und sonstigen Belägen kontrolliert und in das Abwurfbehältnis
entsorgt. Die benutzte Pinzette ist in die mit Desinfektionslösung gefüllte Entsorgungsbox abzulegen.
Dann folgt der Handschuhwechsel, es sollten sterile Einmalhandschuhe angezogen werden.
Wundinspektion
Den Zustand der Wunde richtig einzuschätzen, ist selbst für
den Erfahrenen nicht immer einfach. Eine zuverlässige Evaluierung ist jedoch wesentliche Grundlage für die Wahl der
anschließenden Lokaltherapie. Zu beurteilen sind:
▪ Wundgröße, Wundtiefe, Unterminierungen usw. (Hat sich
die Wunde seit dem letzten Verbandwechsel vergrößert/
verkleinert?)
▪ Ausmaß und Beschaffenheit von Belägen und Nekrosen
(schwarz, ledrig, Schorf, schmierig, eitrig)
▪ Beschaffenheit des Exsudats (serös, blutig) und Ausmaß
der Sekretion (stark sezernierend, Wunde am Austrocknen)
▪ Vorhandensein und Beschaffenheit der Granulation (kein
Granulationsgewebe vorhanden, blass, schwammig, rosa,
rot, fest)
▪ Umfang der Epithelbildung
▪ Grad der Blutungsneigung
▪ Schmerzhaftigkeit der Wunde
▪ Infektionsanzeichen (Schwellung, Rötung, gelbliche oder
grünliche, schmierige Beläge, Geruch)
Der Wundverband [180.181]
Die schriftliche Dokumentation des Wundzustandes erfolgt
jedoch erst nach Beendigung des Verbandwechsels, damit
keine Unterbrechung entsteht, die die Sterilkette gefährden
könnte.
Reinigung der Wunde und der Wundumgebung
Bei primär heilenden, aseptischen Wunden genügt eine einfache Reinigung mit einem sterilen Tupfer oder einem sterilen Watteträger von innen nach außen. Eine Desinfektion
der Wundumgebung ist in der Regel nicht erforderlich.
Nach neuesten Empfehlungen werden auch infizierte bzw.
septische Wunden von innen nach außen gereinigt, gegebenenfalls unter Anwendung eines gut verträglichen Desinfektionsmittels. Je nach Wundzustand können bei sekundär
heilenden Wunden jedoch umfassendere Reinigungsmaßnahmen notwendig werden:
Mechanisch lassen sich Beläge und devitalisiertes Gewebe
mit Skalpell, Schere oder einem scharfen Löffel abtragen.
Von den drei Instrumenten ist das Skalpell vorzuziehen, da
eine Abtragung mit häufig stumpfen Scheren oder stumpfen scharfen Löffeln bereits wieder das Risiko von Gewebequetschung und Traumatisierung in sich birgt.
Das Abtragen von Nekrosen und
Belägen erfolgt am besten mit
einem Skalpell, um Gewebequetschungen zu vermeiden.
Das mechanische Abtragen kann erleichtert werden, wenn
durch hydroaktive Wundverbände die Beläge vorher aufgeweicht wurden.
Für das Débridement ist eine ausreichende Schmerzausschaltung sicherzustellen. Ein aufwendiges Débridement
hat im OP zu erfolgen.
Eine Desinfektion der Wundfläche ist nur nach strenger
Indikationsstellung und möglichst nur kurzfristig mit einem
Antiseptikum vorzunehmen, das über eine nachgewiesene
Wirksamkeit verfügt, wenig zelltoxisch wirkt und keine
Schmerzen verursacht.
Falls eine Reinigung erforderlich ist, wird sowohl bei primär
heilenden, aseptischen Wunden
(links) als auch bei septischen
Wunden (rechts) von innen nach
außen gereinigt, um eine Keimeinschleppung in die Wunde zu
verhindern.
Zur effizienten Wundreinigung tragen auch Spülungen
mit Ringerlösung bei. Die Spülflüssigkeit wird steril in eine
Spritze aufgezogen (je nach Wundtiefe und Wundzustand
10 bis 20 ml) und die Wunde mit leichtem Druck gespült.
Bei tieferen, zerklüfteten Wunden erfolgt die Spülung über
eine Knopfsonde oder einen kurzen Katheter. Die Flüssigkeit kann entweder mit Kompressen oder einer Nierenschale aufgefangen werden. Nach dem Spülen wird die Wundumgebung mit sterilen Kompressen sorgfältig getrocknet.
Bei Bedarf, z. B. bei eventueller Kontamination während
der Reinigungsarbeiten, erfolgt nochmals ein Handschuhwechsel.
Die Wundumgebung ist vor allem bei chronischen Wunden
häufig in Mitleidenschaft gezogen und ekzematös verändert. Ihre Versorgung richtet sich nach den Grundsätzen der
Ekzemtherapie: Superinfizierte Ekzeme können mit geeigneten antiseptischen Lösungen behandelt werden. Achtung:
Die Antiseptika dürfen nicht in die Wunde gelangen. Subakute oder chronische Ekzeme bedürfen einer differenzierten Behandlung, wobei ausschließlich allergenneutrale Salbengrundlagen und Substanzen zur Anwendung kommen
dürfen.
Werden im Anschluss an diese Versorgung selbsthaftende
Wundauflagen appliziert, sind diese entsprechend größer
zu wählen, damit sie auf fettfreier Haut haften können.
