Berufe in der Modewelt

Transcrição

Berufe in der Modewelt
Juni 2014 | 38. Jahrgang | Heft 3
Studium
Wohnen im Studium:
Alles WG oder was?
Arbeitsmarkt
Recht beliebt:
Arbeitsmarkt Juristen
Berufsbild
Was macht ein
Location Coordinator?
go
abi.de
Zwischen Handwerkskunst und Fashion:
Berufe in der Modewelt
abi.de
studium
Im Fokus
Und wie wohnst du so?
Berufe in der Modewelt
In der WG oder alleine, im Wohnheim oder zu Hause
bei den Eltern: Wir zeigen, welche Vor- und Nachteile
die unterschiedlichen Wohnformen haben.���������������� 6
go
abi.de
Mehr als nur Haute Couture: In der Textil- und
Bekleidungsindustrie gibt es neben Modedesign
noch zahlreiche weitere Möglichkeiten. ���������������10
editorial
Liebe Leserin, lieber Leser,
e
in gut geschnittenes Kleid steht jeder Frau“ – davon war Coco ­Chanel,
Modedesignerin und Gründerin des gleichnamigen Labels, ­überzeugt.
Kaum jemand hat die Modewelt so stark geprägt wie die ­Französin.
Sie entwarf beispielsweise in den 1920er-Jahren das „kleine
­Schwarze“ und machte Geschäftsfrauen weltweit mit dem ChanelKostüm businesstauglich. Eines ihrer Parfums, Chanel No. 5, ist nach wie vor ein
Klassiker. Und seit 1983 verhilft der extravagante Chefdesigner Karl Lagerfeld den
Kollektionen des Modekonzerns zu weiterem Weltruhm.
Viele angehende Modedesigner träumen von einer solchen Karriere. Doch wer von
Mode fasziniert ist und gerne in dieser Branche arbeiten möchte, findet auch inter­
essante Optionen jenseits des Rampenlichts, in das es doch nur wenige ­schaffen:
Ingenieure für Bekleidungstechnik etwa planen und überwachen die ­Herstellung von
Hemden oder Hosen – vom Entwurf bis zur Endkontrolle. Textil­laboranten bringen ihr
Wissen in Chemie ein und prüfen zum Beispiel die Qualität von ­Texti­lien. Und Modejournalisten berichten über die neuesten Trends auf dem ‚Catwalk‘.
Über Wege in die Modebranche berichtet in unserem Heftschwerpunkt unter
­anderen Fredericke Winkler (33), Mitbegründerin der Sales- und Beratungsagentur
‚Beyond Berlin‘. „Man sollte mit Kritik umgehen können“, weiß die Designerin, die
­übrigens auf dem Cover dieser abi>> Ausgabe zu sehen ist.
Egal, ob Modedesign oder ein völlig anderes Fach: Mit der Immatrikulation an
der Hochschule ändert sich meistens auch die Wohnsituation – und da gibt es viele
­Möglichkeiten: in einer WG wohnen, ins Wohnheim oder in die eigene Wohnung
­ziehen oder doch im „Hotel Mama“ bleiben? abi>> wägt Vor- und Nachteile ab.
Viel Spaß beim Lesen wünscht die abi>> Redaktion
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abi>> 3 | 2014
I n h a lt
I orientieren I studium I ausbildung I beruf & karriere I interaktiv
abi.de
Arbeitsmarkt juristen
W A S MA C HT EIN … ?
Zwischen Gesetzbüchern
Location Coordinator
Juristen haben derzeit nach ihrem Examen gute
Chancen auf dem Arbeitsmarkt – auch jenseits von
Gericht und Kanzlei. ��������������������������������������������� 22
Werden Büroräume nur selten genutzt, kommt der
Location Coordinator Daniel Piater ins Spiel.
Er plant deren Auslastung. ��������������������������������������� 26
studium
Wer die Wahl hat, hat die Qual
Alleine oder in der WG, im Wohnheim
oder doch im „Hotel Mama“? Mit der
­Immatrikulation an einer Hochschule
­ändert sich oft auch der Wohnort. ������6
Kontrollieren, prüfen und bewerten
Vom Garn bis zum fertigen Produkt begleitet Textillaborantin Lena N
­ ebelung
beim Strumpf-Experten Falke das
Herstellungsverfahren. ����������������������16
Checkliste für den Umzug
Aller Anfang ist schwer – das muss aber
nicht zwangsläufig auch für die Wohnungssuche zu Studienbeginn gelten:
abi>> gibt Tipps von Nebenkosten bis
Nachsendeauftrag. ������������������������������9
Jenseits vom Catwalk
Aika-Maresa Fischbeck lernt, wie
man funktionelle Mode für M
­ enschen
mit B
­ ehinderungen herstellt, etwa
­Ban­dagen, die die Wirbelsäule
­stabilisieren. ��������������������������������������18
im fokus
Juwelen und Handwerk
Als Schmuckdesigner braucht Lukas
Grewenig nicht nur Kreativität, Fantasie
und Vorstellungsvermögen, sondern
auch handwerkliches Geschick. ��������20
„Eigentlich kann mich alles ­inspirieren”
Im Interview spricht die österreichische
Mode-Designerin Lena Hoschek (33),
die sich selbst gerne als „Stofftrüffelschwein“ bezeichnet, über ihren Weg in
die Modebranche. �����������������������������10
Dem Trend auf der Spur
Mehr als nur Fashionshows: Hinter der
Textil- und Bekleidungsindustrie als
wichtigem Wirtschaftszweig verbergen
sich zahlreiche interessante Berufe.��12
Flexible Juristen gefragt
Prädikatsexamina, Flexibilität oder
eine politische Denke? Personal­
ver­ant­wortliche berichten, welche
Qualifikationen angehende Juristen
mitbringen sollten, und worauf sie bei
­Bewerbungen besonders achten. ������25
Was macht ein …?
Location Coordinator
Wer flexible Arbeitsplätze sucht, ist
bei Daniel Piater an der richtigen Stelle.
Der Location Coordinator sorgt dafür,
Büroräume optimal auszulasten. �������26
arbeitsmarkt
weitere rubriken
Alles, was Recht ist
Nicht jeder Absolvent der Rechtswissenschaften kann Richterin oder
Staatsanwalt werden. Doch es gibt gute
Alternativen. abi>> wirft einen Blick auf
den Arbeitsmarkt für Juristen. �����������22
Editorial�����������������������������������������������2
News����������������������������������������������������4
Gewinner „dein abi>>“���������������������27
Impressum����������������������������������������27
Leseraktion���������������������������������������28
Vorschau�������������������������������������������28
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news
Foto: Martina Striegl
Foto: Martin Rehm
News
Stellensuche
B i l d u n g s f i n a n z b e r i c h t 2 013
Persönliche Kontakte
und das Internet
Mehr Geld
für Bildung
Jobsuchende werden vor allem
über den Bekanntenkreis und
Online-Stellenanzeigen fündig.
Zu diesem Ergebnis kommt
das Institut der deutschen
Wirtschaft Köln (IW).
Laut Bundesministerium
für Bildung und Forschung
(BMBF) ist im vergangenen
Jahr mehr in Bildung
investiert worden.
Rund 116,6 Milliarden Euro
- acht Prozent mehr als 2012 haben Bund, Länder und
Kommunen demnach für die
Bildung ­ausgegeben.
Rund 15 Prozent der Arbeitssuchenden
haben demnach 2012 über das Internet
ihre Arbeitsstelle gefunden. Dies sind
fast doppelt so viele wie noch im Jahr
2004. Insbesondere 25- bis 35-­Jährige
nutzen das Medium zur Jobsuche.
Anzeigen in den Printmedien spielen
dagegen eine immer geringere Rolle,
2012 wurden lediglich acht Prozent der
Stellen durch diese Medien vermittelt.
Hochschulabsolventen orientieren sich
den Angaben zufolge insgesamt eher
am Online-Angebot, Berufserfahrene
dagegen greifen eher zur Zeitung.
Nützlicher als jedes Medium sind
allerdings nach wie vor Kontakte: Rund
30 Prozent fanden über Freunde und
Bekannte einen Job – unabhängig von
Alter und Qualifikation.
Personalserviceagenturen haben an
der Stellenvermittlung nur einen geringen Anteil von ungefähr zwei Prozent.
> >mehr infos:
www.iwkoeln.de
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Vor allem in die ­Hochschulbildung
wurde investiert. Aus dem ­Bil­dungs­finanzbericht geht hervor, dass die
Ausgaben in diesem Bereich mit
4,9 Milliarden Euro im Vergleich zum
Vorjahr um 20 Prozent ­gestiegen sind.
Bundesbildungsministerin ­Johanna Wanka bestätigt, dass ­Bildung einen immer
höheren Stellenwert in der Gesellschaft
genießt. Bildung sei laut Wanka „Grundlage für mehr Teilhabe, Integration und
Chancengleichheit“. Grundsätzlich ist
zwar die Zahl derer gesunken, die eine
Bildungseinrichtung besuchen. Die
Pro-Kopf-Bildungsausgabe für unter
30-Jährige ist seit 2005 jedoch um
45 Prozent gestiegen.
>>mehr infos:
www.bmbf.de/de/96.php
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Zulassungsbeschränkung
Weniger Numerus
Clausus im Osten
Die aktuelle Studie „Der CHE
Numerus Clausus-Check
2013/14“ des Centrums
für Hochschulentwicklung
(CHE) zeigt: Die Studiengänge an Hochschulen in
den neuen Bundesländern
sind vergleichsweise selten
­zulassungsbeschränkt.
Wie der Studie zu entnehmen ist,
sind insgesamt 45,5 Prozent und damit
fast die Hälfte aller Studiengänge an
deutschen Hochschulen mit einem
Numerus Clausus belegt. Das betrifft etwa jeden zweiten Bachelorstudiengang und rund jeden dritten
­Masterstudiengang. Auffällig ist, dass
die Studiengänge in den ostdeutschen
Bundesländern vergleichsweise selten
zulassungs­beschränkt sind: In Thüringen
beispielsweise liegt ihr Anteil mit
26,2 Prozent unterhalb des Bundesdurchschnitts. Hingegen sind in den
Stadtstaaten Berlin, Bremen und Hamburg rund zwei Drittel aller Studiengänge
mit einem Numerus Clausus versehen.
Mit Blick auf die Hochschultypen
lässt sich feststellen, dass die Studien­
gänge an Fachhochschulen häufiger
­zulassungsbeschränkt sind
(49,5 ­Prozent) als an Universitäten
(43,7 ­Prozent). Unter den Fächergruppen
zeichnen sich die Rechts-, Wirtschaftsund Sozialwissenschaften besonders
häufig durch einen
Numerus Clausus aus
(53,7 Prozent).
Die Studie „Der CHE Numerus Clausus-Check 2013/14“
basiert auf einer Auswertung
der Daten des Hochschulkompass der Hochschulrektorenkonferenz (HRK)
mit Stand vom Juli 2013.
> >mehr infos:
www.che.de
news
V e r
17. b i s 19. O k t o b e r 2 014 , E r f u r t
Mehr internationale Bildung
Fraunhofer-Talent-School
In den kommenden Jahren soll die inter­
nationale Bildungszusammenarbeit von der
Europäischen Union verstärkt gefördert
werden. Mit 14,7 Milliarden Euro, die bis
2020 für das neue Programm „Erasmus
plus“ zur Verfügung stehen, sollen
fast doppelt so viele Menschen
wie bisher ein Stipendium für ein
Auslandssemester erhalten.
