Skript zu Kapitel III - Lehrstuhl für Mathematik II

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Skript zu Kapitel III - Lehrstuhl für Mathematik II
Mathematik für Physiker,
Informatiker und Ingenieure
(Kapitel III)
Dr. Gunther Dirr
Institut für Mathematik
Universität Würzburg
Skript vom 24. April 2014
Inhaltsverzeichnis
Wintersemester
2
III Folgen und Reihen
1
Reell- und komplexwertige Folgen . . . . .
2
Der Satz von Bolzano/Weierstraß . .
3
Reell- und komplexwertige Reihen . . . .
4
Gleichmäßige Konvergenz . . . . . . . . .
5
Potenzreihen und elementare Funktionen .
1
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3
3
13
17
27
33
Wintersemester
2
Kapitel III
Folgen und Reihen
Literatur (allgemein): Jedes gute Analysis-Buch, z.B.
• Königsberger, Analysis 1, Springer, 1995.
• Bröcker, Analysis I, Spektrum Akademischer Verlag, 1995.
• Rudin, Analysis, R. Oldenbourg Verlag, 2005.
Literatur für Physiker:
• Fischer & Kaul, Mathematik für Physiker (Band 1), Teubner Verlag, 2005.
• Wüst, Mathematik für Physiker und Mathematiker (Band 1), WileyVCH Verlag, 2009.
Literatur für Informatiker:
• Kreußer & Pfister, Mathematik für Informatiker, springer, 2009.
1
Reell- und komplexwertige Folgen
Definition 1 Eine Abbildung a : N → R oder a : N → C heißt reell- bzw.
komplexwertige Folge oder kurz Folge. Oftmals wird der Definitionsbereich N
auf N0 erweitert.
Notation: Statt a : N → R, n 7→ a(n) hat sich die Schreibweise an := a(n) für
den Wert der Folge an der Stelle n und (an )n∈N für die „ganze“ Folge etabliert.
Beispiele:
1) a : N → R, a(n) :=
1
n
bzw. (an )n∈N , an :=
1
n
oder kurz
1
n n∈N .
2) b : N0 → C, b(n) := in oder bn := in , n ∈ N0 .
Definition 2
(a) Eine Folge (an )n∈N heißt konvergent gegen a∗ ∈ C, falls
für jedes ε > 0 ein N ∈ N existiert, so dass |an − a∗ | ≤ ε für alle n ≥ N .
Die Zahl a∗ ∈ C bezeichnen wir als den Grenzwert der Folge (an )n∈N .
Notation: limn→∞ an = a∗ oder an → a∗ für n → ∞.
3
KAPITEL III. FOLGEN UND REIHEN
Quantorenform:
lim an = a∗ :⇐⇒ ∀ε > 0 ∃N ∈ N ∀n ∈ N : n ≥ N =⇒ |an − a∗ | ≤ ε
k→∞
(b) Eine reellwertige Folge (an )n∈N heißt bestimmt divergent nach +∞ (bzw.
−∞), falls für jedes ω > 0 (bzw. α < 0) ein N ∈ N existiert, so dass
an ≥ ω (bzw. an ≤ α) für alle n ≥ N .
Notation: limn→∞ an = +∞ bzw. limn→∞ an = −∞
(c) Eine reell- oder komplexwertige Folge (an )n∈N heißt Cauchy-Folge, falls für
jedes ε > 0 ein N ∈ N existiert, so dass |an − am | ≤ ε für alle n, m ≥ N .
Quantorenform: (an )n∈N ist Cauchy-Folge
:⇐⇒ ∀ε > 0 ∃N ∈ N ∀n, m ∈ N : n, m ≥ N =⇒ |an − am | ≤ ε
(d) Eine reellwertige Folge (an )n∈N heißt von oben (bzw. von unten) beschränkt,
wenn die Menge {an | n ∈ N} von oben (bzw. von unten) beschränkt ist.
(e) Eine reell- oder komplexwertige Folge (an )n∈N heißt beschränkt, wenn die
Menge {an | n ∈ N} beschränkt ist, d.h., wenn es ein R > 0 gibt, so dass
an ∈ KR (0) für alle n ∈ N.
Bemerkung:
1) In vielen Büchern findet man zur Definition der Konvergenz auch die Bedingung
∀ε > 0 ∃N ∈ N ∀n ∈ N : n ≥ N =⇒ |an − a∗ | < ε
Aufgrund der Implikationen
|an − a∗ | < ε
=⇒
|an − a∗ | ≤ ε
und
ε
=⇒ |an − a∗ | < ε
2
sieht man aber, dass beide Definitionen äquivalent sind. Entsprechendes
gilt auch für die Definition der Cauchy-Eigenschaft.
|an − a∗ | ≤
2) Eine reellwertige Folge (an )n∈N ist offensichtlich genau dann beschränkt,
wenn es ein Intervall [−R, R] gibt mit an ∈ [−R, R] für alle n ∈ N, also
genau dann, wenn sie sowohl von oben als auch von unten beschränkt ist.
Wir beginnen unsere weiteren Untersuchungen mit zwei einfachen Hilfssätzen.
Lemma 1
(a) Falls eine Folge konvergiert, so ist ihr Grenzwert eindeutig.
(b) Jede konvergente Folge ist eine Cauchy-Folge.
Beweis. Zu (a): Sei (an )n∈N eine konvergente Folge und seien a∗ bzw. a0 Grenzwerte von (an )n∈N . Angenommen, |a∗ − a0 | =: ε > 0. Dann existiert ein N ≥ 0,
so dass |an − a∗ | ≤ 3ε für alle n ≥ N . Ebenso existiert ein N 0 ≥ 0, so dass
4
KAPITEL III. FOLGEN UND REIHEN
|an − a0 | ≤ 3ε für alle k ≥ N 0 . Somit erhalten wir für n ≥ max{N, N 0 } die
Abschätzung
ε = |a ∗ −a0 | = |a ∗ −an + an − a0 | ≤ |a ∗ −an | + |an − a0 | ≤
ε
3
+
ε
3
= 23 ε ,
die offensichtlich für ε > 0 einen Widerspruch darstellt. Also muss ε = 0 gelten
und folglich a∗ = a0 .
Zu (b): Sei (an )n∈N eine Folge, die gegen a∗ konvergiert. Ferner sei ε > 0 gegeben.
Dann existiert ein N ∈ N, so dass |an − a∗ | ≤ 2ε für alle n ≥ N . Daraus folgt
für alle n, m ≥ N die Abschätzung
|an − am | = |an − a∗ + a∗ − am | ≤ |an − a∗ | + |a∗ − am | ≤
ε
2
+
ε
2
= ε,
d.h. (an )n∈N ist eine Cauchy-Folge.
Lemma 2
(a) Sei (an )n∈N eine reellwertige Folge mit Grenzwert a∗ ∈ R.
Dann existiert zu jedem ε > 0 ein N ∈ N, so dass
a∗ − ε ≤ an ≤ a∗ + ε
für alle n ≥ N .
(b) Sei (an )n∈N eine komplexwertige Folge mit Grenzwert a∗ ∈ C. Dann existiert zu jedem ε > 0 ein N ∈ N, so dass
|a∗ | − ε ≤ |an | ≤ |a∗ | + ε
für alle n ≥ N .
Beweis. Zu (a): Die Behauptung folgt unmittelbar aus der Definition der Konvergenz und der Identität Kε (a) = [a∗ − ε, a∗ + ε] (vgl. Kapitel II, Lemma 8).