Der Wundverband [182.183]
Pflege von Granulationsgewebe und Wundrändern
Das Vorhandensein bzw. die Beschaffenheit des Granulationsgewebes ist ein wichtiger Indikator für die Qualität der
Reparationsprozesse bei der sekundären Wundheilung.
Das Granulationsgewebe kann dabei als „vorübergehende
Organeinheit“ bezeichnet werden, die äußerst empfindlich
auf exogene Einflüsse und Störfaktoren reagiert. Dementsprechend ist es so schonend wie möglich zu behandeln.
Die beste Förderung für ein gut
ausgebildetes, frischrotes Granulationsgewebe ist, es permanent
feucht zu halten und vor Traumatisierungen beim Verbandwechsel
zu schützen.
Eine frische, rote Granulation braucht keine Reinigung und
Spülung mit Desinfektionsmitteln und keine Salben zur angeblichen Granulationsförderung. Unerlässlich ist vielmehr
der Erhalt der Wundruhe durch atraumatische, d. h. nicht
verklebende Wundauflagen sowie ein permanentes Feuchthalten der Granulationsfläche, um ein Austrocknen zu verhindern. Hierzu stehen Hydrosorb oder alternativ Hydrocoll
zur Verfügung, die sowohl das Feuchthalten der Wunde auf
problemlose, Zeit sparende Weise als auch einen atraumatischen Verbandwechsel gewährleisten.
Bei schmieriger, schlaffer oder stagnierender Granulation
sind die bisher durchgeführten Behandlungsmaßnahmen zu
überprüfen. Mögliche Ursachen für die Defizite im Aufbau
von Granulationsgewebe können z. B. eine Blutminderversorgung im Wundgebiet, erneute Druckbelastung oder eine
mangelhafte Wundreinigung sein.
Überschießende Granulation wird üblicherweise mit einem
Ätzstift (Höllenstein) abgetragen, mehr oder weniger in
Ermangelung eines besseren Verfahrens.
Häufig ist die Konstellation vorzufinden, dass ein Teil der
Wunde bereits granuliert, während sich andere Partien
noch in der Reinigungsphase befinden. Bei einer eventuell
erforderlichen Wunddesinfektion sowie bei mechanischer
Reinigung ist um das Granulationsgewebe herum besondere Vorsicht geboten.
Insbesondere bei chronischen Wunden mit ihrem oft langen
Heilungsverlauf neigen die Wundränder dazu, zu epithelisieren und sich nach innen einzustülpen. Da dann vom
Wundrand aus keine weitere Epithelisierung mehr stattfinden kann, ist ein Anfrischen der Wundränder mit dem
Skalpell oder einer scharfen Schere angezeigt.
Die empfindlichen Hautbereiche in unmittelbarer Wundumgebung sollten bei Bedarf mit einer fettenden Creme
oder einer Wasser-in-Öl-Emulsion gepflegt werden. Die zur
Anwendung kommenden Präparate dürfen jedoch keine
Konservierungs- oder Geruchsstoffe enthalten. Gut geeignet zum Schutz und zur Pflege von Wundrändern bzw. der
Wundumgebung sind auch Salbenkompressen wie z. B.
Atrauman. Ekzematös veränderte Hautbereiche werden,
wie bereits beschrieben, nach den Grundsätzen der Ekzemtherapie versorgt.
Versorgung epithelisierender Wundflächen
Ähnlich wie ein gut ausgebildetes Granulationsgewebe erfordern auch gut vorankommende Epithelien keine weitere
Behandlung als Feuchthalten und Schutz vor Zellstripping
beim Verbandwechsel. Kleinere epithelisierende Wundflächen sind dabei gut mit Hydrofilm Plus oder Hydrocoll
thin versorgt. Für ausgedehntere Wundflächen, vor allem
bei chronischen Wunden, eignet sich hingegen Hydrosorb
besonders gut, weil den Epithelzellen mehr Feuchtigkeit
zugeführt wird.
Kommt es zu keiner Spontanepithelisierung oder stagniert
der Prozess, was gerade bei chronischen Wunden nicht
selten der Fall ist, sind plastisch-chirurgische Maßnahmen
(z. B. Hauttransplantationen) für einen Wundverschluss in
Betracht zu ziehen.
Reverdin-Plastik zum Wundverschluss: Mithilfe des Skalpells werden Epidermisläppchen gewonnen
und auf die gut konditionierte
Wunde transplantiert. Von diesen
Epithelinseln aus kann dann die
weitere Epithelisierung ausgehen.
Der Wundverband [184.185]
Applikation der neuen Wundauflage
Nach der jeweiligen Versorgung wird mit steriler Pinzette
die neue Wundauflage appliziert, wobei deren Wirkungsweise den wundspezifischen Gegebenheiten zu entsprechen
hat (siehe Übersicht Wundauflagen S. 170-176). Darüber
hinaus muss aber auch sichergestellt sein, dass sich die gewählte Wundauflage der Wundoberfläche optimal anpasst.
Denn Wundsekret kann nur dann aufgenommen werden,
wenn ein guter Kontakt zwischen der Kompresse und Wunde besteht. Tiefe und zerklüftete Wunden sind deshalb mit
geeigneten Kompressen, z. B. Sorbalgon, sorgfältig auszutamponieren, um auch in der Tiefe der Wunde das Absaugen keimbelasteten Sekrets sicherzustellen.
Damit Wundsekret abgesaugt
werden kann, muss sich die
Wundauflage optimal dem
Wundgrund anpassen lassen.