Technikbegeisterte und medieninteressierte Schüler der
Jahrgangsstufen neun bis 13 können sich ab sofort für die
Fraunhofer-Talent-School in Erfurt bewerben. 48 Plätze bietet
das Fraunhofer-Institut für Digitale Medientechnologie IDMT
zusammen mit der Fachhochschule Erfurt an. In einem der
vier Workshops können die Teilnehmer mit der Unterstützung
von Fachleuten forschen, lernen und selbst Ideen einbringen:
„Computerspiele als Forschungsthema“, „Musik und Apps“,
„Humanoide Roboter – Analysiere und übertrage mensch­
liches Verhalten“ oder „Web-TV: Interaktive Konzepte für eine
moderne Fernsehproduktion“. Für die Workshops sollten die
Teilnehmer im Idealfall Vorkenntnisse mitbringen. Um welche
es sich handelt, kann auf der Website recherchiert werden.
Neben den Workshops gibt es für die Teilnehmer auch ein
Freizeitprogramm mit Stadtrundfahrt durch Erfurt und einen
Grillabend. Am Ende des Wochenendes werden die Ergebnisse
vor allen Teilnehmern und Eltern präsentiert.
Der dreitägige Workshop kostet 80 Euro. Darin enthalten
sind zwei Übernachtungen, Verpflegung, Fahrten während der
Veranstaltung, Rahmenprogramm und Betreuung.
>>mehr infos:
www.idmt.fraunhofer.de/fts2014
Die bereits bekannten Programme
„Erasmus“ für Studierende, „Leonardo
da Vinci“ für Auszubildende oder „Comenius“ für Schüler bleiben erhalten und
werden in „Erasmus plus“ zusammen­
gefasst. Neu ist neben dem größeren
Budget die Organisation und Durchführung der Programme durch vier
nationale Agenturen. Für Studierende
besonders interessant: Die Durchführung für den Hochschulbereich
bleibt beim Deutschen Akademischen
Austauschdienst (DAAD).
Ziel des Europäischen Parlaments
und des Rats der Europäischen
Union, die Ende 2013 den Weg für
„Erasmus plus“ ebneten, war eine
Entbürokratisierung und Vereinfachung des Bewerbungsverfahrens.
Neu an „Erasmus plus“ ist eine
Pilotphase für Studiendarlehen für
Masterprogramme. Interessierte
Studierende, die einen Master
im europäischen Ausland absolvieren möchten, erhalten
über das Programm zins­
günstige Darlehen.
V o m 11 . b i s 15 . A u g u s t 2 014 i n D o r t m u n d
SchnupperUni
an der TU Dortmund
Schülerinnen und Schüler der Oberstufe sind eingeladen,
­zwischen 11. und 15. August 2014 an der Technischen Universität Dortmund die sogenannte SchnupperUni zu besuchen.
Teilnehmende Fakultäten sind:
>> Mathematik
>> Physik
>> Chemie und Chemische Biologie
>> Informatik
>> Statistik
>> Bio- und Chemieingenieurwesen
>> Maschinenbau
>> Elektrotechnik- und Informationstechnik
>> Raumplanung
>> Architektur und Bauingenieurwesen
>>mehr infos:
www.erasmusplus.de
Von Paris bis Helsinki:
„Erasmus plus“
will noch mehr
Studierenden einen
Auslandsaufenthalt
ermöglichen.
M
ela
nu
Ma
to:
Fo
Die teilnehmenden Schülerinnen und Schüler lernen insbesondere naturwissenschaftlich-technische Fächer kennen,
besuchen Vorlesungen und Experimente. Zusätzlich haben sie
die Möglichkeit, mit Studierenden und Lehrenden in Kontakt
zu treten.
Die Teilnahme an der SchnupperUni ist kostenlos.
Die Kosten für Anreise und Verpflegung tragen die
Teilnehmer. ­Informationen zur Anmeldung sowie das
­Vorlesungsverzeichnis sind online zu finden.
>>mehr infos:
www.tu-dortmund.de/uni/Einstieg/schnupperuni/de/­
startseite/index.html
an s t a l t u n g e n
Erasmus plus
r
eie
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Foto: Sonja Trabandt
Studium
Einsamkeit? Fehlanzeige! Wer sich für eine Wohngemeinschaft entscheidet, sollte es gerne gesellig mögen.
Studentische Wohnformen
Wer die Wahl hat, hat die Qual
Auf geht’s zur Uni: Die Vorfreude ist groß, denn mit dem Studium fängt
auch ein neuer Lebensabschnitt an. Die ersten Schritte in die Selbstständigkeit beginnen
dabei schon mit der Suche nach der passenden Bleibe und der Frage: Welche Wohnform ist
überhaupt die richtige für mich? Will ich alleine oder in einer Wohngemeinschaft leben,
oder ist es gar sinnvoller, vom Elternhaus zur Hochschule zu pendeln? abi>> beschäftigt
sich mit den Vor- und Nachteilen der jeweiligen Wohnmöglichkeiten.
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Foto: Lisa Zirkelbach
Studium
Foto: Lisa Zirkelbach
Hier wird der Geldbeutel geschont: Im „Hotel Mama“ muss man sich meist
weder mit Nebenkosten noch mit Putzplänen auseinandersetzen.
Viele Bewohner, ein Waschbecken: In Wohngemeinschaften teilt man sich
Küche-, Wohn- und Badezimmer.
Das weiß auch Detlef Rujanski, Geschäftsführer
des Studentenwerks Siegen. „Wir erklären den
angehenden Studierenden kurz die einzelnen
Möglichkeiten mit den jeweiligen Vor- und Nachteilen und erstellen so gemeinsam ein individu­
elles Profil. Denn der junge Mensch soll sich ja in
seiner Unterkunft vor allem wohlfühlen.“
Foto: Privat
a
uch das Deutsche Studenten­
werk in Berlin hat sich mit diesen Fragen auseinander­gesetzt
und dabei im Rahmen der
20. Sozialerhebung interessante Fakten herausgefunden. So leben 29 Prozent
der Befragten und damit rund ein Drittel in einer
Wohngemeinschaft. Mit 23 Prozent bleibt fast ein
Viertel der Studierenden noch bei den Eltern wohnen, und rund 20 Prozent ziehen mit dem Partner zusammen. In einer eigenen Wohnung leben
knapp 17 Prozent, gefolgt von zehn Prozent der
Befragten, die sich in einem Wohnheim einmieten. Nur etwa ein Prozent wohnt zur Untermiete.
Bei der Suche nach einem Dach über dem
Kopf ist es weniger entscheidend, welche Wohnform gerade angesagt ist – viel wichtiger ist es
herauszufinden, was genau zu einem passt.
Die Wohngemeinschaft
Die Vorzüge einer WG liegen für Detlef Rujanski
dabei ebenso klar auf der Hand wie mögliche
Konfliktpotenziale. „Man ist nie allein, und es ist
immer etwas los. Das kann allerdings auch von
Nachteil sein. Die gemeinsame Nutzung von Bad
und Küche kann da schon zum Problem werden,
denn oft gibt es unterschiedliche Vorstellungen
von Hygiene.“ Oder wenn die Ruhe zum Lernen >>
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„Es ist wichtig,
herauszufinden,
welche Wohnform zu
einem passt.“
Detlef Rujanski
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Foto: Verena Westernacher
Studium
In Wohnheimen knüpft man schnell Kontakte zu anderen Studierenden, hat aber auch die Möglichkeit, sich in seine eigenen
vier Wände zurückzuziehen.
Foto: Privat
fehlt. Dass das WG-Leben besonders die persönliche Entwicklung positiv beeinflussen kann,
weiß Astrid Brandenburger, Abteilungsleiterin für
Kommunikation und Studierendenservice des
Studentenwerks Mannheim. „Im täglichen Mit­
einander einer WG kann man sicherlich ,Social
Skills‘ erwerben und lernen, sich auf unterschiedliche Charaktere und Bedürfnisse einzustellen“, sagt sie.
„Ein eigenes
Apartment ist oft
nicht so preisgünstig
und auch häufig
nicht möbliert.“
Astrid Brandenburger
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Die eigene Bleibe
Für diejenigen, die es etwas ruhiger mögen, bietet sich ein eigenes Apartment an. Aber auch
diese Wohnform bringt Vor- und Nachteile mit
sich, insbesondere für Studienanfänger. „Das
Leben in der eigenen Wohnung kann auch dazu
führen, dass man sich gerade als Neuankömmling in ­einer fremden Stadt schnell einsam fühlt“,
erläutert Astrid Brandenburger. Daneben spielt
natürlich auch der finanzielle Aspekt eine Rolle,
weiß Detlef Rujanski. „Im Gegensatz zu anderen
Wohnformen ist ein eigenes Apartment oft nicht
so preisgünstig und aufgrund der individuellen
Ausrichtung auch häufig nicht möbliert. Dafür
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kann man sich die Wohnung nach eigenen Vorstellungen gestalten und hat Küche und Bad für
sich allein“, sagt er.
Das Wohnheim
Daneben besteht natürlich auch die Möglichkeit, ein Zimmer in einem Wohnheim zu mieten,
wo man die Chance hat, beim Kochen in der
Gemeinschaftsküche oder im Aufenthaltsraum
neue Leute kennenzulernen, sich aber genauso in die eigenen Räumlichkeiten zurückziehen
kann. Oft haben die Wohnheime auch einen
­Standortvorteil: „Durch die Campusnähe sind
die Wege zur Hochschule meist nicht weit.
­Zudem sind die Zimmer kostengünstiger als
Einzelapartments. Allerdings sind die Bewerberlisten oft sehr lang, was zu Wartezeiten führen
kann“, erklärt Detlef Rujanski.
Das Elternhaus
Viele Studierende wohnen weiterhin zu Hause,
was natürlich den Geldbeutel schont, denn für
Miete, Nebenkosten und Essen kommen meis-
Studium
tens die Eltern auf. Allerdings muss man hierbei
oft weite Wege zur Hochschule in Kauf nehmen,
und die Möglichkeit, in der fremden Stadt schnell
Anschluss zu finden, ist dementsprechend geringer als bei einem Umzug in eine WG oder in ein
Wohnheim.
Wer sich für einen Umzug entscheidet, egal ob
in eine WG, in ein Wohnheim oder in die eigenen
vier Wände, muss im Vorfeld manches berücksichtigen: Zunächst gilt es einmal, am Studien­
standort eine Bleibe zu finden. Für die Suche nach
WGs und Wohnungen gibt es Informationsmöglichkeiten in den örtlichen Zeitungen, spezielle
Portale im Internet und das klassische ­Schwarze
Brett an den Hochschulen. Um ein Zimmer in einem Wohnheim zu mieten, ist es notwendig, sich
mit dem jeweiligen Studentenwerk in Verbindung
zu setzen, nach freiem Wohnraum zu fragen und
sich auf die Warteliste setzen zu lassen.
Ist ein Dach über dem Kopf gefunden, muss
im Anschluss der Umzug organisiert werden –
mit allem, was dazu gehört. Das bedeutet bei
einem Wohnortwechsel sowohl die Anmeldung
des neuen Wohnsitzes beim örtlichen Meldeamt
als auch vertragliche Abschlüsse mit Strom- und
Gas­anbietern und die Einrichtung eines Internetund Telefonanschlusses. Hier empfiehlt es sich,
Vergleichsportale im Internet zu nutzen, um so
günstige Anbieter zu finden. Da einige Abiturienten bei Studienbeginn noch nicht volljährig sind,
ist für die Unterzeichnung der Verträge oftmals
eine Unterschrift der Eltern notwendig. <<
Starthilfe
>>mehr info
www.abi.de
www.abi.de/
videos
Der Schlüssel zur ersten
eigenen Bleibe: Was
es zu beachten
gilt, findest du
in der abi>>
Checkliste.