Alternative erhält man die Abschätzungen wie folgt. Sei ε > 0 gegeben. Dann
existiert aufgrund der Konvergenz von (an )n∈N gegen a∗ ein N ∈ N mit |an −
a∗ | ≤ ε für alle n ≥ N . Daraus folgt
an = a∗ + an − a∗ ≤ a∗ + |an − a∗ | ≤ a∗ + ε
und
a∗ = an + a∗ − an ≤ an + |a∗ − an | ≤ an + ε ,
also an ≤ a∗ + ε und a∗ − ε ≤ an für alle n ≥ N .
Zu (b): Sei ε > 0 gegeben. Dann existiert ein N ∈ N, so dass |an − a∗ | ≤ ε für
alle n ≥ N . Daraus folgt
ε ≥ |an − a∗ | ≥ |an | − |a∗ | ≥ |an | − |a∗ |
bzw.
ε ≥ |a∗ − an | ≥ |a∗ | − |an | ≥ |a∗ | − |an | ,
also |an | ≤ |a∗ | + ε und |a∗ | − ε ≤ |an | für alle n ≥ N .
Folgerung 1 Seien b, c ∈ R und sei (an )n∈N eine konvergente, reellwertige
Folge mit b ≤ an ≤ c für alle n ∈ N. Dann gilt auch für den Grenzwert a∗ ∈ R
die Abschätzung b ≤ a∗ ≤ c.
5
KAPITEL III. FOLGEN UND REIHEN
Beweis. siehe Übungen
Wir kommen nun zu einem Hauptergebnis dieses Abschnitts.
Satz 1
Jede reell- bzw. komplexwertige Cauchy-Folge konvergiert.
Zum Beweis des obigen Satzes benötigen wir einige vorbereitende Hilfssätze.
Lemma 3
Jede Cauchy-Folge ist beschränkt.
Beweis. Sei (an )n∈N o.B.d.A. eine komplexwertige Cauchy-Folge. Dann existiert
ein N ∈ N, so dass |an − am | ≤ 1 für alle n, m ≥ N , also an ∈ K1 (aN ) für alle
n ≥ N . Setze nun R := max{|a1 |, . . . , |aN −1 |, |aN | + 1, }. Dann gilt offensichtlich
an ∈ KR (0) für alle n ∈ N.
Unmittelbar aus Lemma 1 erhalten wir die folgende Aussage.
Folgerung 2
Jede konvergente Folge ist beschränkt.
Lemma 4 Sei (an )n∈N eine reellwertige, von oben beschränkte Folge und sei
s := supn∈N an . Dann existiert für jedes ε > 0 ein l ∈ N mit al > s − ε. Eine
entsprechende Aussage gilt auch für von unten beschränkte Folgen und deren
Infimum.
Beweis. Angenommen, es gäbe ein ε > 0, so dass an ≤ s−ε für alle n ∈ N. Dann
wäre offensichtlich s nicht die kleinste obere Schranke von {an | n ∈ N}.
Lemma 5
(a) Eine komplexwertige Folge (an )n∈N konvergiert genau dann
gegen a∗ , wenn die reellwertigen Folgen (Re an )n∈N und (Im an )n∈N gegen
Re a∗ bzw. Im a∗ konvergieren.
(b) Eeine komplexwertige Folge (an )n∈N ist genau dann eine Cauchy-Folge,
wenn auch die reellwertigen Folgen (Re an )n∈N und (Im an )n∈N CauchyFolgen sind.
Beweis. Zu (a): „=⇒”: Sei (an )n∈N konvergent gegen a∗ ∈ C. Dann folgt aus
den Abschätzungen
| Re an − Re a∗ | = | Re(an − a∗ )| ≤ |an − a∗ | ,
| Im an − Im a∗ | = | Im(an − a∗ )| ≤ |an − a∗ | ,
dass (Re an )n∈N und (Im an )n∈N gegen Re a∗ bzw. Im a∗ konvergieren. Denn
für jedes ε > 0 können wir nach Voraussetzung ein N ∈ N wählen, so dass
|an − a∗ | ≤ ε für alle n ≥ N , und folglich gilt
| Re an − Re a∗ | ≤ |an − a∗ | ≤ ε
bzw. | Im an − Im a∗ | ≤ |an − a∗ | ≤ ε
für alle n, m ≥ N .
„⇐=”: Seien nun (Re an )n∈N sowie (Im an )n∈N konvergent gegen x∗ bzw. y ∗
und sei ε > 0 beliebig. Dann existiert ein N1 ∈ N, so dass | Re an − x| ≤ √ε2 für
alle n ≥ N1 . Entsprechend existiert ein N2 ∈ N mit | Im an − y| ≤ √ε2 für alle
6
KAPITEL III. FOLGEN UND REIHEN
n ≥ N2 . Somit erhalten wir für a∗ := x + iy und alle n ≥ N := max{N1 , N2 }
die Abschätzung
q
2
2
|an − a∗ | =
Re(an − a∗ ) + Im(an − a∗ )
q
=
Re an − x
2
+ Im an − y
2
≤
q
√ 2
√ 2
ε/ 2 + ε/ 2 = ε ,
d.h. (an )n∈N konvergiert gegen a∗ .
Zu (b): Indem man im obigen Beweis |an −a∗ | durch |an −am | ersetzt, kann Teil
(b) völlig analog zu Teil (a) beweisen werden. Daher verzichten wir auf weitere
Details.
Beweis von Satz 1. 1. Fall: Sei (an )n∈N eine reellwertige Cauchy-Folge. Dann ist
(an )n∈N nach Lemma 3 beschränkt und somit ist die Konstruktion der folgenden
Intervallschachtelung wohl-definiert. Setze
I1 : = [ inf an , sup an ] = [ inf an , sup an ]
n∈N
n≥1
n∈N
n≥1
I2 : = [ inf an , sup an ]
n≥2
n≥2
..
.
und allgemein
Ik : = [ inf an , sup an ].
n≥k
n≥k
Dann gilt offensichtlich
Ik+1 ⊂ Ik für alle k ∈ N und somit folgt aus Kapitel
T
II, Satz 14, dass k∈N Ik 6= ∅. Nach Lemma 4 angewandt auf die „Restfolge“
(an )n≥k existieren für alle ε > 0 geeignete l, l0 ≥ k, so dass
ε ε
2ε
dk := sup an − inf an ≤ al +
− al 0 −
= al − al0 + .
(∗)
n≥k
3
3
3
n≥k
Da (an )n∈N eine Cauchy-Folge ist, gibt es ein N ∈ N mit |an − am | ≤ 3ε für alle
n, m ≥ N , und somit impliziert (∗) die Abschätung dk < ε für alle k ≥ N , also
dk → 0
für k → ∞ .
T
Daraus folgt k∈N Ik enthält genau eine reelle Zahl a∗ , also k∈N Ik = {a∗ }.
Wir zeigen nun, dass a∗ der gesuchte Grenzwert ist. Da a∗ ∈ Ik für alle k ∈ N,
erhalten wir
|a∗ − ak | ≤ dk → 0 für k → ∞ .
T
also limk→∞ ak = a∗ .
2. Fall: Sei nun (an )n∈N eine komplexwertige Cauchy-Folge. Dann sind nach
Lemma 5 auch die reellwertigen Folgen (Re an )n∈N und (Im an )n∈N CauchyFolgen und somit nach Fall 1 konvergent. Daraus folgt wiederum mittels Lemma
5, dass (an )n∈N konvergiert und die Identität
lim an = lim Re ak + i lim Im ak
n→∞
n→∞
n→∞
gilt.