Anwendungsbeispiele hierfür sind
TenderWet (oben) zur Versorgung
flächiger Wunden oder Sorbalgon
(unten) zum Austamponieren tiefer
Wunden.
Bei tiefen, zerklüfteten Wunden ist besonders zu beachten,
dass nicht zu fest tamponiert wird. Durch den Druck zu fester Tamponaden wird die Mikrozirkulation der Wundfläche
und speziell des Granulationsgewebes beeinträchtigt. Als
Folge der Komprimierung zeigen sich weißliche, schmierige
Beläge und erneut Nekrosen. Hält die zu starke Tamponade
an, kann es im schlimmsten Fall zur Sepsis kommen. Des
Weiteren sollte sich auch eine Tamponade ohne Zellstripping und größere Schmerzen entfernen lassen, so wie dies
mit Sorbalgon gewährleistet ist.
Fixieren der Wundauflage
Bei primär heilenden oder kleineren sekundär heilenden
Wunden ist eine Fixierung der Wundauflage mithilfe von
Fixierpflastern zumeist ausreichend.
Bei größeren Verletzungen sind vollflächige Fixierungen mit
Fixiervliesen bzw. Fixierverbänden angebracht, um das
Verrutschen der Wundauflage zu verhindern. Nicht fest
fixierte Kompressen können auf der Wunde Bewegungsreize verursachen und zu Störungen und Verzögerungen der
Wundheilung führen.
Mögliche Verbandfixierungen:
Kastenverband mit dem Fixierpflaster Omniplast, das durch
seine starke Klebekraft für eine
sichere Fixierung sorgt (links).
Für Patienten mit hypersensibler
Haut ist das hypoallergene Fixierpflaster Omnipor aus extrem luftund wasserdampfdurchlässigem
Vliesstoff gut geeignet (rechts).
Das Fixiervlies Omnifix elastic ist
einfach zu handhaben und durch
das querelastische Trägervlies
auch an Gelenken und konischen
Körperteilen sicher und faltenfrei
anzupassen.
Die kohäsiv-elastische Fixierbinde
Peha-haft* hält sicher ohne Endfixierung und ist besonders sparsam im Gebrauch (links).
Problemlose Fixierung mit elastischen Binden über Gelenken, hier
mit Pehalast (rechts).
Der hochelastische Netzverband
Stülpa-fix braucht zum Wechseln
der Wundauflage nur angehoben
zu werden (links).
Der Schlauchverband Stülpa ist
insbesondere für spezielle Fixierungen, z. B. als Fingerverband,
unentbehrlich (rechts).
* Achtung: Peha-haft als kohäsive Fixierbinde mit Vorsicht bei Patienten
mit Durchblutungsstörungen einsetzen. Nicht zu straff anwickeln.
Der Wundverband [186.187]
Bei manchen Wunden ist es erforderlich, durch leichten,
planen Druck auf das Wundgebiet der Entstehung von
Wundrandödemen vorzubeugen. Der plane Druck wird
durch das etwas festere Anwickeln elastischer Fixierbinden
oder Idealbinden erreicht. Dabei ist jedoch sorgfältig zu
kontrollieren, dass keine Abschnürungen auftreten. Speziell
zur Entlastung von Wunden nach Thorax- und Abdomenoperationen stehen auch elastische Stützverbände (z. B.
Verba) zur Verfügung.
Des Weiteren dient ein Fixierverband dazu, die Wunde zusätzlich zur Wundauflage vor dem Eindringen von Schmutz
und Keimen zu schützen und sie gegen Druck und Stoß zu
polstern. Er hat aber auch eine psychologische Wirkung.
Als sichtbarer Abschluss der Wundbehandlung kann er vom
Patienten als professionelle Leistung beurteilt werden und
vermittelt ihm so das Gefühl, gut behandelt und versorgt zu
sein.
Abschließende Arbeiten
Nach dem Verbandwechsel wird der Patient wieder in
die von ihm gewünschte Lage oder für die Behandlung
erforderliche Position gebracht (beispielsweise Freilagern des Wundgebietes bei Dekubitus, Tieflagern der
Beine bei pAVK).
Die gebrauchten Materialien werden für die endgültige
Entsorgung bzw. zur Wiederaufbereitung entsprechend
den Hygieneplänen vorbereitet. Abschließend erfolgt eine
hygienische Händedesinfektion.
Verbandwechselhäufigkeit
Wichtig für den ungestörten Heilungsverlauf ist nicht nur
der schonende Verbandwechsel, sondern auch der richtige
Zeitpunkt. Dabei ist die Häufigkeit des Verbandwechsels
vom Zustand der Wunde und den jeweiligen Eigenschaften
der Wundauflage abhängig. Ein unnötiges Wechseln ist
jedoch möglichst zu vermeiden, da jeder Verbandwechsel
eine Störung der Wundruhe bedeutet. Grundsätzlich ist
der Verband zu kontrollieren und gegebenenfalls sofort zu
entfernen:
▪ wenn der Patient über Schmerzen klagt,
▪ Fieber aufgetreten ist,
▪ der Verband durchgeweicht und verschmutzt bzw. die
Aufnahmekapazität der Wundauflage erschöpft ist,
▪ sich die Fixierung gelöst hat.
Bei einer aseptischen, primär verheilenden Wunde, z. B.
einer OP-Wunde, bleibt der Verband normalerweise bis zum
Ziehen der Fäden geschlossen. Falls in den ersten Stunden
nach der Operation Blut nachsickert, ist der Verband jedoch
zu erneuern.