Checkliste für
den Umzug
Aller Anfang ist schwer, heißt es. Das muss aber nicht zwangsläufig
auch für angehende Studierende auf Wohnungssuche gelten. Wenn man
ein paar Hinweise beachtet, steht dem neuen Lebensabschnitt nichts mehr
Sondiere den Wohnungsmarkt in der
Stadt, in der du studieren möchtest. Das
heißt: Wie hoch sind die durchschnittlichen
­Mietpreise? Gibt es viele Studierende und somit
auch eine hohe WG-Dichte bzw. dementsprechend lange Wartelisten für einen Wohnheim­
platz? Checke dazu die lokale Presse bzw.
Internet­portale.

Beginne früh mit der Suche und kontaktiere potenzielle Vermieter oder das Studentenwerk. Denn: Besonders die Zimmer in
Wohnheimen sind heiß begehrt und werden oft
nur über lange Wartezeiten vergeben. Hier empfiehlt sich eine Bewerbung schon weit vor Beginn
des Studienantritts.

Nach dem Umzug musst du deinen neuen
Wohnsitz innerhalb einer bestimmten Frist
beim örtlichen Meldeamt bestätigen, ansonsten
drohen Bußgelder. Erkundige dich bei der Behörde nach der Frist. Wenn möglich, solltest du vor-
ab klären, ob die neue Wohnung als Erst- oder
Zweitwohnsitz angemeldet werden soll, denn
einige Städte erheben eine Zweitwohnsitzsteuer.
Wenn dies der Fall ist, schont es den Geldbeutel,
die neue Bleibe als Hauptwohnsitz zu führen.
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lmyC
: Wil
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Stud
im Weg. Was es zu beachten gilt, zeigt dir abi>> in dieser Checkliste.

Kümmere dich um einen Nachsende­
auftrag bei der Post, damit auch ­Briefe
und Pakete an die neue Adresse geliefert
­werden können.

Um die Nebenkosten möglichst gering
zu halten, bieten sich Vergleichsportale im
Internet an, wo man günstige Strom- und Gas­
anbieter finden kann.

Darüber hinaus gibt es bei einigen Anbietern wie der Telekom AG auch sogenannte
Sozialtarife als vergünstigte Angebote für Studierende. BAföG-Empfänger haben außerdem
die Möglichkeit, sich von der Pflicht, Rundfunk­
bei­träge zu bezahlen, befreien zu lassen.
abi>> 3 | 2014
>>mehr info
www.abi.de
Adressen und
Links rund um
das Thema
studentische
Wohnformen
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iM fOKUS
>>interview
„Eigentlich kann mich
alles inspirieren“
Opulente Muster, klassische Schnitte und weibliche Formen: Lena Hoschek (33)
hat der Damenmode der 60er-Jahre neuen Aufschwung gegeben. Im Interview
mit abi>> spricht die österreichische Designerin, die sich selbst gerne als
„Stofftrüffelschwein“ bezeichnet, über ihren Weg in die Modebranche.
abi>> Wofür steht Ihre Mode?
Lena Hoschek: Meine Mode steht für eine selbst­
bewusste Weiblichkeit, für das Besondere im Alltag,
für Qualität und Liebe zum Detail.
abi>> Wer sind Ihre Vorbilder?
Lena Hoschek: Das mag sich im ersten Moment nicht
passend anhören, aber ich verehre Ralph Lauren. Er
hat seinen Weg vom Krawattenverkäufer zum weltbekannten Modedesigner erfolgreich bestritten und sich
ein Imperium aufgebaut. Großartig!
abi>> Was inspiriert Sie?
Lena Hoschek: Als Designerin oder Kreative ist man
sensibel für alles, was in der Umwelt passiert. Eigentlich kann mich alles zu einem neuen Entwurf oder einer
neuen Kollektion inspirieren: eine Blume, ein Film, ein
Satz oder Wort, eine Stimmung oder Person.
abi>> Wann wussten Sie, dass Sie Modedesignerin
werden wollten?
Lena Hoschek: Ich wusste schon immer, dass ich
etwas mit Mode und Kleidung machen werde. Es gibt
Kinderzeichnungen von mir, auf denen ich erste Entwürfe gezeichnet habe. Ebenso früh war klar, dass ich
selbstständig und mein eigener Chef sein möchte in
meinem eigenen Unternehmen.
abi>> Was fasziniert Sie beruflich am Thema Mode?
Lena Hoschek: Die große Abwechslung. Durch den
halbjährlichen Kollektionswechsel bleibt die Arbeit
10
kurzweilig, und ich darf mich mit Dingen in einem ästhetischen, künstlerischen Kontext beschäftigen und auch
handwerklich tätig sein. Das ist toll.
abi>> Wie sah Ihr beruflicher Weg aus und welche
Schritte waren dabei entscheidend?
Lena Hoschek: Nach dem Schulabschluss habe ich
mein Diplom an der Modeschule in Graz gemacht. Dort
hatte ich bereits eine Kollektion genau nach meinen
Vorstellungen entwickelt. Im Anschluss trat ich ein
sehr lehrreiches Praktikum bei Vivienne Westwood an.
Das war in jedem Fall ein wichtiger Moment. Für mich
sind Praktika ein sehr wichtiger Teil der Ausbildung.
Die Abläufe in einem Unternehmen kennenzulernen
und Teil des Ganzen sein zu können, rundet die theo­
retische Ausbildung ab und ermöglicht einem eine rea­
listische Sichtweise auf den Beruf. Ist das P
­ raktikum
gut strukturiert, bekommt man wichtige Einblicke in
den Berufsalltag.
abi>> Welche Eigenschaft hat Ihnen auf Ihrem Weg
am meisten geholfen?
Lena Hoschek: Definitiv Hartnäckigkeit. Durchhaltevermögen und ein hohes Maß an Stressstabilität sind
genauso wichtig. Als Unternehmerin und Designerin
muss man auch mal Rückschläge hinnehmen. Außerdem
arbeitet man immer an diversen Themen gleich­zeitig.
Unwägbarkeiten müssen gelöst werden, und mein Team
verlässt sich darauf, dass ich Entscheidungen treffe.
Dafür benötigt man auch in Zeiten mit viel Arbeit einen
klaren Kopf, sonst vertut man sich schnell.
abi>> 3 | 2014
Foto: Peter Mayr
iM fOKUS
„Das Schöne an der Selbstständigkeit ist, dass ich mein eigener Chef bin und alles so gestalten kann, wie ich es mir wünsche.
Das bedeutet aber auch, dass ich mich selbst disziplinieren muss.“
abi>> Wie sieht Ihr beruflicher Alltag aus?
Lena Hoschek: Das Schöne an der Selbstständigkeit
ist, dass ich mein eigener Chef bin und alles so gestalten
kann, wie ich es mir wünsche. Natürlich bedeutet das aber
auch, dass man sich selbst disziplinieren muss. Im Design
vertiefe ich mich gerne in Themen und muss dann selbst
auch wieder herausfinden. Mein Alltag ist intensiv, aber
auch abwechslungsreich – ich gestalte ja nicht nur die
Kollektion und das Produkt, sondern auch die ganze Marke
„Lena Hoschek“. Ich bin in jeden Bereich des Unternehmens involviert, konzipiere zum Beispiel Katalogshootings
und Grafiken, betreue den Verkauf und das Marketing.
Unternehmerin und Designerin zu sein, macht mir jeden
Tag große Freude und ist für mich die perfekte Aufgabe.
Lena Hoschek
In einem kleinen Atelier in Graz gründete Lena Hoschek
nach ihrem Modestudium in Wien im Alter von 24 ­Jahren
ihr eigenes Label. Mit ihrem ganz eigenen Stil – einer
nostalgischen Rückkehr zur Mode der 1960er-Jahre – hat
sie sich in der Modebranche etabliert; ihre Kollektionen
waren 2014 bereits zum zehnten Mal auf der Berliner
Fashion Week zu sehen. Die Mode der 33-jährigen Österreicherin ist von hochwertigen Materialien und historischen Verarbeitungstechniken geprägt. Ihre Stücke lässt
sie in kleinen Betrieben in Europa produzieren.
abi>> 3 | 2014
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iM fOKUS
Berufsfeld Modebranche
Dem Trend auf der Spur
Mode bedeutet weit mehr als Haute Couture und Fashionshows – schließlich braucht jeder
Mensch etwas zum Anziehen. Hinter der Textil- und Bekleidungsindustrie als wichtigem
Foto: Dan & Corina Lecca
Wirtschaftszweig verbergen sich zahlreiche interessante Berufe.
Neben dem populären Catwalk führen noch viele andere Wege in die Modebranche.
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abi>> 3 | 2014
Nicht ohne Konkurrenz: Im Design-Bereich
gibt es häufig mehr Bewerber als Stellen.
Entspannter ist die Situation etwa in der
Textilproduktion.
n Jennifer Winters Job dreht sich
alles um Mode: Die 28-Jährige
ist Einkäuferin bei der Modekaufhauskette Peek & Cloppenburg
(P&C), wo sie nach dem Abitur eine
Ausbildung zur Handelsfachwirtin absolvierte.
Derzeit arbeitet sie in der Unternehmenszentrale
der Peek & Cloppenburg KG in Düsseldorf. „Meine
Zuständigkeit umfasst den Damenartikel-Bereich,
in dem vor allem Marken wie Tommy Hilfiger,
Gerry Weber und die P&C-Marke Christian Berg
relevant sind. Für diese und andere Marken er­
arbeite ich für ausgewählte Verkaufshäuser die
passende Sortiment-Strategie, sodass unsere
Kunden letztlich auch die Ware auf der Fläche finden, nach der sie suchen.“ Dabei ist auch Team­
work gefragt: „In meinem Bereich arbeiten jeweils
ein ‚Buyer‘ (= Einkäufer) und ein ‚Merchandise
Controller‘ (= Controller Warenwirtschaft) Hand
in Hand. Nach der Festlegung des Budgets für
die verschiedenen Verkaufshäuser sichte ich die
Kollektionen der verschiedenen Labels und stelle
ein individuelles Sortiment zusammen.“ Zu ihrem
Berufsalltag gehören auch Lieferantengespräche,
außerdem tauscht sie sich mit den verschiedenen
Geschäftspartnern aus. „Ich bin ständig auf der
Suche nach aktuellen Trends und analysiere die
Sortimentsbewirtschaftung. So bleibt mein Job
immer abwechslungsreich.“
Nachdem sie 2007 die Ausbildung zur Kauffrau im Einzelhandel abgeschlossen hatte,
absolvierte sie berufsbegleitend ein Studium
der Betriebswirtschaftslehre an der Fernhochschule Riedlingen mit der Spezialisierung Retail
und Distribution und erwarb so den Abschluss
als Handelsfachwirtin. Anschließend war sie als
Abteilungsleiterin in unterschiedlichen Verkaufshäusern des Unternehmens und als Einkäuferin
im Einzelhandel bei P&C in Frankfurt tätig. „Am
meisten motiviert mich der Gedanke, wie sich
Kunden über den Kauf eines Teils freuen, das
von mir ausgewählt wurde. Außerdem schätze
ich die Zusammenarbeit mit meinem Team und
den Kontakt mit der schönen Ware sehr“, sagt
Jennifer Winter über ihre Arbeit. „Die Handelsbranche setzt einen gewissen Spaß an Mode und
Lifestyle-Themen voraus. In meinem Arbeitsalltag
sind außerdem innovatives Denken und Handeln,
Entscheidungsfreude, Verhandlungsgeschick und
Kreativität gefragt.“
Wege in die Modebranche
Ob Ausbildung, Studium oder Quereinstieg: Es
führen viele Wege in die Modebranche, die in
Deutschland stark mittelständisch geprägt ist.
