Schlesische Nachrichten - Oberschlesien eine Region in Europa

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Schlesische Nachrichten - Oberschlesien eine Region in Europa
G 9638
Schlesische Nachrichten
Zeitung für Schlesien
Herausgeber: Landsmannschaft Schlesien – Nieder- und Oberschlesien
Redaktionsanschrift: Dollendorfer Str. 412, 53639 Königswinter, Tel. (0 22 44) 92 59-0
Nummer 22/2005
Einzelpreis 2,00 Euro
15. November 2005
Konservativ und nationalistisch
Eine IV. Republik Polen unter den Zwillingsbrüdern Kaczynski
I
n zwei Wahlen, zuerst zum Parlament,
Sejm und Senat, und dann mit Vorwahl und
Stichwahl des Staatspräsidenten, in beiden
Wahlen, am 25. September und in der Stichwahl am 23. Oktober, hat die Partei Recht
und Gerechtigkeit, PiS, mit überzeugender
Mehrheit gewonnen. Die Partei Recht und
Gerechtigkeit ist erst vier Jahre alt und wird
von Jaroslaw Kaczynski geleitet. Sein Zwillingsbruder Lech Kaczynski, beide sind 1949
geboren, jetzt zum Staatspräsidenten gewählt, hatte zuvor schon das Amt des Stadtpräsidenten (Oberbürgermeisters) von Warschau inne.
Z
wischen beiden Brüdern, Jaroslaw ein
Junggeselle, Lech Familienvater mit Enkelsohn, herrscht engstes Miteinander. Es
war auch der kluge Schachzug von Jaroslaw Kaczynski, designierter Ministerpräsident einer Koalitionsregierung mit der Bürgerplattform, PO, als er Kazimierz Marcinkiewicz als Ministerpräsidenten der erst
noch zu bildenden Regierung vorschlug,
denn zweimal Kaczynski ganz sollte vermieden werden. Die unterlegene Bürgerplattform, allgemein als liberal-konservativ
eingestuft, werden jedoch als zweitstärkste
Kraft im Parlament mitregieren. Aber ein polnischer Staatspräsident hat weit mehr
Rechte als der Bundespräsident in Deutschland. Er hat ein Vetorecht gegen die Akzeptanz der beschlossenen Gesetze und bestimmt die Außenpolitik des Landes.
Folge des Zweiten Weltkrieges zu erbringen. Deutschland, das heißt für beide Brüder Zweiter Weltkrieg, Russland war und ist
gleichfalls Objekt im Feindbild, nicht nur
wegen der kommunistischen Jahrzehnte
nach dem Zweiten Weltkrieg, sondern jetzt
auch angesichts des Miteinanders mit
Deutschland, Grund die Erdölleitung in der
Ostsee, zum Schröder-Putin-Pakt als Parallele zum Hitler-Stalin-Pakt von 1939 erklärt.
Wir werden es also mit einer nicht gerade
deutsch- und russisch-freundlichen Politik
zu tun bekommen.
P
olnische Größe, polnische Geschichte,
aber auch streng gläubiger Katholizismus
sind die Leitsterne der neuen Politik.
Gleichzeitig soll mit den postkommunistischen Jahren und bösen Verflechtungen aufgeräumt werden. Widersprüchlich allerdings, dass man bereit zu sein scheint, den
Regeln einer (ehemals kommunistischen)
staatlichen Planwirtschaft aufgeschlossen zu-
Bild
aus der
Heimat
L
ech Kaczynski begreift sich selbstverständlich auch seine Partei als Wahrer der
nationalbewussten Geschichte Polens. Polen zuerst, so ist er zu verstehen. Nationalkonservativ, wie allgemein die Partei Recht
und Gerechtigkeit eingeordnet wird, ist als
konservativ-nationalistisch zu begreifen. Wir
werden endlich Berlin und Moskau die Stirn
bieten. Lech Kaczynski war es, der eine Wiedergutmachungssumme für die Stadt Warschau in Höhe von 31,5 Milliarden Dollar
erhob. Und sein Bruder Jaroslaw war im
Sejm im Sommer 2004 der Initiator des Antrages, die Bundesrepublik Deutschland
habe die Pflicht, Reparationszahlungen als
Rathaus Breslau,
Ratsältesten Stube
zustimmen. Dass auch Versprechungen bezüglich des Kampfes gegen die grassierende Arbeitslosigkeit und für eine Erhöhung
der Renten zum Programm der Neuen
gehören, sei lediglich vermerkt.
Z
um Sieg gerade jetzt bei der Präsidentenwahl haben die Zustimmung der radikal operierenden Partei der Bauern
„Selbstverteidigung“ und der katholisch gestimmten Liga der Polnischen Familien, nicht
zuletzt der katholische Sender „Maryja“ mit
seinen Sendungen (fundamentalistisch
katholisch, antideutsch, antisemitisch, antieuropäisch, fremdenfeindlich, antirussisch)
beigetragen. Inzwischen wurde offenkundig,
dass es zunächst keine Koalitionsverhandlungen zwischen den beiden Parteien Recht
und Gerechtigkeit und Bürgerplattform geben wird. Die Frage, wie es jetzt in Polen
weitergehen soll, löst – innen- und außenpolitisch betrachtet – nicht gerade optimistische Antworten aus. Herbert Hupka
POLITIK
2
Schlesische Nachrichten 22/2005
Schlesische Notizen
Immer wieder deutsch-polnische
Schulbuchempfehlungen. Während der
Kanzlerschaft unter Willy Brandt wurden
während der Entspannungseuphorie über
deutsch-polnische Schulbuchempfehlungen kontinuierlich verhandelt und diese unter Bundeskanzler Helmut Schmidt
1976 unterzeichnet und verkündet. Jetzt
ist zu erfahren, dass seinerzeit in der kommunistisch regierten Volksrepublik Polen
lediglich 4 000 Exemplare dieser Schulbuchempfehlungen gedruckt worden
sind, während es in der Bundesrepublik
Deutschland 300 000 Exemplare gewesen
sind. Es wird bestätigt, was die Kritiker dieser Empfehlungen stets herausgestellt haben, „dass bis zur politischen Wende die
polnischen Vertreter in der Kommission im
Auftrag der kommunistischen Volksrepublik Polen handelten und natürlich die damals die Geschichtsbilder ihres Staates
vertreten mussten. Es waren Gesprächsrunden zwischen Wissenschaftlern und
Pädagogen zweier unterschiedlicher
Wertsysteme“ (Deutschland-Archiv 2005
S. 891). Man verhandelt immer wieder,
jüngst zum 31. Male, über diese Empfehlungen aus der kommunistischen Zeit,
und polnischerseits sagt man schon deswegen Ja, weil das Wort und der Begriff
Vertreibung fehlt und durch das Wort „Bevölkerungsverschiebung“ ersetzt worden
ist. Welchen Sinn sollen die ständigen Konferenzen haben, denn die Schulbuchempfehlungen liegen nach wie vor fern
der geschichtlichen Wahrheit.
!
Schlesische Jugend mit Standort Görlitz. „Fest steht für den gesamten Vorstand
in jedem Fall, dass unter allen erdenklichen
Umständen am Standort der Geschäftsstelle in Görlitz festgehalten werden soll.
Diese Stadt liegt mitten in der Region, für
die wir arbeiten“. In Zusammenarbeit mit
dem Bund der Vertriebenen wurde für die
erste Novemberwoche zu einem Seminar
eingeladen. Themen unter anderen: Vertriebene in der dritten Generation, Die Minderheitspolitik Polens, Flucht und Vertreibung aus Sicht der deutschen, polnischen und tschechischen Bevölkerung.
Zum Seminar eingeladen waren Jugendliche bis zum Alter von 35 Jahren.
!
Schlesier in Salt Lake City. Hans Weber,
in Breslau geboren, war viele Jahre Vorsitzender der Landsmannschaft Schlesien in
New York und gründete nach seiner Übersiedlung nach Salt Lake City in der Hauptstadt des Staats der Mormonen Utah hier
die Landsmannschaft Schlesien. Dann
übernahm Elisabeth Wanke Terry, gleichfalls aus Breslau stammend, die Leitung.
Uns liegt das Programm „Gemütliche
Schlesier Stunde“ vor. Berichtet wird, dass
38 Personen anwesend waren. Das zwölf
Angebote enthaltene Programm beginnt mit
dem Lied „Im schönsten Wiesengrund“. Es
folgen Gedichte und Lieder und Vorträge
über „Breslauer Bärenbrunnen“ und „Eine
Schlesierin im Weißen Haus“. Die Gruppe
der Schlesier in Salt Lake City ist die einzige Gruppe landsmannschaftlicher Bindung im Ausland. Für Treue und Engagement kann man Elisabeth Wanke Terry und
unseren Landsleuten im fernen Salt Lake
City nur herzlich Dank sagen.
!
Mit guten Beziehungen zu den Deutschen Freundschaftskreisen im Kreise
Ratibor, Landrat Henryk Siedlaczek. Am
25. September wurde er zum ersten Male
in den Sejm gewählt. Die Deutschen im
Wahlkreis Rybnik-Ratibor-Nilolai, die keinen eigenen Kandidaten hatten aufstellen
können, hatten empfohlen, Landrat Siedlaczek zu wählen. Für die liberal-konservative Bürgerplattform, PO, zieht er zusammen mit dem früheren Ratiborer
Stadtpräsidenten Andrzej Markowiak ins
Parlament ein. Er ist 1956 in Loslau geboren und war, bevor er während der letzten Kommunalwahl zum Landrat (Starost)
gewählt wurde, Lehrer und Schulleiter in
Rauden im Kreise Ratibor. In einem Interview mit der Zeitschrift „Oberschlesien“
erklärte der Sejm-Abgeordnete: „Als
Landrat übernahm ich oft die Schirmherrschaft über kulturelle Veranstaltungen,
die mit der DFK-Bezirksstelle in Ratibor
organisiert wurden. Die Zusammenarbeit
mit den Deutschen im Kreise Ratibor kann
ich als sehr gelungen bezeichnen. An den
freundschaftlichen Kontakten wird sich
nichts ändern. Ich bin weiterhin offen für
alle Vorschläge und Initiativen“.
!
EKD-Denkschrift feierte ihren 40. Geburtstag. Die aus der Heimat Vertriebenen erinnern sich mit Unmut und Enttäuschung an die Ost-Denkschrift der Evangelischen Kirche in Deutschland aus dem
Jahre 1965. Die Autoren meinten, man
müsse Buße tun für all das, was in deut-
schem Namen in den zwölf Jahren der Hitler-Diktatur geschehen ist. Als Preis wurde der Verzicht auf den bislang aufrechterhaltenen Rechtsstandpunkt verkündet. Es sollte mit den Gebieten jenseits von
Oder und Görlitzer Neiße gezahlt werden.
Es setzte eine heftige Auseinandersetzung
ein, ausgesprochen von den ostdeutschen
Landsmannschaften, vom Bund der Vertriebenen, aber auch von Repräsentanten
der CDU/CSU und der SPD und von evangelischen Theologen wie Professor Joachim Konrad. Zum Feiern der EKD-Denkschrift besteht kein Grund.
!
Nicht so schnell vergessen! Als der spätere Bundeskanzler Gerhard Schröder als
Mitglied des Deutschen Bundestages
1986 in Ost-Berlin gewesen war, schrieb
er an Egon Krenz, Mitglied des Politbüros: „Die Gespräche in der DDR waren offen und informativ. Besonders war ich von
Erich Honecker beeindruckt“. Das
schrieb Schröder am 31. Januar 1986 an
„Lieber Egon Krenz“, mit dem er per Du
verkehrte.
!
Die Vorbereitungen zur Verfolgung von
Eigentumsansprüchen für Vertriebene,
Aussiedler und Deutsche in der Heimat
durch die Preußische Treuhand sind nunmehr in eine Phase der Realisierung getreten. So wurden die wesentlichen finanziellen Grundlagen geschaffen, die Ziele definiert, Musterfälle aufgearbeitet und
entscheidende Kontakte geknüpft. Zwar
hat ein vertraglich verpflichteter Anwalt aus
einer bekannten Kanzlei kurz vor einer
Pressekonferenz sein Mandat niedergelegt, jedoch beeinflusst dies das weitere
Vorgehen der Gesellschaft kaum, denn der
beauftragte Jurist sollte laut Abmachung
nur einen Teilaspekt bearbeiten.
Nachdem das Projekt auf den Weg gebracht wurde, hat der Bundesvorsitzende der Landsmannschaft Schlesien, Rudi
Pawelka, wie seit längerem angekündigt,
den Vorsitz im Aufsichtsrat der Preußischen Treuhand niedergelegt.
SN
Polnisches
Links ist auch der Verlierer der Wahlen
zum Sejm und für den Staatspräsidenten. Bei der mit der Sejm-Wahl verbundenen Wahl des Senats hat die Partei der Postkommunisten, SLD, alle Sitze verloren. Die
Wahl zum Sejm verloren die Postkommunisten mit 11,4 Prozent gegenüber 41 Prozent im Jahre 2001. Im ersten Wahlgang für
den neuen Staatspräsidenten war überhaupt kein Vertreter der SLD im Rennen.
Wlodzimierz Cimoczewicz, Parlamentspräsident, Ministerpräsident und Außenminister in seinem Lebenslauf, musste eine
Kandidatur zurückgeben, denn es stimmte einiges nicht mit Aktienerwerb und Steuererklärung. Er galt sogar zunächst als Favorit, da er ideologisch nicht gebunden war
und vom amtierenden Staatspräsidenten
Aleksander Kwasniewski vorgeschlagen
und favorisiert worden war. In der Stichwahl
zum Staatspräsidenten ging es um Donald
Tuski, Vorsitzender der Bürgerplattform, PO,
und Lech Kaczynski, Stadtpräsident von
Warschau, Mann der Partei Recht und Gerechtigkeit, PiS. Unter dem Titel „Polens Linke am Ende“ schreibt der Warschauer Korrespondent der „Süddeutschen Zeitung“,
Thomas Urban: „Der Absturz kommt 16
Jahre zu spät. Im Sommer 1989, als der
Warschauer Pakt noch intakt schien, konnten sich die Kommunisten nach den ersten
freien Wahlen in eine Koalition mit der Solidarnosc retten und später – zur Sozialdemokratie gewendet – von den Fehlern der
Solidarnosc-Führern profitieren. Nun muss
sich das Linksbündnis in der Opposition regenerieren“. Finanzaffären und Korruptionsfälle hatten den wieder seit 2001 regierenden Postkommunisten jegliches Vertrauen entzogen.
Schlesische Nachrichten 22/2005
Zur Profilierung des Kandidaten für die
Präsidentenwahl wurde der Gegensatz
zwischen katholisch und liberal herausgestellt. Mit dem gut katholischen Gruß
„Gelobt sei Jesus Christus“ in einem Brief
von Lech Kaczynski an die katholische
Geistlichkeit im Lande wollte er sein treues Bekenntnis zur katholischen Kirche herausstellen. Der Gegenkandidat im Rennen
um den Präsidentenstuhl, Donald Tuski,
sollte als der Liberale, als der für die Moral im Lande Gefährliche hingestellt und verteufelt werden. So erklärt es sich auch, dass
der katholische Sender des Redemptoristenpaters Tadeusz Rydzyk Lech Kaczynski engagiert unterstützt hat. Dieser Sender
wird angeblich von über vier Millionen Polen regelmäßig gehört und zeichnet sich
nicht nur durch sein streng katholisches
Dogma aus, sondern gleichzeitig in aufhetzerischer Weise durch seine antisemitischen, antideutschen, antieuropäischen
Thesen aus.
