Schattenblick Druckausgabe
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Schattenblick Druckausgabe
Neueste tagesaktuelle Berichte ... Interviews ... Kommentare ... Meinungen .... Textbeiträge ... Dokumente ... MA-Verlag DIE BRILLE / REPORT Leipzig, das Buch und die Messe textinszenierte Bühnenshows ... Bas Böttcher im Gespräch Eindruck, Ausdruck, Buchdruck Impressionen Leipziger Buchmesse, 17. bis 20. März 2016 Elektronische Zeitung Schattenblick Leipzig, das Buch und die Messe offener Empfang, fesselfreier Gang ... Constantin Schreiber im Gespräch Eindruck, Ausdruck, Buchdruck Impressionen Leipziger Buchmesse, 17. bis 20. März 2016 Bas Böttcher über sein Herzensprojekt, die Poetry-Slam-Fibel, Sprache und ihre Wirkung und wie man Textkunst konserviert, die eigentlich nur für den Augenblick geschrieben wurde ... (Seite 5) Fernsehmoderator Constantin Schreiber über Angela Merkels Sel fies mit Flüchtlingen, das Scheitern des Interventionismus im Nahen Osten und die Notwendigkeit, Flüchtlingen eine Traumabehand lung anzubieten POLITIK / REDAKTION (SB) Ein Schwerpunkt der diesjäh- (SB) Machtkampf in Bagdad gefährdet die Zukunft des Iraks Al Sadr droht mit Massenprotesten und fordert damit Al Maliki heraus (SB) In Bagdad spitzt sich die poli- Dienstag, 19. April 2016 rigen Leipziger Buchmesse war das Thema Flüchtlinge. Dazu wurde auf dem Messegelände selbst sowie in anderen Stadtteilen Leipzigs eine Reihe von Veranstaltungen angeboten, die sich von unterschiedlichen Blickwinkeln her den vielfältigen Fragen näherten, die sich in diesem Zusammenhang stellen. So fand am Abend des 18. März im Neuen Rathaus in der Leipziger Innenstadt eine Podiumsdiskussion zu "Fluchtursachen und ihren Folgen" statt. tische Krise zu. Das Parlament widersetzt sich den Bemühungen von Premierminister Haider Al Abadi, seine bisherige Regierung durch ein aus parteiunabhängigen Experten bestehendes Kabinett zu ersetzen. Mit dieser Maßnahme will Al Abadi der Forderung weiter Teile der Be- Unter Leitung des n-tv-Moderators Constantin Schreiber diskutierten völkerung nach einer ... (Seite 9) Ute Schaeffer, stellvertretende Direktorin der Akademie der Deutschen Welle und Autorin des zwei SPORT / BOXEN Tage zuvor erschienenen Buchs "Einfach nur weg. Die Flucht der Talent deklassiert Erfahrung Kinder" (dtv Verlagsgesellschaft), Errol Spence macht kurzen Prozeß der Autor und Privatdozent am Instimit Chris Algieri tut für Politikwissenschaft der Uni(SB) Errol Spence, der weit über das versität Bremen Stefan Luft, dessen Weltergewicht hinaus als eines der jüngstes Buch "Die Flüchtlingskrise. vielversprechendsten Talente der Ursachen, Konflikte, Folgen" am 9. Branche gilt, hat seinem Ruf ... (S. 14) März 2016 bei C.H. Beck erschienen Constantin Schreiber Foto: © 2016 by Schattenblick ist, sowie der Buchautor und Redakteur des Literaturportals Bayern Dr. Fridolin Schley, der die Probleme der Flüchtlinge in dem Roman "Die Ungesichter" (Allitera Verlag) aufgegriffen hat. Während Lufts Buch politikwissenschaftlich-analytisch gehalten ist, berichtet Schaeffer von einem Dutzend Einzelschicksalen. Schley wiederum nähert sich dem Flüchtlingsschicksal literarisch an. Als unvorteilhaft erwiesen sich die räumlichen Bedingungen der Veranstaltung. Auf der einen Seite waren die Podiumsteilnehmenden von den Scheinwerfern so sehr geblendet, daß sie laut Moderator kaum den Zuschauerraum erkennen konnten, zum anderen war das Podium so weit vom Elektronische Zeitung Schattenblick Zuschauerraum entfernt, daß schon von daher wenig äußerer Anreiz bestand, in ein reges Gespräch einzutreten. Wenn dennoch Fragen und Anmerkungen aus dem Publikum kamen, dürfte es nicht zuletzt an der Aktualität des Themas gelegen haben. Aktuell ist es aus deutscher Sicht leider erst geworden, weil im vergangenen Jahr rund 800.000 Flüchtlinge die Landesgrenzen überschritten haben. Für die Flüchtlinge selbst hat sich das von jeher anders dargestellt, sind doch seit langem zahllose Menschen aufgebrochen, um nach Europa zu gelangen. Viele von ihnen haben es nicht geschafft. Tausende sind inzwischen im Mittelmeer und östlichen Atlantik auf dem Weg nach Europa ertrunken oder beim Versuch, Europa auf dem Landweg zu erreichen, ums Leben gekommen, ohne daß dies hierzulande auch nur annähernd so starke Emotionen ausgelöst hätte wie der gegenwärtige Zustrom. Heute kann es sich vermutlich kaum jemand vorstellen, daß noch Ende der achtziger, Anfang der neunziger Jahre kein Grenzzaun zwischen Afrika und Europa existierte. Die Grenze zwischen den spanischen Exklaven Ceuta und Melilla und Marokko konnte umstandslos passiert werden, was aber keinen Massenandrang ausgelöst hatte. Seitdem hat sich viel geändert, das Wohlstandsgefälle zwischen Afrika und Europa ist um ein Vielfaches gewachsen, und viele Staaten im sogenannten MENARaum (MENA steht für Middle East, North Africa) sind inzwischen destabilisiert, teils von innen her - Stichwort: Arabischer Frühling - teils durch die Kooptierung des Aufstands durch Fremdinteressen, die ihn auch manchmal von außen induziert haben, oder durch direkte militärische Interventionen. Zu all den Fluchtursachen kommt eine notorische Unterversorgung der traditionellen Hilfsorganisationen hinzu. Darauf machte der Bremer Seite 2 Politikwissenschaftler Luft aufmerksam. Anlaß zur Flucht sei in den letzten Jahren "die massive und rapide Verschlechterung der Verhältnisse in den Erstaufnahmestaaten, insbesondere in Jordanien und Libanon" gewesen. Die Maßnahmen des Welternährungsprogramms WFP und des UN-Flüchtlingshilfswerks UNHCR seien so massiv unterfinanziert, daß sie ihre Versorgung mit Lebens- und Hygienemitteln zurückfahren mußten. All das sei schon lange bekannt und aus seiner Sicht "ein Skandal", stellte Luft fest. Schaeffer stimmte ihm in diesem Punkt zu. Seitdem sie an ihrem Buch geschrieben habe, käme ihr das Wort "Wirtschaftsflüchtling" nicht mehr so leicht über die Lippen. Die Flüchtlinge im Libanon und in Jordanien lebten mehrheitlich unterhalb der Armutsgrenze. Die nächsten Konflikte seien bereits angelegt. Aber sie habe bei ihren Recherchen auch immer wieder festgestellt, daß viele Menschen gar nicht aufgrund der Armut, sondern aufgrund des Zusammenbruchs der Governance (Regierungsstrukturen), der Verluste innerhalb der Familie sowie deren Auseinanderbrechen aus ihrer Heimat geflohen sind. Zu dem Zeitpunkt, an dem diese Podiumsdiskussion stattfand, handelte die EU das Flüchtlingsabkommen mit der Türkei aus, zwei Tage später trat es offiziell in Kraft. Auf die Frage des Moderators nach der Beurteilung des Abkommens antwortete Florian Schley, er gehe davon aus, daß sich zwar die Flüchtlingskrise auch in zwei, drei oder fünf Jahren nicht werde lösen lassen. Aber er habe einen kleinen Hoffnungsschimmer hinsichtlich des Abkommens mit der Türkei, auch wenn er die Kritikpunkte daran teile. keine Wertegemeinschaft". Für Stefan Luft wiederum ist der türkische Präsident Erdogan, der autokratisch regiere und Krieg gegen einen Teil des eigenen Volks, die Kurden, führe, kein Verhandlungspartner, "mit dem man ernsthaft und verläßlich Vereinbarungen treffen kann". Constantin Schreiber berichtete aus den sozialen Medien, daß sich einige Kommentare "an dem traurigen Beispiel" des Grenzzauns zwischen den USA und Mexiko orientierten und meinten, die Abschottung funktioniere dort doch zumindest. Der Moderator hat als Jugendlicher längere Zeit in Syrien gelebt und spricht fließend Arabisch. Er wollte ursprünglich gar nicht Journalist werden, sondern hat Jura studiert. Mittlerweile hat er bereits für die libanesische Tageszeitung Daily Star in Beirut gearbeitet, war Korrespondent des arabischen Programms der Deutschen Welle in Dubai, Moderator verschiedener Sender im Nahen Osten (Ägypten, Oman, Qatar) und von 2009 bis 2011 Medienberater für den Nahen Osten im Auswärtigen Amt. Außerdem begleitete er unter anderem Bundeskanzlerin Angela Merkel, EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso und Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier auf ihren Nahostreisen. Bei seinen Fragen an den Literaten, den Politikwissenschaftler und die Journalistin nahm Schreiber auch die Perspektive der Flüchtlinge ein, indem er beispielsweise fragte: Wenn wir von den Flüchtlingsschicksalen hören und uns die Situationen in diesen Ländern vorstellen, müßte man dann nicht eigentlich mit Traumabewältigung anfangen? In welchem Zustand sind denn diese Kinder und jungen Menschen, die zu uns kommen? Wären sie eigentlich aufnahmebereit für das, was jetzt gesellSie setze kein