„Das hängt damit zusammen, dass die Kollektionen zwar in Deutschland entworfen werden,
konfektioniert werden die Produkte aber in der
Regel im Ausland“, erklärt Dr. Hartmut Spiesecke,
Pressesprecher des Gesamtverbands der deutschen Textil- und Modeindustrie. Große Produktionsstätten finden sich hierzulande nur wenige.
„Wer Lust darauf hat, international zu arbeiten
und viel zu reisen, dem bietet die Modebranche
entsprechendes Potenzial. Die Materialien werden zu einem Großteil im Ausland eingekauft.
Vor allem mittel- und hochpreisige Produkte aus
Deutschland sind durchaus Exportschlager und
genießen im Ausland einen guten Ruf.“
Die Vielfalt der Berufe und Tätigkeitsfelder
macht die Bekleidungs- und Textilindustrie für viele interessant. Gerade im Designbereich gibt es
aber häufig mehr Bewerber als Stellen. Ralf Beckmann vom Team Arbeitsmarktbericht­erstattung
der Bundesagentur für Arbeit gibt einen Überblick über die derzeitige Beschäftigungslage:
„Im textilen Modedesign arbeiten rund 5.000
sozial­versicherungspflichtig Beschäftigte, ebenso viele in der kunsthandwerklichen Schmuckherstellung und Edelsteinbearbeitung. Deutlich
höher ist die Beschäftigung in der Textilproduktion und der Textiltechnik: Hier wurden im Juni
2013 rund 41.000 Beschäftigte gezählt.“ Dazu
gehören beispielsweise Ingenieure für Textil- und
Bekleidungstechnik. In der Bekleidungsherstellung sind weitere 36.000 Personen zum Beispiel
als Hutmacher – sogenannte Modisten – oder >>
abi>> 3 | 2014
„Ich bin ständig
auf der Suche nach
aktuellen Trends
und analysiere die
Sortimentsbewirt­
schaftung. So bleibt
mein Job immer
abwechslungsreich.“
Jennifer Winter
Foto: Privat
i
Foto: Privat
Foto: Sarah Weik
iM fOKUS
Dr. Hartmut Spiesecke
Pressesprecher des
Gesamtverbands der
deutschen Textil- und
Modeindustrie
13
iM fOKUS
betriebswirtschaftliche Studiengänge wie Modemanagement
bis hin zu ingenieurwissenschaftlichen Studienangeboten wie
Bekleidungstechnik oder Textiltechnologie. Bei Studiengängen
im Bereich Design werden in der Regel Bewerbungsmappen
verlangt, die das kreative Potenzial des Bewerbers belegen
sollen. Angeboten werden diese Studiengänge nicht nur an
staatlichen, sondern auch an Privathochschulen, die zum Teil
hohe Studiengebühren verlangen. „Das können auch mehr als
600 Euro im Monat sein. Wichtig ist, im Vorfeld zu prüfen, ob
man am Ende einen staatlich anerkannten Abschluss erhält“,
so Beraterin Westermann. Auch an staatlichen Hochschulen
muss man in der Regel mit zusätzlichen Kosten für Material
und Werkzeuge rechnen. Es gibt auch duale Studiengänge,
die in die Branche führen, etwa das duale Bachelor-Studium
­Textil-/Bekleidungstechnik an der Hochschule Niederrhein.
Maßschneider tätig, 16.000 Beschäftigte arbeiten in der ­Lederund Pelzverarbeitung oder der Herstellung von Schuhen. „Drei
von vier Beschäftigten in der Mode- und Textilindustrie verfügen über eine berufliche Ausbildung. Spezialisten und Experten mit Meister-, Techniker- oder Hochschulausbildung sind
mit einem Anteil von elf Prozent unterdurchschnittlich vertreten“, fasst Ralf Beckmann zusammen.
Berufsstart mit Ausbildung ...
„Plätze für handwerkliche Ausbildungen wie Maßschneider
oder Modenäher sind rar, noch seltener Ausbildungen etwa
zum Modisten. Wer dennoch diese Berufe erlernen möchte,
sollte sich beharrlich direkt an die Ausbildungsstätten wenden
und sich auch auf eine Ausbildung eventuell weit entfernt vom
Wohnort einstellen“, sagt Christina Westermann, Berufsberaterin für Abiturienten bei der Agentur für Arbeit Berlin Süd.
Gefragter hingegen sind Kaufleute im Groß- und Einzelhandel.
Diese Ausbildungen haben nicht zwingend etwas mit Mode zu
tun – wer sich jedoch gezielt auf einen Ausbildungsplatz bei einem entsprechenden Unternehmen bewirbt, beispielsweise bei
einem Modehaus, ist auch hier ganz nah dran an der Modewelt.
An Berufsfachschulen werden Ausbildungen zum Designer mit
Schwerpunkt Mode oder zum Mode- und Designmanager angeboten. Je nach Ausbildungsstätte wird auf Schulgebühren verzichtet bzw. es können mehrere hundert Euro anfallen. Manche
Schulen erheben Kosten für Prüfungen oder Materialien.
Durchsetzungsvermögen und
Entscheidungsfreude
… oder einem Studium?
Foto: Sonja Trabandt
Mit einem Studium in der Modewelt Fuß fassen: Die Bandbreite reicht hier von Studiengängen wie Modedesign, bei
denen der künstlerische Anspruch im Vordergrund steht, über
„Wer in der Modebranche arbeiten möchte, braucht Durchsetzungsvermögen, Entscheidungsfreude und Selbstvertrauen, da
man sich andernfalls leicht durch Konkurrenzdruck oder den
schwierigen Markt verunsichern lässt. Die meisten Karrierewege verlaufen hier nicht geradlinig, deshalb sollte man in
der Lage sein, Chancen zu erkennen und zu ergreifen, wenn
sie sich einem bieten“, sagt Christina Westermann. Vor allem
Modedesigner machen sich häufig selbstständig. Im Berufsleben ist vor allem Flexibilität gefragt, viele Mode-Events finden am Abend oder am Wochenende statt, Überstunden sind
keine Seltenheit. Auch regelmäßige Dienstreisen, oft ins Ausland, gehören in vielen Jobs dazu. „Ich empfehle jedem, sich
vorab intensiv mit der Branche zu beschäftigen und sich zum
Beispiel mit Hilfe von Dokumentationen, Fachzeitschriften
oder Berufsverbänden zu informieren.“ Auch ein Praktikum,
zum Beispiel bei einem Designer, in einer Moderedaktion
oder bei einem Bekleidungshersteller bietet sich an, um einen
­ersten Eindruck von der Branche zu erhalten.
Nachhaltigkeit und Menschenrechte
Nachhaltigkeit in der Mode - auch ein großes Thema bei der
Berliner Beratungsagentur „Beyond Berlin“.
14
Doch auch an einer ganz anderen Stelle entstehen berufliche
Möglichkeiten mit Mode, Stichwort „Recommerce“: In rasantem Tempo werden neue Kollektionen auf den Markt gebracht,
die das Prinzip des Wegwerfens und Neukaufens befeuern –
mit teilweise dramatischen Folgen für die Produktion in Billiglohnländern wie Indien oder Bangladesh. Laut Angaben von
„Greenpeace“ landen in Deutschland jährlich 1,5 Milliarden
Kleidungsstücke im Müll. Dieser Entwicklung wollen viele
entgegenwirken, es etabliert sich ein wachsender Markt für
Secondhand-Mode. Auch online entstehen Unternehmen, die
Mode und Accessoires mehrfach vermarkten, etwa das Hamburger Start-up-Portal www.rebelle.de.
Ebenfalls einen anderen Weg geht das 2010 gegründete
Unternehmen manomama (www.manomama.de) in Augsburg.
Die junge Textilfirma machte auf sich aufmerksam, weil sie
in Deutschland hochwertige, ökologische Textilien nicht nur
entwirft, sondern auch produziert. Eine weitere Besonderheit:
Beschäftigt werden bei manomama hauptsächlich Arbeitskräfte, die sich auf dem deutschen Arbeitsmarkt zuvor schwer
taten. Das Unternehmen wurde für sein ehrgeiziges Geschäftsmodell unter anderem mit dem Deutschen Nachhaltigkeitspreis 2011 ausgezeichnet. <<
abi>> 3 | 2014
iM fOKUS
Foto: Nic Oswald
>>interview
„Man sollte mit Kritik
umgehen können“
Fredericke Winkler (33) ist Diplom-Modedesignerin mit
über 15 Jahren Berufserfahrung in der Branche. Sie ist
Mitbegründerin von „Beyond Berlin“, einer Sales- und
Beratungsagentur für grüne Mode und Lifestyle-Produkte, coacht junge Labels, erstellt
Veranstaltungs- und Lehrkonzepte und unterrichtet an verschiedenen Modeschulen.
Mit abi>> sprach sie über Wege in die Modebranche.
abi>> Würden Sie Absolventen raten, sich direkt nach
dem Studium selbstständig zu machen?
Fredericke Winkler: Nur wenn man schon während
des Studiums darauf hingearbeitet hat. Zur Selbstständigkeit gehört ein Business-Plan, man benötigt Kapital,
außerdem sollte man sich noch vor Beginn der Selbstständigkeit einen guten Steuerberater und einen Anwalt
suchen. Genauso wichtig ist eine gute Infrastruktur: Man
braucht Kontakte zu Schnittmachern, Stoffhändlern und
Produktionsstätten. Dann muss man sich überlegen, wie
man seine Produkte verkaufen will – im eigenen Laden,
im Online-Shop, auf Märkten und Messen oder über den
Großhandel.
abi>> Was hilft auf dem Weg zum Erfolg?
Fredericke Winkler: Ich rate angehenden Modedesignern, sich schon während des Studiums eine Nische zu
suchen. Eine Spezialisierung ist immer hilfreich, auch
bei Bewerbungen.
und Schwerpunkten her gut zu dem Unternehmen passt,
wird man auch eingeladen. Wichtiger als Noten ist, wie
aktiv der Bewerber bereits während des Studiums war,
welche Nebenprojekte er gemacht und ob er zum Beispiel
schon eine Auszeichnung erhalten hat. Ich empfehle allen
Designstudierenden, sich möglichst früh an Wettbewerben
zu beteiligen.
abi>> Wie viel Kreativität kann man als angestellter
Designer bei einem Unternehmen einbringen?
Fredericke Winkler: Das ist ganz unterschiedlich. Je
größer das Unternehmen, desto kleiner ist auch meist der
Rahmen, in dem man kreativ sein kann. Für manche ist
das frustrierend. Es sollte einem aber klar sein: Auch als
selbstständiger Modedesigner beschäftigt man sich nur zu
20 Prozent mit dem Entwerfen, die restliche Zeit verbringt
man mit Dingen wie Finanzen, Akquise und Buchhaltung.
abi>> Was sollten junge Designer mitbringen?