„Wird die deutsche Minderheit in
Deutschland verheimlicht?“ Diese
Überschrift über einen Bericht aus dem
jüngsten Schlesien-Seminars in Groß
Stein in Oberschlesien. Das Fragezeichen
war aus Höflichkeit gegenüber dem anwesenden deutschen Generalkonsul aus
Breslau, Dr. Helmut Schöps, so gesetzt
worden. „Warum werden wir in Deutschland verheimlicht“, lautete die „provozierende Frage“. „Der Generalkonsul mach-
POLITIK
te für das mangelhafte Wissen über die
deutsche Minderheit in der deutschen Gesellschaft indirekt die deutsche Presse und
die nicht ausreichende Publizität verantwortlich“. Kommentierend sei angemerkt:
Die deutschen Medien interessierten sich
nicht dafür, wenn es um das Schicksal, das
Leben und Überleben der Deutschen in der
Republik Polen geht. Bis heute haben die
deutschen Medien über das Ringen um
das Minderheitengesetz nicht berichtet,
über den ursprünglichen Vorschlag, von
einer 50-prozentigen Minderheit auszugehen, bis dann wenigstens der Schlüssel von einer 20-prozentigen Minderheit
durchgesetzt werden konnte. Auch die
Missstände, unter denen die deutsche
Minderheit in der Republik Polen immer
wieder zu leiden hat, sind keine Themen
der Berichterstattung!
!
Eine berechtigte und notwendige Frage. Während des Schlesien-Seminars –
Veranstalter das Haus der Deutsch-Polnischen Zusammenarbeit und die Diözese Oppeln – stellte Richard Donitza, Vizevorsitzender des Oppelner Sejmik
(Landtag) die Frage: „Wie kann man den
Angehörigen der deutschen Minderheit
starkes Bewusstsein und eine ausgeprägte
Identität vermitteln?“ Die Folge könnte
dann sein, „dass sie sich öffentlich zum
Beispiel bei Wahlen mit ihrer Gruppe identifizieren“. Die Feststellung ist zutreffend,
Aufruf zur Treuespende für Schlesien
Liebe Landsleute,
es sind einige Jahre vergangen, seit der
damalige Bundesvorsitzende und heute Bundesehrenvorsitzende der Landsmannschaft Schlesien, Dr. Herbert
Hupka, zur „Treuespende für Schlesien“
aufrief. Er tat dies, weil ein starker Mitgliederschwund festzustellen war und
die Zahlungsmoral bei den Mitgliedsbeiträgen sehr zu wünschen ließ. Seitdem erinnert der Bundesvorstand unserer Landsmannschaft in jeder Ausgabe
der „Schlesischen Nachrichten“ an die
„Treuespende für Schlesien“ und bittet
dringend um eine Spende, die beim Finanzamt von den zu zahlenden Lohnund Einkommensteuern abgesetzt werden kann.
Warum „Treuespende für Schlesien“
wird mancher fragen. Hierfür gibt es
mehrere Antworten. Einmal kann der
Spender damit seine Liebe und Treue zur
angestammten Heimat Schlesien bekunden. Wir wollen auf unsere Heimat
nicht verzichten. Ein zweiter Grund, warum wir die Treuespende benötigen und
auf die Gelder angewiesen sind, ist der
anhaltende Mitgliederschwund, der
jetzt verstärkt festzustellen ist. Damit verbunden unser finanzielles Problem,
denn mit jedem Mitglied, das die
Landsmannschaft Schlesien durch Tod
oder aus anderen Gründen verliert, sin-
ken die Einnahmen in der Landsmannschaft. Leider sinken nicht die Ausgaben, wie z.B. Büro- oder Personalkosten. Andere große Ausgabenpositionen
sind zu begleichen. Ich erinnere an unser diesjähriges bedeutendes Deutschlandtreffen der Schlesier in Nürnberg.
Die Teilnehmerzahl ist stark zurückgegangen. Die Erlebnisgeneration wird nun
kleiner und die Mitgliederzahl der nachfolgenden
Bekenntnisgeneration
wächst nicht so, wie es notwendig wäre.
Wir wollen aber denen, die solche Entwicklungen begrüßen, nicht recht geben.
Liebe Landsleute, ich appelliere an
alle Schlesier und Freunde Schlesiens,
werden Sie Mitglied der Landsmannschaft Schlesien. Ich bitte Sie aber auch
sehr herzlich, in der Spendenbereitschaft
nicht nachzulassen.
Spendenquittungen können auf
Wunsch ausgestellt werden.
Ich grüße Sie
„Schlesien Glückauf!“
Joseph Pietsch
Mitglied des geschäftsführenden
Bundesvorstandes und Vorsitzender
der Landesgruppe Hessen
Treuespende für Schlesien
Konto-Nr.:
40410
Bankleitzahl:
85050100 Niederschlesische Sparkasse Görlitz
3
dass die Mitgliedschaft in den Deutschen
Freundschaftskreisen nicht als Aufruf, sich
als Deutsche zu bekennen und während
der Wahlen Entscheidungen zu treffen, verstanden wird. Auch der Besitz des roten
Passes der Bundesrepublik Deutschland
wird nicht als Pflicht verstanden, sich an
den Wahlen als Deutscher zu beteiligen.
!
Kandidiert Aleksander Kwaniewski mit
Erfolg für den UN-Generalsekretär in
New York? Die Amtszeit des gegenwärtigen Generalsekretärs Kofi Annan läuft
aus. Nach einem ungeschriebenen Gesetz
rotiert das Amt unter den Kontinenten,
nach dem Ägypter war jetzt ein Diplomat
aus Ghana gewählt worden. Europa hatte zum letzten Mal Kurt Waldheim, den Österreicher, von 1972 bis 1981 als Generalsekretär gestellt. Es scheint so, dass
man auch jetzt nicht unbedingt einen Europäer, sondern einen Vertreter aus Asien,
es wird von Thailand und Sri Lanka gesprochen, an der Spitze der UN sehen will,
aber die europäischen Staaten würden
Kwasniewski vorschlagen wollen.
SN
Deutschlandtreffen der Schlesier
für den BdV kein Thema!
Unser Treffen in Nürnberg fand – wie allgemein bekannt ist – in den öffentlichen Medien eine gute Resonanz, sowohl was die
Intensität der Berichterstattung als auch den
Informationsgehalt betraf. Nicht so bei unserem Dachverband, dem Bund der Vertriebenen. Wer in dem offiziellen Organ des
BdV, der Monatszeitung „Deutscher Ostdienst“ (DOD), nach einem Hinweis auf diese bedeutende Veranstaltung gesucht hatte, der suchte vergebens. Schon im Jahresbericht des Verbandes 2001 für die Bundesversammlung des BdV war unser Bundestreffen, ganz im Gegensatz zu kleineren Veranstaltungen anderer Landsmannschaften, nicht erwähnt worden. Die
Schlesier fragen sich, was mit dieser Ignoranz gegenüber einer großen LandsSN
mannschaft bezweckt wird.
Posselt erneut im
CSU-Vorstand
Der Münchener CSU – Europaabgeordnete
Bernd Posselt, Bundesvorsitzender der
Sudetendeutschen Landsmannschaft
und Präsident der Paneuropa-Union
Deutschland, wurde auf Vorschlag des
Parteivorsitzenden Dr. Edmund Stoiber erneut in den CSU-Parteivorstand berufen.
Der 49jährige gehört dem Leitungsgremium der bayerischen Regierungspartei
seit dem Jahr 2000 an. Im Europaparlament, in dem er Bayern seit 1994 vertritt,
fungiert er als Sprecher der CSU für Außen-, Sicherheits-, Kultur- und Menschenrechtspolitik sowie für Fragen der
EU-Erweiterung. Seit 1997 ist Posselt Landesvorsitzender der Union der Vertriebenen in Bayern, die von allen CSU-Arbeitsgemeinschaften am längsten besteht.
ZEITGESCHEHEN
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Nachrichten aus Görlitz
Aus der Sächsischen Zeitung für die schlesische Region Görlitz
" Einen Staatsbesuch erlebte Görlitz jetzt
erstmals. Der litauische Staatspräsident Aldus Adamkus bekam den Görlitzer Brückepreis überreicht. Zur Entgegennahme
des Preises kam das litauische Staatsoberhaupt persönlich nach Görlitz. Darin
sieht der Görlitzer Bundestagsabgeordnete Michael Kretschmer „eine ungeheure
Chance, aller Welt zu zeigen, dass unser Brückepreis das für Osteuropa werden könnte, was der Aachener Karlspreis für Westeuropa ist“. Mit diesem Brückepreis wirbt
Görlitz – Ost und West – für die Kulturhauptstadtbewerbung der Stadt beiderseits
der Neiße.
" Das Schlesische Museum zeigt einen
verschollenen Schatz. Bauarbeiter stießen
1988 in der 35 Kilometer westlich von Breslau gelegenen Stadt Neumarkt auf einen
spektakulären Fund: Einen Schatz, der in
den Jahren der großen Pestepidemie 1347
bis 1349 verborgen wurde und seitdem als
verschollen galt. Zu den wichtigsten
Schmuckstücken des Schatzes zählen ein
Diadem und Ohrgehänge, die Ende des 13.
Jahrhunderts für die Familie des sizilianischen Königs Karl II. Anjou angefertigt wurden. Durch Vererbung gelangten die
Schmuckstücke an Blanche de Valois, die
mit dem böhmischen König Karl IV. verheiratet war. Dieser benötigte Geld, um den ihm
1346 angetragenen deutschen Königsthron durch eine erneute Krönung in Aachen
1349 endgültig zu sichern. Deshalb übergab er Schmuckstücke des Hortes an einen jüdischen Finanzier, der den Schatz
schließlich versteckte.
" Ein Jahrhundert lang Hilfe. Das Haus
Langenstrasse 43 feiert sein hundertjähriges Bestehen im Besitz der evangelischen
Kirche. Eine Ausstellung will an die Vergangenheit dieser Einrichtung erinnern. Mit
unterschiedlichen Arbeitsfeldern reagierte
man während der vergangenen hundert Jahre in diesem Haus, auf die sozialen Nöte und
damit verbundene Herausforderungen. Auf
welch vielfältige Weise das geschehen ist,
wird in Wort und Bild dokumentiert.
" Brunnen sprudeln wieder zum Altstadtfest. Die Figur des Georgsbrunnens
auf dem Obermarkt soll bis zum Altstadtfest verarztet werden. Der abgebrochene
Arm und die Lanze sowie das kaputte Handgelenk werden zur Zeit repariert. Auch an
die Bütte an der Peterskirche muss Hand
angelegt werden. Man vermutet ein Leck an
der Saugleitung. Wenn die Reparatur gelingt,
kann auch dieser Brunnen wieder sprudeln.
Am Leiziger Platz funktioniert zwar das Wasserspiel, aber etwas reduziert. Hier wurde
kürzlich eine Düse gestohlen. Bis auf die
genannten Schäden halten sich die Zerstörungen an den Wasserspielen in diesem
Jahr in Grenzen.
" Musik verbindet Fest in Görlitz Ost und
West. Ein Spielmannszug nahm den kürzesten Weg vom Jakuby-Fest in Ost-Görlitz zum Altstadtfest im Westen über die neue
Altstadtbrücke. Zehntausende Besucher er-
lebten beiderseits der Neiße abwechslungsreiche Tage in historischem Ambiente. Zahlreiche Spielleute und Gaukler unterhielten die spazierenden Zaungäste, auch
mittelalterliches Handwerk lockte viele
Neugierige an. Die elfte Auflage des Altstadtfestes brachte auch Neuerungen. Besucher aus Nah und Fern haben sie mit Begeisterung angenommen.
" Quicklebendig durch das Reich des Todes. Auf den Spuren der Geschichte,
untermalt mit schlesischen Gedichten,
wandelten Besucher auf dem Nikolaifriedhof. Eine abendliche Gruftführung durch die
barocken architektonischen Schönheiten mit
Schöngeistigem untermalt. Diese lockere,
unterhaltsame Führung mit Gedichten ist die
erste dieser Art. „Mit diesen Gruftführungen
wird die Ersterwähnung des Nikolaifriedhofes vor 700 Jahren gewürdigt,“ erklärte
Margrit Kempgen, Vorsitzende der evangelischen Kirchenstiftung Görlitz, „wir wollen damit ein Lebensgefühl vermitteln, es
ginge dabei um das Leben nach dem Tod“.
" 100 Jahre Klinikum Görlitz. Knapp 500
Gäste nahmen jetzt an der offiziellen Feier
zum hundersten Jahrestag des Klinikums
Görlitz teil Die Endmontagehalle von Bombardier Transportation bildete dabei einen
ebenso ungewöhnlichen wie reizvollen
Rahmen. Sänger des Theaters Görlitz trugen mit ihren Darbietungen zum Gelingen
der Festveranstaltung bei.
Schlesische Nachrichten 22/2005
" Die Sanierung der Braunkohletagebaulandschaften im mitteldeutschen
und Lausitzer Revier ist 15 Jahre nach
der Wende zu gut 80 Prozent abgeschlossen.
Bundesverkehrsminister
Manfred Stolpe (SPD) würdigte die Sanierung jetzt in Berlin „nicht nur in ökologischer Hinsicht als eine eindrucksvolle Erfolgsgeschichte“. Es sei gelungen, aus völlig verwüsteten Landstrichen „wieder
eine schöne Landschaft herzustellen“
sagte der Minister. Insgesamt musste nach
der Wiedervereinigung eine Fläche von gut
100 000 Hektar, so groß wie das Saarland
und Berlin zusammen, saniert werden. Dabei sind mehr als 50 Seen mit 27 000 Hektar Wasserfläche geschaffen worden.
" Friedhof als Denkmal der Heimat. Es
ist eine alte Tradition, im November der
Toten zu gedenken. Dabei lohnt es sich
beim Gang über die Friedhöfe einen Blick
auf alte Grabsteine zu werfen. Besonders
zu beachten sind dabei die aus dem
Mittelalter erhaltenen Epithaphien. Es sind
oft Zeugen von Rittergestalten und
Schlossherren an Kirchenwänden und
Mauern. Auch die in Sandstein oder Granit gemeißelten Inschriften der Toten des
18. und 19. Jahrhunderts erzählen viel. Sie
sind ein reiches Betätigungsfeld für Historiker. Dabei lohnt sich auch ein Gang
über die Friedhöfe jenseits der Neiße. So
steht etwas verdeckt an einer Kirchenmauer in Radmeritz der älteste bekannte Epitaph der Oberlausitz, ein Gedenkstein des Ritter von Lossow, gesetzt im
Jahr 1413.
„Als die Deutschen weg waren“
Eine dreiteilige Fernsehproduktion des WDR
Zu dem salopp gewählten Titel, unter dem
Filme über die gegenwärtige Situation in
einem ostpreußischen Dorf, einer schlesischen Großgemeinde und einer Stadt im
Sudetenland gezeigt werden sollten, einige Fragen. Warum waren die Deutschen
weg, waren sie einfach abgehauen, waren sie lediglich umgezogen, warum hatten sie ihre häuslichen Quartiere aufgegeben, wohin hatten sie Reißaus gemacht?
Die Antwort ist leider ganz einfach, in seinem Pressetext ist der Westdeutsche
Rundfunk bereits in der zweiten Zeile viel
ehrlicher. Man wollte darauf Antworten finden, man wollte wissen, „was nach dem
Krieg und nach der Vertreibung der Deutschen geschehen ist, was kam eigentlich
nach der Vertreibung? Was passierte, als
die Deutschen in Ostpreußen, in Schlesien,
im Sudetenland ihre Häuser und ihre Heimat verlassen mussten?“ Aber im Titel der
drei Filme durfte die Vertreibung der Deutschen nicht genannt werden! Noch eine
Frage: wäre ein in gleicher Weise salopper Titel „Als die Juden aus Deutschland
wegwaren“ denkbar? Bestimmt nicht,
denn auf solche Weise verschweigt man
absichtlich die grausame Unmenschlichkeit der Politik, der Ideologien und Gewaltherrschaft!
