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31 REPORT HORIZONT 45/2015 5. November 2015 www.horizont.net/report LUXUSMARKETING Halbe Kraft voraus Von Bettina Sonnenschein Der Luxusgütermarkt legt erneut zu, wenn auch verhalten: Turbulenzen an den russischen und chinesischen Finanzmärkten verunsichern die Kunden D as Wachstum verlangsamt sich: Währungsschwankungen sind der Hauptgrund dafür, dass der weltweite Luxusmarkt im vergangenen Jahr erneut nicht mehr so stark zulegen konnte wie in den Jahren zuvor. Laut dem jährlich veröffentlichten „Worldwide Luxury Report“ von Bain & Company wird die Umsatzsteigerung – nach Berücksichtigung aller Währungsschwankungen – bis zum Jahresende auf etwa 5 Prozent geschätzt. Der Gesamtmarkt würde damit dennoch mehr als eine Billion Euro erreichen. Den größten Anteil dieses Mark- tes, in dem das Beratungsunternehmen zehn Kategorien zusammenfasst, haben Luxusautos. Allein durch sie werden 2015 rund 405 Milliarden Euro umgesetzt, eine Steigerung von 8 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Die sogenannten Personal Luxury Goods, also Produkte wie Leder-Accessoires, Mode, Kosmetik und Parfüm, legen nur ein bis zwei Prozent zu auf 253 Milliarden Euro. Die Währungsabwertung in China und die Russland- und Ukraine-Krise dürften die wichtigsten Faktoren sein, die den Kaufdrang derzeit etwas vermindern. Hinsichtlich des deutschen Marktes ist Petra-Anna Herhoffer, Leiterin des Inlux Instituts für Luxus in München, davon überzeugt, dass das momentan verlangsamte Wachstum erst den Anfang einer Stagnationsphase darstellt: „Ich bin sicher, dass es in den kommenden Jahren eine sichtbare Delle geben wird. Angesichts der vielen Flüchtlinge werden sich Luxuskäufer hierzulande die Gewissensfrage stellen: Brauche ich dieses Schmuckstück oder dieses Kleidungsstück wirklich?“ W as nicht heißt, dass Luxusgüter generell nicht mehr gefragt sind: „Der Trend, sich etwas Gutes zu tun, teuer zu reisen, wird stärker werden“, so Herhoffer. Dort, wo er zum Lebensstil dazugehört oder bewusste Belohnung ist, bleibt Luxus unangetastet. Das scheint auch eine weitere Erkenntnis aus der Bain-Studie zu bestätigen: Im Food-Bereich, bei Wein, Spirituosen und Wasser, bei Luxushotels sowie im Kunstmarkt zieht der Konsum an. Eine Art Besinnungsluxus sei das, so Herhoffer. „Konsumenten werden mehr Geld ausgeben, wenn es um Investments in die eigene Leistungsfähigkeit geht.“ Rupert Wild, Inhaber und Gründer des Münchner Unternehmens White Communications, spricht von einer zunehmenden Volatilität der Märkte im Luxussegment: „Diese stellt die Unternehmen vor große Herausforderungen“, sagt er. „Einerseits entstehen immer wieder neue Märkte, etwa in aufstrebenden Volkswirtschaften in Asien oder Lateinamerika. Andererseits brechen große, etablierte Märkte oft von heute auf morgen aufgrund von Verwerfungen in der Politik, an den Finanzmärkten oder an den Börsen ein.“ Aus Zielgruppenperspektive steht das Digitale derzeit bei ihm im Fokus: Dort sieht Wild gerade die spannendste Entwicklung: Führt der Weg zum Kunden über Online (siehe Seite 38)? Wie verändert der E-Commerce die Prachtboulevards der Metropolen? Wer hat die Deutungshoheit bei der Imagebildung? Das strategische Marketing oder das Netz mit seiner Stilprägung durch Trendsetter in Blogs und Postings? Diese Fragen gilt es zu beantworten, wobei Wild feststellt: „Die Herausforderungen führen bei vielen Marktteilnehmern eher zu Unsicherheit als zu Entschlossenheit.“ Sie bewegten sich zu oft „strategiefrei zwischen den Polen“. FOTO: COLOURBOX Leidet unter Stagnation: Die Nachfrage nach Yachten aus BRIC-Staaten lässt spürbar nach ZUM THEMA Netz-Haptik Um das Digitale kommen Luxusmarkenhersteller nicht herum, auch sie müssen online präsent sein. Auf ihre Premiumfläche im stationären Handel können sie dennoch nicht verzichten. Denn während für viele „normale“ Produkte inzwischen ein E-Commerce-Auftritt oder die Listung bei einem Onlinehändler genügt, will der Luxuskäufer nach wie vor persönlich bedient werden. Verständlich, bezahlt er doch nicht nur für Marke, Qualität und Image, sondern auch für das ganz besondere Gefühl, ein geschätzter Kunde zu sein. Auch dann, wenn er sich das teure Objekt bereits von allen Seiten im Internet besehen hat. Das haptische Erlebnis und dazu ein Glas Champagner im Laden – erst so wird der Luxuskauf perfekt. Beim Online-Auftritt von Luxusherstellern muss also vor allem gelingen, mit Information die Kauflust zu verstärken, um dann den Umsatz in der eigenen Wertschöpfungskette zu halten. Bettina Sonnenschein Ressort Specials INHALT Print: Magazine mit luxusaffinen Lesern erweitern ihre multimediale Präsenz. 32 Apple Watch: Luxusuhrenhersteller ziehen mit eigenen intelligenten Modellen nach. 34 Interview: Hublot-CEO Jean-Claude Biver setzt auf Digitalmarketing und Fußball. 35 Kooperation: Maserati und Ermenegildo Zegna bauen ihre Zusammenarbeit aus. 36 Know-how: Der „Luxury Fashion Report“ zeigt den Markt aus Konsumentensicht. 