Fredericke Winkler: Wichtig sind Fremdsprachenkenntnisse und Reisebereitschaft, da die Branche sehr inter­
national ist. Man muss flexibel und kommunikativ sein und
sollte auch mit Kritik umgehen können. Denn beim Designen kehrt man quasi sein Inneres nach außen – es ist
keine angenehme Erfahrung, wenn das von den Kritikern
und schlimmstenfalls den Kunden nicht gemocht wird.
Außerdem steht man oft in Konkurrenz zu anderen.
abi>> Wie findet man einen Job bei einem Mode­
unternehmen?
Fredericke Winkler: Es gibt durchaus ausgeschriebene
Stellen auf den gängigen Portalen und auf den Webseiten
der Unternehmen selbst, aber auch Initiativbewerbungen
können sich lohnen. Wenn man von den Qualifikationen
abi>> 3 | 2014
Foto: Jens Oellermann & Martin Rehm
abi>> Wie finden junge Designer einen Einstieg in die
Modebranche?
Fredericke Winkler: Der Weg führt häufig über ein
Studium. Dabei kommt es vor allem darauf an, was man
nebenbei macht: Modedesign-Studierende sollten sich in
der Modewelt auskennen, sich für News wie zum Beispiel
Designerwechsel bei großen Marken interessieren. Es ist
wichtig, dass sie sich bereits während des Studiums als
Teil der Modewelt sehen.
15
iM fOKUS
Te x t i l l a b o r a n t i n
Kontrollieren, prüfen und bewerten
Als angehende Textillaborantin begleitet Lena Nebelung (20) bei dem sauerländischen
Bekleidungsunternehmen Falke das Herstellungsverfahren von der Garneingangskontrolle
bis zum fertigen Produkt. Ihre Hauptaufgabe ist es, dafür zu sorgen, dass die Qualität der
Foto: Martin Rehm
Textilien einwandfrei ist und das Endprodukt alle Qualitätsstandards erfüllt.
e
Foto: Privat
Textillaboranten prüfen nicht nur die Qualität von Textilien; sie müssen auch wissen, wie man diese färbt oder veredelt.
Ein Strumpf erhält zum Beispiel eine Anti-Filz-Ausrüstung, damit ein Verfilzen beim Waschen verhindert wird.
„Anhand von
Farbechtheitsprüfungen stelle
ich fest, ob der
Farbstoff der Ware
abfärbt oder beim
Waschen möglicherweise ‚ausblutet‘.“
Lena Nebelung
16
ine der wichtigsten Aufgaben
von Textillaboranten ist das
Überprüfen der Produktionsware“, erklärt Lena Nebelung.
Die 20-Jährige aus Warstein
absolviert ihre Ausbildung bei Falke. Das Bekleidungsunternehmen mit Sitz im sauerländischen
Schmallenberg ist vor allem für seine Strumpfund Strickwaren bekannt. In ihrer Ausbildung lernt
sie ganz unterschiedliche Abteilungen kennen. In
der Qualitätssicherung führt sie unter anderem
Wareneingangs-, Produktions- und Endkontrollen
durch. „Dazu gehören zum Beispiel Farbechtheitsprüfungen oder die Bestimmung von Garnparametern mit Hilfe eines Elastizitätstests, einer
Reißprüfung und einer Garn­drehungsprüfung.“
Die Benotungen vergibt die Auszubildende nicht
allein, sondern wird dabei von erfahrenen Kollegen unterstützt.
abi>> 3 | 2014
„Je nach Abteilung gehört auch das Färben von
Labormustern zu meinen Aufgaben. Hierzu zählt
unter anderem das Abmustern unter einem Lichtkasten bei Tageslicht. Das bedeutet, dass man
zum Beispiel die gefärbte Socke mit der Vorlage
vergleicht und gegebenenfalls das Rezept noch
etwas umstellt, bis das Labormuster zur Vorlage
passt.“
Zur Qualität beitragen
Hierfür braucht die angehende Textillaborantin
ein gutes Farbsehen, da sie auch kleinere Unterschiede wahrnehmen und erkennen muss, inwieweit das Muster von der Vorlage abweicht. „Am
meisten Spaß macht mir, dass man wesentlich
dazu beiträgt, die Qualität eines Produktes zu gewährleisten. Beim Färben ist es besonders spannend, dass eventuell die Socke, die man selbst
iM fOKUS
gefärbt hat, später als Vorlage für die Färbung
der großen Partien genutzt wird. Möglicherweise
sieht man dann genau die Socke später im Laden
hängen, für die man die Laboreinstellung vorgenommen hat – ein tolles Gefühl.“
Bevor die Produkte im Verkauf landen, werden
sie strengen Gebrauchstests unterzogen. „Durch
Farbechtheitsprüfungen stelle ich zum Beispiel
fest, ob der Farbstoff der Ware abfärbt oder beim
Waschen ‚ausblutet‘“, erklärt Lena ­Nebelung.
Beim „Pillingtest“ wird Reibung simuliert, wie sie
beispielsweise während des Gehens zwischen
Strumpf und Schuh stattfindet. So kann man
erkennen, ob sich bei vermehrter Reibung kleine Knötchen, sogenannte „Pills“, auf der Ware
bilden.
Darüber hinaus lernt die Auszubildende, wie
Textilien gefärbt und veredelt werden. „Veredeln
bedeutet, dass ein Produkt durch Chemikalien
bestimmte Eigenschaften bekommt. Ein Strumpf
erhält zum Beispiel eine Anti-Filz-Ausrüstung,
­damit ein Verfilzen beim Waschvorgang verhindert wird.“
Sorgfältiges Arbeiten
Gemeinsam mit Auszubildenden aus ganz
Deutschland besucht Lena Nebelung die Staat­
liche Berufsschule für Textilberufe im ober­
fränkischen Münchberg. „Im Unterricht lernen
wir unter anderem den Aufbau und die Eigenschaften von textilen Rohstoffen wie Natur- und
Chemiefasern kennen.“ Auch die Herstellung
von textilen Flächen und die Durchführung von
Prüfverfahren und Qualitätskontrollen stehen
auf dem Stundenplan. „In praktischen Stunden
lernen wir Färben und Veredeln und führen auch
qualitative Analysen wie zum Beispiel Mikro­
skopie, Faseranalyse oder die Bestimmung der
Wasser­härte durch.“ Während des Blockunterrichts wohnt Lena Nebelung gemeinsam mit
­anderen Auszubildenden in einem Wohnheim der
Arbeiterwohlfahrt in Münchberg, die Kosten für
Fahrt und Unterkunft trägt Falke.
Wer den Beruf des Textillaboranten für sich
in Erwägung zieht, sollte nicht nur Interesse an
Textilien mitbringen, sondern auch über gute
Kenntnisse in Chemie, Physik und Mathematik
verfügen. Ebenfalls sehr wichtig ist genaues und
sauberes Arbeiten und ein hohes Maß an Verantwortungsbewusstsein, vor allem im Umgang
mit Chemikalien. Auch technische Geräte spielen eine wichtige Rolle.
Als sich Lena Nebelung nach dem Abitur
auf ihren Ausbildungsplatz bewarb, reizte sie
besonders die Vielseitigkeit des Berufs: „Fasziniert hat mich, dass man damit in einem
Bekleidungsunternehmen, einem reinen Prüf­
labor, in der Vliesherstellung, aber auch in der
Forschung und sogar in der Automobilindustrie
arbeiten kann“, sagt die 20-Jährige, die sich
zurzeit im zweiten Ausbildungsjahr befindet.
Insgesamt dauert die Ausbildung dreieinhalb
Jahre. „Danach werde ich mich entweder zur
Textiltechnikerin weiterbilden oder für ein Studium entscheiden. Besonders interessant finde
ich die Studiengänge Textilingenieurwesen oder
Bekleidungstechnik und -management.“ <<
„es ist toll,
dass ich
mit meiner
ausbildung
zur Textillaborantin
in einem
bekleidungsunternehmen,
in einem
Prüflabor,
in der
forschung
oder vliesherstellung
und sogar
in der
automobil­
industrie
arbeiten
kann.“
Von Glamour bis Feinripp
Rund um das Thema Mode gibt es zahlreiche Studien- und Ausbildungsberufe.
abi>> präsentiert eine Auswahl.
Studienberufe:
• Mode- und Designmanager/in
• Modedesigner/in
• Textildesigner/in
• Ingenieur/in Bekleidungstechnik
• Ingenieur/in Textiltechnik
• Ingenieur/in Ledertechnik
• Modejournalist/in
Ausbildungsberufe:
• Modist/in
• Maßschneider/in
Illustration: Claudia Costanza
Übersicht Studien- und Ausbildungsberufe
• Textillaborant/in
• Designer/in (Berufsfachschule)
• Modeschneider/in
• Modenäher/in
• Textilgestalter/in
Weiterbildungsberufe:
• Gestalter/in – Bekleidung, Mode
• Produktentwickler/in (Mode)
•Schnitt-, Entwurfs- und Fertigungsmodelleur/-directrice
• Techniker/in Bekleidungstechnik
• Industriemeister/in Textilwirtschaft
abi>> 3 | 2014
17
iM fOKUS
D u a l e s B a c h e l o r - S t u d i u m Te x t i l -/ B e k l e i d u n g s t e c h n i k
Jenseits vom Catwalk
Während sich Aika-Maresa Fischbeck an der Hochschule vor allem mit Textiltechnologie
beschäftigt, wird sie in ihrem Ausbildungsbetrieb parallel zur Modenäherin ausgebildet.
Foto: Sonja Trabandt
Die 23-Jährige absolviert ein duales Studium an der Hochschule Niederrhein.
Foto: Privat
Zwischen Nähmaschine und Textiltechnologie: Aika-Maresa Fischbeck lernt an der Hochschule allerlei Technisches rund um das
Thema Textilien und absolviert außerdem eine Ausbildung zur Modenäherin.
„Ich habe nach
etwas gesucht, das
nicht so überlaufen
wie die klassische
Modebranche ist und
bessere Jobchancen
bietet.“
Aika-Maresa Fischbeck
18
d
ie Bekleidung, die Aika-Maresa
Fischbeck näht, findet man
nicht auf Laufstegen oder in
Fashion-Shows: Die 23-Jährige
fertigt Bekleidungsstücke wie
Mieder und Bandagen an, die von Menschen mit
Behinderungen und körperlichen Einschränkungen
getragen werden und zum Beispiel dabei helfen,
die Wirbelsäule zu stabilisieren und zu entlasten.
„Ursprünglich wollte ich Modedesign studieren,
habe aber nicht auf Anhieb einen Studienplatz
bekommen“, erzählt die duale Studentin. Parallel
zu ihrem Studium der Bekleidungstechnik an der
Hochschule Niederrhein absolviert sie nun eine
Ausbildung zur Modenäherin bei dem mittelständischen Unternehmen Werkmeister GmbH & Co. KG,
das Sanitäts- und Krankenhäuser beliefert. Mittlerweile ist sie froh, auf diesen spannenden Arbeitsabi>> 3 | 2014
bereich gestoßen zu sein. „Ich habe nach etwas
gesucht, das nicht so überlaufen wie die klassische
Modebranche ist und bessere Jobchancen bietet.“
Kleidung für Menschen
mit Behinderung
Die meisten Stücke, die die 23-Jährige näht, sind
Maßanfertigungen. Als angehende Modenäherin
kennt sie sich mit den verschiedenen Nähstichtypen aus und hat gelernt, unterschiedliche Nähmaschinenmodelle zu bedienen. Natürlich könnte
sie damit auch in einem Unternehmen arbeiten,
das herkömmliche Bekleidung herstellt. Sie kann
sich aber gut vorstellen, auch nach dem Studium in
ihrem jetzigen Bereich zu bleiben und zum Beispiel
sogenannte adaptive Bekleidung zu entwerfen. Damit ist Bekleidung für Menschen mit Behinderungen
Foto: Martin Rehm
iM fOKUS
Am Computer lassen sich mit Hilfe von CAD-Programmen 3-D-Modelle von Entwürfen erstellen.
gemeint, die sich dem physischen Zustand ihres
Trägers anpasst. „In meinem Bereich näht man
immer wieder für andere Menschen mit ganz
unter­schiedlichen Bedürfnissen. Daraus ergeben
sich ganz andere Ansprüche an die Bekleidung.