Anerkennend sei jedoch angemerkt,
dass man sich in den drei Produktionen
unterschiedlicher Drehbuchautoren mit
mehr oder weniger Erfolg bemüht hat,
nachzufragen und nachzuforschen, „wie
ging die Politik mit dem Erbe der Deutschen um? Was erfuhren die neu angesiedelten Bewohner über die Vergangenheit des fremden Ortes.....?“
Schon im Sujet her war der Film von
Christian Schulz über das Dorf Tollmingkehmen im Kreise Godap am erregendsten, denn was wissen wir über die ostpreußischen Dörfer, die jetzt zur russischen
Oblast Kaliningrad, d.h. Königsberg, gehören. Die aus dem weiten sowjetischen
Imperium gewonnenen und kommandierten Neuansiedler mussten jede
Kenntnis und Erfahrung der geographischen Struktur, des Klimas, aber auch der
in der Landwirtschaft technischen Möglichkeiten wie Kolonisten, die einem Lokator gefolgt sind, neu beginnen. Ein Russe, der als Rotarmist gedient hatte, vermittelte dem Zuschauer sogar das Gefühl
angeblich berechtigter Rache, aus dem
sich auch Okkupation und Vertreibung der
Deutschen herleiten sollten. Die notwendigen deutschen Akzente setzte der Erbe
eines deutschen Gutbesitzers, realistisch
Schlesische Nachrichten 22/2005
ernüchternd und mit der deutschen Geschichte von Tollmingkehmen bestens vertraut. Zwar konnten Störche und glanzvolle
Landschaftsbilder und Wolkenszenen ein
wenig gelassen stimmen, aber das Land
versteppt und das Schlusswort des kundigen Deutschen lautete: „Ich kann mir
nicht vorstellen, wie das hier gut gehen
soll“. Eine schon bei derartigen Filmen gestellte Frage sei wiederholt: muss es immer wieder musikalische Untermalung
sein? Gottlob waren die anderen beiden
Filme frei davon.
Der zweite Film, Drehbuchautor HansDieter Rusch, hatte sich die Großgemeinde
Groß Döbern, 12 km von Oppeln in Oberschlesien entfernt zum Schauplatz gewählt. Der Bürgermeister des Ortes, der
demnächst Stadtrechte erhalten soll und
an die 14.000 Einwohner zählt, berichtete im besten Deutsch ohne Umschweife
von der Geschichte des Ortes und seiner
großen deutschen Mehrheitsbevölkerung, wie es bis nach 1945 gewesen ist.
Zwar hatte es hier bis 1938 eine polnische
Schule gegeben, aber ab sofort, 1945,
durfte kein Wort Deutsch mehr gesprochen
werden. Der Ort sollte urpolnisch werden.
Darunter hatten die mehrheitlich in der Heimat gebliebenen Deutschen schwer zu leiden. Das in Oberschlesien da und dort,
auch in Groß Döbern, gesprochene Wasserpolnische musste von den aus der
Fremde und Ferne eingesetzten Lehrkräften als polnische Hochsprache neu gelehrt werden. Wie schon im „russischen“
Film vermittelt werden sollte, konnten die
hier neu angesiedelten Polen aus der westlichen Ukraine, Ostpolen, über ihre Heimat und die Sehnsucht nach ihr erzählen,
die Deutschen als die aus der Heimat Vertriebenen kamen nicht zu Wort. Misslich
auch, dass der sonst vielgerühmte Brückenschlag von drüben nach hüben
gänzlich ausgespart worden ist, Beispiel
die Schulpartnerschaft zwischen Groß Döbern und Königswinter bei Bonn! Leider
stimmte geographisch manches nicht, wie
nachträglich versichert worden ist. Erfreulich, dass es recht schlesisch in diesem Film zuging.
Im letzten Film, (3., 7., 14. Oktober, jeweils 20.15 bis 21.00 Uhr) befasste sich
die erfahrene Fernsehautorin Ulla Laschauer mit dem Heute der Stadt Gablonz.
Auch musste die jüngste Historie beschworen werden, wohl pflichtschuldig.
Hier war es nicht der Zweite Weltkrieg,
wohl aber das Münchener Abkommen von
1938. Zusätzlich die auf das Jahr 1948
festausgemachte Alleinherrschaft der
Kommunisten. Dem Film, der leider enttäuschte, fehlte die Gegensätzlichkeit
und Kontinuität der Aussagen. Mit Aussagefetzen kamen immer dieselben Zeugen und Zeuginnen zu Wort, bis hin zur
Feststellung, dass Odsun, Abschiebung,
doch das richtige Wort für die Vergangenheit sei, denn Vertreibung enthalte etwas vom Hass Bestimmtes! Viel war aus
gutem Grund vom Modeschmuck und der
Glaskunst die Rede, aber es fiel kein Wort
über Neugablon, Stadtteil von Kaufbeu-
ZEITGESCHEHEN / LM SCHLESIEN
ren im Allgäu. Diese thematische Sterilität
des Films (wie bereits zum schlesischen
Thema ausgeführt) enttäuschte. Die deutsche Vergangenheit war allerdings nicht
zu verschweigen. Von den neuen Einwohnern der einst 40.000 Bürger zählenden Stadt, war recht oberflächlich die
Rede. Man sprach von Plünderern gleich
nach 1945 und von einem Zuzug in den
„goldenen Westen der Tschechoslowakei“.
Aber wie hat man sich zusammengelebt,
wie gibt es eine neue Identität der heutigen neuangesiedelten Einwohner? In diesem Film steckte zu viel Improvisation,
5
man war froh, deutsche Stimmen, mit
tschechischem Familiengrund, vor das
Mikrofon gebracht zu haben. Vom heutigen Gablonz, im Krieg unzerstört geblieben, konnte man sich kein rechtes Bild machen. Man erwartet selbstverständlich
nicht die Qualität einer Magisterarbeit von
derartigen Filmen, aber doch gründlichere Vorbereitung, was vor allem für den letztgenannten Film gilt.
„Nach der Vertreibung der Deutschen
aus der Heimat“ wäre der zutreffende Titel für diese drei Filme gewesen.
Herbert Hupka (SN)
Besuch in Königswinter
Unlängst gastierten einige polnische Germanistikstudenten aus dem oberschlesischen Industriegebiet auf Einladung der Bundesleitung der Landsmannschaft im Haus Schlesien
(Königswinter). Diese Maßnahme, die aus Mitteln der Bundesrepublik Deutschland gefördert wurde, ist vom Joachim Karwoczik geleitet und vom Bundesgeschäftsführer Damian
Spielvogel vorbereitet worden.
Vorsitzender des Landesverbandes mit
Goldener Ehrennadel ausgezeichnet
Stellv. Bundesvorsitzende zeichnet persönlich 1. Schlesierkreuzträger Sachsens aus
Am Sonnabend, den 8. Oktober 2005 fand
in Freiberg/Sachsen der Landesverbandstag der Landsmannschaft Schlesien von Sachsen/Schlesische Lausitz
statt. Die Landesleitung hatte dazu eingeladen, standen doch bedeutende Beschlüsse zur Entscheidung an. Nach der
Wahl einer neuen Landesleitung am 20.
März 2004 galt es, die Entlastung für das
Jahr 2004 vorzunehmen und Beschlüsse für das laufende Jahr zu
fassen. Die Satzungsneufassung
nach eingehender Vorbereitung wie
der Beschluss einer neuen Wahl- wie
Geschäftsordnung, bildeten weitere Kernpunkte der Zusammenkunft.
Der Landesverband der Landsmannschaft Sachsen/Schlesische
Lausitz wurde unter dem 1. Vorsit(v.l.n.r.) Werner Helbig, Dr. Idis B. Hartmann, Vertriebenenbeauftragter des
Freistaates Sachsen Andreas Grapatin.
zenden Dr. Ewald Schaffert am 31. März
1992 gegründet. Nach vier erfolgreichen
Jahren riss sein plötzlicher Tod am 26. August 1996 ihn aus seinem umfangreichen
Schaffen. Nach Fehlentscheidungen der
nachfolgenden Vorsitzenden Regina
Heinze vom KV Plauen, besonders im
Jahr 2001, erfolgte ihr Rücktritt auf
>>>
6
ZEITGESCHEHEN / LM SCHLESIEN
Schlesische Nachrichten 22/2005
Bildmitte: die Vorsitzende Sigrid Schmidt mit der Goldenen Ehrennadel. Vom Stellv. Landesvorsitzenden Erwin Galisch wurde ihr nach
der Auszeichnung durch die Stellv. Bundesvorsitzende Dr. Idis B.
Hartmann und den Vorsitzenden der KG der Schlesier Zwickau Günter Viebig ein Schlesienplaner überreicht.
Kreis- und Landesebene. Drei Jahre auf
amtierender Basis arbeitend, war es insbesondere dem persönlichem Einsatz unseres Bundesvorsitzenden zu verdanken,
dass unter Sigrid Schmidt vom KV Bautzen als neue Vorsitzende ein Neuanfang
ab 20. März 2004 erreicht wurde.
Die Delegierten des Landesverbandstages, welche zu über 90 % anwesend waren, konnten als Gast die
Stellv. Bundesvorsitzende Dr. Idis B. Hartmann empfangen. Sie übermittelte die
Grüße des Bundesvorstandes und
sprach insbesondere über den Stand und
die Rolle der Kulturarbeit der Vertriebenenverbände. Die Anwesenheit von Andreas Grapatin, dem Bundesvertriebenenbeauftragten des Sächsischen Landtages (CDU), überzeugte erneut die Anwesenden, dass die sächsische Landesregierung die Arbeit aller Vertriebenenorganisationen entsprechend ihren
Möglichkeiten unterstützt. Auch konnte
mit Daniel Breutmann ein Vertreter der
Schlesischen Jugend begrüßt werden. Er
sprach in seinen Grußworten über die Arbeit dieser Bundesgruppe mit Sitz in der
Brüderstraße von Görlitz.
Zum Tagungsleiter hatten die Delegierten den Stellv. Landesvorsitzenden Erwin Galisch gewählt. Die umfangreiche
Tagesordnung mit einer nochmaligen Erläuterung statutengerecht abgearbeitet,
die Berichte bestätigt wie der Neufassung
der Satzung und Ordnungen von den
Stimmberechtigten überwältigend zugestimmt, ermöglichten eine konzentrierte
Durchführung des Landesverbandstages.
Einen besonders freudigen Höhepunkt der Zusammenkunft bildeten Auszeichnungen. So konnte vom KV Zwickau
Werner Helbig für seine langjährige umfangreiche und vorbildliche Arbeit auf
Kreis- und Landesebene das Schlesierkreuz persönlich aus den Händen der
Stellv. Bundesvorsitzenden empfangen.
In der Laudatio, welche von der Sächsischen Landesvorsitzenden gehalten
wurde, konnte sie über den 1933 in Aslau, Kreis Bunzlau, geborenen und aus Altenlohm, Kreis Goldberg, 1946 endgültig vertriebenen Hfrd. Helbig und dessen
unermüdliche Arbeit berichten. Mit einem
Dank an die Bundesgeschäftsstelle zur
Befürwortung der hohen Auszeichnung
brachte Sigrid Schmidt auch zum Aus-
druck,
dass der
Landesverband
stolz ist,
mit Werner Helbig den ersten Schlesierkreuzträger des
Freistaates in seiner Mitte zu haben.
Auf Antrag der Landesleitung und Befürwortung durch die Bundesgeschäftsstelle wurde am gleichen Tage die
Landesvorsitzende Sigrid Schmidt mit
der Goldenen Ehrennadel ausgezeichnet. Als Vorsitzende des KV Bautzen leistet sie seit Jahren eine umfangreiche zielstrebige landsmannschaftliche Arbeit
und hat auch heute als Landesvorsit-
zende noch diese Doppelfunktion inne.
Bei der Neuwahl im vergangenen Jahr
übernahm sie nicht nur die Funktion der
Vorsitzenden, sondern erreichte auch,
dass eine neue Leitung mit vier Beisitzern gewählt werden konnte. Ihre bisherige Arbeit auf Landes- wie Bundesebene und zukünftigen Pläne des Sächsischen Landesverbandes bestätigen die
Richtigkeit ihrer Auszeichnung mit dieser Ehrennadel. Im Schlusswort wurde
zum Ausdruck gebracht, dass beide Auszeichnungen an diesem erfolgreichen
Landesverbandstag neben der Ehrung
beider Einzelpersonen auch ein Ansporn
für die Mitglieder und Leitungen der einzelnen Kreis- und Ortsgruppen sein sollten, dass es lohnend ist, sich aktiv für
die landsmannschaftliche Arbeit einzusetzen.
E. Galisch (SN)
Finnische Tragödie
Nachfolgende Darstellung aufgenommen im Finnischen Nationalmuseum
HARD TIMES
SCHWERE ZEITEN
Wars overshadowed the first decades after Finland declared independence in 1917.
Civil war broke out in January 1918. In the
civil war „white“ forces of government
fought against the revolutionary „reds“.
Around 30.000 Finns died in battles or in
prison camps. It took a long time to reunify the nation.
The Winter War started on 30 November
1939, when the Soviet Union opened fire
on the Karelian Isthmus and bombed Helsinki. The war ended with the Treaty of
Moscow on 13 March 1940. The Continuation War got Finland more closely involved with the Second World War. Its battles were fought between 1941 and 1944.
An armistice was signed on 19 September 1944. Peace conditions included the
breaking of ties with Germany, and a war
in Lapland followed. The last German forces left Lapland in late April 1945. The final peace treaty between Finland and the
Soviet Union was signed in Paris on 10 February 1947. Around 90.000 Finns died or
went missing in 1939-45 as result of the
war. Finland lost extensive territory in Karelia and northern Finland and about half
a million refugees had to be resettled.
Kriege überschatteten die ersten Jahrzehnte, nachdem Finnland 1917 seine Unabhängigkeit erklärt hatte. Im Januar 1918
brach ein Bürgerkrieg aus. In dem Bürgerkrieg kämpften die „weißen“ Regierungstruppen gegen die „roten“ Revolutionäre. Ungefähr 30.000 Finnen starben
in den Kämpfen oder in Gefangenenlagern.
Es dauerte eine lange Zeit, um die Nation
wieder zu einen.
Der Winterkrieg begann am 30. November 1939, als die Sowjetunion das Feuer auf die Karelische Landenge eröffnete
und Helsinki bombardierte. Der Krieg endete mit dem Frieden von Moskau am 13.
März 1940. Im folgenden Krieg wurde Finnland in den Zweiten Weltkrieg verwickelt.
Seine Kämpfe wurden zwischen 1941 und
1944 ausgetragen. Ein Waffenstillstand
wurde am 19. September 1944 unterzeichnet. Die Friedensbedingungen
schlossen den Bruch der Bindungen mit
Deutschland ein, und es folgte ein Krieg
in Lappland. Die letzten deutschen Truppen verließen Lappland Ende April 1945.
Der endgültige Friedensvertrag zwischen
Finnland und der Sowjetunion wurde am
10. Februar 1947 in Paris unterzeichnet.
Ungefähr 90.000 Finnen starben oder wurden infolge des Krieges zwischen 193945 vermisst. Finnland verlor ausgedehnte Territorien in Karelien und Nordfinnland
und etwa eine halbe Million Flüchtlinge
mussten umgesiedelt werden.
Anmerkung: Finnland hatte zu dieser Zeit
ca. vier Millionen Einwohner. Erstaunlich
ist, dass das Wort Vertreibung vermieden
wird.