38 Anzeige 32 REPORT LUXUSMARKETING HORIZONT 45/2015 5. November 2015 In jedem Fall glamourös Die luxusaffine Leserschaft nutzt eine große Auswahl an Magazinen. Verlage versuchen, ihr auch online etwas zu bieten Von Roland Karle M atteo Thun hat die Einrichtung der Münchner Edeldisko P1 entworfen, aber auch Uhren für Bulgari und Swatch, Gläser für Campari, Porzellan für Rosenthal. Privat liebt der italienische Stardesigner leere Räume, Anzüge von Prada und handgenähte Schuhe mit Kalbsledersohle. Diese Details seines persönlichen Luxuslebens hat der 63-Jährige gerade in „Splendid“ gelüftet, dem Supplement des „Manager Magazins“ (MM). 36 Seiten umfasst es, ein Drittel davon ist Werbung. „Wir werden das Anzeigengeschäft perspektivisch ausbauen“, sagt Norbert Facklam, Leiter des Vermarkters Spiegel QC. Im Frühjahr 2014 erstmals erschienen, sind für das kommende Jahr drei Ausgaben angekündigt. Die Erlöse aus dem Luxussegment seien beim „Manager Magazin“ sehr stabil. „Werbekunden, die eine hochkarätige Zielgruppe ansprechen möchten, erreichen eine hohe Treffgenauigkeit“, so Frauen- und Food-Themen dominieren Facklam. Ein Argument, das er beLieblingslektüre der prestigeorientierten Luxus-Shopperin* legen kann. Anerkannte Zeitschriftensegment Index** Anzahl in Mio. Markt-Media-Studien, von 14-tägliche Frauenzeitschriften 264 0,80 der Allensbacher Markt- und Ess-Zeitschriften 237 0,86 Werbeträgeranalyse (AWA) Monatliche Frauenzeitschriften 223 1,37 bis zu Best for Planning Aktuelle wöchentliche Frauenzeitschriften 193 1,18 (B4P), listen WirtschaftsmeWohn-/Gartenzeitschriften 182 1,30 dien wie „MM“, „WirtRegionale Sonntagszeitungen 172 0,03 schaftswoche“ und „Capital“ Tiermagazine 161 0,14 diesbezüglich ganz oben. Elternzeitschriften 150 0,27 Was nicht weiter überrascht, Unterhaltende wöchentliche Frauenzeitschriften 144 1,05 schließlich gehören die meisÖkologie und Umwelt 135 0,12 ten Leser zu den gebildeten * bezogen auf Beauty-Produkte; innerhalb der Beauty-Frauen-Typologie zählen 11 Prozent Gutverdienern, die sich „ger(3,97 Mio.) zur „prestigeorientierten Luxus-Shopperin”, für die u. a. folgende Attribute charakteristisch sind: anspruchsvoll und ausgabefreudig, stark interessiert an Kosmetik, ne teure Sachen leisten“ – so selten ohne Make-up, verwöhnt sich ausgiebig mit kostbaren Produkten ** Vergleich Frauen zur Grundgesamtheit (Basis: Index 100) lautet die Definition für LuGrundgesamtheit: 69,24 Mio., 30 177 Fälle xusinteressierte in B4P – und Quelle: Best for Planning 2015 / I HORIZONT 45/2015 auch bezahlen können. Das „Handelsblatt“ gibt seit Herbst 2014 ein eigenes MagazinSupplement heraus, die „FAZ“ hat ihres erweitert, „Süddeutsche Zeitung“ und „Die Zeit“ sind seit Jahren jede Woche mit hochwertigen Beilagen präsent. Entscheidermedien – von der Wirtschaftspresse bis zu den überregionalen Zeitungen – gehören im Mediaplan von Luxusmarken zu den festen Größen. Gleichwohl: Stammplätze sind selten, die Verlage müssen kämpfen, um Werbungtreibende zu überzeugen. Denn auch andere bieten ein passendes Umfeld. So haben Titel für Essen, Wohnen und Garten Leser, denen Prestige überdurchschnittlich wichtig ist (siehe Tabelle). Zu den favorisierten Segmenten zählen zudem und vor allem gehobene Frauenzeitschriften, insbesondere Premiumtitel wie „Vogue“, „Elle“ und „Madame“. Zum Frühjahrs- und Herbstbeginn wachsen deren Ausgaben häufig auf Katalogstärke an. „Printtitel und ganz speziell hochwertige Hochglanzmagazine zählen nach wie vor zu den beliebtesten Werbeformaten für Luxusmarken“, bekräftigt Dorina Geilenkirchen, Anzeigenleiterin von „Madame“. D as gilt noch mehr, wenn außergewöhnliche Anlässe hinzukommen, so wie gerade der 35. Geburtstag von „Cosmopolitan“. „Die Oktober-Ausgabe hat ein dickes Anzeigenplus erwirtschaftet. Von der erhöhten Aufmerksamkeit profitieren auch die Folgeausgaben. Das hebt unser 4. Quartal über das Ergebnis des Vorjahres“, berichtet Monika Fendt, Verlagsgeschäftsführerin Bauer Premium. Kein Grund allerdings, sich auszuruhen. Denn im „Zeitalter der Unaufmerksamkeit“ sei es essenziell, die Leserin immer wieder aufs Neue zu überraschen, betont „Cosmopolitan“-Chefredakteurin Anja Delastik. „Durch den Einfluss digitaler Medien ist der Anspruch an die Herangehensweise und Umsetzung von Geschichten enorm gestiegen.“ Print muss sich durch Qualität, Expertise und Opulenz von digitalen Inhalten abgrenzen – und zugleich Brücken in die Onlinewelt bauen. Darin sind sich die Verantwortlichen der Premiummagazine einig. Und sie handeln danach. So wurden bei „Elle“ im Sommer vergangenen Jahres Print und Online redaktionell zusammengelegt. Seither sei die Zahl der Visits um 141 Prozent auf über 1,2 Millionen gestiegen. „Wir erreichen digital knapp eine halbe Million Menschen, das hilft uns natürlich auch in der Vermarktung“, sagt Elfi Langefeld, Managing Director Burda Style Luxury. Die meisten Verlage bauen ihr redaktionelles und Vermarktungsangebot aus. Es ist die logische Folge „einer immer stärkeren Nachfrage nach kreativen, individuellen Konzepten“, erklärt „Madame“-Managerin Geilenkirchen. „Auch im Luxussegment geht der Trend zur ganzheitlichen Kommunikation.