Studentische Zeitschrift: Das Vorletzte - UK-Online
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Studentische Zeitschrift: Das Vorletzte - UK-Online
DAS VOR LET ZTE Das Erste... Viele Fragen plagen Studenten auch neben dem Studieren an sich. Wie kriege ich mein Studium finanziert, wie lange muss ich nun wirklich noch Studiengebühren zahlen? Welchen Zweck haben die Baustellen mitten auf dem Campus, die hier täglich Studentenstaus verursachen? Was? Heute ist Fakultätstag? Und natürlich auch nicht zuletzt: Was mache ich am Wochenende? Jetzt erscheint im Zuge des Seminars Universitätsberichterstattung von Ulrich Tschierske unsere Studentenzeitung auf der Homepage des Philosophikums. Es wird dabei zwei Ausgaben geben: Das Vorletzte und Das Letzte. Der Dozent kümmerte sich dabei lediglich um die Organisation und das nötige Handwerkzeug. Was mit diesem Werkzeug angefertigt werden sollte, entschieden allein wir – die Studentinnen und Studenten. Aus diesem Grund traf das Werkzeug mit dem Untertitel „Von Studenten für Studenten“ den Nagel auf den Kopf! EDITORIAL ▪ INHALT Hier wollen wir aus studentischer Perspektive darstellen, was Studierende der Uni Köln interessiert, was sie wissen wollen und auch nicht zuletzt was sie womöglich noch nicht gewusst haben und sehen sollten. Das darf nun niemanden der Uni Köln abschrecken, der nicht studiert. Die Zielgruppe ist größer. Denn Studenten machen diesen Ort aus und verlangen stetigen Austausch – was wir wollen, sollte im Interesse aller liegen. Wir wollen erst einmal ehrliche Antworten auf unsere Fragen. Zu viele dieser Antworten werden aber von offizieller Seite der Universität im Interesse der werblichen Öffentlichkeitsarbeit gegeben. Die Unangenehmen fallen, wenn überhaupt, ins Kleingedruckte. Wer könnte also bessere Antworten geben als Studenten selbst, die im eigenen Interesse recherchieren und eine öffentliche Plattform nutzen können, ohne dabei einem kommerziellen Druck ausgesetzt zu sein? Also nehmen sich Studenten an dieser Stelle jetzt dreist das vorletzte Wort. Hier sollen die Antworten stehen: Was in der Bildungspolitik passiert, wofür die Ausgrabungsstätten da sind, über die man täglich an der Uni stolpert, welche Menschen man auf dem Campus (über) sieht und wie man in Köln am besten mit 5 Euro einen Tag lang überleben kann. Dabei kommen auch Literatur, Musik, Kino und Partys Kölns nicht zu kurz. Was uns interessiert, interessiert auch andere Studenten und hoffentlich auch Nicht-Studenten. Das ist das einfache Prinzip, nach dem diese Ausgabe entstand. Ob uns das gelungen ist, kann man im Folgenden lesen. Wem das nicht genügt und wer noch mehr Antworten will, darf beruhigt sein. Das hier ist erst Das Vorletzte. Julian Krüger INHALT KULTUR UMBAU Stein auf Stein Glosse über Neubau neben Hauptgebäude.................3 Should I stay or should I go Pro/Contra zum neuen Seminargebäude......................4 MENSCHEN RUND UM DEN CAMPUS Auslandsaufenthalt Eine Erfahrung wert? Interview......................................6 Kleider machen Studenten?..........................................7 Zum Spar-Paradies bitte hier entlang............................8 Musikwissenschaft Nicht nur eine Lehre der Musiktheorie.......................... 9 BILDUNGSPOLITIK Ich will es nicht erzählen - Ihr wollt es nicht hören Wenn das Bachelorstudium zum Dauerreferat verkommt........................................12 NRW - Deine Studiengebühren - Kommentar..............13 Ich hielt sie wie die Bibel in der Hand Erfahrungsbericht über Magisterabschluss..................14 Uni Köln „Gefällt mir“ Unsere Uni und facebook - Kommentar........................16 Unifilm und der Mann dahinter Filmreif nicht nur in der Uni..........................................17 Neukölln Unlimited - eine Filmrezension......................19 Der große „Literator“ Daniel Kehlmanns Gastvorlesung................................20 Unikum, Kölsch und schlechte Musik Studentenparties imAsta-Café.....................................22 Kino aus aller Welt Portrait des Allerweltskino............................................26 PRAKTISCHE TIPPS Einen Tag von Luft und Liebe leben............................27 Fremdschlafen.............................................................28 WUSSTEST DU SCHON? Nightline.........................................................................9 Internationaler Studentenausweis...............................11 Studentenrabatte.........................................................13 Museumstag................................................................16 Kinosäle.......................................................................25 Rabatt-Infos im Web...................................................29 Impressum...................................................................29 UMBAU ▪ Glosse über den geplanten Neubau neben dem Hauptgebäude STEIN AUF STEIN DAS HÄUSCHEN WIRD BALD FERTIG SEIN Montag morgen, 10.04 Uhr. Wie jeden Montag hetze ich von der Bahnhaltestelle zum Hauptgebäude der Kölner Uni, um mein Deutsch-Seminar zu besuchen, diesmal nur minimale vier Minuten verspätet. Wie immer passiere ich die riesige Baugrube neben dem Hauptgebäude. Ihr Anblick ruft mir schmerzlich in Erinnerung, dass ich für besagtes Deutsch-Seminar noch einen Text über das geplante Bauvorhaben abliefern muss, die Zeit drängt. Doch ähnlich wie die tiefe Baugrube verhält es sich mit meinem Ideenreichtum: gähnende Leere. Worüber soll ich bloß schreiben, ich weiß nicht mal, was dort eigentlich entstehen soll. Irgendwo hatte ich das vage Gerücht aufgeschnappt, dass ein Begrüßungs- und Informationscenter geplant ist. Doch wer soll auf diesem riesigen Areal so überschwenglich begrüßt werden und vorallem von wem? Inspiration ist gefragt! Ich laufe um die Baugrube herum auf der Suche nach einer Informationstafel, die auf einen Blick die wichtigsten Fakten liefert. Doch leider ohne Erfolg, keine Infotafel, nirgends. Frustriert beginne ich meine Recherche im Computer-Pool des Philosophikums. Das world wide web weiß mal wieder die Antwort: Neben dem Hauptgebäude wird ein „Studierenden Service Center“ - kurz „SSC“- errichtet, nix mit Begrüßungscocktail! Alle Verwaltungs- und Beratungsdienstleistungen für Studenten sollen hier gebündelt untergebracht werden: die zentrale Studienberatung, das Campusradio, Versammlungsräume und vieles mehr. Ziel ist einerseits, die derzeitigen Fremdanmietungen zu reduzieren, andererseits soll sich in der Architektur des neuen Gebäudes die Uni als „traditionsreiches, bürgernahes und zugleich innovatives geistiges Zentrum von internationalem Rang“ präsentieren, wie es einer „führenden Großuniversität“ angemessen ist. Ach so. Der Neubau soll im Oktober 2012 eröffnet werden und kostet 39 Mio Euro. Bei einer geplanten Neubaufläche von 22.000m² sind das schlappe 1772,72 Euro pro Quadratmeter. Also ein richtiges Schnäppchen in Anbetracht der Tatsache, dass der Kölner Quadratmeterpreis für Neubauten zwischen 1700 und 2400 Euro liegt. Bei meiner Recherche stoße ich bald auf Visualisierungen. Ah ja, schön! ...das ist Städtebau wie aus dem Lehrbuch: die Achsen entlang der Universitäts- und Meister-Ekkhart-Straße sind aufgenommen, zum Grüngürtel öffnet sich das siebengeschossige Gebäude terrassenförmig und integriert durch Höfe und Einschnitte das Grün in das Gebäude. Wirklich wunderbar! 3 Das einzige, was irritiert, ist die Farbe: GRÜN! Grün wie die Hoffnung auf die Vergabe von Studienplätzen? Oder grün vor Neid? Oder grün, weil sich das neue Gebäude im Baumgrün des Grüngürtels verbergen will? Das hätte dieser gelungene Entwurf des Architekturbüros Schuster in Düsseldorf gar nicht nötig. Warum dieses muffige, schlammige Grün, verdammt? Warum kein selbstbewusstes, strahlendes Weiß oder zumindest in Anlehnung an das Hauptgebäude eine Natursteinfassade? Ein Blick auf die Uhr. Mist. Das Deutsch-Seminar ist jetzt fast vorbei, wieder verpasst. Doch zumindest bin ich jetzt um die Erkenntnis reicher, dass dieses tolle Gebäude nicht in der Farbe Grün versumpfen darf! Montag morgen, eine Woche später. Wieder hetze ich an der Großbaustelle des SSC vorbei und siehe da, welch Wunder! Plötzlich präsentiert eine riesige Infotafel all meine mühsam recherchierten Fakten. Ein großes Bild zeigt den geplanten Neubau. Er ist weiß! Mein Tag ist gerettet. UMBAU ▪ Should I Stay or Should I Go? ▪ Pro / Contra über das neue Seminargebäude Should I stay should I go? OR Dass die Uni neue Räumlichkeiten benötigt, ist klar. Es herrscht Platzmangel und oftmals kostet es sogar Überwindung, die bestehenden Gebäude zu betreten: fensterlose Seminarräume mit grauer Auslegware und verrottenten Sichtbetonwänden sind die karge Realität unserer Uni.Helle, ansprechende Räume müssen her, in denen das Lernen und Lehren wieder Spaß macht. Genau dies ist mit dem Neubau des Seminargebäudes dem Kölner Architektürbüro Paul Böhm gelungen: Lichtdurchflutete Räume mit hochwertigen Holzfußböden und -wandverkleidungen schaffen eine zugleich warme und offene Atmosphäre. Im schlicht gehaltenen Foyer empfängt den Besucher eine schicke Kaffee- und Snackbar, im offenen Treppenhaus wird er mit großzügigen Ausblicken auf den Campus belohnt. Ist der Besucher über die elegante Sichtbetontreppe bis ins oberste Stockwerk emporgestiegen, inspirieren ihn hier originelle Installationen mit Texten von Laotse und Albertus Magnus. Der Kontrast zwischen dem kühlen Sichtbeton der Verkehrsflächen und der Wärme der Seminarräume schafft einen spannungsreichen und zugleich einladenden Raumeindruck. Übergroße, schwere Holztüren sind in Vollverglasungen integriert, Aussparungen in den massiven Betonwänden schaffen interessante Durchblicke, das Gebäude ist bis ins Detail anspruchsvoll ausgearbeitet. Auch von außen ist der Neubau rundum geglückt. Einfache klare Linien bilden einen Vorhof aus und treten in Korrespondenz mit den Gebäudekanten des Hörsaal Im Oktober 2010 wurde das neue Seminargebäude der Universität zu Köln eingeweiht. Im Nachhinein ist es leicht, Kritik zu üben. Trotzdem sprechen ein paar Gründe gegen das Seminargebäude. Denn die Universität hat die Chance verpasst, aus dem Albertus-MagnusPlatz mehr zu machen. Das Seminargebäude hätte ein attraktiver „Hingucker“ werden können, ein Haus des Lernens, in dem man „schön“ studiert. Stattdessen: wieder gedeckte Farben. Es passt sich gut ein in das Einheitsgrau der Gebäude drum herum – dort stehen die Universitätsbibliothek, das Philosophikum und das Hörsaalgebäude. Die Uni hat nun noch ein Gebäude mehr, das an einen Klotz erinnert – kantig, massiv, sachlich. Bildung soll – nein sie muss – grau sein, scheint die Devise der Uni zu lauten. Und im Inneren fühlt man sich zwar nicht mehr an einen Kerker erinnert, wie im Philosophikum, trotzdem wirkt die Holzverkleidung erdrückend. Studenten, insbesondere die weiblichen, beklagen sich darüber, dass die Toiletten im Untergeschoß sind. Jedes Mal, wenn man ein menschliches Bedürfnis verspürt, muss man aus den oberen Stockwerken bis in den Keller laufen und wieder zurück. Eine weitere Toilette im obersten Stock wäre ein echter Kompromiss gewesen. Aber das war den Verantwortlichen vielleicht zu teuer. Schließlich musste das Seminargebäude hauptsächlich aus Studiengebühren finanziert werden. Auch das kritisieren Studenten zu Recht. Eigentlich ist es Ländersache, sich um Neubauten und Sanierungen 4 UMBAU ▪ Should I Stay or Should I Go? ▪ Pro / Contra über das neue Seminargebäude gebäudes. Die symmetrisch gestaltete Fassade lässt das Auge ruhen und schafft durch das Spiel von Beton und Glas - Geschlossenheit und Offenheit - harmonische Proportionen. Das Seminargebäude integriert sich zurückhaltend in das bestehende Ensemble und setzt trotzdem mit seiner schlichten Eleganz einen neuen Akzent. Insgesamt finden in dem Neubau 900 Studenten Platz. Zehn Seminarräumen, ein PC- und ein Lesebereich laden zum Lernen in einem ansprechenden Ambiente ein. In Anbetracht der Größe und Qualität des Gebäudes sind die Kosten von 9,2 Million Euro gering und lohnen sich allemal. Denn wie zahlreiche architekturpsychologische Studien belegen, wirkt sich eine angenehme Arbeitsumgebung positiv auf die Motivation und Leistungsfähigkeit aus, so dass neben dem optischen Gewinn auch eine inhaltliche Verbesserung der Lehre und des Lernens erreicht wird. der Universitäten zu kümmern. Nun müssen Studiengebühren herhalten für die folgenden Bachelor- und Mastergenerationen, die an die Uni strömen. Momentan würden die Studenten viel mehr profitieren, wären die zusätzlichen Einnahmen durch die Studiengebühren in eine das Lehrangebot investiert worden. Dazu gehören neue Dozentenstellen, die Investition in Forschung und ein größeres Angebot an Seminaren und Vorlesungen. Stattdessen gibt es nun ein bisschen mehr Platz. Die Qualität, mit der sich eine Universität normalerweise