Sin City

Transcrição

Sin City
Schwarzweiß in Kombination mit
Farbelementen als Gestaltungsmittel im
Film am Beispiel von Frank Millers
Sin City“
”
Monika Kogler
DIPLOMARBEIT
eingereicht am
Fachhochschul-Masterstudiengang
Digitale Medien
in Hagenberg
im Juni 2006
© Copyright 2006 Monika Kogler
Alle Rechte vorbehalten
ii
Erklärung
Hiermit erkläre ich an Eides statt, dass ich die vorliegende Arbeit selbstständig und ohne fremde Hilfe verfasst, andere als die angegebenen Quellen
und Hilfsmittel nicht benutzt und die aus anderen Quellen entnommenen
Stellen als solche gekennzeichnet habe.
Hagenberg, am 22. Juni 2006
Monika Kogler
iii
Inhaltsverzeichnis
Erklärung
iii
Vorwort
vi
Kurzfassung
vii
Abstract
viii
1 Einleitung
1.1 Motivation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1.2 Zielsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2 Frank Millers Sin City
2.1 Der Ursprung von Sin City . . . . . . . . .
2.1.1 Stilistische und inhaltliche Einflüsse
2.2 Der Film . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2.2.1 Previsualisierung . . . . . . . . . . .
2.2.2 Production und Postproduction . . .
2.3 Direkter Vergleich von Comic und Film . .
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1
1
2
4
4
6
8
9
12
16
3 Schwarzweiß ist nicht Schwarzweiß
20
3.1 Schwarzweiß in Relation zur Farbe im Film . . . . . . . . . . 20
3.2 Geschichtlicher Hintergrund des Einsatzes von Schwarzweiß
und Farbe im Film . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21
3.2.1 Das schwarzweiße Filmmaterial . . . . . . . . . . . . . 23
3.2.2 Hand- und Schablonenkolorierung . . . . . . . . . . . 24
3.2.3 Virage und Tonung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27
3.3 Schwarzweiß als Gestaltungsmittel . . . . . . . . . . . . . . . 29
3.4 Die Ästhetik des Schwarzweiß-Bildes . . . . . . . . . . . . . . 31
3.4.1 Der Schwarzweiß-Film in der heutigen Zeit . . . . . . 32
3.5 Das Spiel mit Kontrasten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34
3.5.1 Licht- und Schattengestaltung . . . . . . . . . . . . . 40
iv
INHALTSVERZEICHNIS
4 Schwarzweiß in Kombination mit Farbe
4.1 Montage von Schwarzweiß- und Farbsequenzen
4.1.1 Beispiele unterschiedlicher
Montagefunktionen . . . . . . . . . . . .
4.2 Farbakzente innerhalb des Schwarzweiß-Bildes .
4.2.1 Die Farbe Rot als Beispiel für das Motiv
v
47
. . . . . . . . 48
. . . . . . . .
. . . . . . . .
. . . . . . . .
50
56
57
5 Conclusio
61
A Filmographie
63
B Inhalt der CD-ROM
66
B.1 Diplomarbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66
B.2 LaTeX-Dateien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66
B.3 Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66
Glossar
68
Literaturverzeichnis
71
Vorwort
Diese Diplomarbeit ist im vierten Semester des Masterstudienganges Digi”
tale Medien“ an der Fachhochschule Hagenberg entstanden. Inspiration zu
diesem Thema war – wie es wohl der Titel erahnen lässt – die filmische Umsetzung des Comic-Meisterwerks Sin City“. Aus diesem Grund gilt mein
”
erster Dank Frank Miller, der über viele Jahre seinen expressionistischen
Noir-Stil perfektioniert, und darüber hinaus nie den Glauben in seine Arbeit verloren hat.
Ganz besonders möchte ich mich an dieser Stelle auch bei meiner Betreuerin Mag. Sabine Retschitzegger bedanken. Sie war von Anfang an von
meiner Arbeit überzeugt, und ist mir immer mit Rat und Tat zur Seite
gestanden.
Zuletzt möchte ich mich natürlich auch noch bei meinen Eltern bedanken,
die mir durch ihre finanzielle Unterstützung dieses Studium erst ermöglichten. Sie haben immer an mich und mein Arbeit geglaubt, und waren mir in
vielerlei Hinsicht eine große Stütze. Danke!
vi
Kurzfassung
Trotz aller technischen Möglichkeiten der heutigen Zeit, wird Schwarzweiß
auch heute als bewusstes Gestaltungsmittel im Film eingesetzt. Dabei kann
Schwarzweiß sowohl in seiner ästhetischen Reinform, als auch in Kombination mit Farbelementen verwendet werden. Aufgrund dieser Möglichkeit
der Montage kann die Wirkung des unbunten Bildes zusätzlich gesteigert
werden. Dabei muss allerdings zwischen der Montage von Schwarzweiß- und
Farbsequenzen oder der Anreicherung des Schwarzweiß-Bildes mit farblichen
Akzenten unterschieden werden.
Diese beiden Techniken sind keineswegs neu, sondern finden ihre Ursprünge zu Beginn der Filmgeschichte. So benutzten schon die Gebrüder Lumière für ihre erste Filmvorführung 1895 in Paris handkoloriertes Schwarzweiß-Material. Die Vorstellung, dass Filme bis zu Beginn der fünfziger Jahre
durchgängig Schwarzweiß waren, ist deshalb ein Irrglaube. Dieser hat sich
dadurch manifestiert, dass frühe hand- oder schablonenkolorierte Filme zumeist schwer aufzufinden sind, und viragiertes oder getontes Filmmaterial
bereits verblasst ist. Erst mit Beginn der Tonfilm-Ära sind diese Verfahren verschwunden, und reine Schwarzweiß-Filmgenre – wie etwa jenes des
Film Noir“ – haben sich etabliert. Durch die Verbesserung des Farbfilms in
”
den sechziger Jahren wurde Farbe im Film generell interessanter, und daher
verstärkt eingesetzt.
Während der gesamten Geschichte des Films war jedoch immer das Spiel
von Schwarzweiß und Farbe ein durchgängig eingesetztes Gestaltungsmittel.
Dabei haben sich im Laufe der Jahre beide genannten Möglichkeiten perfektioniert, und immer neue dramaturgische Möglichkeiten eröffnet.
Ein aktuelles Beispiel hierfür stellt die Verfilmung der Comic-Reihe Sin
”
City“ dar. Hier werden beide Möglichkeiten, Farbe und Schwarzweiß in Kontrast zueinander zu stellen, genutzt. Dadurch ergibt sich eine visuell-spannende Bildkombination, die den Blick des Betrachter auf ungewöhnliche
Weise durch den Film lenkt.
vii
Abstract
In spite of all technical alternatives of our times black-and-white is still used
as a deliberate design element in films. There, black-and-white can be used
in its aesthetic pure form or in combination with color-elements. Due to this
possibility the impact of the uncolored image can be increased. But there are
differences between the assembly of black-and-white and colored sequences,
and the enrichment of the black-and-white image with colored priorities.
Both techniques find their origins in the beginning of film history. For
example, the brothers Lumière used hand-tinted black-and-white-material
for their first movie presentation in 1895 in Paris. Therefore the notion that
movies had been only black-and-white until the beginning of the fifties is
a misbelief. However, the early hand- or pattern-tinted movies are hard to
discover and the toned film stock is already faded. With the beginning of
the talkie-era these methods disappeared, and pure black-and-white movie
genres—like the one of “film noir”—took their place. Because of the improvement of film footage in the sixties, color in films became more important
and more often used.
During the entire film history the contrast of black-and-white and color
represented a continuous design-element. Over time, this process has been
perfected and new dramaturgic possibilities have appeared.
A current example of the use of black-and-white with colored elements
is the film version of Frank Miller’s “Sin City”. Because of the contrast
between black-and-white and color a visually thrilling image composition,
which guide the view of the beholder in an unusual way, is created.
viii
Kapitel 1
Einleitung
1.1
Motivation
Comics sind seit jeher beliebte Ausgangspunkte für filmische Umsetzungen.
Dabei haben sich bisherige Comic-Verfilmungen – wie Batman oder Spiderman – vor allem dadurch ausgezeichnet, dass die Rollen der bekannten
Hauptfiguren von echten Schauspielern übernommen wurden. Viel mehr ist
von dem gezeichneten Original meist nicht übrig geblieben. Wie nahe jedoch
die Verbindung von Kino und graphischer Erzählung sein kann, bewiesen
Robert Rodriguez und Frank Miller in ihrer Film-Noir Hommage Sin City.
Das Besondere an diesem Film ist in erster Linie seine eindrucksvolle Umsetzung der Comics. Erstmals in der Geschichte des Kinos wurde hier ein
Comic vorbildgetreu Bild für Bild umgesetzt. Dabei wurde versucht den harten, schwarzweißen Zeichenstil Frank Millers in das bewegte Medium Film
zu übernehmen. Hinzu kommen gelegentliche Farbflächen und extreme Perspektiven, die der gesamten Bildkomposition eine eigene Ästhetik verleihen.
Durch diese digitale Vereinigung der klassischen Zeichnung mit der Kamera
wird Sin City ein ungewöhnlicher Look verliehen.
Doch die Idee ein schwarzweißes Filmmaterial mit farbigen Flächen zu
versehen, um bestimmte Aktionen oder Personen hervorzuheben, geht bereits zu den Ursprüngen des Films zurück. Denn bereits die ersten Filme
wurden teilweise in mühevoller Handarbeit koloriert. Neben dieser Möglichkeit gibt es aber zum Beispiel auch noch die Möglichkeiten der Virage oder
der Tonung. Aus diesem Grund war Schwarzweiß nie wirklich ganz Schwarzweiß. Über die Jahre wurden immer neue Möglichkeiten entdeckt Farbe in
das Medium Film zu integrieren. Dabei gab es sowohl technische Probleme,
als auch gestalterische und ästhetische Konflikte. Lange Zeit wurde Farbe im
Film von Kritikern verpönt, da diese eine Verflachung des Bildes befürchteten. Somit stellt die Thematik Farbe im Film seit Beginn der Filmgeschichte
einen heftiger Streitpunkt dar. Damit wird klar, wie eng die Thematiken
Schwarzweiß und Farbe im Film doch miteinander verbunden sind.
1
KAPITEL 1. EINLEITUNG
1.2
2
Zielsetzung
Dieser Diplomarbeit stellt eine Auseinandersetzung mit dem Thema Schwarzweiß, als Gestaltungsmittel im Film, dar. Doch nur in wenigen Ausnahmefällen kommt tatsächlich reines Schwarzweiß zum Einsatz. In den meisten Fällen wird Schwarzweiß mit Farbsequenzen montiert, oder das SchwarzweißBild wird mit partiellen Farbelementen ergänzt. Aus diesem Grund beschäftigt sich diese Diplomarbeit neben der Möglichkeit der Gestaltung und der
Ästhetik von Filmen in Schwarzweiß auch mit deren Montage. Filme, die
Farbsequenzen oder Farbelemente enthalten, sollen auf ihre Wirkung analysiert werden. Das Hauptaugenmerk der Arbeit beruht dabei allerdings immer auf den Schwerpunkt, Schwarzweiß als Gestaltungsmittel zu verwenden,
beruhen.
Als aktuelles Beispiel der Filmgeschichte für die Montage von Schwarzweiß und Farbe wird die Verfilmung von Millers Comic-Reihe Sin City
herangezogen. Dabei werden zuerst die Hintergründe zur Entstehung des
Comics, sowie dessen stilistische und inhaltliche Einflüsse auf den Film erörtert. Neben den gestalterischen Umsetzungen widmet sich diese Diplomarbeit auch der technischen Umsetzung des Comics auf das Medium Film.
Dabei liegt ein spezielles Augenmerk auf den nötigen Schritte der Preproduction und der Production. Erst durch die gezielte Planung und Durchführung konnte bei der Postproduction das entsprechende Ergebnis – harter
Schwarzweiß-Kontrast mit wenigen Graustufen in Kombination mit selektiven Farbakzenten und monochromen Farbflächen– erzielt werden.
Darüber hinaus beschäftigt sich diese Diplomarbeit auch mit den geschichtlichen Hintergründen des Schwarzweiß-Films. Der Einsatz und die
Wirkung von Schwarzweiß im zeitgenössischen Film kann nicht isoliert von
dessen geschichtlicher Entwicklung betrachtet werden. Dabei soll der Frage
nachgegangen werden, aufgrund welcher Motivation Schwarzweiß oder Farbe
für einen Film verwendet wird, und welche Emotionen dies beim Betrachter
auslöst.
Die inhaltliche Gliederung dieser Diplomarbeit gestaltet sich dabei folgendermaßen:
• Das erste der Kapitel beschäftigt sich mit der Motivation und der
Zielsetzung dieser Diplomarbeit.
• Das zweite Kapitel befasst sich einzig mit dem Thema Sin City. Dabei wird sowohl auf das Comic, als auch auf die technische und gestalterische Übersetzung auf das Medium Film eingegangen. Es werden dabei stilistische und inhaltliche Einflüsse aufgezeigt und analysiert. Ebenso findet sich in diesem Kapitel einen direkten Vergleich der
KAPITEL 1. EINLEITUNG
3
Comic-Vorlage mit dem Film, wobei sowohl Gemeinsamkeiten als auch
Gegensätze aufgezeigt und begründet werden.
• Das dritte Kapitel dieser Arbeit setzt sich mit dem Thema Schwarzweiß auseinander. Dabei wird zuerst auf die Geschichte des SchwarzweißFilms seit ihrem Beginn durch die Gebrüder Lumiére eingegangen. Es
wird dabei aufgezeigt, dass die Vorstellung Filme seien bis in die fünfziger Jahre durchgehend Schwarzweiß gewesen, ein reiner Irrglaube
ist. Dabei werden Techniken wie Hand- und Schablonenkolorierung,
Virage und Tonung erörtert, und im Bezug auf ihre Ästhetik analysiert. Ebenso soll die Entwicklung des Schwarzweiß-Materials, und
damit dessen Einsatz bis zum modernen Schwarzweiß-Film aufgezeigt
werden.
Eines der wichtigsten ästhetischen Kriterien bei der Betrachtung von
Schwarzweiß-Film stellt der Kontrast dar. Aus diesem Grund setzt
sich dieses Kapitel auch mit der Wirkung von Kontrasten auseinander.
Da der Kontrast auch in entscheidender Weise von der Licht- und
Schattengestaltung beeinflusst wird, analysiert dieser Teil der Arbeit
die Grundlagen der Beleuchtung und die Verwendungsmöglichkeiten
einzelner Lichtstile.
• Das Hauptaugenmerk beim vierten Kapitel liegt auf den gestalterischen Möglichkeiten einer abwechselnden Montage von Schwarzweißund Farbsequenzen. Dabei werden die unterschiedlichen Funktionen
der Montage näher erläutert, und anschließend anhand ausgewählter
Beispiele gegenübergestellt und analysiert.
Des weiteren werden die Möglichkeiten, Farbakzente innerhalb des
Schwarzweiß-Bildes zu setzten, erklärt. Ein besonderes Augenmerk
wird dabei der Farbe Rot zu Teil. Diese hat als Farbakzent im Schwarzweiß-Film eine lange Tradition, und wird aus diesem Grund separat
analysiert.
• Das letzte Kapitel bildet den Abschluss dieser Diplomarbeit. Hier werden alle, im Laufe der Diplomarbeit gewonnen Erkenntnisse kurz zusammengefasst. Darüber hinaus wird in diesem Kapitel ein Ausblick
auf mögliche, zukünftige Entwicklungen gegeben.
Das Glossar am Ende dieser Diplomarbeit beinhaltet Erklärungen und genauere Ausführungen zu Wörtern, die im Fließtext kursiv dargestellt sind.
In der Filmographie finden sich sämtliche, in dieser Diplomarbeit erwähnte
Filmtitel alphabetisch sortiert. Diese sind in der Diplomarbeit als Kapitälchen geschrieben. Die in dieser Diplomarbeit verwendeten Abbildungen
wurden zum Teil aus dem jeweils entsprechenden Film entnommen. Sollten
Abbildungen aus anderen Quellen stammen, werden diese separat in der
jeweiligen Bildunterschrift angeführt.
Kapitel 2
Frank Millers Sin City –
Vom Comic zum Film
2.1
Der Ursprung von Sin City
Schauplatz der von Frank Miller geschaffenen Comicreihe ist die fiktive Stadt
Basin City. An diesem Ort sind die Grenzen zwischen Gut und Böse schon
lange verschwommen, und selbst die Bösewichte lassen sich von den Helden
kaum noch unterscheiden. Aus diesem Grund wird die Stadt, in der Gewalt
und Korruption an der Tagesordnung sind, von ihren Bewohnern nur noch
Sin City genannt.
Erschienen ist die Comicreihe Sin City erstmals Anfang der neunziger
Jahre in dreizehn Bänden bei Dark Horse Comics1 . Dabei war Sin City ursprünglich als Fortsetzungscomic im Comic-Magazin Dark Horse Presents“
”
und im so genannten 5th Anniversary Special“ geplant. Doch der Comic
”
fand sowohl bei den Kritikern, als auch bei den Fans enormen Anklang, so
dass im Frühjahr 1993 eine gebundene Version unter dem Titel The Hard
Goodbye auf den Markt kam. Sin City war in der Zwischenzeit zum Oberbegriff dieser Reihe von Kurz- und Fortsetzungsgeschichten geworden, für die
Frank Miller insgesamt elf Mal mit dem renommierten Eisner Award“2 aus”
gezeichnet wurde. Neben dem ersten Comicband The Hard Goodbye sind
noch zwölf weitere Bücher in der Sin City-Reihe veröffentlicht worden:
1. The Hard Goodbye
1
Dark Horse Comics ist ein US-amerikanischer Comicverlag, der 1986 von Mike Richardson gegründet wurde. Anders als die beiden größten amerikanischen Comicverlage,
Marvel Comics und DC Comics, veröffentlicht Dark Horse auch creator-owned“ Serien, bei
”
denen die Rechte zu Figuren und Geschichten bei den jeweiligen Autoren und Zeichnern,
und nicht beim Verlag, liegen. Mehr zu Dark Horse Comics: http://www.darkhorse.com/
2
Der Eisner Award ist eine der wichtigsten amerikanischen Auszeichnungen für ComicZeichner. Der Preis wurde erstmals 1988 als Nachfolger des Kirby Awards vergeben, und
wird jährlich auf der Comicmesse Comic-Con International in San Diego, Kalifornien verliehen. Mehr dazu: http://www.comic-con.org/cci/cci eisners main.shtml
4
KAPITEL 2. FRANK MILLERS SIN CITY
5
2. A Dame to Kill For
3. The Babe Wore Red and Other Stories
4. Silent Night
5. The Big Fat Kill
6. That Yellow Bastard
7. Daddy’s Little Girl
8. Lost, Lonely and Lethal
9. Sex and Violence
10. Just Another Saturday Night
11. Family Values
12. Hell and Back
13. Booze, Broads, and Bullets
Die jeweiligen Geschichten in den einzelnen Büchern sind dabei sehr komplex
aufgebaut. Ebenso gibt es viele einzelne Handlungen, die nicht in direktem
Zusammenhang mit der Hauptgeschichte stehen. Der rote Faden“, der sich
”
durch einen Großteil der Bücher zieht, behandelt die Suche des Antihelden
Marv nach dem Mörder der Prostituierten namens Goldie.
Dabei stammt die Idee zu Sin City keineswegs aus den neunziger Jahren. Denn die Grundlage zur Comicserie entwickelte Frank Miller schon in
seiner Kindheit, als er in Vermont aufwuchs. Bereits damals übten Großstädte eine enorme Faszination auf Frank Miller aus – genauso wie das Film
Noir- und das Kriminal-Genre. Genau diese Einflüsse spiegeln sich in Frank
Millers Comics – sowohl in der Handlung, als auch im Stil – wieder. Seine
Figuren sind rachsüchtige Männer und kaltherzige Frauen, die in Städten
mit mysteriösen Schatten und harten Kontrasten ihr Dasein fristen.
Doch als Frank Miller mit knapp zwanzig Jahren nach New York ging,
um Comiczeichner zu werden, fand seine Arbeit wenig Gegenliebe bei den
Verlegern. Sie machten ihm klar, dass seine Stil nicht dem damaligen Zeitgeist gerecht wurde. Also begann Miller sich dem diktierten Stil zu beugen, um damit seinen Lebensunterhalt verdienen zu können. Sein Mentor
Neil Adams3 verschaffte ihm den ersten Job als Zeichner der Marvel-Serie
Daredevil. Dabei war Frank Miller maßgeblich verantwortlich für die Entwicklung der Hauptfigur und ihrer Geschichte, und machte sie damit zum
3
Neil Adams ist ein US-amerikanischer Zeichner und Grafiker, der vor allem durch
seine dynamische Linienführung bekannt wurde. Durch ihn wurde etwa die Serie X-Men
zu neuem Leben erweckt.
KAPITEL 2. FRANK MILLERS SIN CITY
6
bisher erfolgreichsten Marvel-Titel. 1986 gelang Miller ein weiteres Meisterwerk der Comickunst: Mit dem Comic-Roman Batman – Die Rückkehr
des Dunklen Ritters wurde die bisher kommerziell erfolgreichste und
düsterste Batman-Folge erschaffen. Damit wurde der Batman-Mythos neu
belebt, und Frank Miller war populär genug um die Freiheit zu haben, sich
seine eigenen Ideen zu widmen. Seinen dunklen Zeichenstil perfektionierte
Miller schließlich mit Sin City anfangs der neunziger Jahre. So kehrte Miller
schließlich nach Jahren zu seinen Ursprüngen zurück: Männern in Trenchcoats, Frauen in Oldtimers und düstere, schwarzweiße Kriminalgeschichten
über Rache und Mord [17, S. 15–17].
2.1.1
Stilistische und inhaltliche Einflüsse
Der Comic Sin City wurde durch mehrere unterschiedliche Komponenten
sowohl stilistisch, als auch inhaltlich stark beeinflusst.
In erster Linie verdankt der Comic Sin City seine düstere Ästhetik dem
Interesse Frank Millers für das Film Noir- und Kriminal-Genre. Denn seit
seiner Jugend war Miller von den Helden der Schwarzweiß-Filme fasziniert.