Schwieriger ist dagegen die Verbandwechselhäufigkeit bei
sekundär heilenden Wunden mit Gewebeaufbau einzuschätzen. In der Reinigungsphase kann je nach dem Ausmaß des anfallenden Exsudats oder beim Vorliegen einer
Infektion ein ein- bis zweimaliger Verbandwechsel pro Tag
erforderlich werden.
Ist die Wunde sauber, frei von Infektionen und wird die
Bildung von Granulationsgewebe erkennbar, lässt sich die
Verbandwechselhäufigkeit reduzieren. Bei Verwendung
hydroaktiver Wundauflagen wie Hydrosorb oder Hydrocoll
können diese mehrere Tage auf der Wunde verbleiben. Bei
Hydrocoll zeigt sich durch eine Blasenbildung, bei Hydrosorb durch ein leicht milchig trübes Aussehen des Gels an,
dass die Aufnahmekapazität erschöpft ist und die Verbände
zu wechseln sind. Hydrosorb ermöglicht zudem durch seine
Transparenz eine problemlose Wundbeobachtung und gibt
dem Arzt und Pflegepersonal die Sicherheit, dass eventuell
auftretende Komplikationen sofort erkannt werden können.
Bei dem Hydrokolloid-Verband
Hydrocoll zeigt eine Blasenbildung
den Zeitpunkt zum Wechseln an.
Mit zunehmender Wundkontraktion und fortschreitender
Epithelisierung lässt die physiologische Sekretion der
Wunde nach, womit sich auch die Intervalle des VerbandDer Wundverband [188.189]
wechsels noch einmal verlängern. Sofern Wundheilungsstörungen ausbleiben, können Hydrocoll und Hydrosorb bis zu
sieben Tage auf der Wunde verbleiben.
Dokumentation von Verbandwechsel
und Wundversorgung
Eine exakte Wunddokumentation beschreibt alle Kriterien,
die sowohl der Therapieplanung und Prognoseabschätzung
als auch der Therapiekontrolle und des Heilungsverlaufs
dienen. Sie ist damit die Grundlage einer jeden effektiven
Wundbehandlung, sollte aber auch als ein unerlässliches
Instrument zur Sicherung der Behandlungsqualität gesehen
und akzeptiert werden.
Die sorgfältige Erfassung der Daten dient allen an der
Wundbehandlung und -versorgung Beteiligten als verbindliche Leitlinie und erleichtert das konsequente Vorgehen,
beginnend mit der Diagnose der Wundursache, der Festlegung einer adäquaten Kausaltherapie, dem Wundassessment, d. h. der Einschätzung des Wundzustandes, und daraus resultierend der Festlegung der lokalen Wundtherapie.
Die Behandelnden setzen sich also umfassend mit der vorliegenden Wundproblematik auseinander. Dies erhöht vor
allem bei chronischen Wunden die Chancen, den Defekt
schneller abzuheilen, was wiederum dem Patienten unter
Umständen (jahre-)lange Leidenszeiten ersparen kann.
Eine exakte initiale Befunderhebung mit dem Erkennen der
Wundproblematik fördert insbesondere die so dringlich
erforderliche, frühzeitige interdisziplinäre Zusammenarbeit.
Wird beispielsweise die Gefährlichkeit einer beginnenden
diabetischen Ulzeration erkannt und setzt frühzeitig die
koordinierte Behandlung durch Diabetologen, Angiologen,
Chirurgen usw. ein, könnten in vielen Fällen lebensbedrohliche Amputationen verhindert werden.
Des Weiteren lassen sich durch die Wunddokumentation
Fortschritte, Stagnation oder auch Rückschläge in der Be-
handlung sicher einschätzen, sodass Behandlungsmaßnahmen gegebenenfalls „begründet“ geändert werden können.
Die Dokumentation gewährleistet vor allem aber auch den
Informationsfluss zwischen Ärzten und Pflegekräften. Damit
kann beispielsweise verhindert werden, dass von einem
Verbandwechsel zum anderen gegensätzliche Maßnahmen
ergriffen werden, nur weil dann eine andere Person die
Wundversorgung vornimmt.
Und nicht zuletzt ist der Nachweis einer dem aktuellen
Standard entsprechenden ärztlich-pflegerischen Versorgung gesetzlich zur selbstverständlichen Pflicht erhoben,
sodass die schriftliche Dokumentation zur (haftungs-)
rechtlichen Absicherung der ärztlichen und pflegerischen
Leistung unabdingbar ist. Mündliche Vereinbarungen, wie
beispielsweise anlässlich der Stationsübergabe oder der
Stationsbesprechung, sind nicht geeignet, den gesetzlich
geforderten Qualitätsnachweis von Behandlung und Pflege
zu erbringen.
Die Eintragung der Daten in die Dokumentation sollte
möglichst sofort im Anschluss an die durchgeführte Wundbehandlung bzw. den Verbandwechsel vorgenommen werden. Dann ist der Wundzustand noch frisch im Gedächtnis,
sodass keine wichtige Information verloren geht. Die Dokumentation ist im Laufe einer Schicht immer auf dem aktuellen Stand. Die zum Teil geübte Praxis, die Eintragungen gesammelt erst kurz vor der Stationsübergabe vorzunehmen,
ist als unzuverlässig und ungenau abzulehnen.