Vertrauen in den Deal, schaftlich und politisch diskutiert sagte dagegen Schaeffer. Europa sei wird? in der Flüchtlingskrise gescheitert, habe sein wahres Gesicht gezeigt Um solche Fragen bemüht sich und sei "an diesem Punkt zur Zeit Schreiber auch in seiner wöchentliwww.schattenblick.de Di, 19. April 2016 Elektronische Zeitung Schattenblick chen n-tv-Sendung "Marhaba - Ankommen in Deutschland", in der er seit September 2015 Flüchtlingen aufArabisch (mit deutschen Untertiteln) erklärt, wie die Deutschen so ticken, welchen Umgang sie mit ihren Haustieren pflegen und daß die Deutschen ihre vielen Ampeln, die überall herumstehen, tatsächlich auch beachten. Religionsfreiheit, das Verhältnis von Männern und Frauen, Sexualität, das Grundgesetz und andere Themen werden ebenfalls in jeweils fünf- bis siebenminütigen Beiträgen unterhaltsam präsentiert. Dafür wurde Schreiber mit dem Grimme-Preis 2016 ausgezeichnet. strittig, daß kriegerische Auseinandersetzungen die Ursache dafür sind, daß jetzt Millionen Menschen herkommen. Was meine persönliche Einschätzung dieser Einsätze angeht, von denen behauptet wird, wir bauen uns das Afghanistan oder den Nahen Osten, wie wir ihn haben wollen, mit militärischer Gewalt, so sehe ich das als krachend gescheitert an. Leider gibt es keine anderen tragfähigen Konzepte, wie man es sonst machen könnte. Auch klassische Entwicklungshilfe würde an ihre Grenzen stoßen, wenn man sich mit Regimen verbündete, mit denen man auch sonst nicht zusammenarbeiten will. Im Anschluß an die Podiumsdiskussion stellte sich der Moderator dem Schattenblick für einige Fragen zur Verfügung. Die Veränderungen müssen hauptsächlich von innen heraus geschehen, und das werden lange, schmerzhafte Prozesse sein. Das klingt jetzt ein bißchen klinisch und kühl, weil es natürlich mit dem Leid von Menschen verbunden ist, aber ich glaube nicht daran, daß man von außen Systeme schaffen kann, die dann nach unseren Verhältnissen funktionieren. Im Nahen Osten entstehen die Dinge bereits von innen her, aber wir sind da vielleicht gerade mal auf den ersten zwei Metern einer Strecke, die sehr, sehr lang ist. Schattenblick (SB): Die Flüchtlinge, die jetzt vor den Toren Europas stehen, stammen aus verschiedenen Ländern wie Syrien, Irak, Afghanistan, Libyen, Sierra Leone, Somalia. Trifft die häufig zitierte monokausale Erklärung zu, daß die Flüchtlinge aufgrund Angela Merkels Aussage "Wir schaffen das" hierherkommen? Constantin Schreiber (CS): In der Tat, wobei auch die Selfies eine große Rolle gespielt haben. Die Kanzlerin sagte, sie mache jeden Tag Selfies, und insofern müßte das nicht unbedingt ausschlaggebend gewesen sein. Aber die Selfies von ihr mit Flüchtlingen kennt im Nahen Osten tatsächlich jeder, und sie wird von ihnen auch immer mit den Worten zitiert: Sie hat uns eingeladen. In der Tat ist das, was immer genannt wird, monokausal. SB: Wie bewerten Sie die Bedeutung des militärischen Interventionismus beispielsweise in Libyen und Irak und die Bemühungen, in Syrien einen Regime change herbeizuführen, als Fluchtgrund? CS: Ein Fluchtgrund ist das auf jeden Fall. Ich glaube, es ist relativ unDi, 19. April 2016 viel zu wenig. Dabei wäre es essentiell, wenn es uns um ein friedliches Zusammenleben geht, daß wir den Menschen, die aus Kriegsgebieten zu uns kommen, auch auf psychologischer Ebene Hilfsangebote machen. SB: Drückt sich mit dem häufig verwendeten Begriff der Integration nicht geradezu etwas Trennendes aus, weil Menschen, die integriert werden sollen, erst einmal ausgegrenzt werden - ansonsten könnte man sie ja nicht integrieren? CS: Von Integration wird immer gesagt, es sei schon das bessere Wort verglichen mit Assimilation. Glücklich bin ich trotzdem nicht damit. Vor allem setzt es voraus, daß wir so bleiben, wie wir sind, und die anderen so werden wie wir. Ich glaube, die Realität wird irgendwo in der Mitte stattfinden. Sprache wird sich verändern, Kultur und Gesellschaft werden sich verändern, im Idealfall wird etwas auf irgendeine Weise zusammenwachsen. Dann ist es nicht Integration, sondern es entsteht etwas Neues. Ich tue mich mit dem Wort auch immer ein bißchen schwer. SB: Sie hatten vorhin auf dem Podium die Frage aufgeworfen, ob nicht viele Flüchtlinge traumatisiert sind und psychologisch behandelt werden müßten. Haben Sie dazu eigene Vorstellungen? SB: Könnte man die Verbundenheit von Flüchtlingen mit Deutschland nicht dadurch stärken, daß ihnen Handwerkszeug und Material in die Hände gegeben wird und sie sich unter fachlicher Anleitung, aber eben selbstbestimmt ihre Häuser bauen, in CS: Ich glaube, daß das sehr viel denen sie dann wohnen dürften? wichtiger ist als vieles andere. Wir reden immer über Sprachunterricht, CS: Es wäre ideal, sie genau so etüber Integrationsangebote. Unter was machen zu lassen. Oder aber den Personen, mit denen ich ge- sie überhaupt arbeiten zu lassen. sprochen habe, gibt es einige, die in Arbeit ist identifikationsstiftend. der Tat sehr "tough" sind und ihre Wenn ich so fremdbestimmt wäre, Flucht auf erstaunliche Weise be- würde ich mir auch etwas Selbstgewältigen, aber es gibt eben auch schaffenes wünschen, also im beviele, denen das nicht gelingt. Erst sten Fall Herr der eigenen Umgewenn man etwas länger mit man- bung zu sein. Ich glaube aber, daß chen Leuten spricht, merkt man, es sehr schwierig wäre, das umzuwie viel da noch an unverarbeiteten setzen. Immer, wenn ich in Flüchttraumatischen Erlebnissen vorhan- lingsunterkünften bin, sagen die den ist. Den Aspekt beleuchten wir Leute zu mir, daß sie es ganz www.schattenblick.de Seite 3 Elektronische Zeitung Schattenblick Podiumsdiskussion im Alten Rathaus, Leipzig, mit (von links) Ute Schaeffer, Constantin Schreiber, Stefan Luft und Fridolin Schley Foto: © 2016 by Schattenblick schlimm finden, ihr Leben mit Warten verbringen zu müssen. Sie wollen eine Beschäftigung haben, etwas Lebensfüllendes, das dem Dasein auch Sinn gibt. Daran muß man sehr dringend etwas ändern. SB: Ganz problematisch und konfliktreich ist derzeit das Verhältnis der türkischen Regierung zur kurdischen Bevölkerung und das Abkommen der Europäischen Union mit der Türkei. Halten Sie die Europäische Union für erpreßbar? CS: Sie macht sich selbst erpreßbar, man könnte auch andere Lösungen diskutieren. Indem Frau Merkel offenbar diesen etwas eigenartigen Deal anstrebt, was ich moralisch für höchst verwerflich halte, werden bestimmte Situationen geschaffen - so wie im Fall Griechenland und der Eurorettung ja auch -, die sind nicht gottgegeben. Dahinter stehen keine Naturgesetze, daß man sich in solche Abhängigkeiten begibt. Aber wir suchen sie ja auf eigenartige Art und Weise, weil wir uns davon einen Zeitgewinn erhoffen, damit sich Probleme vielleicht von alleine erledigen oder sich umSeite 4 Die Berichterstattung des Schatten blick zur Leipziger Buchmesse finden Sie unter INFOPOOL → DIE BRILLE → REPORT: verlagern. Das halte ich für sehr schwierig. BERICHT/041: Leipzig, das Buch und die Messe - alte Animositäten ... SB: Wenn Sie Bundeskanzler wären, (SB) was würden Sie als erstes in Richtung http://schattenblick.de/infopool/dFlüchtlingspolitik unternehmen? brille/report/dbrb0041.html CS: Ich zeige zwar einerseits viel BERICHT/042: Leipzig, das Buch mit dem Finger auf die Regierungs- und die Messe - es wächst zusampolitik, andererseits darf man nicht men, was nie verschieden war ... den Fehler machen, sich für all- (SB) mächtig zu halten. Ich kann mir gut http://schattenblick.de/infopool/dvorstellen, daß da Zwänge von al- brille/report/dbrb0042.html len Seiten entstehen, unter anderem durch vorhandene Strukturen, INTERVIEW/048: Leipzig, das wenn man in ein Amt kommt. Das Buch und die Messe - der rote Faden muß man fairerweise dazu sagen. Lesespaß ... Kerstin Libuschewski Ich hätte aber diese Situation so und Julia Lücke im Gespräch (SB) nicht herbeigeführt. Es war ein http://schattenblick.de/infopool/dFehler, nicht zuerst auf europäi- brille/report/dbri0048.html scher Ebene zu konsultieren und zumindest zu versuchen, Partner zu INTERVIEW/049: Leipzig, das gewinnen. Statt dessen wurde eine Buch und die Messe - zielgeführt und Situation geschaffen, in der es ge- aufgeklärt ... Christian Linker im genüber anderen europäischen Gespräch (SB) Partnern nur noch hieß: Friß oder http://schattenblick.de/infopool/dstirb! Das wäre nicht mein Ansatz brille/report/dbri0049.html gewesen, das halte ich für einen großen Fehler. INTERVIEW/050: Leipzig, das Buch und die Messe - fast nach zwölf SB: Herr Schreiber, vielen Dank für ... Prof. Hans Joachim Schellnhudas