Vor allem die Filme der vierziger und fünfziger Jahre haben sein Schaffen
tief geprägt. Das dortige Spiel mit Licht und Schatten um eine düstere und
mysteriöse Atmosphäre zu erschaffen, hat Miller in seinem Comic übernommen. Oft werden in Sin City Umrisse nur skizzenhaft angedeutet, um sich
dann im Schatten zu verlieren. Darüber hinaus wird das wechselhafte Spiel
von Licht und Schatten dazu benutzt die Gesichter der Figuren mit ihrer
Mimik voll Hass und Furcht, Abscheu und Wut so verzehrt wie möglich
darzustellen.
Auch die Vorliebe für das Geschehen bei Nacht hat Miller vom Film-Noir
in sein Comic übernommen. Durch dieses elementare Noir-Stilelement werden Tagesszenen sogar so inszeniert, als würden sie bei Nacht stattfinden.
Durch diese Neigung zum nächtlichen Schwarz entsteht ebenfalls eine kontraststarke Dramaturgie von Licht und Schatten. Durch das so entstandene
Spannungsfeld wird das Doppeldeutige der Personen betont. Dabei heben
diese Schatteneffekte die Figuren nicht hervor, sondern binden sie in den
jeweiligen Schauplatz ein, der durch die Lichtsetzung als gleichwertiges Element betont wird [9]. Ebenso fungieren auch Gegenstände der Einrichtung
und des Dekors als gestalterisches Mittel der Lichtarbeit. So etwa sorgen Jalousien und Fensterläden für streifige Lichtmuster. Lampen im Raum oder
Scheinwerfer von Autos konzentrieren die Aufmerksamkeit des Betrachters
auf begrenzte Lichtausschnitte während der Rest des Bildes im Dunklen
verborgen bleibt [21].
Aber nicht nur Filme, sondern auch Comics hatten einen entscheidenden
Einfluss auf das Erscheinungsbild von Sin City. Vor allem Will Eisner,
der das Krimi-Schema aufgriff und als erster in den vierziger Jahren im
Comic The Spirit verarbeitete, war für den Stil Frank Millers prägend.
KAPITEL 2. FRANK MILLERS SIN CITY
(a)
7
(b)
Abbildung 2.1: The Spirit von Will Eisner (a) war prägend für den
Stil von Frank Millers Sin City (b). [Quellen: http://www.newsarama.com/
SDCC05/DC/Spirit/SPIRIT3.jpg, Sin City]
Aber auch Wallace Wood und Johnny Craig, die für ihre Arbeit bei EC
Comics bekannt sind, haben mit ihren Horror- und Kriminal-Comics tiefen
Eindruck bei Miller hinterlassen.
Millers Comic wurde aber auch inhaltlich durch mehrere Faktoren beeinflusst. Auch hier sind jene Kriminalfilme, die Miller während seiner Zeit
in New York gesehen hatte, ausschlaggebend. Durch diese Filme wurden die
Geschichten der Helden geprägt. Besonderen Einfluss haben dabei die Werke
von Raymond Chandler4 , Mickey Spillane5 und Dashiell Hammett6 [17].
Diese drei US-amerikanischen Schriftsteller wurden besonders durch den Stil
ihre Kriminalromane bekannt. Darüber hinaus gelten Chandler und Hammett als Begründer der so genannten hardboiled novels“. Dabei handelt
”
es sich um Geschichten, bei denen eine architypische Figur – in den meisten Fällen der hartgesottene Detektiv – im Mittelpunkt steht. Hier zeigen
sich die ersten Parallelen zu den Geschichten von Frank Miller. Denn auch
Sin City gehört in das Genre dieser hardboiled novels“. Die Hauptfiguren
”
in Millers Graphic-Novels sind der Polizist Hartigan, der auf der Spur eines
4
Neben zahlreichen Kriminalromanen veröffentlichte Chandler auch Kurzgeschichten
und Drehbücher. Zu seinen berühmtesten Filmen zählen etwa Double Indemnity von
1944, oder Strangers on a Train von 1951.
5
Ebenso wie Chandler, wurden auch seine Werke verfilmt. Zu den Bekanntesten zählen
I, The Jury von 1953 und Kiss Me Deadly von 1955.
6
Berühmte Werke, die unter anderem auch verfilmt wurden, sind The Thin Man von
1934 und Die Spur des Falken von 1941.
KAPITEL 2. FRANK MILLERS SIN CITY
8
psychopathischen Mädchenschänders ist, der ehemalige Fotograf Dwight und
der Antiheld Marv. Jede dieser Personen verfolgt sein persönliches Ziel, und
muss sich einem individuellen Kampf stellen. So etwa nimmt Marv Rache
am frauenfressenden Psychopathen Kevin, nachdem dieser Marvs Geliebte
names Goldie getötet hat.
Aber nicht nur in Bezug auf die männlichen Hauptrollen lassen sich Parallelen zum Film Noir ziehen, auch die Frauen spielen in Millers Sin City
eine entscheidende Rolle. Hier bietet sich ein Vergleich mit der klassischen
Femme Fatale an – etwa mit der Figur der Phyllis Dietrichson aus Billy Wilders schwarzweißem Kriminaldrama Double Indemnity. Denn hier gehört
die Femme Fatale nicht mehr zum schwachen Geschlecht, das schutzbedürftig die starken Arme eines Helden sucht [4]. Diese Frauen setzten ihre Attraktivität und Anziehungskraft gekonnt ein, um eigennützige Ziele zu verfolgen
und Vorteile zu erlangen. Bei ihnen stehen Egoismus und Lebensgier ganz
oben [9]. Ein typisches Beispiel für die Femme Fatale bei Frank Miller stellt
die Figur der Gail dar. Diese ist die Anführerin der – für Millers Comicuniversum charakteristischen – postfeministischen Amazonengang aus der
Altstadt von Sin City. Dieser Figur wird bevorzugt oft die Farbe Rot zugewiesen, wobei hier besonders das Spiel mit den rot eingefärbten Lippen
auffällt. Diese visualisieren sowohl ihren leidenschaftlichen, als auch gefährlichen Charakter. Durch den Kontrast zum übrigen Schwarzweiß wirkt die
Farbe Rot noch intensiver und leuchtkräftiger, und symbolisiert damit sowohl Leidenschaft und Emotion, als auch Aggression und Rachsucht.
2.2
Der Film
Robert Rodriguez ist schon seit seiner Jugend von Millers Sin City-Romanen
fasziniert. Deshalb war es ihm auch ein besonderes Anliegen, diese Comics
zum Leben zu erwecken. Einem Interview nach kam Rodriguez die Idee zur
Verfilmung nach dem Dreh von seinem Film Spy Kids im September 2003.
Nach dem damaligen, abgeschlossenen Dreharbeiten überlegte Rodriguez,
welches sein nächstes Projekt werden könnte. Als ihm dann erneut eine Sin
City-Ausgabe in die Hände fiel, wusste er, dass er seine Bestimmung gefunden hatte. Durch die nötigen Erfahrungen, die er in seinen letzten Projekten – in Bezug auf Techniken, Licht und Spezialeffekte – sammeln konnte,
wollte er Millers Comic lebendig werden lassen. Dabei sollte allerdings das
kontrastreiche Originalaussehen im Film beibehalten werden [17].
Doch Rodriguez hatte anfängliche Schwierigkeiten Frank Miller von seiner Idee zu überzeugen. Rodriguez wollte Miller als Co-Direktor für den
Film, da nur durch dessen Hilfe das Vorhaben gelingen konnte. Aber Miller
hatte keinerlei Erfahrungen als Direktor, und hatte außerdem Angst sein
Baby“ aus den Händen zu geben. Vor allem da er über Jahre an den Cha”
rakteren in Sin City gearbeitet hatte, und nicht wollte dass diese nun durch
KAPITEL 2. FRANK MILLERS SIN CITY
9
einen beliebigen Schauspieler personalisiert werden. Dazu hatte Miller auch
schlechte Erfahrungen mit Hollywood im Bezug auf andere Verfilmungen –
wie etwa jener von Daredevil – gemacht.
Rodriguez musste also Überzeugungsarbeit leisten, um Miller umzustimmen. Bei dem ersten gemeinsamen Treffen von Rodriguez und Miller, hatte
Rodriguez bereits einige Testszenen angefertigt, die direkt vom Comic übernommen wurden. Dabei wurden die Lichtverhältnisse, die Perspektiven und
der extreme Kontrast von Schwarzweiß und Farbe originalgetreu in die Testszene übernommen. Miller war davon dermaßen beeindruckt, dass er sich von
Rodriguez zu einem gemeinsamen Testdurchlauf in Texas überreden ließ. Dabei wurde eine dreiseitige Zwischensequenz aus der Comic-Reihe The Babe
Wore Red verfilmt. Rodriguez gab Miller damit die Chance zu sehen, wie
eine Zusammenarbeit funktionieren könnte – mit dem Ausblick dass beide,
im Falle des Scheitern des Projekts, noch immer einen Kurzfilm hätten. Doch
Miller war nach diesem Testanlauf von der Idee überzeugt, und stimmte dem
Vorschlag Co-Direktor zu werden zu.
Da es zu umfangreich gewesen wäre, alle dreizehn Bände der Sin CityReihe zu verfilmen, wurden drei für den tatsächlichen Film ausgewählt. Diese
Geschichten sind The Hard Goodbye, The Big Fat Kill und That
Yellow Bastard. Für die Besetzung der einzelnen Charaktere wurden
namenhafte Schauspieler wie Mickey Rourke, Jessica Alba, Benicio del Toro
oder Bruce Willis engagiert [17].
2.2.1
Previsualisierung
Um Sin City vom Comic in das Medium Film zu übersetzten, waren viele,
gut überlegte Schritte notwendig. Aus diesem Grund wurde der gesamte
Film im ersten Schritt previsualisiert, damit die nachfolgende Production
detailiert geplant werden konnte. Für diese Aufgabe wurde Troublemaker
Digital 7 engagiert, welche schon durch den Film Spy Kids Erfahrungen
in diesem Bereich sammeln konnten. In diesem Schritt der Previsualisierung
wurden Aussehen und Konzept der einzelnen Szenen, sowie Aufnahmedesign
und Choreographie der Darsteller festgelegt. Dafür wurden sowohl Skizzen,
als auch aufwendige dreidimensionale Modelle und Animationen verwendet
(Abb. 2.2).
Bereits in diesem Schritt wurde deutlich, dass nicht jede Szene identisch
aus dem Comic übernommen werden konnte. Wie bereits erwähnt, arbeitet Miller in seinem Comic Sin City ausschließlich mit kontrastreichem
Schwarzweiß ohne Graustufen zu verwenden. Ebenso ist der Stil des Comics
durch die scherenschnitthaften Positiv- und Negativ-Bildern geprägt. Doch
diese großen, einfärbigen Flächen für den Film aufzubereiten, stellte eine
gewisse Schwierigkeit dar. Durch den Dreh der realen Schauspieler wurden
7
Bei Troublermaker Digital handelt es sich um Robert Rodriguez eigene Produktionsfirma in Austin, Texas. Mehr unter http://www.troublemakerstudios.com/.
KAPITEL 2. FRANK MILLERS SIN CITY
10
(a)
(b)
(c)
(d)
Abbildung 2.2: Bei der Previsualisierung einzelner Szenen wurden sowohl
neben den ursprünglichen Grafiken aus Millers Comic (b), auch zusätzliche
Zeichnungen Millers verwendet (a). Für ein einfacheres Compositing wurden
die Szenen erst als 3D Modell entwickelt (c), so dass schließlich das perfekte
Endresultat (d) entstehen konnte. [Quellen: [17, S. 29, 163], Sin City]
unweigerlich Graustufen dem finalen Bild hinzugefügt. Dadurch konnte der
Hintergrund nicht dem harten Schwarzweiß-Kontrast der Comic-Vorlage gerecht werden, sondern musste auch mit Hilfe von Graustufen realistischer
gestaltet werden. Ohne diesen Schritt hätten sich die Schauspieler zu stark
vom computergenerierten Hintergrund abgehoben. So stellte zum Beispiel
die filmische Übersetzung der Szene in Lucilles Badezimmer eine enorme
Herausforderung dar – siehe dazu Abbildung 2.3. Da die teilweise filigranen
schwarzen Striche der Konturen im Film nicht zur Geltung kommen würden,
mussten sich die Visual Effects Spezialisten eine andere mögliche Umsetzung
dieser Szene im Film überlegen. Dabei wurden mehrere verschiedene Versionen mit unterschiedlichen Kontrasten erzeugt, bis ein zufriedenstellendes
Ergebnis erreicht wurde.
Neben dem harten Kontrast sind extreme Perspektiven ein weiteres grundlegendes Element des Stils von Sin City. Doch diese für Miller typischen
Perspektiven stimmen mit der realen Welt nicht überein, weshalb die Crew
vor einem weiteren Problem stand. Doch aufgrund der Arbeit in der Greenbox konnte die realistische Perspektive gebrochen, und die Darsteller mit den
generierten Hintergründen entsprechend der Vorlage kombiniert werden.
KAPITEL 2. FRANK MILLERS SIN CITY
11
Abbildung 2.3: Für die Umsetzung der Szene in Lucilles Badezimmer wurden mehrere Versionen mit unterschiedlicher Beleuchtung und Kontrast erzeugt. [Quelle: [17, S. 25]]
Ein weiteres, besonderes Augenmerk musste in der Previsualisierung
auch auf die Umsetzung der monochromen Farbflächen gelegt werden. Miller
benutzt diese einfärbigen Flächen im Comic um bestimmte Bilddetails hervorzuheben, oder Aktionen seiner Figuren zu unterstreichen. Damit eine exakte Übersetzung im Medium Film erreicht werden konnte, mussten die betreffenden Requisiten in der Preproduction mit einer entsprechenden Farbe
versehen werden. Erst durch diese spezielle Aufbereitung von Objekte während der Production, konnten diese in der Postproduction entsprechend
selektiert und gewünscht eingefärbt werden. Ein passendes Beispiel hierfür stellen die Halsketten des Charakters Becky“ in The Big Fat Kill
”
dar. Damit im endgültigen Film die unzähligen Halsketten als monochrome,
weiße Flächen dargestellt werden konnte, mussten diese in der Preproduction mit einem leuchtenden Orange versehen werden – siehe Abbildung 2.4.
Nur durch diesen Schritt konnte in der Postproduction das entsprechende
Ergebnis erzielt werden.
Eine besondere Herausforderung stellt die Maske des Yellow Bastards“
”
dar. Um den Schauspieler Nick Stahl das perfekte Aussehen des Bösewichts
zu verleihen, wurde eine entsprechende Oberkörpermaske angefertigt. Da
die Dreharbeiten in einer Greenbox stattfanden, und – wie der Name schon
verrät – der Yellow Bastard“ im Film nur als monochrom-gelbe Figur in
”
Erscheinung tritt, musste diese Maske und der Schauspieler komplett blau
geschminkt werden – siehe Abbildung 2.5. Es wäre unpraktisch die Maske
in der Production gelb zu schminken, da diese Farbe schwierig zu isolieren
KAPITEL 2. FRANK MILLERS SIN CITY
(a)
12
(b)
Abbildung 2.4: Die Halsketten von Becky: Durch eine sich vom übrigen
Hintergrund deutlich anhebende Farbe – in diesem Fall orange – in der Production (a), konnte der gewünschte monochrome Effekt im Resultat (b) erzielt werden. [Quellen: [17, S. 88], Sin City]
gewesen wäre und sich darüber hinaus zu stark mit dem Hautton der anderen Schauspieler vermischt hätte [7]. Durch die Arbeit mit der blauen Maske
konnte die Figur in der Postproduction jedoch mittels Keying vom Hintergrund extrahiert, und durch eine Farbverschiebung gelb gestaltet werden.
2.2.2
Production und Postproduction
Nach der Previsualisierung konnte die Phase der Production beginnen. Dazu
wurden sämtliche Szenen im Studio in einer Greenbox aufgenommen. Auf
diesem Weg war es in der Postproduction einfacher, die Personen und Objekte im Vordergrund freizustellen. Dieser Vorgang der automatischen Maskenerstellung erfolgte mittels Chrominanz-Key [3]. Die unterschiedlichen
Hintergründe konnten anschließend zu den einzelnen Szenen hinzugefügt
werden. Durch diese Vorgehensweise war es einfach den Stil Millers – die
harten Kontrast, die extremen Perspektiven und die monochromen Farbflächen – vom Comic in das Medium Film zu transferieren.
Dabei ist zu erwähnen, dass der gesamte Film in Farbe gedreht wurde.
Auch die Beleuchtung wurde während des Drehs nicht stark verändert, so
dass eine neutrale Lichtstimmung erreicht werden konnte. Auf diese Weise
wurden die Visual Effects Spezialisten bei ihrer Arbeit in der Postproduction
nicht eingeschränkt. Denn erst in diesem Schritt wurde das Farbmaterial in
Schwarzweiß umgewandelt. Anschließend musste der Kontrast entsprechend
gesetzt werden, um der Comic-Vorlage möglichst treu zu bleiben. Der Kontrast des Films wurde allerdings im Gegensatz zum Original etwas verändert.
Die Einstellungen im Film enthalten – gegenüber dem Vergleich im Comic –
mehr Graustufen, und damit mehr Fotorealismus. Trotzdem werden sie dem
ursprünglichen Aussehen und den damit transportieren Emotionen gerecht.
Nachdem die Dreharbeiten abgeschlossen waren, entwickelte Roudriguez
KAPITEL 2. FRANK MILLERS SIN CITY
13
(a)
(b)
(c)
(d)
Abbildung 2.5: Um den Yellow-Bastard vom Comic (a) lebendig werden
zu lassen (b), waren entsprechende Arbeiten an der Maske (c) und Dreharbeiten in der Greenbox (d) von Nöten. [Quellen: http://www.script-o-rama.
com/sincity/tyb13.jpg, [17, S. 120–121], Sin City]
eigenes Studio – names Troublemaker Digital – den endgültigen Look anhand der Eröffnungssequenz. Dazu wurden die Einstellungen aus dem Testdurchlauf verwendet, und entsprechend Millers Stil nachbearbeitet. Nachdem diese fertig gestellt war, wurden die drei Erzählstränge des Films an
andere Studios übergeben. Hybride Technology in Quebec war für die Postproduction von The Hard Goodbye, CaféFX in Los Angeles für jene von
The Big Fat Kill und The Orphanage in San Francisco letztendlich für
jene von That Yellow Bastard verantwortlich. Diese Studios benutzten
für ihre Umsetzungen der Effekte zwar unterschiedliche Tools, aber viele vergleichbare Techniken. Insgesamt sind im Film nicht weniger als 1925 VisualEffects-Einstellungen und 96 individuelle Digital-Hintergründe zu sehen [20].
Dabei fallen die unterschiedlichen Umsetzungen der einzelnen Studios kaum
auf. Einzig die Bearbeitung der Szenen von That Yellow Bastard besticht durch ein graphischeres Aussehen mit höherem Kontrast – im Gegensatz zu den sonst eher fotorealistisch gehaltenen Szenen (siehe Abbildung
2.7).
KAPITEL 2. FRANK MILLERS SIN CITY
14
Abbildung 2.6: Um den Comic entsprechend in den Film überführen zu
können, wurde mit Hilfe der Greenbox-Technik gearbeitet um beim Compositing digitale Hintergründe einfügen zu können. [Quellen: [20, S. 32–33], Sin
City]
The Hard Goodbye
Für die Umsetzung dieses Handlungsstranges war – wie bereits erwähnt –
Hybride Technology8 verantwortlich. Dabei wurden für die 726 Einstellungen 45 verschiedene, dreidimensionale Schauplätze geschaffen – angefangen
von dunklen Landstraßen, über Innenstadtbereiche bis hin zum Inneren eines Gefängnisses. Diese Modelle wurden manchmal texturiert, manchmal
wurden Photoshop-Grafiken darauf projiziert. Dabei gab es aber nie ein einheitliches Modell der Stadt, sondern lediglich eine Reihe von Objekten, die
verschieden angeordnet wurden.
Wie die anderen Teams auch arbeitete Hybride in Farbe und renderte
mit feinen Details und großem Dynamikumfang. Dabei wurden die einzelnen
Szenen in XSI ausgeleuchtet, und anschließend in Mental Ray gerendet. Für
das Compositing, bei dem die Farbe entfernt und nur mehr mit Graustufen
gearbeitet wurde, setzte dieses Team Autodesk Flame- und Inferno-Systeme
ein [20].
8
Diese Visual-Effect-Schmiede mit Sitz in Quebec, Kanada ist durch ihre Arbeit bei
Filmen wie Once upon a time in Mexico und Sky Captain and the World of
Tomorrow bekannt. Mehr unter http://www.hybride.com
KAPITEL 2. FRANK MILLERS SIN CITY
15
(a)
(b)
(c)
(d)
Abbildung 2.7: In der Postproduction arbeitete Hybride an The Hard
Goodbye (a), The Orphanage an That Yellow Bastard (b), Troublemaker Digital an The Babe Wore Red (c) und CaféFX an The Big Fat
Kill (d). [Quelle: Sin City]
That Yellow Bastard
The Orphanage9 , die für jene Visual-Effects-Einstellungen aus That Yellow Bastard verantwortlich waren, arbeiteten mit einer Kombination von
3ds max für das Modelling, Maya für die Animation, Brazil für das Rendering
und letztendlich Houdini, um den Schnee im Bild zu erzeugen. Insgesamt war
dieses Team für 580 Einstellungen, wovon viele Matte Paintings sind, verantwortlich. Im Gegensatz zu ihren Kollegen aus den anderen Effekt-Schmieden,
setzten The Orphanage auf eine eigene Digital-Matte-Painting-Abteilung, zu
der auch der legendäre Matte-Künstler Michael Pangrazio10 gehörte. Dabei
arbeiteten diese Zeichner stets mit Graustufen, und versuchten so viele Details wie möglich umzusetzen. Für das Compositing verwendete dieses Team
Adobe After Effects, um den Einstellungen letztendlich den gewünschten
Look zu verleihen.
9
The Orphanage aus San Francisco ist spezialisiert auf Visual-Effects und hat sich
durch ihre Arbeit bei Filmen wie Sky Captain and the World of Tomorrow oder
Hero einen Namen gemacht. Mehr unter http://www.theorphanage.com/
10
Michael Pangrazio ist vor allem durch seine Arbeit als Matte-Artist, und später als
Matte-Supervisor für die Star Wars-Reihe von George Lucas bekannt geworden.