Für die Aussagekraft einer Dokumentation ist eine „treffende“, den Wundzustand exakt beschreibende Wortwahl
von erheblicher Bedeutung. Allerdings bereitet dies in der
Praxis häufig Schwierigkeiten und die Aussagen sind oft
wenig präzise. Um hier Unklarheiten möglichst zu vermeiden, kann ein Dokumentationssystem bereits eindeutige
Beschreibungen der einzelnen Parameter enthalten, die
Der Wundverband [190.191]
dann nur anzukreuzen sind. Oder aber die zu verwendenden Beschreibungen werden im Team erarbeitet und als
„Norm“ für die Dokumentation festgelegt, die dann für alle
im Wundteam verbindlich ist.
Besonders gut geeignet, den Zustand der Wunde sowie
den Heilungsverlauf eindeutig und exakt festzuhalten, ist
eine zusätzlich fotografische Dokumentation. Fehlinterpretationen, wie sie bei nur schriftlichen Wundbeschreibungen auftreten können, werden vermieden. Allerdings
sind im Rahmen der Fotodokumentation einige rechtliche
Aspekte zu beachten, die sich vor allem auf das Einverständnis des Patienten konzentrieren.
Hier einige Tipps für die Durchführung der Dokumentation:
▪ Grundsätzlich ist darauf zu achten, dass Fotos, die einen
Wundverlauf dokumentieren, unter immer gleichen Bedingungen angefertigt werden, damit auch bei zeitlich
auseinander liegenden Fototerminen aussagekräftige
Vergleiche möglich sind.
▪ Als Aufnahmeverfahren hat sich die Digitalfotografie
durchgesetzt, die es ermöglicht, Fotos kostengünstig
anzufertigen und diese problemlos zu archivieren. Auch
wenn mittlerweile Kameras mit über 10 Millionen Bildpunkten (Pixel) angeboten werden, ist für den Zweck der
Wunddokumentation auch schon ein Modell mit 3 Millionen Pixeln meist ausreichend.
▪ Alle Bilder müssen unter Umständen noch nach Jahren
ihre Beweiskraft haben. Daher ist es wichtig, dass die Dateien sorgfältig verwaltet werden. Dazu gehört, dass eine
sinnvolle Bezeichnung der Dateien angelegt wird (also
z. B. „Nachname_Vorname_Datum.jpg“ anstelle von
„DSC35469.jpg“), alle Dateien regelmäßig gesichert werden (z. B. auf CD-ROM oder DVD) und ggf. Ausdrucke mit
geeigneten Fotodruckern zusätzlich in der Patientenakte
abgelegt werden (1).
1
2
3
▪ Im Hinblick auf die verwendeten Einstellungen ist zu
beachten, dass nicht nur der zentrale Wundbereich
scharf abzubilden ist, sondern auch die näheren und entfernteren Körperbereiche.
▪ Falls nicht ausreichend Tageslicht zur Verfügung steht,
kann die Ausleuchtung notfalls mithilfe eines Blitzgerätes
erfolgen, wobei aber darauf zu achten ist, dass keine
Reflektionen auftreten. Sinnvoll ist auch der Einsatz von
speziellen Farbkarten, die es ermöglichen, auch bei unterschiedlichen Lichtverhältnissen die Bilder auf „Normbedingungen“ zu korrigieren und damit vergleichbar zu
machen.
▪ Der gewählte Hintergrund sollte möglichst „ruhig“, also
ohne Struktur sein (2).
▪ Der Fotoapparat sollte mit seiner Aufnahmeebene möglichst parallel zum Aufnahmeobjekt stehen. Liegen diese
nicht parallel, wird die Aufnahme verzerrt und gibt nicht
die exakten Größenverhältnisse wieder (3).
Der Wundverband [192.193]
Glossar & Stichwortverzeichnis
A
Adipositas, adipös › übermäßige Ansammlung von Fettgewebe im Körper, Fettleibigkeit
Agens › med.: krank machender
Faktor /Stoff
Aggregation › med.: Anhäufung / Zusammenschluss von Blutplättchen (Thrombozyten) › 36
Akute, traumatische Wunden
81
›
Allo- › anders, fremd (gr. allos =
anders, der Andere)
Alter des Patienten
›
54
Anforderungen an Wundauflagen
› 140
Antibiotika
›
79
›
77
Arteriolen › die kleinsten, sich in
Kapillaren aufspaltende arterielle
Blutgefäße (lat. arteriola = die
kleine Pulsader)
Asepsis
›
168
Azidophil › säureliebend, mit
sauren Farbstoffen anfärbbar
Blut
›
22
›
Blutplasma
23
›
Blutplättchen
Blutstillung
›
Bagatellverletzungen
Basalmembran
›
›
10
10
›
81
36
Blutversorgung der Haut
›
21
›
13
Diabetisches Ulkus
›
33, 117
Differenzierungsphase
Duftdrüsen
›
46
›
20
E
Chemotaxis › chemischer Reiz,
der die Bewegung von Zellen wie
beispielsweise von Leukozyten
oder Makrophagen aktiviert
Chronisch posttraumatische
Wunde › 130
Chronische Wundheilung
53, 97
Clostridium tetani
›
›
33,
68
Corium (Dermis, Lederhaut)
Débridement
Dermis (Lederhaut)
Distorsion › Verstauchung, geschlossene Gelenkverletzung (lat.