“ Condé Nast beispielsweise hat eigens die „Condé Nast Manufaktur“ geschaffen, eine auf Premiummarken spezialisierte ContentMarketing-Unit. Zu ihr gehören VideoAbteilung, Fotostudio und die sogenannte Creative-Solutions-Einheit, die medi- enübergreifende Konzepte für Kunden entwickelt. A ll das funktioniert natürlich nur, wenn die Magazine multimedial präsent sind. „Ob gedruckt, online, in Social Media oder auf Events – wir bauen die Touchpoints unserer Marken kontinuierlich aus“, sagt Susanne FörgRandazzo, Publisher „Vogue“ und „AD Architectural Digest“. Einen willkommenen Nebeneffekt der digitalen Auftritte nennt „Madame“-Chefredakteurin Petra Winter: „Dadurch erreichen wir jüngere Zielgruppen.“ Doch „die Quelle an Inspiration bleibt Print“, ist Alexander Geringer überzeugt. „Die lokale Informationsvernetzung kann dann gut über Internet aufgelöst werden.“ Der Ahead-Media-Verleger hat 2013 die von Klambt nach einem Jahr eingestellte deutsche „Flair“ wiederbelebt. Zusammen mit dem österreichischen Heft kommt die deutschsprachige Ausgabe im 3. Quartal 2015 auf rund 20000 Abos und 25000 verkaufte Exemplare im Einzelhandel. Die Entwicklung versetzt Geringer in Jubellaune: „Im Einzelverkauf ist das eine Punktlandung, im Abo sogar ein Volltreffer, und im Anzeigenmarkt ist das Comeback von ,Flair‘ das Wunder von Berlin.“ Im Fokus: Zeitschriften HORIZONTREPORT ist ein Sonderteil von HORIZONT, Zeitung für Marketing, Werbung und Medien Chefredaktion: Dr. Uwe Vorkötter (V.i.S.d.P.), Volker Schütz, Jürgen Scharrer Ressortleitung: Dr. Jochen Zimmer Telefon 069/7595-2695 E-Mail: [email protected] Redaktion: Bettina Sonnenschein, Anna Lisa Lüft, Giuseppe Rondinella Laut der Markt-Media-Studie „Best for Planning“ zählen 20,7 Millionen Menschen hierzulande zu den „Luxusorientierten“, also Personen, die sich gern teure Sachen leisten. Nach Geschlechtern betrachtet zeigt sich: Fast jeder dritte Mann (32 Prozent) mag Luxus, bei den Frauen sind es 28 Prozent. Es gibt Zeitschriften, deren Leserschaft überproportional zu dieser Zielgruppe gehört. Wer zum Beispiel „Madame“ liest, ist 3,5 Mal luxusaffiner als der Durchschnitt der Bevölkerung (Index). Bei „Myself“, „Elle“, „Joy“ und „Vogue“ liegt der Faktor um etwa das Dreifache höher. Aus der aktuellen „Outfit-Studie 9.0“ des Spiegel-Verlags lässt sich unter anderem herauslesen, welche Titel von Männern gelesen werden, die gehobene Markenkleidung besitzen. Bei ihnen kommen besonders Business-Blätter an: Mit „Wirtschaftswoche“, „Manager Magazin“ und „Handelsblatt“ liegen drei Titel aus diesem Segment vorn, unter den Top 10 finden sich zudem „Capital“ und „Focus Money“. Aber auch Lifestyle-Männermagazine wie „Men’s Health“ und „GQ“ liegen im Spitzenfeld. ROL Das Führungstrio: Madame, Myself und Elle Bestgekleidete Leser Die von luxusinteressierten Frauen* meistgelesenen Titel Titel mit dem höchsten Anteil an Männern, die Luxusmarken tragen* Titel Index** Anzahl in Mio. Titel Index** Anzahl in Mio. Madame 346 0,19 Wirtschaftswoche 265 Myself 315 0,19 Manager Magazin 256 0,58 0,46 Elle 308 0,30 Handelsblatt 250 0,29 Joy Vogue 304 0,38 0,76 0,43 Men's Health GQ 247 297 240 0,38 Women's Health 295 0,18 Capital 240 0,50 Cosmopolitan 290 0,63 Auto Motor und Sport 238 1,28 Shape 286 0,11 Focus Money 234 0,35 Jolie 283 0,30 Auto Bild 219 1,48 Maxi 282 0,27 Kicker Sportmagazin 219 1,60 Instyle 280 0,56 Playboy 216 0,56 Glamour 275 0,48 Sport Bild 214 2,00 Brigitte Woman 268 0,33 Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung 196 0,37 Elle Decoration 257 0,25 Frankfurter Allgemeine Zeitung 184 0,29 OK! 256 0,22 National Geographic Deutschland 182 0,58 * Statement zum Konsum: „Ich leiste mir gerne teure Sachen” - trifft „voll und ganz” oder „eher” zu ** Vergleich Frauen zur Grundgesamtheit (Basis: Index 100) Grundgesamtheit: 69,24 Mio., 30177 Fälle Quelle: Best for Planning 2015 / I HORIZONT 45/2015 * Armani, Boss/Hugo Boss, Brioni, Burberry, Calvin Klein, Chanel, Dior, Dolce & Gabbana, Escada, Gucci, Guess, Hermès, Joop, Louis Vuitton, Prada, Ralph Lauren, René Lezard, van Laack, Windsor, Zegna ** Lesebeispiel „Men's Health”: 77 Prozent der Leser besitzen Kleider der genannten Marken, das sind 2,47 Mal so viele (Index 247) wie in der gesamten männlichen Bevölkerung mit einem Anteil von 31 Quelle: Outfit 9, Spiegel-Verlag HORIZONT 45/2015 34 REPORT LUXUSMARKETING HORIZONT 45/2015 Aus dem Takt geraten Die Apple Watch mischt auch den Luxusuhrenmarkt auf. Die Traditionsfirmen wappnen sich mit eigenen Smartwatch-Lösungen Von Giuseppe Rondinella M it rotem Kopf und wild gestikulierend steht JeanClaude Biver vor rund drei Dutzend Medienvertretern und brüllt sie nahezu an: „Das ist meine wichtigste Ankündigung aller Zeiten.