7
KAPITEL III. FOLGEN UND REIHEN
Definition 3 Eine reellwertige Folge (an )n∈N heißt monoton steigend (fallend), falls für alle n ∈ N die Ungleichung an ≤ an+1 (bzw. an+1 ≤ an ) erfüllt
ist. Sie heißt streng monoton steigend (fallend), falls zusätzlich an 6= an+1 für
alle n ∈ N gilt.
Satz 2 Jede reellwertige monoton steigende Folge (an )n∈N , die nach oben beschränkt ist, konvergiert gegen das Supremum ihrer Bilder, also
lim an = sup{an | n ∈ N} .
n→∞
Entsprechend konvergiert jede nach unten beschränkte, monoton fallende Folge
(bn )n∈N gegen das Infimum ihrer Bilder, d.h. limn→∞ an = inf{an | n ∈ N}.
Beweis. Sei (an )n∈N o.B.d.A. eine monoton steigende Folge, die von oben beschränkt ist. Dann ist die Menge N := {an | n ∈ N} (per definitionem)
nach oben beschränkt. Setze s := sup N . Sei nun ε > 0 gegeben. Dann existiert nach Lemma 4 ein l ∈ N mit al > s − ε, also s − al < ε. Somit gilt
|s − an | = s − an ≤ s − al ≤ ε für alle n ≥ N := l, d.h. (an )n∈N konvergiert
gegen s.
Lemma 6 (Sandwich- oder Carabinieri-Lemma) Seien (an )n∈N , (bn )n∈N
und (cn )n∈N reellwertige Folgen mit an ≤ bn ≤ cn für alle n ∈ N. Ferner gelte
limn→∞ an = b∗ und limn→∞ cn = b∗ . Dann konvergiert auch (bn )n∈N gegen b∗ .
Beweis. Unter den obigen Voraussetzungen gilt für alle n ∈ N die Abschätzung
|bn − b∗ | = max{bn − b∗ , b∗ − bn } ≤ max{cn − b∗ , b∗ − an }
≤ max{|cn − b∗ |, |b∗ − an |}.
(∗)
Sei nun ε > 0 gegeben. Dann existieren ein N ∈ N und ein N 0 ∈ N mit |cn −b∗ | ≤
ε für alle n ≥ N bzw. |b∗ − an | ≤ ε für alle n ≥ N 0 . Daraus folgt mittels (∗) für
alle n ≥ max{N, N 0 } die Abschätzung
|bn − b∗ | ≤ max{|cn − b∗ |, |b∗ − an |} ≤ ε,
und somit konvergiert (bn )n∈N gegen b∗ .
Lemma 7
(a) Seien (an )n∈N und (bn )n∈N Folgen und, die sich nur an endlich
vielen Stellen unterscheiden, d.h. die Menge {n ∈ N | an 6= bn } ist endlich.
So konvergiert (an )n∈N genau dann, wenn (bn )n∈N konvergiert und im Fall
der Konvergenz gilt limn→∞ an = limn→∞ bn .
(b) Die Folge (an )n∈N konvergiert genau dann, wenn die um n0 ∈ N0 „verschobene“ Folge (an+n0 )n∈N konvergiert. Insbesondere gilt limn→∞ an =
limn→∞ an+n0 , falls eine der beiden Folgen konvergiert.
Beweis. Siehe Übungen.
Definition 4 Seien a : N → C und b : N → C Folgen. Dann definieren wir
Summenfolge a + b, Differenzenfolge a − b, Produktfolge a · b und Quotientenfolge
a/b wie folgt:
• (a + b)n := an + bn für alle n ∈ N,
8
KAPITEL III. FOLGEN UND REIHEN
• (a − b)n := an − bn für alle n ∈ N,
• (a · b)n := an · bn für alle n ∈ N,
• (a/b)n := an /bn , falls bn 6= 0 für alle n ∈ N.
Folgerung 3 Seien (an )n∈N und (bn )n∈N reell- oder komplexwertige konvergente Folgen mit limn→∞ an = a∗ und limn→∞ bn = b∗ . Dann gilt:
(a) lim |an | = |a∗ |,
n→∞
(b) lim an ± bn = a∗ ± b∗
n→∞
(c) lim an · bn = a∗ · b∗
n→∞
(d) lim an /bn = a∗ /b∗ , falls zusätzlich b∗ 6= 0 und bn 6= 0 für alle n ∈ N.
n→∞
(e) a∗ ≤ b∗ , falls (an )n∈N und (bn )n∈N reellwertig und an ≤ bn für alle n ∈ N.
Beweis. Zu (a): Die Behauptung folgt unmittelbar
aus den Konvergenz von
(an )n∈N gegen a∗ und der Abschätzung |an | − |a∗ | ≤ |an − a∗ |.
Zu (b): Es gilt
|an ± bn − (a∗ ± b∗ )| = |an − a∗ ± (bn − b∗ )| ≤ |an − a∗ | + |bn − b∗ |
(∗)
Sei nun ε > 0 gegeben. Dann existiert ein N ∈ N, so dass |an − a∗ | ≤ 2ε für alle
n ≥ N . Ferner existiert ein N 0 ∈ N mit |bn − b∗ | ≤ 2ε für alle n ≥ N 0 . Somit
folgt aus (∗) für alle n ≥ max{N, N 0 } die Abschätzung
|an ± bn − (a∗ ± b∗ )| ≤ |an − a∗ | + |bn − b∗ | ≤
ε ε
+ = ε,
2 2
d.h. (an ± bn )n∈N konvergiert gegen a∗ ± b∗ .
Zu (c): Es gilt
|an bn − a∗ b∗ | = |an bn − an b∗ + an b∗ − a∗ b∗ |
≤ |an bn − an b∗ | + |an b∗ − a∗ b∗ |
∗
∗
(∗∗)
∗
= |an | · |bn − b | + |b | · |an − a | .
Sei nun ε > 0 gegeben. Dann existiert ein N ∈ N, so dass |an − a∗ | ≤ 2(|b∗ε|+1)
ε
für alle n ≥ N . Ferner existiert ein N 0 ∈ N mit |bn − b∗ | ≤ 2M
für alle n ≥ N 0 ,
wobei M > 0 so gewählt sei, dass |an | ≤ M für alle n ∈ N gilt (vgl. Folgerung 2).
Dann erhält man aus (∗∗) für alle n ≥ max{N, N 0 } die Abschätzung
|an bn − a∗ b∗ | ≤ |an | · |bn − b∗ | + |b∗ | · |an − a∗ | ≤ M ·
ε
ε
+ |b∗ | ·
≤ ε,
∗
2M
2(|b | + 1)
und somit konvergiert die Folge (an · bn )n∈N gegen a∗ b∗ .