Im Gegensatz zu anderen Bekleidungsstücken,
bei denen es hauptsächlich um die Optik geht,
müssen unsere eine zusätzliche Funktion haben.“
Zudem ist es sehr wichtig, dass die Bekleidungsstücke am Ende ganz genau passen. Das ist oft
Millimeterarbeit. Die Menschen, denen die Bekleidung der dualen Studentin hilft, leiden zum
Beispiel unter einem Gewebebruch oder Skoliose,
eine seitliche Krümmung der Wirbelsäule.
Fächer und Schnittkonstruktion, aber auch
Mathe­matik, Chemie und Physik sowie EDV,
­Betriebswirtschaftslehre, Volkswirtschaftslehre
und Marketing. In Praktika an der ­Hochschule
unter­suchen die Studierenden ­beispielsweise Garne unter dem Mikroskop und führen ­Brennproben
durch. Nach dem viersemestrigen Grund­studium
wird es noch praktischer: „Dann nähen wir in
Verarbeitungstechnik zum Beispiel ein ­Sakko.“
Später arbeiten sie auch mit CAD-­Programmen,
mit denen sich am Computer ­3-D-Modelle erstellen lassen. Nach ihrem Studium hat Aika-Maresa
Fischbeck die Möglichkeit, weiter in ihrem Ausbildungsbetrieb zu arbeiten. Vielleicht will sie aber
auch einen Master anhängen.
Zwischen Studium und
Ausbildungsbetrieb
Für mehr Nachhaltigkeit
Drei Tage in der Woche verbringt sie im Unternehmen, zwei Tage an der Hochschule am Campus
in Mönchengladbach. Da sich ihr Ausbildungs­
betrieb im hessischen Wanfried und somit rund
300 Kilometer von der Hochschule entfernt befindet, lebt die Studentin in zwei Wohnungen,
zwischen denen sie mit Auto und Zug pendelt. Im
Sommer schließt sie ihre zweijährige Ausbildung
mit einer praktischen und einer theoretischen
Prüfung vor der IHK ab, das Studium dauert insgesamt neun Semester.
„Wir lernen im Studium alles, was mit textilen
Werkstoffen zu tun hat. Zum Beispiel, welche
Fasern, textile Flächen und Veredelungstech­
niken es gibt und wie diese die Eigenschaften
von Bekleidung beeinflussen.“ Auf dem Stunden­
plan stehen vor allem textiltechnologische
An der Hochschule werden auch ökologische
und soziale Aspekte der Textilverarbeitung und
ihre Auswirkungen auf die Umwelt thematisiert.
„Ich wünsche mir, dass das Thema Nachhaltigkeit
von der Industrie mehr beachtet wird. Bei einem
‚Nachhaltigkeitstag‘ an der Hochschule haben wir
zwei Frauen aus Indien kennengelernt, die dort
unter sehr harten Arbeitsbedingungen in einer
Textilfabrik arbeiten.“ Aus erster Hand zu erfahren, wie es den Angestellten dort ergeht, hat sie
betroffen gemacht. „Durch einzelne Skandale
taucht das Thema immer wieder in den Medien
auf, dennoch produzieren viele Unternehmen unter miserablen Bedingungen im Ausland. Deshalb
finde ich es gut, dass wir – die nächste Genera­
tion, die es in der Hand haben wird – uns schon
im Studium damit auseinandersetzen.“ <<
abi>> 3 | 2014
„In meinem
Bereich
näht man
immer wieder
für andere
menschen mit
ganz unterschiedlichen
bedürfnissen.“
19
iM fOKUS
Schmuckdesigner
Juwelen und Handwerk
Als Schmuckdesigner braucht Lukas Grewenig nicht nur viel Kreativität, Fantasie und
Vorstellungsvermögen. Er muss auch in der Lage sein, seine Entwürfe technisch und
handwerklich umzusetzen. Der 27-Jährige arbeitet in einer Pforzheimer Schmuck-
Foto: WillmyCC Studios
manufaktur und hat sich nebenbei selbstständig gemacht.
o
Foto: Privat
Schmuckdesigner müssen nicht nur kreativ sein, sondern ihre Ideen auch handwerklich umsetzen können.
„Edelmetalle,
Edelsteine und
Perlen verlieren
einfach nie ihre
Faszination.“
Lukas Grewenig
20
b Mode oder Schmuck – jeder
Designer hat seinen eigenen
Stil, seine eigenen Vorlieben.
„Ich würde mich am ehesten
als Traditionalist bezeichnen“,
sagt Lukas Grewenig. Der 27-jährige Schmuckdesigner verwendet gerne klare, klassische
Formen. Seine Schmuckstücke wirken modern,
gleichzeitig orientiert er sich bei seiner Arbeit an
historischen Elementen. „Dabei weiche ich immer
gerade so viel vom Vorbild ab, dass der Entwurf
meine eigene Aussage transportiert.“
Drei Tage in der Woche arbeitet er festangestellt in der Design- und Modellabteilung einer
Schmuckmanufaktur in Pforzheim. Zwar gehören
dort auch handwerkliche Tätigkeiten zu seiner
­Arbeit, einen Großteil seiner Zeit verbringt er aller­
dings vor dem Computer, wo er mit ­Hilfe eines
CAD-Programms zum Beispiel Ringe, Broschen,
Colliers, Medaillons und Manschettenknöpfe entwirft. Aus einem Entwurf wird zunächst ein Proto­
abi>> 3 | 2014
typ gefertigt, anschließend entsteht daraus das
fertige Schmuckstück, das der Designer per Hand
montiert und bearbeitet.
„Mir gefällt besonders, dass ich als Schmuckdesigner vom Entwurf bis zur fertigen Umsetzung
alles selbst machen kann. In jeden Schritt der
Produktion fließt so ein Stück von der eigenen
Persönlichkeit mit ein. Dadurch hat man nachher einen ganz besonderen Bezug zum Produkt“,
sagt Lukas Grewenig, der hauptsächlich Echtund Juwelenschmuck entwirft. „Und es ist schön,
mit den Materialien umzugehen. Edelmetalle,
Edelsteine und Perlen verlieren einfach nie ihre
Faszination.“
Selbstständigkeit bewusst gewählt
Neben seiner Festanstellung arbeitet er als
selbstständiger Schmuckdesigner. Seine ­Stücke
entwirft er in seiner kleinen Werkstatt bei sich zu
Hause oder in der eines befreundeten Schmuck-
Foto: Abina Abinger
iM fOKUS
Berufsfeld Modebranche
Weitere Informationen
designers. „Zur Grundausstattung gehören ein
Werkbrett, verschiedene Feilen, Bohrer und
­Fräser und ein Mikromotor, in den man diese
einspannen kann. Außerdem Schmirgelpapier,
ein Weichlötgerät, Lötmittel, Poliermaterialien
und eine Auswahl verschiedener Materialien wie
­Messing, Kupfer, Gold, Perlen und Edelsteine.“
Vieles davon hat er bereits während seines
Studiums angeschafft. Die Begeisterung für
Schmuckdesign liegt bei ihm in der Familie,
seine Großeltern und seine Eltern sind Goldschmiede. Nach dem Abitur bewarb er sich
für den Bachelor-Studiengang „Schmuck und
Objekte der Alltagskultur“ an der Hochschule
Pforzheim. Im Studium, das er 2013 abschloss,
hat er das Gold- und Silberschmieden gelernt,
sich mit der Veredelung von Oberflächen, Werkstoffkunde und der 3-D-Konstruktion ­befasst
und bereits als Student viele seiner Arbeiten
verkauft.
Webshop in Planung
Die Selbstständigkeit hat er ganz bewusst gewählt. „Viele meiner Projekte aus dem Studium
wollte ich gerne weiterverfolgen.“ Dazu gehört
neben dem Schmuckdesign auch eine eigene
­Kollektion aus Porzellangeschirr. Als selbstständiger Schmuckdesigner hat er ein Gewerbe
angemeldet, zu seinem Job gehört neben dem
Designen von Schmuck auch die Buchhaltung.
Regelmäßig ist Lukas Grewenig mit seinem
Schmuck auf Messen unterwegs und nimmt dort
Kontakt zu Galerien, Geschäften und Käufern auf.
Ein eigener Webshop für den Vertrieb seiner Stücke ist gerade in Planung. Während des Studiums
hat er sich mit Vorlesungen zum Thema BWL und
Recht auf die Selbstständigkeit vorbereitet und
ein Existenzgründerseminar an der Hochschule
besucht. Sowohl die Selbstständigkeit als auch
die Festanstellung machen ihm viel Spaß. „Durch
die Festanstellung ist der Druck bei meinen eigenen Projekten nicht ganz so groß, weil ich weiß,
dass ich meine Miete immer bezahlen kann. Ich
möchte beides nur ungern missen, allerdings wird
irgendwann wahrscheinlich der Punkt kommen,
an dem ich mich entscheiden muss.“ <<
studienwahl.de
Infoportal der Bundesländer in Kooperation mit der
Bundesagentur für Arbeit. Hier kannst du im „Finder“
nach Studiengängen in ganz Deutschland suchen.
www.studienwahl.de
JOBBÖRSE der Bundesagentur für Arbeit
www.jobboerse.arbeitsagentur.de
Netzwerk deutscher Mode- und
Textildesigner e.V. (VDMD)
www.vdmd.de
Gesamtverband textil+mode e.V.
www.textil-mode.de
Verband Deutscher Industrie Designer e.V.
www.vdid.de
GermanFashion Modeverband Deutschland
www.germanfashion.net
TextilWirtschaft
Fachmagazin und Stellenbörse
www.textilwirtschaft.de
Illustration: Claudia Costanza
Neben der klassischen Skizze entstehen
Entwürfe immer häufiger am PC.
BERUFENET
Das Netzwerk für Berufe der Bundesagentur für Arbeit
mit über 3.000 aktuellen Berufsbeschreibungen in Text
und Bild (Suchwort: Mode/Textil).
www.berufenet.arbeitsagentur.de
FashionUnited
Branchenportal und Stellenmarkt
www.fashionunited.de
FashionJobs
Stellenbörse
http://de.fashionjobs.com
Ausbildungsplattform der deutschen
Textil- und Bekleidungsindustrie
www.go-textile.de
Lena Hoschek
www.lenahoschek.com
Schmuckdesigner Lukas Grewenig
www.lukasgrewenig.com
Sales- und Beratungsagentur Beyond Berlin
www.beyondberlin.com
abi>> 3 | 2014
21
arbeitsmarkt
Arbeitsmarkt Juristen
Alles, was Recht ist
Die Aussichten auf dem Arbeitsmarkt der Juristen sind gut, die Arbeitslosenzahlen bewegen
sich seit Jahren auf einem niedrigen Niveau. Trotzdem kann nicht jeder Absolvent der
Foto: Axel Jusseit
Rechtswissenschaften Richterin oder Staatsanwalt werden. Es gibt aber gute Alternativen.