gerne schmückt, bleibt auf der Strecke. In NordrheinWestfalen gab es noch nie so viele Studienanfänger wie zum Wintersemester 2010/11. Bemerkenswert ist dabei, dass an der Uni Köln die Zahl der neu eingeschriebenen Studenten in diesem Semester sogar im Vergleich zu Vorjahr um etwa sechs Prozent sank. Die haben sich für andere Studienorte entschieden. Ob da ein neues, aber graues und unscheinbares Seminargebäude hilft, den Ruf der Uni zu verbessern und gute Studenten anzulocken, bleibt fraglich. Alle Fotos von Heiko Heinemann 5 Menschen rund um den Campus ▪ Auslandsaufenthalt ▪ Interview Auslandsaufenthalt Eine Erfahrung wert? Viele Studenten sind sich am Anfang ihres Studiums noch im Unklaren darüber, was sie genau studieren wollen und eventuell auch, ob sie überhaupt studieren sollen. Sie fragen sich, ob ein Auslandsaufenthalt nicht geeigneter wäre als direkt das Studium zu beginnen. Um diesen Fragen eine Antwort geben zu können, bevorzugen viele Studenten ein Auslandssemester, um zu erfahren, was am Besten zu ihnen passt. Jedoch tun dies nicht alle Studenten, da diese Angst haben, dass sie eventuell das Falsche tun und ihr Aufenthalt im Ausland eine Zeit- und Geldverschwendung ist. Um diesen Ängsten auf den Grund zu gehen, wurden zwei Studenten interviewt, welche jeweils vor Beginn des Studiums im Ausland waren. Sie berichten über ihre Erfahrungen und vermitteln, ob sie es sinnvoll finden, dass man sich einen Aufenthalt einplanen sollte. Frage: In welches Land sind Sie gegangen? Jessica: Ich war für ein Jahr in den USA, im Staate New York auf Long Island in Dix Hills. Lisa: Ich war in Spanien, genau gesagt in Valencia, da ich die Sprache so toll fand und nie Spanisch – Unterricht in der Schule hatte, es aber richtig lernen wollte. Frage: Warum sind Sie zuerst ins Ausland gefahren und nicht direkt studieren gegangen? Jessica: Ich wusste noch nicht genau, was ich studieren wollte bzw. meinen Berufswunsch. Ich brauchte etwas Zeit und Überlegungsfreiheit. Interview Lisa: Nach dem Abitur war ich mir noch nicht sicher, was ich studieren wollte. Natürlich habe ich auch überlegt, Spanisch zu studieren, dafür wäre der Auslandsaufenthalt eine gute Vorbereitung gewesen. Allerdings ist mir dann dort noch eine bessere Idee gekommen. Ich hatte also in diesem Jahr nach dem Abi noch genügend Zeit, mich für einen Studiengang zu entscheiden und diese Zeit brauchte ich auch. Eine solche Entscheidung sollte keine Kurzschlusshandlung sein und nicht überstürzt werden. Ich bin jetzt auch im Nachhinein sehr zufrieden mit meiner Wahl. Frage: Was genau haben Sie im Ausland getan? Waren Sie dort auch auf einer Schule oder einer Universität? Jessica: Ich habe als Au – Pair bei meiner Gastfamilie in Dix Hills gearbeitet und habe dort auf drei Kinder aufgepasst. Ich habe dort gelebt und fühlte mich wie ein richtiges Familienmitglied. Ich hatte leider nur zwei Mal einen Wochenendkurs, den ich belegen musste, der dementsprechend nicht all zu anstrengend war. Mit normalem Unterricht ist dies nicht zu vergleichen. Lisa: Ich habe als Au - Pair bei einer spanischen Familie gearbeitet und gewohnt und zum Spanisch Lernen eine Sprachschule besucht. Die Arbeit mit den Kindern konnte ziemlich anstrengend werden, aber ich hatte ziemlich viel Freizeit. Die Sprachschule war super, ich habe die Sprache gut gelernt und sehr viele Leute aus den verschiedensten Ländern getroffen. Dabei habe ich auch 6 einige neue Freunde gefunden. In der Sprachschule hatte ich definitiv am meisten Spaß. Frage: Finden Sie es wichtig, dass man solche Erfahrungen macht? Jessica: Ja, ich finde es sehr wichtig, da man so seine Sprachkenntnisse erheblich steigert sowie persönliche Stärken und Schwächen erkennt. Außerdem lernt man dort selbstständig zu leben. Jedoch fiel es mir schwer, wieder in ein geregeltes Studienleben zu gelangen, da ich dort nicht jeden Tag mit der Schule oder einer Universität konfrontiert wurde. Lisa: Für mich persönlich war diese Erfahrung sehr wichtig, da ich schon immer den Drang hatte, mal von zu Hause wegzukommen. Außerdem wollte ich natürlich wissen, wie es sich in Spanien lebt, da mich das Land schon lange sehr fasziniert. Die Erinnerungen an diese Zeit sind wunderschön und ich möchte sie nicht missen. Allerdings glaube ich, dass ein solcher Auslandsaufenthalt nichts für jeden ist. Man muss bereit sein, seine Familie und Freunde für eine Zeit lang hinter sich zu lassen und ins kalte Wasser zu springen. Alles ist neu und fremd und natürlich kann man auch auf größere Probleme stoßen, zum Beispiel, wenn man die Sprache des Landes noch nicht so gut beherrscht. Frage: Gibt es einen Unterschied zwischen Deutschland und dem Ausland? Jessica: Besonders aufgefallen ist mir, dass in den USA die Menschen sehr offen und sehr neugierig waren. Sie kamen ohne zu zögern auf mich zu und nahmen mich herzlich auf. Was aber leider ein Problem ist, dass die Studienbeiträge unglaublich hoch sind und meist nicht zu finanzieren, wie bei uns in Deutschland. Menschen rund um den Campus ▪ Kleider machen Studenten? Lisa: Natürlich, jedes Land hat seinen ganz eigenen Charakter. Vor allem Spanien ist da anders. Alles wird etwas lockerer gesehen als hier. Allerdings ist es als Ausländer schwer, an die Spanier heranzukommen und sich mit ihnen anzufreunden. Das habe ich auch von vielen anderen Au - Pairs und Erasmus-Studenten gehört. Ein Problem dabei ist, dass viele Spanier ungern Englisch sprechen oder es auch nicht können. Ohne Spanisch kann es dort schon mal schwer werden. Frage: Was hat Ihnen dort am meisten gefallen? Jessica: Das Essen, die Mentalität der Menschen, meine Familie und Freunde. Lisa: Die Stadt Valencia an sich ist einfach wunderschön und war auf Anhieb meine zweite Heimat. Tolle Atmosphäre, Meer, was will man noch? Außerdem liebe ich die Sprache. Frage: Nun zum Schluss: Würden Sie anderen Menschen raten, im Ausland zu studieren oder einen Auslandsaufenthalt in ihr Studium einzuplanen? Jessica: Ja, ich persönlich würde auch gerne ein Auslandssemester machen, da man sich als Person einfach besser kennenlernt und weiterentwickelt. Man lernt neue Leute kennen, die Sprachkenntnisse werden erweitert und hat bessere Chancen auf einen zukünftigen Job. Lisa: Ich habe ja nicht in Spanien studiert, aber eine meiner besten Freundinnen in Valencia war eine ErasmusStudentin aus Heidelberg. Sie hat ihr Auslandssemester dort sehr genossen und hat mir sehr empfohlen, während meines Studiums auch noch einmal ins Ausland zu gehen. Ich finde es auch sehr empfehlenswert, da man dort die Sprachkenntnisse weitaus besser erlernt als in Deutschland. Kleider m achen Studenten? Wer kennt sie nicht, die vielen Klischees über Kleidungsstil und andere Eigenheiten, die jedem Studiengang so nachgesagt werden. Egal ob Juristen, BWLer oder Geisteswissenschaftler, jeder Studi-Gattung haften festgefahrene Stereotypen an, die vielschichtiger sind als Kafkas Prozess. A propos Kafkas Prozess; ist es nicht so, dass ein Germanistikstudent niemals das Haus ohne ein Buch unter dem Arm verlassen würde? Und stimmt es, dass es zu jedem Biologen den passenden Birkenstock gibt oder dass sich jede Informatikernase von einer großen Nerdbrille schmücken lässt? Was sind sie denn nun, die hartnäckigsten Klischees über das Studentenvolk? Wir haben uns für euch mal durch den Klischee-Jungle gehangelt und dabei so manches ans Licht gebracht. Der Konservativste unter der Studentenschaft ist der Jurastudent. Als Poloshirt tragender Saubermann, natürlich nur von Ralph Lauren, versteht er es sich schick 7 und elegant zu präsentieren. Er legt größten Wert auf sein Äußeres. Selbstverständlich also, dass der lässig um die Schultern gelegte und an der Brust vorne gekonnt verknotete Pullover, wahlweise in Rautenoptik, farblich immer auf das Hochstellkragenpastellpolo abgestimmt ist. Als Must Have kombiniert er dazu sogenannte Segelschuhe an den Füßen. Was für ihn das Schuhwerk, ist für die Juristin die für die Uniunterlagen viel zu kleine Longchamp-Minihandtasche, die stilsicher in der Armbeuge herum chauffiert wird. Auch in Sachen Pastellpoloshirt steht die Juristin ihrem männlichen Pendant in nichts nach. Abgerundet wird dieser „Look très chic“ mit obligatorischen Perlenohrringen und ebenfalls mit Timberlands. Ganz anders erscheint da der Typ Geisteswissenschaftler. Was bei ihm auf keinen Fall fehlen darf, ist das Erbstück von Drahtesel, das als tägliches Fortbewegungsmittel schon lange Jahre treue Dienste leistet und ein Coffee to go in jeder Lebenslage. Optisch gesehen konnten wir folgende Unterschiede ausmachen: Während sie ihr naturbraunes, mittellanges Haar aufgrund des herausgewachsenen Schnitts meist im Pferdeschwanz trägt, dazu eine pyjamaartige, etwas zu kurze Schlaghose mit einem Pullover in Ringeloptik und den Klassikern unter den Turnschuhen kombiniert, ist der männliche Geisteswissenschaftler im allgemeinen Metal-Anhänger, der sich gerne auch mal im Matrixmantel auf dem Campus zeigt und seine lange Haarpracht auf dem Kopf wie auch seinen experimentellen Bartwuchs mit Stolz hegt und pflegt. Die Lehramtlerin, oder auch Lehramtsmäuschen genannt, mag es verspielt, rüschig und ist meistens hübsch anzusehen mit ihrer dezenten Schminke und dem blonden Haar, das sie beinahe täglich mit einer Menschen rund um den Campus ▪ Zum Spar-Paradies bitte hier entlang anderen Frisur hervorzuheben weiß. Sie gilt als diszipliniert; hat schon als Kind Ballett gemacht. Heute geht sie in ihrer rosa-weißen Esprit-Welt joggen und liebt Pferde über alles. Auf die Frage warum sie denn auf Lehramt studiere, fällt ihr Gerüchten zufolge die Antwort nicht schwer: „weil Kinder ja so süß sind“. Aber unter den vielen Klischees hält sich eines besonders beständig: „BWLer haben keine Ahnung, was sie machen möchten. Da liegt das BWL Studium nahe, damit kann man doch irgendwie alles machen!“ Ja, der BWL-Student glänzt durch pseudo-bonzige Markenkleidung und Gelfrisur, durch makellose Bräune egal zu welcher Jahreszeit dank regelmäßiger Sonnenbankgänge und durch einen gut trainierten Körper dank der jahrelangen und treuen McFit-Mitgliedschaft. Aber nicht nur was die Körperkunst angeht, ist der BWLer sehr ausdauernd, auch der jährliche Pauschalmallorcasommerurlaub mit den „Jungs“ wird vorsorglich bereits ein Jahr im Voraus gebucht. Das weibliche Gegenstück kann es mit dem BWLer in Sachen optischem Glanz aufnehmen, modisch ist sie immer ganz vorne. Zur Standardausstattung gehört die übergroße Gucci-Tasche, ein Muss sind die dazu farblich passenden Ballerinas oder wahlweise Pumps. Ein anderes Exemplar unter der Studentenschaft wollte schon von Kindesbeinen an immer Feuerwehrmann oder Weltverbesserer oder Arzt werden. Wie gelegen da die Praxis von Papi doch kommt. Sein Hauptdasein fristet er als Sohn, sein Haupterkennungsmerkmal ist das schicke Auto und der adrette Hemdenstil. Zum krönenden Klischeeabschluss wollen wir euch die Vorstellung des Sportstudenten hier nun nicht vorenthalten. Könnt ihr ihn sehen, den braun gebrannten Adonis mit seinem goldblonden Haar, das im Wind leicht weht. Seht ihr ihn, wie er seinen gestählten, nur durch eine Adidas-Shorts bekleideten Körper Kaugummi kauend im Sonnenlicht präsentiert, indem er seinen rechten Fuß gekonnt auf einem Ball abstützt und euch zuzwinkert? Ein Bild für Götter oder welche die es werden wollen! Doch jetzt bloß nicht die Hoffnung verlieren, ihr lieben Geisteswissenschaftler, Jurastudenten und wie ihr alle heißt. Ihr müsst ja nicht gleich Sport studieren, um in den Götterolymp aufzusteigen. Aber mal ehrlich, der verbleichte Streifenpulli aus Papis Abizeiten oder die „Germany‘s next Topmodel“-High Heels à la Heidi Klum müssen es ja nun wirklich nicht sein. Ach was soll das ganze Moralapostel-Getue, am Ende zählt doch eh nur: erlaubt ist was gefällt! Und nicht vergessen, Kleider machen Klischees! Zum Spar-Paradies bitte hier entlang 57, 58, 59 – zack. Endlich! Der Zeiger schlägt halb 2 und ich kann ein weiteres Mal mit Fug und Recht behaupten, das gute alte, etwas eingestaubte ÄDL-Proseminar über Gottfried von Straßburgs Tristan ohne größere Schäden und vor allem ohne allzu hohe Denkanstrengung überlebt zu haben. Denn die grauen Zellchen müssen ja auch jetzt erst ihre absolute Höchstleistung abrufen. Es stellt sich nun nämlich die allmittägliche, ultimative, universalglobale Frage: wohin gehts zum Essen? Mangels Alternativen entscheidet man sich dann oft für die bequemste aller Möglichkeiten, man besucht die Mensa. MOMENT, was heißt hier mangels Alternativen? Es ist doch wohl jedem frei gestellt, in die City zu fahren und beim „Italiener seines Vertrauens“ (komisch, 8 die sehen da alle irgendwie so indisch aus) eine vor Fett triefende, viel zu teuere und ganz nebenbei auch recht spärlich belegte Pizza zu genießen. Die kommt dann meistens auch noch aus der mindestens schon 3-mal vom