SN
Schlesische Nachrichten 22/2005
LANDSMANNSCHAFT SCHLESIEN
7
Schlesischer Kreis-, Städte- und Gemeindetag stellt Weichen für die zukünftige Arbeit
Der Schlesische Kreis-, Städte- und Gemeindetag (SKSG) hat die
gleichen Sorgen wie alle Vertriebenengemeinschaften, in den Heimatkreisgruppen fehlt der Nachwuchs. Viele Heimatgruppen finden
keine Vorsitzenden mehr, die amtierenden Vorsitzenden werden zu
alt für die Arbeit. Wie wichtig aber die Arbeit des SKSG ist zeigte
die Jahresversammlung 2005, die in Lubowitz in Oberschlesien als
deutsch-polnische Verständigungsfahrt durchgeführt wurde. „Es müssen neue Wege gesucht werden, um die Arbeit sinnvoll fortsetzen
zu können“ , erklärte Präsident Detlev A.W. Maschler zu Beginn der
Mitgliederversammlung.
Zuvor ehrte er die Vizepräsidentin des SKSG Jutta Graeve-Wölbling, mit der goldenen Ehrennadel der Landsmannschaft Schlesien
für 18 Jahre Vorstandsarbeit im SKSG und ihre Mitarbeit im Bundesvorstand der Landsmannschaft Schlesien.
In seinem Jahresbericht ging er auf das Altersproblem ein und
schlug vor, den SKSG auch Einzelmitgliedern zu öffnen. Dazu bedarf es einer Satzungsänderung. Er dankte der Stiftung für deutschpolnische Zusammenarbeit für die Unterstützung dieser Tagung in
Lubowitz, ohne die der SKSG diese Verständigungsfahrt nicht hätte durchführen können. Sein Dank galt auch der Schatzmeisterin Ruth
Bretschneider und den übrigen Mitgliedern des Präsidiums. Nach
dem Vortrag des Kulturreferenten für Schlesien Dr. Michael Parak
schlug er vor, die nächste Jahresversammlung in Görlitz durchzuführen und zu einem engen Kontakt mit dem Schlesischen Museum
zu nutzen.
Vizepräsidentin Jutta Graeve-Wölbling ging in ihren Bericht auf
die Vorbereitungen zu dieser Fahrt nach Lubowitz ein, sie wies auch
auf den Einsatz des deutschen Copräsidenten der Stiftung für deutschpolnische Zusammenarbeit Herbert Helmrich hin, der die Arbeit des
SKSG seit Jahren wohlwollend begleitet. Auch sie befürwortete die
Aufnahme von Einzelmitgliedern in den SKSG, denn es gäbe viele
jüngere Menschen, die an der Arbeit interessiert sind, aber keine Kontakte zu ihrer Heimatgruppe haben.
Der Bericht der Schatzmeisterin zeigte, dass das Beitragsaufkommen der Heimatgruppen nur notdürftig für den laufenden Schriftverkehr reiche, deshalb können solche Verständigungsfahrten nur
mit Eigenfinanzierung der Teilnehmer und andersweitiger Förderung
durchgeführt werden.
Ein sehr wichtiges Thema schnitt der Vorsitzende der Bundesgruppe Liegnitz, Dr. Gerhard Kaske, an. Als die Heimatgruppen in
den fünfziger Jahren sich organisierten, übernahmen westdeutsche
Städte die Patenschaften für die schlesischen Heimatkreise. Dabei
entstanden in den Patenstädten ostdeutsche Heimatstuben, in denen die Vertriebenen ihre geretteten Erinnerungsstücke sammeln konnten. So kamen in diese Heimatstuben oft sehr wertvolle Exponate.
Die Heimatstuben wurden meistens von Vertriebenen betreut, die
in den Patenstädten wohnten. Heute werden viele Heimatstuben geFrau Anne Brosig, Kulturreferentin im LS – Bezirksverband Oberbayern,
übergibt anläßlich der Tagung der ostoberbayerischen Ortsverbände am
18. Juli 2005 in Laufen, Hotel Klosterhof, die von ihr erarbeitete Dokumentation über Gedenktafeln,
Gedenkstein etc. – zu finden im Bereich des Bezirksverbandes Oberbayern –, die sich auf Flucht und
Vertreibung beziehen, oder auf
schlesische, ostdeutsche Persönlichkeiten, dem Bezirksvorsitzenden Klaus-Dieter Riedel.
schlossen, die Patenstädte brauchen oft die
Räume und die Betreuer sind zu alt geworden,
um eine sorgfältige Betreuung noch durchzuführen. So werden viele Exponate verpackt und
landen in den Kellern der Rathäuser. Die vorhandenen schlesischen Museen und Sammlungen sind nicht geeignet, alles Sammelgut
aufzunehmen, deshalb muss eine anderer Weg
gesucht werden, die Sammlungen aus den Heimatstuben und aus Privathaushalten aufzunehmen. Dr. Kaske erläuterte wie solch eine „Sammelstelle“ arbeiten könnte und bat die Delegierten, sich über diese Fragen Gedanken zu machen. Standort dieser Sammelstelle könnte nur Görlitz sein,
um eng mit dem Schlesischen Museum zusammen arbeiten zu können. Es wurde beschlossen einen Arbeitsausschuss zu bilden, der
zusammen mit Dr. Kaske diese Heimatstuben-Initiative vorbereiten
soll. Ihm gehören Norbert Pantke, Heimatgruppe Ohlau, und Präsident Maschler, Heimatgruppe Carlsruhe an.
Turnusgemäß musste das Präsidium neu gewählt werden. Präsident Detlev A.W. Maschler und Vizepräsident Bernhard Priesemuth wurden einstimmig wiedergewählt. Norbert Pantke wurde einstimmig als neuer Vizepräsident gewählt, da Jutta Graeve-Wölbling
nicht mehr kandidierte. Schatzmeisterin bleibt weiterhin Ruth Bretschneider, zum Schriftführer wurde Edgar Güttler von der Heimatgruppe Neumarkter Verein gewählt. Als
Beisitzer arbeiten im Vorstand mit Jut- Die Delegation von Freilasta Graeve-Wölbling (Heimatgruppe sing und Bad Reichenhall
Goldberg) als Pressereferentin, Lydia anläßlich der Tagung wähRadach als Unterstützung der Schatz- rend der Tagungspause.
meisterin (Heimatgruppe Ratibor),
Konrad Scholz, als Vertreter der schlesischen Heimatgruppen in Mitteldeutschland (Heimatgruppe Winzig).
Aus den Berichten von der Arbeit der
Heimatgruppen ging hervor, dass viele Heimatgruppen enge Kontakte in ihre
alten Heimatgemeinden haben. In vielen Orten konnten Gedenktafeln oder
Gedenksteine für die ehemaligen deutschen Bürger eingeweiht werden. Dr.
Kaske berichtete von dem Liegnitzer
Heimattreffen, das Anfang Oktober in
Liegnitz und Wahlstatt stattgefunden
hatte. Aus allen Heimatkreisen war zu
Bezirksvorsitzender Klaus
hören, dass die Kreistreffen immer we- – Dieter Riedel bedankt
niger besucht werden, dafür aber mehr sich bei Helmut Herbst,
Ortstreffen stattfinden, was natürlich der sein Amt als stv. BV –
nicht gerade den Patenschaftsgedan- Vorsitzender aus gesundheitlichen Gründen niederken stärkt.
Die nächste Jahresversammlung gelegt hat, für seinen großartigen, selbstlosen, gedes SKSG, so wurde beschlossen, soll wissenhaften Einsatz in all
am zweiten Wochenende im Oktober den vergangenen Jahren
2006 in Görlitz stattfinden.
für den BV Oberbayern und
Jutta Graeve (SN) somit für Schlesien.
links: Die Delegation von Burgkirchen, Burghausen, Tittmoning und
Laufen während der Tagungspause.
Fotos: R. Maywald
rechts: Die Tagungsteilnehmer: Erste Reihe (v. l. n. r.): Delegation von
Bad Reichenhall und Burgkirchen, zweite Reihe: Delegation von Burghausen und Freilassing, letzte Reihe: BV-Vorsitzender K.-D. Riedel,
BV – Kulturreferentin Anne Brosig, BV-Vorstandsmitglied Eberhard Ludwig, Delegation von Laufen, Altötting, Tittmoning.
8
LANDSMANNSCHAFT SCHLESIEN
... und die Heimat wird lebendig
Eindrücke vom 28. Beuthener Heimattreffen
Über 6000 Heimatfreunde besuchten an
beiden Tagen der Veranstaltung (3. und 4.
September 2005) das 28. Beuthener Heimattreffen in der Patenstadt Recklinghausen. Seit der ersten Begegnung am 16.
und 17. August 1952 sind nunmehr 53 Jahre vergangen. Vieles hat sich in dieser Zeit
geändert. Geblieben jedoch sind das Gemeinschaftsgefühl der Beuthener und die
Liebe zur Heimat.
Immer wieder bewegend und ergreifend
ist der Einmarsch der Trachtengruppen
und Fahnenabordnungen in die Vestlandhalle im Rahmen der offiziellen Eröffnung. Zu den Klängen des Liedes „Glück
auf, der Steiger kommt“, gespielt von der
Knappenkapelle Marl, erfolgte mit sangeskräftiger Unterstützung der Besucher
der farbenprächtige Einzug.
In Vertretung des erkrankten Vorsitzenden des Beuthener Heimatkreises
e.V., Hans Dieter Siepmann, eröffnete der
auch für die Paten- und Partnerschaft zuständige neue Beigeordnete Georg Möllers den Heimatabend und begrüßte die
Anwesenden. Die Grußworte der Patenschaftsträger übermittelten Bürgermeister Wolfgang Pantförder für die Stadt und
Landrat Jochen Welt für den Kreis Recklinghausen.
Patenschaft und Partnerschaft sind keine Gegensätze, sondern können und sollen sich sinnvoll ergänzen. Diese Verbindung ist durch die Teilnahme und Ansprache von Stadtpräsident Krzysztof Wójcik dokumentiert worden.
Die Feierstunde endete traditionsgemäß
mit dem gemeinsamen Singen der deutschen Nationalhymne und des Oberschlesierliedes; beim Auszug erklang das
Lied „Mein Schlesierland“.
War 1995 der Beifall für das JugendKinderorchester „Piccolo“, dem Nachwuchs des DFK Beuthen OS, noch von einer gewissen Höflichkeit geprägt, begeisterte es nunmehr das Publikum bei dem
6. Auftritt in Recklinghausen mit seinem
breiten Repertoire und den nahezu perfekten Darbietungen.
Die Band „Sing mit Uns“ vom DFK-Martinau, verstärkt mit „Martinauern“ aus
Crailsheim, traf den Geschmack der mittleren und jüngeren Generation. Die Tanzfläche in der Vestlandhalle hat eine derartige Begeisterung wahrscheinlich
schon lange nicht mehr erlebt.
Abgerundet wurde das Rahmenprogramm durch die jetzt in Recklinghausen
beheimateten Oberschlesischen Bergmänner.
Schlesische Nachrichten 22/2005
Gelebte und erlebte Heimat wurde erneut durch die Ausstellung „Beuthen OS –
Eine Stadt in Europa –“ präsentiert. Die Ausstellung zeigte anhand von Karten und reichlich Bildmaterial die Entwicklung der Stadt
vom Mittelalter bis in die Gegenwart.
Besonders lebendig wurde die Vergangenheit, verbunden mit der Gegenwart, in
und mit dem von Josef Cyrus produzierten
Film „Beuthen O/S – früher und heute“.
Höhepunkt jeder Veranstaltung war und
ist der katholische Gottesdienst. Zelebriert
von Pater Laurentius Englisch OFM, musikalisch gestaltet von den „Piccolos“ und den
Oberschlesischen Bergmännern sowie
dem Oberschlesischen Blasorchester aus
Düsseldorf, erweckte das feierliche Hochamt mit den dem Gottesdienst vorausgehenden Gesängen zum Marienlob viele Erinnerungen an vergangene Zeiten.
Vor 14 Jahren war es schon eine Sensation: Mitglieder des DFK-Kreisverbandes
Beuthen OS besuchten erstmalig ein Heimattreffen in der Patenstadt. In diesem Jahr
weilten die Freunde aus der Heimat bereits
zum 8. Mal in Recklinghausen. Dass Normalität nicht Abgestumpftheit bedeutet,
wurde auch in diesem Jahr wieder unter
Beweis gestellt.
Positiv zu vermerken ist die Teilnahme
der mittleren und zum Teil auch jüngeren
Generation bei dem großen Familienfest.
Der Beuthener Heimatkreis e.V. und die
Stadt Recklinghausen sind weiterhin von
der Wichtigkeit der Veranstaltung überzeugt.
G.P.W. (SN)
A bißla Schlesisch in den SN 20/2005, S. 8
Leider befinden sich hier folgende Druckfehler:
Die Zeilen 23/24 müssen wie folgt ergänzt
werden:
„Muckscha, doas woar,
wenn ener nischt soagte.
Es hieß: „haal die Gusche“,
wenn ener viel froagte“
In der viertletzten Zeile muß es natürlich
„Heemte“ statt „Zeemte“ heißen.
Mittwoch, 16. November 2005, 16.00 Uhr
Haus der Heimat, Stuttgart, Schlossstr. 92,
Großer Saal
Filmabend
„Schlesische
Identitäten“
Vortrag mit Filmzitaten aus der Schlesischen Trilogie des polnischen Filmemachers Kazimierz Kutz (Das Salz der
Schwarzen Erde, Die Perle in der Krone,
Perlen eines Rosenkranzes).
Referent: Dr. Hans-Joachim Schlegl, Berlin
Vorführung des Films „Wer bin ich?
Schlesische Lebensläufe“ in Anwesenheit
des Regisseurs Andrzej Klamt.
Eine Veranstaltung in Zusammenarbeit mit
der Deutsch-polnischen Gesellschaft,
Landesverband Baden-Württemberg im
Rahmen des Deutsch-Polnischen Jahres
2005/2006.
Schlesische Nachrichten 22/2005
LM SCHLESIEN / LANDSLEUTE
Treuespende für Schlesien
Es werden die Spendeneingänge ab 50,00 Euro des dritten Quartals
2005 veröffentlicht. Die Landsmannschaft Schlesien sagt herzlichen
Dank.
Arndt Erika
100,00 Euro
Banke Christel
50,00 Euro
Bartlewski Horst
50,00 Euro
BdV Kreisverband Leipzig
50,00 Euro
BdV Kreisverband Oberhavel 50,00 Euro
BDV-Landsmannschaft (welche ?)
100,00 Euro
Beckert Hans-Georg
100,00 Euro
Benedix-Engler Ursula
200,00 Euro
Bethke Siegfried
50,00 Euro
Biedermann Karl
70,00 Euro
Böhm Klaus-Dietrich
50,00 Euro
Bucher Peter f. Heimatgr. Bielitz
50,00 Euro
Bundesheimatgruppe Striegau
100,00 Euro
Dierig Harald und Barbara
50,00 Euro
Endreß Manfred
50,00 Euro
Engelmann Günther
100,00 Euro
Engler Herbert
50,00 Euro
Erler Rudolf
50,00 Euro
Faulhaber Johanna
100,00 Euro
Freyer Dr. Otto-Heinrich
50,00 Euro
Golawski J. f. Heimatkr. Pilzendorf
50,00 Euro
Graeve-Wölbling Jutta
100,00 Euro
Grafschaft Glatz
250,00 Euro
Hammel Ingo
1.000,00 Euro
Heidelmeyer Steffi
100.00 Euro
Heidelmeyer Steffi
100,00 Euro
Heimatbund Kreis Reichenbach
50,00 Euro
Heimatgemeinschaft Schlegel
50,00 Euro
Heimatgruppe Jauer
100,00 Euro
Heimatgruppe Kreuzburg Rathay U.
