„Mobile Reporting: Spielzeug für den CEO oder echter Nutzen?“

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„Mobile Reporting: Spielzeug für den CEO oder echter Nutzen?“
Fachartikel
„Mobile Reporting: Spielzeug für
den CEO oder echter Nutzen?“
Erschienen in:
rechnungswesen & controlling
Seite 4-6
Ausgabe 3/2013
Daniela Stippich
Competence Center
Controlling & Finance
[email protected]
Dr. Steffen Gross
Competence Center
Controlling & Finance
[email protected]
www.horvath-partners.com
Controlling
Mobile Reporting: Spielzeug für den CEO
oder echter Nutzen?
Der Einsatz mobiler Endgeräte, wie z.B.
Smartphones und Tablets im Bereich
des Reportings (Mobile Reporting),
ist eine moderne Ergänzung zu klassischen Berichtswegen. Mobile BI (Business Intelligence) ist der Überbegriff
für Reporting-Anwendungssysteme als
auch für Komponenten der Datenspeicherung (Data Warehouse etc.) unter
Einsatz mobiler Technologien.
Der Kerngedanke besteht darin, das Management unter Einsatz mobiler Technologie ortsunabhängig und zu jeder Zeit mit
entscheidungsrelevanten Daten zu versorgen. Entscheidungsprozesse werden
dadurch beschleunigt. In der Praxis zeigt
sich, dass Führungskräfte immer häufiger
mobilen Zugriff auf geschäftskritische Daten verlangen. Der Einsatz mobiler Endgeräte verspricht einen wichtigen Beitrag
zur komfortablen Informationsversorgung
der Unternehmensführung.
Die Einführung eines Mobile Reporting
ist nicht ausschliesslich ein IT-Thema. Im
Gegenteil: Damit ein Mehrwert für eine
bessere Steuerung und das Controlling
des Unternehmens generiert wird, sind
vielmehr fachliche Gestaltungsprinzipien
hinsichtlich der Mobile BI Strategie, der
Berichtsempfänger, der Berichtsinhalte,
des Berichtsaufbaus, der Berichtsprozesse und Organisation sowie der ITSysteme zu klären.
1. Steuerungsansatz
Als erster Schritt ist in der Mobile BI
Strategie zu klären, welche Ziele das
Unternehmen mit dem Mobile Reporting
verfolgt (z.B. höherer Komfort für das
Management, schnellere Informationsversorgung, Veränderungen operativer
Prozesse etc.). Mobile Reporting kann
grundsätzlich einen Mehrwert für alle
Unternehmen liefern, vor allem wenn
Informationen kurzfristig benötigt werden. Die Mobile BI Strategie bestimmt,
wie das Mobile Reporting gegenüber
dem konventionellen Reporting positioniert ist. Es kann eine Ergänzung oder
einen teilweisen Ersatz «klassischer» Reportingwerkzeuge darstellen.
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Zudem ist in der Mobile BI Strategie der
grundsätzliche Nutzerkreis zu definieren,
aus dem sich die Inhalte und Prozesse
des Mobile Reporting ergeben. Um ein
gutes Kosten-Nutzen-Verhältnis sicherzustellen, sind die sinnvollen Anwendungs- und Themengebiete des Mobile
Reporting einzuschränken. Je nach Geschäftsmodell und -volatilität kann sich
ein Unternehmen beispielsweise eher auf
finanzielle Top-Kennzahlen oder auf operative Vertriebs- und Produktionsdaten
konzentrieren. Je nach Branche können
u.a. laufende Lieferungen, Produktverfügbarkeiten oder Bestände wichtige
Kennzahlen sein. In der Einzelhandelsbranche z.B. können Informationen, die
das Management für fundierte Entscheidungen im Marketing und Tagesgeschäft
oder zur besseren Erfassung von Trends
in den Geschäftsfeldern benötigt, direkt
über das mobile Endgerät angeliefert
werden.
2. Berichtsempfänger
Bevor die Inhalte näher definiert werden,
sind die konkreten Empfänger zu identifizieren. Häufig wird das Mobile Reporting
primär auf den CEO und die Unternehmensführung ausgerichtet. Daneben
kann z.B. auch für Vertriebspersonen, die
viel unterwegs sind und auf eine schnelle Informationsversorgung angewiesen
sind, ein hoher Nutzen gestiftet werden.
Gerade durch den Einsatz mobiler Technologien ist es möglich, den Bericht genau auf die Präferenzen des Nutzers in
seiner konkreten Situation zuzuschneiden. Die Empfängergerechtigkeit der
Informationen wird erhöht, indem durch
Ortsbestimmung mittels GPS die für den
Standort relevanten Daten (zuerst) angezeigt werden (Location Intelligence).
3. Berichtsinhalte
Oft wird in Unternehmen nur mangelhaft
zwischen der Vielzahl an erhobenen Daten und den steuerungsrelevanten Informationen differenziert. Mobile Reporting
kann hier einen Impuls setzen, sich auf
entscheidungsrelevante
Informationen
rechnungswesen
& controlling
Daniela Stippich ist Consultant im Competence Center Controlling und Finanzen bei Horváth & Partners in Zürich.