“ Auf der diesjährigen Baselworld, einer der wichtigsten Messen für die Uhren- und Schmuckindustrie, hat der Chef des Schweizer Luxusherstellers Tag Heuer zu einer Sonderankündigung geladen. Zwei junge, verschmitzt lächelnde Männer bittet Biver zu sich auf die Bühne, zusammen enthüllen sie unter Blitzlichtgewitter eine große Schriftwand. Die Logos von Tag Heuer, Google und Intel kommen zum Vorschein. Die Bühnengäste: Vertreter der beiden US-Tech-Giganten. Das Publikum klatscht, vereinzelt sind Jubelschreie zu hören. Die Kooperation von Silicon Valley und Alpenrepublik verdeutlicht, dass die Smartwatch, der Trend schlechthin in der Uhrenindustrie, nun endgültig auch das noble Segment erreicht hat. Allein die Ankündigung von Tag Heuer – einer der größten Schweizer Hersteller –, eine smarte Luxusuhr zu bauen, wirbelte die Branche gehörig auf. Denn noch dominieren die ehrwürdigen Schlachtrös- ser der Branche von Rolex und Patek Philippe. Von 219 Schweizer Uhrenmarken, die auf der Schau vertreten waren, fanden sich nur zehn Modelle mit interaktiven Zusatzfunktionen. Einen Auslöser für das wachsende Interesse der Luxusuhrenbauer an technischen Gimmicks haben Branchenkenner schnell ausgemacht: Die Apple Watch. Zwar gab es schon vorher ähnliche Modelle von Samsung, Motorola oder LG, doch seit Markteinführung im April dieses Jahres greift der intelligente Chronometer aus Cupertino in der Nobel-Edition für bis zu 18000 Euro erstmals im Luxusbereich an – auch wenn das Unternehmen nach wie vor detaillierte Verkaufszahlen in seinen Geschäftsberichten unter „Sonstiges“ versteckt. Die Traditionsfirmen wappnen sich derweil, präsentierten in den vergangenen Monaten neue Modelle und versuchen dabei klassische Uhrmacherkunst mit Technologie zu verbinden, ohne die angestammte Kundschaft zu verschre- Nico Gerard Klassische Uhr und Apple Watch in einem: Die „Pinnacle“ kombiniert beide Welten, ist wasserdicht und kommt in drei Varianten daher. Für die teuerste (mit rotem Ziffernblatt) ist ein sechsstelliger Betrag fällig. cken. Die zur Schweizer RichemontGruppe gehörende Marke Montblanc etwa brachte im Januar die „E-Strap“ auf den Markt, eine Art Wearable mit intelligentem Armband. Nico Gerard verblüffte mit einer Kombi-Lösung aus Luxusuhr und originaler Apple Watch. Frédérique Constant, Mondaine und Alpina haben sich gar mit der Firma „Fullpower“ aus dem Silicon Valley zu einem Gemeinschaftsunternehmen namens MMT zusammengetan, das die „Horological Smartwatch“ entwickelte und an Lizenznehmer verkauft. D och das Bemühen kommt zu spät, sagt Frank Müller: „Viele klassische Luxusuhrenhersteller haben den Smartwatch-Trend ganz klar verschlafen“, so der Experte von der Beratungsgesellschaft „The Bridge To Luxury“. Dem Markt geht es mittlerweile immer schlechter. Laut Schweizer Uhrenverband sind die Exporte eidgenössischer Unternehmen im 3. Quartal 2015 so stark gesunken wie zuletzt 2009, allein im September um 9,9 Prozent. Eine eindeutige Korrelation zur Markteinführung der Apple Watch gebe es aber nicht, so Müller. Sowieso sieht er in der Apple Watch keine Gefahr für die Luxusuhrenhersteller. Lediglich im Segment von 500 bis 1500 Euro könnten etwa ge- schätzte 5 bis10 Prozent Marktanteile verloren gehen. Trotzdem seien die smarteren Luxus-Chronometer eine sinnvolle Ergänzung, allein um jüngere Käufer zu erreichen. Für Albert Fischer gibt es einen klaren Grund, warum die Apple Watch keine Gefahr ist: „In diesen hochpreisigen Dimensionen gibt es keine Entweder-oderFrage. Wir wissen aus Umfragen, dass drei Viertel der Luxusuhrenkäufer eine Smartwatch als Zusatz kaufen würden.“ Der Vizepräsident des Zentralverbands für Uhren, Schmuck und Zeitmesstechnik hat zahlreiche Vorträge auf Tagungen, Messen und Seminaren zu diesem Thema gehalten. Er beobachtet derzeit, dass sich die Aufregung im Markt zu legen scheint, nun, da unter anderem Analysten schätzen, dass sich die Apple Watch wohl doch nicht so gut verkauft wie erwartet. „Für einige Marken hat es sich also gelohnt, abzuwarten“, so Fischer. Die Rede ist etwa von Traditionsfirmen wie Rolex und Patek Philippe, die dem Hype-Thema bislang keine Beachtung schenken und sich weiterhin voll und ganz auf traditionelle Familienwerte besinnen. Laut Branchenkenner Frank Müller eine legitime Entscheidung. S ein Namensvetter Frank-Michael Müller vom Responsio Institute – einem Beratungsunternehmen bei München, das den sogenannten UhrenMonitor veröffentlicht – warnt indes vor Herausforderungen im Marketing. Montblanc und Co müssten dem Konsumenten erst einmal klarmachen, dass man beides kann, traditionelles Uhrenhandwerk und innovative Technik. „Wenn ich dem Kunden einen Ball zuwerfe, fängt er ihn. Wenn ich ihm zwei Bälle zuwerfe, fängt er keinen. Das ist das Problem.“ Dass der prestigeträchtige Uhrenstandort Schweiz durch die Anbandelungen einiger Hersteller mit US-Firmen Imageprobleme bekommt, sieht der Marketingexperte nicht. In einem Interview mit dem Schweizer „Tagesanzeiger“ im August hatte Nick Hayek, Chef der Swatch-Gruppe, dem TagHeuer-Besitzer LVMH vorgeworfen, nicht in die heimische Produktion investieren zu wollen und stattdessen lieber den Schulterschluss mit Google und Intel zu suchen. Tag-Heuer-Chef Biver sieht das anders (siehe Interview S. 35). Und er geht sogar einen Schritt weiter: Er hofft, dass Apple möglichst viele seiner Uhren verkauft, eben weil sie nach ein paar Jahren aus technischer Sicht obsolet sein werden. „Deshalb macht die Smartwatch meiner Ansicht nach Produkte umso begehrter, die für die Ewigkeit sind, wie etwa unsere Uhren.“ Seinen ersten intelligenten Chronometer will Biver nun am 9. November in New York vorstellen. Auf der eigens dafür eingerichteten Website läuft bereits der Countdown. Ein digitaler Countdown. 