distorsio = Verdrehung, Verstauchung)
22, 26
›
Dermatom, Meshdermatom ›
chirurgisches Schneideinstrument
zur Gewinnung von Hautlappen
für die Transplantation
Dispositionsfaktoren der
Wundinfektion › 66
36
Blutgerinnung
›
13
D
B
Basalschicht
Betahämolyse, betahämolysierend
› vollständige Hämolyse (Auflösung von Erythrozyten und des frei
werdenden Hämoglobins) im Blutagar (Nährboden) bei Besiedelung
des Nährbodens mit ß-Streptokokken und Staphylokokken
C
Antiphlogistika › Medikamente,
die Entzündungen entgegenwirken
Antiseptika
Dekubitalulkus, Dekubitus
› 33, 102, 126, 155, 158, 161
Behandlung
akuter Wunden › 80
chronischer Wunden › 96
›
99
Dehiszenzen › durch mechanische Kräfte auseinander gespaltene Strukturen / Gewebspartien,
z. B. einer Wundnaht
Einflüsse auf die Wundheilung
54
›
Elektrokoagulation › (Thermokoagulation), chirurgisches Verfahren zur Zerstörung von Gewebe
durch starken elektrischen Strom;
durch die Verkochung des Eiweißes wird gleichzeitig Blutstillung
erreicht
Embolie › plötzlicher Verschluss
einer Arterie (Schlagader) durch
einen verstopfenden Partikel, z. B.
einen Thrombus
Emphysem › Aufblähung, med.:
Luft(Gas)ansammlung sowohl in
der Lunge (Lungenemphysem) als
auch in anderen Geweben wie
z. B. der Haut
Endotoxin › Bakteriengift, das
bei Zellauflösung mit dem Zerfall
der Zellwand freigesetzt wird
Entzündungsreaktionen
›
38
Enzymatisch, Enzyme › durch
Enzyme vermittelt, Enzyme = Eiweißmoleküle, die als Katalysatoren biochemische Reaktionen beschleunigen
Enzymatisches Débridement
100
Epidermis, Oberhaut
›
›
8
Epithel › Deckgewebe als begrenzende Zellschicht der inneren
und äußeren Körpergewebe (lat.
epithelium = oberste Zellschicht,
Deckgewebe)
Exsudative Phase
Exzision, exzidieren › „Herausschneiden“ bzw. Entfernen eines
Gewebe- oder Organteils mithilfe
eines scharfen Instruments
F
Faszien › „Muskelbinde“, kollagenhaltige Bindegewebshülle der
Skelettmuskeln
Feuchte Wundbehandlung
148
Fixierbinden
47
Fixierpflaster
Epithelwunden
›
94, 185
Fixiervliese
Erfrierungen
Ernährung
›
Erregerdosis
Erysipel
›
31
187
Bruch, chir.: der
Fraktur
Knochenbruch › 29
69
Funktionen der Haut
Erythrozyten (rote Blutkörperchen)
› 23
›
68, 79
Exitus › Kurzform für Exitus letalis = tödlicher Ausgang einer
Krankheit
Exogen › med.: von außen auf
den Organismus Einfluss nehmend, in ihn eindringend, z. B.
Krankheitserreger (lat. ex(-) =
aus(-)
Exotoxin (Ektotoxin) › aus dem
Zellinneren von Bakterien laufend
abgesondertes Gift
7
›
G
Galen › Claudius (Clarissimus?)
Galenus von Pergamon (129 - 199
n. Chr.) gilt als bedeutendster
der historisch belegbaren antiken
Mediziner
Gasbrand
›
74
44
24
Haare
›
19
›
29, 62
Hämodynamik › Lehre von den
physikalischen Grundlagen der
Blutströmung › 105
Hautanhangsgebilde
192
›
›
75
Escherichia coli
186
187
Fotodokumentation
55
›
›
›
›
›
›
H
Hämatom
Fixieren der Wundauflage
›
Grampositiv, gramnegativ ›
Färbung von Bakterien nach dem
Gram’schen Färbeverfahren, ins
Blaue = grampositiv, ins Rote =
gramnegativ, Färbeverhalten ist
ein wichtiges Kriterium zur Bakterienklassifikation bzw. für die Antibiotikatherapie
Granulozyten
187
›
Glanzschicht (Stratum lucidum)
› 12
Granulationsgewebe
›
Fibrinogen › Bestandteil des
Blutplasmas, Faktor I für die Blutgerinnung › 23, 38
Epithelisierung
›
36
›
Hautdrüsen
›
›
19
20
Hornschicht (Stratum corneum)
› 12
Hyalinisierung, hyalin › krankhafte Bildung von glasig transparenten Substanzen z. B. im Bindegewebe (lat. hyalus = das Glas)
Hydrocoll (Hydrokolloid-Verband)
159
›
Hydrosorb (Hydrogel-Verband)
› 165
Gaspermeabilität
›
141
Hydrosorb Gel
Gefäßneubildung
›
43
Hydrotüll (hydroaktive Salbenkompresse) › 162
Genotyp › gesamtes Erbgut eines Organismus
Geschlossene Wunden
›
Geschwürswunden
32
›
27
›
168
Hypertroph › med.: übermäßig
vergrößertes Gewebe zeigend
Hypertrophe Narbenbildung
63
›
Der Wundverband [194.195]
I
Ileus
63
›
Darmverschluss
Immunstatus
›
57,
Kombinierte Saugkompressen
145
56
›
Immunsuppressiva › Medikamente zur künstlichen Unterdrückung von Immunreaktionen,
z. B. bei Organtransplantation
oder Autoimmunkrankheit › 58
Infektionsanzeichen
Infektionsarten
›
Infektionserreger
›
65
73
›
66
Inflammatorische Phase
›
36
Inkretorische Störung › Störung,
die die innere Sekretion betrifft
Interferenz › Überlagerung,
Überschneidung
Komplizierte Wunden
›
Kontusion, Kontusionszone ›
Prellung, Quetschung, Prellungsbzw. Quetschungsgebiet
Körnerzellschicht (Stratum granulosum) › 11
Kraus‘sche Endkolben
›
19
L
›
Intoxikation › Vergiftung (gr.