Gesundheitsamt dicht gemachten und jetzt trotzdem mit irgendeinem höchstoffiziellen Zertifikat ausnahmsweise wieder geöffneten Küche. Wer das möchte, bitte. Zurück zur Mensa. Meine Devise lautet immer, warum in die Ferne schweifen, wenn das Gute ist so nah. Allen Unkenrufen zum Trotz entscheide ich mich also doch für die unieigene Kantine. Zugegeben, das Ambiente erinnert eher an den sterilen Möbelhaus-Schick á la IKEA-Cafeteria, aber ich will ja dort auch nicht den Rest meines Lebens verbringen, sondern einfach nur etwas essen. Und das kann man in der Mensa, sehr gut. Ich selbst bin was essen angeht, eher anspruchslos. Schnitzel mit Pommes dazu Salat und mein Tag ist gerettet. Selbstverständlich gibt es nicht nur solche Nahrungsbanausen wie mich, auch für Freunde des Gourmetwesens ist in der Mensa immer was dabei. Man hat ja schließlich die Wahl, ob vegetarisch, frisch vom Grill oder für Fitnessfreaks die Salatbar, hier findet jeder Topf auch seinen Deckel. Und wie sieht das dann aus, was man da liebevoll von der Dame mit der weißen Schürze auf den Teller drapiert bekommt? Das kann sich auf jeden Fall sehen lassen. OK, vielleicht werden in der berühmten „Balkan-Sauce“ die übrig gebliebenen Zutaten der letzten zwei Wochen verarbeitet und beim Cordon Bleu braucht man schon mal die Lupe um den Schinken zu erspähen. Aber rufen wir uns doch einfach noch mal die anfangs erwähnte Pizza ins Gedächtnis … Also. Das schöne an der Mensa ist ja, man hat immer ein Menschen rund um den Campus ▪ Musikwissenschaft ▪ Eine Vorstellung aus Studentischer Perspektive Mitspracherecht. So darf ich mir zum Beispiel das Dressing für meinen Salat selbst aussuchen und das Angebot ist dabei mindestens genauso groß wie bei Mces oder Burger King. Auch bei der Wahl meines Nachtischs stehen mir mindestens vier verschiedene Desserts zur Verfügung, solch ein reichhaltiges Sortiment würde ich mir auch mal beim Seminarangebot meines BachelorStudiengangs wünschen. Egal. Habe ich mich nun für das Gericht meiner Wahl entschieden, kommt der eigentliche Clou, es geht ans Bezahlen. So, und jetzt liebe Freunde des guten Geschmacks (das ist hier sogar mal wörtlich zu verstehen): es handelt sich bei aller Liebe immer noch um Mensa-Essen und man kann natürlich keine 5-Sterne-Haute-Cuisine erwarten, ABER für knapp 2,50 € gibt es was das Preis-Leistungsverhältnis betrifft für Studenten definitiv nichts Besseres. Ich jedenfalls bin absolut Mensa pro. Wusstest du schon? Auch der/dem besten Freund/in kann man nicht immer alles erzählen. Dafür gibt es die „Nightline“. Studenten der Uni Köln hören dir am Telefon einfach nur zu, wenn‘s mal nicht so gut läuft. Außerdem können sie dich an Experten und Hilfestellen weitervermitteln. Kostenlos! Mehr Infos: www.nightline.uni-koeln.de 9 Musikwissenschaft Nicht nur eine Lehre der Musiktheorie Viele Musikwissenschaftler werden Aussagen wie „Du studierst Musikwissenschaft? Welches Instrument spielst du denn?“ wohl jedes Mal hören, wenn sie von ihrem Studiengang berichten. Jedoch wissen die meisten nicht, dass Musikwissenschaft nicht nur aus Musiktheorie besteht. Um das Studium bestehen zu können, ist es nicht notwendig, ein Instrument zu spielen. Das Studium besteht aus vier Teilgebieten, wo Musiktheorie meist nur eine Untergeordnete Rolle spielt. Das erste Teilgebiet der Musikwissenschaft besteht aus der Historischen Musikwissenschaft I, die sich tatsächlich mit der Musiktheorie beschäftigt. Dort werden die Grundlagen in die Musiktheorie wie auch in die Musikhistoriographie gelehrt. Beschäftigt wird sich hier vor allem mit der abendländischen Musikgeschichte und den Strömungen, die diese ausmachen. Ein weiterer Teilbereich beschäftigt sich ebenfalls mit der Historischen Musikwissenschaft, jedoch ist dies das Teilgebiet der Neueren Musik. Hier ist der Schwerpunkt jedoch auf die Elektroakustische Musik gelegt, die nichts mehr mit der herkömmlichen Musiktheorie zu tun hat. Die Elektroakustische Musik hat keine strengen Formen wie die der Musiktheorie. Sie hat keine Noten und verzichtet auf Beschränkungen. Meist ist sie durch Symbole dargstellt, kann aber auch durch vieles anderes veranschaulicht werden. Beispielweise durch Graphiken. Da sind dem Künstler keine Grenzen gesetzt. Jeder kann hier unterschiedliche Perspektiven erkennen; hier wird nie etwas als falsch angesehen, nur als eine andere Denkrichtung. Die Einführung in die Kulturanthropologie der Musik beschäftigt sich vor allem mit der Kultur der Musik. Es wird vermittelt, wie Musik mit Kultur in Verbindung steht und wie diese entstanden ist. Weiterhin wird eine Einführung in die Popularmusikforschung ermöglicht, die die Vielfalt der Musik nochmals deutlicht zeigt. Last but not least gibt es noch das Teilgebiet der Science of Music. Dies ist die naturwissenschaftliche Herangehensweise an Musik. Es wird erforscht, was im Gehirn passiert, wenn wir Musik wahrnehmen. Ebenfalls kann man dort viele Dinge über das Hören, dementsprechend auch der Funktion des Ohres erfahren. Allerdings wird nicht nur der kognitive Aspekt in Science of Music dargestellt, auch die mathematische bzw. die Informationstechnische Seite werden dargestellt: Berechnet werden Schallschwingungen, Lautstärken werden gemessen und mit Musikcomputern gearbeitet. Wer Angst hat, dass dieser Teilbereich nur etwas für Mathegenies ist, irrt sich: Auch Menschen, die nicht so viel mit Mathe und Physik zu tun haben, können auf ihre Kosten kommen! Nur mit Bedacht sollte nun gefragt werden, welches Instrument gespielt wird. Mit Aussagen, auf welchen Teilbereich man sich spezialisieren möchte, verdeutlicht derjenige viel besser, welche Richtung der Musikforschung studiert wird. Denn das Studium ist nicht nur reine Lehre der Musiktheorie. Es besteht aus vielfältigen und vollkommen unterschiedlichen Teilbereichen, die die Musik sowie ihre Untersuchung so einzigartig macht. Menschen rund um den Campus ▪ Frost, Heavy Metal und Eichhörnchen ▪ Auslandssemester in Finnland F rost Heavy Metal und Eichhörnchen Dass man im Ausland studiert haben sollte, kriegt man immer wieder von allen Seiten eingetrichtert. Viele Fragen und Ängste stehen einem jedoch oft selbst im Weg dorthin. Wie genau läuft die Bewerbung ab? Wo fängt man an und was erwartet einen in der Fremde? Vanessa H.(22) , eine Germanistik und Anglistik Studentin hat sich getraut und ist den Weg von Köln nach Helsinki und wieder zurück gegangen. Mit einigen Umwegen versteht sich. Aller Anfang ist...stressig Ein Auslandsaufenthalt stand für sie schon von Anfang an fest und war als Teil ihres Studiums eingeplant. Nach dem vierten Semester war die Zeit dafür gekommen. „Ich fand, es war die passendste Zeit dafür. Später zu fahren wäre ungünstig, da ich dann im Ausland prüfungsrelevante Kurse hätte belegen müssen. Das Ganze zählte in Köln als Urlaubssemester. Ich war zwar noch immatrikuliert, musste jedoch keine Studiengebühren bezahlen.“ Den ersten Anlaufpunkt stellte das Erasmus Büro des Englischen Seminars dar. „Die allgemeine Infoveranstaltung dort war weniger informativ, da ich das Meiste bereits vorher auf ihrer Internet Seite gelesen habe. Auch die Seiten der Unis, die für mich in Frage kamen waren hilfreich. Dass es am Ende Helsinki geworden ist, lag zum einen an dem Land selbst, zum anderen aber auch an Finnlands Nachbarländern. Da ist alles so nahe beieinander.“ Nachdem das wissenschaftliche Motivationsschreiben aufgesetzt war, gab es für die Studentin den üblichen Papierkrieg zu bewältigen, den sie jedoch nicht allzu schlimm fand. „Es gab natürlich Deadlines, die man einhalten musste, doch es war absolut machbar. Die Hilfe und Beratung in Deutschland und aus Finnland war sehr gut. Man wurde ordentlich vorbereitet. Ich wusste eigentlich ziemlich genau was da auf mich zukam. Pick me up In Helsinki gab es einen „Pick up Service“. Da hat mich eine finnische Studentin direkt vom Flughafen abgeholt 10 und zusammen mit einem anderen Mädchen, das mit mir aus Deutschland eingeflogen war, zu unserem Wohnheim gefahren. Das war super, da man so schnell eingebunden war und kaum alleine sein musste. Gerade am Anfang ist das sehr hilfreich.“ In die Stadt verliebte sich Vanessa auf den ersten Blick. „Der Mix aus Alt und Neu in der Architektur hat es mir ziemlich angetan. Und man hat dort viel Platz, es wird nicht so eng gebaut wie bei uns. Als ich dann die Universität gesehen habe, war das ein angenehmer Schock. Das war ein ziemlicher Kontrast zu den grauen und schmucklosen Betonbauten in Köln. Im Hauptgebäude dort gibt es Skulpturen und ganze Prunksäle mit Samtsitzen. Die erste Zeit bin ich mit einem Dauergrinsen durch die Gegend gelaufen. Was auch toll war, war das Lernzentrum Aleksandria. Das ist ein mehrstöckiges Gebäude, welches nur für selbständige Arbeit vorgesehen ist. Das Haus ist super ausgestattet – PCs, Drucker etc. Man kann sogar einzelne Räume für Gruppenarbeiten mieten. Die Bibliotheken sind zwar kleiner, als in Köln, doch hat man uneingeschränkten Online-Zugang auf alle relevanten Datenbanken. Das ist sehr praktisch.“ Menschen rund um den Campus ▪ Frost, Heavy Metal und Eichhörnchen ▪ Auslandssemester in Finnland Spinnen die Finnen? Die Finnischen Studenten beschreibt Vanessa als „Sehr aufgeschlossen. Sie haben immer wieder versucht mich auf Finnisch anzuquatschen. Als sie dann erfahren haben, dass ich aus Deutschland komme, waren sie sehr interessiert und neugierig. Sprachlich ging das gut klar – jeder kann dort Englisch. Auch der Unterricht läuft da etwas entspannter ab, als in Köln. Die größte Veranstaltung, die ich da besucht habe, zählte gerade mal 40 Teilnehmer. Die meisten Studenten und Dozenten duzen sich, es gibt viel Austausch zwischen ihnen. Man kriegt so schnell tolle Denkanstöße und Hilfestellungen. Und ich war im Unterricht nicht nur unter Erasmus-Studenten – das hat den Kontakt zu den Einheimischen sehr voran getrieben.“ Headbanging im Schnee – das Nachtleben „Als Metal Fan war ich natürlich viel auf Konzerten unterwegs. Gerade in dieser Richtung gab es ein tolles Angebot. Für weniger Geld als bei uns gibt es da allerlei große und kleine Namen aus der Szene. Angeschaut habe ich mir unter anderem Korpiklaani, Ensiferum und Rotten Sound. Übrigens: wer sagt, die Finnen wären schüchtern, sollte unbedingt mal auf so ein Konzert gehen. Das ist total wild. Man wird sofort eingebunden und auf einen „Fisu“ eingeladen. Als Deutsche wurde mir aber auch schnell ein Jägermeister spendiert. Es gibt natürlich auch für Nicht-Metaller viel zu tun. Die Indie- und Pop-Szene da ist ziemlich stark.“ Auf Abwegen Von Helsinki aus kommt man schnell in Finnlands Nachbarländer. Eine Gelegenheit, die die Studentin nicht ungenutzt lassen wollte. So bereiste sie das nur wenige Stunden entfernte St. Petersburg mit dem Bus und blieb dort vier Tage. Stress an der Grenze inklusive, versteht sich. „Die haben auf der Rückfahrt einfach die Grenze zu gemacht und den Busfahrer mitgenommen. Die Tür stand stundenlang offen, draußen hatten wir minus 18 Grad. Die Erkältung habe ich fast sofort bekommen. Trotzdem hat es sich gelohnt – St. Petersburg ist eine tolle Stadt.“ Eine Woche Lappland stand ebenfalls auf dem Programm. Blockhütten, Sauna, Rentier- und Huskyschlitten, Spaziergänge auf gefrorenen Seen und natürlich Santas Dorf – das Land wurde seinem zauberhaften Ruf als Märchenlandschaft aus Schnee und Eis voll gerecht. „Tallin, die Hauptstadt von Estland, ist nur zwei Stunden mit der Fähre von Helsinki entfernt. Die Reise ist ziemlich billig und Tallin hat eine wunderschöne Altstadt. Dort bin ich einige Male hingefahren.“ Das letzte Wort... ...hat Vanessa: „Ich kann diese Erfahrung nur empfehlen. Und wenn ihr in Helsinki seid: nehmt das Nachtleben unbedingt mit! Und lasst euch dabei nicht von den hohen Preisen abschrecken – es gibt immer günstige und tolle Alternativen. Reist viel – nutzt die Nähe zu den Nachbarländern aus. Und besucht Seurasaari, eine Insel in Helsinki: dort gibt es zutrauliche Eichhörnchen!