5. November 2015 Apple Die Nobel-Variante der Watch kommt mit einem Gehäuse aus 18-karätigem Gelbgold sowie Saphirglas daher und geht für einen unteren fünfstelligen Betrag über die Ladentheke. Die Funktionen sind dieselben wie in der günstigsten Variante. Frédérique Constant Außen analog, innen digital. Die „Horological Smartwatch“ sieht aus wie eine gewöhnliche Uhr, besitzt aber einen Sensor, der Bewegungen des Trägers registriert und sie per Bluetooth ans Handy weitergibt. Mit zwei Jahren hält die Batterie relativ lange. Mondaine Auch die „Helvetica No. 1 Smart“, eine Art Wearable, hat einen Activity-Tracker, der mit einer App verbunden ist. Ob man sich ausreichend bewegt, zeigt das kleine Ziffernblatt auf einer Skala von 0 bis 100. Montblanc Über das Armband der E-Strap ist ein Mini-PC mit Touchscreen gestülpt und mit dem Handy gekoppelt. Die „FindMe“-Funktion lokalisiert zudem das Smartphone. HORIZONT 45/2015 REPORT LUXUSMARKETING 35 5. November 2015 „Auffallen kostet fast nichts“ Jean-Claude Biver, CEO von Hublot, setzt auf den digitalen Kanal – und Fußball Der Manager D urch Jean-Claude Biver hat die Uhrenmarke Hublot eine Wiedergeburt erfahren: Innerhalb von vier Jahren steigerte er den Umsatz von 25 Millionen Schweizer Franken auf 200 im Jahr 2008. Im selben Jahr wurde Hublot an den Luxuskonzern LVMH verkauft. Auftritte rund um Fußball und die Formel 1 gehören zum Kern der Markenstrategie. Herr Biver, was bedeutet es, wenn jemand eine Hublot trägt? Das bedeutet Modernität und Tradition. Mit Hublot drücke ich aus, dass ich individuell bin und Vertrauen in mich habe. Es ist Ausdruck dessen, nicht jedem Trend zu folgen. Hublot bedeutet aber auch, an die Zukunft zu denken, eine Vision zu haben. Menschen mit Visionen haben oft Erfolg im Leben. Und dann heißt eine Hublot eben auch, dass ich einen gewissen Wohlstand erreicht habe. Tradition, Moderne , Handwerk – mit diesen Werten haben Sie die Marke ge- Das bedeutet, dass Sie auch Ihre Marketingentscheidungen selbst treffen? Soweit ich weiß, sind Sie der Ansicht: Wer auffallen will, muss investieren. Nicht unbedingt. Er kann auch nackt durch die Frankfurter Goethestraße laufen. Was ich damit meine: Um aufzufallen, muss man Mut haben. Geld benötigt man dafür nicht immer. Motiviert zu sein, kostet kein Geld. Ihre werblichen Aktivitäten kosten aber doch trotzdem einiges? Leider kann man heute nichts verkaufen, ohne zu kommunizieren. Wenn ich die einzig heilende Pille gegen Hepatitis C besitze, es aber keinem verrate, werde ich sie nicht verkaufen. Dank des Internets ist der Aufwand für Kommunikation aber längst nicht mehr so hoch wie früher. Man benötigt keine Millionen, um im Internet einen Buzz aufzubauen. Häufig wird Luxus- FOTO: HUBLOT Der gebürtige Luxemburger Jean-Claude Biver hat den Schweizer Uhrenmarkt entscheidend geprägt. Er verfügt nicht nur über Managementund Marketingfähigkeiten, sondern hat auch Kenntnisse in der Kunst der Uhrmacherei. Dem Label Blancpain verhalf er nach Jahren der Inaktivität zu neuem Glanz, als CEO von Hublot sorgte er für rasantes Wachstum. Seit 2008 gehört die Marke zum Luxusmarktführer LVMH, der heute 66-jährige Biver wurde 2014 Leiter des Geschäftsbereichs Uhren der Gruppe und verantwortet die Marken TAG Heuer, Hublot sowie Zenith. Von Bettina Sonnenschein prägt. Inwiefern mussten Sie sie neu definieren, als Hublot unter das Dach der LVMH-Gruppe gerutscht ist? Dadurch hat sich überhaupt nichts verändert. Den meisten Kunden ist es noch nicht einmal bewusst, dass wir zu einem Konzern gehören. Und LVMH hat nie verlangt, irgendetwas an der Strategie zu verändern. Nicht, weil Hublot eine Ausnahme ist, sondern weil das die Regel des Konzerns ist. LVMH ist kein Uhrenkonzern, sondern ein Luxuskonzern, mit unzähligen Marken, vom Parfüm über Mode bis hin zu Champagner. Das könnte niemals zentralisiert geführt werden. marken vorgehalten, das Internet nicht optimal zu nutzen. Welchen Stellenwert hat denn der digitale Kanal für Sie? Er ist der wichtigste. Viel wichtiger als alles andere. Social Media hat für unseren heutigen Bekanntheitsgrad die größte Rolle gespielt. Luxusuhren und Social Media – auch das ist nicht gerade ein Begriffspaar, das oft miteinander genannt wird. Stimmt, und genau deswegen haben wir es gemacht. Weil es niemand sonst macht. Hublot war vielleicht die erste Luxusmarke, die so stark auf Social Media gesetzt hat und vor allem so früh. Seit 2005 investieren wir in diesen Kanal, aus der Überlegung heraus, die Jugend anzusprechen und damit an die Kunden von morgen zu denken. Jugendliche, die heute 15 Jahre alt sind, müssen die Marke von Zeit zu Zeit wahrnehmen, um in zehn Jahren, wenn sie das Geld haben, eine Hublot zu kaufen. Kleine Buben spielen mit einem Ferrari. Wenn sie erwachsen sind, erfüllen sie sich diesen Traum. Genauso soll es mit einer Hublot sein. Junge Menschen interessieren sich auch sehr für Fußball und die Formel 1. Ich nehme an, das Sponsoring dieser Sportarten zielt ebenfalls auf diese Zielgruppe ab? Sportsponsoring in Verbindung mit Social Media arbeitet perfekt zusammen. Wir investieren in das eine, um es im anderen, im Digitalen, weiterzuspielen. Gerade beim Fußball sprechen wir drei Gruppen Jean-Claude Biver, an: DiejeniChairman of the gen, die nie Board LVMH-Gruppe im Leben eine Hublot besitzen werden – sie sind aber nicht weniger wichtig: Eine Luxusmarke lebt auch davon, bei denen bekannt zu sein, die sie sich nicht leisten