Gespräch. ber im Gespräch (SB) www.schattenblick.de Di, 19. April 2016 Elektronische Zeitung Schattenblick http://schattenblick.de/infopool/dbrille/report/dbri0050.html ten neu gemischt ... Gerd Schumann im Gespräch (SB) http://schattenblick.de/infopool/dINTERVIEW/051: Leipzig, das Buch brille/report/dbri0054.html und die Messe - Klassenbesinnung ... David North im Gespräch (SB) INTERVIEW/055: Leipzig, das http://schattenblick.de/infopool/d- Buch und die Messe - bündeln, leibrille/report/dbri0051.html ten, messen ... Thierry Chervel im Gespräch (SB) INTERVIEW/052: Leipzig, das http://schattenblick.de/infopool/dBuch und die Messe - Renaissance brille/report/dbri0055.html und Verjüngung ... Steffen Haselbach im Gespräch (SB) INTERVIEW/056: Leipzig, das http://schattenblick.de/infopool/d- Buch und die Messe - Alter Wein ... brille/report/dbri0052.html Wolfgang Tischer im Gespräch (SB) http://schattenblick.de/infopool/dINTERVIEW/053: Leipzig, das Buch brille/report/dbri0056.html und die Messe - an der Oberfläche ... Torsten Casimir im Gespräch (SB) INTERVIEW/057: Leipzig, das http://schattenblick.de/infopool/d- Buch und die Messe - Erfolg, Irrtum brille/report/dbri0053.html und Selbsteinschätzung ... Markus Heitz im Gespräch (SB) INTERVIEW/054: Leipzig, das http://schattenblick.de/infopool/dBuch und die Messe - Koloniale Kar- brille/report/dbri0057.html INTERVIEW/059: Leipzig, das Buch und die Messe - nicht bis in die letzte Konsequenz ... Antje Belke im Gespräch (SB) http://schattenblick.de/infopool/dbrille/report/dbri0059.html INTERVIEW/060: Leipzig, das Buch und die Messe - offener Empfang, fesselfreier Gang ... Constantin Schreiber im Gespräch (SB) http://schattenblick.de/infopool/dbrille/report/dbri0060.html INTERVIEW/061: Leipzig, das Buch und die Messe - textinszenierte Bühnenshows ... Bas Böttcher im Gespräch (SB) http://schattenblick.de/infopool/dbrille/report/dbri0061.html http://www.schattenblick.de/ infopool/dbrille/report/ dbri0060.html DIE BRILLE / REPORT / INTERVIEW Leipzig, das Buch und die Messe - textinszenierte Bühnenshows ... Bas Böttcher im Gespräch Eindruck, Ausdruck, Buchdruck Impressionen Leipziger Buchmesse, 17. bis 20. März 2016 "klangbetont" nicht hin. Allerdings wird vermutlich jeder wissen, wovon hier die Rede ist, wenn er als Messebesucher einen Slam-Poeten erlebt oder kennenlernt - wie auch in diesem Jahr wieder an den zahlreichen Podi(SB) Damit Slam-Poetry, Spoken en, improvisierten Bühnen oder VerWord-Poetry oder Performance Poe- lagsständen der Leipziger Buchmessie - um hier ein paar sprachliche Ein- se in mitreißender Aktion. ordnungsversuche für die angesagte Lyrik- und Kulturströmung zu nennen Und lerne ich eine Sprache neu - anschaulich für jemanden beschrie- kennen, ben werden kann, der sie noch nicht dann lehrt mich die Sprache, mich kennt, reichen die in diesem Zusam- neu zu kennen. menhang häufig verwendeten Attribute wie "liedhaft", "rhythmisch", Das macht die Sprache - die Macht "verdichtet", "rap-ähnlich" oder der Sprache. [...][1] Bas Böttcher über sein Herzensprojekt, die PoetrySlamFibel, Sprache und ihre Wirkung und wie man Textkunst konserviert, die eigentlich nur für den Augenblick geschrieben wurde ... Di, 19. April 2016 www.schattenblick.de Bereits vor mehr als zwanzig Jahren wurde diese neuartige Kunstform aus den Vereinigten Staaten importiert, wo sie zu diesem Zeitpunkt schon zehn Jahre praktiziert wurde. Beinahe ein alter Hut also, der - so die Slam-Geschichtsschreibung - auf die Suche des amerikanischen Bauarbeiters und Dichters Marc Kelly Smith nach einer neuen, anregenden und abwechslungsreichen Veranstaltungsform zurückgeht, um "langweilige Lyrik-Lesungen so spannend zu gestalten wie ein Jazz-Konzert". 1986 fand im "Green Mill Jazz Club" in Chicago der erste Dichterwettstreit in diesem Sinne statt, das PuSeite 5 Elektronische Zeitung Schattenblick blikum wurde als Jury ins Geschehen mit einbezogen, und entschied durch seinen Applaus, was am besten gefiel. Der Name Poetry-Slam habe sich dann laut Marc Kelly Smith eher zufällig ergeben, weil er als Fan des Chicago Cops Baseball Teams gerade auf einen "Grand Slam Homerun" hoffte, als er von einem Reporter nach dem Namen seiner neuen Show gefragt worden sei ... Hier im Ursprungsland blieben die zumeist sozialkritischen Inhalte und die rhythmisch-poetische Ausdrucksform des Widerstands der Spoken-Word-Bewegung wie beim Hiphop ethnischen Minderheiten und gesellschaftlichen Außenseitern vorbehalten. Worte allein die verschiedenen Facetten der "Spoken-Word-Dichtung" nicht transportieren können, wurden Slam-Poetry Bücher oder andere Printprodukte von der Slammerszene als Option zum Erhalt dieser Kunstform für Nachwelt und Nachwuchs lange Zeit ausgeschlossen und Poetry-Slams als unwiederholbare Einzeldarbietungen festgeschrieben. Der Schriftsteller und Slam-Poet Bas Böttcher [2], ein typischer, bereits in Kultur- und Literaturbetrieb etablierter Vertreter und Vorreiter der Szene, ist einer der ersten, der sich gemeinsam mit Filmemacher und Slam-Master Wolf Hogekamp [3] bereits vor zehn Jahren mit einem neu entworGanz anders in der deutschsprachi- fenen, sogenannten Literaturformat gen Szene. Sozialkritische Inhalte "Poetry-Clips" gegen diese Nichtaroder randständige Fragen scheinen chivierbarkeit auflehnte. mit dem transatlantischen Transport des Performance-Ereignisses, dessen Und denke ich, ich spiele mit meiZielgruppe hier die "hippe", akade- ner Sprache, mische Mittelstandsschicht bildet, dann spielt noch viel mehr meine verloren gegangen zu sein und sind Sprache mit mir. kaum noch ein Thema. Es geht im Dichterwettstreit um Sprachwitz und Das macht die Sprache - die Macht Sprachwirkung und möglichst viele der Sprache.[...][1] neue und unterschiedliche Ideen für Bühneneinsatz und -präsenz, mit al- Inzwischen gibt es "Spoken-Wordlem was sich mit Stimme, Körper und Dichtung" oder für Poetry-Slam entSprache anstellen läßt. Form ist In- worfen Gereimtes wie Ungereimtes halt, das Gesamtwerk entscheidet ... längst im Printformat, auch wenn die eingeschobenen Zeilen eines SlamUnd glaube ich, ich beherrsche Poems, in denen Bas Böttcher mehr meine Sprache, wortverspielt als -gewaltig über beherrscht womöglich meine Spra- Sprachmächtigkeit referiert, den urche mich. sprünglichen Standpunkt aufs Enttäuschendste bestätigen: Ohne das Das macht die Sprache - die Macht ganze Performance-Beiwerk, ohne der Sprache. [...][1] Selbstinszenierung des Slammers und ohne von einem enthusiastischen Bas Böttchers Vorliebe, Alltägliches Publikum getragen zu werden, sagen bis Philosophisches in Reime zu fas- die Sätze nicht viel, wirken Slamsen oder Doppelworte auseinander- Beiträge "unausgesprochen-gelesen" zunehmen und sinnverkehrt umzu- doch irgendwie wort- oder blutleer. drehen, sind somit nur einige der wenn auch gerne kopierten - StilmitUnd erweitert der Mensch seine tel für den Vortrag. Da neben den sprachlichen Möglichkeiten, dann Ideen auch die Stimme, der Klang erweitert die Sprache die menschlider Worte, Mimik und Gestik und ei- chen Möglichkeiten. gentlich auch das "Auf-der-Bühnestehen" zum Gesamtwerk der "Slam- Das macht die Sprache - die Macht Poetry" dazugehört und auch die der Sprache." [...][1] Seite 6 www.schattenblick.de Ist somit einer, der auch nach zwanzig Jahren immer noch zu den jüngsten Trends der Jugendkultur gehört, bereits verbrannt, ehe er so richtig von der Literaturszene entdeckt und ausgebeutet werden konnte? Mitnichten! An vielen Ecken und Ständen der Leipziger Buchmesse, so wie an einigen Orten in der Stadt [4] wird es an den Slam-Lokations so rappelvoll, daß diejenigen, die sich nicht dazu stellen oder ihre eigenen Termine einhalten wollen, Umwege suchen müssen, sobald mit ersten rhythmischen Worten getrommelt, gerappt oder geslammt wird. Das Performance-Format Poetry-Slam steht für sich und wirbt erfolgreich für seine verlagstechnische Konserve, selbst wenn es sich, ohne den adrenalinsteigernden Wettkampf, kaum mehr von Lesungen oder Lesebühnen unterscheidet. Wie ist das möglich? Ist es der Rhythmus, der - sich beinahe leierhaft wiederholend - an Vertrautes erinnert und zum Mitklatschen einlädt, wie etwa der Refrain eines Liedes? Ist es dieses Mitschaukeln, Mitschwingen, sich in der Begeisterung über das gemeinsam Erlebte Geborgen-und-getragen-Fühlen? Oder das Mitfiebern, aufwelche Weise der Vortragende seinem Beitrag eine überraschende, vielleicht komische Wendung geben wird oder wie er das Spiel mit den Worten zu Ende bringt, ohne daß der Inhalt dabei von Belang wäre? Wirklich