“ 11 Wusstest du schon? Es gibt einen international anerkannten Studentenausweis! Die „International Student Identity Card“, kurz ISIC, bietet Rabatte in über 100 Ländern weltweit. Sie existiert bereits seit 1968 und ermöglicht jungen Studenten, auch außerhalb Deutschlands Kulturen günstig näher kennen zu lernen. Gegen Vorlage des aktuellen Studentenausweises und einen Beitrag von 12 Euro gibt es diese Karte in über 500 Ausgabestellen in Deutschland zu erwerben. Viel Spaß beim Reisen! BILDUNGSPOLITIK ▪ Ich will es nicht erzählen - Ihr wollt es nicht hören ▪ Bachelorstudium = Dauerreferat Ich will es nicht erzählen ihr wollt es nicht hören Wenn das Bachelor Studium zum Dauerreferat verkommt Meine Augen werden schwerer. Immer schwerer. Der monotone Vortrag des Referenten hat etwas von einem Gute Nacht Lied, das meine Mama mir früher immer gesungen hat. Alles auf einer Tonhöhe, ohne Punkt und Komma, keine Stimmschwankungen, keine Abwechslung. Den Faden habe ich schon nach fünf Minuten verloren – nicht dass ich mir besondere Mühe gemacht hatte es nicht zu tun. Ich kenne den Menschen, der sich vor dem Kurs abstottert. Dieses Semester habe ich schon einige Referate von ihm mitbekommen. Stets waren sie furchtbar strukturiert, völlig undurchsichtig und wenig informativ. Der Dozent schien zufrieden zu sein. Selbstverständlich waren meine Referate nicht besser. Die auf das Allernötigste reduzierte Recherche, schmucklose und eigentlich unnötige Power Point Präsentation, ein „Augen zu und durch“ Vortrag. Die Reaktion der Kommilitonen war dem Vortrag entsprechend - es gab keine. Dies war nicht immer so. Mit Staunen erinnere ich mich an meine ersten Referate am Studiumsbeginn. Nervös, engagiert, in der Hoffnung das mir zugeteilte Thema gut rüber bringen zu können bearbeitete ich die Sekundärliteratur. Ich übte den Vortrag zuhause ein, machte mir Karteikarten und las mich zur Sicherheit ausführlich in die Thematik ein. Nach meinem Referat gab es Fragen aus dem Plenum, man diskutierte, debattierte, tauschte sich aus. Eigentlich ist es doch genau das, wofür ein Referat gut ist. Was aber ist geschehen? Wie lässt sich dieser Kerl erklären, der da vorne gerade ein völlig belangloses Referat hält? Und was ist mit dem Publikum? Wieso hört keiner zu? Was ist wann und weshalb schief gegangen? Schlechte Referate hat es schon immer gegeben. Das Sprechen vor Menschen liegt nicht jedem und auch nicht jeder Student gibt sich wirklich viel Mühe sein Thema zu bearbeiten. Doch ist dies nicht der Grund, weshalb ich beim Hören des Wortes „Referat“ am liebsten mein Studium hinschmeißen würde. Der Grund ist die Häufigkeit, mit der Dozenten einen im Bachelor System mit eben diesem Unwort beauftragen. Ganze Kurse sind mittlerweile darauf aufgebaut. In der ersten Sitzung werden die Themen vergeben, danach beginnt der Marathon. Sitzung für Sitzung stehen meine Kommilitonen neben dem Beamer und erzählen mir irgendwelche Dinge, von denen sie selbst kaum eine Ahnung haben. Ich kann ihnen die schlechte Qualität und die Oberflächlichkeit nicht verübeln. Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass sie in einer Woche wahrscheinlich mehrmals ran müssen. Denn so ein Referat kommt selten allein. Der Dozent zieht sich in diesen Kursen völlig zurück. Manchmal vergisst man sogar, dass es ihn überhaupt gibt. Denn eigentlich sind viele dieser Seminare gar keine Seminare mehr, sondern Tutorien. Studenten 12 helfen sich gegenseitig dabei ein Thema zu verstehen. Sie erarbeiten es, bringen es anderen nahe und versuchen eine Diskussion anzuregen. Berechtigt scheint da die Frage: Wozu der Dozent? Dem scheint es nämlich völlig egal zu sein, was da in seinem Kurs erzählt wird, solange überhaupt etwas kommt. Oft kann man es ihnen nicht einmal zum Vorwurf machen. Das Bachelor System mit seinen Credit Points sieht es manchmal vor, dass jeder in einem Kurs mit 40 Teilnehmern ein halbstündiges Referat hält. Da bleibt nun mal keine Zeit für den Unterricht – die CPs müssen ja irgendwie zu KLIPS gelangen. Manche Dozenten sind weit weniger passiv. Diese verbringen die meiste Zeit damit sich darüber aufzuregen wieso wir denn so schlechte Vorträge halten. Zu ihrer Zeit, hießt es dann oft, hat man sich schon Wochen vorher auf ein Thema vorbereitet. Man las Tausende von Texten, um jede eventuelle Frage beantworten zu können und überließ auch sonst nichts dem Zufall. Unerwähnt lassen sie meistens, dass sie es „zu ihrer Zeit“ mit ungleich weniger vollbepackten Stundenplänen zu tun hatten und sich auch den Luxus erlauben konnten in ein Thema einzutauchen. Und noch ein Unterschied: ihr Publikum war noch nicht so übersättigt. An Tagen, an denen man in drei Veranstaltungen sieben Referate am Stück hören muss (mein trauriger Rekord), ist es spätestens nach dem dritten völlig gleichgültig was einem da erzählt wird. Doch so verdient man sich CPs. Und darum geht es doch bei unserem Studium. Oder? Ich weiß es eigentlich nicht mehr so genau. Aber bald hält jemand sicherlich einen Vortrag darüber. BILDUNGSPOLITIK ▪ NRW - Deine Studiengebühren ▪ Kommentar Nordrhein-Westfalen deine Studiengebühren Mit einem Lächeln auf dem Gesicht blickten wir Studenten in Nordrhein-Westfalen noch im Oktober auf das nächste Wintersemester, mit dem die Abschaffung der Studiengebühren kommen sollte. Doch jetzt ist die Verwirrung groß – wird es überhaupt soweit kommen? Die frisch gewählte Landesregierung aus SPD und Grünen hatte die Abschaffung der Studiengebühren nach der Wahl im Frühjahr auf einen der ersten Plätze ihrer Prioritätenliste gesetzt. Stolz wurde dann Mitte des Jahres verkündet, dass im Landtag über einen Gesetzesentwurf abgestimmt werden sollte, der die Abschaffung der Studiengebühren zum Wintersemester 2011/2012 gesetzlich festlegt. Doch vor wenigen Wochen wurden Stimmen laut, zu dieser Abschaffung würde es nicht kommen. Die Verhandlungen diesbezüglich seien gestoppt und weitere Schritte würden sich erst im Verlauf der Haushaltsdebatte im Landtag herauskristallisieren. Da kommen Fragen auf: Ist es klug als neue UND Minderheitsregierung die Studentenschaft derart abzublocken und zu verunsichern? Sind sich SPD und Grüne in ihrem Vorhaben, den Gesetzesentwurf durchzubringen, so sicher, dass sie eine weitere Verzögerung in Kauf nehmen können? Das zuständige Ministerium, nämlich das Forschungsministerium und nicht wie anzunehmen ein Bildungsministerium, bildet sich auf seinen Internetseiten durchweg als Verkünder der frohen Botschaft ab. Der Gesetzesentwurf steht zum Herunterladen und Einrahmen zur Verfügung, sowie eine Rede der Ministerin Svenja Schulze, in der sie die allseits bekannten Vorzüge einer Abschaffung der Studiengebühren präsentiert. Kein Wort von Verzögerung oder Stopp. Die Landesregierung kann es sich zu diesem Zeitpunkt nicht leisten, das Thema Studiengebühren unter den Tisch fallen zu lassen. Bekannterweise hat diese Regierung als Minderheit einen schweren Stand, das Wahlkampfthema Nummer 1 zu vernachlässigen, wäre jedoch ein klarer Vertrauensbruch gegenüber den Wählern. Als besonders clever und strategisch günstig kann man die derzeitige Situation demnach nicht bezeichnen. In der Abschaffung der Gebühren steckt durchaus Potential, die Regierung in ernsthafte Schwierigkeiten zu bringen. Alles was sich die Landesspitze mit diesem Zögern einhandelt, sind weitere Demonstrationen und Proteste der Studentenschaft des Landes, von uns – und das zu Recht. Wer uns mit anscheinend festen Zusagen derart aufpusht, hat es nicht anders verdient. 13 Wusstest du schon? Köln ist nicht nur Millionenstadt und Metropole, sondern auch Studentenstadt! Viele Rabatte auch außerhalb von Museen und Kinos warten auf den klammen Studenten, sodass auch Kultur und Freizeit nicht zu kurz kommen müssen. Im Kölner Zoo zahlen Studenten gegen Vorlage ihres Ausweises nur 9 statt 14 Euro Eintritt, auf den Kölner Dom inklusive Besichtigung der Domschatzkammer kommt man schon für 2,50 Euro statt 5 Euro. Auch für gesunde Ernährung ist gesorgt: Die Bio-SupermarktKette „Basic“ bietet allen Studenten Mittwochs 10% Rabatt auf den Einkaufspreis. Den größten Rabatt bekommt man allerdings im Schauspielhaus. Studenten zahlen nur 6 Euro auf allen Plätzen statt bis zu 26 Euro für Normalzahler. Da wird der Gang ins Theater beinahe zur Pflicht. BILDUNGSPOLITIK ▪ Ich hielt sie wie die Bibel in der Hand ▪ Erfahrungsbericht Magisterabschluss Ich hielt sie wie die Bibel in der Hand Erfahrungsbericht über den Abschluss eines Magisters. Es scheint, als sei es das schwierigste Moment des Studiums überhaupt: Das Studium abzuschließen. Die meisten wollen dies auch nicht nur irgendwie vollbringen, sondern mit Bravour. Das Studium repräsentiert die Arbeit, jetzt ist die Kür dran. Das Anmelden an sich ist schon eine Aventüre. Viele Studenten sagen, sie hätten das Gefühl, dass dies wohl die wirkliche Herausforderung des Studiums sei. Sie hetzen von der Studienberatung zum Dekanat, dann zum Prüfungsamt und zur Sprechstunde des Prüfers um schlussendlich nochmal die ganze Runde wieder von vorne anzufangen. Alle wollen sie die Originale der Dokumente haben, alle wollen Stempel, die bezeugen, dass man Zettel A vor Zettel B errungen hat. Für die Anmeldung zur Magisterprüfung findet man zwar Anleitungen auf der Institutsseite, allerdings ist hier nicht vermerkt, dass die Abgabe der Magisterarbeit mindestens zehn Wochen vor den Prüfungen vonnöten ist. Die Magisterarbeit muss nämlich bestanden sein, ehe der Examenskandidat die Klausuren antritt. Daniel B., 27 hat es hinter sich. Er hat das Magisterdiplom, versehen mit einer stolzen 1,2 in der Tasche. Bis dahin war es aber ein abenteuerlicher Weg der ihn sehr viel Kraft, Nerven, Zeit und Schweiß gekostet hat. Hilfe hatte er aber auch: Zahlreiche Tassen Kaffee und Ziga- retten und die Freunde, die täglich mit ihm der Bibliothek büffelten. Daniel beschreibt das Examensjahr als “hardcore“, in jener Zeit wäre die Uni eher sein Zuhause gewesen als seine eigentliche Wohung. Daniel empfiehlt, die Magisterarbeit und die Klausuren in einem Ruck durchzuziehen und sie nicht auf mehrere Semester zu verteilen. Eine weitere Startschwierigkeit ist das Thema der Magisterarbeit. Das Thema muss mit dem Prüfer auf Punkt und Komma genau abgeklärt werden. Der Prüfer schickt das Thema dann an die Prüfungsstelle und diese schicken es dann schlussendlich dem Exmenskandidaten nach Hause. Ist das Thema allerdings nicht exakt jenes, welches man mit dem Prüfer abgesprochen hat, wird es abgelehnt. Daniel hatte, wie so viele, nicht wirklich eine genaue Idee was er als Thema für seine Magisterarbeit wählen soll. Die Sprachwissenschaft des Deutschen hat ihn aber immer besonders interessiert und fasziniert. Er ging also, wie er sagt “vollkommen ahnungslos“ zu seinem Dozenten, der sein Interesse an einem bestimmten Thema erweckte, da das Thema aber leider nicht sein Spezialgebiet war leitete dieser ihn an einen anderen Dozenten weiter. Dieser Dozent war aber alles andere als hilfsbereit. Auf Daniels Anfrage hin, ob der Dozent 14 ihm vielleicht weitere Fachliteratur empfehlen könnte, schrieb dieser zurück,dass dies ‘so klingen würde, als würden Sie eine ausgearbeitete Bibliographie erfragen’. Daniel schrieb aber auch dem Autoren eines Fachartikels, den er passend fand für sein Thema. Der Autor schrieb eine äußerst hilfsbereite und freundliche Mail zurück, die anmerkte, dass er sich jederzeit bei aufkommenden an ihn wenden könnte. Im Anhang der Mail befanden sich, neben diesem großzügigen Angebot auch zwei nicht-veröffentlichte Artikel des Autors. Daniel empfiehlt, ehe man überhaupt anfängt Fachliteratur zum Thema zu suchen, ein paar Einführungsbücher zu lesen. Die Einführungsbücher halfen ihm, sein Gedächtnis aufzufrischen um eine solide Basis als Voraussetzung zu der kommenden Arbeit zu etablieren. Die nächsten drei bis vier Monate verbrachte Daniel mit lesen. Hierbei hat er auch neuere Artikel mit einbezogen, um den Überblick über das Thema zu erhalten. “Es ist wichtig, das Thema zu strukturieren und zu ordnen“, dies um die Orientierung im Auge zu behalten und der enormen Quantität der Literatur die sich ansammelt, zu trotzen. Des Weiteren ist nichts, was man liest umsonst, da alles irgendwo verarbeitet werden kann, es geht nur darum die richtige Stelle im Text zu finden, wo man es unterbringen kann. Nach dem Lesen der Fachliteratur, dem Strukturieren und dem Konzipieren kommt dann der schwerste Schritt, nämlich das Schreiben selbst. “Man ist auf das Lesen gepolt, jetzt muss man das Material aufs Blatt bringen.