75,00 Euro
Herbst Helmut u. Rosemarie100,00 Euro
Hippe Elisabeth
50,00 Euro
Hupka Dr. Herbert
107,42 Euro
Jaschke Rainer
100,00 Euro
Jedin Hans
50,00 Euro
Kabel Ulrich
80,00 Euro
Karl Dr. Ewald u. Helga
60,00 Euro
Karwoczik Johanna
100,00 Euro
Kausch Elisabeth
100,00 Euro
Kinzel Brigitte
200,00 Euro
Kinzel Brigitte
100,00 Euro
Klug Eckehard
50,00 Euro
Kluge Heinz f. Heimatgr. Striegau
103,00 Euro
König Claus
300,00 Euro
Kopke Hermann u. Elisabeth
50,00 Euro
Kopp Werner
50,00 Euro
Kramer Karl-Friedrich
50,00 Euro
LM Landesgruppe NRW 1.000,00 Euro
LM Schlesien (welche ?)
100,00 Euro
LM Schlesien (welche ?)
100,00 Euro
LM Schlesien (welche ?)
150,00 Euro
LM Schlesien (welche ?)
80,00 Euro
LM Schlesien (welche ?)
50,00 Euro
LM Schlesien (welche ?)
100,00 Euro
LM Schlesien (welche ?)
50,00 Euro
LM Schlesien (welche ?)
50,00 Euro
LM Schlesien Albstadt
250.00 Euro
LM Schlesien Bad Aibling 150,00 Euro
LM Schlesien Beckum
100,00 Euro
LM Schlesien Bielefeld
500,00 Euro
LM Schlesien Bruckmühl
50,00 Euro
LM Schlesien Diepholz
250,00 Euro
LM Schlesien Ebermannstadt
100,00 Euro
LM Schlesien Germering
50,00 Euro
LM Schlesien Gießen
100,00 Euro
LM Schlesien Heidelberg Stadt u. Land
100,00 Euro
LM Schlesien Kitzingen
50,00 Euro
LM Schlesien Kreisgr. Steinburg
50,00 Euro
LM Schlesien Landesgr.Schlesw.Holstein
130,00 Euro
LM Schlesien Lüdenscheid 200,00 Euro
LM Schlesien Münster
100,00 Euro
LM Schlesien Ortsgruppe Husum
100,00 Euro
LM Schlesien Schwäbisch Gemünd
60,00 Euro
LM Schlesien Simbach
50,00 Euro
LM Schlesien Soest
50,00 Euro
LM Schlesien Sonthofen
50,00 Euro
LM Schlesien Triberg
50,00 Euro
80. Geburtstag
haupten, dass die Vertriebenen am
Rhein-Mosel-Eck ihre Heimatliteratur
aus seiner Buchhandlung bezogen haben.
Unzählige und dazu spannende Vorträge – und das längst nicht nur im Koblenzer
Raum und nicht nur in der Landsmannschaft – hat Wolfgang Thaler insbesondere über Schlesien gehalten und dabei
ungemein viel zur Verbreitung des Wissens über Ostdeutschland beigetragen.
Wolfgang Thaler – das war in Koblenz ein
halbes Jahrhundert beinahe ein Synonym
für Schlesien! Kein Wunder, dass der
„Wangener Kreis“ auf ihn aufmerksam
wurde und ihn 1977 als Mitglied aufnahm.
Auch nach der Schließung seiner Buchhandlung bleibt er in „seinem Element“
und betreut seit Jahren auf Tagungen in
Wangen, sowie in Würzburg, den Bü-
Ein besonders aktiver Grafschafter feierte am 25. August seinen 80. Geburtstag,
nämlich der in Bad Altheide geborene
Wolfgang Thaler (nun wohnhaft in Morshausen/Hunsrück). Nach zwei Jahren
Kriegsdienst und zweieinhalb Jahren
Gefangenschaft gelangte er in den Kreis
Friesland, wo die Eltern nach der Vertreibung ausgeladen worden waren. Anfang 1948 begann der große Bücherfreund in Koblenz eine Lehre als Buchhändler und schaffte es schon 14 Jahre
später, eine eigene, die angesehene „Cusanus-Buchhandlung“ zu gründen. All die
Jahre lagen in Thalers Schaufenster die
Neuerscheinungen über die deutschen
Ostgebiete. Es ist nicht übertrieben zu be-
9
LM Schlesien Unterhofkirchen
100,00 Euro
LM Schlesien Velbert
100,00 Euro
LM Schlesien Weiden
50,00 Euro
LM Schlesien Wetzlar
50,00 Euro
LM Hamburg Frauengruppe 100,00 Euro
Lubos Waldemar
500,00 Euro
Maidorn Hans
50,00 Euro
Mann Hans-Peter
50,00 Euro
Maschler Detlev
100,00 Euro
Meissler Wolfgang
100,00 Euro
Mosler Marianne
50,00 Euro
Namslauer Heimatfreunde 100,00 Euro
Oberarzbacher Rosemarie 100,00 Euro
Otten Wilhelm
51,00 Euro
Paetz Klaus, Kulturwoche Frauen Hessen
200,00 Euro
Partnersch. Ini. Leverk.-Ratibor e.V.
50,00 Euro
Peilicke Erna
70,00 Euro
Pistorius Günter
200,00 Euro
Rathsmann Horst-Friedrich 50,00 Euro
Regel Lydia
100,00 Euro
Schaeche Charlotte
50,00 Euro
Schlesierbund Nürnberg
100,00 Euro
Schlesierverein Rübezahl 500,00 Euro
Schneider Ute-Sieglinde
50,00 Euro
Schneider Ute-Sieglinde f.Gruppe Cuxh.
50,00 Euro
Scholz Kurt und Rosalia
100,00 Euro
Scholze W.
100,00 Euro
Schütze Hans
101,00 Euro
Siedersleben Georg und Gudrun
50,00 Euro
Staron-Lambiel Brigitte
200,00 Euro
Steinbach Helga
100,00 Euro
Suda Siegfried
50,00 Euro
Surek Eleonore
200,00 Euro
Tamm Hildbrecht
110,00 Euro
Trenner Dr. Hans-Joachim 120,00 Euro
Unbekannt
50,00 Euro
Wawrzik Peter u. Elisabeth 50,00 Euro
Welz-Pürschel Irmgard
200,00 Euro
Wenzel Rudi und Anna
100,00 Euro
Werner Konrad und Alma
50,00 Euro
Willimek Alfred und Heide
50,00 Euro
Die Spender werden wiederum gebeten,
auf der Überweisung jeweils die genaue
Anschrift anzugeben, damit es bei der Zusendung der Zuwendungsbestätigungen
keine Probleme gibt. Vielen Dank!
chertisch und leistet darüber hinaus mancherlei Hilfe im Bergstadt-Verlag.
Herzliche Glückwünsche dem unermüdlichen Glatzer Geschichts- und Bücherfreund!
Helmut Neubach (SN)
Barbara – Begegnung in Detmold
Am Samstag, den 3. Dezember 2005, beginnt um 17.00 Uhr die diesjährige „Barbara-Begegnung mit einer Barbaramesse in der Kath. Pfarrvikarie St. Marien zu
Detmold. Die Festpredigt hält der in Beuthen-Stillersfeld/Oberschlesien aufgewachsene Pfarrer Waldemar Klatzka aus
Bielefeld. Anschließend wird zur Barbarafeier mit Kulturprogramm ins Pfarrheim
eingeladen. Für das leibliche Wohl – Wellwurstessen – ist bestens gesorgt.
Eckhard Witt (SN)
10
LM SCHLESIEN / LANDSLEUTE
Das Heidersdorfer Heimattreffen jährt sich zum 52. Male
60 Jahre nach dem Ende des Krieges, dessen Ausgang uns letztlich die Heimat
nahm, traf sich am 9. Juli 2005 zum 52. Male
die Heidersdorfer Gemeinschaft in Herzberg
im Harz. Zahlreiche Vertriebene haben hier
und in der Umgebung eine neue Bleibe gefunden. Immerhin trugen sich 70 Teilnehmer,
mit zum Teil langen Anmarschwegen, in die
Anwesenheitsliste ein. Ein Beweis mehr dafür, dass hier die Heimattreue hochgehalten wird, dass sich die echten alten Heidersdorfer wie auch ihre Kinder und Enkel
unter ihresgleichen wohlfühlen und sich nach
wie vor viel zu erzählen haben.
In guter Tradition grüßten die früheren
Nachbargemeinden zum 52. Heidersdorfer
Heimattreffen. Für Pfaffendorf war es Paul
Reimann, der uns freundliche Worte mitgab,
für Linde hörten wir Hans Sperlich mit seiner wohl kürzesten Rede, für Geibsdorf
sprach Herr Förster einen Gruß. Im Namen
und für die Stadt Herzberg entbot Herr
Schranke die Grüße des Bürgermeisters und
für den Bund der Vertriebenen sprach Herr
Wabbels.
Die gewohnt gute Organisation des
Treffens klappte unter der bewährten Leitung von Anneliese und Günter Gerlach mit
tatkräftiger Unterstützung von Gerda Böttcher, Helmut Richter, Christa Reinholz und
Renate Garbe.
Dazu gehörte auch die Vorbereitung des
heimatlichen „Kirmes-Schießen“, das jedes
Jahr im Heidersdorfer Kretscham stattfand
und jetzt auf der Anlage des Schützenvereins Herzberg im Welfenhof-Restaurant Artemis, das ja früher das Herzberger Schützenhaus war, durchgeführt werden kann.
Wenn auch nicht mehr mit so vielen Teilnehmern wie in früheren Jahren, so freuten
sich doch alle über und mit Johanna Hissung und Christa Reinholz als erste und
zweite Schützenkönigin. Bemerkenswert,
dass auch diesmal wieder die „Mädchen“
dominierten.
Ein Heidersdorfer Bilderbuch zu erstellen, damit sich die „Ehemaligen“ im wahrsten Sinne des Wortes vom früheren Dorf
noch ein Bild machen können, wie auch die
Nachgeborenen wissen sollen, wovon und
von wem die Eltern oder Großeltern reden,
ist das Anliegen von Anneliese Gerlach. Es
wurde von ihr mit Siegfried Brux, dem Verfasser der Heidersdorfer Heimatbücher, wie
auch der Lindaer und Gerlachsheimer, sowie weiteren Publikationen, bei diesem Treffen an Hand der ersten Bilderbuch-Vorlage
eingehend diskutiert.
In zahlreichen Einzelgesprächen mit gebürtigen Heidersdorfern wurde die Zuordnung der bisher vorliegenden Ansichtskarten und Fotos der Vor- und Nachkriegszeit
versucht. Doch es könnte vielleicht noch
mehr Bildmaterial zur Verfügung stehen.
Dazu hat Siegfried Brux in launiger Gedichtsform einen Aufruf verfasst und vorgelesen, der das zum Ziel hat und so für alle
Ortschroniken gilt...
Manfred Brux (SN)
Schlesische Nachrichten 22/2005
Stempel der Schlesiertreffen
Heute: Tag der Oberschlesier in Essen 1996
In der nächsten Ausgabe: Pfingsttreffen Heimatvertriebener 1949
Aus der Sammlung Michael Ferber
Schlesische Firmen
Teil 37
Ligensa
Fleisch- und Wurstwaren, Oberschlesische
Spezialität: „Graupen- Well- und Semmelwurst“, gegründet 1874 in Scharley bei Beuthen/OS, heute in Sprockhövel
Die Urlaubslektüre von Peter Karl Sczepanek (Teil 4)
In der Kirche ging der Gottesdienst weiter. Noch zweimal traten Boten zu Herzog
Heinrich. Die Unruhe unter seiner Begleitung wuchs. Wie endlos dehnte sich heute die Feier! In eiserner Selbstzucht stand
der Fürst. Endlich erteilte der Priester den
Segen. Noch während die Orgel dröhnte,
schritt Herzog Heinrich festen Schrittes
den Mittelgang hinab. Er nickte nur einmal, während er eisenklirrend aus dem
Gotteshause schritt, ernst, doch zuversichtlich zu der Empore hinauf, auf der, er
seine Mutter, die das Volk bereits jetzt zu
ihren Lebzeiten heimlich „die Heilige“
nannte, mit ihren Frauen in tiefem Gebet
wußte.
Am Tore der Kirche wartete abermals
ein Bote.
„Was bringst du für Kunde?“ fragte der
Herzog.
„Schlimme Nachricht, Herr! Zu den
Mongolen, die bisher vor Breslau lagen,
sind gestern neue Horden gestoßen.
Zahlreich wie die Heuschrecken sind die
Heiden aufgebrochen und reiten auf Liegnitz zu.“
Der Fürst nickte. Dann fragte er laut:
„Ist noch keine Nachricht vom Heere König Wenzels von Böhmen eingetroffen?“
Schweigen herrschte ringsum. Da
wußte Herzog Heinrich, dass er diesen
schweren Kampf ohne die Hilfe seines
Schwagers ausfechten müsse. Nur einen
Augenblick zögerte er. Dann straffte sich
seine Gestalt:
„Auf die Pferde, Ihr Herren!“
Kaum hatte sich der Herzog auf sein
Roß geschwungen, krachte vom Dache
der Kirche ein roter Ziegelstein unmittelbar dorthin, wo er eben noch gestanden
hatte. Nur wenige Zentimeter fehlten, und
der Fürst wäre erschlagen worden. Alle
Umstehenden erbleichten und murmelten:
„Ein schlechtes Vorzeichen!“ Herzog
Heinrich aber preßte die Lippen zusammen, zwang gewaltsam seine Erregung
nieder und rief mit fester Stimme:
„Auf, Ihr Herren! Wir reiten gegen die
Mongolen, die Feinde der Christenheit!“
Wie eine Blutlache leuchtete das Rot
des zersprungenen Ziegels auf dem grauen Stein des Vorplatzes der Kirche.
Die Schlesier waren keinen Augenblick
zu früh mit der Aufstellung ihrer Schlachthaufen fertig, denn schon strömte der Gegner aus dem jenseitigen Walde. Herzog
Heinrich hatte nochmals, als er zum Heere ritt, einen zuverlässigen Boten dem Böhmenkönige entgegengejagt, denn dieser
konnte den letzten Botschaften nach nur
ertwa einen Tagesmarsch entfernt sein. So
hoffte Herzog Heinrich immer noch, dass
diese Waffenhilfe in letzter Minute auf dem
Kampffelde eintreffen würde. Bis dahin
aber, darüber war er sich klar, galt es, allein der ungeheuren. Übermacht der Reiter des Satans die Stirn zu bieten.
Jörg, der ehemalige Jäger, hielt bei einem Trupp schwerbewaffneter und
kriegserprobter Männer schräg hinter
dem Herzoge. Der Befehl lautete, notfalls
die Fahne und den Fürsten zu schützen.
Dort drüben hielt der schlesische Herzog auf einem schneeweißen Rosse. Die
Helmzier glänzte, der Harnisch funkelte,
stolz leuchtete der schwarze Adler auf seinem Schilde.
Die Heerhaufen der Schlesier standen
ruhig und zum Kampfe bereit. Auch beim
Feinde hatten sich gewaltige Geschwader
gebildet. Noch waren die Heiden nicht voll
zum Kampfe entwickelt, da befahl Herzog
Heinrich dem Markgrafen von Mähren, den
Feind mit seinen ersten Truppen anzugreifen.
Fortsetzung folgt!
Schlesische Nachrichten 22/2005
HISTORISCHES
Schlesierinnen, die sie kennen sollten
Bedeutende Frauen aus Schlesien
von Christa Berndt
Es soll in diesem und folgenden Artikeln
auf Frauen eingegangen werden, die in
Schlesien geboren wurden, dort aufwuchsen oder den Großteil ihres Lebens
in diesem Land verbrachten: auf ihr Leben, ihr Wirken und ihre Verdienste, sowie ihr Vermächtnis für die Nachwelt. (Erscheint in loser Folge)
Als erste ist die hl.