KAPITEL 2. FRANK MILLERS SIN CITY
16
The Big Fat Kill
CaféFX11 , die für die Umsetzung der Effekte in The Big Fat Kill verantwortlich waren, schufen insgesamt 575 Einstellungen. Davon lieferten sie
allerdings 200 in verschiedenen Varianten ab, damit Rodriguez zwischen
schwarzweißen oder farbigen Einstellungen wählen konnte. Dabei arbeitete
dieses Team hauptsächlich in Lightwave. Lediglich zwanzig Prozent der Hintergründe wurden mit Maya realisiert. Ein besonderes Augenmerk hat dieses
Team auf die Visualisierung des Regen gelegt. Hierfür haben ihre Programmierer ein eigenes Maya-Plugin geschrieben.
Wie Hybride Technology auch, arbeitete CaféFX in Farbe, die für das
anschließende Compositing entfernt wurde. Für dieses Compositing wurde
mit Hilfe von Digital Fusion und gelegentlich mit Commotion gearbeitet.
2.3
Direkter Vergleich von Comic und Film
Wie bereits erwähnt, besticht Frank Millers Sin City vor allem durch sein
ungewöhnliche Erscheinungsbild. Deshalb haben Regisseur Roberto Rodriguez und Frank Miller bei der Realverfilmung des Comics versucht, diese
düstere Optik auf die Leinwand zu übertragen. Während die Handlungen,
die Figuren, die Umgebungen und das überwiegende Set-Design perfekt an
das Comic-Original angepasst wurden, gibt es bei der visuellen Umsetzung
teilweise Unterschiede im Film. Der durchgehende Maximalkontrast von
Schwarz und Weiß, welcher im Comic dominiert, konnte nicht direkt in der
Medium Film transferiert werden. Im Film sorgen Graustufen für eine fotorealistischere Gestaltung. Aus diesem Grund präsentiert sich der gesamte
Film im düsteren Neo-Noir-Look, und beschert dem Betrachter auf diese
Weise eine völlig neue Art der visuellen Darstellung.
Ein bedeutendes Grundelement des Comics stellen die scherenschnittartigen Szenen der Graphic-Novel-Reihe dar. Dabei werden tiefschwarze Flächen nur von den weißen Silhouetten der Figuren, oder von vereinzelten
Umrisse der Umgebung durchbrochen. Derartige Einstellungen wurden teilweise auch in den Film übernommen, wie etwa jene Dachterrassen-Szene,
die aus dem Band The Babe Wore Red zeigt. Der Vergleich zum Comic
macht deutlich, dass beide Szenen fast ident sind – siehe Abbildung 2.8.
Ebenso ausschlaggebend für den Film – als auch für den reduzierten
Zeichenstil Millers – sind die vereinzelten Farbflächen in monochromen Gelb
und Rot. Diese bilden im Kontext mit dem ansonst schwarzweißen Bild einen
starken Farbe-an-sich-Kontrast (siehe Kapitel 3.5). Durch die Begrenzung
der Farbe mittels Schwarz und Weiß tritt diese noch stärker in den Vordergrund. Dieser Effekt wird etwa für den Kindermörder Junior in That
11
CaféFX – eine Abteilung der ComputerCafe Gruppe – hat durch ihre Mitarbeit an
Filme wie Peter Jacksons King Kong oder Memoirs of a Geisha einen internationalen
Ruf als Effekt-Spezialisten. Mehr unter http://www.cafefx.com
KAPITEL 2. FRANK MILLERS SIN CITY
(a)
17
(b)
Abbildung 2.8: Beim Vergleich der Dachterrassen-Szene aus The Babe
Wore Redzwischen Comic (a) und Film (b) sind kaum Unterschiede erkennbar. [Quellen: [17, S. 25], Sin City]
(a)
(b)
Abbildung 2.9: Der Yellow Bastard“ besticht sowohl im Comic (a) als auch
”
im Film (b) durch monochromes Gelb. [Quellen: http://www.script-o-rama.
com/sincity/tyb08.jpg, Sin City]
Yellow Bastard verwendet. Aufgrund des Wortspiels12 und ihrer symbolischen Bedeutung13 wird dieser Figur die monochrome Farbe Gelb zugewiesen. Durch diesen gezielten Einsatz von Farbe, wird der Charakter sowohl
im Comic als auch in der Verfilmung besonders hervorgehoben (Abb. 2.9).
Im Zusammenhang mit der Verwendung von Farbflächen ist noch zu bemerken, dass diese im Film wesentlich öfters verwendet werden als beim
Original. Da im Comic Farben nur äußerst selten vor kommen, wurde im
Film versucht bestimmte farbliche Akzente zu setzen, oder gewisse Aktionen
zu unterstreichen. Dabei gewinnen die partiell eingesetzten Farben jedoch
nie die visuelle Übermacht in der allgegenwärtigen Finsternis. Beispiele hier12
Das englische Wort yellow“ kann sowohl für die Farbe Gelb, als auch für das deutsche
”
Wort feig“ stehen. Die korrekte Übersetzung des Titels ins Deutsche lautet Der feige
”
”
Bastard“.
13
Die Farbe Gelb symbolisiert sowohl Zorn und Eifersucht, als auch Krankheit und
Dämonisches.
KAPITEL 2. FRANK MILLERS SIN CITY
18
(a)
(b)
(c)
(d)
Abbildung 2.10: Bei der Gegenüberstellung von Szenen aus dem Comic
(a, c) mit jenen aus dem Film (b, d) fällt auf, dass es farbliche Unterschiede
zwischen Comic und Film gibt. [Quellen: (a) http://www.script-o-rama.com/
sincity/tbwr03.jpg, (c) http://www.script-o-rama.com/sincity/tyb14.jpg, (b, d)
Sin City]
für im Film sind etwa das rote Kleid in der Dachterrassen-Szene aus The
Babe Wore Red, oder als Nancy im Teil That Yellow Bastard im
Pub auftritt (Abb. 2.10).
Ein weiteres Stilelement der Comic-Reihe ist das ausdrucksvolle Spiel mit
Licht und Schatten. Dabei steht vor allem die Großstadt mit ihren düsteren und verwinkelten Gassen im Mittelpunkt. Die schäbigen Straßen werden
oft nur scheinbar durch Neonlicht erhellt, wodurch sich ein harter LichtSchatten-Kontrast ergibt. Hier orientiert sich der Film vor allem an dem
Low-Key-Stil14 der Film-Noir-Periode (Abb. 2.11, siehe Kap. 3.5.1). Durch
die thematische Nähe zum Filminhalt gliedert sich der Beleuchtungsstil gut
in das Erscheinungsbild des Films ein, und unterstreicht damit das Unbekannte und Geheimnisvolle der einzelnen Szenen.
Ebenso ausdrucksstark wie die Licht- und Schattenästhetik sind auch
die extremen Perspektiven, welche an die expressionistischen Stummfilme
der zwanziger Jahre erinnern. Diese ungewöhnlichen Perspektiven sind ein
14
Beim Low-Key-Stil handelt es sich um einen Beleuchtungsstil, bei dem der Hauptanteil
eines Bildes dunkel bleibt. In diesem Zusammenhang spielen Schatten eine entscheidende
Rolle bei der Gestaltung einer Szene im Low-Key-Stil.
KAPITEL 2. FRANK MILLERS SIN CITY
19
Abbildung 2.11: Um einige Szenen besser in den Film eingliedern zu können, wurde der Stil der Low-Key Belichtung eingesetzt. [Quelle: Sin City]
(a)
(b)
Abbildung 2.12: Um die extremen Perspektiven vom Comic (a) im Film (b)
umsetzen zu können, musste die einzelnen Ebenen entsprechen der Vorlage
angepasst werden. [Quellen: http://www.script-o-rama.com/sincity/tyb04.jpg,
Sin City]
durchgängiges Element der Sin City-Reihe. Bei der Umsetzung im Film,
gab es allerdings Schwierigkeiten, da sich die bei Miller verwendeten Perspektiven in der Realität nicht wieder finden lassen. Um dennoch möglichst
originalgetreu zu bleiben, wurden die einzelnen Personen beim Compositing
entsprechend den Vorgaben Millers in die gewünschte Relation zum digitalen Raum gesetzt (Abb. 2.12). Hier kam vor allem die Umsetzung des Films
in der Greenbox zum tragen. Die freigestellten Personen aus dem Realfilmdreh konnten in jedes beliebige Verhältnis zu dem dreidimensional-genierten
Hintergrund montiert werden. Auf diesem Weg hatten die Visual-EffectSpezialisten die Freiheit, die reale Perspektive zu brechen.
Kapitel 3
Schwarzweiß ist nicht
Schwarzweiß
3.1
Schwarzweiß in Relation zur Farbe im Film
Schwarzweiß und Farbe als Gestaltungsmittel stehen in engem Zusammenhang, da Farbe bereits seit Beginn der Filmgeschichte verwendet wurde. Aus
diesem Grund muss die Entwicklung und die Verwendung von Schwarzweiß
im Film immer in Relation zur Verwendung von Farbe gesehen werden. Diese
beiden Möglichkeiten der ästhetischen Gestaltung haben sich von Anfang an
gegenseitig beeinflusst.
Die Vorstellung, dass Filme bis in die fünziger Jahre durchgehend Schwarzweiß waren, ist ein reiner Irrglaube. Dies ist unter anderem darauf zurückzuführen, dass die handkolorierten Unikate des frühen Kinos fast alle unauffindbar sind. Ebenso haben die viragierten Stummfilme der zwanziger
Jahre weitgehend ihre Farben verloren. Erst die frühen Tonfilme wurden auf
Grund der Problematik mit dem Färbebad und der Tonung überwiegend
in Schwarzweiß gedreht, oder seltener auf vorher gefärbtem Material (siehe
auch Kap. 3.2.2 und Kap. 3.2.3).
Auf Grund dieser Tatsachen ging schon früh der Streit um die Funktion
von Farbe im Film quer durch die Reihen der Produzenten und Regisseure.
Die einen betrachten Farbe als Mittel um den Film der Realität näher zu
bringen. Die anderen hingegen sahen in der Farbe eine Verflachung des Bildes. Nicht abzustreiten ist jedoch, dass Farbe im Film in erster Linie ein
technisches Problem ist. Physiker, Chemiker und Gestalter versuchten – und
versuchen noch heute – dieses zu lösen und das Filmmaterial zusehends zu
verbessern. Aus diesem Grund ist die Geschichte der Farbe im Film immer
auch eng mit der Geschichte des Filmmaterials verbunden. Ebenso wichtig
sind in diesem Zusammenhang aber auch immer die politischen, ökonomischen und ästhetischen Aspekte unter denen diese Entwicklungen stattgefunden haben. Da jedoch die Entwicklung der Farbe im Film bis heute den
20
KAPITEL 3. SCHWARZWEISS IST NICHT SCHWARZWEISS
21
Rahmen dieser Diplomarbeit übersteigt, soll das anschließende Kapitel nur
einen Überblick dieser Thematik darstellen. Lediglich auf jene Punkte, die in
direktem Zusammenhang mit Schwarzweiß stehen, wird näher eingegangen.
3.2
Geschichtlicher Hintergrund des Einsatzes von
Schwarzweiß und Farbe im Film
Als Pioniere des Schwarzweiß-Films gelten die Gebrüder Lumiére aus Frankreich. Diese besaßen eine Fabrik für fotografische Produkte aller Art und
verfolgten die Arbeit von Thomas Alva Edison, der 1891 den Kinetograph
zum Patent anmeldete, mit großer Spannung. Auf dessen Grundlagen entwickelten die Brüder einen Apparat zur Filmaufnahme und -projektion, der
1895 ebenfalls patentiert wurde. Am 22. März 1895 zeigten sie schließlich in
Paris ihren ersten Film mit dem Titel Arbeiter verlassen die LumièreWerke. Im Dezember des selben Jahres folgte im indischen Salon des Grand
Café – ebenfalls in Paris – die erste öffentliche Vorführung. Die Brüder Lumière präsentierten zu diesem Anlass ihre ersten schwarzweißen, teilweise
schon handkolorierte Kurzfilme. Dabei handelte es sich überwiegend um dokumentarische Momentaufnahmen, aber auch ein Miniaturspielfilm mit dem
Titel Le jardinier wurde gezeigt [26, S. 20–23].
Schon bald darauf begannen Filmemacher mit Farbe als Gestaltungsmittel im Film zu experimentieren. Aufgrund der Kompliziertheit des Farbfilms,
wurde zu dieser Zeit Farbe erst nachträglich hinzugefügt. Dabei standen den
Filmemachern etwa Verfahren wie Virage, Tonung, Hand- oder Schablonenkoloration zur Verfügung (siehe Kap. 3.2.2 und Kap. 3.2.3).
In den zehner und zwanziger Jahren des zwanzigsten Jahrhunderts wurden dann unzählige physikalische und chemische Patente zur Farbfilmproduktion angemeldet, erprobt und wieder verworfen. Doch erst durch die
Innovationen von Technicolor gelang es in den dreißiger Jahren Farbtöne
als dramaturgisches Mittel einsetzten zu können. Damit konnten sich Filmemacher erstmals mit der Gestaltungsvielfalt der Farbdramaturgie auseinandersetzen. Somit begann Mitte der dreißiger Jahre die klassische Ära des
Kino-Farbfilms. Zu dieser Zeit diktierten allerdings die Genre den Produzenten und Regisseuren die Entscheidung für oder gegen Farbe. Vor allem
den bildästhetischen, häufig innovativen Kriminal- und Spionagefilmen gehörte lange Zeit das schwarzweiße Bild. Diese Filme zeichneten sich durch
das extreme Spiel mit Kontrasten, sowie der expressionistischen Licht- und
Schattengestaltung1 aus. Aber auch die höchst produktiven Komödiengenres der Screwball-Comedy oder der Romantic-Comedy blieben bemerkenswert lange ihrer schwarzweißen High-Key-Ästhetik treu. Komödien wie Billy
1
Diese Art von Schwarzweiß-Filmen lässt sich unter dem Begriff Film Noir“ zusam”
menfassen. Dabei sollte sich die Ära das klassischen Film Noirs“ im modernen Neo Noir“
”
”
– zu deren Vertretern auch Millers Sin City gehört – fortsetzen.
KAPITEL 3. SCHWARZWEISS IST NICHT SCHWARZWEISS
22
Wilders Meisterwerk Some like it hot (USA 1959), oder Howard Hawks
I was a male bride (USA 1952) gehören diesen an, und bestechen durch
eine raffinierte Schwarzweiß-Optik.
Auf der anderen Seite sind Genres wie etwa das Musical – aufgrund seiner
Nähe zur Fantasie – Wegbereiter für das Spiel mit intensiven Farben im Kino.
Weitere Genres, die sich rasch des Farbfilms annehmen sind Melodramen,
Disneys Zeichentrickfilme, Kostüm- und Tanzfilme, sowie Abenteuer- und
Piratenfilme. Disneys Flowers and Trees war 1932 der erste DreifarbenTechnicolor -Film [8].
Mit dieser Welle an farbigen Filmen setzte abermals der Streit um die
Funktion der Farbe ein. Dabei ging es vor allem um jene Rolle, die Farbe im
Film einnehmen sollte – entweder als repräsentierendes oder dramatisierendes Gestaltungsmittel [9]. Einige Kritiker fürchteten sogar eine Verflachung
des Filmbildes, weil es durch seine Buntheit der Realität zu Nahe zu kommen drohte [14]. Dabei war der Farbfilm zu jener Zeit noch lange nicht so
weit wie er es heute ist. Die Filmemacher von damals kämpften noch mit
einer Reihe von sowohl technischen, als auch ästhetischen Problemen. Dazu
zählten:
• Die fehlende Farbkontinuität,
• starke Lichtschwankungen,
• eine wesentlich geringere Lichtempfindlichkeit des Farbmaterials,
• die mangelnde Erfahrung mit der Entwicklung des Materials, sowie
• die explodierende Kosten.
Erst als die Farbemulsion der Filmentwicklung stetig sensibler wurde, konnte
die Qualität von Farbfilmen mit jener von Schwarzweiß-Filmen verglichen
werden [24].
Vor allem die ökonomischen Zwänge waren bis in die sechziger Jahren
Hauptentscheidungsgrund für oder gegen die Verwendungen von Farbe im
Film. Erst mit der Verbesserung der Farbfilmtechnik in den folgenden Jahrzehnten wurde Farbe ein Thema für die gängigen Produktionen. Ab diesem
Zeitpunkt lassen sich zwei prinzipielle Gestaltungs- und damit Wirkungsweisen von Farben im Film unterscheiden: die im jeweiligen kulturellen Kontext
natürlich wirkende Farbe (Farbnaturalismus) oder die abstrakte, symbolische Farbgebung (Farbexpressionismus).
Neben den finanziellen Gründen trieben aber auch politische Ideologie die
Entwicklung des Farbfilms voran. Während der Zeit des zweiten Weltkrieges
kam es zu einem Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen den USA und Deutschland
um das beste Farbfilmverfahren. Das amerikanische Technicolor- und das
deutsche Agfacolor-Verfahren standen im Wettstreit um einen nicht unerheblichen Markt und die daraus resultierenden Gewinne. Aufgrund dieser
KAPITEL 3. SCHWARZWEISS IST NICHT SCHWARZWEISS
23
Konkurrenzsituation wurde der Farbfilm in Deutschland zu einem Propaganda-Instrument, mit dem nicht nur unterhalten, sondern auch technologische
Überlegenheit demonstriert werden sollte.
3.2.1
Das schwarzweiße Filmmaterial
Neben der Entstehung und der Entwicklung von Farbfilmmaterial, hat auch
der Schwarzweiß-Film deutliche Veränderungen bis in die heutige Zeit vollzogen.
Die früheste Schwarzweiß-Emulsion war monochromatisch – das bedeutet
dass sie nur für blaues, violettes und ultraviolettes Licht empfindlich war.
Danach kam die Zeit des so genannten orthochromatischen Films, dessen
Spektrum um Grün erweitert werden konnte. Führend am Filmmaterialmarkt war zu dieser Zeit Eastman Kodak, die ihr Material in Rollen zu je
sechzig Meter anboten. Im Jahr 1916 wurde der Standard Eastman Kodak
Negativ-Film weiter verbessert, und erhielt den Namen Cine Negative Film
”
Type E“. Ein Jahr später wurde dieser Film durch Type F ersetzt, dessen
einziger Unterschied in seiner feineres Körnung bestand. Einige Jahre später
wurde dieser Film in Negative Film Par Speed (Type 1201)“ umbenannt.
”
Neben dieser Entwicklung bei Eastman Kodak gab es noch den deutschen Afga-Konzern, und das französische Lumière-Unternehmen, die ihre
eigenen orthochromatischen Filmmaterialen auf den Markt brachten. Allerdings konnten diese Firmen keine nennenswerten Verkäufe außerhalb des
jeweiligen, lokalen Marktes verbuchen. Die Gründe dafür lagen zum einen in
der geminderten Qualität ihres Filmmaterials, zum anderen in der geringen
Produktion.
Der panchromatische Film wurde zwar bereits 1903 entwickelt, kam allerdings aufgrund seines Preises erst ab 1926 zum vermehrten Einsatz in
der Filmindustrie. Der Unterschied zum orthochromatischen Material liegt
darin, dass der kontrastreichere, panchromatische Film auf alle Farben des
sichtbaren Spektrums reagiert. Somit konnte die Wirklichkeit nun mit einer Vielzahl an Grautönen abgebildet werden [25]. Eastman gehörte zu
den ersten Firmen, die den panchromatischen Film 1923 in ihr Standardsortiment aufnahmen. Kodak unternahm den Versuch die Verwendung des
panchromatischen Materials durch die Industrie zu stärken indem der Konzern den Kurzfilm The Headless Horseman finanzierten. Dieser sollte
die Vorzüge des neuen Materials – ganz besonders bei Nachteffektaufnahmen – demonstrieren. Diese Möglichkeit hängte vor allem mit der höheren Lichtempfindlichkeit des neuen Filmmaterials zusammen. Hatte das gewöhnliche Filmnegativ bisher um die 20 ASA2 , besaß das neue Material die
2
ASA steht für American Standards Association – den früheren Namen des American
National Standards Institute (ANSI) – und bezeichnet ein Masssystem für die Filmempfindlichkeit. Dieses System verläuft linear – d.h. eine doppelte ASA-Anzahl bedeutet doppelte Empfindlichkeit [1, S. 22]. Da die ASA-Norm allerdings erst in den vierziger Jahren
KAPITEL 3. SCHWARZWEISS IST NICHT SCHWARZWEISS
24
doppelte. Aufgrund dieser Tatsache nannte Eastman dieses Filmmaterial,
welches 1926 auf den Markt gebracht wurde, Superspeed Negative“. Ab
”
diesem Zeitpunkt herrschte der Kampf um das lichtempfindlichstere Filmmaterial zwischen den einzelnen Konzeren. 1934 brachte Agfa-Ansco den
32 ASA starken Superpan Negative“ auf den amerikanischen Markt. 1938
”
stellten zeitgleich Eastman Kodak den Plus X“ und den Super XX“ – mit
”
”
Lichtempfindlichkeiten von 80 ASA und 160 ASA – und Agfa den Supreme“
”
und den Ultrapan“ – mit Lichtempfindlichkeiten von 64 ASA und 120 ASA
”
– vor. Von diesen Fimmaterialien bewährte sich vor allem der Plus X“ für
”
Schwarzweiß-Aufnahmen.
In den vierziger Jahren kamen zwei neue Schwarzweiß-Materialien auf
den Markt. Diese hießen Dupont Superior 2“ und Dupont Superior 3“,
”
”
und wiesen eine Lichtempfindlichkeit von 100 ASA und 200 ASA auf. Erst
1954 sollte Eastman Kodak mit dem Tri-X“ ein ähnlich lichtempfindliches
”
Filmmaterial auf den Markt bringen. Bereits zwei Jahre später kam der
Superior 4“ mit 250 ASA von Dupont auf den Markt. Dieses Material war
”
allerdings weniger für die Filmindustrie, die bereits vermehrt Farbfilmmaterial einsetzte, von Nutzen. Hingegen waren die Fernsehstudios und die Produktionsfirmen von Dokumentation, welche oft unter geringem Lichteinfluss
gedreht wurden, an dieser Entwicklung interessiert.
Doch durch die rasch steigende Bedeutung des Farbfilm, sollte es noch
bis 1962 dauern ehe sich die Lichtempfindlichkeit von Schwarzweiß-Material
weiter verbesserte. Erst Ilford in England brachte zu diesem Zeitpunkt den
HPS“ mit 400 ASA in den Handel. Die anderen Anbieter erweiterten zwar
”
ihr Sortiment an Schwarzweiß-Material, allerdings hatte diese Entwicklung
aufgrund des abnehmenden Interesses der Filmindustrie, und des Erfolges
der Firma Ilford keine Bedeutung [22].
