Route der Industriekultur
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Route der Industriekultur
Heide Eutin Neumünster Itzehoe Bad Segeberg Cuxhaven Hansestadt Wismar Hansestadt Lübeck Bad Oldesloe Ratzeburg Pinneberg Hansestadt Stade Freie und Hansestadt HAMBURG Parchim Winsen (Luhe) Lauenburg Hansestadt Lüneburg Route der Industriekultur Rotenburg (Wümme) Uelzen Lüchow Bad Fallingborstel Route der Industriekultur in der Metropolregion Hamburg Neumünster 25 Stationen der Industriegeschichte in Neumünster Seit 2011 veranstaltet die Metropolregion Hamburg die Tage der Industriekultur am Wasser. An diesen Tagen stellen sich mehr als 100 Orte der Industriegeschichte mit einem extra Programm vor: zwischen Cuxhaven und Parchim, zwischen Neumünster und Uelzen. Mit Hilfe der Routen zur Industriekultur können Sie die lokale und regionale Wirtschafts -, Technik- und Sozialgeschichte des Industriezeitalters auf eigene Faust erkunden: zu Fuß, mit dem Fahrrad, per Bahn oder mit dem Auto. Weitere Informationen Mehr Informationen bieten die industriehistorisch orientierten Museen, die örtlichen Touristinformationen und die Internetseite www.tagederindustriekultur - hamburg.de www.metropolregion.hamburg.de 21 23 24 22 20 25 18 19 17 01Großflecken 02Teich 04 03 Pissoir und Eisenbahnbrücke 05 Museum Tuch + Technik 06Kleinflecken 15 01 05 07Mühlenhof 16 02 03 04 Kth. Kirche St.Maria-St.Vicelin 06 08Papierfabrik 09 Tuchfabrik Christian Friedrich Köster 07 10 Tuchfabrik Julius Bartram 11 Lederfabrik Hermann G. Schmid 10 12 Lederwerke Adler & Oppenheimer AG 13 Lederfabrik Emil Köster AG 11 08 09 14 Gadelander Mühle 15 Rencks Park 12 16 Holsten-Brauerei AG 17AEG-Fabrik 18Wasserturm 19Kraftwerk 13 20Eisenbahn-Ausbesserungswerk 21Chausseewärterhaus 22Bahnbetriebswerk 23 Holstenhalle 1 24Gartenstadt 25Stadtwald © OpenStreetMap-Mitwirkende. Tiles courtesy of MapQuest 14 03 Pissoir und Eisenbahnbrücke 01Großflecken Der Großflecken ist das Herz der Stadt Neben den Eisenbahnbrücken ist mit Neumünster. Mit seiner langgezogenen dem Pissoir ein besonderes Unikum Dreiecksform verbindet er mehrere Fern- erhalten geblieben: Die öffentliche straßen und reicht an die Schwale heran. Toilette für das „kleine Geschäft“ von Durch eine Öffnung in der Platzfläche blickt Männern stammt von etwa 1898. Sie man auf den Granitbogen der über dem ist das einzige erhaltene Beispiel eines Fluss erbauten Kieler Brücke: Sie war 1834 einst in der Stadt mehrfach aufgestellten, im Verlauf der Chaussee Kiel - Altona der in Serie gefertigten Bautyps: eine Rotunde mit gusseisernem Tragwerk Stadteingang. Bis in das 19. Jahrhundert hinein lebten vor allem Fuhrleute und Bauern an dem Großflecken, der traditionell und Wellblech. Männerbedürfnisanstalten gab es vor allem an belebten auch als Marktplatz diente. Hier steht das 1900 eingeweihte Rathaus ebenso Straßenecken. An dieser Stelle querten Fußgänger und Fahrzeuge bis wie das ehemalige Postamt von 1886. Ab 1850 entstanden an der Schwale 1904 die Eisenbahngleise auf Straßenniveau. Doch die Schrankenanlage und dem angestauten Mühlenteich auch Fabriken: eine Gerberei, eine war pro Tag etwa 200 bis 300 Mal geschlossen. Deshalb waren Bewohner Brennerei und vier Tuchfabriken. Nach dem Zweiten Weltkrieg übernahm und städtische Gremien froh, als die Bahnstrecke auf einen Damm der Autoverkehr mit Parkplätzen und Busbahnhof die Regie. Fußgänger verlegt wurde. Die Balkenbrücken der Bahn mit ihren Pendelstützen mussten den Platz seit 1968 bis zum Umbau des Großfleckens durch einen (1974 erneuert) und Gerbergelenken stammen noch von 1904. Die Tunnel queren. Doch Autobahn (1972) und Stadtring (1984) entlasteten die westliche Brücke hat keine Stützen. Sie hat deshalb wesentlich kräftigere Innenstadt. So konnte der Großflecken ab 1991 verkehrsberuhigt werden. Längsträger und ist von 1912. Ort: Großflecken, 24534 Neumünster Ort: Bahnhofstraße, 24534 Neumünster Info: siehe Broschüre „Stadtpunkte - Ein Rundgang durch Neumünster“, Nr. 1 Info: siehe Broschüre „Stadtpunkte - Ein Rundgang durch Neumünster“, Nr. 9 04 Katholische Kirche St. Maria - St.Vicelin 02 Teich Der Mühlenteich in Neumünster, seit Die wachsende Industriestadt zog viele 1899 einfach nur als Teich bezeichnet, Menschen aus anderen Regionen, auch wurde vermutlich schon im 13. Jahr- immer mehr Katholiken, an. Und während hundert angelegt. 