“ Daniel hat erst mal eine Woche pausiert, um Distanz zu gewinnen und um Luft zu holen. Dann gab er sich eines Abends einen Ruck und schrieb die Ein- BILDUNGSPOLITIK ▪ Ich hielt sie wie die Bibel in der Hand ▪ Erfahrungsbericht Magisterabschluss leitung nieder. Da es quasi ein Ding der Unmöglichkeit ist, sich selbst einzuschätzen, ließ er diese dann von einer Bekannten prüfen, die meinte, die Einleitung “sei gut und sie wisse nicht, warum er sich einen Kopf mache“. Dies half ihm mit gestärktem Selbstbewusstsein weiterzuschreiben. Eine Magisterarbeit an der Universität zu Köln muss mindestens 53 und maximal 66 Seiten beinhalten. Es ist sehr wichtig die Formalitäten einzuhalten, sind diese doch die Visitenkarte der Arbeit und demzufolge auch die des Studenten. Eine weitere Empfehlung von Daniel ist, die Fußnoten sofort zu integrieren, ehe man den Überblick verliert. Auch die benutzten Quellen gehören direkt in die Literaturliste, hier würde man dann wiederum feststellen, dass man kein Buch umsonst gelesen hat. Ein weiterer Schritt in der Konzeptionsarbeit ist, sich ein System auszudenken, das einem hilft sich wiederzufinden und sich nicht in den Unterlagen zu verlieren. In der Mitte der Magisterarbeit dann der Schock: Daniel stellte fest, das er sich auf zwei Thesen gestützt hatte, die sich ausschließen, dies machte es ihm unmöglich, die Gesamtthese zu belegen. Das Vertrauen in die Quellen hatte ihn irregeleitet. In seiner Verzweiflung wandte sich Daniel an den Prüfer, der meinte, er würde darauf vertrauen, dass Daniel eine Schnittstelle zwischen den beiden Thesen fände. Bis Abends saß Daniel dann in der Bibliothek und fabrizierte Zeichungen um die Schnittstelle schlussendlich zu finden. Die Erleichterung, als er feststellte, dass er seine Arbeit nun doch noch retten kann, war “unbeschreiblich“. Außerdem hatte ihn diese Erfahrung zu einem persönlichen und wissenschaftlichen Erfolg verholfen, da er einen neuen sprachwissenschaftlichen Aspekt eruiert hat. Für das Schreiben selbst empfiehlt sich ein Literaturprogramm, wie zum Beispiel das Programm ‘Citari’. Citari besitzt einen praktische Suchbrowser und die Möglichkeit, zum Beispiel bestimmte Quellenangabetypen zu programmieren. Daniels Motivation war eine treibende Angst. Sein Alltag, der sich nur in der Uni abspielte, musste erhebliche Einbüßungen über sich ergehen lassen. Ein langjähriger Freund, der ihn besuchte, bekam einen fürchterlichen Schreck, als er ihn nach längerer Zeit zum ersten Mal wiedersah. Aber Daniel hat auch die Freundschaften, die in der Bibliothek entstanden sind oder ihn dorthin begleiteten, gefestigt und gestärkt. Zusammen zu lernen, einander zu helfen den Papierkram zu erledigen und vor allem die gegenseitige moralische Unterstützung geben Kraft und Muße die Examenszeit durchzustehen. Nachdem das eigentliche Schreiben beendet ist, sollte man noch mal drei bis vier Wochen für die Formatierung einplanen. Es ist sehr wichtig, das “Ebenda“, also die formellen Angaben des jeweiligen Institutes, vom ersten Tag an im Auge zu behalten. Auch ist es extrem wichtig, die Arbeit stetig auf einem USB-Stick oder externen Harddisk zwischenzuspeichern, sodass man im Falle eines Absturzes des Computers nicht Gefahr läuft, einen Herzinfarkt zu bekommen. “Das Ausdrucken war der Knaller!” Daniel hat die fertige Magisterarbeit noch von drei Freunden korrekturlesen lassen. Alle drei haben unterschiedliche Fehler gefunden. “Mir war aber auch bewusst, dass es unmöglich ist, alle Fehler zu finden.“ Es sei ein “unglaubliches Hochgefühl“ gewesen, die Arbeit auszudrucken und das Ge- 15 schriebene in den Händen zu halten. Als Daniel darauf wartete, dass der Kleber trocknet, “hätte er sie wie eine Bibel in den Händen gehalten“. Das Einreichen an sich sei dann relativ formell und unspektkulär abgelaufen. Ausruhen nach der Abgabe ist aber nicht. Man hat zehn Wochen um sich auf die Klausuren vorzubereiten. Dies ist jetzt wieder ein komplett anderes Lernen, es geht darum sich Wissen anzueignen. Die Magisterklausuren bestehen aus drei schriftlichen und einer mündlichen Klausur, wobei dann in der Endnote die Noten der Magisterarbeit und der Mündlichen doppelt zählen. Vor den Klausuren wäre “gar nichts mehr gegangen“. Der Puls war auf 180, man ist aufgedreht und hat ein nicht zu ignorierendes flaues Gefühl im Magen. Dann kommt der Karren mit den Umschlägen, in denen sich die Prüfungsfragen befinden. Daniel erzählt, das er es “nicht mehr gewohnt war mit der Hand zu schreiben“. Er hat versucht, das Aufgenommene nach dem Lesen aufzuschreiben, um seinen Arm darauf zu trainieren in der Klausuren “mit dem Gedächtnis mitzukommen“. Trotzdem hatte er arge Krämpfe in der Hand während er schrieb. Daniels Tipp für die Klausuren ist “einen guten Stift dabeizuhaben“, immerhin hat er zwischen 27 und 30 Seiten Handgeschriebenes pro Examen abgegeben. Nicht nur Daniels Familie ist superstolz auf ihn, auch er selbst hat das Gefühl etwas unglaublich Großes geschafft zu haben. “Es war eine harte Zeit, aber ich habe sie überstanden und durchgezogen.“ Daniel hat sich für die Promotion entschieden und ist im Gespräch für diverse Doktorandenstellen. BILDUNGSPOLITIK ▪ Universität zu Köln - „Gefällt mir“ ▪ Unsere Uni und facebook 16 Universität zu Köln – „Gefällt mir“ Unsere Uni und Facebook Bei Facebook kann bekanntlich jedem Alles und Jeder „gefallen“. Doch hört man sich unter den Usern um, denen auch die Universität zu Köln gefällt, bekommt man ein eindeutiges Echo: Es ist irgendwie seltsam die Facebook-Seite der Uni zu mögen. Warum? Den meisten der Kölner Studenten „gefällt“ ihre Uni, damit sie, „falls mal etwas passiert“, auf dem schnellsten Weg davon erfahren. Kaum jemandem „gefällt“ die Facebook-Seite, weil er sie wirklich im ursprünglichen Sinn mag oder gut findet. Aber gerade äußerst aktuelle, tagesrelevante Informationen, die auch mit einem schnellen Blick auf das Smartphone ankommen, fehlen. Alles wirkt irgendwie verstaubt und scheint alleine dem Zweck der Selbstdarstellung zu dienen. Klar, die Rede ist von einem sozialen Netzwerk. Wo, wenn nicht dort, betreibt jeder in einem gewissen Sinne narzisstische Praktiken. Aber sollte die Universität dafür nicht ihre Homepage nutzen? Ein so aktuelles „Medium“ wie Facebook bietet sich wie kein anderes zur schnellen Verbreitung von Neuigkeiten an. Warum also nicht hier auf die neusten Entwicklungen der Bauarbeiten hinweisen oder die Rätsel lösen, was überhaupt wo gebaut wird. Ja, auf der Homepage ist das alles einsehbar, aber versteckt und kompliziert abzurufen. Ein schneller Post bei Facebook, und schon wären die Rätsel gelüftet. Im Grunde eine gute Idee sind die kleinen Videos, in denen sich Professoren vorstellen. Doch auch das erscheint komisch: Ein deutschsprachiges und ein englisches Video werden kurz nacheinander veröffentlicht. Warum nicht nur auf Englisch? Natürlich, wir sind eine deutsche Uni. Doch jeder Student, ob deutschsprachig oder potentieller ERASMUS-Student aus dem Ausland müsste doch derart bewandert sein, eine Minute Kurzportrait zu verstehen. Was aber der eigentliche Grund für das Unwohlsein beim „gefallen“ verursacht ist, dass die Verantwortlichen unter „gefallen“ auch nur gefallen zu verstehen scheinen. Auszeichnung reiht sich an Auszeichnung, Forschungsdurchbruch an Forschungsdurchbruch. Als Student vermisst man die schlechten Seiten der Universität. Eine kurze Erinnerung an Fristen, eine kurze Nachricht, dass das seltsame Lautsprecherknacken im neuen Seminargebäude behoben wird oder Ähnliches würden der Seite ausgesprochen gut tun. Der gute Wille ist da, nur scheint die Universität zu Köln noch nicht genau herausgefunden zu haben, auf welcher Plattform welche Nachricht gut aussieht. Verständlich, wenn zwischen Homepage, KLIPS, ILIAS, ukonline und Rundmails per S-Mail unterschieden werden muss. Die aktuellen Informationen, die die Studenten mit dem Klick auf den „Gefällt mir“-Button erwarten, erhalten sie jedenfalls (noch) nicht. Wusstest du schon? Köln hat einen Museumstag! Am ersten Donnerstag jeden Monats ist der Eintritt in die Museen der Stadt Köln kostenlos, und das bis 22 Uhr. Es gilt einzig die Bedingung, dass der Besucher aus Köln stammen muss: Als Eintrittskarte genügt also der Personalausweis. Der Museumstag wurde ins Leben gerufen, um die kulturelle Identifikation der Bürger mit der Stadt zu stärken. Teilnehmende Museen sind unter anderem das Museum Ludwig, das NS-Dokumentationszentrum und das Museum für Ostasiatische Kunst. KULTUR ▪ Unifilm und der Mann dahinter - filmreif nicht nur in der Uni 17 Unifilm und der Mann dahinter filmreif nicht nur in der Uni Es ist Donnerstagabend halb neun und ich bin von Sebastian Hilger eingeladen worden, in seine WG im Kölner Studentenviertel um die Zülpicher Straße herum. Bei einem angenehm kühlen Becks aus dem Supermarkt sitzen wir in seinem Zimmer. An der Wand eine lebensgroße schwarz-weiß Darstellung aus einem Film: Ein Mann, eine Frau und eine Knarre. Aus den Boxen kommt leise Musik, eine Mischung verschiedener Filmsoundtracks. Inception ist dabei und wohl auch Matrix. Wir stoßen an. Sebastian, meist nur kurz Sebi genannt, sitzt an einem Schreibtisch mit recht imposanter Ausstattung. Man sieht, hier wird mehr gemacht als nur ein wenig getippt. Ihm gegenüber ein doch recht kleiner Fernseher, er kann keine Konkurrenz zum Bildschirm aufnehmen. Filme und Bücher über Filme füllen die Regale. Ich platziere das Aufnahmegerät neben Sebi, setze mich auf eine Couch und dann fangen wir an. Zuvor hatte ich ihm angeboten, die Fragen schon einmal zu lesen, sich Gedanken zu machen. Dies lehnte er ab. Es soll spontan bleiben. Sebastian ist 26 Jahre alt, kommt aus einem 1000 Seelen Eifeldorf eine Stunde von Köln entfernt. Er studiert Theater-, Film- und Fernsehwissenschaften, kurz TheFi-Fe an der Universität zu Köln. Noch auf Magister sagt er. Heute ist Sebi Studentische Hilfskraft an der Studiobühne Köln, dem Theater der Universität. Er organisiert dort seit dreieinhalb Jahren dort „Unifilm“, das Studentenkino der Universität. Er arbeitet dort auch hin und wieder als Beleuchter bei Stücken, zuletzt war es „Schwarzes Tier Traurigkeit“, was Sebi erhellte. Einmal im Jahr organisiert er den „Primetime“ Kurzfilm-Abend der Studiobühne, in dessen Rahmen die Ergebnisse der verschiedenen Kurse zum Thema Film und dessen Produktion gezeigt werden. Unifilm, was bedeutet das, frage ich ihn. Derzeit, so erklärt er mir, ist es eine Mischung aus Arthouse und Mainstream. Später wird er auf meine Nachfrage recht bescheiden zugeben, dass dies eine Neuerung von ihm sei. Vorher war es doch eher „nur Mainstream“. Das Traumprogramm: ein Darren Aronofsky Special, würde hier jedoch nie funktionieren. Das Unikino „Unifilm“ gibt es seit den Siebzigern, werde ich aufgeklärt. Es sei damals als kulturelles Programm der Studiobühne entwickelt worden. Da die Hörsäle bereits mit Projektoren ausgestattet waren und man in erster Linie Studenten ansprechen wollte, wurde das Ganze dann auch direkt in den Hörsaal verlegt. Damals „in den wilden 70ern“, wie Sebi es nennt, saßen noch rund 1000 Studierende in jeder Vorstellung. Zahlen von denen man heute leider nur noch träumen könne. Unifilm, das sei nicht nur er. Es sei ein Team aus freiwilligen Helfern, die mit ihm zusammen jeden Dienstag für eine gelungene Vorstellung sorgen. 2,50 Euro kostet die Karte, Erstsemester kommen sogar kostenlos rein. Auf die Frage, was er denn noch für Änderungen ins Unifilm-Programm gebracht hätte, erzählt er davon, dass es inzwischen gekühlte Getränke und im Sommer gegrillte Würstchen gäbe. Der Filmabend sollte alles in allem mehr zum Genuss werden. Specials habe er sich mit der Gruppe ausgedacht, so circa sechs Mal im Jahr. Dieses Jahr gab es eins zum Thema Zombie. Vor dem Film „Zombieland“ konnte man im Netzwerk in der Studiobühne ein wenig Resident Evil zocken. Es gab im Sommer auch ein „Open Air Ed Wood KULTUR ▪ Unifilm und der Mann dahinter - filmreif nicht nur in der Uni Special“. An diesem Abend standen überall auf dem Hof der Studiobühne alte Schwarz-Weiß-Fernseher. Es lief „Plan 9 from Outer Space“, danach kam Tim Burtons Tragikomödie „Ed Wood“ - ein Abend als Hommage an „Hollywoods schlechtesten Regisseur“. Auf die Frage nach dem erfolglosesten Film der letzten dreieinhalb Jahre antwortet Sebi resigniert mit „Der Knochenmann“. „Bei der Vorstellung saßen wir mit nicht mal acht Zuschauern im Saal. Da waren mehr Leute von der Unifilm-Gruppe, als Gäste dabei.“ Aber so sei das, wenn man zwar gute, jedoch der breiten Masse unbekannte Filme zeige. Arthouse wie Tarantino locke hingegen sehr. Und man probiere immer wieder Geheimtipps aus. Der erfolgreichste Film in Sebis Zeit war „Männer die auf Ziegen starren“. Wieso, bleibt mir fraglich. Dreieinhalb Jahre ist es nun her, erzählt er, dass ihm die Stelle als Organisator des Unikinos angeboten wurde. Kurze Zeit vorher war er „wie die Jungfrau zum Kinde“ zu einer Anstellung als Beleuchter an der Studiobühne gekommen. Er war von einer Freundin mitgeschleppt worden zur SB dort war Infoabend. Man suchte neue Leute. Sebi bewarb sich auf eine der begehrten Stellen und wurde genommen. Wie es dazu kam? Durch viel Erfahrung im Filmbereich. 