Zu (d): Nach Teil (c) genügt es zu zeigen, dass die Folge (1/bn )n∈N gegen 1/b∗
konvergiert. Es gilt
∗
∗
1
− 1 = |b − bn | = |b − bn |
(∗ ∗ ∗)
bn
b∗ |bn b∗ |
|bn | · |b∗ |
9
KAPITEL III. FOLGEN UND REIHEN
Da nach Teil (a) die Folge (|bn |)n∈N gegen |b∗ | =
6 0 konvergiert, existiert gemäß
|b∗ |
|b∗ |
Lemma 2 (wähle ε = 2 ) ein N ∈ N mit 2 ≤ |bn | für alle n ≥ N . Ferner
∗ 2
existiert zu ε > 0 ein N 0 ∈ N, so dass |b∗ − bn | ≤ |b 2| ε für alle n ≥ N 0 . Daraus
folgt mittels (∗ ∗ ∗) für n ≥ max{N, N 0 } die Abschätzung
∗
1
2
|b∗ |2 ε
|b∗ − bn |
− 1 = |b − bn |
≤ ∗2·
≤
= ε,
∗|
bn
∗
∗
|b
b
|bn | · |b |
|b |
2
↑
· |b∗ |
|bn |≥
|b∗ |
2
2
und folglich konvergiert (1/bn )n∈N gegen 1/b∗ .
Zu (e): Angenommen, a∗ > b∗ . Dann gäbe es nach Lemma 2 natürliche Zahlen
∗
∗
∗
∗
N, N 0 ∈ N mit an ≥ a∗ − a −b
für alle n ≥ N und bn ≤ b∗ + a −b
für alle
3
3
n ≥ N 0 . Daraus würde man die Abschätzung
∗
∗
∗
∗
∗
∗
− b∗ + a −b
= a −b
> 0,
an − bn ≥ a∗ − a −b
3
3
3
also bn < an für alle n ≥ max{N, N 0 } erhalten. Dies steht jedoch im Widerspruch zur Voraussetzung an ≤ bn für alle n ≥ N. Folglich gilt a∗ ≤ b∗ .
Spezielle Folgen und Grenzwerte
Im folgenden Lemma sind einige wichtige konvergente Folgen und ihre Grenzwerte zusammengefasst.
Lemma 8
(a)
Es gilt:
lim 1
n→∞ n
= 0,
(b) lim pn = 0 für |p| < 1 und lim pn = +∞ für p > 1,
n→∞
n→∞
(c) lim
√
n
p = 1 für p > 0,
(d) lim
√
n
n = 1,
n→∞
n→∞
nk
n
n→∞ p
(e) lim
= 0 für k ∈ N und |p| > 1.
Zum Beweis der obigen Grenzwerte benötigen wir die folgende Abschätzung.
Lemma 9 (Bernoulli-Ungleichung) Für alle ∆ ≥ −1 und n ∈ N0 gilt die
Abschätzung
(1 + ∆)n ≥ 1 + n · ∆ .
(∗)
Beweis (mittels Induktion).
(IA): Die Aussage ist offensichtlich für n = 0 erfüllt.
(IS): Sei nun (∗) für ein n ∈ N erfüllt. Dann gilt
(1 + ∆)n+1 = (1 + ∆)n · (1 + ∆) ≥ (1 + n · ∆) · (1 + ∆)
↑
(IS)
= 1 + (n + 1) · ∆ + ∆2 ≥ 1 + (n + 1) · ∆.
Somit gilt (∗) auch für n+1, also nach dem Induktionsprinzip für alle n ∈ N0 .
10
KAPITEL III. FOLGEN UND REIHEN
Beweis von Lemma 8. Zu (a): Offensichtlich ist ( n1 )n∈N monoton fallend und
durch m∗ := 0 von unten beschränkt. Aus der Dichtheit von Q (vgl. Kapitel II,
Lemma 9 bzw. Satz 13) folgt, dass m∗ := 0 sogar das Infimum der Bildmenge
{ n1 | n ∈ N} ist. Somit erhalten wir aus Satz 2 die gewünschte Behauptung.
1
. Dann gilt q > 1, also q =: 1 + ∆ mit ∆ > 0.
Zu (b): Sei |p| < 1 und q := |p|
Daraus folgt
q n = (1 + ∆)n ≥ 1 + n · ∆ ≥ n · ∆.
(∗)
Sei nun ε > 0 gegeben. Wähle N ∈ N, so dass N1 ≤ ε · ∆. Man beachte, dass
dies nach Teil (a) möglich ist. Dann gilt für alle n ≥ N die Abschätzung
|pn − 0| = |p|n =
1
1
≤
≤ ε.
n
q (∗) n · ∆
und folgich konvergiert die Folge (pn )n∈N gegen null für |p| < 1. Falls p > 1,
so zeigt eine zu (∗) analog Abschätzung, dass (pn )n∈N bestimmt gegen +∞
divergiert.
√
Zu (c): Sei o.B.d.A. p ≥ 1, ansonsten betrachte man p0 := p1 . Dann gilt n p ≥ 1,
√
√ n
also n p =: 1 + ∆ mit ∆ ≥ 0. Daraus folgt p = n p = (1 + ∆)n ≥ 1 + n · ∆,
p−1
also ∆ ≤ n . Somit erhalten wir für alle n ∈ N die Abschätzung
p−1
√
1≤ np=1+∆≤1+
.
n
√
und folglich konvergiert ( n p)n∈N nach dem „Sandwich”-Lemma 6 gegen 1.
√
Zu (d): Setze n n =: 1 + ∆ und betrachte folgende Abschätzung
n
√
n
n(n − 1) 2
n
n
n=
n = (1 + ∆) ≥ 1 + n · ∆ +
∆ ,
∆2 ≥ 1 +
2
2
also gilt ∆2 ≤
2(n−1)
n(n−1)
=
2
n.
Daraus folgt
√
n
2
n=1+∆≤1+ √
n
√
n
für alle n ∈ N und somit konvergiert ( n)n∈N analog zu (c) gegen 1. Man
beachte, dass wir dabei limn→∞ √1n = 0 benutzt haben (Beweis siehe Übungen).
1≤
Zu (e): Setze |p| =: 1 + ∆ mit ∆ > 0. Dann gilt für n ≥ k + 1 die Abschätzung
n
n(n − 1) . . . (n − k) k+1
n
∆
.
(∗)
(1 + ∆) ≥ 1 +
∆k+1 ≥
k+1
(k + 1)!
Daraus folgt
k
n (k + 1)!
nk
0 ≤ n ≤
·
k+1
k+1 + a nk + . . . a n
p (∗) | ∆{z
k
1
} n
Konstante
für n ≥ k + 1 und geeignete
al ∈ Z, l = 1, . . . k. Somit genügt es
Konstanten
nk
zu zeigen, dass die Folge nk+1 +...+a1 n
gegen null konvergiert. Dies erhält
n∈N
man aber leicht aus Folgerung 3 mitels der Umformung
1
nk
n
=
→0
nk+1 + ak nk + . . . a1 n
1 + ak n1 + . . . a1 n1k
11
für n → ∞ .
KAPITEL III. FOLGEN UND REIHEN
Ein abschließendes Beispiel
Setze f : [0, 1] → [0, 1] mit f (x) = 31 (x + 1). Wir betrachten die rekursiv
definierte Folge
an+1 := f (an ) = 13 (an + 1), a0 = 0.
Problem: Konvergiert (an )n∈N und – falls ja – was ist der Grenzwert?
Behauptung: Die Folge (an )n∈N konvergiert gegen a = 21 .
Beweis. 1. Variante: Wir zeigen, dass (an )n∈N monoton steigend und durch
nach oben beschränkt ist.
1
2
Zur Beschränktheit: Falls an ≤ 12 , so gilt
an+1 = 13 (an + 1) ≤ 31 ( 12 + 1) =
1
2
und somit erhalten wir die gewünschte Abschätzung leicht mittels Induktion.
Zur Monotonie: Da an ≤
1
2
für alle n ∈ N, gilt
an+1 − an = 13 (an + 1) − an =
1
3
− 23 an ≥ 0
d.h. (an )n∈N ist monoton steigend und somit nach Satz 2 konvergent.