3.2.2
Hand- und Schablonenkolorierung
Wie bereits erwähnt wurde bereits sehr früh in der Filmgeschichte mit der
Färbung von schwarzweißem Filmmaterial begonnen – damals allerdings
noch durch mühsame Handarbeit. Bereits 1897 gab es schon spezielle Kolorierungsateliers, die bis zu fünfzig Angestellte beschäftigten. Eines der damals bekanntesten war das Atelier von Mademoiselle Thuilier in Paris, das
seit 1897 hauptsächlich für Méliès3 arbeitet. Darüber hinaus kolorierte das
Atelier aber auch die Panoramafilme für Grimoin-Sansons Cinéorama“ um
”
1900 [15].
Ein geübter Arbeiter konnte an einem Tag nicht mehr als acht bis neun
entstand, handelt es sich hier um einen Vergleichswert zum heutigen Filmmaterial.
3
Georges Méliès war zu Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts als Regiseur in Paris
tätig. 1902 drehte er nach der Vorlage von Jules Verne Le voyage de la lune. Dieser
Film gilt als ersten Science-Fiction Film weltweit, und macht Méliès damit zu einem
bedeutenden Filmregisseur.
KAPITEL 3. SCHWARZWEISS IST NICHT SCHWARZWEISS
(a)
25
(b)
Abbildung 3.1: Grimoin-Sansons Cinéorama“ bei der Pariser Weltaus”
stellung 1900 (a), und eine handkolorierte Aufnahme aus Carmine Gallones Monumentalfilm The Last Days of Pompeii (I 1926) (b). [Quellen: http://edoc.hu-berlin.de/e histfor/5/PHP/grau-abb-5.jpg, http://www.
widescreenmuseum.com/oldcolor/handtint-x.jpg]
Meter Film mit dem Pinsel bearbeiten. Später wurde diese Arbeit durch
die Verwendung von Malschablonen, welche aus ausgeschnittenen Positiven
herstellt wurden, rationalisiert. Diese Schablonen wurden zuerst noch per
Hand, später von einer so genannten Schablonenschneidemaschine erzeugt.
Mit einer solchen Schablone ließen sich nun ein oder mehrere Farben per
Wattebausch auf das Filmmaterial auftragen. Wenn – wie zu Beginn der Kolorierung – nur eine Farbe zum Einsatz kam, war die dramaturgische Frage
zu klären, auf welches Detail im Bild besonderes Augenmerk gelegt werden
soll. Die Wirkung einer bunten Farbe in einem schwarzweißen Bild ist so
stark, dass sie das jeweils bunte Detail zum Zentrum des gesamten Bildes
macht. Weiters zu beachten ist auch die Wahl des zu färbenden Objekts, da
dieses mit einer Farbe im entsprechenden kulturellen Kontext zum Symbol
werden kann. So gilt in der westlichen Kultur zum Beispiel das rote Herz
als Zeichen der Lieben, oder rote Lippen – wie schon in Sin City erwähnt
– als Symbol für Erotik. Als filmisches Beispiel bietet sich Sergej M. Eisensteins Revolutionsdrama Panzerkreuzer Potemkin (Udssr 1925) an. Als
im dritten Akt die rotkolorierte Fahne in der sonst schwarzweißen Bildumgebung gehisst wird, kündigt sie den Aufstand der Unterdrückten und damit die Wendung des Schicksals an [6]. Trotz langwieriger Recherche-Arbeit
während der Diplomarbeit, konnte von der Verfasserin kein restauriertes
Exemplar des Films, welche die Szene der handkolorierten Fahne enthält,
ausfindig gemacht werden – lediglich ein Filmplakat mit der roten Fahne
wurde gefunden (Abb. 3.2). Dadurch bestätigt sich die Theorie, dass Filme
die ursprünglich koloriert waren, in der Zwischenzeit verblasst oder oft unauffindbar sind. Der Beweis, dass das Original tatsächlich jene viel zitierte,
rote Fahne enthalten hat, ist sowohl durch unterschiedlichen Quellen als
auch durch Eisensteins Schriften belegt.
KAPITEL 3. SCHWARZWEISS IST NICHT SCHWARZWEISS
26
Abbildung 3.2: Das Filmplakat zu Eisensteins Drama Panzerkreuzer
Potemkin (a), und die Fahne der Revolution im Film (b). [Quellen: http:
//www.stamokap.org/images/potemkin2.jpg, Panzerkreuzer Potemkin]
Durch die frühe Beschränkung der Verwendung von Farbe im Film aufgrund technischer Mängel, konnten bereits erste Anfänge der Ästhetik im
Farbfilm gemacht werden. So wurde die großartige Vielfalt an Gestaltungsmöglichkeiten durch entsprechende Akzente mit wenigen Farben schon in
dieser frühen Phase des Films entdeckt. Durch die Hand- und Schablonenkolorierung mussten sich Filmemacher auf das Wesentliche im Bild konzentrieren. Aufgrund dieser zwangsläufigen Reduktion von Farbe konnte sich
bereits zu diesem Zeitpunkt ein dramaturgisch-motiviertes Zusammenspiel
von bunten und schwarzweißen Ebenen im Film herauskristallisieren. Der
Einfluss dieser Erkenntnisse reicht bis zu den Spielfilmen der heutigen Zeit.
Ein gelungenes Beispiel hierfür liefert etwa Steven Spielbergs Schindlers
List (USA 1993), wobei dieser Film auch durch einen einzigen roten Farbakzent besticht (siehe Kap. 4.2.1).
Im Zusammenhang mit dem Übergang von der Hand- zur Schablonenkolorierung ist zu erwähnen, dass diese Technik der Schablonenkolorierung
bereits einen ersten Versuch der Vervielfältigung darstellt. Im Gegensatz
dazu waren die handkolorierten Filme noch Unikate. Doch trotz dieser neuen
Technik wird Massenproduktion für die Industrie erst Jahre später relevant
werden. Kolorierte Filme blieben zu diesem Zeitpunkt weiterhin äußerst exklusiv, und wurden nur selten vorgeführt.
Handkolorierte Filme besitzen heutzutage den entscheidenden Vorteil,
dass diese noch öfters vollständig erhalten sind. Im Gegensatz dazu sind
viragierte oder getonte Filmkopien (siehe Kap. 3.2.3) bereits verblasst.
Allerdings haben handkolorierte Filme auch einen entscheidenden Nachteil: Die Ungenauigkeit beim Auftragen der Farbe. Aufgrund der minimalen
Größe des Filmmaterials war ein exaktes Auftragen nur schwer möglich.
Ebenso konnten kaum Farbabstufungen erreicht werden. Dadurch musste
auch die Kontrastwirkung der Farben aufeinander berücksichtigt werden,
wenn mehrere Farben nebeneinander aufgetragen werden sollten. Einen wei-
KAPITEL 3. SCHWARZWEISS IST NICHT SCHWARZWEISS
27
teren Nachteil stellten natürlich auch die hohen Herstellungskosten bei diesen Verfahren dar. Deshalb wurde hand- oder schablonenkoloriertes Material
nur in Kurzfilmen, oder aber für einzelne Sequenzen in Schwarzweißfilmen
verwendet [12].
3.2.3
Virage und Tonung
Neben Hand- und Schablonenkoloration sind Virage und Tonung die ältesten
Verfahren um Film zu färben. Dabei handelt es sich bei beiden Färbeverfahren um monochrome Färbungen des gesamten Bildes. Wie bereits im vorigen
Kapitel erwähnt, sind diese Farbe aber mittlerweile verblasst, weshalb nur
mehr das schwarzweiße Ausgangsmaterial vorhanden ist. Aufgrund dieser
Tatsache wurde fälschlicherweise lange Zeit angenommen, dass die frühen
Filme der Stummfilm-Ära überwiegend Schwarzweißfilme waren. In diesem
Zusammenhang muss auch erklärt werden, dass die heutigen Archivaufnahmen mühevoll restauriert sind. Dieser Versuch der farblichen Wiederherstellung des Materials basiert vor allem auf historischen Forschungsergebnissen.
Entscheidend dabei – für oder gegen die Wahl einer bestimmten Farbe und
deren Intensität – waren dramaturgische Regeln, Beschreibungen zeitgenössischer Kritiker oder Drehbuchanweisungen des Künstlers [14].
Der Grund für die verschiedenen, monochromen Einfärbungen war ihre
dramaturgische Funktion. So lieferten diese Aufschluss über den Schauplatz,
die Tageszeit oder die Emotionen der handelnden Personen. So stand die
Farbe Blau für Nacht und Kälte, Grün für Natur, Gelb für Innenszenen
oder Tag, und Rot für Gefahr, Feuer oder Liebe [9]. Dies gelingt vor allem
weil Farben eine bestimmte Farbtemperatur besitzen, die vom Publikum unbewusst wahrgenommen wird. So werden nächtliche oder kalte Szenen meist
blau, sonnige oder leidenschaftliche Szenen hingegen rot dargestellt. Als Beispiel der Filmgeschichte bieten sich die Dracula-Verfilmung von Friedrich
Wilhelm Murnauer Nosferatu, eine Symphonie des Grauens (D 1921)
an, die teilweise farbrekonstuiert wurde. Das kalte Blau der viragierten Szenen steht dabei allerdings sowohl für die geheimnisvolle Nacht, als auch für
das kühle Tageslicht (Abb. 3.3).
Dabei ist noch anzumerken, dass stets der gesamte Film viragiert oder
getont wurde. Die einzelnen Szenen wurden zwar in unterschiedlichen Farben gestaltet, doch reine Schwarzweiß-Sequenzen wurde nicht mit viragierten oder getonten Szenen kombiniert. Diese gestalterische Entwicklung der
Montage von Schwarzweiß- und Farbsequenzen zeichnet sich erst durch die
Verbesserung des Farbfilmmaterials in den dreißiger Jahren ab.
Wichtig zu erwähnen – im Bezug auf die Ästhetik von viragiertem und
getontem Material – ist die Tatsache, dass es Unterschiede in den Verfahren
der Virage und der Tonung gibt.
Die Technik der Virage wurde bis in die Tonfilmzeit angewandt. Dabei
werden einzelne Sequenzen der Positivkopie in die passende Farbe getaucht,
KAPITEL 3. SCHWARZWEISS IST NICHT SCHWARZWEISS
28
Abbildung 3.3: Die unterschiedlich viragierte Szenen aus Friedrich Wilhelm
Murnauer Nosferatu, eine Symphonie des Grauens stellen sowohl verschiedene Tageszeiten, als auch Emotionen dar. [Quelle: Nosferatu, eine
Symphonie des Grauens]
um dadurch lediglich die Gelantineschicht zu färben. Durch dieses Verfahren
erscheinen vor allem die hellen Bildpartien in Farbe. An den weniger belichteten Bildteilen wird die Farbe kaum sichtbar, und sie blieben schwarz. Diese
Färbung der hellen Bildstellen verstärkt besonders bei Tagesszenen das Gefühl der Irrealität, wodurch psychologisch motivierte Stummfilmhandlungen
in ihrer Wirkung unterstützt werden.
Im Gegensatz zur Virage gestaltet sich die Tonung als komplexes chemisches Färbeverfahren, das eine andere ästhetische Bildwirkung erzielt. Beim
Verfahren der Tonung wird auf chemischen Weg der Silberanteil des Bildes
in Eisen, Uran oder Kupfer umgewandelt. Dadurch entstehen wahlweise die
Farben Blau, Braun oder Rot. Im Gegensatz zu dem monochrom-viragierten
Film, bleiben im getonten Film die hellen Anteile ohne Farbe. Da die Silberanteile – und damit die tendenziell dunkleren Stellen des Bildes – gefärbt
wurden, ergibt sich damit eine komplett andere Bildästhetik (Abb. 3.4).
Mit der Errungenschaft der Tonfilmproduktion in den dreißiger Jahren
finden sowohl Virage, als auch Tönung ein jähes Ende. Bei der Färbung
des Filmmaterials wird die dort ebenfalls angebrachte Tonspur beschädigt.
Aus diesem Grund wurde auf Farbe beim Tonfilm überwiegend verzichtet,
oder es wurde gleich mit viragiertem Positivmaterial gearbeitet [14]. Dabei
standen dem Regisseur mehrere unterschiedliche Farbtöne zur Verfügung.
KAPITEL 3. SCHWARZWEISS IST NICHT SCHWARZWEISS
(a)
29
(b)
Abbildung 3.4: Gegenüberstellung von viragiertem (a) und getontem (b)
Material. Hier wird deutlich, dass bei der Tonung vor allem die dunklen Stellen im Bild gefärbt werden während die hellen fast vollständig erhalten bleiben. Bei der Virage hingegen werden hingegen die hellen Stellen flächig eingefärbt. [Quelle: http://www.imdb.com/gallery/mptv/1159/Mptv/1159/0709
0179.jpg]
Eastmans Katalog der Sonochrome-Farben führte gegen Ende der zwanziger
Jahre so elegante Farbtöne wie Pfirsich-Rosa, Inferno, Rose Doree, Kerzenlicht, Sonnenschein, Purple Haze, Feuerbrand, Fleur de Lis, Azur, Nocturne,
Verdante, Aquamarin, Silberglanz und Caprice [19].
3.3
Schwarzweiß als Gestaltungsmittel
Die Verwendung von Schwarzweiß als ästhetisches Gestaltungsmittel begann mit der ersten Belichtung von schwarzweißem Filmmaterial in der Geschichte. Dabei wandelt das Filmmaterial Farbtöne in entsprechende Graustufen um. Somit stellt Farbe wiederum das Verbindungsglied zwischen Inszenierung und endgültiger Umsetzung im Schwarzweiß-Film dar. Um die
Kunst der ästhetischen Gestaltung des Schwarzweiß-Films perfektionieren
zu können, waren verschiedene Experimente mit Beleuchtung und Ausstattung nötig. Auf diesem Weg konnte auch der Schwarzweiß-Film eine raffinierte, indirekte Inszenierung einer Farbe enthalten. Im schwarzweißen Tonfilm wurde es darüber hinaus auch möglich, über Farbe zu sprechen und
somit eine indirekte Farbdramaturgie aufzubauen. Als Beispiel hierfür bietet sich William Wylers Melodram Jezebel (USA 1938) an. Hier führt der
Verzicht auf Farbe gekonnt zu einer indirekten Inszenierung des unsichtbaren Rots des Kleides. Dabei lässt sich dieses nur durch dessen glänzende
KAPITEL 3. SCHWARZWEISS IST NICHT SCHWARZWEISS
30
Abbildung 3.5: Nur durch das tiefe Schwarz lässt sich das Rot des Kleides
erahnen. [Quelle: Jezebel]
Schwärze erahnen, und bildet einen schönen Helligkeitskontrast zu den übrigen weißen Kleidern (Abb. 3.5). Das rote Kleid stellt dabei eine Provokation
und eine Attacke gegen die geltende Ordnung dar.
Nicht nur Schwarz und Weiß, sondern auch alle möglichen Grauabstufungen bilden im Film die Grundlage einer besonderen Bildästhetik. So
etwa musste die Kostümausstattung entsprechend farbig gestaltet werden,
wenn im Film ein bestimmter Grauton gewünscht war. Bei Charles Chaplin Schwarzweiß-Film The great dictator (USA 1940) sollten die Hosen
der Nazi-Soldaten einen bestimmten Grauton im Film erzielen. Dies wäre
aber durch die Originalfarbe nicht möglich gewesen, weshalb die Schauspieler stattdessen rote Hosen tragen mussten. Filmemacher dieser Zeit berichteten immer wieder von den Schwierigkeiten eines ausgefeilten SchwarzweißBildes. So wurden mehr oder weniger skurrile Hilfsmittel – wie etwa eine
blaue Brille – zu deren Behebung herangezogen. Durch diese war es den
Set- und Kostüm-Designern möglich, zu sehen ob eine Szene in Schwarz und
Weiß wirken würde [14].
Die Bedeutung von Schwarzweiß im Film hat sich im Laufe der Filmgeschichte geändert. Anfangs stand man der Farbe im Film noch skeptisch
gegenüber, und setzte diese nur sporadisch ein. Im Gegensatz dazu galt
Schwarzweiß bis etwa 1955 als ehrlicher und ästhetisch befriedigender, was
vor allem auf die Qualität des damaligen Farbfilms zurückzuführen ist. Zwischen 1955 und 1968 halten sich Schwarzweiß- und Farbfilme im Bezug auf
ihre Popularität in etwa die Waage. Erst als 1968 ein sehr viel empfindlicheres und farbgenaueres Material auf den Markt kommt, steigt dessen
Beliebtheit – wodurch Schwarzweiß-Filme nur noch selten produziert werden [19].
Heute kommen Schwarzweiß-Filme vor allem dann zum Einsatz, wenn
sich ein Film mit zwischenmenschlichen Themen beschäftigt und aufwendige,
bunte Farbbilder von der oft komplizierten Geschichte ablenken würden.
Filme dieses Genres bleiben oft Spartenfilme und laufen in Programmkinos
KAPITEL 3. SCHWARZWEISS IST NICHT SCHWARZWEISS
(a)
31
(b)
Abbildung 3.6: Tim Burtons Ed Wood (a) ist eine schwarzweiße Hommage an den Filmregisseur Wood. Einzig der rosa Pulli (b) bildet einen farblichen Akzent. [Quelle: Ed Wood]
(siehe Kapitel 3.4.1). Viel öfters sind hingegen Filme anzutreffen, in denen
der schwarzweiße Grundton von farbigen Flächen unterbrochen wird. Ein
bekanntes Beispiel dieses modernen Schwarzweiß-Films – abgesehen von Sin
City – stellt Tim Burtons Hommage Ed Wood dar. Dabei schimmert einzig
das Rosa eines Angora-Pulli ab und zu durch (Abb. 3.6).
Noch häufiger als diese Schwarzweiß-Filme mit farbigen Elementen, stellen Filme dar, bei denen sich Szenen in Schwarzweiß und Farbe abwechseln.
Dabei kann diese rhythmische Montage von Schwarzweiß- und Farbsequenzen unterschiedliche Bedeutungen haben (siehe Kap. 4). In diesem Kontext
wird Schwarzweiß zum Beispiel als Indikator für historische Zeitbezüge verwendet.
Wie nun aber ein Schwarzweiß-Film oder eine Schwarzweiß-Sequenz auf
den Betrachter wirkt, hängt in erst Linie vom jeweiligen Kontrast, und in
diesem Zusammenhang auch von der Lichtgestaltung ab. Die Kunst der
Schwarzweiß-Ausleuchtung besteht darin, über Kontraste den Blick des Zuschauers zu lenken – und damit die Bildkomposition zu unterstützen. Hier
kommt es vor allem auf die Wahl des Beleuchtungsstils, und die somit erzeugten Schatten an.
3.4
Die Ästhetik des Schwarzweiß-Bildes
Zwischen einem Farb- und Schwarzweiß-Bild im Film besteht ein grundsätzlicher ästhetischer Unterschied. Dies lässt sich als erstes auf die naturgemäße Komplexität des Farbbildes, das aus einer Vielzahl an Farbtönen
besteht, zurückführen. Im Gegensatz dazu lassen sich alle Farbtöne, die ein
Schwarzweißbild aufbauen in einer eindimensionalen Reihe anordnen. Diese
Reihe führt dann entsprechen von Schwarz zu Weiß über alle möglichen
Schattierungen von Grau. Auf diese Weise lässt sich jedes Schwarzweiß-Bild
KAPITEL 3. SCHWARZWEISS IST NICHT SCHWARZWEISS
32
auch als dreidimensionales Relief darstellen. Dabei können beispielsweise die
höchsten Punkte durch die weißen Bildanteile und die niedrigsten durch die
schwarzen repräsentiert werden. Alle möglichen Graustufen werden dann
entsprechend ihres Wertes dargestellt. Für ein Farbbild ist es hingegen nicht
möglich, die vorhandenen Farbtöne ein entsprechendes Relief abzubilden.
Hier müssten mehrere Systeme von Farbskalen – einmal entsprechend der
Helligkeiten der einzelnen Farbtöne und einmal entsprechend der Übergänge
von einer Farbe zur anderen – herangezogen werden [2].
Diese bildliche Vorstellung einer Graustufenskala als lineares Relief macht
auf die Harmonie der Töne innerhalb eines Schwarzweiß-Bildes aufmerksam.
Aus diesem Grund scheint ein solchen Schwarzweiß-Bild für die Visualisierung von perspektivischen Verzerrungen prädestiniert zu sein. Ebenso lassen
sich Bilderwelten im Spannungsfeld extremer Sichtbarkeit oder Unsichtbarkeit konstruieren. So zieht sich die Thematik des Schwarzweiß-Bildes durch
die Geschichte des Films. Bereits zu Beginn des Farbfilms war die ästhetische
Wirkung von Schwarzweiß-Filmen ausgefeilt, und weitgehend perfektioniert
im Bezug auf Kontrastwirkung und Lichtgestaltung.
Auch heute gelten diese grundlegenden Gestaltungsunterschiede im Bezug auf die Ästhetik zwischen Farb- und Schwarzweiß-Bild. Das SchwarzweißBild bietet sich aufgrund seiner Reduziertheit an, um klare Formbeziehungen
aufzubauen und optische Schwerpunkte zu setzten. Ebenso kommen Linien
und Konturen besser zur Geltung. Aufgrund kunstvoller Ausleuchtung können Umriss und Schattenwurf von Darstellern oder Gegenständen ein visuelles Gewicht erhalten [14].
3.4.1
Der Schwarzweiß-Film in der heutigen Zeit
Durch die stetige Entwicklung und häufigere Verwendung des Farbfilmmaterials in den fünfziger und sechziger Jahren kam die Produktion von Filmen, die nur mit Schwarzweiß arbeiteten, zum stocken. Die Produktion von
Filmen, die vor allem durch die Ästhetik des monochromen Bildes lebten,
ging erheblich zurück. So wurde Schwarzweiß ab diesem Zeitpunkt eher in
Kombination mit Farbsequenzen (siehe Kap. 4), als in seiner gestalterischen
Reinform verwendet.
Erst 1971 gab es wieder einen Wandel zum reinen Schwarzweiß-Film
durch Peter Bogdanovich The Last Picture Show. Dieser Film beeindruckt vor allem durch seinen Stil, der aufgrund seiner Beleuchtung an die
Filme der fünfziger Jahre erinnert. Im selben Jahr gewann der Film von
acht Oscar-Nominierungen4 letztendlich zwei. Im Anschluss an diesen Triumph produzierte Bogdanovich 1973 den Film Paper Moon ebenfalls in
4
Die Nominierungen bei The Last Picture Show waren für Bester Film, Kamera und
Drehbuch, sowie für Jeff Bridges, Ellen Burstyn, Ben Johnson und Cloris Leachman als
beste/r Nebendarsteller/in. Die beiden Oscars gingen jeweils an Ben Johnson und Cloris
Leachman.