Hedwig zu nennen.
Sie wurde 1174 in Andechs geboren und
nach ihrer Erziehung
im Kloster Kitzingen
sehr jung mit Herzog
Heinrich I. von Schlesien verheiratet. Wie
auch andere Töchter
deutscher Adelsfamilien, die ebenfalls Piastenfürsten heirateten, bewirkte sie,
dass schon früh deutsche Sprache, deutsche Kultur, deutsche Sitten und deutsche
Kunst in der bis dahin vorwiegend slawisch
geprägten Umwelt bekannt wurden und
fest verankert blieben. Da im Mittelalter
Kultur und Christentum eine Einheit bildeten, wirkte Hedwig auch und besonders auf religiösem Gebiet prägend mit.
So sei hier auf die Gründung des Klosters
Trebnitz hingewiesen, wo sie auch begraben liegt. (1243 gest.) Weiterhin ließ sie
Klosterschulen für die Erziehung und Krankenhäuser für die Gesundheitspflege erbauen, weshalb der deutsche Einfluss bei
der Kolonisierung Schlesiens mit dem Namen dieser Frau engstens verknüpft ist.
Ihr religiöses Wirken
fand 1267 in der
Heiligsprechung eine
entsprechende Würdigung. Die Geschichte gab ihr den
Beinamen „Patronin
Schlesiens“.
Da diese Ausführungen sich an der
Chronologie orientieren und jahrhundertelang Frauen in der Öffentlichkeit kaum
eine selbständige Rolle zugebilligt wurde,
sind bedeutende schlesische Frauenpersönlichkeiten erst wieder im 19. Jahrhundert bekannt geworden.
Lina Morgenstern wurde als Lina Bauer 1830 in Breslau geboren (gest. 1909).
Mit dem Beginn des
Maschinenzeitalters
und der industriellen
Revolution kam es
verbreitet zu Arbeitslosigkeit und Verelendung der Massen. Die
sozial engagierte Schriftstellerin L. Morgenstern versuchte die ärgste Not dadurch
zu lindern, dass sie 1866 in Berlin die erste „Volksküche“ eröffnete, was einer Armenspeisung gleichkam. Das brachte ihr
den liebevollen Beinamen „Suppenlina“
ein. Sie gründete weiterhin 1869 den „Kinderschutzverein“ und 1873 den „Hausfrauenverein“.
Ihre
Zeitgenossin
Auguste Schmidt,
1833 ebenfalls in
Breslau
geboren
(gest. 1902), gründete 1865 den „Allgemeinen Deutschen
Frauenverein“, den
ersten in Deutschland überhaupt. Im
Zuge der oben erwähnten Massenverelendung und der zu Grunde liegenden
Hungerlöhne für Arbeiter, war es unbedingt
nötig, dass Frauen und sogar Kinder, oft
schon ab einem Alter von drei bis vier Jahren, mitarbeiteten. Ein Arbeitstag betrug
damals bis zu 16 Arbeitsstunden für Männer, für Frauen etwas weniger. Es blieben
für sie noch Haushalt und Kindererziehung.
Daher kam es in der zweiten Hälfte des
19. Jahrhunderts zu Selbsthilfeeinrichtungen der Arbeiter (Gewerkschaften)
und eben auch zu Zusammenschlüssen
von Frauen. Da bis zum Jahrhundertende den Frauen auch meist höhere Bildung
verwehrt war – einzig die Ausbildung zur
Volksschullehrerin war möglich, Abitur und
Universität waren den Frauen lange Zeit
nicht zugänglich, später nur mit besonderer Genehmigung erlaubt – setzte sich
A. Schmidt, selber Pädagogin, für eine freie
Berufswahl der Frauen ein. Das setzte natürlich auch die Verbesserung der schulischen und beruflichen Ausbildung voraus. 1869 wird die Schlesierin Mitbegründerin des „Vereins deutscher Lehrerinnen und Erzieherinnen“ in Leipzig. Seit
1894 ist sie die Vorsitzende des „Bundes
Deutscher Frauenvereine“.
Vorwiegend im sozialen Bereich war
auch
Friederike
Kempner (Beiname:
„der
schlesische
Schwan“) tätig. Sie
wurde 1836 in Posen
geboren, wuchs aber
in Schlesien auf, wo ihr
Vater zuerst Gutspächter, später Rittergutsbesitzer war. Sie
widmete sich 1851 – 1869 der Fürsorge
11
für die Armen und wirkte als Krankenpflegerin. Ihre schriftstellerische Tätigkeit
erstreckte sich auf Dramen und Novellen.
Auch verfasste sie Gedichte, die aber z.T.
unfreiwillig komisch wirkten. Ihre Zivilcourage und ihr Engagement bewies sie
durch mehrere Denkschriften an Kaiser
Wilhelm I.. 1904 verstarb sie auf ihrem Gut
Friederikenhof in Reichenthal/Schlesien.
Schriftstellerin war auch Gräfin Valevska
von Bethusy – Huc, die 1849 auf Gut Kiellaschin bei Rosenberg/OS geboren wurde (gest. 1926) Sie befasste sich zunächst
in Sagan und Berlin mit naturwissenschaftlichen Studien. Ihre Werke veröffentlichte sie teilweise unter dem Pseudonym Moritz von Reichenbach. Die Lebensweise des einfachen Volkes interessierte sie besonders, was sich auch an den
Titeln ihrer Romane ablesen lässt: „Oberschlesische Dorfgeschichten (1901), „Roman eines Bauernjungen (1901) oder
„Wanderndes Volk“ (1903).
Romane und Erzählungen verfasste
ebenfalls Gräfin Euphemia Adlersfeld-Ballestrem, die 1854 in Ratibor geboren wurde. Ihre Werke standen waren früher in
Deutschland sehr bekannt und beliebt. 1941
Fortsetzung folgt!
verstarb sie in München.
TERMINE
Termine der Landsmannschaft Schlesien
Ortsverband Ebermannstadt
Stickkreis:
Zu den letzten „Stickkreisen“ 2005 treffen
wir uns jeweils am Donnerstag um 19.00
Uhr im Bürgerhaus in Ebermannstadt und
zwar am:
17. November und 8. Dezember 2005. Am
8. Dezember laden wir zur Adventsfeier
innerhalb der Stickrunde ein. Hier können
Sie kurze Geschichten und Gedichte vortragen. Wir singen Adventslieder und werden musikalisch auf Veenharfen begleitet.
Weihnachtsmarkt:
Wie auch in den vergangenen Jahren stehen wir mit unseren „Resultaten“ aus dem
Stickkreis am 26. und 27.November 2005
am Weihnachtsmarkt in Ebermannstadt.
Selbstgefertigtes und Handarbeiten werden
ebenso angeboten wie schlesisches
Häckerle, Stoni und Waffeln.
Weihnachtsfahrt:
Am Samstag, 10. Dezember, fahren wir
auf der Porzellanstrasse nach Selb. Anmeldungen sind jetzt schon bei der Vorstandschaft möglich. Auch hierzu ergeht herzliche Einladung.
Weihnachtsfeier:
Am 4. Adventsonntag, dem 18. Dezember
2005, treffen wir uns zur „schlesischen Kinderweihnacht“ um 14.00 Uhr im Gasthaus
„Sonne“ in Ebermannstadt.
Bitte merken Sie sich bereits heute diese
unsere Termine vor. Es ergeht herzliche Einladung! Über zahlreiches Erscheinen freut
sich die Vorstandschaft.
Anneliese Woschke 1. Vorsitzende
12
LANDSLEUTE
„Wir leben gezählte Tage“
HEINZ PIONTEK zum Gedenken an den
80. Geburtstag am 15. November 2005
Wenn einer sich darum sorgte, dass unsere deutsche Sprache, die vor allem seit
Luther, Lessing und Goethe zu einer vorher nie da gewesenen Ausdrucksvielfalt
gefunden hat, nun wieder in ihren Aussagemöglichkeiten verarmen könnte, so war
das der Schlesier Heinz Piontek, der in seinen Äußerungen zur Literatur unserer Zeit
auch das sagte: „In der Lyrik von heute
gibt es außer sprachlosem Entsetzen immer noch Zeilen genug, die schlaflos machen und unruhig und schön sind“. Mit anderen fühlte er sich jener schlesischen Tradition verpflichtet, die auf der Barockdichtung des 17. Jahrhunderts basiert und
das deutsche Sprachleben einzigartig förderte.
Heinz Piontek wurde in Kreuzburg in
Oberschlesien geboren, der Stadt, aus der
auch Gustav Freytag kam und zu dem eine
Verwandtschaft nachgewiesen ist. Seine
Vorfahren waren überwiegen Bauern gewesen und seine Welt das bäuerliche Umland. Er besuchte das Gymnasium und
wurde als Siebzehnjähriger zum Kriegsdienst einberufen, der ihn nach Frankreich,
Polen und Böhmen führte. 1945 geriet
Piontek im Böhmerwald in amerikanische
Kriegsgefangenschaft, arbeitete als
Steinbrucharbeiter, Schriftmaler und Bauarbeiter, um schließlich in München Philosophie, Literatur- und Kunstgeschichte
zu studieren. Die Währungsreform 1948
veranlasste ihn, seine Situation neu zu
überdenken. Er erzählte: „Ich trat den Weg
mit 40 Mark „Kopfgeld“ an, mit einem Anzug und zwei Paar Schuhen und einem
Stoß Schreibmaschinenpapier aus einer
amerikanischen Dienststelle. Veröffentlicht
hatte ich damals erst ein paar unbeholfene feuilletonistische Arbeiten in Zeitschriften. Den Beruf des unabhängigen
Schriftstellers, den ich wählte, kannte ich
nur aus einem halben Dutzend romantischer Biographien. So war ich der Meinung, der Schriftstellerberuf sei ein Beruf
auf Leben und Tod. „Ich habe diese Ansicht“, sagte er später „nicht revidiert“.
Zunächst hatte sich Piontek in Lauingen an der Donau niedergelassen, einem
Landsstädtchen. Seit 1961 lebte er in München. In der „Neuen Zeitung“ kam sein erstes Gedicht zum Ausdruck. 1952 erschien
als erster Lyrikband „Die Furt“. Ihm folgten 1953 „Die Rauchfahne“ und 1957
„Wassermarken“, wo es in dem Gedicht
„Mit dreißig Jahren“ heißt: „Mühsal ist wirklich:/ Last und Hitze / und das steinerne
Glück./ Wirklich der überwundene Tod/
und alles Vergebliche wird/ fest unter den
Sohlen./ Mehr wissen wir nicht“. Bereits
1954 bekannte er: „Je mehr es einem Gedicht gelingt, die Zeit ,aufzuheben’, desto weniger kann ihm die Zeit anhaben“.
Das Zerbrechliche hinter den äußeren Erscheinungen nahm Heinz Piontek beizeiten wahr. Schon bald nach dem Erschei-
nen der ersten
Gedichtsbände
schrieb ihm Hermann Hesse: „Es
ist schön, im
Garten Ihrer Gedichte sich zu verlieren, er ist weit und voll
Gewächs und Geheimnis“.
Über die Gedichtbände „Mit einer Kranichfeder“ 1962, „Klartext“ 1966, „Tot oder
lebendig“ 1971 und „Wie sich Musik
durchschlug“ 1978 bis „Helldunkel“ 1987
setzte sich Pionteks lyrisches Schaffen
fort. Nicht annähernd lässt sich die Faszination beschreiben, die von seinen Gedichten ausgeht, weil er zwischen den Zeilen seiner verdichteten Aussagen genug
übrig lässt, um darüber nachzudenken. So
in dem zuletzt genannten Band, wo es im
Hamlet-Zyklus am Schluss heißt: „Noch
gilt:/ Wer bis zum Äußersten geht,/ darf vor
dem Innersten/ nicht haltmachen“. Seine
Gedichte wurden in 24 Sprachen übersetzt, fanden Eingang in zahlreiche Anthologien und Schulbücher.
Als Erzähler stellt sich der Dichter 1963
mit dem Band „Kastanien aus dem Feuer“ vor, wo sich Menschen mit den Erfahrungen unserer Zeit auseinander zu setzen haben. Es folgen 1967 seine Romane „Die mittleren Jahre“ und 1976 „Dichterleben“, welcher wohl annähernd sein
Leben als „Schreibender“ zum Thema hat
und was ihn „beschäftigt“, wenn es an einer Stelle heißt: „Die Wahrheit finden. Das
hatte schon immer eine Schwierigkeit nach
der anderen hervorgerufen. Jetzt hielten
es viele für aussichtslos. Reichsfelder wenigstens trachtete, so gut es ging, den Irrtum zu ergründen“. Piontek durchlebt seine Zeit mit wachen Sinnen und lässt sich
nicht von Trends beeindrucken und erkennt, dass das gerade Gängige nicht unbedingt immer für alle Zeiten Gültige sein
muss. In „Selbstverhör“ bekennt er: „Jene
Augenblicke, in denen ich mit meiner Sache im Einklang war, gehören allemal zum
besten Teil meines Lebens....“.
Seine Erzählkunst erreicht ihren Höhepunkt in seinen Romanen „Zeit meines Lebens“ 1984 und „Stunde der Überlebenden“ 1989, sei es, dass er im ersteren seine Kindheit und Jugendzeit in Kreuzburg
beschreibt, unvoreingenommen, so wie er
es damals aus seiner Sicht erlebte, oder
im folgenden Buch, wo sich Piontek an das
Kriegsende erinnert und an die mehr als
bescheidenen Anfänge als Schriftsteller.
Seine Wahrheitsliebe und die sprachliche
Gestaltung, die ihn als „Meister der Sprache“ ausweist, fanden vielseitige Anerkennung. Als sein letztes umfassendes
Werk kann und muss man sein 1993 erschienenes Buch „Goethe unterwegs in
Schlesien“ – ,fast ein Roman’ ansehen,
welches sich mit seinem Aufenthalt in diesem für ihn „zehnfach interessanten
Schlesische Nachrichten 22/2005
Land“ beschäftigt und seiner kaum bekannten Begegnung mit Henriette von
Lüttwitz. Gedichte kamen in „Neue Umlaufbahn“ 1998 heraus. Heinz Pionteks
Werke in sechs Bänden erschienen ab
1982 im Schneekluth-Verlag in München.
Wie kaum ein anderer deutscher Autor
wurde er mit einer Reihe namhafter Literaturpreise ausgezeichnet, so u.a. 1957 mit
dem „Andreas-Gryphius-Preis“ , 1971 mit
dem „Eichendorffpreis“, 1976 mit dem
„Georg-Büchner-Preis“ und 1991 mit
dem „Kulturpreis Schlesien“.
Nach schweren Wochen der Krankheit
verstarb Heinz Piontek am 26. Oktober
2003 im Krankenhaus von Rotthalmünster
bei Passau. In einer würdigen Trauerfeier
in der Bethanienkirche Feldmoching,
nahm Dr. Ludwig Steinherr im Namen der
Bayerischen Akademie der Schönen
Künste, deren langjähriges Mitglied der
Dichter war, mit einer freundschaftlich und
bewegenden Charakteristik Pionteks Abschied. Auf dem Friedhof München-Feldmoching ist das Vergängliche an Heinz
Piontek am 31. Oktober 2003 der Erde
übergeben worden.
Konrad Werner
Mit dreißig Jahren
Für G.
Keine sichtbaren Narben,
keine Medaillen,
keine Titel –
aber das Auge scharf, unbezähmbar
wie Zorn und Entzücken,
dicht die Erinnerung
und leicht der Schlaf.
Fahrten, Märsche vor zwanzig.
Nachher genügten vier Wände:
Wir werden nicht
überschaubarer unterwegs!