2003 hat er sein Abitur abgelegt hierzu sollte es ein Projekt geben. Warum nicht einen Film, dachten Sebi und ein Freund sich, ist ja nicht so viel Arbeit. Sie merkten schnell, dass sie da schlecht informiert waren. Sebi hatte nach diesem „ 45minütigen Science-Fiction Film“ jedoch auch Blut geleckt. So wurde kurzerhand die geplante Polizeikarriere an den Nagel gehängt und der Entschluss gefasst, zum Film zu gehen. Natürlich nahm die Filmhochschule ihn da noch nicht. Daher wanderte er nun durch verschiedene Praktika bei Filmproduktionsfirmen; später kam dann noch ein Job bei einem Technikverleih für Film hinzu. Eine Grundlage für die Arbeit im Film war gelegt. Diese „Ausbildung“ war es dann auch, die ihn für den ersten Job als Beleuchter an der Studiobühne qualifizierte. Inzwischen leuchtet Sebi nicht nur Stücke auf der Bühne aus und organisiert das Unifilm-Programm, er gibt auch selber Kurse. Zunächst war es ein Lichtkurs, Theater- und Filmbeleuchtung wurden erprobt, erklärt und verglichen. Heute gibt er einen Kurs der „Filmdreh von A-Z“ heißt. Hier wird im spielerischen Rahmen ein kompletter Kurzfilm gedreht und anhand dessen gezeigt, wie das so von Statten geht bei der Produktion eines Films. „Man muss nicht jeden Fehler selber machen“ ist das Motto und die Idee dahinter, Studenten auf den Weg zu helfen, selber zu drehen. Natürlich gibt es auch ein Leben neben der Uni, jedoch ist dies gleich geprägt. In seiner Freizeit dreht Sebi selber Filme. Seit dem „45 minütigen Science-Fiction-Film“ fürs Abitur sind neun Kurzfilme in „der frühen Phase“ entstanden. Die letzten Jahre wurden einem größeren Projekt gewidmet. „Ayuda“, Sebis erstem eigenen Langfilm. Einem Projekt, in dessen Kern drei Leute steckten: Sebi, Nadine, die „Kollegin und Seelenverwandte“ und sein Freund Ralf, mit dem bereits der „Sci-Fi“ Film entstand. „Ayuda“ geht um einen Mord in einem Mietshaus. Was nach klassischem „Wer hat´s getan Krimi“ klingt, entwickelt sich zu einem packenden Mysterie Film, der, wenn 18 auch Mysterie, so doch kein Thriller ist. Geschrieben wurde die Geschichte Jahre zuvor, zu Schulzeiten, von Nadine. Ein Film, der ein Budget von 1 000 000 Euro benötigt hätte und dann doch auf eigene Faust mit einer selbst gegründeten Produktionsfirma „Footstep Productions“ und einem Startbudget von 3000 Euro gedreht wurde. Da es keinen Protegé, keine Unterstützung der Uni oder dergleichen gab, wurde halt alles selbst gemacht. So war Sebi dann auch Produzent, Regisseur, Organisator und so manches Andere. Es klingt abenteuerlich, doch was entstand, kann sich sehen lassen. Da Ayuda bisher keinen Verleih hat und auch nicht in Programmkinos zu sehen ist, verweist Sebi an dieser Stelle unseres gemeinsamen Abends auf die Homepage zum Film www.ayuda-film.com . Hier haben Nadine und er in einem Blog festgehalten, wie es denn so alles war und wie es ist, seinen eigenen Film zu drehen und zu produzieren. Langsam leert sich mein inzwischen gar nicht mehr so kühles Becks, Sebis ist noch fast voll. Er hatte so viel Spannendes zu erzählen, er kam nicht zum Trinken. Doch merke ich, es schwingt etwas Melancholie mit. Nach dreieinhalb Jahren an der Studiobühne und fünf Jahren an der Uni verlässt Sebi dies nun bald alles. Das Studium ist vorbei und somit auch sein Job für „Unifilm“. Auf die Frage, wo es hingeht, wird ein wenig verlegen gelächelt und er sagt: „An die Filmhochschule.“ Er will es noch einmal probieren. Sebastian Hilger will jetzt Regie studieren, bewirbt sich wieder. Und wenn sie ihn nicht nehmen, so meint Sebi, sehen wir ihn wieder als freischaffenden Filmemacher. KULTUR ▪ Neukölln Unlimited ▪ Eine Rezension Neukölln Unlimited Eine Rezension Hassan Akkouch ist zwei Jahre alt, als er 1990 mit seiner ein Jahr älteren Schwester Lial, der Mutter und dem Vater aus dem Libanon nach Deutschland flieht. Er wächst in Berlin auf, lernt die Sprache, fühlt sich dort zuhause. 2003 wird die Familie abgeschoben – die zu dem Zeitpunkt um zwei Geschwister reicher ist. Es ist der achte Geburtstag Maradonas, des dritten Sprösslings. Sechs Wochen später kehren sie zurück, doch bei allen hat die schreckliche Erfahrung der Abschiebung Folgen hinterlassen – psychische wie physische. Die Mutter leidet von nun an an Epilepsie, Lial an Bulimie und Maradona möchte nie wieder seinen Geburtstag feiern. Der bewegende Dokumentarfilm Neukölln Unlimited (2009) von Agostino Imondi und Dietmar Ratsch handelt von einer Familie, die in der ständigen Angst lebt, in ein Land abgeschoben zu werden, das für die Kinder nie eine Heimat gewesen ist, dessen Sprache nur noch die ältesten sprechen und zu dem sie keinerlei engere Verbindungen haben. Er handelt von der Stärke der zwei älteren Geschwister, die mit aller Kraft dafür kämpfen, dass ihre Familie in Deutschland bleiben kann. Sie räumen mit den Vorurteilen auf, gemäß denen Ausländer gewalttätig sind und sich unwillig zeigen, sich zu integrieren. Hassan, Lial und Maradona sind hochbegabte Tänzer und Sänger. Während Hassan und Lial Geld mit ihrer Kunst verdienen, um damit für den Unterhalt ihrer Familie zu sorgen, und nebenbei das Abitur oder eine Ausbildung machen, fällt es Maradona schwerer, von der Straße wegzubleiben, sich auf die Schule zu konzentrieren und nicht in Schwierigkeiten zu geraten. Immer wieder wird er suspendiert, begreift jedoch erst später, dass er auf diese Art nichts erreichen wird. Sein Verhalten zu 19 ändern, wird ihm jedoch nicht leicht gemacht: „Heute bin ich schon wieder suspendiert worden. … Und genau heute hab’ ich gesagt, ich werd’ wieder in jeden Unterricht gehen und ich werd’ mich anstrengen und so. Und dann gehst du hin und dann kommt so ein Lehrer und sagt: ‚Geh nach Hause‘. Das ist, als hättest du ein Haus, das wunderschön aussieht, und dann kommt einer, boom, wie eine Rakete rein. Gleich am ersten Tag“, stellt Maradona am Ende des Tages resigniert fest. Es ist keine Dokumentation im klassischen Sinne – erzählende Momente werden durch das Einfügen von Trickfilmszenen ergänzt und bereichern den Film auf gefühlvolle Weise. Der Film ist nicht nur bedrückend; er zeigt die Jugendlichen in ihrem Alltag, in der Schule, der Ausbildung, beim Training und auf „Battles“. Der Film ist trotz seiner entmutigenden Thematik sehr unterhaltsam, gelegentlich sogar lustig: In einer Szene sind Lial und Hassan gemeinsam auf dem Amt, um ihre vorübergehende Aufenthaltsgenehmigung zu erhalten. Sie sprechen von ihrer Hoffnung, bald eine Kartoffelparty veranstalten zu können. Die Deutschen stehen im Ruf – auch wenn die Knollenfrucht nicht von hier stammt –, seit je her und besonders häufig Kartoffeln zu konsumieren und das in den verschiedensten Formen. So hat sich unter Einwanderern der amüsante Brauch etabliert, beim Erhalt einer dauerhaften Aufenthaltserlaubnis eine Party zu veranstalten, auf der es nur Kartoffelgerichte gibt. Die Ohnmacht, die auch das Publikum beim Betrachten dieses Films im Angesicht der deutschen Behörden, trotz aller Komik, immer wieder überkommt, kompensie- KULTUR ▪ Der große „Literator“ ▪ Gastvorlesung Daniel Kehlmann ren die Geschwister durch ihre Kunst, die ihre Sprache ist. Statt sich vom Groll und der Angst zerfressen zu lassen und kriminell zu werden – was zweifellos von ihnen erwartet wird –, äußern sie sich in ihren Texten und der Bewegung. Die Motivation, die Lial und Hassan von Anfang an und Maradona verstärkt gegen Ende des Films aufbringen können, ist bewundernswert. Familie Akkouch gehört zu 102 000 geduldeten Ausländern in Deutschland, von denen jährlich 8000 abgeschoben werden. Hassan tourt seit Beendigung seines Abiturs mit verschiedenen Tanz-Ensembles durch Deutschland, Lial führt ihre Ausbildung fort und möchte später ins Eventmanagement, während Maradona versucht, die Schule zu beenden und dann eine Ausbildung zum Kfz-Mechaniker zu machen. Keiner von ihnen hat die Hoffnung aufgegeben, irgendwann eine dauerhafte Aufenthaltsgenehmigung zu erhalten. Und auch wenn Hassan kurz vor Schluss resigniert feststellt, alles sei beim Alten geblieben, so haben sie doch sehr viel erreicht und hoffen weiterhin auf eine Kartoffelparty. Bildquelle: GMfilms Musik und Tanzen stehen im Mittelpunkt des Films: Die Kunst ist die Möglichkeit, dem Alltag zu entfliehen, gleichzeitig jedoch auch die Möglichkeit, einen Alltag zu ermöglichen, in Deutschland heimisch zu werden, den Lebensunterhalt zu verdienen, einen Weg zu finden, für immer im Land bleiben zu dürfen. „Dance to forget“, wie es ein Franzose bei einem Tanzevent in Paris formuliert, könnte ein Motto des Films sein. Doch es ist nicht nur das Vergessen, es ist eine Leidenschaft, die weit darüber hinausgeht. Die Musik im Film, größtenteils von Hassan und Lial getextet, ermöglicht neben der visuellen Erfahrung Neuköllns auch eine akustische und trägt ihren Teil dazu bei, den Film nicht so schnell wieder zu vergessen. 20 Der groSSe „Literator“ Kehlmann hält wunderbar prägnante Auftaktvorlesung in gewöhnungsbedürftigem Rahmen „Literator“, ein Begriff dessen bekanntere Konnotation auf Goethes Weltliteraturverständnis zurückgeht und hier einen ehrbaren Vermittler von und zwischen den Kulturen meint. Durch die zahlreichen Vorankündigungen zu Daniel Kehlmanns Gast-Dozentur an der Universität zu Köln vom 08. bis zum 14.12.2010 war es kaum möglich gewesen, diese Definition zu umgehen, da dem umjubelten Bestseller-Autor als Zeichen höchster Anerkennung ebenjener Titel zuteil werden sollte. Eigentlich scherzhaft fand am Abend der feierlichen Ernennung (08.12.) aber auch eine zweite, neben der goetheschen stehende, ungleich negativere Begriffserklärung Erwähnung: „Literator“, der literarische Dilettant. Jemand also, der sich in eine Sphäre begibt, in die er nicht wirklich hinein zu gehören scheint. Was der Erwähnende beim Niederschreiben dieser Worte nicht wissen konnte, auch diese Konnotation ließ sich in gewisser Weise für diesen Abend fruchtbar machen. Eines vorweg: Daniel Kehlmann bleibt natürlich auch nach diesem Mittwochabend prädestiniert für das erstere Bild eines kühnen, nahezu allwissender Mittelsmann zwischen divergierenden kulturellen Sphären, der Rahmen jedoch, in dem er sich präsentieren musste, bildete KULTUR ▪ Der große „Literator“ ▪ Gastvorlesung Daniel Kehlmann eher eine Schnittmenge beider Bedeutungen. Sicherlich hatte sich das veranstaltende Kolleg Morphomata, einige Mühe gemacht, den Exportschlager deutscher Literatur, an dessen internationale Verkaufszahlen lediglich Günter Grass’ „Blechtrommel“ heran reicht, eine adäquate Auftaktveranstaltung seiner fünftägigen Poetik-Dozentur zu bereiten und ihnen soll auch keinerlei Vorwurf gemacht werden, dennoch schien sich an diesem Abend nicht alles so fügen zu wollen, wie es eigentlich hätte sein sollen. Zunächst irritiert der Blick in das Rund des Hörsaal 1. Der mit 641 Plätzen größte Hörsaal der Wiso-Fakultät ist wohlwollend zur Hälfte gefüllt. Teilnehmer in offizieller Funktion, die Presse, einige Literatur interessierte Bürger, vereinzelt wissenschaftliche Mitarbeiter und Professoren, doch vernichtend wenige Studenten, vor allem, wenn man noch jene abzieht, die im Morphomata-Team mitwirken. Schließlich möchte Rektor Prof. Dr. Freimuth das Programm eröffnen, doch das Funkmikrofon, das an den Saum seines Anzugs gesteckt ist, möchte leider nicht funktionieren. Mit einem schnell herbei geholten, konventionellen Stabmikro spricht er schließlich einige, verunsicherte Grußworte und verweist natürlich auf das oben erwähnte Goethe-Konzept. Ohne Goethe kommt aber auch sein Folgeredner Prof. Dr. Blamberger nicht umhin; stellt kurz die Idee des Kollegs Mophomata vor und hält anschließend eine groß angelegte Laudatio im besten Stile einer „WDR ‚Zimmer Frei’-Lobhudelei“. Zwischenzeitlich wird Kehlmann dabei sogar in beratender Tätigkeit an den Tisch des UN-Generalsekretärs gesetzt. Als der Mann des Abends jedoch schwarz in schwarz gekleidet an das Rednerpult tritt, muss er dort korrigierend eingreifend. „Ganz so staatstragend“, sei es dann doch nicht gewesen; er habe lediglich mit einem Mitarbeiter der Vereinten Nation gesprochen, mehr um kulturelle Belange als um die ganz große Politik, sei es dabei gegangen. Gerade aus New York angereist, eine etwas streberhafte Brille auf der Nase, rückt Kehlmann noch einmal das Mikrofon zurecht und versichert sich, ob er laut genug zu hören sei. Natürlich etwas zu leise-wer hätte aber auch an diesem Abend das Wort gegen ihn erheben können-und recht forsch startet er nun in seine Vorlesung „Macondo und die alte Welt“. Da sich der Literat im Gegensatz zum Literaturwissenschaftler auch gerne am Populären bedienen darf, wie er selbst sagt, ist es durchaus legitim noch ein weiteres Mal das Nobelpreis gekürte Werk „100 Jahre Einsamkeit“ aus der Feder des Kolumbianers 21 Gabriel García Márquez zu besprechen. Bei seinen Ausführungen beleuchtet er unter anderem ausführlich die Werkgenese. Was musste Márquez zuvor gelesen haben, um ein solches Jahrhundertbuch zu schreiben? Laut Kehlmann auf jeden Fall eine gehörige Portion William Faulkner, der ihn zu einer fingierten Enklave à la Macondo inspirierte sowie das ein oder andere von Kafka, der das Umnachtete und Unergründliche beisteuern konnte- dessen Verwandlung habe Márquez in einer Nacht allein zweimal gelesen, bekommt man in diesem Zusammenhang erklärt. Aufmerksamkeit schenkte die Vorlesung aber auch der pointierten Zeitkonzeption des Buches, der Rezeption sowie einigen allgemeineren Einblicken in die Romantheorie. Hierbei bewegte sich Kehlmann gänzlich in „seinem“ Fahrwasser und ließ den Blick auch für einige Momente von seinem Skript schweifen. Denn nicht nur seine Tätigkeit als Schriftsteller, sondern auch seine Poetikdozenturen in Wiesbaden und Göttingen sowie seine publizierten Vorlesungen („Diese sehr ernsten Scherze“) und Essays („Wo ist Carlos Montúfar?