Dr. Steffen Gross ist Senior Project Manager im Competence Center Controlling
und Finanzen bei Horváth & Partners in
Zürich.
zu konzentrieren, denn mobile Displays
erfordern aufgrund der technischen Restriktionen verdichtete Darstellungen.
Aufgrund der stärkeren Informationskonzentration können zahlenintensive Detailreports nicht sinnvoll dargestellt werden.
Mobile Reporting sollte daher keine einfache Spiegelung bestehender Berichtsinhalte sein, sondern vielmehr die Relevanz
bestehender Kennzahlen kritisch hinterfragen. So wurde in einem Unternehmen
der Ergebnisbericht (P&L) im Mobile Reporting auf zehn Kennzahlen gekürzt. Damit gehen meistens auch Anpassungen
in den konventionellen Berichten einher.
Bei der Neugestaltung von mobilen Berichten werden auch Informationslücken
(z.B. durch Interviews mit dem Management oder Funktionsbereichen) sichtbar.
4. Berichtsaufbau und -funktionalität
Auch im Berichtsaufbau und -layout sollte sich das Mobile Reporting vom klassischen Reporting unterscheiden. Aufgrund der bereits erwähnten technischen
Limitierung der mobilen Geräte eignen
sich grafische Darstellungen tendenziell
besser als Listen und Tabellen. Je nach
Fragestellung ist auf den passenden Grafiktyp zurückzugreifen (z.B. eignen sich
Balkendiagramme besonders bei PlanIst-Abweichungsberichten und Liniendiagramme bei Zeitreihenberichten). Für
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Controlling
1.MobileBIStrategie
ZielsetzungdesMobileReporting,PositionierunggegenüberdemkonventionellenReporting
GrundsätzlicherNutzerkreisundThemengebietedesMobileReporting
2.Berichtsempfänger
FokusaufPersonenmit
kurzfristigem
Informationsbedarfzur
Beschleunigungvon
Entscheidungsprozessen
(z.B.TopManagement
undVertrieb)
4.Berichtsaufbau
und-funktionalität
3.Berichtsinhalte
Beschränkungauf
wenigesteuerungsrelevanteBerichtsinhalte/
Informationsverdichtung
5.Berichtsprozesse
undOrganisation
Schwerpunktauf
grafischeAufbereitung
ErgänzungDatenaufbereitungsprozesse
ModularerBerichtsaufbau
Ausbaustufen:Starre
Berichtevs.Cockpitsmit
Drilldown-Möglichkeit,
Rückschreibe-Funktion
(Kommentierungetc.)
Push-vs.Pull-Reporting
(Echtzeitoderper„batch“)
Analysendirektdurch
dasManagement
(veränderteRolledes
Controllers)
6.IT-System
KonsistenteDatenbasisfürkonventionelleundmobileBerichte,VermeidungeinerredundantenDatenhaltung
HoherAutomatisierungsgrad
EinfacheBedienbarkeitundErweiterbarkeit(neuerBerichte,Berechtigungenetc.)
SicherstellungPerformanceundDatensicherheit
Abbildung: Gestaltungsprinzipien des Mobile Reportings aus Steuerungs- oder Controllingsicht
eine einfache Handhabung bieten sich
– ebenso wie beim konventionellen Reporting – ein modularer Aufbau und eine
möglichst grosse Standardisierung von
Berichten an.
Die einfachste Form des Mobile Reporting ist ein starres Berichtswesen, z.B.
über PDFs («Convenience Mobile Reporting»). Um ortsunabhängige, schnelle Analysen zu unterstützen, ist jedoch
eine höhere Ausbaustufe in Form von
Cockpits mit «Drill-down»-Möglichkeiten
notwendig («Smart Mobile Reporting»).
Eine weitere Entwicklungsstufe des
Mobile Reporting ist „Intelligent Mobile
Reporting“. Hier ist das Reporting nicht
mehr nur eine «Read-only»-Anwendung,
sondern hat eine Rückschreibe-Funktion,
welche einen Informationstransport in
beide Richtungen ermöglicht. Kommentierungen von Berichten und Plandaten
können in diesem Fall ortsunabhängig
und flexibel erfasst werden. Auch die genannte «Location Intelligence» gehört zur
letztgenannten Ausbaustufe des Mobile
Reporting.
5. Berichtsprozesse und Organisation
Nach der Festlegung der Berichtsinhalte
und des Berichtsaufbaus ist zu definieren, welche Datensammlungs-, -aufbereitungs- und -analyseaktivitäten not-
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wendig sind, um die Berichtsempfänger
effizient mit Informationen zu versorgen.
Zuerst ist zu prüfen, welche Daten bereits im konventionellen Reporting erhoben werden. Mit dem Mobile Reporting
werden oftmals auch neue Informationen generiert.