Oft reichen drei Schritte.
Und immer genügt
weniger als wir vermuten.
Zum Beispiel die Stadt.
Man kann sie umwandern
in einer einzigen Stunde
Ihre Steige bröckeln,
in den Türen haust
die blinde Geschichte.
Helle von Silberkörnern,
wenn die Flussnebel fallen...
Mühsal ist wirklich:
Last und Hitze
und das steinerne Glück.
Wirklich der überwundene Tod –
und alles vergebliche wird
fest unter den Sohlen.
Mehr wissen wir nicht.
Erwachet früh –
wenn der Morgen
mit halben Farben erscheint
und satt das Holz leuchtet,
das geteert ist –
Denn der Wind steht gegen euch!
Doch sputet euch nicht.
Wir leben gezählte Tage.
Heinz Piontek
Schlesische Nachrichten 22/2005
HISTORISCHES / HEIMAT SCHLESIEN
aus: „Schlesische Gebirgszeitung“ Nr. 70 vom 23./24. März 1935
DAS WAPPEN AM
„DEUTSCHEN HAUSE“
Ein Stückchen Hirschberger Geschichte
Wer über unsern schönen Hirschberger
Markt bummelt und seinen Blick über die
Fronten der Hirschberger Patrizierhäuser
schweifen lässt, dem fällt – sofern er einigermaßen aufmerksam die Dinge betrachtet – am „Deutschen Hause“ unmittelbar unter der Fensterreihe des ersten
Stockwerks ein Wappen auf, das dort angebracht ist. Wie viele Hirschberger haben
überhaupt jemals darüber nachgedacht,
was es damit für eine Bewandtnis hat? Und
wenn nicht mal zufällig ein Fremder, ein guter Freund von auswärts danach fragen
würde, dann hätten sich vielleicht noch weniger Einheimische überhaupt um dieses
Wappen gekümmert. Und doch ist gerade dieses Wappen ein Zeichen Hirschberger Fleißes und ein beredtes Zeugnis von
der großen Vergangenheit unserer Stadt.
Es ist das Wappen, das einst Kaiser Leopold I. dem Gottfried Georg Joseph Flade, Bürgermeister zu Hirschberg in Schlesien, bei dessen Erhebung in den böhmischen Ritterstand laut Diplom vom 9. (oder
11.) Juli 1685 zugleich mit der Erlaubnis,
sich Flade von Ehrenschild nennen zu dürfen, verliehen hat.
Es findet sich beschrieben in mehreren
älteren und neueren Adelsbüchern, und die
in der Inschrift des Steinbildwerkes am
„Deutschen Hause“ vorkommende Jahreszahl 1686 lässt uns annehmen, dass der
genannte Bürgermeister das Wappen sehr
bald nach seiner Erhebung in den Ritterstand an dem ihm damals gehörenden Hause hat anbringen lassen.
Von der
Familie Flad
oder Flade
wird in Hirschberg zuerst eines Valentin –
nach anderen Friedrich – Flade als Syndikus der Stadt um die Mitte des 17. Jahrhunderts Erwähnung getan; er war der Vater des mit dem Prädikat von Ehrenschild
in den Ritterstand erhobenen, in u. Zedlitz
N.Pr.Ad.Lex.11 112 als kaiserlicher Hofrichter und Consul der Stadt Hirschberg bezeichneten Bürgermeisters. Letzterer erhielt
den Ritterstand wegen seiner vielfachen
Bemühungen, dem Hirschberger Leinewandhandel auswärtigen Absatz zu verschaffen. Er tat nämlich, so berichtet Hensel, obwohl selbst nicht Kaufmann, aber im
Besitze guter Handlungskenntnisse, im
Jahre 1676 auf eigene Kosten eine Reise
nach Holland, um die Ausfuhr unserer
Schleier dahin zu befördern. Auf Ansuchen
tat er dann im Jahre 1682 nochmals eine
noch größere Reise nach Holland, den spanischen Niederlanden, Frankreich und
England, um den Wert und die Güte der besten Manufakturen genau kennen zu lernen und bei uns dann nötige und dienliche
Einrichtungen zur Verbesserung unserer
Waren treffen zu können. Er soll, laut eines Zeugnisses, das ihm der Rat unserer
Stadt den 12. April 1684 erteilte, nachdem
er desselben Bücher durchgesehen hatte,
zu dreien Malen 115 000 Fl. baar für hiesige Waren ins Land gezogen und sich auch
nachmals noch alle Mühe gegeben haben,
die Manufaktur in Aufnahme zu bringen.
Ausstellung soll an die Deutschen erinnern
Weltweit gibt es acht Orte mit dem Namen
Lomnitz, davon fünf allein in Schlesien, einen je in Sachsen, Böhmen und in der Slowakei. Mein Ziel kurz vor Ostern war das
niederschlesische Lomnitz im Waldenburger Bergland bei Wüstegiersdorf, 70 Kilometer südwestlich von Breslau. Dieses
Dorf liegt in idyllischer Abgeschiedenheit
und bildet mit Freudenburg und Dreiwassertal eine Ortseinheit, die sich in ost-westlicher Richtung etwa von der Bahnlinie Dittersbach – Glatz im oberen Weistritztal von
Wüstegiersdorf hinauf in die Berge erstreckt. Die Dorfstraße beginnt westlich
dieser Bahnlinie bei nur 480 Metern und
erreicht hinter Freudenburg eine Höhe von
654 Metern. Das Tal steige also innerhalb
von nur sechs Kilometern um ganze 174
Meter an.
Die Straße selbst hat sich seit meinem
ersten Besuch vor zwei Jahren nicht verändert. Nur die vielen mehr oder weniger
tiefen Schlaglöcher sind mittlerweile noch
größer geworden, so dass die letzte
Strecke der weiten Fahrt zum langersehnten Ziel einer Slalomstrecke gleichkam. Diesmal hatte
ich die Reise nach Lomnitz nicht
allein angetreten, sondern jetzt
sollte auch meine Frau die Stätte
Der alte Mühlstein aus der Lomnitzer Obermühle mit der Inschrift „Julius Scholz
meiner Vorfahren und das GeBreslau Bismarck Straße No. 20 – 22“
burtshaus meiner Mutter kennenlernen. Viel hatte ich ihr von meiner Reise im Jahre 2001 dorthin
und den herzlichen Empfang
durch die heutigen Besitzer der
ehemaligen Obermühle schon er-
13
Er war 1640 geboren und ist bereits am
23. März 1689 im Alter von 48 Jahren gestorben. Von fünfzehn Kindern, zehn
Söhnen und fünf Töchtern, welche aus seiner Ehe mit Martha Rosalie von Hayn entsprossen waren, haben ihn zwölf überlebt.
Noch ist uns bekannt, dass er 1676 beim
Bürger-Pfingstschießen den besten
Schuss getan und Schützenkönig geworden ist.
Ob jene Frau von Ehrenschild, welche
zufolge einer im Jahre 1698 gemachten
kaiserlichen Auflage „auf Peruquen, Gold,
Silber, Spitzen, Fontangen und schobwichte Hauben“ für das Tragen ihrer Fontange (Bandschleife auf der Haube) gleich
drei anderen Hirschberger Damen eine
Steuer von drei Gulden zahlen musste, die
Witwe oder eine Schwiegertochter unseres Bürgermeisters war, darüber fehlt uns
sichere Kunde. Nach Gottfried Georg Joseph Flade von Ehrenschild finden wir im
Jahre 1705 einen Franz Joseph von Ehrenschild als Notarius verzeichnet, unter
dem 1713 ins Amt gekommenen Bürgermeister Kretschmer einen Georg von Ehrenschild als Ratmann und denselben unter dem Bürgermeister Emrich 1723 als
Erbvogt. Später, im Jahre 1741, wird ein
von Ehrenschild (ohne Hinzufügung des
Vornamens) als ausscheidendes Magistratsmitglied erwähnt und endlich von 1745
bis 1757 Gottfried Samuel von Ehrenschild
als Syndikus der Stadt genannt.
Nach dem Verzeichnis der Eigentümer
vom Jahre 1759 besaß der Syndikus Gottfried Samuel von Ehrenschild das Haus am
Ringe Nr. 43, also wohl das obenerwähnte
mit dem Wappen versehene Familienstammhaus, und der Consul emeritus
Gottfried Georg von Ehrenschild das
Haus am Ringe Nr. 54.
Ursula Lange (SN)
zählt und auch von deren Bitte, sie beim
nächsten Besuch unbedingt mitzubringen.
Leider aber fielen gleich zu Beginn unseres Aufenthaltes zwei Wermutstropfen
in den Becher der Freude. Das begann bereits damit, dass die Bewohner der alten
Mühle diesmal nicht zu Haus anzutreffen
waren. Auch die Suche nach dem schweren Stein im Garten mit dem etwas verwitterten aber doch noch lesbaren Namen
meines Urgroßvaters „G.Sagner 1868“
blieb erfolglos. Nur der alte Mühlstein mit
der Inschrift der deutschen Herstellerfirma Scholz aus Breslau stand noch wie vor
als Tischplatte. Lediglich vor dem Haus
fand ich noch eine reich verzierte Tonscherbe, die vermutlich als Teil eines Reliefportals das Gebäude zierte.
Sollten also die rund 800 Kilometer von
Thüringen nach Schlesien und zurück fast
umsonst gewesen sein? Das war so gar
nicht nach der Art meiner Frau. Jetzt hatte sie plötzlich das Entdeckerfieber gepackt. Auf der Suche nach der Pension
„Daheim“ meiner Großtante, der Schwes-
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HEIMAT SCHLESIEN / KULTUR
Die evangelische Kirche in Wüstegersdorf, in
der auch die Lomnitzer getauft und getraut
wurde.
ter meiner Großmutter, trafen wir in einem
Haus am Bergesrand eine 83-jährige
Deutsche, von der wir uns einige Hintergrundinformationen erhofften. Doch die
alte Dame siedelte erst
1951 vom oberschlesischen Hindenburg ins
niederschlesische Lomnitz, so dass wir keine
weiteren Erkenntnisse
aus deutscher Zeit hinzugewinnen konnten.
Schließlich machten
wir noch beim Holzbildhauer Jerzy Marszal Station und wurden
hier endlich fündig. Er
verwies uns an das
Haus, das nur wenige
Meter von seinem Anwesen auf der gegenüberliegenden Straßenseite stand. Und in der
Tat: Das Gebäude entsprach bis ins Detail dem auf unserem Bild. Es war die Pension „Daheim“, in der u.a. auch der Bruder meiner Mutter seine Flitterwochen verlebte.
Nach dieser Entdeckung bat uns Jerzy
Marszal in seinen Garten, in dem sich vie-
„Wehe dem Fliehenden”
für den Komponisten Franz Schubert ein vertrautes Thema
Wenn 60 Jahre nach Beendigung des 2.
We l t k r i e g e s
an Zerstörungen, Vertreibungen, Geflohene sowie
in besonderer
Weise an unzählige Opfer gedacht wird, bietet dieses
auch Anlass, einen Bezug zu musikalischen Tondokumenten des Komponisten
Franz Schubert aufzuzeigen.
Franz Schuberts Wurzeln sind, wie man
weiß, väterlicher- und mütterlicherseits in
Schlesien zu finden.
Während der Vater, Franz Theodor, geboren in Neudorf-Alt im Altvatergebirge,
nach Beendigung seines Studiums am Jesuitenstift in Brünn als Junglehrer eine Anstellung in Wien gefunden hatte, war die
Mutter, Elisabeth Vietz, im Jahre 1772 mit
den Eltern und Geschwistern nach kriegerischen Wirren und daraus folgender
Verarmung von Zuckmantel im Altvatergebirge geflohen; ihre Mutter verstarb bereits auf der Flucht an unbekanntem Ort,
ihr Vater kurz nach der Ankunft in Wien.
Franz Schuberts Mutter und deren Geschwister mussten sich in Wien zunächst
kümmerlich durchbringen.
Ein gütiges Schicksal wollte es, dass
Franz Theodor Schubert und Elisabeth
Vietz sich in Wien begegneten, im Jahre
1785 heirateten und aus dieser Verbindung
im Jahre 1797 der später so berühmte
Sohn Franz hervorging.
Die in der letzten Lebensphase von
Franz Schubert entstandenen Liedverto-
nungen hat nach seinem frühen Tode sein
Bruder Ferdinand veröffentlicht und sie mit
„Schwanen-Gesang” überschrieben. Es
sollte damit deutlich gemacht werden,
dass es sich um Schuberts letzte Lieder
handelt. Zu dem 14 Kompositionen umfassenden Zyklus zählt auch das Lied „In
der Ferne/Wehe dem Fliehenden“, das besondere Erwähnung verdient, da es als
Nachklang auf die Fluchtschilderungen der
Mutter Franz Schuberts gewertet werden
darf und es auch für viele im zurückliegenden Jahrhundert aus der Heimat Vertriebene eine tiefe Bedeutung hat.
Nun haben der aus Schlesien stammende, international renommierte Opern-,
Konzert und Liedsänger Engelbert Kutschera und der zur Weltelite zählende Liedbegleiter, exzellente Schubertkenner und
Musikwissenschaftler von hohem Rang,
Professor Graham Johnson London,
Franz Schuberts „Schwanengesang“,
nach Texten von Ludwig Rellstab, Heinrich Heine und Johann Gabriel Seidl, auf
einer CD herausgebracht.
Die Liedaufnahmen zeichnen sich
durch eine hohe Interpretationsdichte
aus. Engelbert Kutschera und Graham
Johnson vermitteln ein zutiefst faszinierendes und ergreifendes Hörbild in außergewöhnlicher künstlerischer Übereinstimmung.
Ergänzend zum „Schwanengesang”
sind weitere sechs Schubert-Lieder auf der
CD zu hören; sie zählen zu den kostbarsten Perlen der Musikliteratur.
Es sind zunächst zwei Goethe-Lieder:
der hochdramatische zupackende „Erlkönig“, fulminant vorgetragen und der
„Musensohn“, in einem genialen Zeitmaß
Schlesische Nachrichten 22/2005
le große und kleine Holzfiguren ein Stelldichein geben. Als er auf seine Ausstellungen und die von ihm gestaltete Skulptur in Wüstegiersdorf zu sprechen kam,
zeigte er uns auch mehrere Farbfotos seiner Vernissagen. Unter den Bildern befand
sich auch eine Aufnahme einer Vitrine mit
Exponaten aus deutscher Zeit. Beim
näheren Hinsehen entdeckte ich ein
Emaille-Türschild mit dem Namen meines
Urgroßvaters Gustav Sagner. Als Jerzy
Marszal sah, was ich da erkannt hatte, ging
er ins Haus und kramte eine Metallschablone mit dem Schriftzug „Gustav Sagner
Lomnitz Kreis Waldenburg“ hervor. Sie
diente einst zur Kennzeichnung des Holzes, das in der Sägemühle verarbeitet wurde. Diese Schablone, so erklärte uns der
Holzbildhauer, habe er von seiner Mutter
erhalten. Dieses Stück soll mit vielen weiteren Exponaten aus deutscher Zeit in einer Ausstellung in Wüstegiersdorf zu sehen sein, die den Deutschen im Waldenburger Bergland gewidmet sein wird.
Wolfgang Zürch
Kiliansroda in Thüringen (SN)
musiziert, wie man ihn selten zu hören bekommt.
Es folgen zwei Lieder nach Gedichten
von Schiller: „Der Alpenjäger” und „Hoffnung“. „Der Alpenjäger“, eine weitschweifende Ballade, gibt dem Sänger und
Pianisten Gelegenheit zum vortrefflichsten
Vortrag. „Hoffnung“, eingebettet in eine
schwelgerische Melodie, wird sängerisch
und pianistisch in wundervoller Einheit dargeboten.