können. Die zweite Gruppe sind bereits unsere Kunden: Spieler, Trainer, Fans, die Tausende für eine Loge ausgeben. Und dann kommen diejenigen dazu, die eines Tages genug Geld verdienen werden, um Kunde zu werden. Das heißt, Sie halten nichts vom Bild des sehr knappen Luxusprodukts? Nein, wenn ich die Wahl habe zwischen einem sehr exklusiven Sponsoring und der breiten Masse, wähle ich die breite Masse. Das muss allerdings auch unbedingt zur Marke passen. Es muss kohärent bleiben. Eine Luxusmarke, die in internationalen Fußballstadien auftritt – ist das angesichts des seit Monaten anhaltenden Fifa-Skandals nicht auch riskant? Das ist überhaupt kein Problem. Denn erstens ist Hublot kein Sponsor der Fifa, sondern „Offical Timekeeper“. Das bedeutet, die Marke erscheint auf der Anzeigentafel, auf der Schiedsrichter Wechsel oder die Verlängerung anzeigen. Wir bezahlen lediglich für das Recht, auf dieser Tafel abgebildet zu werden, die ein Instrument des Schiedsrichters ist. Das ist eine Rolle, die weniger mit der Fifa als mit dem Spiel zu tun hat. Aber wenn sich herausstellt, dass bei den vergangenen Turnieren Spiele manipuliert wurden? Dass ein Spiel unrechtmäßig in die Verlängerung ging oder der Sieger schon zuvor feststand? Dann wäre es schon ein Problem. Wenn herauskäme, dass Deutschland die Austragung der WM 2006 nur gewonnen hat, weil Schmiergeld bezahlt wurde – dann wäre das natürlich ein Schaden, sowohl für das Land als auch für den Fußball. Anzeige 36 REPORT LUXUSMARKETING HORIZONT 45/2015 5. November 2015 Eleganter Doppelpass Maserati und Ermenegildo Zegna bauen ihre Zusammenarbeit aus und zeigen den Mehrwert von Markenkooperationen im Luxussegment FOTOS: LORENZO MARCINNO / MASERATI Handwerkskunst:: Zegnas Stoffexpertise zeigt sich in der Entwicklung einer autositztauglichen Seide, die auch bei der in ZegnaShops verkauften Maserati-Kollektion zum Einsatz kommt Von Jochen Zimmer W enn ein Land einen exzellenten Ruf in Sachen Mode, Design und Luxus hat, dann ist es Italien. Armani, Ferrari, Maserati, Poltrona Frau, Zegna – die Liste der klangvollen Namen in der Fashion-, Möbel- und Autowelt ist lang. Was liegt da näher, als die jeweiligen Stärken in verschiedenen Disziplinen zu bündeln? Und so haben Markenkooperationen insbesondere im Automobilbereich in Italien eine lange Tradition. Fiats Cinquecento etwa ließ sich bereits Sondermodelle von den Premiumlabels Diesel und Gucci veredeln. Die Luxusmarke Maserati hat ebenfalls bereits Übung im Doppelpass – beispielsweise mit der argentinischen Polo-Marke La Martina sowie den Möbelmarken Poltrona Frau und Zanotta, mit Bulgari und Ermenegildo Zegna in Italien. Insbesondere die Zusammenarbeit mit dem Nobelherrenschneider Zegna wird seit 2013 vertieft: Sergio Marchionne, CEO der FCA Group, und Gildo Zeg- na, Chef des Luxusschneiders, unterzeichneten im April 2013 einen vorerst auf drei Jahre angelegten Kooperationsvertrag. „Die Partnerschaft der beiden namhaften Traditionsmarken bringt Vorteile für beide Unternehmen“, ist sich Giulio Pastore, Managing Director Maserati Europe, sicher. Und sie sei auch nicht mit einer auf bloße Zulieferung beschränkten Zusammenarbeit vergleichbar, sondern mit langfristiger Perspektive. Schließlich ist Gildo Zegna der FCA Group als Aufsichtsrat verbunden. Nach der Präsentation eines Concept Cars auf der IAA 2013 rollte 2014 eine auf 100 Fahrzeuge begrenzte Sonderedition Ermenegildo Zegna des Modells Quattroporte in den Handel, die mit einer Eventreihe in Shanghai, New York, Dubai und Mailand sowie mit einem Fotoprojekt des italienischen Starfotografen Fabrizio Ferri begleitet wurde. Seit der IAA 2015 ist die Zegna-Edition neben dem Quattroporte auch für die Oberklasse-Limousine Ghibli erhältlich – nun als nicht mehr limitierte Top-Ausstattungsvariante, die mit einem Aufpreis von etwa 5000 Euro zu Buche schlägt. Auffälligstes Merkmal der Zegna-Edition ist die speziell entwickelte, besonders strapazierfähige Seide, die sowohl in den Autositzen als auch in den Türpanelen, Dachsäulen, Dachhimmel und Sonnenblenden verarbeitet wird – mit dezentem Zegna-Branding. Der kürzlich eröffnete Maserati-Showroom in der Frankfurter Schillerstraße nahe der Börse (HORIZONT 16/2015) präsentiert Ghibli und Quattroporte in der Zegna-Version bereits live und in (Sonder-)Farbe, als erster Händler in Deutschland, wie Verkaufsleiter Udo Kandel betont. D ie Maserati-City-Boutique wird nicht nur wegen der Autos, sondern auch wegen der ausgestellten Accessoires frequentiert. Schlüsselanhänger, Lederwaren, Schuhe, Bekleidung, Uhren – entsprechende Produkte gehören inzwischen zum Must-have nicht nur von Luxusmarken, wie Pastore erläutert: „Sie sind für uns ein wichtiges Kundenbindungsinstrument und liefern auch einen nennenswerten Deckungsbeitrag.