1502 wird er erstmals des Textilarbeiterstreiks 1888 stellten erwähnt. In ihm wurde das Wasser der die Fabrikanten weitere Katholiken aus Schwale gestaut, um die Klostermühle Schlesien und dem Eichsfeld als Streik- an der Mühlenbrücke zu betreiben. brecher ein. Die katholische Gemeinde Als Überlaufkanal entstand hinter einem in Neumünster wuchs so auf mehr als Wehr die Schleusau als Durchstich der 800 Mitglieder, die eine Kirche benötigten. dortigen Schwaleschleife. An den Teichufern siedelten sich seit dem Das Grundstück dafür stellte die Tuchfabrik C. Sager Söhne & Co. zur 17. Jahrhundert Tuchmacher an, die das weiche Wasser für viele Arbeits- Verfügung. 1893 baute die Baufirma Rudolf Pries hier die katholische prozesse nutzten, ihn aber auch als Abwasserkanal missbrauchten. Kirche St. Maria - St. Vicelin in neoromanischen Formen nach Plänen von Stege am Teich ermöglichten das Waschen der Wolle und das Ausspülen Ernst Brettschneider. Auf dem Grundstück dahinter an der Fabrikstraße von Farbe. Weil sich im Teich Sinkstoffe ansammelten, musste er befand sich einst die Tuchfabrik. Carl Sager hatte 1851 für seine Appretur- manches Mal ausgebaggert werden. Schon um 1900 wurde er verkleinert. anstalt eine Dampfmaschine und Webstühle angeschafft und so zur dritten Die Neugestaltung des Ostufers mit der Bastion und der über die Schwale Volltuchfabrik der Stadt ausgebaut. Erst 1990 wurde sie geschlossen und führenden Kieler Brücke beschnitt ihn noch weiter. Die Getreidemühle zu einem Veranstaltungs- und Gewerbezentrum umgestaltet. Das Sager- wurde 1981 abgebrochen. viertel wurde 2014 für den Neubau der Holsten-Galerie abgebrochen. Ort: Am Teich, 24534 Neumünster Ort: Bahnhofstraße 35, 24534 Neumünster Info: siehe Broschüre „Stadtpunkte - Ein Rundgang durch Neumünster“, Nr. 5 Info: siehe Broschüre „Stadtpunkte - Ein Rundgang durch Neumünster“, Nr. 10 05 Museum Tuch + Technik 07 Mühlenhof Das Museum Tuch + Technik ist ein pro- Der Straßenzug Mühlenhof entstand nach duzierendes Haus. Auf alten Maschinen 1890 gemäß Planungen des Unternehmers stellt es im Vorführbetrieb neue Plaids Franz Rohwer als zweites Villenviertel her. Der Förderverein des Museums hatte der aufstrebenden Industriestadt. Zum die zwischen 1926 und 1960 gebauten Kleinflecken hin prägen noch Geschoss- Maschinen zur Verarbeitung von Schaf- bauten die Straße. Nach Süden begleiten wolle jahrzehntelang gewartet, so dass Einzelhäuser die Straße, darunter Villen in dem erst 2007 eröffneten Haus des gehobenen Bürgertums in der damals auch historische Fabrikatmosphäre üblichen Stilvielfalt, wie die von Rohwer herrscht. Die Architektur des vitrinenartigen Baus von Wuttke + Kekeritz mit der Nummer 42. Der Zimmermeister Rudolf Pries errichtete mehrere Villen, ( Neumünster ) prägt die Ecke zwischen Teich und Kleinflecken – dort wo zum Beispiel Nummer 32 ( von 1899 ) und 34 ( von 1897 ) sowie das für früher die Tuchmacher ansässig waren. Im Inneren dokumentiert das sich selbst erbaute Haus Nummer 50 von 1897 mit Park. Auch die Häuser Museum die Entwicklung von der handwerklichen Tuchherstellung zur des Tuchfabrikanten Johannes Kracht ( Nr. 40 von 1912 ) und des Kommandeurs industriellen Produktion. Dabei vermittelt es auf anschauliche Weise, des Infanterieregiments 163 ( Nr. 49 von 1899 ) fallen auf. Teil des Ensembles dass sich die Grundprinzipien nie geändert haben. Es geht darum, Fäden ist die 1900 erbaute Schwalebrücke mit einem flachen Bogen aus Stein. aus Fasern herzustellen und diese zu einem Stoff miteinander zu ver- Auch der Straßenbelag stammt aus dieser Zeit: Das in Reihe gesetzte kreuzen. Gleichzeitig verwebt das Museum das Auf und Ab der einst Großsteinpflaster aus Granit wird auf der Fahrbahn von einer Pflasterrinne wichtigen Tuchindustrie geschickt mit der