neu ist das nicht. Die stilistischen Elemente der Spoken Word-Performer könnte man als Relikte einer Zeit verstehen, in der dem gesprochenen Wort mehr Bedeutung zukam. Denkt man an manche Theaterstücke von Shakespeare, dann bringen die oftmals in Verse gefaßten, scharfzüngigen Redegefechte so manch einen Übersetzer ins Schwitzen. Und wenn ich meine Sprache verkommen lasse, dann lässt am Ende meine Sprache mich verkommen. Das macht die Sprache auch - die Macht der Sprache. [...][1] Di, 19. April 2016 Elektronische Zeitung Schattenblick Sich durch das neu erwachte Interesse an Sprache einen Kurs für den deutschsprachigen Raum zu erhoffen, der Lyrik und Erzählung wieder populärer macht, liegt vermutlich eher in den Sternen. Bas Böttcher scheint allerdings überzeugt davon zu sein, mit der spielerischen Art, Sprache zu verwenden und zu formen und allein schon diese Kulturform zu verbreiten, etwas für die deutsche Sprachentwicklung zu tun. Er unterrichtet inzwischen auch Nachwuchs-Slammer und hat bereits vor Jahren, allen Widersprüchen zum Trotz und alle ursprünglich erklärten Absichten negierend, auch noch den Schritt gewagt, mit Wolf Hogekamp ein Buch herauszugeben, in dem es Voll auf Rap: thematisch vor allem um verschie- Rappelvoll wird es wenn Poetry denste Aspekte der Sprache, aber Slammer mit Worten trommeln. auch um Slam-Stile geht. Die begei- Foto: © 2016 by Schattenblick sterte Nachfrage in der SlammerSzene hat es inzwischen zu einer Art Schattenblick (SB): Herr Böttcher, Standardwerk werden lassen. Sie präsentieren hier auf der Leipziger Buchmesse das "gesprochene Und liebe ich meine Sprache, Wort" beziehungsweise die Kunst dann liebt ganz sicherlich die Spra- des "Spoken Word", die sich urche mich. sprünglich mal dagegen gewehrt hat, in Bücher verpreßt zu werden. 2005 Das macht die Sprache - die Macht haben Sie hier ein besonderes Liteder Sprache. raturformat, die Poetry-Clips, vorgestellt, mit dem Sie Slam-Dichtung Und wenn ich denke, ich spreche möglichst authentisch performen jetzt hier - in diesem Text - über die wollten. Und Sie haben ein Buch mit Sprache, Slam-Poetry herausgegeben. Was hat dann spricht die Sprache eigent- Sie dieses Mal auf die Messe gelich viel mehr noch über mich. bracht? Das macht die Sprache - ich kenn Bas Böttcher (BB): Ich hatte die Ehdie doch! [1] re, hier auf der Buchmesse für den Sender ARTE das Slam-Programm Auf dem ARTE-Stand nach zahlrei- zusammenzustellen. Es gab hier jechen, lebhaften Gesprächen mit weils einen "Wake-up"-Slam zu Bespontan interessierten Zuschauern, ginn und einen "Sleep-well"-Slam Performern, Jung-Slammern und zum Ausklang der vier Messetage. Fans war der Künstler, Schriftsteller Mein Anliegen ist dabei, neue und Slam-Poet bereit, auch dem Schwerpunkte und Stimmen aus der Schattenblick noch einige Fragen zu Poetry-Slam-Szene zu präsentieren, beantworten. Poetry-Slammer müs- denn die Szene ist mittlerweile sehr sen sich an ein vorgeschriebenes facettenreich geworden, auch die Zeitlimit von durchschnittlich unge- Anzahl der aktiven Teilnehmer ist fähr fünf Minuten halten. Nicht von sehr groß. Es gibt eine enorme Bandungefähr überschritt das Interview breite an Stilen und auch inhaltlich mit dem Schattenblick diese Vorga- gibt es kein Thema, das vor uns be nur minimal. Slammern in Sicherheit ist. Di, 19. April 2016 www.schattenblick.de Herausgegeben habe ich gemeinsam mit Wolf Hogekamp die PoetrySlam-Fibel [1], ein Buch, das sich stark auf das Thema Sprache konzentriert. Der Leser kann darin zwischen verschiedenen Aspekten wählen und findet dann achtzig Texte von unter anderem siebzehn deutschsprachigen Poetry-SlamChampions, die alle bereits einmal die Deutsche Meisterschaft gewonnen haben. Alle Texte haben das Thema Sprache als Schwerpunkt. Das Buch ist bereits vor anderthalb Jahren erschienen, aber nach wie vor immer noch aktuell. Es wird auch von Slammern viel benutzt, um darin etwas nachzuschlagen und hat sich regelrecht zu so etwas wie einem Standardwerk bei uns in der Poetry Szene entwickelt. Vermutlich deswegen wurde ich auch von ARTE gefragt, oder man hielt mich für kompetent, hier dieses Programm zu präsentieren. Weil man sich gedacht hat, daß ich vielleicht einen ganz guten Überblick über die aktuelle deutschsprachige Poetry-Slam-Szene und ihre Slammer habe. SB: Wie haben Sie die Hürde umschifft, etwas zu verschriftlichen, was eigentlich ja gerade für den möglichst spontanen, mündlichen Vortrag geschrieben wurde? Hatten Sie Probleme damit? Die Slammerin Mona Harry [3] meinte vorhin, das ginge eigentlich gar nicht? Seite 7 Elektronische Zeitung Schattenblick BB: Na, da gibt es auch so kleine Tricks. Beim Kuratieren dieses Buches haben wir gemerkt, daß bestimmte Texte einfach gehört werden müssen. Die haben wir dann halt per QR-Code mit direkten Links zu abhörbaren Audio-Files versehen, die im Buch abgerufen werden können, ein QR-Code läßt sich ganz einfach mit dem Mobiltelefon scannen. Anschließend kann man das Stück sofort anhören. Das haben wir bei etwa zwanzig Texten aus der Fibel gemacht, die besonders auf Rhythmus setzen oder sehr klangbetont sind. Insofern hat das Buch noch diese akustische Dimension. glaube, sobald Leute denken, daß man eine Mission hat, ist die Chance zu scheitern schon vorprogrammiert. Mir ging es vor allem darum, diesen leidenschaftlichen Wunsch oder dieses Herzensprojekt mit ganzer Kraft voranzutreiben und auch durchzuführen. Und wenn das fertige Werk noch einen schönen Effekt auf andere hat, dann wäre das natürlich eine wunderbare Sache, aber so etwas kann man nie im voraus planen. Kann man nach 20 Jahren PoetrySlam von einem Wandel sprechen? BB: Ich bin ehrlich gesagt ein bißchen parteiisch, weil ich ja selbst Poetry-Slam-Akteur bin. Aber man muß sich nur einmal im ganzen deutschsprachigen Raum umschauen, welch große Magnetwirkung diese Poets-at-Work-Veranstaltungen in der Öffentlichkeit immer noch entfalten. Und wenn man diese Resonanz genauer daraufhin untersucht, inwieweit sich etwas verändert hat, SB: Haben Sie das Gefühl, daß "Spo- kann man sich auch ein eigenes Urken-Word"-Performances den Um- teil bilden. Ich selbst wäre befangen, gang mit Sprache verändern können? wenn ich das jetzt einschätzen würde. SB: Der Poetry-Slam hebt doch sehr stark auf die Bühnenpräsenz und den Vortrag ab. Bei einer solchen Performance, sollte man meinen, spielt die Sprache deshalb doch nur eine nebengeordnete Rolle. Wie kamen Sie gerade darauf, das Thema Sprache in den Mittelpunkt der Fibel zu stellen? Gab es da einen Anlaß oder einen Ruf aus der Szene, das sollte man mal machen? BB: Man kann wohl keine Verallgemeinerung treffen, was genau der Schwerpunkt des Slammen ist, und die Poetry-Slam-Szene ist inzwischen 20 Jahre alt geworden. Wir haben dieses Buch halt dem Werkzeug gewidmet, mit dem die Poeten arbeiten. Und da die Sprache nun mal das Werkzeug des Slam-Poeten ist, ob klanglich, schriftlich, als Wortspiel oder als Mittel zur Aussage, wollten wir genau das in den Fokus rücken. Da Sprache beziehungsweise Form und Inhalt bei vielen Poetry-SlamTexten verschmelzen, wird über das Mittel Sprache natürlich auch der Inhalt auf einer anderen Ebene weiter angeschoben. SB: Wollen Sie mit dieser Fibel etwas an die nächste Generation weitergeben? BB: Ich habe keine Mission. Es war für mich einfach ein Herzensprojekt, dieses Buch herauszubringen. Ich Seite 8 Vor dem Pressezentrum der Leipziger Messehallen sind selbst die Wände be müht, den Besuchern Sprache näher zu bringen ... Eines von vielen Auszügen aus Thomas Lochers [6] "Angebot und Nachfra ge" (1996), das in großer Schrift an die Glaswände im Verwaltungsgebäude der Messe gedruckt wurde. Foto: © 2016 by Schattenblick www.schattenblick.de Di, 19. April 2016 Elektronische Zeitung Schattenblick SB: Wenn man hier auf der Messe die Comic- und Manga-Szene sieht, in der Inhalte und Geschichten auf künstlerisch darstellende oder grafische Weise verdaulich gemacht werden, könnte man da sagen, daß Poetry-Slamming, das neben Gedichten ja auch mit Märchen oder anderen Erzählformen experimentiert, der wortgewaltige, sprachlich-künstlerische Vergleich zur Manga-Szene ist? BB: Ich ordne das eher so ein: Viele Künste haben ja so eine Art Straßenvariante gebildet. Die Malerei hat Graffiti, der Tanz hat den BreakDance und auch in der Musik gibt es Entsprechungen, die ihren Anfang auf der Straße genommen haben. Und Dichtung hat eben den PoetrySlam, die urbane Antwort, die aber mit den gleichen Mitteln arbeitet. Wir haben allerdings weder die Worte noch das Spiel mit den Worten erfunden, sondern wir beleben sie einfach auf diese oder andere Weise wieder. Deswegen, könnte man sagen, ist das eher so etwas wie die Wiederentdeckung einer ganz alten Kunst - die gesprochene Sprache als Kunstform. hat. Seit 1994 veranstaltet er in Berlin die älteste Poetry-Slam-Reihe Deutschlands. 