“ Kein Wunder, dass es auch eine Capsule-Collection von Ermenegildo Zegna für Maserati gibt. Wer die mit dem Maserati-Dreizack gebrandeten Handschuhe, Brillen, Lederjacken, Schuhe oder Schals erwerben will, muss jedoch vom AutoShowroom einige Ecken weiter in die noble Frankfurter Goethestraße gehen. Im dortigen Zegna-Flagshipstore hat die Kollektion eine eigene Verkaufsfläche. Laut Matthias Lorenz, Operation Manager des Stores, erfreuen sich die aus der speziellen Seide und Poltrona-Frau-Leder hergestellten Produkte guter Nachfrage, sodass nur noch wenige Stücke zu haben sind. Nachbestellungen sind nicht vorgesehen, Nachschub wird es erst mit der nächsten Kollektion geben. Für Pastore ist die Präsenz von Maserati-Produkten jenseits der Autoshowrooms ein wichtiger zusätzlicher Touchpoint mit der Marke, der im Zegna-Store auf die adäquate Zielgruppe treffe: „Beide Marken definieren sich über Tradition und italienisches Design.“ Und richten sich mit ihrer Preispositionierung an eine eher zahlungskräftige Klientel. Die Chancen, dass sich Kunden eines Zegna-Events für Maserati interessieren – und vice versa – stehen demnach gut. NochintensivereBandealsMaseratihatderPremiumhersteller Mercedes-Benz mit der Modeszene geknüpft. Die Stuttgarter haben seit 1996 ihre Partnerschaften mit Modeevents schrittweise ausgebaut. Inzwischen erstreckt sich das Engagement auf fast 50 Veranstaltungen weltweit, wobei die diversen Fashion Weeks in Berlin, Sydney und Istanbul dank Namenssponsoring eine herausragende Rolle spielen. Auf Mbfashionweek.com betreibt das Unternehmen zudem intensives Content Marketing. Jens Thiemer, Leiter Markenkommunikation Mercedes-Benz Cars, begründet die Intensität mit der zentralen Rolle von Design so- Der gute Name des schwäbischen Sportwagenbauers sorgt auch jenseits des Autogeschäfts für gute Umsätze. Die von Ferdinand Alexander Porsche 1972 gegründete unabhängige Firma Porsche Design mit Sitz in Zell am See gehört seit 2003 zwar wieder zur Porsche AG, sie ist aber nach wie vor auf vielfältige Weise eigenständig im Design- und Modebusiness unterwegs. Das Portfolio reicht von hochpreisiger Bekleidung und Schuhen, die in eigenen Stores verkauft werden, über Reisegepäck, Kleinlederwaren, Zeit für Le Mans Mercedes-Rennfahrer Nico Rosberg trägt Boss wohl in der Mode- als auch in der Autowelt (HORIZONT 28/2014). Besonders kurz scheint der Draht zum Modelabel Hugo Boss im benachbarten Metzingen. So wurde der neue SUV GLC im Juni 2015 bei Hugo Boss in Metzingen präsentiert. Seit April 2014 wird die internationale Zusammenarbeit nochmalsintensiviert.Zweimaljährlichgibteseine neue „Boss for Mercedes-Benz Kollektion“ im BereichCasualwear,dieinausgewähltenBossStores, bei den größten Handelspartnern sowie online präsentiertwird.AuchimSportsponsoring,etwain der Formel 1 und im Segeln, üben sich die beiden Unternehmen im Doppelpass. Schreibgeräte, Düfte, Schmuck und sonstige Accessoires bis zu Uhren, Brillen und Küchengeräten. In Frankfurt entsteht derzeit der Porsche Design Tower, ein Wohnhochhaus. Zudem bestehen zahlreiche Markenkooperationen, etwa mit Adidas im Sportbereich. Den Bezug zur Automarke bildet die Porsche Driver’s Selection mit einem umfangreichen fahrzeugbezogenen Produktprogramm für Fahrer und Fans. Die Accessoires gibt es nur bei Porsche-Händlern und im Onlineshop. FOTO: PORSCHE DESIGN Porsche Design: Markenikone jenseits von Autos FOTO: MERCEDES BENZ Mercedes-Benz: Gemeinsam mit Hugo Boss gute Figur machen 38 REPORT LUXUSMARKETING Gesurft wird in jedem Alter Mediennutzung mehrmals pro Woche L A uch im digitalen Zeitalter bleiben Luxuskäufer dem stationären Handel treu. Zu diesem Ergebnis kommt die „Digitale Luxus Studie 2015“, die White Communications mit Unterstützung von Burda Style, Seven-One Media und dem VKEKosmetikverband durchgeführt hat. Das Marktforschungsinstitut GfK analysierte hierfür das Such-, Informations- und Kaufverhalten von 617 luxusaffinen Konsumenten im Internet. Laut der Studie nutzen die Kunden zur Information über Luxus alle ihnen zur Verfügung stehenden Kanäle und Mediengattungen. Obwohl die Online-Affinität der Zielgruppe steigt, bleibt der Point of Sale (PoS) bei Luxuskunden relevant für ein emotionales Einkaufserlebnis. Drei Viertel aller Käufer verbinden danach das Fachgeschäft mit einem positiven Erlebnis. Das gilt sowohl für HeavyKäufer, die in der Vergangenheit bereits regelmäßig oder ausschließlich Artikel hochpreisiger Premiummarken erworben haben, als auch für Light-Käufer, die Ältere Luxusmodekäufer 86 Im Internet surfen 91 70 Fernsehen 84 64 Radio hören Videos/Fernsehen im Internet 43 Zeitung lesen 43 75 21 69 30 Zeitschriften lesen 37 Basis: Junge Luxusmodekäufer 20 bis 39 Jahre, n = 375; Ältere Luxusmodekäufer 40 bis 69 Jahre, n = 669 Quelle: Luxury Fashion Report 2015 HORIZONT 45/2015 Luxuskäufer jeden Alters surfen mehrmals in der Woche im Internet. Online könnte dem Markt somit einen zusätzlichen Aufschwung bereiten. In puncto Recherche haben sich diese Hoffnungen bereits erfüllt: Mittlerweile informieren sich 74 Prozent der Befragten vor einem Kauf im Netz. Vergleicht man die Gruppe der jungen Luxusmodekäufer mit der jungen Gesamtbevölkerung, so fällt auf, dass die Luxuskäufer stärker auf Printmedien zugreifen (Zeitungen 43 Prozent, Zeitschriften 30 Prozent) als ihre Altersgenossen (Zeitungen 27 Prozent, Zeitschriften 11 Prozent). Von Anna Lisa Lüft Von Anna Lisa Lüft in Prozent Junge Luxusmodekäufer Der „Luxury Fashion Report 2015“ zeigt den Luxusmarkt aus Sicht der Konsumenten von heute und morgen uxus hat einen festen Stellenwert in der Gesellschaft – und der Markt wächst weiter. Persönliche