Stadtgeschichte. und auf den Gehwegen von einer Klinkerdecke begleitet. Ort: Kleinflecken 1, 24534 Neumünster Info: siehe Broschüre „Stadtpunkte - Ein Rundgang durch Neumünster“, Nr. 11 Ort: Mühlenhof, 24534 Neumünster 08 Papierfabrik 06 Kleinflecken Die städtischen Plätze Kleinflecken und Der schmucke Backsteinbau gehörte zu Großflecken waren ursprünglich eigen- der Buntpapierfabrik Gottfried Möller & ständige Siedlungskerne, wobei es am Söhne. In der Firma waren schon 1851, eher abgeschiedenen, in einer Fluss- ein Jahr nach der Gründung, bis zu 30 schleife gelegenen Kleinflecken immer Arbeiter beschäftigt. Seit 1860 gab es etwas ruhiger zuging. Prägend für ihn eine Dampfmaschine. 1872 erweitert ist die Vicelinkirche: Der klassizistische sowie 1903 und 1911 nach einem Brand Bau ersetzte 1834 einen viel älteren umgebaut, beschäftigte das Werk bis Vorgänger. Lange Zeit gab es auf dem zu 50 Personen, exportierte bis nach Kleinflecken einen vom Verschönerungsverein um 1864 finanzierten Amerika. In der Fabrik wurde Papier vor allem gefärbt oder durch Zugabe Park mit Kaiser-Denkmal. Unterdessen verdrängten an der Schwale von Fasern und Holzmehl mit Effekten versehen. Schon Möllers Vater gelegene Fabriken die einst für den Platz prägenden ländlichen Bauten. war Papiermacher: Claus Hinrich Möller betrieb seit 1824 die Papier- Um 1900 gab es hier vier Tuchfabriken und die Lederfabrik Franz Wie- mühle an der Stör knapp hinter der Stadtgrenze in Groß Kummerfeld. man. Die 1964 geschlossene Wieman-Fabrik mit der Hausnummer 18 Den Sohn zog es erst mit einer Papiermanufaktur nach Rendsburg, bevor reichte bis fast an die Schützenstraße. 1947 zog der Wochenmarkt auf er 1849 nach Neumünster zurückkehrte. Um 1929 stelle die Firma ihren den Kleinflecken. Aus der Zeit stammt das 1953 errichtete Marktmeis- Betrieb ein. Seitdem dienten die Bauten als Lager, unter anderem seit terhaus mit Trinkhalle und öffentlicher Toilette. 2010 kehrte der Markt 1934 dem Bienenzuchtausrüster Robert Wahle. 1995 - 97 wurde die Fabrik an seinen alten Ort auf den Großflecken zurück. für Büros und Gastronomie umgebaut. Ort: Kleinflecken, 24534 Neumünster Ort: Gartenstraße 10, 24534 Neumünster Info: siehe Broschüre „Stadtpunkte - Ein Rundgang durch Neumünster“, Nr. 13 Info: siehe Broschüre „Stadtpunkte - Ein Rundgang durch Neumünster“, Nr. 18 09 Tuchfabrik Christian Friedrich Köster 11 Lederfabrik Hermann G. Schmid Die Tuchfabrik Christian Friedrich Köster Neumünster ist in Preußen der größte in der Gartenstraße bietet herausragende Standort der Lederindustrie gewesen. Architektur – trotz des Umbaus 1975 Attraktiv für die Branche waren die zentrale zu einem Bürohaus. Das eindrucksvolle Lage und die Nähe zum Hamburger Beispiel für den versachlichten Industrie- Hafen, über den die Felle importiert bau vor dem Ersten Weltkrieg war 1912/13 wurden. Die Schwale diente den Fabriken nach Entwurf von Franz Hammerstein in der Wrangelstraße als wichtige (Hamburg) errichtet worden, nachdem Ressource, weil bei der Verarbeitung das alte Werk von 1879 bei einem von Tierhäuten viel Wasser benötigt Brand zerstört worden war. Um 1966 hatte die Tuchindustrie der Stadt wird. Die Arbeit in diesen Betrieben galt aber auch als besonders schädlich, noch etwa 1.900 Beschäftigte. Damals schlossen sich die drei großen weil außer der körperlichen Belastung der Umgang mit Chemikalien Tuchfabriken Christian Friedrich Köster, Ludwig Simons KG und Werner sowie mit heißem und kaltem Wasser, Dampf und Zugluft hinzukam. Wolf KG in einem Kraftakt zu der Delta-Textilindustrie GmbH zusammen. Schließlich verlagerte sich die arbeitsintensive Produktion nach Südeuropa Doch nach einem kurzen Aufschwung machte auch diese Firma Ende und später in die Herkunftsgebiete der Rohstoffe. 