1997 organisierte er die ersten deutschsprachigen PoetrySlam-Meisterschaften und begründete damit hierzulande die wichtigste Veranstaltungsreihe der PoetrySlam-Bewegung. [4] Poetry-Slam-Veranstaltungen fanden täglich auf der Messe statt, beispielsweise auf der Leseinsel Junge Verlage (Poetry-Slam / Spoken Word), am ARTE-Stand in der Glashalle und dem LiteraturRat NRW sowie in der Stadt Leipzig wie die Sky Lounge im Auberbach Verlag, dem Schauspielhaus oder dem Tapetenwerk. [5] Die Kunst- und Philosophiestudentin Mona Harry wurde mit ihrem "Liebesgedicht an den Norden"Slambeitrag über Nacht berühmt. Siehe auch: www.monaharry.de [6] Der zeitgenössische Künstler Thomas Locher (*1956) arbeitet mit Ordnungssystemen, die kennzeichnend für die Archivierung und Vermittlung von Wissen in westlichen Kulturen sind. Er versteht Sprache als eine besondere Form von Ordnungssystem. http://www.schattenblick.de/ infopool/dbrille/report/ dbri0061.html POLITIK / REDAKTION / NAHOST Machtkampf in Bagdad gefährdet die Zukunft des Iraks Al Sadr droht mit Massenprotesten und fordert damit Al Maliki heraus SB: Das ist ein schönes Schlußwort. (SB) In Bagdad spitzt sich die poliVielen Dank, für das Gespräch Herr tische Krise zu. Das Parlament widersetzt sich den Bemühungen von Böttcher. Premierminister Haider Al Abadi, seine bisherige Regierung durch ein aus parteiunabhängigen Experten Anmerkungen: bestehendes Kabinett zu ersetzen. [1] aus: "Die Macht der Sprache" Mit dieser Maßnahme will Al Abadi von Bas Böttcher, nachzulesen in: der Forderung weiter Teile der BeBas Böttcher, Wolf Hodgekamp völkerung nach einer wirkungsvollen Bekämpfung der das Staatswesen (Hrsg.): "Die Poetry-Slam-Fibel lähmenden Korruption nachkom20 Jahre Werkstatt der Sprache" men. Die Parteien, welche die wichabgerufen am 14.4.2016 hier: http://www.lyrikline.org/de/gedich- tigsten Staatsposten bisher nach religiöser und ethnischer Zugehörigkeit te/die-macht-der-spracheunter sich aufgeteilt haben, wehren 7424#.Vw-sHdSLSt9 sich gegen das ehrgeizige Reform[2] Mehr zu Bas Böttcher und viele vorhaben mit Händen und Füßen und das nicht nur im sprichwörtliBilder finden Sie hier: chen Sinne. http://www.basboettcher.de/ Abgeordneten den sunnitischen Parlamentssprecher Salim Al Dschaburi für abgesetzt. Der Parteienklüngel, der Medienberichten zufolge nach der Pfeife des früheren Premierministers Nuri Al Maliki tanzt, will auch den Schiiten Al Abadi und den kurdischen Staatspräsidenten Fuad Masum stürzen. Gegen den kalten Staatsstreich regt sich jedoch Widerstand. Der einst als Radikalprediger verschrieene Muktada Al Sadr hat dem Parlament am 16. April eine Frist von 72 Stunden gegeben, um den Weg für Al Abadis geplante Kabinettsumbildung freizumachen, sonst würde es zu Massenprotesten kommen. Damit ist der Showdown im schiitischen Lager zwischen Al Maliki und Al Sadr vorprogrammiert. [3] Wolf Hogekamp gilt als derjeni- Am 13. April kam es deshalb im Parge, der den Poetry-Slam für den lament zu Handgreiflichkeiten. Am Al Maliki war nach acht Jahren als deutschsprachigen Raum entdeckt Tag darauferklärte eine Mehrheit der Premierminister 2014 von seinem Di, 19. April 2016 www.schattenblick.de Seite 9 Elektronische Zeitung Schattenblick Parteikollegen Al Abadi abgelöst worden. Dem Chef der schiitischen Dawa-Partei wurde angelastet, durch die sträfliche Benachteiligung der sunnitischen Minderheit sowie durch den fehlenden Aufbau einer nationalen Armee, die diesen Namen verdient, wesentlich an der Entstehung des Islamischen Staats (IS) mitgewirkt zu haben. Als nach dem Fall von Mossul im Juni 2014 die Erstürmung Bagdads durch die sunnitischen IS-Dschihadisten befürchtet wurde, hat der höchste schiitische Geistliche im Irak, Ajatollah Ali Sistani, alle wehrfähigen Männer zur Teilnahme an den sogenannten Volksmobilisierungskräften aufgerufen. Ein ähnlicher Aufruf ging von Al Sadr an die früheren Mitglieder seiner 2008 aufgelösten Mahdi-Armee. Zusammen mit der Armee und den bereits davor existierenden schiitischen Milizen beteiligen sich die Volksmobilisierungskräfte seitdem am laufenden Krieg gegen den IS. Ihr Oberbefehlshaber ist Al Maliki in seinem Amt als irakischer Vizepräsident. Interessant ist die Tatsache, daß Al Sadr am 15. April, also einen Tag, bevor er sein Ultimatum an das Parlament richtete und Al Malikis egoistisches Machtstreben als Ursache für die Staatskrise nannte, für wenige Stunden nach Beirut flog. Es wurden zwar keine Gründe für die Reise in die libanesische Hauptstadt genannt, man kann aber davon ausgehen, daß sich Al Sadr dort mit der Führung der Hisb Allah, vermutlich sogar mit deren mächtigem Generalsekretär Hassan Nasrallah, beraten hat. Schließlich stellt die schiitische Hisb-Allah-Miliz eine der stärksten Streitmächte des Nahen Ostens dar. Im Libanonkrieg 2006 hat sie die Unbesiegbarbeit der israelischen Streitkräfte als Mythos entlarvt. Seit einiger Zeit kämpft sie in Syrien auf der Seite der Syrischen Arabischen Armee (SAA) sowie mit Hilfe der iranischen Revolutionsgarden und der russischen Luftwaffe gegen den IS und diverse andere sunnitische Rebellengruppen. Zum Zweck des Erhalts des "Regimes" Baschar Al Assads in Damaskus hat die Hisb-Allah-Miliz zahlDer wichtigste Verbündete Al Ma- reiche irakische Freiwillige rekrulikis im Parlament ist Ammar Al tiert und ausgebildet. Hakim, der wie Al Sadr Sproß einer einflußreichen Familie schiiti- Offenbar spielt Al Sadr mit dem scher Gelehrter ist. Al Maliki und Gedanken, nicht nur seine AnhänAl Hakim lebten während der ger unter den armen Schiiten im Herrschaft Saddam Husseins im Irak zu Großdemonstrationen geiranischen Exil und gelten deshalb gen den Parteienklüngel in der als teheran-nahe Politiker. Die Par- Grünen Zone im Zentrum Bagdads tei Al Hakims, der Oberste Islami- anzustacheln, sondern eventuell sche Rat im Irak, verfügt über eine auch seine Mahdi-Armee zu reakeigene schlagkräftige Miliz na- tivieren. Sollte diese Vermutung mens Badr-Brigade, die wiederum zutreffen, droht innerhalb der schiseit Jahrzehnten enge Verbindun- itischen Minderheit im Irak ein gen zu den iranischen Revolutions- Bruderkrieg. In einem Beitrag für garden unterhält. Angesichts des den britischen Guardian hat sich anbahnenden Machtkampfs Nahost-Korrespondent Martin zwischen Al Sadr und Al Sistani Chulov am 16. April den Machtauf der einen Seite und Al Maliki kampf in Bagdad als ein Ringen und Al Hakim auf der anderen, zwischen Al Sistani und dem Oberstellt sich die Frage, welches der sten Führer des Irans, Ajatollah Ali beiden Duos über den größeren Khamenei, beschrieben. Demnach Rückhalt in der schiitischen Bevöl- will Al Khamenei über Verbündete kerung bzw. bei den schiitischen wie Al Maliki und Al Hakim den Milizen verfügt. iranischen Einfluß in Bagdad siSeite 10 www.schattenblick.de cherstellen, Al Sistani dagegen die Unabhängigkeit des Iraks vom großen Nachbarn erzielen. Der 42jährige Al Sadr hat sich zwar von 2008 bis 2011 in der iranischen Pilgerstadt Ghom zum Ajatollah ausbilden lassen - um später die Nachfolgeschaft des inzwischen 85jährigen Al Sistanis vor Leuten wie Al Hakim für sich beanspruchen zu können -, er gilt jedoch als irakischer Nationalist, der stets für eine Aussöhnung zwischen Schiiten, Sunniten und Kurden eintritt. Die Hauptrivalität, welche die Vorgänge in Bagdad überschattet, besteht nach wie vor zwischen den USA und dem Iran. Die Feindschaft Washingtons gegenüber Teheran ist ein wesentlicher, vielleicht sogar der entscheidende Faktor, warum es Al Maliki während seiner achtjährigen Regierungszeit sträflich versäumt hat, auf die sunnitischen Stämme, die zuletzt auf der Seite der US-Streitkräfte gegen Al Kaida gekämpft hatten, zuzugehen und ihnen eine gebührende Rolle beim Wiederaufbau der Polizei- und Streitkräfte einzuräumen. Derzeit streiten sich die USA und der Iran über die Umsetzung des im vergangenen Jahr in Wien erzielten Atomabkommens. US-Präsident Barack Obama wirft Teheran vor, mit ballistischen Raketentests gegen den Geist des Vertrags zu verstoßen. Ali Khamenei beschwert sich öffentlich darüber, daß die Amerikaner den Zugang der iranischen Banken zum internationalen Finanzsystem weiterhin blockieren. In den Kriegen in Syrien und im Jemen verfolgen die USA und der Iran völlig