Berufseinsteiger sollten sich nicht unter Wert verkaufen. Bei Fragen hilft es, geeignete Anlaufstellen aufzusuchen.
Foto: Privat
w
„Es gibt Städte,
da ist der Markt
einfach gesättigt.“
Filip Siegert
22
as haben die Autorin Juli
Zeh und Fernsehmoderator
Claus Kleber gemeinsam?
Beide haben Jura ­studiert.
Dennoch werden die ­meis­ten Absolventen weder Schriftsteller noch landen
sie vor der ­Kamera, das Gros arbeitet in einer
Kanzlei. So wie ­Filip Siegert.
Der 30-Jährige ist seit über zwei ­Jahren in der
Kanzlei Dr. Häcker und Kollegen in Aschaffen­
burg angestellt, wo er Fälle im ­Ver­siche­rungs-,
Verkehrs- und Strafrecht behandelt. Seine
­Examensnote hat bei seinem Einstieg eine unter­
geordnete Rolle gespielt: „Ich habe während
meines Referen­dariats einen Nebenjob gesucht
und mich in dieser Kanzlei beworben. Daraufhin
abi>> 3 | 2014
­ ekam ich einen Fall und musste mich in der
b
­Praxis bewähren.“ Er stellte sich gut an, blieb bis
zum Zweiten Staatsexamen und konnte anschließend nahtlos in der Kanzlei weiter arbeiten.
Seine Stelle sieht er als Glücksgriff: „Es gibt
Kanzleien, die junge Anwälte zu schlechten
­Bedingungen einstellen. Man sollte sich als
Berufs­einsteiger aber nicht unter Wert verkaufen.
Es gibt Städte, da ist der Markt einfach ­gesättigt.
Aber wenn man örtlich flexibel ist, findet man
­attraktive Angebote.“ Für ihn sind die besten
Anlauf­stationen für Referendare beispielsweise
die Stammtische des Forums Junge Anwaltschaft:
„Hier finden sich junge Anwälte zusammen,
und die kennen die Sorgen und Nöte der Berufseinsteiger sehr genau.“
Foto: Friso Gentsch
arbeitsmarkt
Hartes Brot: Bis zu 18 Punkte können Absolventen erreichen, doch nur um die
20 Prozent schaffen neun oder mehr.
Alle in den Staatsdienst?
Die Mehrheit der Studierenden sieht sich später
als Richter, Staatsanwalt oder im öffent­lichen
Dienst. „Für den Justiz- und Staatsdienst wird aber
ein Prädikatsexamen, also ein überdurchschnittlich guter Abschluss, verlangt. ­Großkanzleien
haben noch höhere Ansprüche. Aber nur um
die 20 Prozent eines Absolventenjahrgangs
schaffen neun Punkte und mehr in den Staatsprüfungen“, sagt Rieke Detering vom ­Deutschen
Anwaltverein. Insgesamt können ­Absolventen
18 Punkte erreichen, ab einem Schnitt von vier
Punkten hat man bestanden, neun bedeuten
‚vollbefriedigend‘. Die Mehrheit der Absolventen muss sich also nach Alternativen umsehen.
Rieke Detering weiß: „65 Prozent der Absolventen
werden Anwalt, nur neun Prozent werden Richter
oder besetzen Stellen im öffentlichen Dienst.“
Kristina Wiese, Referentin bei der Bundesrechtsanwaltskammer, ergänzt: „Top-Kanzleien,
­Ministerien und Konzerne mögen hohe Einstiegshürden haben. Wer das Zweite Staatsexamen
­geschafft hat, ist aber vielseitig einsetzbar, in
­Verwaltungen, bei Verbänden und ­Versicherungen,
in großen Wirtschaftsunternehmen, etwa in der
Personalabteilung, und natürlich in einer Anwaltskanzlei.“ Und Rieke Detering betont, dass auch
­andere Faktoren bei der Suche nach einem Arbeits­
platz eine Rolle spielen: „In der Anwaltschaft
merken wir, dass sich mehr Kanzleien von der
Fixierung auf Noten wegbewegen“, erzählt
sie. „Zusatz­qualifikationen, unternehmerisches
­ en­ken, Spezialisierungen und Kommunikations­
D
stärke werden immer wichtiger. Diese Fähigkeiten
kann man vor allem in der Praxis unter Beweis
stellen. Gerade hier sind die im Referendariat
­geknüpften Kontakte wahre Türöffner.“
Wertvolle Kontakte
Diese Kontakte werden umso wertvoller, weil der
Wettbewerb härter wird und mehr ­Nachwuchs
auf den Markt drängt. Fast 161.000 Rechts­
anwälte sind laut der Bundesrechtsanwalts­
kammer derzeit zugelassen – das sind ­beinahe
dreimal so viele wie 1990. „Mittlerweile
exis­tieren über 54.000 Anwaltskanzleien in
Deutschland. Dadurch hat sich der Wettbewerb
innerhalb der Anwaltschaft deutlich verschärft.
Vor allem in Ballungsgebieten ist die Anwaltschaft (…) stark angewachsen“, heißt es in einer
Zukunftsstudie des Deutschen Anwaltvereins.
Laut Bundesagentur für Arbeit arbeiteten
2011 rund 40 Prozent der Juristen in Deutschland auf freiberuflicher Basis, ein Drittel als
Angestellte in einer Anwaltskanzlei, in der
Privat­wirtschaft oder im öffentlichen Dienst.
Ein Viertel ist als Beamte im Staatsdienst ­tätig.
Rund 48.000 arbeiteten hier beispielsweise als
Staatsanwälte, Richter oder im allgemeinen
­Verwaltungsdienst. Und an den Hoch­schulen
steht bereits der Nachwuchs in den Start­
löchern: ­Waren 2009 knapp 90.000 Studierende in Rechts­wissenschaften eingeschrieben,
waren es 2012 bereits mehr als 103.000. >>
abi>> 3 | 2014
„Nach dem Zweiten
Staatsexamen gibt
es viele Optionen.“
Kristina Wiese
23
Foto: Tilman Weishart
arbeitsmarkt
Je besser die ­Examina und die Zusatzqualifikationen sind, desto ­besser ist die Vergütung.
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ein: CodeNAL
24
Steigender Bedarf an Juristen
Trotz dieser Entwicklung beurteilt die StaufenbielStudie „JobTrends Deutschland 2013“ die Aussichten auf dem Arbeitsmarkt als „gut“. Bei den
249 Unternehmen und Kanzleien, die sich an
der Erhebung beteiligt haben, rechnen sieben
von zehn Kanzleien mit steigendem Bedarf an
Jura-Absolventen in den nächsten fünf Jahren, bei
den Unternehmen sind es immerhin 21 Prozent.
Als wichtigstes Einstellungskriterium wird zwar
nach wie vor die Examensnote genannt; in Unternehmen zählen aber auch Studienschwerpunkte
und Praxiserfahrung immer mehr.
„Insgesamt finden selbstverständlich auch
­Absolventen mit schlechteren ­Examina ­relativ
­problemlos Beschäftigung. Die Note ­definiert
­insofern eher das ‚Wie‘ als das ‚Ob‘ der ­Beschäf­tigung. Je besser die ­Examina und die Zusatz­
qualifikationen sind, desto ­besser ist die ­Vergütung.
Kritisch ist allein die ­Situation für Absolventen am
untersten Ende der Noten­skala. Hier lässt sich
­feststellen, dass sie nicht mehr in dem starken Maße
in den ­juristischen Arbeitsmarkt gehen, sondern in
alternative Beschäftigungsfelder“, relativiert
Dr. ­Matthias Kilian den Hype um die ­Examens­note.
abi>> 3 | 2014
Er ist Direktor des Soldan Instituts, das ­Ent­wicklungen rund um die Anwaltschaft untersucht.
Dass Juristen größtenteils unter­kommen,
­belegen Zahlen der Bundesagentur für ­Arbeit: „Die
Lage am Arbeitsmarkt für Juristen hat sich 2013
etwas moderater entwickelt als in den Jahren
­zuvor. So stieg die Arbeitslosigkeit 2013 leicht an.
Sie befindet sich aber alles in ­allem weiter­hin auf
einem geringen Niveau. ­­Jahresdurchschnittlich
waren 2013 rund 5.400 ­Juristen ­arbeitslos
­gemeldet – 100 Personen mehr als 2012, aber
100 ­beziehungsweise 600 weniger als 2011 oder
2010. Die etwas ­verhaltenere ­Situation spürt
vor allem der ­juristische ­Nachwuchs, bei dem
der Berufs­einstieg nicht ­immer ohne Schwierig­
keiten verläuft“, sagt Judith Wüllerich vom Team
Arbeitsmarktbericht­erstattung.
Wer den Gang in die Selbstständigkeit anstrebt,
sollte etwas Durchhaltevermögen mitbringen:
„Es kann bis zu fünf Jahre dauern, bis die eigene
­Kanzlei Gewinn erwirtschaftet“, so Rieke ­Detering.
Trotzdem sei der Anwaltsberuf ein großartiger
­Beruf, der mit großer Verantwortung verbunden
ist. Denn Anwältinnen und Anwälte sind die Mittler
des Rechts für den Bürger, sie setzen das Recht für
den Bürger durch. <<
arbeitsmarkt
Personalerstatements
Flexible Juristen gefragt
Welche Chancen haben Rechtswissenschaftler in Wirtschaftsunternehmen?
Worauf legen Personalverantwortliche bei der Bewerbung besonderen Wert und welche
aktuellen Trends gibt es auf dem Arbeitsmarkt? abi>> hat nachgefragt.
Foto: Privat
Thomas Jachnow, Pressesprecher Konzernkommunikation
bei der Lufthansa Group
„Die Lufthansa Group ist ein weltweit tätiger Luftverkehrskonzern, der sich in fünf
Geschäftsfelder gliedert: Passage Airline Gruppe, Logistik, Technik, Catering und IT
­Services. Für Juristen bietet die Lufthansa Group vielfältige Einstiegsmöglichkeiten.
Sie arbeiten beispielsweise in den Justiziariaten der einzelnen Gesellschaften und in
einer Vielzahl der kaufmännischen Bereiche wie zum Beispiel Human Resources.
Die Lufthansa Group bietet Referendariatsplätze sowie Direkteinstiegspositionen an.