toxicon = das Gift)
Lederhaut (Dermis, Corium)
›
94
Ischämisierend › Minderdurchblutung oder Blutleere verursachend
K
Kachexie, kachektisch › Auszehrung durch starke Abmagerung,
Kräfteverfall als Folge bestimmter Grundleiden, ausgezehrt ›
56, 66
Kapillaren
›
feinste Haargefäße
Keimschicht (Basalschicht, Stratum
basale) › 10
Keloide
›
64
›
Kontraktion, kontrahieren ›
sich zusammenziehen, z. B. von
Muskeln oder Granulationsgewebe
bei der Umbildung zu Narbengewebe › 46
Langer’sche Hautspaltlinien
14, 63
›
Makrophagen
28
Interstitium › Zwischenraum
zwischen Organen und Geweben
Inzisionen /OP-Wunden
M
Koagulationsnekrose › abgestorbenes Gewebe (Nekrose) infolge Eiweißgerinnung › 90
13
Leukozyten (weiße Blutkörperchen) › 24
41
›
Manifestation, manifest › offenkundig, deutlich, med.: das
Erkennbarwerden einer Krankheit
durch die entsprechenden Symptome
Mechanische Wunden
Meißner-Körperchen
Merkel-Zellen
›
Migration
›
47
Mitose
47
›
Monozyten
›
27
›
18
›
10, 18
24
Morphologisch, Morphologie ›
der Form /Gestalt nach, Morphologie = Lehre von der Form des
Körpers und Form und Struktur der
inneren Organe (gr. morphe = die
Gestalt)
Mullkompressen
›
142, 145
Myofibroblasten
›
47
N
19
Leukozytose › Vermehrung /
Erhöhung der weißen Blutkörperchen (mehr als 10.000 Leukozyten
pro Mikroliter Blut) durch die verschiedensten Ursachen, z. B. Infektionen, Erkrankungen des blutbildenden Systems usw.
Nägel
Luxation › Verrenkung (lat.
luxare = verrenken)
Netzschicht (Stratum reticulare)
› 14
Lymphangitis
Lymphgefäße
›
Lymphozyten
›
Entzündung der
24
›
Nekrose › lokaler Gewebstod,
abgestorbenes Gewebe (lat.
necros = der Tote)
Neoplasma › Neubildung von
Gewebe in Form einer Geschwulst
Netzschlauchverbände
›
187
Noxe › Schädlichkeit, Krankheitsursache (lat. noxa = der
Schaden, die krankheitserregende
Ursache)
O
Oberflächliche Wunden
Oberhaut (Epidermis)
›
28
8
›
Obsolet › veraltet, überholt,
nicht mehr den Regeln der ärztlichen Kunst entsprechend (lat.
obsoletus = abgenutzt, veraltet)
Operative Wundrevision
83
›
Osteomyelitis › akute oder chronische Entzündung des Knochenmarks einschließlich des Knochengewebes und der „Knochenhaut“
P
palliativ › krankheitsmildernd
(lat. palliativus = augenblickliche
Beschwerden beseitigend)
Pathogenität
›
68
pAVK › periphere arterielle Verschlusskrankheit
Perforierende Wunden
›
28
Peritonitis › Bauchfellentzündung (lat. peritonaeum = das
Bauchfell)
PermaFoam (hydroaktiver Schaumverband) › 156
Per secundam intentionem
sekundäre Wundheilung › 53
Persistieren › anhaltend (lat.
persistens = aushaltend, fortbestehend, dauernd)
40
›
Post(-)
›
›
Lungenentzün-
lat. nach
Postoperative Wundheilungsstörungen › 61
Prädisposition › durch die verschiedensten Faktoren bedingte
Anfälligkeit /Bereitschaft für eine
bestimmte Erkrankung
Primäre Wundheilung
›
50
Proliferation › Vermehrung von
Gewebe durch Wucherung als Folge von entzündlichen Prozessen,
z. B. im Rahmen der Wundheilung im Anschluss an die Entzündungsphase (lat. proliferatus =
gesprosst, gewuchert)
Proliferative Phase
›
42
Provisorische Wundversorgung
› 82
›
›
73
73
Q
›
Phasen der Wundheilung
Pneumonie
dung
Pyogene Infektion
Per primam intentionem ›
primäre Wundheilung › 50
›
Plattenepithel › oberste Deckschicht aus flachen, besonders
widerstandsfähigen Zellen › 8
Putride Infektion
Permeabilität, permeabel ›
Durchlässigkeit, durchlässig
Phagozytose
Physiologisch › normale (natürliche) Lebensvorgänge betreffend,
nicht krankhaft
35
Quantitative Einteilung der Wundheilung › 50
R
Regeneration › biol.: Erneuerung, Wiederherstellung, med.:
Neubildung verloren gegangener
Zellen und Gewebe, Fähigkeit zur
Regeneration ist beim Menschen
an bestimmte Zell- und Gewebetypen gebunden
Regenerative Wundheilung
›
53
Reparation › med.: Ersatz von
Körpergewebe durch Granulations- und Narbengewebe
Reverdin-Transplantate › Hauttransplantationsverfahren durch
Epidermisläppchen, die mithilfe
des Skalpells gewonnen werden
(benannt nach Jacques-Louis Reverdin, 1842-1908) › 185
Reversibel › umkehrbar (lat.