diametral entgegengesetzte Ziele. Ohne eine Annäherung zwischen Teheran und Washington bleibt das Zweistromland Kriegsschauplatz, was natürlich das Überleben des irakischen Staats akut gefährdet. http://www.schattenblick.de/ infopool/politik/redakt/ nhst1451.html Di, 19. April 2016 Elektronische Zeitung Schattenblick POLITIK / KOMMENTAR / KULTUR "Böhmermann-Affäre" - Was fehlt ... Schon lange nicht mehr hat ein Anlaß, der den Schutz eines zentralen Grundrechtes im Kontext brisanter innen- wie außenpolitischer Entwicklungen betrifft, die Gemüter so sehr erhitzt wie die sogenannte Schmähkritik, mit der der ZDF-Moderator Jan Böhmermann den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan herausforderte. Die Feuilletons und Talkshows haben alle Hände voll zu tun, die Kontroverse um Anerkennung und Verwerflichkeit des Gesamtkunstwerkes zwischen Fernsehunterhaltung und Staatsaffäre in die zivilen Bahnen eines gesellschaftlichen Diskurses zu lenken und zugleich der Komplexität des Geschehens Rechnung zu tragen. Dieses Unterfangen ist in seinen argumentativen Verästelungen und Vergleichsparametern nicht minder anspruchsvoll als das Legitimationskonstrukt Böhmermanns, Erdogan nach der Intervention der türkischen Regierung anläßlich der satirischen Kritik an seiner Politik im NDR-Magazin extra 3 den Unterschied zwischen einer verbotenen Schmähkritik und erlaubten Satire vor Augen führen zu wollen. Da klar sein dürfte, daß sich der türkische Präsident kaum in der Unterdrückung und Verfolgung der gegen sein Regime gerichteten inneren Opposition beirren läßt, entfaltet sich die hauptsächliche Wirkung der kalkulierten Grenzüberschreitung beim einheimischen Publikum. Während der juristische Sachverhalt der Frage, ob die Bundesregierung überhaupt hätte tätig werden müssen, weiterhin intensiv diskutiert wird, bleibt der politische Kontext, der die Reichweite der Meinungs- und Pressefreiheit maßgeblich bestimmt, zu sehr im Dunkeln. Selbstverständlich sollte Böhmermann ebensowenig einer Strafverfolgung ausgesetzt werDi, 19. April 2016 gigkeit deutscher Regierungspolitik von Erdogans Kollaboration in der EU-europäischen Flüchtlingsabwehr legen wollte, bleibt indes offen. Gerade weil seine Provokation an die mit Kritik am türkisch-deutschen Zweckbündnis nicht sparende extra 3-Satire anknüpft, hätte er mit ganz anderen, politisch brisanten Überzeichnungen aufwarten können als mit Beleidigungen, die unter die Gürtellinie gehen. Weil diese nun im Mittelpunkt der Kontroverse stehen, wurde die Möglichkeit, die sich auch auf die Bundesrepublik erstreckende Verfolgung der türkischen OppositiSo wird die Frage zu wenig reflek- on in den Mittelpunkt öffentlichen tiert, warum Böhmermann in einer Interesses zu rücken, weitgehend von anwachsender Diskriminierung vertan. muslimischer Menschen bestimmten - und in Gestalt der AfD nach ihrer Aus unterlegener, schwacher und institutionalisierten Ausschließung marginaler Position heraus zu agieverlangenden - gesellschaftlichen ren bedarf des besonderen rechtliAtmosphäre zu Beleidigungen ge- chen Schutzes, gerade weil alle magriffen hat, die den einschlägigen teriellen Gewaltverhältnisse dagegen Webseiten der Islamhasser entsprun- stehen. So wäre es allemal eine gen sein könnten. Die Vorstellung, Schmähkritik wert, wenn Bundesanstelle Erdogans wäre der israeli- wirtschaftsminister Sigmar Gabriel sche Premierminister Benjamin Ne- mit dem ägyptischen Präsidenten tanjahu zum Ziel einer öffentlich Abdel Fattah al-Sisi einen Despoten vorgetragenen - und in diesem Fall hofiert, der Tausende politische Gemit antisemitischen Stereotypien fangene in den Knästen des Landes, aufwartenden - Schmähkritik gewor- politisch motivierte Todesurteile und den, für die es zumindest aus palästi- die Unterdrückung nicht nur der nensischer Sicht Anlaß geben könn- muslimischen, sondern auch linken te, belegt, daß die satirische Verwen- Opposition zu verantworten hat. Die dung rassistischer Klischees keines- willkommene Unterstützung, die alwegs beliebig ist. Daß die Errungen- Sisi von der Bundesregierung erhalschaft der Straffreiheit politischer ten hat, nützt seinen Kritikern gar Meinungsbildung und Kunstproduk- nichts, sondern vergrößert nur die tion in harten Kämpfen erstritten Legitimation ihrer Verfolgung. Der wurde, die stets aus unterlegener Po- Kolonialkrieg, den die türkische Resition heraus geführt wurden, ent- gierung gegen die kurdische Bevölspricht dem essentiellen Anspruch kerung führt, die Fortsetzung der audes Protestes in Wort und Bild, Men- toritären Herrschaft Mubaraks in schen eine Stimme zu geben, die an- neuem Gewand, die Trümmerlandschaften in Afghanistan und im Irak, sonsten keine haben. die israelische Besatzungspolitik in Ob Böhmermann mit seiner Aktion Palästina, die durch die Rohstoff-, den Finger in die Wunde der Abhän- Export- und Investitionsinteressen den wie jeder andere Mensch, der sich mit Inhabern exekutiver Vollmachten anlegt, die weit über seine eigenen Möglichkeiten, politisch wirksam zu werden, hinausgehen. Die Verteidigung dieser Freiheiten steht bei allen Erörterungen an erster Stelle, gerade weil sie immer wieder Interessen und Gewalten gegenüber durchgesetzt werden müssen, die im Unterschied zu Autoren und Rednern über materielle Möglichkeiten verfügen, anderen Menschen nicht nur den Mund zu verbieten, sondern sie physisch zu drangsalieren. www.schattenblick.de Seite 11 Elektronische Zeitung Schattenblick des globalen Nordens bedingte Vertreibung von Kleinbauern und indigenen Bevölkerungen in aller Welt an all diesen Entwicklungen hat auch Deutschland teil, selbst wenn die Bundeswehr nicht auf jedem Schlachtfeld präsent ist. Um so schwerer wiegt die Ausblendung der naheliegenden Erkenntnis, daß die militärische Flankierung deutscher Außen- und Handelspolitik Rückwirkungen auf die eigene Gesellschaft zeitigt, die den zwingenden Zusammenhang von äußerer Expansion und innerer Repression bestätigen. So steht außer Frage, daß die Gefahr terroristischer Anschläge in der Bundesrepublik mit dem Kriegseintritt der Bundeswehr in Syrien stark angewachsen ist. Sollte es zu einem mit den Anschlägen in Frankreich vergleichbaren terroristischen Angriffkommen, dann werden die Grenzen von der Staatsräson abweichender politischer Positionierungen, wie am französischen Beispiel zu sehen, auf jeden Fall enger gezogen. Die nach solchen Attacken anwachsende Repression ist denn auch keine, wie in Pegida-Kreisen gemutmaßt, Folge der angeblichen Islamisierung Europas, sondern eine direkte Konsequenz eigener Machtpolitik. Die kulturalistisch argumentierende Rechte ruft nach dem autoritären Staat nicht, um Muslime draußen zu halten, sondern sie mobilisiert antimuslimische Ressentiments, um diktatorische Maßnahmen zur Sicherung eigener Herrschaft ergreifen zu können. Den Primat der Meinungs- und Pressefreiheit ohne inhaltliche Bestimmung seines Zweckes gerade in Zeiten zunehmenden Risikos, sich außerhalb der nationalen Notgemeinschaft zu stellen, anzumahnen läuft mithin Gefahr, beim ersten Aufgebot notstandsartiger Zwangsmaßnahmen rückstandslos zu verpuffen. http://www.schattenblick.de/ infopool/politik/kommen/ sele0986.html Seite 12 POLITIK / AUSLAND / LATEINAMERIKA Peru Keiko Fujimori und Kuczynski kommen in die Stichwahl poonal Pressedienst lateinamerikanischer Nachrichtenagenturen (Caracas, 14. April 2016, telesur) Die peruanische Wahlbehörde ONPE (Oficina Nacional de Procesos Electorales) hat eine Aktualisierung der Ergebnisse der Präsidentschaftswahlen des Jahres 2016 herausgegeben. Demnach konnte die Kandidatin der Partei "Populäre Kraft" (Fuerza Popular), Keiko Fujimori, ihren Vorsprung mit 39,82 Prozent der erhaltenen Stimmen ausbauen. Der am 13. April 2016 veröffentlichte Bericht basiert auf 95,42 Prozent der landesweit erfassten Stimmen, von denen bisher 99,62 Prozent ausgezählt wurden. Die Ergebnisse der kompletten Auszählung wurden für den darauffolgenden Donnerstag erwartet, so der Direktor des ONPE, Mariano Cucho. Garcia, mit 5,82 Prozent. Im Ergebnis hinter beiden steht der in Haft sitzende Herausforderer der Partei "Direkte Demokratie" (Democracia Directa), Gregorio Santos, mit 4,03 Prozent der Stimmen. Die Fakten Laut der ONPE gingen am vergangenen 10. April 2016 mindestens 22 Millionen Wähler*innen zur Wahl der Anteil der Nichtwähler*innen lag demnach bei etwa 15 Prozent. Die Wahlvorstände werden sich gegenüber dem ersten Wahlgang nicht ändern. Die Wahl fand für viele Kandidat*innen unter sehr komplizierten Umständen statt. Präsidentschaftskandidat*innen wurden