2. Variante: Wir zeigen, dass (an )n∈N eine Cauchy-Folge ist. Es gilt
+1 |an+1 − an | = an3+1 − an−1
= 13 |an − an−1 |
3
(∗)
Aus (∗) folgt mittels Induktion
|an+1 − an | =
1 n
3
|a1 − a0 |
(∗∗)
und somit erhalten wir für n ≥ m die Abschätzung
|an − am | = |an − an−1 + an−1 − an−2 + · · · + am+1 − am |
≤
n−1
X
|ak+1 − ak | =
k=m
=
1 m
3
=
1 m
3
= |a1 −
n−1
X
1 k
3
|a1 − a0 |
k=m
|a1 − a0 |
n−m−1
X
1 k
3
k=0
1 n−m
−1
|a1 − a0 | 3 1
(geometrische Summe)
−
1
3
n
1 m
m−1 |a1 − a0 |
− 13
3
a0 |
≤ 13
→ 0 für n, m
2
2
3
→ ∞.
Dies zeigt, dass (an )n∈N eine Cauchy-Folge und somit konvergent ist.
Zur Bestimmung des Grenzwerts a∗ gehen wir in beiden Fällen wie folgt vor.
Da (an )n∈N konvergiert, erhalten wir mittels Lemma 7 und Folgerung 3 aus der
obigen Rekursionsgleichung die Identität
a∗ = lim an+1 = lim
n→∞
also 23 a∗ =
1
3
1
(an
n→∞ 3
bzw. a∗ = 12 .
12
+ 1) = 13 (a∗ + 1) ,
KAPITEL III. FOLGEN UND REIHEN
2
Teilfolgen, Häufungspunkte und der Satz von
Bolzano/Weierstraß
Definition 5 Sei (ak )k∈N eine beliebige reell- oder komplexwertige Folge. Ferner sei (nk )k∈N eine streng monoton wachsende Folge von natürlichen Zahlen,
also nk ∈ N mit n1 < n2 < n3 . . . Dann bezeichnen wir die Folge (ank )k∈N als
eine Teilfolge von (ak )k∈N .
Bemerkung: Beachte, die Teilfolge (ank )k∈N entsteht formal durch Komposition der Abbildungen a : N → C, a(k) := ak und n : N → N, n(k) := nk .
Beispiel: Sei (ak )k∈N definiert durch ak := k1 . Dann sind die Folgen (bk )k∈N
1
und (ck )k∈N mit bk := k12 bzw. ck := 2k+1
Teilfolgen von (ak )k∈N . Im ersten
2
Fall wähle man nk := k , im zweiten Fall nk := 2k + 1. Die Folgen (dk )k∈N
k
sind jedoch keine Teilfolgen von
und (ek )k∈N mit dk := 31 und ek := 1+(−1)
2
(an )n∈N .
Definition 6
(a) Sei (ak )k∈N eine reell- oder komplexwertige Folge. Dann
heißt a? ∈ R (bzw. a? ∈ C) Häufungspunkt von (ak )k∈N , wenn es eine Teilfolge (ank )k∈N von (ak )k∈N gibt, die gegen a? konvergiert. Wir bezeichnen
mit HP(ak )k∈N die Menge aller Häufungspunkte von (ak )k∈N .
(b) Sei (ak )k∈N eine reellwertige Folge. Dann bezeichnen wir a? ∈ R∪{±∞} als
verallgemeinerten Häufungspunkt von (ak )k∈N , falls a? ∈ R ein Häufungspunkt von (ak )k∈N ist , oder falls a? = ±∞ und eine Teilfolge (ank )k∈N
existiert mit limk→∞ ank = ±∞. Wir schreiben HP∗ (an )n∈N für die Menge
aller verallgemeinerten Häufungspunkte von (ak )k∈N .
Beispiele zum Begriff Häufungspunkt findet man auf Seite 15.
Folgerung 4
Sei (an )n∈N eine reell- oder komplexwertige Folge.
(a) Die reelle/komplexe Zahl a? ist genau dann Häufungspunkt von (ak )k∈N ,
wenn für jedes ε > 0 unendlich viele Folgenglieder ak in der Kugel Kε (a? )
liegen.
(b) Die reelle/komplexe Zahl a? ist genau dann Grenzwert von (ak )k∈N , wenn
für jedes ε > 0 fast alle (d.h. alle bis auf endlich viele) Folgenglieder ak in
der Kugel Kε (a? ) liegen.
(c) Die Folge (ak )k∈N konvergiert genau dann gegen a∗ , wenn jede Teilfolge
(ank )k∈N gegen a∗ konvergiert.
Bemerkung: In Teil (a) und (b) der obigen Folgerung kann bedenkenlos Kε
durch Bε ersetzen (vgl. Teil (1) der Bemerkung auf Seite 4).
Beweis. Zu (a) „=⇒”: Sei a? ∈ C ein Häufungspunkt von (ak )k∈N , d.h. es gibt
eine Teilfolge (ank )k∈N , die gegen a? konvergiert. Sei also ε > 0 gegeben. Dann
existiert ein N ∈ N mit |a? − ank | ≤ ε für alle k ≥ N , also ank ∈ Kε (a? ) für
alle k ≥ N . Da die Folge (nk )k∈N streng monoton steigend ist, kann die Menge
{nk | k ≥ N } nicht endlich sein. Somit liegen unendlich viele Folgenglieder
13
KAPITEL III. FOLGEN UND REIHEN
ank in Kε (a? ) oder – genauer gesagt1 – die Menge {k ∈ N | ak ∈ Kε (a? )} ist
unendlich.
„⇐=”: Sei a? ∈ C, so dass für alle ε > 0 die Kugel Kε (a? ) unendlich viele
Folgenglieder enthält. Dann können wir rekursiv eine Teilfolge von (ak )k∈N wie
folgt „konstruieren“:
1. Schritt: Wähle ε1 := 1 und setze n1 := min{l ∈ N | al ∈ K1 (a? )}.
2. Schritt: Wähle ε2 :=
1
2
und setze n2 := min{l > n1 | al ∈ K 12 (a? )}.
k-ter Schritt: Seien n1 < n2 < · · · < nk−1 konstruiert mit nj ∈ K 1j (a? ) für
j = 1, . . . , k − 1. Wähle εk :=
1
k
und setze nk := min{l > nk−1 | al ∈ K k1 (a? )}.
Dieses Verfahren liefert uns eine Teilfolge von (ak )k∈N , die offensichtlich gegen
a? konvergiert.
Zu (b) „=⇒”: Dies folgt unmittelbar aus der Definition der Konvergenz.
„⇐=”: Sei ε > 0 gegeben. Dann ist die Menge E := {k ∈ N | ak ∈
/ Kε (a? )}
nach Voraussetzung endlich. Somit existiert eine obere Schranke N von E, z.B
N := max E, falls E 6= ∅. Dann gilt für alle n ≥ N + 1 die Aussage ak ∈ Kε (a? ),
also |ak − a? | ≤ ε und somit konvergiert (ak )k∈N gegen a? .
Zu (c) „=⇒”: Es konvergiere (ak )k∈N gegen a? und sei (ank )k∈N eine beliebige
Teilfolge. Ferner sei ε > 0 gegeben. Dann existiert ein N ∈ N mit |ak − a? | ≤ ε
für alle k ≥ N . Da (nk )k∈N streng monoton steigend ist, existiert ein K ∈ N
mit nK ≥ N . Somit gilt für alle k ≥ K die Abschätzung |ank − a? | ≤ ε, d.h.