KAPITEL 3. SCHWARZWEISS IST NICHT SCHWARZWEISS
33
reinem Schwarzweiß. Dadurch sollte dem Betrachter die Authentizität der
Geschichte, die in den dreißiger Jahren spielt, vermittelt werden.
Mitte der siebziger Jahre wurde Schwarzweiß auch für die Produktion
von Filmparodien vermehrt eingesetzt. Als Beispiel hierfür ist Mel Brooks
Young Frankenstein, der sich am Original von James Whale orientiert,
aus dem Jahre 1974 zu nennen. Für diesen Film diente die Originalkulisse
von 1931 als Drehort für die Laborszenen. Um den Stil des Originals gerecht zu werden, wurde das Filmmaterial Eastman XX“ eingesetzt und der
”
Beleuchtungsstil der dreißiger Jahre imitiert.
Dieser Trend – den gesamten Film in monochromen Schwarzweiß zu produzieren – setzte sich in den achtziger Jahren fort. Allerdings spielte diese gestalterische Möglichkeit bei kommerzielle Filmprojekte nur für renommierte
Regisseuren eine Rolle. Aufgrund der erhöhten Preise für Schwarzweiß-Material war das Produzieren solcher Filme unattraktiv geworden. War der
Schwarzweiß-Film bis zu Beginn der achtziger Jahre noch eine billige“ Al”
ternative für Jung-Produzenten gewesen, sollte sich diese Entwicklung bis
zum Beginn der neunziger Jahre stark verändern. Dennoch gab es namenhafte Regisseure, die weiterhin die Möglichkeiten von Schwarzweiß als Gestaltungsmittel nutzten. Zu diesen zählt etwa Woody Allen, der bereits seit
den siebziger Jahren vermehrt Schwarzweiß eingesetzt hat. Zu seinen bekanntesten Werken, die sich durch eine besondere Ästhetik auszeichnen,
zählen Manhattan (USA 1979), Stardust Memories (USA 1980) oder
Broadway Danny Rose (USA 1984) [22].
Darüber hinaus setzte Allen auch die Möglichkeiten der Montage von
Schwarzweiß und Farbsequenzen in seine Filmen ein.
Weitere Regisseure, die auf die ästhetische Wirkung des SchwarzweißBildes, setzen sind etwa Wim Wenders oder Jim Jarmusch. Zu Wenders
monochromen Filmen gehören Alabama: 2000 Light Years from Home
(D 1969), Alice in den Städten (D 1974), Im Lauf der Zeit (D 1976),
Summer in the City (D 1970) und Der Stand der Dinge (1982). Wie
Woody Allen auch, versteht Wenders die Kunst der schwarzweißen Bilder
konkret einzusetzten. Neben diesen reinen, unbunten Filmen finden sich auch
bei Wenders Schwarzweiß-Sequenzen in Farbfilmen wieder.
Auch Jim Jarmusch gehört zu den wenigen Regisseuren, die bis in die
heutige Zeit Schwarzweiß erfolgreich als Gestaltungsmittel in ihren Filmen
einsetzen. Zu seinen wichtigsten Werken zählen Filme wie Stranger Than
Paradise (USA 1984), Down by Law (USA 1986) und Coffee and Cigarettes (USA 2003). Mit diesen Werken bewies der unabhängige Autorenfilmer Jarmusch, dass auch Filme, die nicht an die Hollywood-Ästhetik
angepasst sind, erfolgreich sein können.
KAPITEL 3. SCHWARZWEISS IST NICHT SCHWARZWEISS
3.5
34
Das Spiel mit Kontrasten
Ein besonderes Kriterium, wenn mehrere Aufnahmen auf ihre emotionale
Wirkung und visuelle Spannung überprüft werden, stellt der Kontrast dar.
Dieser bildet zusammen mit der Gradation die wichtigste Dimension des
Filmmaterials, wenn es um die Betrachtung von Schwarzweiß-Aufnahmen
geht.
Das Wort Kontrast wird dabei vom lateinischen contra“ (gegen) und
”
stare“ (stehen) hergeleitet, und bezeichnet – grob formuliert – den Hel”
ligkeitsunterschied innerhalb eines Bildes. Um den Kontrast zu ermitteln,
werden die Helligkeitswerte einer Szene miteinander verglichen – etwa die
Helligkeit eines Gesichts mit der Helligkeit des Hintergrunds. Der maximale
Kontrast ergibt sich dann durch das Verhältnis vom hellsten zum dunkelsten
Detail einer Szene. Dieses Verhältnis von geringster zu größter Leuchtdichte
min
bezeichnet [23, S. 39].
L einer Szene wird auch als Kontrastumfang LLmax
Dabei wird ein kontrastreicher Gegenstand normalerweise sehr scharf
und mit klaren Konturen abgebildet. Im Gegensatz dazu kann es bei kontrastarmen Motiven vorkommen, dass Details im Bild verschwimmen oder
gar nicht mehr wahrnehmbar sind. Deutliche Kontraste sind bei SchwarzweißAufnahmen deshalb so wichtig, weil ansonst der Helligkeitswert des Vordergrundes – etwa bei jener Aufnahme eines Gesichtes – mit dem Hintergrund
verschmelzen würde [18, S. 20].
Während die Retina des menschliche Auges fähig ist, sich sowohl einem
großen Spektrum von Helligkeiten anzupassen, als auch zwei nah beieinander liegende Helligkeitswerte differenzieren zu können, ist Film in diesen
beiden Hinsichten ein beschränktes Medium. Das Helligkeitsspektrum – von
reinem Weiß zu reinem Schwarz – welches ein Filmmaterial festhalten kann,
wird als Belichtungsspielraum bezeichnet. Dieser ist sowohl vom jeweiligen
Filmmaterial, als auch von der verwendeten Labortechnik abhängig. Aus diesem Grund hat sich der Belichtungsspielraum seit Beginn des Films ebenso
stark verändert. So etwa ist seit Ende der sechziger Jahre das Focieren“
”
des Filmmaterials beim Entwickeln eine weit verbreitete Praxis. Dabei führt
das Überschreiten der Standardzeit bei der Entwicklung zur Ausdehnung
des Belichtungsspielraums – bis zum Zwei- oder Dreifachen der angegebenen Belichtungswerte – und damit zu einer größeren Lichtempfindlichkeit.
Eine weitere nennenswerte Technik im Bezug auf Kontrast – und damit
auch auf die Erweiterung des Belichtungsspielraumes – ist jene des Fla”
shing“. Dabei wird das Filmmaterial wahlweise vor oder nach dem Drehen
durch ein graues Licht einer bestimmten Helligkeit belichtet. Durch dieses
Verfahren ist es möglich, selbst in den dunkelsten Bereichen eines Bildes eine
ausreichende Gradation zu erzeugen [19].
An dieser Stelle ist noch zu erwähnen, das Film einen größeren Kontrastbereich verarbeiten kann als Video. Filmmaterial kann Kontraste von 100:1
– d.h. das hellste Detail des Bildes ist hundert mal so hell wie das Dunkelste
KAPITEL 3. SCHWARZWEISS IST NICHT SCHWARZWEISS
35
– und mehr verarbeiten, während Video auf einen Kontrast von 10:1 bis 20:1
beschränkt ist [18, S. 21]. Da allerdings eine Auseinandersetzung mit dieser
Thematik den Rahmen der Diplomarbeit übersteigen würde, wird auf den
Bereich Video als Medium nicht näher eingegangen werden.
In der Gestaltung hingegen gibt es mehrere Unterteilungen von Kontrasten. Zum einen spielt dabei die Wirkung von Helligkeit, zum anderen
die Wirkung von Farbe eine große Rolle. Im Falle des reinen SchwarzweißBildes wird das Verhältnis der Grautöne zueinander analysiert. Werden in
einem Schwarzweiß-Bild jedoch farbige Akzente gesetzt, muss neben dem
Kontrast zu Schwarzweiß auch die Wirkung der Farben zueinander betrachtet werden. Treten mindestens zwei unterschiedliche Farben in einem Bild
auf, beeinflussen sich diese gegenseitig. Aus diesem Grund finden folgende
Kontraste, in denen die Wirkung von Farbe und Helligkeit gezielt dargestellt
werden kann, ihre Anwendung:
1. Hell-Dunkel-Kontrast
Der Hell-Dunkel-Kontrast entsteht durch die Gegenüberstellung von
hellen und dunklen Flächen. In seiner reinsten Form ist der HellDunkel-Kontrast durch den Vergleich von Schwarz und Weiß gegeben. Auch alle zwischen Weiß und Schwarz liegenden Grautöne können
über den Hell-Dunkel-Kontrast in Beziehung zueinander gesetzt werden. Darüber hinaus bezieht sich der Hell-Dunkel-Kontraste aber auch
auf alle anderen Farben, die sich in ihren Helligkeiten unterscheiden.
Eine besondere Bedeutung kommt diesem Kontrast bei der Arbeit
mit Schwarzweiß-Material zu. Da die Farben der Realaufnahmen in
Graustufen umgewandelt werden, muss der gewünschte Kontrast im
Endergebnis bereits während der Production beachtet werden. Farben, die sich während der Aufnahme gut voneinander unterscheiden
lassen, können nach ihre Umwandlung in Schwarzweiß kaum voneinander differenzieren (Abb. 3.7). Daher ist es schon in diesem Schritt
wichtig, auf einen entsprechenden Hell-Dunkel-Kontrast zu achten.
2. Kalt-Warm-Kontrast
Der Kalt-Warm-Kontrast bezieht sich auf die Farbtemperatur der kombinierten Farbtöne – sprich auf die unterschiedlichen Empfindungen
von Menschen beim Anblick von Farben. Den stärksten Kalt-WarmKontrast liefert dabei die Kombination von warmen und kalten Farbtönen. Normalerweise wird Blaugrün als kälteste, und Rotorange als
wärmste Farbe empfunden. Alle übrigen Farben können in Abhängigkeit von ihrer Umgebung entsprechend wärmer oder kälter wirken
(Abb. 3.8). Somit trägt der Kalt-Warm-Kontrast auch entscheidend
zur Stimmung eines Bildes bei. Darüber hinaus wird dieser Kontrast
auch für die räumliche Wirkung eines Bildes – d.h. für die farbliche
Perspektive – verwendet.
KAPITEL 3. SCHWARZWEISS IST NICHT SCHWARZWEISS
(a)
36
(b)
Abbildung 3.7: Anwendungsmöglichkeiten des Hell-Dunkel-Kontrasts: (a)
Farben, die sich optisch gut voneinander unterscheiden, können ähnliche Helligkeitswerte aufweise und sind im Schwarzweiß-Bild nur mehr schlecht zu
trennen. (b) Um einen guten Hell-Dunkel-Kontrast zu erzielen, muss eine
genaue Farbwahl getroffen werden.
(a)
(b)
Abbildung 3.8: Der stärkste Kalt-Warm-Kontrast führt von kaltem Blaugrün zu warmen Rotorange (a). Auch die Lage der Farben zueinander, und
damit deren gegenseite Beeinflussung, ist für die Wirkung dieses Kontrast
entscheidend (b).
3. Farbe-an-sich-Kontrast
Ein Farbe-an-sich Kontrast entsteht, wenn monochrome, gesättigte
Grundfarbe miteinander konfrontiert werden. Somit sind alle ungetrübten Farbtöne in einem Farbe-an-sich-Kontrast denkbar. Jedoch erzielen Primär- und Sekundärfarben bei einem Farbe-an-sich-Kontrast
die stärkste Wirkung. Werden die einzelnen Farben durch schwarze
oder weiße Linien bzw. Flächen getrennt, erhöht sich die Wirkung der
einzelnen Farben, da ihre gegenseitige Überstrahlung gebrochen wird
(Abb. 3.9).
4. Komplementärkontrast
Der Komplementärkontrast ist jener subjektive Kontrast, der zwischen
zwei komplementären Farben entsteht. Bei Komplementärfarben han-
KAPITEL 3. SCHWARZWEISS IST NICHT SCHWARZWEISS
(a)
37
(b)
Abbildung 3.9: Beispiele des Farbe-an-sich-Kontrastes: (a) Bei der Gegenüberstellung von gesättigten Grundfarben tritt dieser am stärksten auf. (b)
Durch eine Trennung der einzelnen Farben mittels Schwarz steigert sich deren
Wirkung.
(a)
(b)
Abbildung 3.10: Beispiele des Komplementärkontrastes: (a) Das Farbenpaar Blau-Orange bildet einen starken Komplementärkontrast. (b) Darüber
hinaus ergibt sich auch ein guter Hell-Dunkel-Kontrast, der vor allem nach
der Umwandlung in ein Graustufenbild sichtbar wird.
delt es sich um jene Farben, die im Farbkreis nach Itten [11] gegenüber
angeordnet sind, und damit im Farbton die größte Verschiedenheit besitzen. Aus diesem Grund ergeben die Farben eines Komplementärpaares – sofern sie ohne Trübung auftreten –auch immer den maximalen
Hell-Dunkel-Kontrast (Abb. 3.10). Zu diesen Paaren zählen etwa Rot
und Grün, Blau und Orange oder Gelb und Violett. Beim Mischen
der Farben eines Komplementärpaares ergeben diese immer Schwarz.
Nebeneinander verwendet, entfaltet jede Farbe dieses Paares ihre maximale Leuchtkraft.
5. Qualitätskontrast
Der Qualitätskontrast behandelt die Reinheit und Strahlungskraft einzelner Farben. Dieser Kontrast wird bei der Gegenüberstellung von
reinen, gesättigten mit trüben Farben sichtbar. Dabei wird die Trü-
KAPITEL 3. SCHWARZWEISS IST NICHT SCHWARZWEISS
(a)
38
(b)
Abbildung 3.11: Beispiele des Qualitätskontrastes: (a) Durch die unterschiedlichen Trübungen des gesättigten Blaus ergibt sich ein Qualitätskontrast. (b) Die Wirkung einer trüben Farbe hängt auch von der Umgebung
ab. Sieht ein trübes Gelb in einer orangen Umgebung stumpf aus, kann es in
einer gebrochen Grünen noch immer hervorstechen.
bung einer Farbe – also die Verminderung ihrer Intensität – durch das
Mischen einer reinen Farbe mit Schwarz, Weiß, Grau oder einer entsprechenden Komplementärfarbe erreicht. Entsprechend der Mischung
verändert sich auch die Wirkung der Farbe auf den Betrachter (Abb.
3.11). Um die Farbqualität einer bestimmten Farbe zu unterstreichen,
kann diese neben eine getrübte Farbe gesetzt werden [11, S. 96].
6. Quantitätskontrast
Der Quantitätskontrast – auch Mengenkontrast oder Proportionskontrast genannt – beruht im Unterschied zum Qualitätskontrast auf der
Gegenüberstellung verschieden großer Farbflächen. Dabei muss die Ausdehnungsgröße der Farbflächen zueinander immer relativ zur gesamten
Bildfläche gesehen werden. Wenn diese Flächen in einem bestimmten
Verhältnis vorliegen, ist die optische Wirkung der einzelnen Farben
gleich intensiv. Daher wird ein solches Bild vom Betrachter auch als
harmonisch empfunden (Abb. 3.12). Dabei ist allerdings zu beachten,
dass nicht jede Farbe als gleich hell empfunden wird.
7. Simultankontrast
Der Simultankontrast bezeichnet jene Erscheinung, dass das menschliche Auge zu einer gegebenen Farbe immer gleichzeitig – also simultan – die Komplementärfarbe verlangt. Sollte diese nicht vorhanden
sein, wird sie vom Auge selbsttätig erzeugt (Abb. 3.13). Da diese simultan erzeugte Komplementärfarbe als Farbempfindung im Auge des
Betrachters entsteht, ist diese nicht real vorhanden. Für das Bild ist
neben der Veränderung der Farbempfindung vor allem die Unruhe,
die ein Simultankontrast erzeugt, entscheidend. Dadurch scheinen die
Farben regelrecht zu flackern [14, S. 130].
KAPITEL 3. SCHWARZWEISS IST NICHT SCHWARZWEISS
(a)
39
(b)
Abbildung 3.12: Beispiele des Quantitästskontrast: (a) Aufgrund des ausgeglichenen Verhältnissens der einzelnen Farben liegt ein harmonischer Quantitäskontrast vor. (b) Die einzelnen, gelben Farbpunkte werden von der übrigen Fläche dominiert.
(a)
(b)
Abbildung 3.13: Beim Simultankontrast bildet das menschliche Auge die
Komplementärfarbe zur vorhandenen. Obwohl beide Quadrate denselben
Grauwert aufweisen, erscheint das graue Quadrat bei blauem Hintergrund
(a) heller als vor Rotem (b).
8. Sukzessivkontrast
Beim Sukzessivkontrast handelt es sich, wie beim Simultankontrast
auch, um einen physiologischen Aspekt. Wird eine kräftige Farbe zu
lange betrachtet, wirkt der Farbeffekt im Auge nach und hinterlässt –
selbst wenn die Ursache schon längst verschwunden ist – ein so genanntes Nachbild im komplementären Farbton (Abb. 3.14). So verursacht
beispielsweise die Betrachtung eines gelben Bildes ein purpurfarbenes
Nachbild beim Betrachter. Im Film wird dieses Phänomen genutzt,
um etwa einen Innenraum gemütlich erscheinen zu lassen indem eine
trübe Außenszene vor diese Einstellung gesetzt wurde [18, S. 38].
Einige der eben genannten Kontraste finden sich sowohl in Millers Comic, als auch in der filmischen Umsetzung Sin City wieder. Vor allem
der stark ausgeprägte Hell-Dunkel-Kontrast der Schwarzweiß-Bilder spielt
KAPITEL 3. SCHWARZWEISS IST NICHT SCHWARZWEISS
(a)
40
(b)
Abbildung 3.14: Ein Anwendungsbeispiel des Sukzessivkontrastes: Wird
der Blick etwa dreißig Sekunden auf das rote Quadrat (a) fixiert, erscheint
bei anschließender Fixierung des Hilfpunktes (b) ein grünes.
dort für die Wahrnehmung eine entscheidende Rolle. Durch die verschiedenen, weißen und schwarzen Bildanteile wird die visuelle Spannung im Bild
aufgebaut. Werden zusätzlich noch monochrome Farbakzente innerhalb des
Schwarzweiß-Bildes eingesetzt, kommen sowohl der Farbe-an-sich- als auch
der Qualitätskontrast zu tragen. Durch die Trennung der einzelnen Farbakzente mittels schwarzen und weißen Flächen wird die jeweilige Farbe noch
stärker betont. Aus diesem Grund entfaltet etwa das Gelb des Yellow Ba”
stard“ eine Signalwirkung, die auch vom Betrachter wahrgenommen wird.
Der Qualitätskontrast spiegelt sich bei Sin City in der Reinheit der
einzelnen Farbflächen wider. Der Quantitätskontrast kommt hingegen bei
der Verteilung, und der Größe der monochromen Farbflächen innerhalb des
Bildes zu tragen. Durch die unterschiedlich großen Farbanteile im Bild wird
eine visuelle Spannung aufgebaut, die dem Bild eine besondere Ästhetik
verleiht.
Während der Dreharbeiten kam die Wirkung des Komplementärkontrastes zum tragen. Da die Realaufnahmen in Farbe gedreht wurden, musste sichergestellt werden, dass nach der Umwandlung in ein Graustufenbild ein entsprechender Kontrast der einzelnen Elemente gegeben war. Hier
wurde entsprechende Komplementärpaare bei der Wahl der Kostümfarben
berücksichtigt. Damit sich beispielsweise die Kleidung unter dem Mantel
auch in Schwarzweiß noch optisch vom Trechcoat abhebt, trugen die Darsteller orange-farbene T-shirts [17, S. 178–179].
3.5.1
Licht- und Schattengestaltung
Wie bereits erwähnt, werden in der Gestaltung mehrere Kontrastarten unterschieden. Bei der Inszenierung von Filmen in Schwarzweiß spielt vor allem
der Hell-Dunkel-Kontrast eine entscheidende Rolle. Um nun einen bestimmten Hell-Dunkel-Kontrast zu erreichen, muss auch eine entsprechende Lichtund Schattengestaltung berücksichtigt werden. Aus diesem Grund sollte im-
KAPITEL 3. SCHWARZWEISS IST NICHT SCHWARZWEISS
41
mer auch die Geschichte der Lichtgestaltung beim Film im Kontext zur
Entwicklung des Filmmaterials gesehen werden. Denn durch die Verbesserung des Materials – von monochromatischen bis hin zum panchromatischen
Film – hat sich auch die Beleuchtungstechnik stark verändert. Mussten anfangs noch riesige und teure Lichtbogenlampen verwendet werden, kamen
mit der Einführung der panchromatischen Emulsion billigere und beweglichere Glühlampen in Gebrauch [19]. In der heutigen Zeit gibt es eine Fülle
an Möglichkeiten mittels Beleuchtung die gewünschte Stimmung zu inszenieren, ohne stark vom Filmmaterial abhängig zu sein.
Möglichkeiten der Lichtgestaltung
Die Beleuchtung ist eines der wichtigsten Hilfsmittel der Filmemacher, um
die Bedeutung von Form, Linie und Kontrast verändern zu können. Bei der
Lichtgestaltung liegt die Gewichtung auf der Ästhetik und der zu transportierenden Aussage, wobei der Umgang mit Licht und Schatten das Hauptelement darstellen. Auf diese Weise ergeben sich fünf grundlegende Möglichkeiten der Lichtgestaltung, die in der Filmproduktion ihre Verwendung
finden:
• Räumlichkeit darstellen:
Da bei dem filmischen Bild die dritte Dimension fehlt, kann diese
Tiefe durch entsprechende Lichtgestaltung verstärkt werden. So kann
beispielsweise die Größe eines Raumes durch gute Ausleuchtung vorgetäuscht, und dem Bild damit eine gewisse optische Tiefe verliehen
werden. Durch diese Licht- und Schattengestaltung kann dem Betrachter der entscheidende Eindruck vermittelt werden [5]. Ebenso entsteht
aufgrund dieser vorgetäuschten räumlichen Tiefe ein visuelles Gewicht,
das den Blick des Betrachters entlang der Fluchtlinien in die Tiefe
zieht. Der perspektivische Fluchtpunkt erscheint dadurch als intensives Spannungsfeld [16].