Darüber hinaus gibt es auch ein spezielles Traineeprogramm für Juristen, etwa mit
Schwerpunkt Tarifpolitik. Alle Einstiegsmöglichkeiten finden Sie auf unserer KarriereHomepage www.Be-Lufthansa.com.“
Foto: Privat
Dr. Dirk Pfenning, zuständig für „Sourcing & Hiring Germany“
bei der Bayer AG
„Bayer ist sowohl an qualifizierten Berufsanfängern als auch an Juristen interessiert,
die in Wirtschaft oder Anwaltschaft berufliche Erfahrungen erworben haben. Die
Bewerber sollten Prädikatsexamina vorweisen. Vorteilhaft sind zudem eine Promotion
oder ein Master of Laws sowie betriebswirtschaftliche Grundkenntnisse. Neben den
fachlichen Kenntnissen erwartet Bayer Fähigkeiten auf den Gebieten Kommunikation,
Teamarbeit und Flexibilität. Verhandlungssicheres Englisch ist ebenso Voraussetzung
wie Durchsetzungsvermögen.“
Foto: Privat
Kai Baldow, Ausbildungsleiter höherer Dienst
bei der Akademie Auswärtiger Dienst
„Das Auswärtige Amt stellt für den höheren Dienst jährlich circa 45 Absolventen aller
Fachrichtungen ein und sucht immer auch qualifizierte Juristen mit Erstem oder Zweitem Staatsexamen. Gute Examensergebnisse sind ein Plus, ausschlaggebend ist die
Examensnote aber nicht. Vielmehr sucht das Auswärtige Amt vielseitig interessierte,
politisch denkende Menschen mit hoher Leistungsfähigkeit, Belastbarkeit und großer
sozialer und interkultureller Kompetenz. Bewerber sollten sich bei der Eröffnung eines
Konzerts deutscher Musiker in Paris genauso wohlfühlen wie bei der Einweihung eines
Brunnens in einem Slum in Lagos, Verhandlungen bei den Vereinten Nationen mit ebenso
viel Engagement führen, wie sie den Staatsbesuch des Königs von Jordanien organisieren.
Sie sollten ihr ganzes Berufsleben lang neugierig bleiben auf neue Orte und Aufgaben, sich
gleichzeitig aber auch vorstellen können, in einer großen Behörde als Beamte tätig zu sein. Bewerbungsvoraussetzungen sind die deutsche Staatsangehörigkeit, ein Master oder vergleichbarer Studienabschluss und gute Sprachkenntnisse in einer Amtssprache der Vereinten Nationen.“
abi>> 3 | 2014
25
Foto: Sonja Trabandt
was macht ein ...?
Wer nur für eine bestimmte Zeit an einem Ort arbeitet und ein Büro benötigt, ist bei Location Coordinator Daniel Piater goldrichtig.
L o c a t i o n - C o o r d i n a t o r/ G e n e r a l M a n a g e r
„Man ist ein Generalist“
Als General Manager der Regus Group ist Daniel Piater (32)
dafür zuständig, Büroräume optimal auszulasten. Zu seinen Kunden zählen unter
anderem Projektingenieure, ­Versicherer, Berater oder Anwälte.
Foto: Privat
Helfen kann er all denen, die flexible Arbeitsplätze suchen.
„Unsere Auftraggeber kommen aus
der ganzen Welt.“
Daniel Piater
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ein: CodeZUT
26
m
Alles im Auge behalten
it einem Team aus drei Mit­
arbeitern – die alle haupt­
sächlich aus dem Hotelfach
und der Tourismusbranche
stammen – kümmert sich
Daniel Piater um die Wünsche seiner Kunden.
„Wenn jemand beispielsweise Räume für ein
zehnköpfiges Team braucht, in denen man Video­
konferenzen abhalten kann, sorgen wir dafür,
dass er das auch bekommt“, erklärt er. Diese
Form der Büro­konzeptionierung bietet sich ins­
besondere für diejenigen an, die nur für eine be­
stimmte Zeit an einem Ort arbeiten müssen.
So beginnt der Morgen für Daniel Piater zu­
nächst mit einem Teammeeting, um den Tages­
ablauf zu planen. Wer zieht ein und wer zieht
aus? Wie stellt sich der Kunde die Ausstattung
des Büros vor? Müssen womöglich Konferenz­
räume vorbereitet werden? Muss ein Catering
für den Tag bestellt werden? All das muss ge­
managt werden. Die Räume werden je nach
den individuellen Bedürfnissen des Mieters
eingerichtet, sodass dieser den Raum sofort
nutzen kann.
abi>> 3 | 2014
Der Reiz an dieser Tätigkeit liegt für Daniel P
­ iater
ganz klar in den täglichen Aufgaben: Verträge
abschließen, mögliche Kooperationen planen,
die Finanzen im Hinterkopf behalten – oder auch
einfach mal helfen, einen Aktenschrank von der
einen Ecke in die andere zu schieben. Auch das
gehört zum Job. „Als General Manager ist man
Generalist und muss alles im Auge behalten“, er­
klärt er zusammenfassend. Natürlich kommt ihm
da auch sein betriebswirtschaftliches Studium an
den Fachhochschulen in Amberg und Nürnberg
zugute, wo neben Umweltmanagement einer
­seiner Schwerpunkte in der Logistik lag.
Nicht nur Organisations- und Planungstalent
sind wichtig für die Aufgaben eines „General
­Manager“, sondern ebenso der zwischenmensch­
liche Umgang. „Man braucht natürlich auch inter­
kulturelle Kompetenzen, denn unsere Auftrag­
geber kommen aus der ganzen Welt und aus völlig
unterschiedlichen Branchen. Da ist manchmal
auch Fingerspitzengefühl nötig, sobald es um die
Verständigung geht. Das ist spannend, da sich je
nach Kunde auch die Anforderungen verlagern
und wir darauf reagieren müssen.“ <<
impressum
„ Dein abi>>“
Die Gewinnerin
steht fest!
Herausgeber
Bundesagentur für Arbeit
Herausgeberbeirat
Petra Beckmann, Wolfgang Biersack,
Dr. Oliver Fischer, Heike Hessenauer,
Yvonne Hollmann, Niels Kämpfer,
Nicole Künzel, Stefanie Langen,
Sabine Peters, Natascha Rediske,
Katarina Stein, Judith Wüllerich
In der Ausgabe 1/2014 haben wir
euch aufgerufen, eurer Kreativität
freien Lauf zu lassen und Bilder von
euch mit dem abi>> Magazin zu
machen. Eure Einsendungen haben
uns begeistert, mit so vielen tollen
Ideen hatten wir gar nicht gerechnet!
Mittlerweile hat die abi>> Jury getagt
und eine Gewinnerin gekürt:
Redaktion/Verlag
abi>> dein weg in studium und beruf
Willmy Consult & Content GmbH
Gutenstetter Straße 8d, 90449 Nürnberg
Telefon: 0911 937739-0
Fax: 0911 937739-99
E-Mail: [email protected]
Geschäftsführer: Rainer Möller
Haute Couture in abi>>:
Konstantina Pagoni vom Sozial­
wissenschaftlichen Gymnasium der
Annemarie-Lindner-Schule in Nagold
hat gewonnen. Sie bekommt
500 Euro für ihre Abizeitung!
Redaktion
Chefredakteur: Andreas Bund
Chefin vom Dienst: Julia Grimminger
Textchefin: Heike Reinhold
Redaktion: Susanne Böhm, Maximilian
Niemczyk, Alexander Reindl, Larissa Tau­
fer, Eva Wagner
Redaktionsassistenz:
Patricia Drechsel, Manuela Meier
Herzlichen Glückwunsch!
Foto: Privat
Chiara Tapper
von der Kooperativen
Gesamtschule in Rastede
Autoren
Mascha Dinter, Moritz Grote,
Katharina Vähning
Außerdem haben wir uns
entschlossen, Zusatzpreise
an ­diejenigen zu vergeben,
die uns die Wahl so schwer
gemacht haben. Jeweils
20 abi>> Taschen gehen an:
Gestaltung und Layout
Art Direktor: Nero A. Kaiser
Stellvertr. Art Direktorin: Viviane Schadde
Layout: Claudia Costanza, Guido Naujoks,
Nicole Weber
Titelbild: Sonja Trabandt
Foto: Privat
Foto: Privat
Annemarie Meyer
von der IGS Willy Brandt
in Magdeburg
Sarah Jürgens
vom Gymnasium Collegium
Johanneum in Loburg
Foto: Privat
Foto: Privat
Ljudmila Lichtner
von der Gesamtschule 3
in Eisenhüttenstadt
abi>> 3 | 2014
Druck
Westermann, Braunschweig
Copyright 2014 für alle Inhalte
© Bundesagentur für Arbeit
Alle Rechte vorbehalten. Der Nachdruck,
auch auszugsweise, sowie jede Nutzung
der Inhalte mit Ausnahme der Herstellung
einzelner Vervielfältigungsstücke zum Un­
terrichtsgebrauch in Schulen bedarf der
vorherigen Zustimmung des Verlags. In
jedem Fall ist eine genaue Quellenangabe
erforderlich. Mit Namen gekennzeichnete
Artikel geben nicht unbedingt die Meinung
der Redaktion und des Herausgebers
­wieder. Keine Gewähr für unverlangte
Ein­sendungen und Besprechungsstücke.
Gesamtauflage: 285.000
Erscheinungsweise
6 Ausgaben im Jahr
Bestellungen
www.ba-bestellservice.de
Einzelexemplare sind im
Berufsinformations­zentrum (BiZ) der
Agenturen für Arbeit erhältlich.
27
go
abi.de
abi>> Por tal
Das nächste Heft
Berufswahlfahrplan 2014
Medizin steht in der Liste der beliebtesten Studienfächer in
Deutschland nach wie vor ziemlich weit oben. Wie genau ein
Medizinstudium abläuft, wie und wo man sich bewerben muss,
welche Zulassungsverfahren es gibt und mit welchen Modellund Reformstudiengängen manche Hochschulen aufwarten,
erfährst du in der kommenden Ausgabe des abi>> Magazins,
die am 18. September 2014 erscheint. Im Schwerpunkt dreht
sich dann nämlich alles um das Thema Arzt werden.
Das Abitur ist eine Zäsur im Leben vieler junger Menschen.
Mit einem Schlag endet das durchorganisierte Schüler­
leben, man ist auf sich selbst gestellt und muss sich fragen:
Was soll ich werden? Wie finde ich Berufe, die zu mir passen?
Auf welchem Weg kann ich sie ergreifen? Wie du Antworten
auf diese und weitere Fragen zur Studien- und Berufswahl findest, erklärt abi>> ab dem 30. Juni in einem Thema der Woche.
Wie immer unter www.abi.de.
Foto: Sebastian Kaulitzki
Foto: Julien Fertl
Vo r s c h au
Wie bekomme ich einen Medizinstudienplatz? Und wo muss ich
mich bewerben? Mehr dazu im nächsten abi>> Magazin.
Was soll ich nur werden? Der Berufswahlfahrplan kann dir bei
Fragen zur Studien- und Berufswahl helfen.
Leseraktion
Du bist Fußballexperte und weißt alles über die Spieler
der WM? Die Spielzüge der National­mannschaft kennst
du aus dem Effeff? Aber kannst du dir auch unter
Zeitdruck merken, wo sich die wichtigsten Accessoires
deines Lieblingssports befinden? Mach mit beim abi>>
KickKlick auf der abi>> Facebook-Seite und gewinne!
Unter allen Teilnehmern, die bis zum
17. Juli 2014 mehr als 3.000 ­Punkte er­
reichen, verlosen wir einen ­Gutschein im
Wert von 150 Euro für eine Veranstaltung nach Wahl – ob für ein Fußballspiel
im Stadion, Klassik-Konzert oder Festival.
Außerdem gibt es einen Kugelgrill für
gemütliche Grillabende sowie als dritten
Preis ein ­Wurfzelt für Übernachtungen
draußen zu gewinnen. Alle Teilnahme­
bedingungen findest du unter:
http://bit.ly/
Teilnahmebedingungen_abi
Teilnahme und Gewinnchance
sind pro Teilnehmer nur ein­malig
möglich. Keine Barauszahlung
des Gewinns. Mitarbeiter des
Verlags und der Bundesagentur
für Arbeit dürfen leider nicht teilnehmen. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen.
Geebhooek.czoum:/
fac
abiportal

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