ausgeschlossen, politische Parteien zogen sich zurück und es gab Anschuldigungen wegen fehlerhafter Prozesse während des Präsidentschaftswahlkampfes. Pedro Pablo Kuczynski von der Partei "Peruaner für den Wechsel" PPK (Peruanos por el Kambio) ist der Kandidat, der sich in der für den 5. Juni 2016 vorgesehenen Stichwahl URL des Artikels: mit Keiko Fujimori messen wird. https://www.npla.de/poonal/keikoSein Ergebnis hingegen war mit fujimori-und-kuczynski-kommen20,99 Prozent schlechter als das der in-die-stichwahl/ vorherigen Auswertung (22,11 Prozent). * Verónika Mendoza von der Partei "Breite Front" (Frente Amplio), die vorher 18,27 Prozent der Stimmen erhalten hatte, konnte jetzt 18,84 Prozent für sich verbuchen. Quelle: poonal - Pressedienst lateinamerikanischer Nachrichtenagenturen Herausgeber: Nachrichtenpool Lateinamerika e.V. Köpenicker Straße 187/188, 10997 Berlin Auf den weiteren Plätzen folgen die Telefon: 030/789 913 61 Kandidaten Alfredo Barnechea von E-Mail: [email protected] der Partei Volksallianz (Acción Po- Internet: http://www.npla.de pular) mit 6,97 Prozent der Stimmen, gefolgt von dem Konkurrenten der http://www.schattenblick.de/info Volksallianz (Alianza Popular), Alan pool/politik/ausland/pala1558.html www.schattenblick.de Di, 19. April 2016 Elektronische Zeitung Schattenblick POLITIK / MEINUNGEN / OFFENER BRIEF Offener Brief von Milagro Sala an Cristina Kirchner Internationale Presseagentur Pressenza Büro Berlin Nachricht aus der Redaktion Argentinien vom 17. April 2016 geführt haben. Dann seid Ihr, Nestor und Du, gekommen, und ihr habt uns gelehrt, dass die Politik ein wunderbares Instrument ist, um die Probleme unserer Menschen zu lösen. Und wir haben uns erneut engagiert und das getan, was die alte Politik nie für uns getan hat. Ich weiß, dass Du stolz aufuns bist, und wir sind es auf Dich, für uns bist Du immer noch unsere Präsidentin Mut. Milagro Sala und Cristina Kirchner Bild: Tupac Amaru Liebe Kameradin Präsidentin Cristina, Ich schreibe Dir diesen Brief in einem sehr schwierigen Moment für Dich, für mich und für unsere Leute. Die wahren Korrupten, die unser Land beraubt und seine Reichtümer an die Mächtigen überschrieben haben, die unsere Leute verhungern lassen, die alte Menschen in Rente allein gelassen haben, die die höchsten Arbeitslosenquoten in unserer gesamten Geschichte produziert haben, die unser Land in den letzten Jahrzehnten zerstört haben, so wie sie es auch heute tun, jene Subjekte, die Dich verurteilen und Dich verfolgen, weil Du die Leben der Gedemütigten und die aller Argentinier berührt hast. 2010 verstorbene Ehemann von Cristina, der sich 2007 nicht wieder zur Wahl stellte, um ihr den Platz zu überlassen; Anm. d. Übersetzung) "Präsidentin Mut" und ich weiß auch, dass das, was wir gerade erleben, nur eine Fußnote in der Geschichte unseres Volkes sein wird. Wir werden umkehren und wir werden noch einmal aufs Neue unser Vaterland wiederaufbauen, weil wir unser Volk zutiefst lieben. Sie hassen, wir jedoch lieben. Ich erinnere mich gerne daran, dass unsere Organisation aus dem Versuch heraus geboren wurde, die Hungersnot zu lindern, die jene Subjekte in unseren Vierteln entstehen haben lassen, und wir haben es getan, indem wir Becher mit Milch verteilten. Von dort sind unsere Aktivisten gekommen, die heutzutage wie Kriminelle behandelt werden. Unser Programm war die Solidarität und die ZurückweiIch weiß, dass Du stark bist, nicht sung dieser Politiker, die uns in den umsonst nannte Dich Nestor (der Hunger und die Arbeitslosigkeit Di, 19. April 2016 www.schattenblick.de Sie werden uns verfolgen, wie sie Eva und Peron 1955 verfolgt haben, mit den gleichen Argumenten verbreitet durch ihre Medien, mit ihrem Justizapparat und den Politikern, die im Dienste der Mächtigen stehen. Sie sind so grob, dass sie noch nicht einmal originell sind. Welch Ironie. Sie werfen mich ins Gefängnis, weil ich Häuser, Straßen, Schulen, Gesundheitszentren und Behinderteneinrichtungen, Sportplätze und Schwimmbäder für die Ärmsten meiner Region gebaut habe. Und Dich wollen sie auch einsperren, dafür, dass Du dem argentinischen Volk Würde gegeben hast, dass Du die beste Präsidentin der Geschichte warst, dass Du die Mächtigen herausgefordert hast, die heute unser Land berauben und seine Reichtümer auf Ihre Firmen im Ausland verteilen wollen. Es lohnt sich noch nicht einmal, die Verräter beim Namen zu nennen, wenn sogar Tupac Amaru verraten wurde, was können wir dann noch erwarten? Aber die Geschichte wird sich nur an die wahren Helden Seite 13 Elektronische Zeitung Schattenblick erinnern, die die von ihrem Volk als solche anerkannt werden. SPORT / BOXEN / PROFI Nächsten Mittwoch, wenn Du vor Talent deklassiert Erfahrung ihnen stehen wirst, schau ihnen geradewegs in die Augen! Sie können Errol Spence macht kurzen Prozeß mit Chris Algieri Deinem Blick nicht standhalten, noch dem Deiner Kinder, noch dem ihrer Familien: sie sind Heuchler und (SB) Errol Spence, der weit über schlagene Linke ins Ziel, wie er auch das Weltergewicht hinaus als eines in der Nahdistanz unablässig für GeFreibeuter. der vielversprechendsten Talente der fahr sorgte. Algieri, der durchweg Wir werden uns weiterhin engagie- Branche gilt, hat seinem Ruf mit ei- schwächer und langsamer wirkte, ren, von wo aus auch immer, Ge- nem unangefochtenen Sieg über fand zu keiner Zeit in den Kampf. fängnis oder Straße, immer mit erho- einen so namhaften Kontrahenten Schon in der dritten Runde war er benem Haupt und mit der Gewis- wie Chris Algieri alle Ehre gemacht. von einer Schwellung unter dem sheit, unseren Kindern, Enkeln und Zum Leidwesen der 7628 zahlenden rechten Auge deutlich gezeichnet, Kollegen mit Würde und Kohärenz Zuschauer im Barclays Center in während ihn der Gegner mit harten in die Augen schauen zu können, so Brooklyn, die größtenteils den aus Treffern in die Ecke trieb. Im folgenwie Du und Nestor es uns gelehrt Huntington, New York, stammenden den Durchgang mußte Chris Algieri Algieri anfeuerten, dominierte der erstmals zu Boden gehen, worauf es habt. 26jährige Rechtsausleger aus DeSo- nur noch eine Frage der Zeit zu sein Ich wünsche Dir Kraft, gib nicht auf, to in Texas auf ganzer Linie. Spence schien, bis sein Schicksal besiegelt gehörte 2012 der US-amerikani- wäre. Das frühe Ende nahte in der so wie wir nicht aufgeben. schen Olympiamannschaft an und fünften Runde, als Spence ihn nach wurde 2015 von ESPN zum Nach- einer Trefferserie erneut mit der LinIch hab Dich sehr lieb. wuchstalent des Jahres gekürt. Wann ken zu Boden schickte. Der LokalAus dem Frauengefängnis von Alto immer die Frage aufgeworfen wird, matador kam zwar noch einmal auf wer es nach dem Abschied Floyd die Beine, stürzte aber wenig später Comedero Jujuy, 10. April 2016. Mayweathers und Manny Pacquiaos nach einem weiteren exakten Vollzum herausragenden Akteur der treffer entlang der Seile auf die BretMilagro Sala Branche bringen könnte, fällt allen ter, worauf ihn Ringrichter Benjy voran sein Name. Esteves gar nicht erst auszählte, sondern nach 48 Sekunden des DurchÜbersetzung aus dem Italienischen Wenngleich es zahlreiche Boxer gangs aus dem Kampf nahm. von Evelyn Rottengatter gibt, die wie er 20 Profikämpfe in Folge gewonnen haben und noch im- Wie Errol Spence nach seinem übermer ungeschlagen sind, kann man zeugenden Auftritt anmerkte, sei ihm Der Text steht unter der Lizenz Spence nicht vorwerfen, er gehe ge- etwas gelungen, was weder Manny Creative Commons 4.0 fährlichen Gegnern systematisch aus Pacquiao noch Amir Khan geschafft http://creativecommons.org/ dem Weg, um seine Bilanz sauberzu- hätten. Chris Algieri sei ein zäher licenses/by/4.0/ halten. Chris Algieri, der früher Kämpfer, den vorzeitig zu besiegen Weltmeister im Halbweltergewicht hohe Anforderungen stelle. Alle Welt * war und sich neben 21 erfolgreichen habe erwartungsvoll verfolgt, wie er Auftritten lediglich Manny Pacquiao sich gegen einen derart anerkannten Quelle: und Amir Khan geschlagen geben Kontrahenten schlage würde. Die Art Internationale Presseagentur mußte, hatte noch nie vorzeitig ver- und Weise seines Erfolgs zeige in alPressenza - Büro Berlin loren. Daß der 31 Jahre alte Lokal- ler Deutlichkeit, wo er inzwischen Johanna Heuveling matador ungeachtet seiner Beweg- im Weltergewicht stehe. E-Mail: [email protected] lichkeit gegen Errol Spence dreimal am Boden lag und bereits in der fünf- Chris Algieri zollte dem Sieger unInternet: www.pressenza.com/de ten Runde die Segel streichen muß- eingeschränkten Respekt und chate, spricht für die außergewöhnlichen