• Strukturen hervorheben:
Durch gezielte Lichtführung kann die Struktur einer Oberfläche hervorgehoben, oder aber auch geglättet“ werden. Dabei kann zum Bei”
spiel ein weiches, diffuses Licht eingesetzt werden um einer Darstellerin einen makellosen Teint, und ein engelhaftes Aussehen zu verleihen
(siehe Punkt Charakterisierung“). Im Gegensatz dazu kann ein hartes
”
Licht die Mimik eines Darstellers verstärken. Diese Möglichkeiten der
Lichtgestaltung wurde bereits in frühen Filmen (Abb. 3.15) eingesetzt,
und haben bis heute immer neue Ausprägungen gefunden.
• Modulation:
Bei der Modulation sind Licht und Schatten das bestimmende Element
der Bildgestaltung. Dabei wird das eigentliche Objekt zur Nebensache
KAPITEL 3. SCHWARZWEISS IST NICHT SCHWARZWEISS
(a)
42
(b)
Abbildung 3.15: Möglichkeiten der Lichtgestaltung: (a) In The picture
of Dorian Gray verleiht das weiche Licht der Darstellerin einen glatten
Teint. (b) Das harte Licht in Panzerkreuzer Potemkin hingegen verleiht
dem Matrosen ein vom Leben gezeichnetes Gesicht. [Quellen: (a) The picture of Dorian Gray, (b) Panzerkreuzer Potemkin]
(a)
(b)
Abbildung 3.16: Ein Lampe sorgt für Modulation im Bild, und bringt so
die dunkle Seite der Figur (b) ans Licht. [Quelle: The picture of Dorian
Gray]
der Komposition, und die Lichtgestaltung rückt in den Mittelpunkt.
Dadurch variiert das Aussehen des Objekts nur durch unterschiedliche Beleuchtungsszenarien. Ein eindrucksvolles Beispiel für Modulation lässt sich in The picture of Dorian Gray finden. Eine im
Raum schwingende Lampe verändert ständig die Gestaltung von Licht
und Schatten. So erhält auch die Figur im Raum immer wieder ein anderes Aussehen. Gleichzeitig offenbart diese Lichtmodulation auch die,
für den Zuschauer bis dahin verborgene, Leiche am Tisch. Diese wird
nun aufgrund ihres Schattens sichtbar (Abb. 3.17).
• Stimmungen schaffen:
Lichtgestaltung spielt auch eine entscheidende Rolle, wenn es darum
geht eine gewisse Grundstimmung unmittelbar ins Unterbewusstsein
KAPITEL 3. SCHWARZWEISS IST NICHT SCHWARZWEISS
(a)
43
(b)
Abbildung 3.17: Eine geschickte Lichtstimmung im Film, kann die Stimmung einer Szene verstärken: (a) Das Kerzenlicht der Bar unterstreicht die
geheimnisvollen Vorgänge in The picture of Dorian Gray. (b) Der Kamin im Wohnzimmer dient der Symbolisierung des Wohlstands. [Quelle: The
picture of Dorian Gray]
des Zuschauers zu transportieren. Die Lichtfarbe signalisiert dem Betrachter eine bestimmte Stimmungslage in der Szene. Aber nicht nur
die Lichtfarbe, auch die Art und Weise wie Licht in die Szene eingebracht wird, ist für die Stimmung entscheidend (Abb. 3.17). Dabei
kommt es neben der Wahl der Beleuchtungsart, auch auf das Spiel mit
Assoziationen und dem Ausnutzen von Vorstellungsverknüpfungen an.
Wird beispielsweise der Lichtschein eines Kamins in einer Szene eingesetzt, kann diese Symbol sowohl für Wärme als auch für Reichtum
stehen. Kerzenlicht hingegen kann Armut, Mystik oder Romantik bedeuten. Dabei ist es wichtig den Einsatz solcher Mittel in direktem
Kontext zum Film zu verstehen.
• Charakterisierung:
Die Ausleuchtung in Filmen kann auch zur Charakterisierung der einzelnen Rollen beitragen. Vor allem in älteren Filmen wurden häufig
verschiedene Lichtgestaltungen von männliche und weibliche Darsteller gewählt. Während bei Frauen oft ein weiches, diffuses Licht gewählt
wurde, sollten die männlichen Darsteller durch ein hartes, gerichtetes
Licht noch maskuliner und markanter wirken. Diese Methodik wurde
vor allem bei Filmen des Noir-Genres angewandt. Heute ist diese Form
der Charakterisierung allerdings nicht mehr so durchgängig.
Eine entsprechende Lichtgestaltung kann auch die wechselnden, inneren Zustände der Darsteller zeigen. In diesem Fall kann das Licht die
Gestik und Mimik der Schauspieler unterstützen, oder manchmal sogar
teilweise ersetzen.
KAPITEL 3. SCHWARZWEISS IST NICHT SCHWARZWEISS
44
Diese unterschiedlichen Möglichkeiten wurden – und werden noch immer –
von den verschiedenen Filmgenre unterschiedlich stark genutzt, und entsprechend perfektioniert.
Lichtstile
Da die Wirkung von Bildern auch stark von den Zwischentönen beeinflusst wird, ist eine entsprechende Ausleuchtung unumgänglich. Dabei basiert die filmische Ausleuchtung immer auf der Verwendung von einer oder
mehrerer Lichtquellen. Dabei wird jeder Lichtquelle eine bestimmte Funktion innerhalb der Lichtgestaltung zugewiesen. So wird bei einer StandardBeleuchtungssitation zwischen Hauptlicht, Aufhellung, Spitze und Hintergrund unterschieden [5].
Um nun die verschiedenen Möglichkeiten der Lichtgestaltung effektiv
nützen zu können, werden diese unterschiedlichen Lichtquellen individuell
positioniert. Auf diese Weise haben sich in der Beleuchtung für Filme über
die Jahre drei grundlegende Lichtstile entwickelt:
• Normalstil
• High-Key
• Low-Key
Beim Normalstil handelt es sich um jene Art von Lichtgestaltung, die den
alltäglichen Sehgewohnheiten am ehesten entspricht. Bei diesem Stil ist die
Verteilung von Hell und Dunkel im Bild ausgewogen, so dass der Zuschauer
die Szene als natürlich und nicht dramaturgisch beeinflusst empfindet [10, S.
80]. Technisch gesehen werden dabei die oben genannten Lichtquellen wie
bei der Standardsituation verwendet.
Als Abweichungen vom Normalstil werden der Low-Key-Stil und der
High-Key-Stil unterschieden. Beim High-Key dominiert Helligkeit das Bild,
wobei meist schattenfrei ausgeleuchtet wird. Sollten Schatten dennoch auftreten, sind diese ausschließlich Weiche. Dadurch wirkt das Bild sehr blass
und zart. Im Gegensatz dazu überwiegen beim Low-Key Schatten und unbeleuchteten Bildteile. Um einen Kontrast zu schaffen, werden beim LowKey normalerweise kleinere, helle Bereiche, die einerseits die Empfindung
einer schlichten Unterbelichtung“ nehmen, und andererseits die Wirkung
”
der Dunkelheit verstärken sollen, eingesetzt. Um diese Dunkelheit am Set
zu erreichen, wird Füllicht in wesentlich geringerem Ausmaß verwendet als
es beim Normalstil der Fall ist. Im Gegensatz dazu wird beim High-Key das
Set von allen Seiten gleichmäßig ausgeleuchtet.
Je nach Ausprägung beeinflussen die genannten Lichtstile sowohl die
Stimmung, als auch den ästhetischen Reiz des Bildes. Da bei einem Bild mit
Low-Key-Beleuchtung mittlere Grautöne bis Schwarz vorherrschend sind,
KAPITEL 3. SCHWARZWEISS IST NICHT SCHWARZWEISS
45
Abbildung 3.18: Im Film The man who wasn’t there werden Lowund High-Stil gekonnt eingesetzt. Während beim High-Key-Stil (a) helle Flächen dominieren, überwiegen beim Low-Key-Stil (b) vor allem die dunklen.
[Quelle: The man who wasn’t there]
wirkt das Bild sachlich und düster. Diese dunklen Töne können sowohl Geborgenheit und Ruhe, aber auch Schwere und Tragik zum Ausdruck bringen.
Wird der Low-Key-Stil hingegen ins Extreme gesteigert, ergibt sich ein fast
schwarzflächiges Bild mit sehr wenig hellen Bereichen. Ein solches Bild wirkt
dramatisch, und wird als emotional und mysteriös empfunden [18, Kap. 8].
Inhaltlich gesehen eignet sich dieser Stil somit für die Darstellung von geheimnisvollen Vorgängen, von Verbrechen oder psychischer Anspannung. So
findet sich der Low-Key-Stil in vielen Phasen der Filmgeschichte wieder: Angefangen beim expressionistischen Stummfilm, über das Genre des Film Noir
bis in die heutige Zeit [10]. Vor allem der Film Noir hat sich diesen Lichtstil
zu Nutze gemacht, um mittels extremen Schatten die visuelle Spannung und
bedrohliche Stimmung im Bild zu unterstreichen.
Im Gegensatz dazu erzeugt das Bild im High-Key-Stil, das sich vor allem
durch mittelgraue bis helle Tönungen auszeichnet, Gefühle von Leichtigkeit
und Frohsinn. Bei der Steigerung dieses Stils ergibt sich ein fast weißflächiges
Bild mit nur hellgrauen Abstufungen. Dieses wird vorwiegend für positive,
sorglose Stimmungen eingesetzt, und kann sowohl für Einfachheit und Offenheit als auch für Weite stehen [18, Kap. 8]. Dabei kann der High-Key-Stil
aber auch Hoffnung, Zuversicht, Glück und Problemlosigkeit zum Ausdruck
bringen. Vor allem das Hollywood-Kino der Screwball-Comedy setzte diesen Stil bevorzugt ein. In modernen Filmen wird der High-Key-Stil darüber
hinaus auch zur Visualisierung von Träumen, Halluzinationen oder Drogenrausch-Szenarien verwendet.
Im direkten Vergleich dieser beiden Extremen von High-Key- und LowKey-Stil wird die unterschiedliche Wirkung der jeweils eingesetzten Beleuchtung sichtbar (siehe Abb. 3.18).
Da der optische Stil von Sin City an jenen des Film-Noir-Genre angelehnt ist, wurde bei der Comic-Verfilmung durchgehend mit dem Low-KeyStil gearbeitet. Während der Production wurde für die Aufnahmen jedoch
KAPITEL 3. SCHWARZWEISS IST NICHT SCHWARZWEISS
46
im Normalstil beleuchtet, und erst in der Postproduction wurde das düstere Aussehen der Stadt nachträglich erzeugt. Auf diesem Weg konnten die
zuständigen Visual-Effect-Spezialisten die Realaufnahmen perfekt mit den
computergenerierten Hintergründen vereinen. So wurden nachträglich Schatten erzeugt, die sich über die abgebildeten Figuren und Objekte legen und
diese teilweise überdecken. Auf diesem Weg entsteht jene visuelle Spannung,
die den Betrachter dazu bringt die verdeckten Anteile zu ergänzen [16].
Kapitel 4
Der Kontrast von Farbe und
Schwarzweiß als
Gestaltungsmittel
In der heutigen Zeit existieren fast keine reinen Schwarzweiß-Filme mehr.
Nur noch selten sind diese als Spartenfilme – wie etwa Jim Jarmuschs Coffee and Cigarettes (USA 2003) – oder als vermeidlich historisches Material anzutreffen. Schwarzweiß-Filme, wie das aktuelle Beispiel Good Night,
and Good Luck (USA 2005), bilden dabei die Ausnahme. Viel häufiger
sind dabei Filme anzutreffen, die Schwarzweiß in Verbindung mit Farbe bringen. Neben dem reinem Schwarzweiß-Film (siehe Kap. 3) gibt es heute zwei
Arten der Kombination von Farbe und Schwarzweiß, die sich im Laufe der
Geschichte herauskristallisiert haben:
1. Die Montage von Schwarzweiß- und Farbsequenzen, oder
2. Der selektive Farbeinsatz im Schwarzweiß-Film.
Diese beiden Möglichkeiten werden in den folgenden Kapitel näher beschrieben. Ebenso werde ihre unterschiedlichen Einsatzgebiete und die daraus resultierenden gestalterischen Differenzen erläutert.
Zur Möglichkeit des selektiven Farbeinsatzes ist zu erwähnen, dass diese
Technik auf die Hand- und Schablonenkolorierung (siehe Kap. 3.2) zu Beginn der Filmära zurückgeht, und in der heutigen Zeit ihre Fortsetzung im
digitalen Painten gefunden hat.
Entscheidend für die Wirkung der Kombination von Farbe und Schwarzweiß ist – neben der verschiedenen Möglichkeiten – auch die Art und Weise,
wie Farbe auftritt. Dabei besteht grundsätzlich die Möglichkeit von Schwarzweiß auf Farbe zu blenden, oder diese plötzlich als Signal auftreten zu lassen.
47
KAPITEL 4. SCHWARZWEISS IN KOMBINATION MIT FARBE
(a)
48
(b)
Abbildung 4.1: Aufgrund ökonomischer Zwänge wurde in The picture
of Dorian Gray nur die Szenen des Portraits (b) in Farbe gedreht. Die
restlichen Szenen des Films sind in kontrastreichen Grautönen (a) gehalten.
[Quelle: The picture of Dorian Gray]
4.1
Montage von Schwarzweiß- und Farbsequenzen
Wie bereits in dem Kapitel 3 erwähnt, spielt Farbe seit Beginn des Films
eine entscheidende Rolle. Schon den frühen Filmemachern war diese visuelle
Spannung zwischen farbigen und unbunten Ebenen bewusst. Eine Möglichkeit Farbe und Schwarzweiß zusammenzuführen, stellt eine abwechselnde
Montage von Schwarzweiß- und Farbsequenzen dar. Wurde diese Möglichkeit zu Beginn der Filmgeschichte vor allem aus ökonomischen Zwängen
gewählt, wird diese Kombination in der heutigen Zeit bewusst gestalterisch
eingesetzt.
Klassische Beispiele der Montage von Schwarzweiß und Farbe stellen sowohl die Verfilmung von Oscar Wildes Erzählung The picture of Dorian
Gray (USA 1945), als auch George Cukors zynische Gesellschaftskomödie
The Women (USA 1939) dar. The Women ist in Schwarzweiß gedreht, und
enthält nur eine einzige Szene in Technicolor. Ausschlaggebend für die Aufnahme in Farbe ist das Spektakel einer großen Modenschau, deren Schauwert
durch die bunten, exzentrischen Farben erhöht wird. Dadurch stellt die farbige Sequenz den Höhepunkt des Films dar, und verdeutlicht gleichzeitig wie
farbenfroh und gewagt die Mode dieser Zeit war. Ganz anders hingegen verwendet Albert Lewin Farbe in The picture of Dorian Gray. Hier sticht
das grausam alternde Portrait, das den Verfall des Antihelden entlarvt, farbig hervor. Die Farben entblößen jene Wahrheit, die an der schwarzweißen
Oberfläche der Gesellschaft nicht gezeigt werden darf (Abb. 4.1). Aufgrund
der höhen Kosten der Technicolor-Aufnahmen zu dieser Zeit, wurde Farbe
in diesen Beispielen nur für dramaturgisch wertvolle Filmszenen genutzt.
Sowohl damals, als auch heute zählt diese Form der Montage zu den besonders Auffälligen filmischer Gestaltung. Dabei bildet im Fall der Montage
in der Regel eine der beiden visuellen Ebenen die Grundierung, von der sich
KAPITEL 4. SCHWARZWEISS IN KOMBINATION MIT FARBE
49
die andere Welt abhebt. Grundsätzlich schließen sich dabei beiden Ebenen
aus, und sind deutlich von einander zu unterscheiden.
Dabei kann die Montage nun unterschiedliche Bedeutungen in einem
Film übernehmen. Eine bestimmte Logik, in welcher Reihenfolge Farb- und
Schwarzweiß-Sequenzen zu setzen sind, gibt es allerdings nicht. Diese ist von
Film zu Film unterschiedlich und folgt keiner bestimmten Regel. In diesem
Kontext können allerdings vier grundlegende Funktionen des Wechselspiels
zwischen Farbe und Schwarzweiß beobachtet werden:
1. Unterschiedliche Realitäts- und Fiktionskonzeptionen
Der Wechsel zwischen Farb- und Schwarzweiß-Aufnahmen dient hier
als Mittel, um die Differenz verschiedener Ebenen der Realität darzustellen. Dabei können beispielsweise die Unterschiede zwischen aktuellem Handeln und Erinnerung sichtbar gemacht werden. Hier können
sowohl schwarzweiße, als auch farbige Sequenzen Ausnahmemomente
innerhalb der jeweils konträren Ebene im Film darstellen [10]. Beispielhaft für Filme, die sich dieses Modi bedienen, sind etwa Martin Scorseses Boxerdrame Raging Bull (USA 1980), als auch Edgar Reitz
Fernsehepos Heimat – Eine deutsche Chronik (D 1984).
2. Markierung von Zeitsprüngen, Erinnerungssequenzen, Vorausblenden, Träume und Phantasien der einzelnen Figuren
Eine solche Markierung stellt die häufigste Funktion eines Ebenenwechsels von Schwarzweiß und Farbe dar. Dabei können auch hier die
Zuordnungen von Schwarzweiß und Farbe im Film vermischen. Beispiel
dafür ist die Schlusssequenz aus Wayne Wangs Film Smoke (USA/D
1995). Diese ist im Gegensatz zum übrigen, farbigen Film in Schwarzweiß gehalten, und könnte sowohl eine Phantasie des Erzählers als auch
eine Rückblende darstellen.
Weitere Beispiele für diese Kategorie stellen sowohl Woody Allens Komödie The purple rose of Cairo (USA 1985), als auch Pedro Almodóvars Melodram Hable von ella (E 2002) dar.
3. Bestimmung der filmischen Zeit
Oft werden Schwarzweiß-Szenen dazu benutzt, um beim Zuschauer
eine Assoziation zur Vergangenheit herzustellen. Wie bereits in den vorigen Kapitel erwähnt, wurde und wird fälschlicherweise oft angenommen, dass alte Filme durchgehend Schwarzweiß sind. Der Zuschauer
sieht aus diesem Grund oft unbewusst in Schwarzweiß-Sequenzen etwas
Altes oder Vergangenes. Als Beispiel bietet sich Gary Ross Fantasyfilm Pleasantville (USA 1998) an, in dem zwei Jugendliche aus den
bunten Neunzigern in die gleichnamige, schwarzweiße Seifenopernwelt
der fünfziger Jahre versetzt werden.
KAPITEL 4. SCHWARZWEISS IN KOMBINATION MIT FARBE
50
Es gibt aber auch Filme, die dieses klassische Klischee der schwarzweißen Vergangenheit auf den Kopf stellen. In Zhang Yimous Liebesgeschichte Heimweg (China 1999) wird die Gegenwart in trauriges
Schwarzweiß gehüllt. Im Gegensatz dazu erscheinen die Erinnerungen
der Darsteller an längst vergangene Zeiten in leuchtenden Farben.
4. Dokumentarische Wirklichkeitsabbildung
Technisch-geschichtlich bedingt ist auch jene Assoziation, dass schwarzweiße Bilder realistischer sind als farbige. Dieses Phänomen ist auf die
Tatsache zurückzuführen, dass Fernsehen – und somit diese mediale
Berichterstattung – lange Zeit schwarzweiß war. Während im Kino der
sechziger Jahre bereits bunte Spielfilme zu sehen waren, blieb das Fernsehen noch auf Schwarzweiß beschränkt. Somit wird gegenwärtig mit
Schwarzweiß noch immer eine dokumentarische Realitätswiedergabe
assoziiert, und mit Farbe der Eindruck einer aktuellen Wirklichkeitsillusion des Gezeigten verbunden [10]. Diesen Wirklichkeitsdiskurs über
Schwarzweiß und Farbe, hat sich etwa Oliver Stone in seinem Politdrama JFK(USA/F 1991) zu Nutze gemacht.
Obwohl eine grundsätzliche Unterscheidung zwischen diesen Funktionen getroffen werden kann, können diese auch ineinander übergehen. So kann es
dem Betrachter schwer fallen zwischen Realität und Traum oder Vorstellung
der Figur zu unterscheiden. Aus diesem Grund können Filme, welche die
Montage zur Visualisierung von unterschiedlichen Realitäts- oder Fiktionsebenen verwenden, oft auch in die Kategorie der Markierung von Träumen
und Phantasien integriert werden. Ebenso verschwommen können sich die
Grenzen zwischen dokumentarischer Wirklichkeitsabbildung und der Funktion, Schwarzweiß zur Bestimmung filmischer Zeit zu nutzen, gestalten.
4.1.1
Beispiele unterschiedlicher
Montagefunktionen
Wie bereits erwähnt, stellt die abwechselnde Montage von Farbe und Schwarzweiß eine Möglichkeit für deren Zusammenführung dar. Diese kann eine
der oben angesprochenen Bedeutungen, wie etwa dokumentarische Wirklichkeitsabbildung oder Markierung von Zeitsprüngen, darstellen. Im Laufe
der Geschichte des Films gibt es viele Beispiele, die sich diese Technik auf
unterschiedliche Weise zu Nutze gemacht haben. Die vier grundlegenden
Funktionen der Montage sollen in diesem Kapitel auf ihre Wirkung hin untersucht, und anhand von verschiedenen Beispielen analysiert werden.
Unterschiedliche Realitäts- und Fiktionskonzeptionen
Ein bedeutendes Beispiel wenn es um die Funktion des unterschiedlichen
Realitäts- und Fiktionskonzeption der Montage von Farbe und Schwarzweiß
KAPITEL 4. SCHWARZWEISS IN KOMBINATION MIT FARBE
(a)
(b)
(c)
(d)
51
Abbildung 4.2: Nach einem verlorenen Kampf (a) ruft sich die Hauptfigur
Jake La Motta vergangene Tage seines Privatlebens ins Gedächtnis. Dabei
werden die farblichen Sequenzen bei seiner Hochzeit (b), oder die Erinnerungen an seine Kinder (c) immer wieder von schwarzweißen Boxkampfszenen
(d) unterbrochen. [Quelle: Raging Bull]
geht, stellt Martin Scorseses Boxerfilm Raging Bull dar. Auch hier ist der
gesamte Film abgesehen von einer einzigen Farbsequenz in Schwarzweiß.