1965 wurde die Leder- 1969 dicht, weil sie dem rasch ändernden Modegeschmack und der fabrik Hermann G. Schmid geschlossen und ist seitdem ein Gewerbehof. billigen Konkurrenz vor allem aus Italien nicht mehr gewachsen war. Schmid hatte das Werk 1903 von der Lederfabrik Locht & Gier (1889 Nur die Tuchfabriken C. Sager Söhne und Julius Bartram produzierten noch gegründet) übernommen und es 1905 -12 und 1920 -24 ausgebaut. zwei Jahrzehnte weiter. Mit bis zu 1.000 Beschäftigten verarbeitete es vor allem Rinderhäute. Ort: Gartenstraße 24 - 28, 24534 Neumünster 10 Tuchfabrik Julius Bartram Ort: Wrangelstraße 10-15, 24539 Neumünster 12 Lederwerke Adler & Oppenheimer AG 1892 brannte das Werk der Tuchfabrik Der Gewerbehof an der Wrangelstraße Julius Bartram in der Fabrikstraße 34 - 36 hat eine wechselvolle Geschichte. nieder. Daraufhin verlegte der Unter- Seit 1892 war hier die Kunstwollfabrik nehmer die Volltuchfabrik aus der Voigt ansässig. Die Räume übernahm Innenstadt in das neue Industriegebiet 1902 die Lederfabrik Emil Köster AG und an der Wrangelstraße. Aus der Zeit baute die Anlage schrittweise aus. Doch blieb der von dem Zimmermeister 1914 zerstörte ein Großfeuer das Werk Rudolf Pries erbaute dreigeschossige mit 350 Beschäftigten. Wegen des Ersten Backsteinbau an der südlichen Grund- Weltkrieges begann erst 1917 wieder stücksgrenze erhalten. Quer dazu entstand 1914 als Eisenbetonbau das die Produktion. Unterdessen baute Emil Köster sein neues Werk in Gadeland Wolllager. Weitere Erweiterungen folgten. Zuletzt entstand 1960 der und verkaufte das Altwerk an die Adler & Oppenheimer AG. Der aus dem große Stahlbetonskelett-Neubau direkt an der Straße. Mit mehr als 300 Elsaß stammende Lederkonzern baute die Fabrik in der Wrangelstraße aus: Beschäftigten hatte Bartram damals noch erheblich in die Produktion 1924 wurden hier mit etwa 1.200 Beschäftigten 2,5 Millionen Schaffelle pro von hochwertigen Wolldecken investiert – wie auch die Firma C. Sager Jahr verarbeitet. 1938 wurden die jüdischen Besitzer enteignet; seitdem Söhne & Co. Bei Bartram waren mehr als 60 Webstühle im Einsatz. hieß die Firma Norddeutsche Lederwerke. 1966 stellte sie den Betrieb in Unter der Marke „Juba“ vertrieb sie weltweit Decken, aber auch Stoffe dem überwiegend bis 1927 entstandenen Komplex ein. Zwischen den für die Damen- und Herrenoberbekleidung. Das Ende kam 1991: Mit Bauten fällt die Villa von 1892 besonders auf. Interessant ist auch das bis Julius Bartram schloss die letzte Textilfabrik der Stadt ihre Tore. 1960 erbaute Kesselhaus mit den Dampferzeugern im Inneren. Ort: Wrangelstraße 9, 24539 Neumünster Ort: Wrangelstraße 34-36, 24539 Neumünster 13 Lederfabrik Emil Köster AG 15 Rencks Park Zu Beginn der 1960er Jahre galt die Die erste Dampfmaschine des Landes Emil Köster AG in Gadeland als modernste stand seit 1824 in Neumünster: in der und größte Fabrik für Bekleidungs- und Tuchfabrik Renck. Sie war auch die erste Futterleder in Europa. Mehr als drei Volltuchfabrik am Ort. Hier wurden alle Millionen Schaffelle konnte sie pro Jahr Arbeitsschritte von der Verarbeitung der verarbeiten. Doch der Bedarf wandelte Rohwolle bis zum fertigen Tuch selbst sich zu Feinleder und zu mehr Qualität, umgesetzt. Die Familie Renck hatte welche Fabriken in Südeuropa besser auf der Klosterinsel 1823 das ehema- bedienen konnten. Trotz Rationalisierungen lige Zuchthaus gekauft und zur Fabrik ließ die Emil Köster AG wegen anhaltender Verluste dann in der Wirt- umgebaut. Diese war bis 1896 in Betrieb. Das Gelände ist Teil des später schaftskrise 1967 die Produktion auslaufen. Anschließend zog die 1928 erweiterten Renck‘schen Parks. Denn Mitinhaber Detlef Anton Renck ebenfalls von Köster gegründete Bekleidungswerke AG dort ein und ließ 1857 auf dem Terrain südöstlich der Fabrik einen großen Garten produzierte bis 1975. Heute dient das Gelände als Gewerbezentrum anlegen, den Hans Lorenz Renck 1870 der Stadt stiftete. Aber erst 1921, Stör-Park. Prägend sind die bis 1942 errichteten, für die Zeit ungewöhnlich nachdem der letzte Erbe verzichtet hatte, wurde der Park öffentlich. modernen Bauten. Sie entstanden, nachdem ein Großbrand das Werk Die arbeitende Bevölkerung sollte sich hier in stiller Abgeschiedenheit 1937 vernichtet hatte. Der seit 1921 in Gadeland ansässige Betrieb von von dem Treiben in der Stadt auf „wohl gepflegten Wegen“ ergehen. Emil Köster