(ank )k∈N konvergiert gegen a? .
„⇐=”: Sei nun jede Teilfolge von (ak )k∈N konvergent. Da (ak )k∈N auch eine
Teilfolge von (ak )k∈N ist (wähle nk = k für alle k ∈ N), konvergiert insbesondere
(ak )k∈N .
Beispiele:
1) Sei (ak )k∈N definiert durch ak := (−1)k . Für nk = 2k erhalten wir ank = a2k = 1 und für nk = 2k + 1 gilt ank = a2k+1 = −1. Also
konvergieren die Teilfolgen (a2k )k∈N und (a2k+1 )k∈N gegen 1 bzw. −1 und
daraus folgt {±1} ⊂ HP(ak )k∈N . Eine etwas genauere Betrachtung zeigt,
dass sogar Gleichheit gilt, also {±1} = HP(ak )k∈N .
k
2) Man betrachte die komplexwertige Folge (ak )k∈N mit ak := ik k+1
. Dann
gilt
4k
4k+1 → 1 für n → ∞
a4k+1 = i 4n+1
4k+2 → i für n → ∞
a4k+2 = (−1) 4n+2
4n+3 → −1 für n → ∞
4n+3
a4k+3 = −i 4n+4 → −i für n → ∞
• a4k =
•
•
•
Daraus folgt {±1, ±i} ⊂ HP(ak )k∈N . Auch hier kann man leicht zeigen,
dass die vorherige Inklusion sogar eine Gleichheit ist.
3) Sei (ak )k∈N definiert durch ak := 1 + (−1)k k. Wie in Beispiel 1 sieht
man leicht {0, +∞} ⊂ HP∗ (ak )k∈N . Auch hier gilt Gleichheit.
1 Dies
bedeutet nicht, dass die Menge {ak | k ∈ N} ∩ Kε (a? ) unendlich ist.
14
KAPITEL III. FOLGEN UND REIHEN
4) Sei ϕ : N → N × N, n 7→ ϕ(k) = ϕ1 (k), ϕ2 (k) eine bijektive Abbildung
+
1 (k)
und definiere (ak )k∈N durch ak := ϕ
ϕ2 (k) . Dann gilt HP(ak )k∈N = R0 .
sowie HP∗ (ak )k∈N = R+
0 ∪ {∞}. Der Beweis der Aussage ist deutlich komplizierter als in den vorherigen Fällen und beruht auf den folgenden beiden
Eigenschaften rationaler Zahlen:
• Jede rationale Zahl r lässt sich auf unendlich viele Arten als (nicht
gekürzter) Bruch pq darstellen.
• Q+ ist dicht in R+ .
Satz 3 (Bolzano/Weierstraß) Jede beschränkte reell- oder komplexwertige Folge (ak )k∈N besitzt eine konvergente Teilfolge, d.h. HP(ak )k∈N 6= ∅.
Beweis. 1. Fall: Sei (ak )k∈N beschränkt und reellwertig. Dann existiert ein R > 0
mit ak ∈ [−R, R] für alle k ∈ N. Wir konstruieren nun rekursiv eine Teilfolge
(ank )k∈N , welche die Cauchy-Eigenschaft besitzt und somit nach Satz 1 konvergiert.
1. Schritt: Setze I1 := [−R, R] und n1 = 1.
2. Schritt: Halbiere das Intervall I1 in I11 := [−R, 0] und I12 := [0, R]. Dann liegen
in I11 oder I12 unendlich viele Folgenglieder. Genauer gesagt, ist mindestens eine
der Mengen N11 := {l | al ∈ I11 } und N12 := {l | al ∈ I12 } unendlich. Sei O.B.d.A.
die Menge N11 unendlich. Setze I2 := I11 und n2 := min{l > 1 | l ∈ N11 }.
3. Schritt: Halbiere wiederum das Intervall I2 in I21 und I22 . Dann ist mindestens
eine der Mengen N21 := {l | al ∈ I11 } und N22 := {l | al ∈ I12 } unendlich. Sei
O.B.d.A. die Menge N21 unendlich. Setze I3 := I21 und n3 := min{l > n2 | l ∈
N21 }.
k-ter Schritt: Seien I1 ⊂ I1 ⊂ . . . ⊂ Ik−1 und n1 < n2 < . . . < nk−1 so
konstruiert, dass für alle j = 1, . . . , k − 1 die folgendes Eigenschaften gelten:
• anj ∈ Ij
• Nj := {l | al ∈ Ij } ist nicht endlich.
• dj = ( 21 )j−2 R, wobei dl den Durchmesser von Ij .
Dann halbiere man Ik−1 := [αk−1 , βk−1 ] und erhalte
h
i
h
i
2
1
k−1
k−1
Ik−1
:= αk−1 , αk−1 +β
und Ik−1
:= αk−1 +β
, βk−1 .
2
2
ν
ν
Anschließend wähle man ν ∈ {1, 2}, so dass Nk−1
:= {l | al ∈ Ik−1
} unendlich
ν
ν
ist und setze Ik := Ik−1 sowie nk := min{l > nk−1 | l ∈ Nn−1 }.
Dadurch erhalten wir eine rekursiv definierte Teilfolge (ank )k∈N mit anl ∈ Ik
für alle l ≥ k und folglich gilt
|anl − anl0 | ≤ dk = ( 21 )k−2 R
für alle l, l0 ≥ k. Daher ist (ank )k∈N eine Cauchy-Folge, also nach Satz 1 konvergent.
2. Fall: Sei (ak )k∈N eine beschränkte komplexwertige Folge. Dann gilt
| Re ak | ≤ |ak | ≤ R
und | Im ak | ≤ |ak | ≤ R
15
KAPITEL III. FOLGEN UND REIHEN
für alle k ∈ N und ein geeignetes R > 0. Daher sind auch die Folgen (Re ak )k∈N
und (Im ak )k∈N beschränkt und folglich gibt es nach Teil 1 eine konvergente
Teilfolge (Re ank )k∈N . Wir betrachten nun die Teilfolge (Im ank )k∈N . Diese besitzt wiederum nach Fall 1 eine konvergente Teilfolge (Im anmk )k∈N und nach
Folgerung 4 (c) konvergieren somit sowohl Real- als auch Imaginarteil für die
Indizes (nmk )k∈N . Folglich konvergiert auch (anmk )k∈N gemäß Lemma 5.
Folgerung 5
Für jede reellwertige Folge (ak )k∈N gilt HP∗ (ak )k∈N 6= ∅.
Beweis. Falls die Folge (ak )k∈N beschränkt ist, so folgt die Behauptung unmittelbar aus dem obigen Satz 3. Falls (ak )k∈N unbeschränkt ist, d.h., falls (ak )k∈N
nach unten oder nach oben unbeschränkt ist, so zeigt man leicht, dass es eine
Teilfogle (ank )k∈N mit limk→∞ ank = −∞ bzw. limk→∞ ank = +∞ gibt, und
folglich gilt in jedem Fall HP∗ (ak )k∈N 6= ∅.
Folgerung 6 Sei (ak )k∈N eine beschränkte reell- oder komplexwertige Folge.
Dann sind die folgenden Aussagen äquivalent:
(a) Die Folge (ak )k∈N konvergiert.
(b) Alle konvergenten Teilfolgen von (ak )k∈N besitzen denselben Grenzwert.