“) haben ihm ein gewisses Expertentum in Sachen Gemachtheit eines Buches angedeihen lassen. Was gegen Ende seiner kurzweiligen Ausführungen das Bild ein wenig trübte, war die nicht geringe Anzahl an Gästen, die vorzeitig durch die Reihen gen Ausgang huschte und man sich zeitweilig an eine Pflichtveranstaltung nach durchgelaufener Anwesenheitsliste erinnert fühlte. Doch auch hier von ließ sich der gut aufgelegte „Literator“ nicht beirren. Beflankt von zwei Blumenkübeln, die weniger der Dschungellandschaft Macondos als vielmehr ei- KULTUR ▪ Unikum, Kölsch und schlechte Musik ▪ Studentenparties im Asta-Café nem Kölner Stadtfriedhof entliehen schienen, endete er schließlich mit der Vorrausage, dass wenn man in Márquez’ Roman erst einmal die Details für sich zu entdecken begänne, würde man ihn wieder lesen und wieder lesen und vermochte damit einiges an Glanz in einen Abend hinein zu tragen, der nicht zu jeder Zeit darauf hatte hoffen lassen. Bild: buecher-wiki.at 22 Unikum, Kölsch und schlechte Musik? Studentenparties im Asta-Café Es ist Donnerstagabend, 21.30 Uhr und wir sitzen im warmen „Stiefel“ auf der Zülpicher Straße, gutgemachter Indierock umspielt unsere Ohren. Vor uns auf dem Tisch liegt ein Flyer, auf dem Dorfschullehrer Lämpel (Max und Moritz) vor dem Hintergrund einer rot-gelben psychedelischen Spirale zu einer Pflichtveranstaltung im Unikum aufruft. Wir wärmen uns noch einen Augenblick im ranzigen Interieurs der kölner Kultkneipe auf, bevor wir anschließend in den bis dahin verschneitesten Abend des Dezembers starten. In warme Jacken gehüllt und mit einem Wegbier (bestes Hamburger Astra!) versorgt, stapfen wir durch den immer tiefer werdenden Schnee die Zülpicher Straße hinauf Richtung Asta-Café. Zehn Minuten später und vollends durchgefroren, vernehmen wir Songs, von denen man allgemein gehofft hatte, sie nie wieder hören zu müssen. Wir sind angekommen auf der Institutsparty der Musikwissenschaftler. Der Flyer hatte uns bereits vorgewarnt: die erste Hälfte des Abends steht unter dem Motto Trash-Pop. Es geht auf halb elf zu, als wir uns für 4 Euro den Eintritt und 3 Creditpoints (Pflichtveranstaltung! Anm.d. Red.) sichern, die sich gegen Glühwein, Kölsch (es gibt kein Pils; unglaublich!) und andere übliche Getränke eintauschen lassen. Schnurstracks begeben wir uns an den Rand der noch leeren Tanzfläche. Binnen einiger Minuten werden wir jedoch Zeuge eines ersten verzweifelten Versuchs dreier Gäste, die Tanzfläche zu beleben. Die Hoffnung der Tanzenden, weitere Mitstreiter zu finden, ist allerdings vorerst zum Scheitern verurteilt. Niemand will sich ihrem Ausruckstanz zu YMCA anschließen. Währendessen beginnt sich der restliche Raum jedoch mehr und mehr zu füllen und die Stimmung wird zunehmend ausgelassener. Weit ab von der Tanzfläche, im Eingangsbereich finden wir schließlich unsere ersten In- KULTUR ▪ Unikum, Kölsch und schlechte Musik ▪ Studentenparties im Asta-Café terviewpartner. Ausgehend von der Annahme, dass die meisten Interviewten zu diesem Zeitpunkt noch recht nüchtern sind, erklärt es sich, dass die Antworten ihren kreativen Höhepunkt noch nicht ganz erreichen. O-Ton: „Ich bin hier, um Spaß zu haben“. Wir geben noch nicht auf und suchen weiter. In Gedanken drängt sich nun der Vergleich zu einer vergangenen Institutsfeier der Fachschaft Linguistik auf. Ganzabendliches Freibier unter dem Motto „pay as you wish“ hatte dort noch schneller eine gewisse Grundlockerheit entstehen lassen, die auch schon vor 23 Uhr kreativste Eruptionen heraufbeschworen hätte. Von diesem Interview an sollte die Frage der Fragen, nach dem persönlichen Ziel des Abends zum krönenden Abschluss eines jeden Interviews werden. Bei einer durchfrorenen Zigarette, da im Asta-Café striktes Rauchverbot herrscht, suchen wir uns weitere Gesprächspartner und erfahren einige Vorurteile über den ausgefallenen Musikgeschmack eines Musikwis- senschaftlers. Unter den Befragten herrscht dabei Konsens: Musikwissenschaftsstudenten sind keine Normalos, sie hören abgefahrenen experimentellen Scheiß. Wie bereits erwähnt wurde auch diese Gesprächsrunde mit der Frage nach dem Ziel des Abends beendet. Die Antworten bewegten sich dabei zwischen „ein Mädchen mit nach Hause nehmen“ und dem eher resignierten „die letzte Bahn um 1 nehmen“. Auf dem Weg zurück unter die Tanzenden, durchqueren wir erneut den Eingangsbereich und kommen hier mit einem der „Creditpoint-Dealer“ ins Gespräch, während die Musikauswahl nun deutlich partytauglicher geworden ist. Konfrontiert mit den Vorurteilen in Sachen Musikgeschmack und dem Widerspruch zu den gerade laufenden Klängen, verweist der Mann von der Kasse auf das Pflichtbewusstsein des musikalischen Exoten, die Gäste zu Unterhalten. Dienst sei Dienst und technoider Jazz-Rockabilly-Postpunk und dergleichen würde dann doch eher im häuslichen Rahmen genossen. 23 Auch dieses Gespräch wird abgerundet durch die Frage nach dem abendlichen Ziel, das hier ein wenig an sozialistische Anweisungen des Politbüros der DDR erinnert, „die Kameradschaft unter den Kommilitonen vertiefen und weiter fassen unter Zuhilfenahme des Alkohols“. Mittlerweile hatte sich das Innere des Asta-Cafés in einen fast schon brodelnden Hexenkessel verwandelt. Berauscht durch die ersten Klänge von Black Sabbaths „Paranoid“, strömen nun vermehrt Gäste der Tanzfläche entgegen. Aber nein! Es handelt sich nicht um das Original der Fledermauskopf-abbeißenden-Alt-Rocker, sondern um Cindy und Berts Evergreen „der Hund von Baskerville“. Der Zenit scheint erreicht. Doch angeheitert von Kölsch und Glühwein tanzt die elektrisierte Meute über diese Tatsache hinweg. Auch während der folgenden Lieder bleibt ein dicht gedrängtes Wogen auf und neben dem Tanzboden erhalten. Die aufgeheizte Stimmung ist jedoch auch dem Umstand geschuldet, dass nur einer der beiden Räume des Asta-Cafés geöffnet ist. Auf der Instituts-Party der Geologen vier Wochen zuvor, waren es noch zwei Räu- KULTUR ▪ Unikum, Kölsch und schlechte Musik ▪ Studentenparties im Asta-Café me, der eine für die Bar, der andere zum weiträumigen Ausleben rythmus(gymnastischer) Bewegungsmuster. Bei unserem folgenden Interview mit den Veranstaltern erfahren wir allerdings - bei einem weiteren Kölsch und einer Zigarette versteht sich- dass die Entscheidung lediglich einen der Räume zu nutzen auch eine ökonomische war. 85 Euro für die Endreinigung und weitere 100 Euro Miete für einen der Räume müssen die Fachschaften aufbringen, wenn sie hier ihre Parties ausrichten möchten. Zwar sind die Getränkepreise immer sehr niedrig und nicht auf den großen Profit angelegt, wenn dennoch der ein oder andere Euro übrig bleibt, wird das Geld natürlich trotzdem gerne genommen, um diverse Fachschaftsbelange zu finanzieren oder auf der nächsten Institutsfeier exklusive Neuerungen anbieten zu können. Denn die Konkurrenz schläft nicht. Auf der jeden Sommer stattfindenden Party des physikalischen Instituts erwartet den Besucher in dem unter Denkmalschutz stehenden Institutsgebäude neben tropischen Cocktails und einer Riesenhüpfburg auch ein Elekrtobulle zum Rodeoreiten. Natürlich alles nur unter dem Aspekt der Feldforschung zur Auswirkung von Schwungkraft auf den menschlichen Körper. Von einem intimen Einblick ins Organisatorische schwenken wir über zu einem Gespräch mit einem der Hauptakteure des Abends. Einer der DJs des erfolgreichen Team-Rocket steht uns nun Rede und Antwort. Auf die Musikauswahl angesprochen, gibt der extravagant gekleidete an:„alles…die ganzen großen Götter (zu denen dann wohl auch Cindy& Bert gehören, A.d. Red.) des vergangenen Jahrhunderts“. Zudem ergänzt er, dass es ein tolles Gefühl sei, diesen Größen einen Dank in Form von Musik zurück geben zu können. (…?) Sein persönliches Ziel des Abends ist nebenbei klar abgesteckt: Er möchte das Herz einer wissenschaftlichen Mitarbeiterin für sich gewinnen. Drinnen erhalten neben einigen Rock-Klassiker auch langsamere Reggae und Funk-Nummern Einzug und vermehrt bilden sich kleinere Gruppen, immer wieder gerne auch kleinere Zweiergruppen bestehend aus Männlein und Weiblein. Nur der Vollständigkeit halber: Eine der zuvor befragten hatte angegeben, einen der Künstler an den Turntables für sich gewinnen zu wollen und gegebenenfalls auch seinen Heimweg zu teilen. Zusehends formiert sich innerhalb der alterwürdigen Mauern des Asta-Cafés ein harter Kern unerschrockener Partygänger. 24 Somit starten auch wir schließlich in die letzte Interviewrunde. An dieser Stelle legen wir unseren Schwerpunkt vor allem auf das Aussehen eines typischen Musikwissenschaftlers. Die Antworten tendieren alle in eine ähnliche Richtung. Das Haupthaar trägt der typische MuWi-Student fast obligatorisch lang, nicht selten auch zu Dreadlocks gezwirbelt. Auf Kleidung wird allgemein weniger Wert gelegt, so gaben einige der Befragten an, Musikwissenschaftler sähen „eher ranzig“ aus. Der Charakter ebenjener Spezies wurde mehrfach als „chaotisch, verpeilt, weniger zielorientiert, jedoch als durchaus weltoffen und locker beschrieben. Unter den Antworten das Ziel des Abend betreffend, fand sich auch der artikulierte Wille, die Jungfräulichkeit verlieren zu wollen wieder. Ob dies von einem Musikwissenschaftler selbst geäußert wurde, bleibt jedoch an dieser Stelle ungeklärt. Mit zunehmendem Überschreiten des Party-Höhepunkts drängt sich der Vergleich zur klassischen Dramenstruktur auf. Wir befinden uns gefühlt zwischen dem vierten und fünften Akt und langsam entscheidet sich für jeden KULTUR ▪ Unikum, Kölsch und schlechte Musik ▪ Studentenparties im Asta-Café der Beteiligten, ob der Abend als Komödie oder Tragödie endet. Bei letzten verzweifelten Interviewversuchen zur Frage nach dem Ziel des Abends kommen uns auch immer öfter Monologe à la: „Ich sach äääh mal, liff äähh se laif“ unter. Bevor wir uns endgültig von der Bühne des Abends verabschieden, lässt sich das Fazit ziehen, dass Studentenpartys immer wieder einen Besuch wert sind. Sie bieten eine spaßige, weniger anspruchsvolle Ablenkung vom häufig sehr anspruchsvollen Uni-Alltag, bringen Kommilitoninnen und Kommilitonen ins Gespräch, die sich zwar aus gleichen Seminaren kannten, aber nie ein Wort miteinander gewechselt haben und tragen nicht zuletzt zum Abbau bestehender Vorurteile bei. Denn obwohl Musikwissenschaftler, Geologen oder Physiker nicht dem Sunnyboy-Image eines Sportstudenten entsprechen, müssen ihre Institutspartys keinen Vergleich scheuen. 25 Wusstest du schon? Kino in Köln ist nicht nur Multiplex, Mainstream, 3D und 14 Euro Eintritt, sondern auch Programmkino, Retrospektive und viel mehr. So gibt es nach der regulären Kinoauswertung viele Filme im „Rex One Dollar House“ am Friesenplatz für 2,99 Euro zu sehen. Jeden Dienstag zeigt die Studiobühne Köln aktuelle Filme für den konkurrenzlosen Preis von 2,50 Euro. Erstsemester haben sogar freien Eintritt! Es locken Gewinnspiele, Bonuskarten und mehr. Das Filmhaus Kino begeistert mit der Reihe „Something Weird Cinema“, zeigt Trash- und Horrorfilme, die es sonst nirgends in Deutschland auf der großen Leinwand zu sehen gibt. Der Filmclub 813 widmet sich schon seit Monaten einer großen Clint Eastwood Retrospektive und zeigt auch sonst einige Raritäten und widmet sich oft auch dem deutschen Kino der 1970er Jahre. Reinschauen lohnt sich! KULTUR ▪ Kino aus aller Welt für alle Welt ▪ Ein Portrait des Alle(r)weltskinos Kino aus aller Welt für alle Welt Ein Portrait des Alle(r)weltskinos Das Allerweltskino wurde 1986 mit der Idee gegründet, einen Raum für Filme aus der sogenannten „Dritten Welt“ zu schaffen, die ihren Weg auf die europäischen Kinoleinwände in der Regel nur schwer finden. Das Ziel der ehrenamtlichen Mitarbeiter des Allerweltskino e. V. war und ist es, Filmen und Filmemachern eine Chance zu geben, die sich auf dem hollywoodbestimmten Markt nicht durchsetzen können. Neben Filmen aus Afrika, Asien und Lateinamerika gibt es zwar auch europäische Filme, doch diese sind in geringerer Anzahl vertreten. „Wir haben dann im Laufe der Jahre noch einen zweiten Schwerpunkt entwickelt, nämlich interkulturelle Themen auf die Leinwand zu bringen“, sagt Joachim Steinigeweg. Steinigeweg ist Mitglied des Vorstands und seit 1990 dabei. „Ich habe vorher schon die Gründungsbemühungen miterlebt und sozusagen beobachtend das Allerweltskino seit der Gründung begleitet.“ Alle vierzehn Mitglieder des Vereins Allerweltskino e. V. sind „nur“ ehrenamtlich tätig. Herr Steinigeweg z. B. arbeitet hauptberuflich beim JFC, einer medienpädagogischen Einrichtung in Köln und organisiert dort hauptsächlich das Kölner Kinderfilmfest Cinepänz. „Ich habe einen Background vom Kino und übernehme dann auch entsprechend Aufgaben im Allerweltskino. Jeder versucht seine Fähigkeiten mit einzubringen. Ein Kollege, der im Büro für PR und Öffentlichkeitsarbeit arbeitet macht dann natürlich die PR-Arbeit fürs Allerweltskino, ein an- derer, der viel mit Graphik machen kann, macht die Programmblätter; also jeder so, wie er kann.