Wie im konventionellen Reporting ist
zwischen Push-Reporting und PullReporting zu unterscheiden. Beim PullReporting ruft der Nutzer Daten von
der zentralen Datenbank aktiv ab. Beim
Push-Prinzip werden aktuelle Daten direkt an das Endgerät gesendet, ohne
dass der Nutzer einen Bericht aufrufen
muss. Die Daten können entweder in
Echtzeit aktualisiert (z.B. Umsätze, operative Produktionskennzahlen) oder per
«batch» zur Verfügung gestellt werden
(z.B. monatliche Datenaktualisierung der
Ergebnisrechnung). Der grosse Vorteil
für das Management bei einer schnellen Datenverfügbarkeit ist die geringere
Durchlaufzeit bis zur Massnahmenentscheidung.
Durch die automatisierte Erstellung von
mobilen Reports kann der Ressourcenaufwand im Controlling für die Erstellung
von konventionellen Standard- oder Ad
hoc-Berichten gesenkt werden. Falls der
Manager (zumindest kleinere) Analysen
ortsunabhängig selbständig durchführt
und sich direkt mit anderen ManagerKollegen austauschen kann, ändert sich
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die Rolle des Controllers. In diesen Fällen
ist der Controller in der Zukunft weniger
in Entscheidungsprozesse eingebunden.
6. IT-System
Nach der fachlichen Konzeption sind
technische Anforderungen zur Auswahl
eines passenden IT-Tools festzulegen. Im
Folgenden werden einige ausgewählte
Kriterien dargestellt. Auf dem Markt gibt
es eine Vielzahl von Modellen und Betriebssystemen. Zu klären ist, ob unterschiedliche Anbieter für Mobile Reporting
und konventionelles Reporting für ein
Unternehmen in Frage kommen (Best-ofBreed Ansatz), oder alles von einem Anbieter abgedeckt werden soll (All-in-One
Ansatz).
Die Praxiserfahrung zeigt, dass aus Qualitäts- und Kostengesichtspunkten eine
zentrale integrierte Datenbasis aller Reportingsysteme eine wichtige Voraussetzung einer erfolgreichen Umsetzung ist.
Im Mobile Reporting werden Daten zwar
in der Darstellung neu strukturiert, sollten
aber nicht abweichend zum konventionellen Reporting berechnet werden. Die
Mobile BI Infrastruktur sollte auf die bestehende Datenbasis zugreifen, um eine
redundante Datenhaltung zu vermeiden.
Ein hoher Automatisierungsgrad ist anzu-
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Controlling
streben. Da sich die Informationsbedürfnisse im Unternehmen schnell ändern
können, muss die Erweiterbarkeit des
Tools gegeben sein (z.B. einfache Erstellung neuer Berichte oder aufwandsarme
Anpassung der Berechtigungen).
Verschlüsselung und Remote-LöschFunktionen ein unberechtigter Zugriff zu
vermeiden ist.
neuen Plattform, sondern kann zugleich
einen Impuls für eine Weiterentwicklung
des gesamten Berichtswesens im Unternehmen geben.
Fazit
Bei der Softwareauswahl ist eine einfache und intuitive Bedienung des mobilen Systems, von der die Akzeptanz des
Anwenders entscheidend abhängt, ein
wichtiges Kriterium. Genauso wichtig für
die Akzeptanz ist eine hohe Performance
(Zeit des Berichtsaufrufs).
Auf die eingangs gestellte Frage «Mobile
Reporting: Spielzeug für den CEO oder
echter Nutzen?» lässt sich zusammenfassend antworten, dass die Verwendung
von mobilen Endgeräten im Reporting
bedeutsame Nutzenaspekte für die Unternehmenssteuerung verspricht. Die
ortsunabhängige, schnelle und kontextsensitive, das heisst auf die Bedürfnisse
des Anwenders zugeschnittene Nutzung
sind klare Vorteile. Ein weiteres Potenzial liegt in der Informationsverdichtung,
die bessere Entscheidungen ermöglicht.
Mobile Reporting spiegelt nicht einfach
bestehende Reportinginhalte in einer
Allerdings ist die Einführung von neuen
Technologien mit Risiken verbunden.
Eine grosse Herausforderung stellen Sicherheitsaspekte im mobilen Bereich
dar. Doch vor dem Hintergrund der beschriebenen Gestaltungsprinzipien kann
das Mobile Reporting massgeblich zur
Effizienz und Effektivität im Unternehmen
beitragen.
Zudem bedarf es Datensicherheitskonzepte zur Verhinderung von Missbrauch
beim Mobile Reporting. Einerseits sind
Risiken bei der Datenübertragung über
Mobilfunknetze zu berücksichtigen. Andererseits können mobile Geräte schnell
verloren gehen, so dass u.a. mit lokaler
Literaturhinweis:
Wehrum, K./Heinrich, T.: Mehrwerte und
Erfolgsdeterminanten mobiler BI-Lösungen für die Unternehmenssteuerung, in:
Controlling-Wissen, 25. Jahrgang 2013,
Heft 6, S. 320-325.
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