Mit dem dann zu hörenden „Im Abendrot” hat Franz Schubert eines der schönsten und innigsten Lieder vertont. Der Textdichter ist der bedeutende pommersche Lyriker Karl Gottlieb Lappe. Klangliche Erfüllung und beseelter Vortrag zeichnen es aus.
Das Schlusslied „Auf der Riesenkoppe“, nach einem Gedicht von Theodor Körner, hat Franz Schubert möglicherweise
seinen Vorfahren in Österreich-Schlesien
gewidmet. Die Schlußpassage mit „Sei mir
gesegnet, hier in der Ferne, liebliche Heimat! Sei mir gesegnet, Land meiner Träume” klingt nahezu wie eine Hymne.
In dem aufwendig gestalteten 32 Seiten umfassenden CD-Beiheft erfährt der
interessierte Leser mehr über den Komponisten und seine schlesischen Vorfahren. Ebenfalls kann im CD-Beiheft zu den
Textdichtern, Liedern und Interpreten
Interessantes nachgelesen werden.
Die CD „Schwanengesang und ausgewählte Lieder” von Franz Schubert, auch
die CDs „Winterreise” und „Die schöne
Müllerin” von Franz Schubert, mit Engelbert Kutschera, können u.a. bei Fa. EWS
Sachsenweg 7, 33689 Bielefeld, Tel. 0 52
05/36 70, Fax 0 52 05/23 86 00 bzw. mail:
[email protected] zum Preis von je €
16,40 + Porto bezogen werden.
Eine jüngst freigeschaltete Homepage
bietet dem interessierten Leser unter ewsmusik.de weitere Informationen.
DE LIBRIS / TERMINE / ANZEIGEN
Schlesische Nachrichten 22/2005
Ingrid Vettin-Zahn, Rübezahl
Gedichte und Lieder (Husum-Taschenbuch) 237 Seiten, zahlreiche Abbildungen, broschiert, Format 12, 4x20 cm € 10,95 sFr 20,– (ISBN 3-89876-137-1)
Er hat über die Jahrhunderte die Menschen
des Iser- und Riesengebirges beschäftigt
und die Phantasie vieler Dichter angeregt
– Rübezahl. So fand er als mythologisches
Wesen Eingang in das Erzähl- und Versgut
besonders der böhmischen bzw. schlesischen Volksgruppen, die noch heute besonders stark mit „ihrem“ Rübezahl verbunden sind. Wissenschaftler versuchen
seit langem Licht in die Dunkelheit um den
„Herrn der Berge“ zu bringen – gerade aber
das Geheimnisvolle und Ungreifbare
macht den Mythos „Rübezahl“ so faszinierend. Ingrid Vettin-Zahn hat diesem Mythos in langjähriger Forschungsarbeit
nachgespürt und eine große Anzahl von Gedichten und Liedern über Rübezahl gesammelt. Das Ergebnis ihrer Spurensuche
veröffentlicht sie in diesem Band, der einen
umfangreichen Einblick in die vielen Facetten des Rübezahl gewährt.
Die gebürtige Schlesierin Ingrid VettinZahn, Jahrgang 1938, ist nach mehrjähriger Tätigkeit in Deutschland heute als
Psychotherapeutin in der Schweiz tätig. Bereits seit ihrer Kindheit beschäftigt sie sich
mit dem Berggeist Rübezahl. Sie gab u. a.
den Anstoß zu der ersten Rübezahl-Ausstellung in Deutschland und hat in Görlitz
ein privates Rübezahl-Museum aufgebaut.
Jacques Hohndorf: Licht und Dunkelheit
Ein packender Roman über das Schicksal der Heimatvertriebenen
Jacques Hohndorf: Licht und Dunkelheit, SüdOst Verlag, ISBN 3-89682-145-8, 192
Seiten, Hardcover, Format: 14 x 21 cm, 14,90 € (D), Südost Verlag Vertriebsbüro,
c/o Tomus Verlag, Katrin Armbrust, Einsteinstr. 167, 81675 München, Tel 089/41
92 98 58; Fax 089/47 07 77 42, e-mail: [email protected]; www.suedost-verlag.de
Jacques Hohndorf (geboren 1963) erzählt
in diesem bewegenden Familienroman –
zum 60. Jahrestag des Weltkriegsendes und
des Beginns der Vertreibung von 14 Millionen Deutschen – die Geschichte einer
Traumatisierung und die Suche nach Licht
in einer Welt voller Dunkelheit.
Hierzu wählt Jacques Hohndorf drei Erzählebenen: In den Zwischenkapiteln I bis
IV (Gegenwart) durchstreift die Erzählerin Elisabeth am Tag nach der Beerdigung ihrer
Mutter Königslutter und Umgebung, den Ort,
an dem die Familie nach der Vertreibung aus
Schlesien strandete, und berichtet von ihrer unmittelbaren Bedrängnis, schildert
ihre geistige und psychische Biographie.
In den zehn anderen Kapiteln wird das
Geschehen in Schlesien und Niedersachsen beschrieben: die kurz skizzierten Familiengeschichten von Vater und Mutter der
Erzählerin, die Flucht durch Schlesien und
die Vertreibung daraus, die Ressentiments
der Westdeutschen und ein Dasein am Rande der Gesellschaft; und letztlich der – diesmal freiwillige – Wegzug aus der (neuen) Hei-
mat, die nie Heimat geworden war. Die
Psychologie nennt das Leiden, das die Heldin quält Posttraumatische Belastungstörung (definiert als „die Entwicklung charakteristischer Symptome nach der Konfrontation mit einem extrem traumatischen
Ereignis“). Viele der davon Betroffenen ziehen sich in sich selbst zurück, verlieren
buchstäblich den Anschluss, fühlen sich
ihren Mitmenschen gegenüber entfremdet
und empfinden ihre Zukunft als eingeschränkt.
Jacques Hohndorfs Sprache ist kristallklar und durchgestaltet, jeder Satz
zeugt von intensivem Arbeiten und ständigem Feilen.
Licht und Dunkelheit schlägt historisch
den Bogen vom Nationalsozialismus bis zu
den jüngsten Geschehnissen im Kosovo
und in Tschetschenien. Der Roman untersucht und betrachtet die dunkelsten Seiten der menschlichen Natur, eine Erörterung
des Menschlichen und Unmenschlichen,
wobei die Frage aufgeworfen wird, welches
von beiden das Negative ist.
TERMINE
Sonntag, 27. November 2005, 1. Adventsonntag, 18.00 Uhr: Hl. Messe für die Verstorbenen der Heimatkreisgruppen
Kreuzburg O/S, Rosenberg O/S, Namslau
Schl. in München, für deren Angehörige und
für die Landsleute in der Heimat, in der Hl.
Geist – Kirche, Viktualienmarkt, München
Sonntag, 4. Dezember 2005, 2. Adventsonntag, 14.30 Uhr: Evangelischer Adventgottesdienst nach schlesischer Liturgie in der
Magdalenenkirche in München-Moosach,
Ohlauer Straße 16, S-Bahn Linie 1
Sonntag, 11. Dezember 2005, 3. Adventsonntag, 15.00 Uhr: Heimatnachmittag der
Heimatkreisgruppen Kreuzburg O/S, Rosenberg O/S, Namslau Schl. in München im
Löwenbräu, Stiglmaierplatz, München
(U1, Richtung Westfriedhof, oder Straßenbahn Linie 20)
20. November 2005, 16 Uhr: Die Gemeinde
der evangelischen Schlesier im Raum Hamburg kommt in der Christophoruskirche in
Altona zusammen.
20. November 2005, 15 Uhr: Totengedenken aller Ostdeutschen Landsmannschaften
auf dem Nordfriedhof in Ehrenhain
24. und 25. November 2005: BdV LV Baden-Württemberg, Frauen-Landeskulturtagung in Stuttgart
3. Dezember 2005, 14.30 Uhr: Barbaraund Adventsfeier der LM Schlesien in der
Stadthalle Bad Godesberg
5. Dezember 2005, 15 Uhr: Eichendorffgilde: Barbaramesse, anschl. Adventskaffee,
St. Thomas-Morus, Bonn-Tannenbusch,
Oppelner Str. Ehrengast: Altabt Adalbert Kurzeja, Abtei Maria Laach“
Samstag, 10. Dezember, 15 Uhr: Vorweihnachtliche Stunden im Advent! Die besinnliche Jahresabschlussveranstaltung der
LM Schlesien, Kreisgruppe Neuss. KardinalFrings-Haus Neuss, Münsterplatz.
Ein packender Roman über das
Schicksal der Heimatvertriebenen.
Jacques Hohndorf: Licht und Dunkelheit
Juni 1946. Nach einer anderthalbjährigen Odyssee durch
Schlesien, flüchtend vor Krieg
und Rache der Rotarmisten
und nach vergeblichem Hoffen auf Verbleiben in der Heimat, muss die Breslauer Familie Strehlitz Schlesien verlassen. Es ist keine Fahrt in ein
gelobtes Land, denn in der
niedersächsischen Provinz erwarten die Vertriebenen tiefe
14,90 @ · 192 Seiten · ISBN 3-89682-145-8
15
Ablehnung und ein mühsamer sozialer Aufstieg.
Basierend auf den Erlebnissen
seiner eigenen Familie erzählt
Jacques Hohndorf von der
aufregenden Flucht und dem
schwierigen Neuanfang im
Westen. Es ist eine fiktive Geschichte, aber sie beschreibt
die Traumatisierung, die alle
Vertriebenen erfahren haben.
Jacques Hohndorf fokussiert
in seinem ersten Roman aber
nicht nur die Finsternis, auch
wenn sie übermächtig erscheint, denn je größer die
Dunkelheit, umso eindringlicher leuchtet selbst das
kleinste Licht.
Tel.: 0 85 81 / 96 05-0 · Fax: 0 85 81 / 7 54
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VERMISCHTES / ANZEIGEN
Vor 60 Jahren in der oberschlesischen Provinz:
Schlesische Nachrichten 22/2005
Landsmannschaft Schlesien, Dollendorfer Str. 412, 53639 Königswinter
Postvertriebsstück, DPAG, Entgelt bezahlt, G 9638
Neuer Musikanfang
unter roten Fahnen
Noch waren die Garnisonen der
Roten Armee nicht abgezogen
und zu sowjetischen Feiertagen
bliesen deren Militärkapellen
zum Marsch und zum typischen
russischen Walzer, wie z.B. in
der „Musikstadt Oberglogau“
(so der Moschener Musikwissenschaftler Dr. Walter Kwasnik), da begann in der oberschlesischen Provinz wieder
zum Frühherbst 1945 in der OSProvinz musikalisches Leben.
Wie im Mittelalter: zuerst im
Umfeld der Kirche.
Einige Organisten waren geflohen, andere von den Sowjets
verschleppt, um nie wieder zurückzukehren. Ersetzt wurden
sie durch arbeitslose deutsche
Lehrer, talentierte Laien und
auch Jugendliche, wie z.B. in
Marktdorf b. Ratibor durch den
14-jährigen Reinhold Jendryssek, der später sich einen Namen als bester Musiker – auch
am Rhein – machte.
Jedenfalls zu Weihnachten
ertönte bereits wieder in vielen
Kirchen das „Transeamus“ des
Schlesiers Joseph Schnabel
und bald auch das „Te Deum“
seines Landsmannes Ignatz
Franz, dass die Polen heute
„Schlesische Botschaft“ nennen.
Zuerst durfte noch deutsch
gesungen werden. Dann waren
für kurze Zeit lateinische Übersetzungen erlaubt, was die Lieder anbelangt. Schließlich war
auch das verboten, und nun
wurden eifrig viele heimischen
Lieder ins Polnische übersetzt.
Bald entstanden auch wieder Kirchenchöre. Es dauerte
z.B. in Oberglogau mehr als ein
Jahr, bis der erste Pole sich zum
Chor anmeldete. Bald wurden
einige Kirchenchöre zu staatlichen Feiern verpflichtet und
mussten entsprechend ihr Repertoire auf polnisches Volksliedgut umstellen. Die Chöre
sangen auch auf Beerdigungen.
Die Choristen waren anfangs
ausschließlich Deutsche.
Es entstanden auch Salonorchester, die über Nacht eingingen, weil dieser oder jener
Laienmusiker über Nacht verschwand, d.h. sich in Richtung
Deutschland absetzte; im
westlichen Teil Oberschlesiens
öfters über die grüne Grenze in
die nahe Tschechoslowakei,
die ja offiziell erst März 1948
kommunistisch wurde.
Die neuen Herren, sprich Genossen, förderten gar das Musikalische, weil sie davon profitierten und damit ihre Veranstaltungen schmücken konnten.
Dazu gehörten auch Jugendorchester, von denen bald eines
der Autor selbst als 16-jähriger
leitete.
Gefragt waren bei der
Volksmacht auch Blaskapellen,
zumeist bestehend aus Militärmusikern der Deutschen Wehrmacht. Die mussten zwar
ebenso zu den politischen
„Akademien“ der Volksmacht
aufspielen, dafür ließ man sie
gewähren, wenn sie auf Beerdigungen, Hochzeiten usw. ihr
Zubrot verdienten. Wie z.B.
die bekannte Lischka-Blaskapelle, ebenso in Oberglogau.
Und kurioserweise waren
auch Tanzorchester, wie das der
Familie Reinosch aus KrappitzSteblau, gefragt, bestehend
ebenso aus einstigen deutschen Wehrmachtsmusikern,
die stets die neuesten Schlager
von RIAS-Berlin im Repertoire
hatten. Offenkundig gefielen
den polnischen Kulturapparatschiks die Schlager von Michael
Jary, Peter Kreuder u.a.
Und schon 1945 gab es
ebenso in der Provinz – wieder
Musikunterricht. Auch auf der
damals in Polen völlig unbekannten Blockflöte; erteilt von
Deutschen privat, noch lange
bevor es eine polnische Musikschule gab. Da es keine Saiten gab, wurden anfangs die
Geigen mit Telefondrähten bespannt.
Natürlich wurde dann immer
mehr der gesamte musikalische
Bereich peus apeus in Oberschlesiens Provinz den vorherrschenden Zwängen untergeordnet. Und als dann während des Polnischen Oktobers
1956 kurzfristig die Schleusen
geöffnet wurden, reisten zahlreiche namhafte deutsche Musiker in Richtung West aus oder
kehrten nicht mehr von einer
Westreise zurück.
Joachim Georg Görlich
(SN)
Impressum: Schlesische Nachrichten, Zeitung für Schlesien, vereint mit Oberschlesischer
Kurier · Herausgeber: Landsmannschaft Schlesien – Nieder- und Oberschlesien e. V.,
vertreten durch den Bundesvorsitzenden Rudi Pawelka, Dollendorfer Straße 412, 53639 Königswinter, Telefon (0 22 44) 92 59-0, Fax (0 22 44) 92 59-290.
Redaktion: Michaela S. Ast – ma – (Chefredakteurin), Damian Spielvogel, Bundesgeschäftsführer der Landsmannschaft Schlesien (Landsmannschaft Schlesien). Die Redaktion behält
sich das Recht vor, Beiträge redaktionell zu kürzen. Telefon (0 22 44) 92 59-0,
Fax (0 22 44) 92 59-190, E-Mail: [email protected].
Nachdruck: Der Nachdruck von redaktionellen Beiträgen der Schlesischen Nachrichten ist bei
Quellenangabe und Zusendung eines Belegexemplars gestattet.
Texte und Anzeigen: Cilly Langschwager, Telefon (0 22 44) 92 59-295, Fax (0 22 44) 92 59-190,
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das kommende Jahr möglich. Für unverlangte Manuskripte und Bilder wird keine Haftung übernommen. Unverlangt eingesandte Manuskripte, Bilder und Bücher können nur zurückgeschickt
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