“ Und jeder so wie er will – auch das ist wichtig: Jedes Mitglied soll sich so viel einbringen, wie es zu leisten in der Lage ist. Hat jemand weniger Zeit, übernimmt er an manchen Abenden die Ansprachen vor den Filmen, wenn er mehr Zeit aufbringen kann, wird er für umfangreichere Arbeiten eingeplant, wie beispielsweise die Geschäftsführung oder die Regelung der Finanzen. Zur Zeit seiner Gründung war das Allerweltskino im Weißhauskino auf der Luxemburgerstraße untergebracht, zog dann 1990 ins Metropolis-Kino um und ist seit 2003 im Off Broadway zu Gast. D. h. Off Broadway und Allerweltskino e. V. veranstalten zusammen die Dienstagabende, an denen Filme aus der Reihe des Allerweltskinos gezeigt werden. „Und das Tolle ist, dass das Off Broadway das gesamte Risiko trägt; wir haben völlig freie Hand bei der Filmauswahl und der Kinobetreiber trägt das Risiko“, erklärt Lothar Kornblum, der Vorstandsvorsitzende, begeistert. Das Allerweltskino zeigt Dokumentationen und Spielfilme, mal ernsten, mal lustigen Inhalts. Immer sind es Filme von besonderer Intensität, die ein anschauliches Bild fremder Kulturen zeigen. Zu der besonderen Atmosphäre des Allerweltskinos kommt hinzu, dass es in einer angenehmen, ja fast persönlichen Umgebung 26 stattfindet. Gelegentlich werden die Filmvorführungen durch die Anwesenheit des Regisseurs oder Produzenten bereichert, der am Ende für Fragen zur Verfügung steht und somit die Möglichkeit bietet, das Verständnis der gezeigten Kultur zu vertiefen. Zudem gewährt der Filmemacher bei dieser Gelegenheit einen Einblick in seine Arbeitsweise und die Entstehung des Films – dies ermöglicht dem Publikum den seltenen Blick hinter die Kulissen. Doch es sind nicht nur der Film und sein Regisseur, die für gute Unterhaltung sorgen, auch das Team vom Allerweltskino und vom Off Broadway tragen dazu bei, dass man sich einen Abend lang gut aufgehoben fühlt. Beim Betreten des Off Broadways streicht einem eine schwarze Katze schnurrend um die Beine und gesellt sich dazu, wenn man in der Sitzecke für ein Getränk und vielleicht etwas Knabberzeug Platz nimmt, um auf den Beginn der Vorstellung zu warten. Der Raum ist erfüllt von Stimmengewirr und den leisen Tönen von Musik. An manchen Abenden lohnt es sich, früh zu erscheinen, um noch Karten zu erhalten, doch da das Allerweltskino zum Bedauern der Betreiber nicht allzu bekannt ist, bekommt man am Dienstag, dem Tag des Allerweltskinos, meistens ohne Probleme noch einen Platz. Die Filmauswahl wird vom Verein in gemeinsamen Sitzungen getroffen. Dort hat jeder die Möglichkeit und das Recht, seine Vorschläge einzubringen und so ist das Programm dann geprägt von den Interessen der Vereinsmitglieder. Dies reicht von einem ethnographischen Interesse an anderen Kulturen bis hin zu einem eher ci- PRAKTISCHE TIPPS ▪ Einen Tag von Luft und Liebe leben neastischen Interesse. Daraus ergibt sich, so Steinigeweg, in der Regel ein „abwechslungsreicher, guter Mix“. Zu einem nicht unbedeutenden Teil bezieht das Allerweltskino seine Filme von Verleihern aus Deutschland. Der Verein ist jedoch auch immer wieder um Sonderbeschaffungen von Filmen bemüht, die bei keinem Verleih zu bekommen sind, sondern direkt vom Produzenten kommen und beispielsweise auf internationalen Festivals gezeigt wurden. Dabei hängt die Art der Beschaffung letztendlich von der gegenwärtigen finanziellen Lage und Förderung des Kinos ab: Ist wenig Geld vorhanden, muss mit Filmen vorliebgenommen werden, die bei einem Verleiher zu bekommen sind, ist einmal mehr Geld da, können Sonderbeschaffungen angestrebt werden. „Wir sind durchaus auch sehr experimentierfreudig, schleppen dann schon mal das Video aus Bulgarien an, wenn es uns gefällt“, erzählt Steinigeweg. Filme, die direkt aus Ländern wie Bulgarien kommen, müssen, um hier gezeigt werden zu können, mit englischen (idealerweise mit deutschen) Untertiteln versehen sein. Das Allerweltskino legt großen Wert darauf, dass Filme nicht synchronisiert werden, sondern in der jeweiligen Originalsprache gezeigt werden, um die Sprachmelodie und den Sprachduktus zu erhalten, die die Kultur für den Zuschauer besser erfahrbar machen. „Im deutschen Kino ist es ja leider üblich, dass vom Eskimo zum Chinesen alle Deutsch sprechen, alles synchronisiert wird; und gegen diesen kulturellen Zentrismus der Deutschen arbeiten wir im Allerweltskino,“ betont Steinigeweg. 27 Einen Tag von Luft und Liebe leben Wir Studenten sind ja bekanntlich mittellos und haben nie Zeit trotz stinkender Faulheit. Ich füge mich diesen Klischees, ich glaube ich habe sie sogar erfunden. Wofür ich am wenigsten Geld habe, bestimmt keine Zeit und auf jeden Fall keine Lust ist die Beschaffung meiner Nahrung. Auch wenn ich den Brokkoli immer liegen ließ, am Abend trotzdem noch Mengen an Fast-Food in mich rein stopfte: Zieht man ersteinmal von zu Hause aus, vermisst man nichts mehr als die ausgewogene, beständig mit Liebe zubereitete Nahrung von Mutti. Da man sich mit zunehmender Selbstständigkeit irgendwie zunehmend mit Alkohol vergiftet, sollte auch zunehmend mal an gesündere Nahrung gedacht werden. Morgens, mittags, abends – alles selber zubereiten? Zu faul! Fitness-Bagel in der Coffebar, Chicken-Salad im Restaurant, Dönerteller im Imbiss? Auf Dauer zu teuer! Es muss doch trotzdem günstig, gesund und ganz ohne Aufwand gehen, denke ich mir und nehme mir vor, einen ganz normalen Studententag in Köln nach diesen drei G‘s zu leben. Ob das so geil wird? Mittwochmorgen: Ein Tag an dem ich nie so gerne aufstehe steht mir bevor. Von 10-19 Uhr durchgehend Uni! Gut, dass ich mir mein Frühstück unterwegs hole, das bedeutet 10 Min länger schlafen.. Wie immer eigentlich. Beim Packen des Ranzens (Hineinschmeißens eines Stifts und eines Blattes) fällt mir auf dass zur gesunder Nahrung ja auch viel trinken gehört. Das wollen wir doch mal ganz ohne Geld ausgeben probieren, denke ich mir und schnappe mir eine leere PET Flasche, fülle sie mit Leitungswasser. „Dat Wasser vun Kölle is jot“ singen die Bläck Fööss. Tatsächlich, verschiedene Quellen im Internet (u.a. rheinenergie.de) bezeugen eine hohe Wasserhärte des Kölner Leitungswassers. Hört sich vielleicht nicht ganz lecker an. Je höher jedoch der Kalkgehalt, umso gesünder. Also rein in die Pulle. Jetzt knurrt mir der Magen und der Kaffe ist längst überfällig. Den zieh ich mir ganz unkreativ am Automaten an der Uni. Den billigsten gibt’s übrigens im Hauptgebäude im Untergeschoss am E-Raum. Von Wiener Melange bis Cafe Au Lait alles für 50 Cent und erstaunlicherweise trinkbar. Vorher musste ich allerdings einen Abstecher nach Sülz machen. An der Haltestelle Weyertal ist die “Kaffepause“ Dort gibt es die günstigsten belegten Brötchen im Umkreis der Uni! (Alle Preise vom Backwerk bis PRAKTISCHE TIPPS ▪ Fremdschlafen hin zu allen Brötchen innerhalb des Unigeländes überprüft!) 1,10 werd ich für ne Käsestulle los. Schmeckt ordentlich. Für das Mittagessen läge nun natürlich die Mensa nahe. Aber da war ich schon gestern. Und vorgestern. Und am Freitag auch. Das labrige Schnitzel mit PotatoeWedges hängt mir zum Hals raus. So viel ich aber suche, nichts ist günstiger als die Mensa. Zumindest erweitere ich meinen kulinarischen Horizont insoweit, dass ich mir das heutige „nahrungsoptimierte Gericht“ vorknöpfe. Was auch immer das bedeuten soll. Preise wie 1,90 EU für einen deftigen, sättigenden Eintopf mit Mettwürstchen sind schier unschlagbar. Der Tag war für den Kopf anstrengend, mein Magen verlangt am Abend wieder nach etwas „warmen“. Auf dem nach Hause weg durchquere ich die Zülpicherstraße. Hier bieten sich mir verführerische Düfte von Dönertellern, Riesenschnitzel und Pizzen an, die mir alle nur Geld nehmen und Hüftspeck geben wollen. Ich werde also die Reise ins ferne Orient antreten, durch die Tür des Bistros Habibi rein in 1000 und eine Nacht. 1,90 für eine leckere Falafel plus Tee und nettem Lächeln. Zu Hause angekommen rechne ich alles zusammen: 5,40 € hat mich der Tag für das Futter gekostet. Natürlich werde ich spätestens beim nächtlichen Dönerbesuch und Katerfrühstück beim Pizzaservice nicht so diszipliniert sein können wie heute, aber ein bis zwei „bewusste“ Tage wie heute pro Woche- das kann man schaffen! 28 Fremdschlafen Knappes Budget und trotzdem Lust auf Urlaub, neue Länder, Kulturen und Menschen? Das Problem wird wohl jeder von uns Studenten kennen. Aber für Abhilfe ist Dank des Internets gesorgt. Couchsurfing ist der neue Trend. In Deutschland eher am Anfang - international aber schon fast wieder ein alter Hut. Auf der Suche nach einer neuen Wohnung, der großen Liebe, einem Käufer für das alte Handy oder auch auf der Suche nach dem Bett für eine Nacht und das bitte auch kostenlos? Das Internet weiß Rat. Nur was ist Couchsurfing jetzt genau? Jeder kann sein Sofa/Bett anbieten und ermöglicht so einem oder auch mehreren Couchsurfer(n) einen kostenlosen Schlafplatz. Manche nutzen Couchsurfing nur für eine Übernachtung oder ein Wochenende, andere überdauern so zB. Ihre Praktikumszeit in einer fremden Stadt. Christine Neder (25) aus Schweinfurt hat es so gemacht. Für die junge Frau stand ein Praktikum in Berlin an, sie hatte aber kein Zeit/Lust, sich nebenher um eine Wohnung zu kümmern und beschloss kurzer Hand, aus der Not eine Tugend zu machen. Sie rief ihr Projekt „90 Nächte, 90 Betten“ ins Leben. Über das Internet suchte sie sich ihre Übernachtungsmöglichkeiten jeden Tag aufs Neue. Es hat nicht lange gedauert und die moderne Nomadin war bekannt wie ein bunter Hund. Sie bekam die Möglichkeit, im Radio und Fernsehen auf ihr Projekt aufmerksam zu machen. Viele Leute waren begeistert und boten ihr spontan einen Schlafplatz an. Von ganz bescheiden bis zum Stadtpalais war alles dabei. Auf die Frage, ob sie nicht auch Angst hätte, zu fremden Leute zu gehen, mit denen die Wohnung oder manchmal aus Platzgründen sogar das Bett zu teilen, sagt sie, Freunde und Familie hätten viel größere Bedenken als Sie. Meistens waren die Gastgeber Frauen oder WGs. Wenn sie bei einem Mann übernachten sollte, hat man sich vorher außerhalb der Wohnung getroffen. So bestand die Möglichkeit, doch noch abzulehnen. Ihr Ziel, Berlin mit all seinen Facetten und Menschen kennenzulernen, ist Christine mit ihrem recht ungewöhnlichen Projekt ein Stück näher IMPRESSUM gekommen. Seit Beginn ihres Vorhabens hat sie täglich in ihrem Blog über das Erlebte der Nacht berichtet. Ihre Berichte sind immer mit vielen Bildern gespickt gewesen, die Gastgeber blieben aber anonym. Mittlerweile ist ihr Praktikum zu Ende, aus dem ursprünglichen Blog wird jetzt ein Buch und sie überlegt, wie es nach dem Praktikum für sie weitergeht. Fest steht aber, sie wird nach Berlin ziehen. Casey Fenton gründete 2003 die gemeinnützige Seite couchsurfing.org, um Interessierten kostenlose Unterkunft zu bieten. Das System funktioniert auf einer starken Vertrauensbasis. Die Community, die bis heute ca. 2,2 Millionen Mitglieder in 214 Ländern zählt, erfreut sich an wachsender Beliebtheit. Das Motto der Community lautet: Mach mit bei der Erschaffung einer besseren Welt – Couch für Couch. Nach kostenloser Registrierung auf couchsurfing.org erstellt man ein Profil und kann sich die Profile potentieller Gastgeber anschauen. Bei Gefallen tritt man mit diesem über E-Mail in Kontakt und wenn alles klappt, hat man eine Couch gefunden. Auf den Profilen von Gastgebern und Surfer können Kommentare hinterlassen werden. So lässt sich ein kleiner Eindruck gewinnen, wie die bisherigen Erfahrungen mit den Personen waren. Nur auf Erfahrungsberichte muss man sich aber nicht verlassen. Eine freiwillige Identitätsprüfung mit Hilfe von Kreditkarte und Spende ist gegeben und auf den Profilen ist ersichtlich, wer sich 29 dieser Indentitätsprüfung unterzogen hat. Auch gibt es sogenannte Bürgschaften - eine Person bürgt für die Vertrauenswürdigkeit einer anderen Person. Sicher, ein wenig Mut, Kompromissbereitschaft und Neugier gehört auch dazu. Aber einen Versuch ist es wert! Der Blog von Christine Neder: www.lilies-diary.blogspot.com Dort findet man eine Couch: www.couchsurfing.org Das Letzte… Es gibt unzähliche Internetportale und Blogs, die alle Studentenrabatte sammeln und vorstellen. Hier nur einige: www.studentenpilot.de, www.studentenrabatte.org, www.geizstudent.de, www.studenten-spartipps.de I MP R E S S U M Redaktion Angelika Heisler Daniel Herzog Miriam Hochhard Sandra Jarosch Julian Krüger Kristin Lamm Claas Lauritzen Eugen Lyubavskyy Selina Müller Lennert Rothenberg Kim Schneider Luisa Thiel Katharina Weber Jan Wellnitz ...mit freundlicher Unterstützung von Herrn Dr. Ulrich Tschierske Dezember 2010