Nach einem zu Unrecht verlorenen Kampf unterbricht eine kontrastreich
aufgebaute Montagesequenz den ästhetischen Stil des Films. Dabei werden
expressiv ausgeleuchtete, schwarzweiße Kampfszenen von Bildern des farbigen Privatlebens unterbrochen. Die Szenen im Ring kennen weder Farbe
noch natürliches Licht. Die Farbszenen hingegen sind rotstichig, und erinnern an Amateurfarbfilme der damaligen Zeit. Scorsese setzt Farben somit
entweder indirekt durch den Schwarzweiß-Film, oder verfremdet durch das
gealterte Farbfilmmaterial ein (Abb. 4.2).
Im Gegensatz zu Raging Bull, bei dem die farbigen Sequenzen die Ausnahme darstellen, symbolisieren bei Reitzs Chronik Heimat die SchwarzweißSequenzen eine andere Fiktionsebene. Im Mittelpunkt seines Films steht der
Provinzalltag während des Nationalsozialismus in einem fiktiven Dorf. Dabei begleitet Reiz die Mitglieder der Familie Simon von Kindheit an bis ins
hohe Alter. Besonders auffällig ist dabei die Verbindung von avantgardistischen Techniken mit dem Stil des Erzählkinos. Der Wechsel von farbigen
zu monochromen Einstellungen verdeutlicht hier atmosphärische Momente
KAPITEL 4. SCHWARZWEISS IN KOMBINATION MIT FARBE
(a)
52
(b)
Abbildung 4.3: Der Wirbelsturm bringt Dorothy vom schwarzweißen Kansas (a) in das farbige Wunderland des Zaubers (b). [Quelle: The Wizard
of Oz]
und unterschiedliche Fiktionsebenen. Die Schwarzweiß-Sequenzen dienen allerdings auch dazu, Emotionen der Figuren zu verdeutlichen.
Markierung von Zeitsprüngen und Phantasien
Ein Beispiel für die Markierung von Phantasien durch die Montage von Farbe
und Schwarzweiß stellt Peter Jacksons skurriles Pubertätsdrama Heavenly
Creatures (GB 1994) dar. Hier stehen die polychromen und normal gesättigten Farbsequenzen für das reale Geschehen, während die SchwarzweißPassagen die Phantasien der Mädchen Pauline und Juliet darstellen. Ihre
Traumwelt der schwarzweißen Bilder ist lebendig, steckt voller Emotionen
und Leidenschaft und gewinnt im Laufe des Films immer mehr Dimension.
In genau entgegengesetzter Weise werden Farbe und Schwarzweiß im
Klassiker The Wizard of Oz (USA 1938) eingesetzt. Die Anfangs- und
Endsequenz des Films – die das tatsächliche Leben von Dorothy darstellen
– sind in sepia-getontem Schwarzweiß dargestellt. Erst nachdem ein Wirbelsturm über ihrem Haus gewütet hat, öffnet Dorothy die Tür ins farbige
Wunderland Oz (Abb. 4.3).
Die Schwarzweiß-Sequenz als Markierung eines Zeitsprungs setzt Christian Wagner in seiner stilisierten Parabel Wallers Letzter Gang (D
1988) eindrucksvoll um. Innerhalb eines Tages wird die Lebensgeschichte
des Streckengehers Waller erzählt. Zu Beginn werden zunächst nur kurze
Rückblenden eingesetzt, um die Kindheit und Jugend der Hauptfigur zu
schildern. Diese steigern sich letztendlich in einer einzigen, langen Erinnerung an die ersten Berufsjahre während des Dritten Reichs. Diese lebhafte
Schwarzweiß-Sequenz stellt die Steigerung dieses Gestaltungsmittels, und
damit auch den Höhepunkt in Wallers Erinnerungswelt dar. Die späteren
Szenen sind daraufhin nur mehr in Farbe gehalten, was auf keine weiteren
wichtigen Erlebnisse im Leben der Figur schließen lässt.
KAPITEL 4. SCHWARZWEISS IN KOMBINATION MIT FARBE
53
Auf die Montage von Farb- und Schwarzweiß-Sequenzen zur Grenzüberschreitung von Film und Wirklichkeit setzt auch Woody Allen in seiner
Komödie The purple rose of Cairo. Die Kellnerin Cecilia lebt in der
farbigen, aber tristen, Alltagswelt. Um ihren streitsüchtigen Ehemann zu
entkommen, flüchtet sie oft ins Kino um sich ihren Lieblingsfilm The pur”
ple rose of Cairo“ anzusehen. Dieser schwarzweiße Film im Film verkörpert
die glamouröse Welt des Hollywood-Kinos der dreißiger Jahre. Durch den
hohen Kontrast und die ästhetische Lichtsetzung wirken die SchwarzweißSequenzen wesentlich lebendiger als jene, in dumpfen Brauntönen gehaltenen
Szenen aus dem tristen Alltagsleben.
Ganz anders setzt Pedro Almodóvar die Wirkung von Schwarzweiß-Szenen im Farbfilm ein. In seinem Melodram Hable von ella, das die Geschichte einer Komapatienten und ihres Krankenpflegers erzählt, verwendet
Almodóvar eine fünf-minütige, stumme Schwarzweiß-Sequenz, welche das
körperliche Verlangen des Pflegers symbolisieren soll. Dabei erkundet ein
auf Däumlingsgröße geschrumpfter Mann den Körper einer Frau. Stilistisch
erinnert diese Sequenz vor allem an den Stil der zwanziger Jahre. Mit Hilfe
dieser symbolkräftigen Sequenz umgeht Almodóvar die prekäre Lage, eine
eventuellen Vergewaltigung darstellen zu müssen.
Bestimmung der filmischen Zeit
Ein Beispiel für die Montage als Mittel zur Bestimmung der filmischen Zeit,
stellt Gary Ross Fantasyfilm Pleasantville dar. Dabei werden die beiden Geschwister David und Jennifer aus ihre farbigen, aber trostlosen Welt
der neunziger Jahre in die vermeidlich heile, schwarzweiße Seifenopern-Welt
ihrer Lieblingsserie Pleasantville“ katapultiert. Durch das Handeln der Ge”
schwister, wird die unterdrückte Sinnlichkeit der Figuren geweckt und Farbe
entfesselt die schwarzweiße Welt. Anfangs ist es nur eine rote Rose, die aus
dem grauen Rosenbusch in Nachbars Garten hervorsticht. Nach und nach
ändern sich aber auch andere Gegenstände in der Landschaft – Blütenblätter
erstrahlen plötzlich in zartestem Rosa, und die gesamte Landschaft streift
ihren grauen Mantel ab (Abb. 4.4). Die unbunte Welt von Pleasantville verkörpert vor allem das verankerte Schwarz-Weiß-Denken der Menschen, die
von Veränderungen nichts wissen wollen.
Dokumentarische Wirklichkeitsabbildung
Eine letzte Möglichkeit der Funktion der Montage von Farbe und Schwarzweiß stellt die dokumentarische Wirklichkeitsabbildung dar. Als Beispiel
hierfür bietet sich Oliver Stones Politdrama JFK an. Der Film ist dabei
hauptsächlich in Farbe inszeniert, und enthält gelegentliche Spielfilmszenen
ins Schwarzweiß. Dabei handelt es sich sowohl um Originalaufnahmen der
Familie Kennedy als auch um Szenen, die im Stil des Dokumentarischen
KAPITEL 4. SCHWARZWEISS IN KOMBINATION MIT FARBE
(a)
(b)
(c)
(d)
54
Abbildung 4.4: Zwei Geschwister werden von den bunten neunziger Jahren
(a) in die Welt der schwarzweißen Fernsehserie (b) Pleasantville transferiert. Die rote Rose (c) ist ein erstens Symbol für die Neuordnung der
Serien-Welt, die mit der Zeit immer mehr Farbe annimmt (d). [Quelle: Pleasantville]
nachgestellt wurden. Durch diese Vorgangsweise konnte der Status der Inszenierung perfekt kaschiert, und dem Betrachter das Gefühl der Realität
vermittelt werden (Abb. 4.5).
Ein ebenso gelungenes Beispiel der dokumentarischen Abbildung stellen
die Zwischensequenzen aus Robert Zemeckis Literaturverfilmung Forrest
Gump (USA 1994) dar. Hierbei wurden Originalaufnahmen berühmter Persönlichkeiten sogar soweit manipuliert, dass der Hauptdarsteller Tom Hanks
in die einzelnen Schwarzweiß-Sequenzen montiert wurde. So wurde es möglich, dass Hanks mit berühmte Persönlichkeiten aus der Geschichte – wie
etwa John F. Kennedy, Lyndon B. Johnson oder John Lennon – in Kontakt
tritt. Für den Händedruck zwischen Kennedy und Hanks, wurde im ersten
Schritt passendes Archivmaterial gesucht, und dieses anschließend mit der
Bluescreen-Aufnahme von Hanks kombiniert [13].
Ein ähnliches Spiel um Erfindung und Wirklichkeit benutzte auch Woody
Allen auch in Zelig (USA 1983). Doch bei den dortigen Bildmanipulationen
wurde ohne moderne Computer-Technik gearbeitet, weshalb die Fertigstellung des Films drei Jahre in Anspruch nahm. Die fiktive Person Leonard Zelig ist ein menschliches Chamäleon, welches nach Belieben seine Hautfarbe
KAPITEL 4. SCHWARZWEISS IN KOMBINATION MIT FARBE
(a)
(b)
(c)
(d)
55
Abbildung 4.5: Im Politdrama JFK werden die überwiegenden Farbsequenzen (a) immer wieder von dokumentarischen (b) oder nachgestellten
(c) Schwarzweiß-Szenen unterbrochen. Ebenso wurde für ein authentischeres
Aussehen auf Schwarzweiß-Fernseher (d) im Film zurückgegriffen. [Quelle:
JFK]
und sein Aussehen verändern kann. Aus diesem Grund beschäftigt Zelig, der
von Woody Allen selbst gespielt wird, sowohl Politiker, als auch Medizin und
Medien. Der Film Zelig stellt aufgrund der gekonnten Montage von Farbund Schwarzweiß-Sequenzen die perfekte Fälschung eines Dokumentarfilms
dar. Authentisches Filmmaterial aus den zwanziger Jahren wurde für den
Film mit neu gefilmten Aufnahmen verbunden wurde. Darüber hinaus sind
alle Szenen, die das Leben Zeligs darstellen, auch in Schwarzweiß und im
Stil alter Filmaufnahmen gehalten. Selbst Fotos, Wochenschau-Berichte und
Werbefilme wurden manipuliert oder imitiert, und zeigen die Figur Zelig
an der Seite von US-Präsident Coolidge und Hoover, sowie neben Charles
Chaplin oder Al Capone. Die Farbsequenzen hingegen zeigen Personen der
heutigen Zeit, die entweder selbst ein Teil des Lebens Zeligs – wie dessen
Therapeutin und spätere Frau – waren, oder die dieses beobachtet und studiert haben (Abb. 4.6).
KAPITEL 4. SCHWARZWEISS IN KOMBINATION MIT FARBE
(a)
(b)
(c)
(d)
56
Abbildung 4.6: Zeitungsartikel (a) im Film Zelig imitieren den Stil der
zwanziger Jahre. Auch Photos mit prominenten Persönlichkeiten, wie jenes
des ehemaligen US-Präsidenten Coolidge (b) wurde manipuliert. Um den
Anschein einer Dokumentation zu bewahren, sprechen bedeutende Personen
in Farbsequenzen (c) über das Leben von Leonard Zelig (d). [Quelle: Zelig]
4.2
Farbakzente innerhalb des Schwarzweiß-Bildes
Neben der Montage von Farb- und Schwarzweiß-Sequenzen stellt die Funktion, Farbakzente innerhalb des Schwarzweiß-Bildes zu setzten, eine weitere
Gestaltungsmöglichkeit im Film dar. Auch bei der partielle Verwendung
von Farbe im Schwarzweiß-Film gibt es mehrere Funktionalitäten, die Farbe
übernehmen kann. Diese Farbmotivik im Schwarzweiß-Bild hat in der Geschichte des Films eine lange Tradition, und stellt gleichzeitig sowohl die einfachste, als auch die komplizierteste Farbwirkung im Film dar. Dabei kann
Farbe, laut Wulff, folgende drei grundlegende Eigenschaften übernehmen:
1. Farbe als Ausdrucksfunktion
2. Farbe als emotiv-affektive Assoziation
3. Farbe als symbolische Funktion [27].
Zu diesem Modell ist allerdings zu sagen, dass Farbe im Film nicht in
einer absoluten Ausdrucksfunktion auftritt. Farbe muss dabei immer im Bezug zum filmischen, kulturellen und zeitlichen Kontext gesehen werden. Das
KAPITEL 4. SCHWARZWEISS IN KOMBINATION MIT FARBE
57
bedeutet, dass etwa die Farbe Rot, welche der westlichen Vorstellungen nach
mit Liebe und Erotik, aber auch Tod verbunden wird, im Kontext zum Film
völlig neu besetzt werden kann. Dadurch kann diese Farbe losgelöst von ihrer symbolischen Funktion im Film verwendet werden. Hingegen bleibt die
emotiv-affektive Assoziation der Farbe Rot – diese wird als warme Farbe
voller Spannung empfunden – immer erhalten und kann nicht ersetzt werden. Diese Verknüpfung stellt darüber hinaus einen wichtigen ästhetischen
Faktor, der bei der Anwendung im Film berücksichtigt werden muss, dar.
Wenn Farbakzente innerhalb eines Schwarzweiß-Bildes verwendet werden, gibt es die Möglichkeit dass entweder nur eine oder mehrere Farbe
gleichzeitig auftreten. Tritt nur eine Farbe im Film auf, dient sie meist dazu
einen Handlungshöhepunkt oder einen Wendepunkt im Laufe der Geschichte
zu markieren. Treten mehrere Farben gleichzeitig auf, muss sowohl ihre Wirkung als auch ihre gegenseitige Beeinflussung berücksichtigt werden (siehe
Kap. 3.5).
4.2.1
Die Farbe Rot als Beispiel für das Motiv
Farbe spielt bei der visuellen Gestaltung von Bildkompositionen eine zentrale Rolle. Die Farbe stellt dabei ein untergeordneter Faktor der Bildspannung dar, und kann emotionale Wirkungen aufgrund ihrer spezifischen Farbsinnlichkeit auslösen. Die tatsächliche Wirkungskraft einer Farbe bestimmen
sowohl ihre Leuchtkraft, als auch ihre Fleckengröße [11]. Farben, die großflächig im Bild verteilt sind, werden vom Betrachter als spannungsgeladen
empfunden. Dabei haben Untersuchungen gezeigt, dass intensive Farben geradezu körperlich spürbar sind. Aus diesem Grund werden leuchtende Farbe
auch als Schockfarben bezeichnet [16, S. 237–239]. Dies gilt vor allem für
große gesättigte monochrome Farbflächen in den Grundfarben und allen
voran für Rot. Diese Farbe besitzt die größte Wellenlänge im Spektralband,
und springt buchstäblich ins Auge. Ein großer roter Fleck in einem ansonsten unbunten Bild besitzt visuelles Gewicht. Diese Fläche definiert und
verschiebt den Schwerpunkt des Bildes entscheidend. Auch im zweidimensionalen Bild entfaltet die Farbe Rot diese Raumwirkung, da Rot immer im
Vordergrund steht und niemals im Schatten anderer Dinge. Dabei kann die
Farbe Rot entweder die Funktion der Attraktion oder des Themas übernehmen [14, S. 44].
Zu einem der ersten Beispiele für die Umsetzung partieller farbiger Flächen innerhalb des Schwarzweiß-Bildes zählt Sergei M. Eisensteins Panzerkreuzer Potemkin (UdSSR 1925). Die handkolorierte rote Fahne der
Revolution steht beispielhaft und wegweisend für die dramaturgische Konfrontation von Schwarzweiß und Farbe. Wie ein visuelles Ausrufezeichen sitzt
die rote Fahne im unbunten Bild. Vor allem die symbolische Funktion der
Farbe Rot kommt in diesem Beispiel enorm zu tragen, da Rot die Farbe der
Revolution ist. Darüber hinaus setze Eisenstein auch die unbunten Farben
KAPITEL 4. SCHWARZWEISS IN KOMBINATION MIT FARBE
(a)
58
(b)
Abbildung 4.7: Durch ihren roten Mantel (a) hebt sich ein kleines Mädchen
von der Masse ab, und erringt dadurch sowohl die Aufmerksamkeit Oskar
Schindlers (b) als auch die des Zusehers. [Quelle: Schindlers List]
Schwarz, Weiß und Grau ihrer symbolischen Funktion nach ein. Das bedeutet, dass auch in den rein schwarzweißen Passagen Schwarz als negative
Farbe der Zerstörung, und Weiß als Farbe der Unschuld zu deuten ist.
Den Faktor der Aufmerksamkeitslenkung durch die Farbe Rot machte
sich auch Steven Spielberg in Schindlers List zu Nutze. Der sonst in
schwarzweiß gehaltene Film, setzt durch die Verwendung der Signalfarbe
Rot in einer Szene einen besonderen Akzent. Dabei irrt ein kleines Mädchen
im roten Mantel alleine durch das Warschauer Ghetto. In Verbindung mit
der Handlung der Sequenz wird der Zuseher dadurch in emotionale Spannung versetzt. Durch ihren rote Mantel hebt sich das Mädchen von den
anderen Gefangen ab. Diese Inszenierung hat in dieser Szene eine besonders
grausame Wirkung. Die Juden des Ghettos werden durch die Nazi-Soldaten
deportiert, oder gleich erschossen. Durch ihren Mantel, der optisch von der
grauen Umgebung hervorsticht, wird das Mädchen zum Individuum in einer
Masse, und lässt damit sowohl Oskar Schindler, als auch den Betrachter an
ihrem Schicksal teilhaben [14].
Durch die psychologische Verarbeitung des Rots zusammen mit dem
Kontext ihres Auftretens im Film empfindet man das Bild von packender
Spannung erfüllt. Schindlers List zeichnet sich aber nicht nur durch die
Verwendung des roten Farbakzentes im übrigen Schwarzweiß-Film aus, auch
dem Kontrast an sich kommt hier eine starke Bedeutung zu. Dabei wird die
Beleuchtung genutzt um die Charakterzüge Oskar Schindlers zur Geltung
zu bringen, und verschiedene emotionalen Momente zu intensivieren.
Der Film Pleasantville macht sich neben der Montage von Schwarzweiß- und Farbsequenzen auch das Gestaltungsmittel der farblichen Hervorhebung zu Nutze. Dabei können diese Akzente in einer oder in mehreren
Farben gleichzeitig im Bild auftreten. Besondere Aufmerksamkeit wird in
diesem Beispiel dem ersten farblichen Akzent in der schwarzweißen Vorstadt zu Teil. Dabei handelt es sich um eine rote Rose, die sich von den
KAPITEL 4. SCHWARZWEISS IN KOMBINATION MIT FARBE
59
übrigen grauen abhebt. Im Kontext zum Film wird hier auf die symbolische
Bedeutung der Farbe Rot angespielt.
Einen ähnlichen Platz wie Pleasantville nimmt auch Sin City aufgrund seiner optischen Gestaltung ein. Auch in diesem Film werden einoder mehrfarbige Akzente zur visuellen Hervorhebung im Schwarzweiß-Bild
eingesetzt. Der Unterschied besteht vor allem darin, dass im Film Pleasantville eine zeitliche Vermehrung dieser farbigen Elemente stattfindet.
Hier tritt Farbe das erste Mal in Form einer roten Rose in Erscheinung. Diese
Rose ist nur ein erstes Symbol für die beginnende Veränderung der schwarzweißen Kleinstadt-Welt. Durch die emotionale Entwicklung der Menschen
treten Farben im Laufe des Films immer öfters auf. Darüber hinaus werden
diese auch zum Gesprächsthema im Film selbst.
Im Gegensatz zu Pleasantville gibt es im Film Sin City keine Steigerung der farblichen Hervorhebung. Hier fließen diese Akzente zur farblichen
Betonung von Aktionen in die Handlung ein, ohne von den Figuren wahrgenommen zu werden. Dabei wird vor allem die Farbe Rot vermehrt als
Akzent im schwarzweißen Bild eingesetzt. Diese Farbe wird in Sin City
besonders oft den Frauenfiguren zugeschrieben. Bereits in der Anfangssequenz, die dem Comic-Roman The Babe Wore Red entnommen wurde,
bleibt Farbe nur der weiblichen Rolle vorbehalten. Darüber hinaus wird in
diesem Beispiel das Spiel der roten Lippen besonders geschickt inszeniert.
Durch das Anzünden einer Zigarette in Kombination mit den blutroten Lippen wird die gesamte Aufmerksamkeit des Betrachters auf den Mund der
weiblichen Figur gelenkt. Die dadurch aufgebaute Spannung, und erotische
Anspielung durch das Symbol der roten Lippen, wird in einer anschließenden
Kuss-Szene entladen.
Ein ebenso imposantes Spiel der roten Lippen – jedoch mit einer etwas
differenzierten Symbolik – bietet die Liebesszene zwischen Marv und der
Prostituierten Goldie zu Beginn von The Hard Goodbye. Auch hier bleibt
Farbe eine Eigenschaft der weiblichen Rolle. Während die Figur Marv durchgehend in Schwarzweiß dargestellt wird, verleihen Farbe und eine entsprechende Lichtstimmung dem weiblichen Part ein fast engelgleiches Aussehen.
Neben den rotblonden Locken tritt vor allem der glänzend rot geschminkte
Mund in den Vordergrund. Ebenso wiederholt sich die Farbe der Lippen in
jener der Bettwäsche. Diese ziert ein Bett ein Herzform. Dieses rote Herz
wird aus der Vogelperspektive sichtbar, und steht für jene tiefen Gefühle,
welche Marv für Goldie hegt.
Neben diesem Symbol der Liebe gibt es noch jenes der roten Lippen.
Dabei sind diese zu Beginn der Szene tiefrot geschminkt. In diesem Fall
symbolisiert die Farbe Rot sowohl das leidenschaftliche Temperament, als
auch das Leben selbst. Als Marv nach der gemeinsamen Liebesnacht erwacht,
wurde Goldie kaltblütig ermordet. Ihr toter Körper liegt neben ihm im Bett.