(c) Die Folge (ak )k∈N besitzt genau einen Häufungspunkt.
Beweis. (a) =⇒ (b): Die Behauptung folgt unmittelbar aus Folgerung 4(c).
(b) =⇒ (c): Die Aussage ergibt sich direkt aus der Definition der Begriffs Häufungspunkt, siehe Definition 6.
(c) =⇒ (a): Sei a∗ ∈ C der einzige Häufungspunkt von (ak )k∈N . Angenommen,
(ak )k∈N würde nicht gegen a konvergieren. Dann existiert ein ε0 > 0, so dass
die Menge {k ∈ N | |ak − a∗ | > ε0 } nicht endlich ist. Somit können wir wie folgt
rekursiv eine Teilfolge (ank )k∈N konstruieren mit |ank − a∗ | > ε0 für alle k ∈ N.
1. Schritt: Setze n1 := min{l ∈ N | |al − a∗ | > ε0 }.
2. Schritt: Setze n2 := min{l > n1 | |al − a∗ | > ε0 }.
k-ter Schritt: Seien n1 < n2 < · · · < nk−1 konstruiert. Setze nk := min{l > nk |
|al − a∗ | > ε0 }.
Die so konstruierte Teilfolge (ank )k∈N konvergiert offensichtlich nicht gegen a∗ .
Jedoch ist sie als Teilfolge von (ak )k∈N beschränkt und somit besitzt sie nach
obigem Satz 3 eine konvergente Teilfolge (anmk )k∈N , die nicht gegen a∗ geht.
Damit gibt es aber mindestens einen weiteren Häufungspunkt von (ak )k∈N im
Widerspruch zur Annahme, dass a∗ der einzige Häufungspunkt von (ak )k∈N sei.
Folglich muss (ak )k∈N gegen a konvergieren.
Bemerkung: In der Literatur findet man oftmals folgende Verallgemeinerung
des Grenzwertbegriffs für reellwertige Folgen:


falls +∞ ∈ HP∗ (ak )k∈N ,
+∞
lim sup ak := sup HP(ak )k∈N falls +∞ 6∈ HP∗ (ak )k∈N und HP(ak )k∈N 6= ∅,

k→∞

−∞
falls {−∞} = HP∗ (ak )k∈N .
16
KAPITEL III. FOLGEN UND REIHEN
und


+∞
lim inf ak := inf HP(ak )k∈N

k→∞

−∞
falls {+∞} = HP∗ (ak )k∈N ,
falls −∞ 6∈ HP∗ (ak )k∈N und HP(ak )k∈N 6= ∅,
falls −∞ ∈ HP∗ (ak )k∈N .
Falls die Folge (ak )k∈N beschränkt ist, so erhalten wir aus Folgerung 6 die Äquivalenz:
(ak )k∈N konvergiert gegen a∗
lim sup an = a∗ = lim inf an .
⇐⇒
n→∞
3
n→∞
Reell- und komplexwertige Reihen
Definition 7 Sei (ak )k∈N
Pneine beliebige reell- oder komplexwertige Folge. Die
Folge (sn )n∈N mit sn := k=1 ak bezeichnet man als die Folge der Partialsummen oder als die von (ak )k∈N P
erzeugte Reihe. Falls die Folge der Partialsummen
∞
konvergiert, so schreiben wir k=1 ak für ihren Grenzwert und bezeichnen diesen als den Wert der Reihe, also
∞
X
n
X
ak := lim
n→∞
k=1
ak .
k=1
P∞
Pn
Wir schreiben teilweise auch k=1 ak für die Folge
k=1 ak n∈N der Partialsummen ohne Konvergenz vorauszusetzen.
1) Sei ak := (−1)k für k ∈ N. Dann gilt
(
n
X
−1 für n ungerade,
sn :=
ak = −1 + 1 − 1 + . . . ± 1 =
0
für n gerade.
k=1
P∞
Somit konvergiert die Reihe k=1 ak nicht!
Beispiele:
2) Sei ak = pk , k ∈ N0 . Dann gilt für p 6= 1 die Summenformel (vgl. Kapitel
II, Abschnitt ...)
n
X
pn−1 − 1
.
sn =
pk =
↑
p−1
k=0
p6=1
P∞
Somit konvergiert die Reihe
Grenzwert erhält man
∞
X
k=0
pk offensichtlich, falls |p| < 1. Als
pk =
k=0
1
.
1−p
P∞
Dagegen divergiert k=0 pk für |p| ≥ 1, denn (pk )k∈N ist in diesem Fall
keine Nullfolge, vgl. Folgerung 7 (a).
P∞
3) Sei ak = k1 , k ∈ N. Die Reihe k=1 k1 divergiert gegen +∞. Dies sieht
man mittels der folgenden Abschätzung
m
2
X
1
1
1
1
1
1
= m−1
+ m−1
+ . . . m ≥ 2m−1 · m = .
k
2
+
1
2
+
2
2
2
2
|
{z
}
k=2m−1 +1
2m−1 Summanden
17
(∗)
KAPITEL III. FOLGEN UND REIHEN
Sei nun w > 0 gegeben. Dann existiert ein l ∈ N mit 2l + 1 ≥ w und somit
erhält man aus (∗) für n ≥ N := 2l die Abschätzung
l
l
n
2
2
X
X
1 X1
1 1 1
1
1
≥
= 1 + + + +... +
≥ 1+l· ≥ w.
k
k
2 |3 {z 4}
k
2
k=1
k=1
k=2l−1 +1
{z
}
|
1
≥
2
Damit gilt
≥ 12
P∞
1
k=1 k
= +∞.
P∞
P∞
Bemerkung: Die Reihe k=0 pk heißt geometrische Reihe, die Reihe k=1
harmonische Reihe.
1
k
Im Weiteren interessieren wir uns für notwendige und hinreichende Konvergenzkriterien für Reihen.
P∞
Folgerung 7 (Majorenten-/Minorantenkriterium)
(a) Falls k=1 ak konvergiert, so ist (ak )k∈N eine Nullfolge, d.h. ak → 0 für k → ∞.
P∞
(b) Sei k=1 ak eine Reihe mit nicht-negativen
Folgengliedern, d.h. ak ≥ 0
P∞
für alle n ∈ N. So konvergiert k=1 ak genau dann, wenn die Folge der
Partialsummen nach oben beschränkt ist.
(c) Seien (bk )k∈N und (ckP
)k∈N Folgen mit |bk | ≤ ck für alle k ∈ N.
Ferner
P∞
∞
konvergiere die Reihe k=1 ck . Dann konvergiert auch die Reihe k=1 bk .
(d) Seien (ak )k∈N und (bk )k∈N nicht-negative
P∞ Folgen mit 0 ≤ an ≤ bn für alle
k
∈
N.
Ferner
divergiere
die
Reihe
k=1 ak gegen +∞. Dann gilt auch
P∞
k=1 bk = +∞.
Beweis. Zu (a): Die Aussage folgt unmittelbar aus dem Cauchy-Kriterium (vgl. Folgerung 1), denn es gilt
n n+1
X
X
|an+1 | = ak −
= |sn+1 − sn | → 0
k=1
für n → ∞ .
k=1
Zu (b): Die Aussage erhält man aus Satz 2 angewandt auf die Folge der Partialsummen.
Zu (c): Nach Satz 1 genügt es zu zeigen, dass die Partialsummen eine CauchyFolge bilden. Nach Voraussetzung gilt für n ≥ m die Abschätzung
n
m
n
n
X
X
X
X
bk −
bk ≤
|bk | ≤
ck .