ging auf seine Lederfabrik in der Wrangelstraße zurück. Sie Charakteristisch für die Anlage sind die alten Bäume und große, von war 1914 durch ein Feuer zerstört worden. Strauchgruppen bestandene Rasenflächen. Ort: Am Klostergraben, 24534 Neumünster Ort: Haart 224, 24539 Neumünster 14 Gadelander Mühle Info: siehe Broschüre „Stadtpunkte - Ein Rundgang durch Neumünster“, Nr. 38 16 Holsten-Brauerei AG Im Stadtteil Gadeland blieb eine Holstenbier kam lange Zeit auch aus Getreidemühle mit der Mühlentechnik Neumünster: Die Holsten-Brauerei AG vollständig erhalten. Bis 1970 arbeitete aus Altona hatte den Betrieb der Kom- sie noch, stellte zuletzt noch Schrot manditgesellschaft D.H. Hinselmann & Co. her. Dann stand sie lange still. Adolf in der Brachenfelder Straße schon 1922 Wendt jr. betreibt dort die aus einem übernommen und zuletzt von 1965 bis Mineralölhandel hervorgegangene 1971 kräftig investiert. Doch im November Spedition „Holsten Oel“. Seit 2007 1986 lief hier die letzte Dose Pilsner setzte die Familie Wendt die Mühle vom Band. Sieben Jahre später wurde wieder instand. 1912 hatte sie die Dampfmühle anstelle einer abgebrannten der Komplex zu einem Gewerbezentrum umgebaut. Die Familie Windmühle bauen lassen. 1929 ersetzten sie die Dampfmaschine durch Hinselmann hatte bereits seit 1760 am Großflecken eine Brauerei für einen Dieselmotor der Firma R. Wolf aus Magdeburg-Buckau (Leistung: obergäriges Braunbier betrieben. Für das untergärige helle Lagerbier 60 PS). Als der Treibstoff dafür knapp wurde, ersetzten Wendts ihn 1942 aber brauchte Detlef Hinrich Hinselmann Lagerkeller, die er 1864 an der durch einen Elektromotor. Beide Aggregate blieben funktionstüchtig Brachenfelder Straße bauen ließ und mit Eis aus Teichen an der Schwale erhalten. Der in der Heimatschutzarchitektur gestaltete Hauptbau wurde kühlte. 1874/75 ließ er hier dann eine komplette Brauerei bauen, die um dazu passende Gebäude ergänzt: 1930 um die Scheune und 1937 mehrfach modernisiert wurde. Sie bot schließlich eine Braukapazität von um den Schweinestall. Gegenüber vom 1936 aufgestockten Kesselhaus 500.000 Hektolitern pro Jahr, war aber veraltet. Deshalb übernahm die entstand 1938 als Pendant der Anbau für die Getreidereinigung. erweiterte Holsten-Brauerei in Altona die Produktion. Ort: Brachenfelder Straße 45-47, 24534 Neumünster Ort: Segeberger Straße 32, 24539 Neumünster Info: siehe Broschüre „Stadtpunkte - Ein Rundgang durch Neumünster“, Nr. 26 17 AEG-Fabrik 19 Kraftwerk Die AEG-Fabrik für Niederspannungs- Im Jahr 1900 ging am jetzigen Standort schaltgeräte gehörte mit mehr als 1.500 das erste Elektrizitätswerk der Stadt in Beschäftigten lange zu den Großbetrieben Betrieb. Betreiber war die 1899 gegründete in Neumünster. Nach dem Niedergang Baltische AG für Licht-, Kraft- und Wasser- des AEG-Konzerns übernahm General werke. Doch mit 410 Kilowatt war die Electric 1996 den Geschäftsbereich – Stromleistung zunächst bescheiden. heute ist davon kaum noch etwas übrig. 1911 übernahm die Stadt das Unternehmen, Der neuere Werksteil, einst mit Tunnel betrieb es als Stadtwerke Neumünster und Brücke über die Goethestraße hinweg weiter und investierte kräftig. mit dem Stammwerk verbunden, wurde 2007 abgebrochen. Der Betrieb So stellten die Stadtwerke 1916 unter anderem eine Dampfturbine mit ging auf die 1928 von der AEG gegründeten Apparate-Werke im Ostberliner vier Megawatt Leistung auf. Damals entstand auch die im Kern des Stadtteil Treptow zurück. Mit der deutschen Teilung zog dieser Geschäfts- Werkes bis heute erhaltene Maschinenhalle. Sie wird von den 1979 bereich 1947 in das ehemalige Zweigwerk der Archo Büromaschinen KG bis 1983 erbauten Kohlekesseln sowie der seit 2005 auf der Rückseite Carl Winterling & Co. (Frankfurt am Main) nach Neumünster. Archo hatte betriebenen Ersatzbrennstoff-Verwertungsanlage weit überragt. Bereits die 1939 entstandenen Bauteile des Werkes mit dem „Gefolgschaftsraum“ seit 1948 koppelt die Anlage, nunmehr als Heiz-Kraftwerk, Fernwärme (hinter dem Portikus) und der Montagehalle an der Theodor-Storm-Straße aus – zunächst für Industriekunden, später auch für private Haushalte. bauen lassen. Den Aufschwung des AEG-Werkes markiert der großzügige Immer wieder wurde das Kraftwerk umgebaut und modernisiert, weil Pförtnerpavillon von 1955 am Berliner Platz. sich die (politischen) Rahmenbedingungen änderten. Ort: Goethestraße 24 -28, 24534 Neumünster 18 Wasserturm Ort: Bismarckstraße 51, 24534 Neumünster 20 Eisenbahn-Ausbesserungswerk Sauberes Trinkwasser war einst nicht Das Eisenbahn-Ausbesserungswerk Neu- selbstverständlich. Erst 1899/1900 münster betreut vor allem die etwa 1.500 baute die Baltische AG für Licht-, Kraft- Intercity-Wagen der Deutschen Bahn. und Wasserwerke (heute Stadtwerke) Zurück geht es auf eine 1861 an der in Neumünster eine zentrale Wasser- Rendsburger Straße gegründete Werk- versorgung. Es entstanden 18 Brunnen, statt. Die Rendsburg-Neumünstersche ein Wasserturm und ein Pumpenhaus. Eisenbahngesellschaft (RNE) hatte sie in Letzteres wurde im Krieg zerstört, zum Konkurrenz zur Altona-Kieler Eisenbahn Teil wieder aufgebaut und 1978 stillgelegt. (AKE) eingerichtet. Doch schon drei Jahre Heute versorgt das 1924 eingeweihte Werk Brüningsweg den Ort mit später übernahm die AKE die RNE und ließ 1868 auf der anderen Seite Trinkwasser. Im Kopf des 48 Metern hohen Wasserturms gibt es einen der Bahn an der Kieler Straße eine neue Werkstatt bauen, die – immer eisernen Behälter. Er fasst 950 Kubikmeter Wasser, dient dem Druck- wieder modernisiert – schon um 1903 ihre heutigen Ausmaße mit den ausgleich im Leitungsnetz und als Löschwasserreserve. Konzipiert hat beiden riesigen Montagehallen erreicht hatte. Bis 1926 reparierte sie auch diesen einst in ganz Deutschland typischen Stützbodenbehälter der Lokomotiven, Weichen und Güterwagen. Seitdem halten die zeitweise Ingenieur Otto Intze. Die Konstruktion gibt nur vertikale Kräfte in den mehr als 1.000 Beschäftigten nur noch vierachsige Reisezugwagen instand Unterbau ab. Deshalb reicht bei derartigen Türmen ein schmaler Schaft oder bauen sie um. Alliierte Bomben zerstörten das Werk am 13. April 1945. unter dem auskragenden Kopf. Das von Till Nowak entwickelte Licht- Es wurde aber wieder aufgebaut und bekam um 1950 an der Straße eine kunstwerk „Kelvin“ beleuchtet das Bauwerk im Dunkeln. neue Schauseite mit Verwaltungsgebäuden. Ort: Christianstraße 133, 24534 Neumünster Info: www.kelvin-neumuenster.de Ort: Kieler Straße 119, 24536 Neumünster 21 Chausseewärterhaus 23 Holstenhalle 1 Von 1830 bis 1834 ließ König Frederik VI. Neumünster ist seit langem ein Zentrum von Dänemark, der damalige Landes- des Viehhandels. Bis heute werden Tiere herr, eine Chaussee von Altona nach in der Holstenhalle 1, dem ältesten Bau des Kiel bauen: die heutige Bundesstraße 4. Veranstaltungszentrums Holstenhallen, Die relativ gerade geführte Trasse mit versteigert. Die Halle mit den Ställen, dem Dämmen und Brücken sowie ein Bullenring sowie einem Gleisanschluss systematisch aufgebauter Straßenkörper wurde am 15. August 1939 eingeweiht. mit Schotterfahrbahn erleichterten den Schon zwei Wochen später pachtete die Land und See Leichtbau GmbH den Bau Verkehr erheblich und machten die Chaussee zum ersten leistungsfähigen Landverkehrsweg in Schleswig- als zusätzliche Fabrik. Denn die Tochterfirma der Gebr. Sachsenberg AG Holstein. In 14 Straßenwärterhäusern entlang der Strecke wohnten die (Roßlau) baute an der Sedanstraße und auf dem Fliegerhorst Flugzeug- Wärter. Sie nahmen von den Straßenbenutzern bis zur Abschaffung 1874 teile. Seit 1945 nutzte die englische Besatzungsmacht die Holstenhalle das Chausseegeld ein, erledigten außerdem die kleinen Reparaturen und als Werkstatt. Eine neue Zwischendecke und eine hohe Schneelast sorgten für Ordnung. Von dem Wärterhaus Kieler Straße 395 ( in der führten wohl 1947 zu dem Einsturz des hölzernen Dachtragwerkes. Altonaer Straße 382 steht noch eines ) blieben nur drei Wände und einige Die Stadt ließ es mit Stahlskelettbindern neu bauen und eröffnete die Balken erhalten. Es wurde im Jahr 2000 von Anbauten befreit und Halle im Juli 1950 mit einer Kundgebung von Kurt Schumacher (SPD) denkmalgerecht ergänzt, dabei die durch Zementputz zerstörte äußere zum zweiten Mal. Gut besuchte Eisrevuen, Handballspiele, Boxkämpfe, Ziegelschicht durch ochsenblutfarbene Kalkschlämme ersetzt. Reitturniere und Künstler- Auftritte folgten. Ort: Justus-von-Liebig-Straße 2-4, 24537 Neumünster Ort: Kieler Straße 395, 24536 Neumünster 22 Bahnbetriebswerk Info: www.holstenhallen.com 24 Gartenstadt Die Eisenbahn zählt traditionell zu den Mit der Industrialisierung wuchs die großen Arbeitgebern der Stadt. In den Bevölkerung von Neumünster rasant. 