reversibilis = umkehrbar)
Rezidiv › Rückfall, med.: Wiederaufleben einer Krankheit
Rote Blutkörperchen (Erythrozyten) › 23
Ruffini-Körperchen
›
19
Ruptur › meist verletzungsbedingte Gewebs- oder Organzerreißung (lat. ruptura = der Riss,
Durchbruch) › 63
S
Salbenkompressen
›
147
Säure- und Laugenverletzungen
› 31
Schweißdrüsen
›
20
Sekretion › Absonderung eines Organs oder einer Wunde
(lat. secretum = die Absonderung)
Sekundär heilend › Wundheilung durch Aufbau von Ersatzgewebe (Granulationsgewebe)
im Gegensatz zur Wundheilung
durch Wundnaht = primär heilend
› 53
Sensorische Rezeptoren
›
18
Sepsis › umgangssprachlich
„Blutvergiftung“, Reaktion des Organismus auf eine unkontrollierDer Wundverband [196.197]
bare Infektion, die sich über die
Blutbahn auf den ganzen Körper
ausbreitet
Serome
›
61
sistieren › anhalten, unterbrechen, unterbinden
Sorbalgon (tamponierbare Calciumalginat-Kompressen) › 154
Spalthautentnahme
›
68, 79
›
Störungen der Wundheilung
61
Strahlenschäden
›
›
33, 132
Stratum basale (Basalschicht)
10
›
Stratum corneum (Hornschicht)
› 12
Stratum granulosum (Körnerzellschicht) › 11
Stratum lucidum (Glanzschicht)
› 12
Stratum papillare (Zapfenschicht)
› 13
Stratum reticulare (Netzschicht)
› 14
Stratum spinosum (Stachelzellschicht) › 11
Stülpverbände
›
187
Subcutis (Unterhaut)
›
18
T
Talgdrüsen
›
Thermische und chemische Wunden › 30, 88
Thrombozyten
Tollwut
›
Totalparese
mung
›
26
75
›
20
Temporäre Deckung von Brandwunden › 92
Grad IIa › 30, 89
Grad IIb › 30, 90
Grad III › 30, 90
Verzögerte Primärheilung
Virulenz
›
›
52
69
W
vollständige Läh-
Transsudat › zell- und eiweißarme, fibrinogenfreie Flüssigkeit in
Körperhöhlen, z. B. einer Wundhöhle
Traumatische Verletzungen
27, 80, 85
›
Trockene Wundbehandlung
144
›
Wundauflagen
›
62
140
›
Wunddehiszenzen
63
›
Wunddokumentation
Wundhämatome
Wundinfektion
›
Ulcus cruris arteriosum
Ulcus cruris venosum
Unterhaut (Subcutis)
›
›
›
110
105
62
›
59, 181
Wundkontraktion
›
46
Wundstarrkrampf
›
74
103
Zapfenschicht (Stratum
papillare) › 13
Zytoplasma-Fragmentierung
› Zerlegung von Zellplasma in
Bruchstücke
Zytostatika › Medikamente, die
die Kern- oder Plasmateilung verzögern oder verhindern
V
43
Vasoaktiv › die Gefäßspannung
(= Gefäßtonus) beeinflussend
Vater-Pacini-Körperchen
›
Z
18
Urämie › „Harnvergiftung“ als
Folge akuter oder chronischer
Niereninsuffizienz / Nierenversagen
(gr. uraemia = Harnvergiftung des
Blutes)
›
190
65
›
Wundinspektion
›
Wundkonditionierung
U
Vaskularisierung
Weichteilnekrosen
Weiße Blutkörperchen
(Leukozyten) › 24
93, 95
Stachelzellschicht (Stratum spinosum) › 11
Staphylococcus
TenderWet (Wundkissen mit
Superabsorber) › 149
›
Verbandwechsel › 177
Dokumentation › 190
Durchführung › 179
Häufigkeit › 188
Verbrennungen › 30, 89
Grad I › 30, 89
18
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Der Wundverband [198.199]
Bildnachweis
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akg images (S. 65)
Baschong, W. (S. 31)
Bavosi, J. / SPL / Focus (S. 34)
Beddow, T. / SPL / Focus (S. 80)
Bildarchiv Preußischer Kulturbesitz
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Biophoto Ass. / Okapia (S. 12)
Blank, I. (S. 29, 84, 185)
Brain Dr.,T. & Parker, D. / SPL
(S. 77)
Brychta, P. (S. 29, 31, 63, 90-93,
151, 186)
Butcher, M. (S. 151)
Camazine, S. / NAS / Okapia
(S. 26)
CNRI / SPL / Focus (S. 18, 44, 68,
79)
Deutschle, G. (S. 45, 59)
Dex, A. / SPL / Focus (S. 105)
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Durham, J. / SPL / Focus (S. 79)
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74, 75, 82, 86, 98, 100, 102, 142,
155, 158, 163, 182, 184, 186,
189)
Lippert, H. (S. 39, 52, 94, 135)
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