Ihre einst roten Lippen sind nun ohne jeden farblichen Akzent, und somit
schwarz dargestellt (Abb. 4.8). Das Leben ist somit verschwunden, wie der
KAPITEL 4. SCHWARZWEISS IN KOMBINATION MIT FARBE
(a)
60
(b)
Abbildung 4.8: Die rot glänzenden Lippen (a) von Goldie symbolisieren
Erotik und Leben. Nach ihrem Tod sind diese nur mehr schwarz (b). [Quelle:
Sin City]
(a)
(b)
Abbildung 4.9: Rotes Blut verkörpert in Sin City vor allem Menschlichkeit
(a). Im Gegensatz dazu wird den herzlosen Figuren weißen Blut zugewiesen
(b). [Quelle: Sin City]
rote Glanz ihrer Lippen.
Wird im Film Sin City die Farbe Rot dennoch einer männlichen Figur
zu Teil, dann meist nur als Symbol der physischen Verletzbarkeit. Dabei
muss allerdings zwischen den verschiedenen Lagern unterschieden werden.
Rotes Blut zeichnet nur jene Helden, die gute Absichten hegen, aus. Den
männlichen Figuren der Schattenseite wird weißes oder gelbes Blut zugewiesen (Abb. 4.9). Aus diesem Grund kann die Farbe Rot hier auch als Zeichen für Menschlichkeit gedeutet werden. Wenn auch ihre Methoden meist
fragwürdig sind, so verfolgen die Figuren Dwight, Marv und Hartigan doch
gerechte Ziele in der Stadt voller Sünden. Im Gegensatz hierzu symbolisiert
das weißen Blut menschliche Leere und Kaltblütigkeit.
Kapitel 5
Conclusio
Die Annahme, dass Filme bis zu Beginn der sechziger Jahre durchgehend
Schwarzweiß war, ist ein Irrglaube. Denn die Geschichte der Ästhetik von
Schwarzweiß im Kino ist eng mit jener der Farbe verbunden. Sowohl Schwarzweiß, als auch Farbe haben eine lange Tradition im Film, und schon früh
gab es Versuche diese beiden Gestaltungsmittel miteinander zu vereinen.
Aus diesem Grund wurden schon früh in der Filmgeschichte Verfahren wie
Hand- und Schablonenkolorierung, oder Virage und Tonung entwickelt, um
Farbe ins Grau des Films zu bringen. Dabei verleiht jede dieser Technik dem
Film ein ganz spezielles Aussehen und eine eigene Ästhetik. Doch mit der
Erfindung des Farbfilms sind Virage und Tonung wieder verworfen worden,
da das Färbebad die Tonspur unbrauchbar gemacht hat. Erst zu diesem
Zeitpunkt wurden Filme in reinem Schwarzweiß populär, und Genres – wie
jenes des Film Noir – griffen diese Thematik in ihren Gestaltungsprinzipien
auf. In der heutigen Zeit haben sich vor allem Spartenfilme die Verwendung
von Schwarzweiß zum Charakteristika gemacht. Dabei wird hier in erster
Linie auf Farbe verzichtet, um den Betrachter nicht von der oft komplexen
Handlung abzulenken.
Über die Jahre wurden unterschiedliche Farbverfahren für den Film entwickelt, die teilweise auch politische und ideologische Hintergründe haben.
Doch die Verwendung von Farbe im Film war bis zu den sechziger Jahren
in erster Linie eine ökonomische Frage. Die Produktion mittels Farbfilm war
teuer, und so überlegten sich Filmemacher andere Möglichkeiten von diesem
neuen Medium Gebrauch zu machen. So kam es, dass an Stelle von ganzen
Filmen nur einige Sequenzen in Farbe gedreht, und der sonstige Film weiterhin in Schwarzweiß gehalten wurde. Auf diese Weise entstand die neue
Möglichkeit, Farbe und Schwarzweiß durch die Montage von verschiedenen
Sequenzen im Film zu vereinen. Und so wurde diese Thematik fast ein halbes
Jahrhundert später wiederum aufgegriffen und neu umgesetzt. Durch den aktuellen Stand der Technik zu Beginn des einundzwanzigsten Jahrhundert ist
es nun möglich, dieses Gestaltungsmittel erneut aufzugreifen und weiter zu
61
KAPITEL 5. CONCLUSIO
62
perfektionieren. Als aktuelles Beispiel, wie diese Farbakzente gestalterisch
und ästhetisch auf hohes Niveau gebracht werden können, bietet sich die
Comic-Verfilmung Sin City an. Wie die Geschichte zeigt, ist der Stil – Farbe
und Schwarzweiß zu vereinen – nicht neu, die Umsetzung in diesem Film allerdings schon. Durch die eingesetzten, vorwiegend gelben und roten Farbakzente werden Personen oder Handlungen unterstrichen oder hervorgehoben.
Die einzelnen Farben bilden dabei einen besonderen Kontrast zum übrigen
Schwarzweiß, welches durch besonders wenig Graustufen gekennzeichnet ist.
Durch diesen harten Kontrast zu fast reinem Schwarz und Weiß, treten die
jeweiligen monochromen Farben noch stärker hervor. Möglich wurde diese
visuell-ansprechende Umsetzung dank moderner Greenbox-Aufnahmen und
digitalem Compositing.
Auch der zweite Teil der Sin City-Verfilmung – der voraussichtlich diesen Sommer im Kino anlaufen wird – soll die Zuschauer durch den selben,
düsteren Look beeindrucken wie der Erste. Damit gesellen sich diese beiden
in eine Reihe anderer, aktueller Filme. Wie schon bereits Sky Captain and
the world of Tomorrow davor, greifen diese Filme die verschiedene
Filmstile der Vergangenheit auf und transferieren diese in die Gegenwart.
Dies geschieht bei diesen Beispielen mittels moderner Digitaltechnik, die
es vereinfacht den gewünschten Filmlook zu erzeugen. Mussten in den früheren Tagen der Filmgeschichte noch verschiedenste Hilfsmittel verwendet
werden, um etwa den passenden Grauton zu treffen, helfen in der heutigen Zeit unterschiedliche digitale Werkzeuge weiter. Dadurch ergibt sich ein
weiterer, wichtiger Schritt wenn es um den Kontrast von Farbe und Schwarzweiß als Gestaltungsmittel im Film geht. Damit bleibt nun abzuwarten, ob
sich mehrere Regisseure an dieser neue technische Umsetzungsmöglichkeit
orientieren, und sich gleichzeitig von den klassischen Filmmethoden inspirieren lassen, oder ob vielleicht neue gestalterische Errungenschaften in der
Vereinigung von Farbe und Schwarzweiß im Film gemacht werden.
Anhang A
Filmographie
Titel
Alabama: 2000 Light
Years from Home
Alice in den Städten
Arbeiter verlassen die
Lumière-Werke
Batman
Broadway Danny Rose
Coffee and Cigarettes
Daredevil
Die Spur des Falken
Der Stand der Dinge
Double Indemnity
Down by Law
Ed Wood
Flowers and Trees
Forrest Gump
Good Night, and Good
Luck
Hable von ella
Heavenly Creatures
Heimat – Eine deutsche
Chronik
Heimweg
Hero
Im Lauf der Zeit
I, The Jury
I was a male bride
Jezebel
Regie
Wim Wenders
Jahr
1969
Wim Wenders
Gebrüder Lumière
1974
1895
Schwarzweiß
Schwarzweiß & Farbe
Tim Burton
Woody Allen
Jim Jarmusch
Mark Steven Johnson
John Huston
Wim Wenders
Billy Wilder
Jim Jarmusch
Tim Burton
Burt Gillett
Robert Zemeckis
George Clooney
1989
1984
2003
2003
1941
1982
1944
1986
1994
1932
1994
2005
Farbe (Technicolor)
Schwarzweiß
Schwarzweiß
Farbe
Schwarzweiß
Schwarzweiß
Schwarzweiß
Schwarzweiß
Schwarzweiß
Farbe (Technicolor)
Schwarzweiß & Farbe
Schwarzweiß
Pedro Almodóvar
Peter Jackson
Edgar Reitz
2002
1994
1984
Schwarzweiß & Farbe
Schwarzweiß & Farbe
Schwarzweiß & Farbe
Zhang Yimous
Yimou Zhang
Wim Wenders
Harry Essex
Howard Hawks
William Wyler
1999
2002
1976
1953
1949
1938
Schwarzweiß & Farbe
Schwarzweiß & Farbe
Schwarzweiß
Schwarzweiß
Schwarzweiß
Schwarzweiß
63
Farbe
Schwarzweiß
ANHANG A. FILMOGRAPHIE
JFK
King Kong
Kiss Me Deadly
Le jardinier
Le voyage de la lune
Manhattan
Memoirs of a Geisha
Nosferatu, eine Symphonie des Grauens
Once upon a time in
Mexico
Panzerkreuzer Potemkin
Paper Moon
Pleasantville
Raging Bull
Schindlers List
Sin City
Sky Captain and the
world of Tomorrow
Smoke
Some like it hot
Spiderman
Spy Kids
Stardust Memories
Strangers on a Train
Stranger Than Paradise
Summer in the City
The great dictator
The Headless Horseman
The Last Days of Pompeii
The Last Picture Show
The man who wasn’t
there
The picture of Dorian
Gray
The purple rose of Cairo
The Thin Man
The Wizard of Oz
The Women
64
Oliver Stone
Peter Jackson
Robert Aldrich
Louis Lumière
Georges Méliès
Woody Allen
Rob Marshall
F.W. Murnau
1991
2005
1955
1895
1902
1979
2005
1922
Schwarzweiß & Farbe
Farbe
Schwarzweiß
Schwarzweiß
Schwarzweiß
Schwarzweiß
Farbe
Schwarzweiß
Robert Rodriguez
2003
Farbe
Sergei M. Eisenstein
1925
Schwarzweiß & Farbe
Peter Bogdanovich
Gary Ross
Martin Scorsese
Steven Spielberg
Robert Rodriguez
Frank Miller
Kerry Conran
1973
1998
1980
1993
2005
Schwarzweiß
Schwarzweiß
Schwarzweiß
Schwarzweiß
Schwarzweiß
2004
Farbe
Wayne Wang
Billy Wilder
Sam Raimi
Robert Rodriguez
Woody Allen
Alfred Hitchcock
Jim Jarmusch
Wim Wenders
Charles Chaplin
Edward D. Venturini
Carmine Gallone
1995
1959
2002
2001
1980
1951
1984
1970
1940
1922
1926
Schwarzweiß & Farbe
Schwarzweiß
Farbe (DeLuxe)
Farbe
Schwarzweiß
Schwarzweiß
Schwarzweiß
Schwarzweiß
Schwarzweiß
Schwarzweiß
Schwarzweiß & Farbe
Peter Bogdanovich
Joel Coen
1971
2001
Schwarzweiß
Schwarzweiß
Albert Lewin
1945
Schwarzweiß & Farbe
Woody Allen
W.S. Van Dyke
Victor Fleming
George Cukor
1985
1934
1938
1939
Schwarzweiß & Farbe
Schwarzweiß
Schwarzweiß & Farbe
Schwarzweiß & Farbe
&
&
&
&
&
Farbe
Farbe
Farbe
Farbe
ANHANG A. FILMOGRAPHIE
Wallers Letzter Gang
Young Frankenstein
Zelig
Christian Wagner
Mel Brooks
Woody Allen
65
1988
1974
1983
Schwarzweiß & Farbe
Schwarzweiß
Schwarzweiß & Farbe
Anhang B
Inhalt der CD-ROM
File System: Joliet
Mode: Single-Session (CD-ROM)
B.1
Diplomarbeit
Pfad: /Diplomarbeit/
Da kogler.dvi . . . . . .
Da kogler.pdf . . . . . .
Da kogler.ps . . . . . .
B.2
Diplomarbeit (DVI-File, ohne Grafiken)
Diplomarbeit (PDF-File)
Diplomarbeit (PostScript-File)
LaTeX-Dateien
Pfad: /Diplomarbeit/
images/ . . . . . . . . .
Bilder und Grafiken
Alle für diese Diplomarbeit benötigten LaTeX-Dateien – d.h. das Hauptdokument, sowie die einzelnen Kapitel – sind auf der CD-ROM im Ordner
Diplomarbeit“ abgespeichert. Hier lassen sich darüber hinaus auch die be”
nötigten Style-Dateien finden. Im Unterordner images“ befinden sich alle in
”
der Arbeit verwendeten Grafiken und Bilder als eps-Dateien.
B.3
Literatur
Pfad: /Literatur/
fxblog2183 dateien/ . .
fxblog2183.html . . . .
fxblog2183.pdf . . . . .
Bilder der Website
Website
pdf-Datei der Website
66
ANHANG B. INHALT DER CD-ROM
67
Im Ordner Literatur“ befinden sich jene Websiten, die im Literaturverzeich”
nis angeführt sind. Dabei ist sowohl eine Kopie der Website im html-Format,
als auch im pdf-Format vorhanden.
Glossar
Aufhellung
Die Aufhellung dient dazu die Schatten des Hauptlichts aufzuhellen. In den meisten Fällen wird
dazu diffuses Licht verwendet, welches aus der
Aufnahmerichtung in die Szene leuchtet. Die Stärke
des Aufhellung richtet sich nach dramaturgischen
Absicht der Szene und den Kontrastmöglichkeiten. Dementsprechend wird hier mit einem Stufenlinsenscheinwerfer, einer Flächenleuchte oder
einem Weichstrahler gearbeitet.
Chrominanz-Key
Der Begriff des Chrominanz-Keys wird in der Postproduction bei der Erstellung von Masken verwendet. Geschieht dieses Verfahren automatisch,
indem die freizustellenden Gebiete anhand charakteristischer Merkmale erkannt werden, spricht
man von Keying. Werden dazu bestimmte Farbwerte gewählt, spricht man vom Chrominanz-Key.
Dreifarben-Technicolor
Mit dem Dreifarben-Technicolor-Material lag 1932
das erste Mal ein Farbfilm vor, der alle Farben des
Lichtspektrums wiedergeben konnte. Aufgezeichnet wurde mittels einer Drei-Farben-Kamera, die
das Licht spaltete um jeweils ein SchwarzweißNegativ durch einen grünen, einen blauen und
einen roten Filter zu belichten. Von diesen Negativen wurden dann Schablonen für die drei unterschiedlichen Farbauszüge angefertigt.
Dynamikumfang
Der Begriff Dynamikumfang – oder auch nur Dynamik – wird verwendet, um den Werteumfang
eines Signals zu charakterisieren. Für digitale Bilder bezeichnet der Dynamikumfang den Quotienten aus dem größten und den kleinsten Helligkeitswert des Bildes.
Fleckengröße
Die Fleckengröße ist ein entscheidender Faktor
bei der Wirksamkeit von Farbe. Je vollständiger
68
GLOSSAR
69
eine Farbfläche das Blickfeld des Betrachters umfasst, desto effizienter kommt ihre Wirkung zur
Geltung. Wird ein Aktivierungseffekt angestrebt,
ist der Großteil der Bildfläche von einer monochromen Leuchtfarbe erfüllt.
Gradation
Die Gradation ist ein Maß dafür, wie die Zwischentöne eines Bildes reproduziert werden. Dabei werden in Bildern mit vielen Zwischentönen,
Feinheiten von Gegenständen, Strukturen und
Oberflächen besser wahrgenommen.
Hauptlicht
Das Hauptlicht ist jenes Licht, welches ein Motiv moduliert und Schatten schafft. In der Natur stellt beispielsweise die Sonne das Hauptlicht
dar. Durch die Position des Hauptlichts im Studio kann festgelegt werden, wie die Beleuchtung
wirkt. Dabei kann durch das Hauptlicht sowohl
Weichheit als auch Struktur im Bild generiert
werden.
Hintergrund
Zum Hintergrund – im Sinne der Beleuchtung
– kann auch Raumlicht oder Grundlicht gesagt
werden. Dabei wird der szenische Hintergrund
und andere Teile der Dekoration ausgeleuchtet,
um die in der Szene vorhandenen Kontraste einander anzugleichen. Hier können etwa Weichstrahler eingesetzt werden, die durch ihr ungerichtetes
Licht für die gewünschte Grundstimmung sorgen.
Keying
Keying ist ein Fachbegriff, der in der Postproduction Verwendung findet. Dabei werden gleichmäßige Helligkeits- oder Farbbereiche im Bild zur
Erstellung einer Maske verwendet. Siehe auch
Chrominanz-Key.
Matte-Künstler
Der Matte-Künstler stellt naturalistische Bilder
her, die mit Szenen aus einem Film optisch kombiniert werden. Dadurch entstehen Illusionen mit
der nicht existente Hintergründe, Häuserteile etc.
suggeriert werden. Wurden die so genannten MattePaintings früher noch auf Leinwand oder Glas gemalt, werden diese in der heutigen Zeit fast ausschließlich digital erzeugt.
Nachteffektaufnahme
Die Nachteffektaufnahme ist besser bekannt unter ihrer englischen Bezeichnung ‘Day-for-Night’.
Damit wird jene Technik bezeichnet, tagsüber ge-
GLOSSAR
70
drehte Filmaufnahmen zu manipulieren um dem
Betrachter den Eindruck einer Nachtaufnahme
zu vermitteln. Die einfachste Form der Umsetzung dieses Effekts beruht auf der Minimierung
der Helligkeit.
Primärfarben
Primärfarben bezeichnen die Grundfarben eines
Farbmodells. Ausgehend von der additiven Farbmischung sind Primärfarben die Farben Rot, Grün
und Blau. Im subtraktiven Farbsystem sind es
hingegen Cyan, Magenta und Yellow.
Screwball-Comedy
Bei der Screwball-Comedy handelt es sich um
eine Spielart der Komödie, die in der amerikanischen Depression der dreißiger Jahre entstand.
Diese Form der Komödie spielt meist in der gehobenen Gesellschaft, und ist von atemlosen Wortgefechten und zynischen Bemerkungen geprägt.
Vor allem in den Frauenrollen fand hier eine Umwertung statt: Sie sind meist der überlegene und
aktivere Part, und kennen keine Tabus. Ursprünglich stammt der Begriff ‘Screwball’ aus dem Baseball, und bezeichnet dort einen angeschnittenen
Ball.
Sekundärfarben
Sekundärfarben sind jene Farben, die durch Mischung von Primärfarben untereinander entstehen. Dabei sind beispielsweise Sekundärfarben des
additiven Farbsystems Primärfarben des subtraktiven und umgekehrt.
Spitze
Die Spitze stellt jenes Licht dar, welches dazu verwendet wird Personen oder Objekte optisch vom
Hintergrund zu trennen. Ebenso kann durch das
Spitzlicht einem Bild mehr Tiefe gegeben werden.
Eine Sonderform des Spitzlichts stellt die Gloriole dar. Dabei entsteht durch das Spitzlicht ein
dominanter Lichtsaum bei den Haaren des Darstellers. Als Spitzlichter werden hart fokussierte
Stufenlinsenscheinwerfer eingesetzt.
Literaturverzeichnis
[1] Amsler, A.: Rückblende. Vom Schwarzweissfilm zum Digitalvideo –
Fünfzig Jahre Produktionstechnik . Chronos Verlag, Zürich, 2004.
[2] Arnheim, R.: Kritiken und Äufsätze zum Film. Carl Hanser Verlag,
München, 1977.
[3] Brinkmann, R.: The Art and Science of Digital Compositing. Morgan
Kaufmann, San Francisco, 1999.
[4] Cameron, I.: The book of film noir . Continuum, New York, 1993.
[5] Dunkler, A.: Die chinesische Sonne scheint immer von unten – Lichtund Schattengestaltung im Film. TR-Verlagsunion, München, 1993.
[6] Eisenstein, S. M.: Schriften 2 – Panzerkreuzer Potemkin. Carl Hanser
Verlag, München, 1973.
[7] FX-Guide: Interview: Troublemaker Digital Studios on Sin City“ .
”
URL, http://www.fxguide.com/fxblog2183.html, April 2005. Kopie auf
CD-ROM.
[8] Grafe, F.: Filmfarben. Brinkmann und Bose, Berlin, 2002.
[9] Grob, N.: Zwischen Licht und Schatten. Essays zum Kino. Gardez!Verlag, Sankt Augustin, 2003.
[10] Hickethier, K.: Film- und Fernsehanalyse. J. B. Metzler Verlag,
Stuttgart/Weimar, 2001.
[11] Itten, J.: Kunst der Farbe – Subjektives Erleben und objektives Erkennen als Wege zur Kunst. Seemann, Leipzig, 2001.
[12] Koshofer, G.: Color – Die Farben des Films. Wissenschaftsverlag
Volker Spiess, Berlin, 1988.
[13] Manthey, D.: Making of...Wie ein Film entsteht 2 . Rowohlt, Reinbek
bei Hamburg, 2003.
[14] Marschall, S.: Farbe im Kino. Schüren Verlag, Marburg, 2005.
71
LITERATURVERZEICHNIS
72
[15] Mehnert, H.: Die Farbe in Film und Fernsehen. VEB Fotokinoverlag,
Leipzig, 1974.
[16] Mikunda, C.: Kino spüren – Strategien der emotionalen Filmgestaltung. WUV-Universitätsverlag, Wien, 2002.
[17] Miller, Frank und Rodriguez, R.: Sin City The Making Of The
Movie. Troublemaker Publishing, Austin, Texas, 2005.
[18] Millerson, G.: Handbuch der Beleuchtungstechnik für Film- und
Fernsehproduktionen. Fachbuchverlag, Wesseling, 1999.
[19] Monaco, J.: Film verstehen. Kunst, Technik, Sprache, Geschichte und
Theorie des Films und der neuen Medien. Rowohlt, Reinbek bei Hamburg, 2002.
[20] Robertson, B.: Mehr als ein Comic, mehr als ein Film: Sin City“ .
”
Digital Production, 6:30–35, 2005.
[21] Röwekamp, B.: Vom film noir zu méthode noire – die Evolution filmischer Schwarzmalerei. Schüren Verlag, Marburg, 2003.
[22] Salt, B.: Film Style and Technology: History and Analysis. Starword,
London, 1992.
[23] Schmidt, U.: Digitale Film- und Videotechnik . Carl Hanser Verlag,
München, 2002.
[24] Stanley, R. H.: Making Sense of Movies: Filmmaking in the Hollywood Style. McGraw-Hill, New York, 2003.
[25] Töteberg, M.: Metzler Filmlexikon. J. B. Metzler Verlag, Stuttgart/Weimar, 1995.
[26] Webers, J.: Handbuch der Film- und Videotechnik . Franzis-Verlag,
München, 1993.
[27] Wulff, H.: Die signifikante Funktion der Farbe im Film.
kas/Code - Ars Semeiotica, 11, 3-4:363–376, 1988.
Kodi-

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