1950er Jahren beschäftigten die Dienst- Die Stadt breitete sich mit Fabriken, stellen des Eisenbahnknotens mehr als Mietskasernen und Werkswohnungen aus. 3.000 Eisenbahner. Ein Teil davon arbeitete Die Wohnumstände waren zumindest in dem am Güterbahnhof gelegenen schwierig. Von England ausgehend ent- Bahnbetriebswerk. Hier wurden seit 1892 wickelte sich deshalb die Gartenstadt- Lokomotiven gewartet, seit etwa 1900 Bewegung. Ein Häuschen im Grünen mit in einer großzügigen Anlage mit zwei Nutzgarten sollte auch für Familien mit Ringlokschuppen. Das Bahnbetriebswerk wurde im Zweiten Weltkrieg weit- geringem Einkommen bezahlbar sein. So plante Neumünster 1909 die gehend zerstört und nur zum Teil wieder aufgebaut. Doch waren hier wieder – Gartenstadt: Auf 80 Hektar sollten 800 Mietrenten - Grundstücke vergeben wie vor dem Krieg – fast 80 Dampflokomotiven beheimatet. 1966 stellte die werden. Darauf entstanden ab 1910 schlichte, in der Regel verputzte Deutsche Bundesbahn (DB) die Unterhaltung von Dampfloks in Neumünster Einzel - und Doppelhäuser mit teilausgebauten Dächern und rückwärtigen ein. Gewartet wurden hier seitdem nur noch kleine Diesellokomotiven, Stallanbauten. Der Erste Weltkrieg und geringe Nachfrage brachten das Werksteile wurden abgerissen. 1988 übernahm der Verein Rendsburger Ganze ins Stocken. 1926 waren erst 79 Grundstücke am Birkenweg und Eisenbahnfreunde das Gelände. Das Ganze wurde 2010 eine Außenstelle Am Neuen Kamp bebaut. Die ursprünglichen Pläne wurden dann nicht mehr des DB Museums in Nürnberg. umgesetzt. In anderer Form entstanden 1929 noch Klinker - Reihenhäuser im Ahornweg sowie 1940 Siedlungshäuser im Akazien - und Ulmenweg. Ort: Brückenstraße 2, 24537 Neumünster Ort: Am Neuen Kamp, 24537 Neumünster 25Stadtwald Die durch Lärm und Dreck der Fabriken belasteten Bürger dürften den Stadtwald stets als grüne Oase genossen haben. 1864 hatte Fleckenvorsteher Carl Geerdts das erste Stück der Heidefläche bewalden lassen. 1908 beschloss die Stadt, den ältesten Teil in einen Waldpark mit Rasenflächen umzuwandeln, den heutigen Stadtpark. Westlich davon entstand der Stadtwald mit dem aus Schutt und Müll bis 1928 erbauten Rodelberg und dem für die gefallenen Soldaten des Ersten Weltkrieges angelegten Heldenhain (seit 1987 Friedenshain). Teil des Grünzuges ist auch der große Garten des Lederfabrikanten Sager mit dem 1928 vollendeten Landhaus Klanhörn in der Carlstraße 169. Seine 1929 stillgelegte Fabrik stand auf dem Gelände der Hindenburgkaserne. Daneben blieben das Kontorgebäude von 1922 in der Carlstraße 63, die 1900 erbaute Villa ( Carlstraße 71) und die 1900 / 07 erbauten Werkmeisterwohnhäuser in der Carlstraße 73 / 75 und 77 / 79 erhalten. Ort: Carlstraße / Junglöwweg, Neumünster Info: siehe Broschüre „Geschichten aus dem Stadtwald“ Die Broschüren „Stadtpunkte“ und „Geschichten aus dem Stadtwald“ erhalten Sie kostenlos in der Tourist-Information auf dem Großflecken. Broschüre „Stadtpunkte“ PDF Impressum Broschüre „Geschichten aus dem Stadtwald“ PDF Herausgeber: Stadt Neumünster, Der Oberbürgermeister www.neumuenster-tourismus.de Gestaltung: Ina Saken, www.saken-design.de Texte: Sven Bardua Fotos: Christiane Wilbrandt ( Pissoir ), Textilmuseum Tuch + Technik ( Kettschärmaschine ), alle anderen Fotos: Sven Bardua 1. Auflage 8 / 2015 Alle Rechte, einschließlich des auszugsweisen Nachdrucks, der photomechanischen Wiedergabe, der Präsentation im Internet, der Nachbearbeitung, der gewerblichen Umsetzung und Übersetzung vorbehalten. 