Luxusartikel im Bereich Bekleidung, Kosmetik, Schmuck und Parfüm werden der Facit Gruppe zufolge immer häufiger gekauft. Um die Konsumenten und ihr Handeln besser zu verstehen, befragte das Marktforschungs- und Beratungsinstitut über 1000 luxus- und premiumaffine deutsche Modekäufer. Der „Luxury Fashion Report“ gibt Auskunft über ihre Einstellung, ihre Vorstellungen und die Rolle, die Luxusprodukte in ihrem Leben spielen. Er zeigt den Markt aus der Sicht der Konsumenten in der Gegenwart und der Zukunft und konzentriert sich auf die Fashion-Branche mit Fokus Deutschland. Neben einem rapiden Einstellungswandel bei den Konsumenten sind es insbesondere junge Käufer, die als Markttreiber für einen deutlichen Zuwachs im Luxusbereich sorgen. Obwohl der Begriff Luxus heute extrem facettenreich ist, sind sich die im Rahmen der Studie befragten deutschen Käufer im Hinblick auf das, was ihnen an materiellen Luxusprodukten besonders wichtig ist, einig: Im Vordergrund stehen Zeitlosigkeit und die Liebe zum Detail. Der immaterielle Wert besteht für sie darin, sich etwas zu gönnen oder sich oder andere zu belohnen. 5. November 2015 FOTO: COLOURBOX Das gönne ich mir jetzt HORIZONT 45/2015 Am liebsten wird offline geshoppt Woher beziehen Sie üblicherweise Informationen oder Kaufanreize für die Luxusmodemarken, die Sie kaufen? Wo kaufen Sie üblicherweise die Marken? Angaben in Prozent Kaufrecherche Kaufverhalten Fachgeschäft/Boutique 52 Onlineshop der Marke Online-Versandhändler (z. B. Zalando, Amazon, Asos) 16 40 Zeitschriften/Magazine Hauptsache authentisch 38 42 Aspekte, die im Bezug auf Luxusmodemarken wichtiger werden in Prozent 21 35 Filiale/Einkaufsstätte 34 Eigene Markenshops der Hersteller (z. B. Flagship Stores) 33 15 Einkaufszentrum 33 14 Katalog / Prospekte / Beilagen 32 Direktverkauf beim Hersteller / Factory Outlets 31 Empfehlungen von Bekannten / Familie (Word of mouth) 31 Online Designer Outlets (z. B. Dressforless, Designermode) 29 Online Shopping Club (z. B. Brands4friends, Buyvip) 29 46 Authentizität 38 Kaufhaus (z. B. Galeria Kaufhof, Karstadt, Oberpollinger) 29 17 6 Entstehung (z.B. Herkunft, Geschichte der Firma) 40 Zusätzlicher Zweck (z.B. Nachhaltigkeit, Umweltschutz, Unterstützung von sozialen Projekten) Verborgener Glanz (Luxus ist nicht sofort als solcher erkennbar) 39 Individualisierung (z.B. durch Initialien) 19 33 Onlinekommunikation (z.B. Websites, Blogs, Apps) 14 12 29 Exklusivität (z.B. Wartelisten oder VIP Areas) 28 27 17 TV 16 Reduktion auf das Wesentliche Zeitungen 16 Inszenierung (z.B. exklusive Launch-Events) Soziale Netzwerke 16 Printmedien-Kommunikation (z.B. Zeitschriften, Zeitungen) TV-Kommunikation (z.B. Werbung, Sponsoring von Sendungen) 14 Persönlich adressierte Anschreiben / Direct Mails 14 Foren / Blogs Quelle: Luxury Fashion Report 2015 9 10 Basis: n = 1044 Quelle: Luxury Fashion Report 2015 14 Fachgeschäfte ziehen nach wie vor Käufer an. Die Verknüpfung von Point of Sale und Online ist dennoch wichtig „Käufer, die Kontakt mit einem Fachgeschäft/ Boutique/ Markenstore hatten, bewerten dies positiv.“ HORIZONT 45/2015 Für deutsche Luxuskäufer werden in Zukunft vor allem zwei Werte noch wichtiger sein, als sie es heute schon sind: Echtheit und Authentizität. Unternehmen sollten in Zukunft also noch mehr darauf achten, ihrem Markenkern treu zu bleiben beziehungsweise den unverfälschten Charakter zu bewahren. Das gilt insbesondere für die Kommunikation. Anfassbar gut Heavy-Käufer n = 375 18 16 Basis: n = 1044 HORIZONT 45/2015 Die Mehrheit der Befragten recherchiert und kauft am liebsten in Boutiquen oder Fachgeschäften. Die Onlineshops der Marken und Versandhändler wie Zalando spielen zwar eine wichtige Rolle. Grundsätzlich aber gilt für Luxusmode das Prinzip „Research online, purchase offline“. Dass sich Online als Einkaufsweg noch nicht durchgesetzt hat, zeigt sich auch an der geringeren Umwandlung von Recherchen in Käufe: 91 Prozent der offline recherchierten Artikel werden auch offline gekauft, beim Online Path to Purchase liegt dieser Wert nur bei 61 Prozent. 75% 31 Begrenztheit (z.B. Limited Editions, Raritäten-Status) Internetauktionshaus (z. B. Ebay) Plakate 39 71% Light-Käufer n = 375 schon einmal oder öfter hochpreisige Markenware gekauft haben oder den Kauf planen. Am PoS erwarten Kunden allerdings immer öfter auch begleitende Informations- und Service-Zusatzangebote, wie sie auf Websites von Luxusmarken und in Hochglanz-Magazinen zu finden sind. Die Analyse liefert zudem Erkenntnisse hinsichtlich der Verknüpfung der Onlineshopping-Welt mit dem stationären Handel und ermöglicht unter anderem Rückschlüsse darüber, wie eine zunehmend hybride Kundenansprache in den Geschäften von morgen idealerweise aussehen sollte. „Future-Stores, die Online- und Offline-Einkaufserlebnisse klug und attraktiv miteinander verknüpfen, treffen sehr genau die Interessen von Luxuskunden“, so Martin Ruppmann, Geschäftsführer des VKE-Kosmetikverbandes. Gerade Luxuskäufer seien offen für Neues wie etwa aktuelle Produkt- und Sonderangebotsinformationen auf ihrem Smartphone oder Tablet. Auch die mobile InstoreNavigation sowie spielerische und unterhaltsame Aktivitäten rund um die Luxusproduktwelten kämen gut an.