rakterisierte ihn als hungrigen junhttp://www.schattenblick.de/ Qualitäten seines Bezwingers. gen Löwen, der eines Tages ein herinfopool/politik/meinung/ ausragender Champion sein werde. pmof0049.html Ein ums andere Mal brachte der Te- Spence habe an diesem Abend eine xaner seine schnell und präzise ge- erstklassige Vorstellung gegeben und Seite 14 www.schattenblick.de Di, 19. April 2016 Elektronische Zeitung Schattenblick sei jederzeit hochkonzentriert zu Werke gegangen. Wenngleich er ihn mit einigen Schlägen spürbar getroffen habe, hätten diese für keinerlei Irritationen gesorgt. Promoter Lou DiBella, unter dessen Regie die Veranstaltung über die Bühne ging, hat im Laufe dreier Jahrzehnte im Boxgeschäft schon so manches Talent zur Reife gebracht. Einen Boxer wie Spence habe er jedoch schon lange nicht mehr erlebt, da dieser unglaublich schnell und zugleich überaus gefährlich für jeden Gegner sei. Selbst Floyd Mayweather sei voll des Lobes über ihn, denke aber nicht einmal im Traum daran, doch noch einmal die Boxhandschuhe anzuziehen, um sich mit diesem furchterregenden Talent zu messen. Spence sei in den höchsten Rängen angekommen und müsse niemanden in seiner Gewichtsklasse scheuen. Keinem anderen Boxer sei es zuvor gelungen, durch Chris Algieri hindurchzumarschieren. Er würde auf der Stelle sein Haus darauf verwetten, daß selbst Pacquiao keine Chance gegen Spence hätte, so der Promoter überschwenglich, doch keineswegs völlig aus der Luft gegriffen. Spence, der mit einer Börse von 225.000 Dollar noch unter den 325.000 Dollar Algieris rangierte, hat diesen nun nicht nur in sportlicher, sondern sicher bald auch in finanzieller Hinsicht überholt. Da es sich um einen Ausscheidungskampf der IBF handelte, ist der Texaner jetzt neuer Pflichtherausforderer des Briten Kell Brook. Der in 36 Kämpfen ungeschlagene Weltmeister darf seinen Titel zweimal freiwillig verteidigen, bevor er sich Errol Spence stellen müßte. Brooks Promoter Eddie Hearn hat jedoch bereits angedeutet, daß der Champion nach den beiden kommenden Kämpfen seinen Gürtel zurückgeben könnte, um ins Halbmittelgewicht aufzusteigen. [1] Auswahl stünden, ginge der Brite mit diesem Manöver nicht zuletzt Spence aus dem Weg, dem zu begegnen er nach dessen jüngstem Auftritt um so weniger geneigt sein dürfte. Brook könnte zwischen den Gewichtsklassen pendeln oder normalerweise leichtere Kontrahenten mittels einer separat vereinbarten Gewichtsgrenze zu sich nach oben locken. Daher steht zu vermuten, daß der Texaner diesen Weltmeister so schnell nicht vor die Fäuste bekommen wird. [2] Anmerkungen: [1] http://espn.go.com/boxing/story/_/id/15219645/errol-spence-jrSollte der Brite den IBF-Titel nieder- knocks-chris-algieri-fifth-round-prelegen, würde ihn Spence entweder mier-boxing-champions-main-event sofort oder durch einen Sieg im Kampf um den dann vakanten Gür- [2] http://www.boxingtel bekommen. Eine Alternative wä- news24.com/2016/04/errol-spencere WBC-Weltmeister Danny Garcia, destroys-chris-algieri/#more-208190 der jedoch ebenfalls bei dem Berater Al Haymon unter Vertrag steht. Da [3] http://www.boxingnews24.sich Haymon ausrechnen kann, wie com/2016/04/spence-somethingdieser Kampf ausgehen würde, und pacquiao-khan-couldnt/#moreer Garcia vermutlich nicht von 208207 Spence demontieren lassen will, wird es kaum zu diesem Duell komhttp://www.schattenblick.de/ men. Dasselbe dürfte für andere infopool/sport/boxen/ namhafte Rivalen im Weltergewicht sbxp0626.html wie Adrien Broner, Shawn Porter oder Keith Thurman aus Haymons umfassendem Arsenal prominenter Akteure gelten. Möglicherweise könnte sich der aufstrebende TexaSCHACH - SPHINX ner deshalb in absehbarer Zeit veranlaßt sehen, in höheren GewichtsklasDrei Wiener Wölfe sen anzutreten. Für den Augenblick bleibt festzuhalten, daß Errol Spence mit seinem spektakulären Sieg über Chris Algieri einen großen Sprung nach vorn gemacht hat und jetzt von erheblich mehr Zuschauern wahrgenommen werden dürfte. Da er sehr attraktiv boxt und stets den frühen Erfolg sucht, sollten ihn diese Qualitäten eigentlich auf direktem Weg in die Publikumsgunst und mithin ins Bezahlfernsehen führen. Andererseits hat sein souveräner Umgang mit dem erfahrenen New Yorker Lokalmatador die Konkurrenz endgültig aufgeWenngleich dort weniger attraktive schreckt und wohl auch dafür geGegner als im Weltergewicht zur sorgt, daß ihm die Prominenz im Di, 19. April 2016 Weltergewicht fortan aus dem Weg geht. Diese Situation erinnert zwangsläufig an jene Gennadi Golowkins, den die namhaften Gegner im Mittelgewicht tunlichst meiden, weil sie nicht wie sämtliche Kontrahenten des Kasachen seit über sechs Jahren vorzeitig auf den Brettern landen wollen. [3] www.schattenblick.de Aus dem Märchen von Rotkäppchen wissen wir, wie hinterhältig, durchtrieben, falsch ein Wolf sein kann, und Wölfe am Schachbrett gab es zu jeder Zeit und an jedem Ort. Wien machte da in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts keine Ausnahme, wenngleich es die Seltenheit für sich in Anspruch nehmen konnte, gleich über drei Wölfe zu verfügen. Wolf Nummer 1 hieß Heinrich Wolf, und er war auf den Turnieren jener Jahre ein gefürchteter Spieler, weswegen man ihn auch den 'reißenden Wolf' nannte. Dann gab es da noch Siegfried Reginald Wolf. Seine Profession galt zwar we(SB) Seite 15 Elektronische Zeitung Schattenblick niger der Schachkunst - er war Handelsreisender und erwarb sich später ein hübsches Sümmchen -, aber auch als Schachwolf machte er hin und wieder von sich reden. Wegen seiner geschäftlichen Umtriebigkeit und um ihn von Heinrich unterscheiden zu können, nannte man ihn den 'reisenden Wolf'. Zuguterletzt war da noch Siegfried August Wolf, ein Charmeur ohnegleichen, der bei den Frauen dank seines aalglatten Lächelns viel Anklang fand, weswegen er der 'reizende Wolf' genannt wurde. Drei Wölfe am Wiener Schachbrett, so daß kaum zu unterscheiden ist, welcher von ihnen die folgende Schlußpointe gegen Meister Haas im heutigen Rätsel der Sphinx setzte. Soviel ist jedenfalls sicher, die weiße Partie war in ihrem Verlauf reißend, reisend und reizend zugleich. Also, Wanderer, wölfisch gelacht und ans Werk gegangen! __I n h a l t__________Ausgabe 1799 / Dienstag, den 19. April 2016__ 1 DIE BRILLE - REPORT: Leipzig, das Buch und die Messe offener Empfang, fesselfreier Gang ... Constantin Schreiber im Gespräch 5 DIE BRILLE - REPORT: Leipzig, das Buch und die Messe textinszenierte Bühnenshows ... Bas Böttcher im Gespräch 9 POLITIK - REDAKTION: Machtkampf in Bagdad gefährdet die Zukunft des Iraks 11 POLITIK - KOMMENTAR: "Böhmermann-Affäre" - Was fehlt ... 12 POLITIK - AUSLAND: Peru - Keiko Fujimori und Pedro Pablo Kuczynski kommen in die Stichwahl (poonal) 13 POLITIK - MEINUNGEN: Argentinien - Milagro Sala an Cristina Kirchner (Pressenza) 14 SPORT - BOXEN: Talent deklassiert Erfahrung 15 SCHACH-SPHINX: Drei Wiener Wölfe 16 DIENSTE - WETTER: Und morgen, den 19. April 2016 DIENSTE / WETTER / AUSSICHTEN Und morgen, den 19. April 2016 +++ Vorhersage für den 19.04.2016 bis zum 20.04.2016 +++ Gut, wann heut' Wetterwechsel sind, das ist wohl nicht vorherzuseh'n. Doch werden Jean-Luc Sturm und Wind ganz sicher nicht vom Hügel weh'n. © 2016 by Schattenblick Wolf - Haas Wien 1911 Auflösung des letzten SphinxRätsels: Der junge Max Euwe teilte das Los von Kieseritzky, als sein Wettkampfgegner Richard Réti mit 17...Lc8-h3! 18.Dh8xa8 Ld6-c5+ 19.Kg1- h1 Lh3xg2+! 20.Kh1xg2 Dh4-g4+ 21.Kg2-f1 Dg4-f3+ 22.Kf1-e1 Df3-f2# der Spur des großen Anderssen folgte. http://www.schattenblick.de/ infopool/schach/schach/ sph05810.html Seite 16 IMPRESSUM Elektronische Zeitung Schattenblick Diensteanbieter: MA-Verlag Helmut Barthel, e.K. Verantwortlicher Ansprechpartner: Helmut Barthel, Dorfstraße 41, 25795 Stelle-Wittenwurth Elektronische Postadresse: [email protected] Telefonnummer: 04837/90 26 98 Registergericht: Amtsgericht Pinneberg / HRA 1221 ME Journalistisch-redaktionelle Verantwortung (V.i.S.d.P.): Helmut Barthel, Dorfstraße 41, 25795 Stelle-Wittenwurth Inhaltlich Verantwortlicher gemäß § 10 Absatz 3 MDStV: Helmut Barthel, Dorfstraße 41, 25795 Stelle-Wittenwurth ISSN 2190-6963 Urheberschutz und Nutzung: Der Urheber räumt Ihnen ganz konkret das Nutzungsrecht ein, sich eine private Kopie für persönliche Zwecke anzufertigen. Nicht berechtigt sind Sie dagegen, die Materialien zu verändern und / oder weiter zu geben oder gar selbst zu veröffentlichen. Nachdruck und Wiedergabe, auch auszugsweise, nur mit ausdrücklicher Genehmigung des Verlages. 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