25 Stationen der Industriegeschichte in Neumünster Seit 1929 trägt Neumünster Fabrikschornsteine im Wappen. Denn die Zu Beginn des 19. Jahrhunderts hatten viele Tuchmacher dann so viel Stadt war stolz auf ihre Symbole von Kraft und Fortschritt. Mit der folgenden Geld, dass sie in Maschinen und Gebäude investieren konnten. So Weltwirtschaftskrise aber begann die industrielle Basis der Stadt zu entstanden die Tuchfabriken. Der Bau von Chausseen und vor allem bröckeln. Nach dem Zweiten Weltkrieg erlebte sie zwar noch einmal von Eisenbahnstrecken durch Neumünster hindurch beschleunigte die einen großen Aufschwung. Doch insbesondere der Niedergang der wirtschaftliche Entwicklung. 1844 ging die Eisenbahn von ( Hamburg- ) Leder- und der Tuchindustrie in den 1960er Jahren beutelte Neumünster Altona nach Kiel in Betrieb. Später folgten Zweigstrecken nach Heide, stark. In einem Jahrzehnt gingen mehr als 7.000 Arbeitsplätze in beiden Rendsburg, Ascheberg, Bad Segeberg und Kaltenkirchen. Ähnlich ent- Branchen verloren. Und die Stadt nahm mit einer Arbeitslosenquote von wickelte sich der Straßenfernverkehr für Neumünster. Hinzu kamen der 5,7 Prozent eine Spitzenstellung ein – der Durchschnitt in der Bundes- Beitritt zum Zollverein 1867 und der wirtschaftliche Aufschwung nach republik Deutschland lag damals bei 0,9 Prozent. Ursache waren vor der Gründung des Deutschen Kaiserreiches 1871. allem die hohen Arbeitskosten im Hochlohnland Deutschland. Heute ist Neumünster auch dank einer offensiven Ansiedlungspolitik dagegen Die Stadt wuchs rasant, immer neue Viertel entstanden in dieser wieder stark und vor allem krisenfester: ein vielfältiger Wirtschaftsstand- Boomzeit. 1864 zählte sie noch 7.800 Bewohner – um 1900 waren es ort mit überwiegend kleinen und mittelständischen Unternehmen – dank 27.000. Heute hat Neumünster 77.000 Einwohner. Seit 1857 gab es der verkehrsgünstigen Lage unverändert wichtig für die Logistikbranche. Gaslicht, 1870 bekam Neumünster das Stadtrecht, seit 1872 hatte sie eine Garnison. Damals verzeichnete verspätet auch die aus der Gerberei Der Niedergang in der Tuch- und Lederindustrie erreichte später hervorgegangene Lederindustrie einen starken Aufschwung. Die Kehr- auch die Konfektion: So schloss 1975 die Bekleidungswerke AG von seite der Industrialisierung waren schwierige Lebensbedingungen für Emil Köster, die sich besonders stark entwickelnde Firma Hermann Marsian die Arbeiter. Frauen und Kinder mussten als billige Arbeitskräfte zum zwei Jahre später. Noch 1965 hatte der erst 1947 gegründete Hersteller Unterhalt ihrer Familien beitragen. Kinderarbeit wurde erst 1891 verboten. für Damenoberbekleidung mit der Marke „Maris“ 1.735 Beschäftigte Damit entwickelte sich auch in Neumünster eine Arbeiterbewegung. gezählt. Ähnlich erging es den Phrix-Werken AG (später Norddeutsche Und die schlimmen hygienischen Verhältnisse wurden erst mit der Faserwerke GmbH): Sie stellten mit bis zu 1.300 Beschäftigten Chemie- Inbetriebnahme einer Trinkwasserersorgung 1900 und einer Kanalisation fasern her – und stellten 2004 den Betrieb in Neumünster ein, nachdem fünf Jahre später wesentlich besser. die Konkurrenz in Übersee zu stark geworden war. Doch eine 1948 gegründete Schwesterfirma, die Neumünstersche Maschinen- und Die Spuren der Vergangenheit sind noch heute überall in der Stadt zu Apparatebau Gesellschaft mbH (Neumag), gibt es als Teil der schweize- finden. Erkunden Sie entlang der 25 Stationen die Industriekultur der rischen Oerlikon AG noch heute in der Stadt. Sie stellt Anlagen für die Stadt Neumünster! Chemiefaserproduktion her und exportiert weltweit. Der Maschinenbau in Neumünster ist nämlich fast so alt wie die Textilindustrie. Schon die alten Tuchmacher ließen ihre Maschinen im Ort reparieren und auch neue bauen. Die Weber hatten sich hier wegen der zentralen Lage an vielen Handelswegen und dem weichen Wasser der Fabriken Schwale niedergelassen. Ganze Familien arbeiteten in den Webmanufakturen, Sehenswürdigkeiten Lohnspinner aus dem Umland lieferten das Garn zu. Wassertechnik Museen