(∗)
k=1
k=1
k=m+1
k=m+1
P∞
Sei nun ε > 0 gegeben. Da die Reihe k=1 ck konvergiert, bilden ihre Partialsummen eine Cauchy-Folge. Somit existiert ein N ∈ N, so dass für alle n, m ≥ N
die Abschätzung
n
m
n
n
X
X
X
X
ck ≤ ε
ck −
ck = ck =
k=1
k=1
k=m+1
18
k=m+1
KAPITEL III. FOLGEN UND REIHEN
erfüllt ist. Dabei haben wir o.B.d.A. n ≥ m vorausgestzt. Folglich erhalten wir
aus (∗) für alle n ≥ m ≥ N die Abschätzung
n
m
n
X
X
X
bk −
bk ≤
ck ≤ ε ,
k=1
d.h. die Partialsummen
P∞
k=1 bk konvergent.
k=1
Pn
k=m+1
k=1 bk n∈N
bilden eine Cauchy-Folge und somit ist
Pn
Zu (d): Sei w ≥ 0 gegeben.
PnDann existiert
Pn ein N ∈ N mit k=1 ak ≥ w für
alle n ≥ N . Daraus P
folgt k=1 bk ≥ k=1 ak ≥ w für alle n ≥ N und somit
∞
divergiert die Reihe k=1 bk gegen +∞.
Bemerkung:
1) Man beachte, dass die Umkehrung von Aussage (a) im
Allgemeinen
falsch ist, wie z.B. die Divergenz der harmonischen Reihe
P∞ 1
k=1 k zeigt.
P∞
P∞
2) Die Reihen k=1 ck und k=1 ak in Teil (c) und (d) der obigen Folgerung
bezeichnetP
man als konvergente Majorante bzw. divergente Minorante für
∞
die Reihe k=1 bk .
Lemma 10 (Verdünnungslemma) Sei (ak )k∈N eine
P∞monoton fallende Folge
nicht-negativer Zahlen.P
Dann konvergiert die Reihe k=1 ak genau dann, wenn
∞
die „verdünnte“ Reihe k=0 2k a2k konvergiert.
P∞
Beweis. „=⇒“: Sei k=1 ak konvergent. Dann gilt
∞
X
ak ≥ a1 + a2 + a3 + a4 . . . + a2n
k=1
≥
1
2 a1
+ a2 + 2a4 + 4a8 . . . + 2
n−1
a
2n
=
1
2
n
X
2k a2k .
k=0
P∞
Somit sind die Partialsummen der „verdünnte“
von oben durch 2 k=1 ak
PReihe
∞
beschränkt und daher konvergiert die Reihe k=0 2k a2k nach Folgerung 7.
P∞
„⇐=“: Sei k=0 2k a2k konvergent. Dann existiert ein m ∈ N mit 2m ≥ n + 1
und folglich gilt
n
X
k=1
ak
≤
m
2X
−1
↑
k=1
n≤2m −1
ak = a1 + a2 + a3 + a4 + . . . + a8 + . . . + a2m −1
≤ a1 + 2a2 + 4a4 + . . . + 2m−1 a2m−1 ≤
∞
X
2k a2k .
k=0
Somit ist die Folge der Partialsummen
nach Folgerung 7 konvergent.
Pn
k=1
ak
n∈N
von oben beschränkt, also
Als wichtiges Anwendungsbeispiel des Verdünnungslemma erhalten wir das folgende Resutat.
19
KAPITEL III. FOLGEN UND REIHEN
Folgerung 8
gilt.
Die Reihe
P∞
1
k=1 kp ,
p ∈ R konvergiert genau dann, wenn p > 1
P∞
Beweis. Offensichtlich ist k1p k∈N für p ≤ 0 keine Nullfolge und somit k=1 k1p
für p ≤ 0 sicherlich nicht konvergent. Für p > 0 betrachte man die zugehörige
„verdünnte“ Reihe
∞
X
k=0
2k
1 p
2k
=
∞
X
21−p
k
=
k=0
∞
X
1
k
2p−1
k=0
=
∞
X
qk
k=0
1
. Da |q| < 1 genau dann, wenn pP> 1, konvergiert die „verdünnte“
mit q := 2p−1
∞
Reihe (geometrische Reihe) und somit auch k=1 k1p genau dann, wenn p > 1
erfüllt ist.
Definition 8 Eine reellwertige Folge (ak )k∈N heißt alternierend, wenn sie laufend ihr Vorzeichen wechselt, d.h., wenn für alle k ∈ N entweder a2k ≤ 0 und
a2k−1 ≥ 0 oder a2k ≥ 0 und a2k−1 ≤ 0 gilt.
Lemma 11 (Leibniz’sches Konvergenzkriterium) Sei (ak )k∈N eine alternierende Folge mit |ak+1 | ≤ |ak | für alle k ∈ N, d.h. die
P∞Folge der Beträge
(|ak |)k∈N ist monoton fallend. So konvergiert die Reihe k=1 ak genau dann,
wenn (ak )k∈N eine Nullfolge ist.
P∞
Beweis. „=⇒“: Sei k=1 ak konvergent. Dann folgt unmittelbar aus Folgerung
7 (a), dass (ak )k∈N eine Nullfolge ist.
„=⇒“: Sei nun (ak )k∈N eine Nullfolge, welche die obigen Voraussetzungen erfüllt,
und sei o.B.d.A. a2k−1 ≥ 0 und a2k ≤ 0 für alle k ∈ N. Dann gilt für n ≥ m und
n, m gerade folgende Abschätzung
m
n
X
X
ak = am+1 + am+2 + am+3 + am+3 + · · · + an−1 + an ak −
|
{z
} |
{z
}
| {z }
k=1
k=1
≥0
≥0
≥0
= am+1 + am+2 + am+3 + am+3 + · · · + an−1 + an
= am+1 + am+2 + am+3 · · · + an+2 + an−1 +an
|
{z
}
|
{z
}
≤0
≤0
≤ am+1 + an ≤ |am+1 | .
Für n,m ungerade erhalten wir analog die Abschätzung
n
m
X
X
ak −
ak = am+1 + am+2 + am+3 + am+3 + · · · + an−1 + an {z
} |
{z
}
|
| {z }
k=1
k=1
≤0
≤0
≤0
= −am+1 − am+2 − am+3 − am+3 − · · · − an−1 − an
= −am+1 + (−am+2 − am+3 ) · · · + (−an+2 − an−1 ) −an
|
{z
}
|
{z
}
≤0
≤ −am+1 − an ≤ |am+1 | .
20
≤0
KAPITEL III. FOLGEN UND REIHEN
Für n ungerade und m gerade gilt entsprechend
n
m
X
X
ak −
ak = am+1 + am+2 + am+3 + am+3 + · · · + an−1 + an
k=1
k=1
≤ am+1 = |am+1 | .
Für n gerade und m ungerade ergibt sich
n
m
X
X
a
−
ak = −am+1 − am+2 − am+3 − am+3 − · · · − an−1 − an
k
k=1
k=1
≤ −am+1 = |am+1 | .
Somit erhalten wir insgesamt
m
n
X
X
ak ≤ |am+1 |
ak −
k=1
(∗)
k=1
für alle n, m ∈PN. Da (ak )k∈N eine Nullfolge ist, impliziert (∗), dass die Partial∞
summen von k=1 ak eine Cauchy-Folge bilden, also Konvergenz eintritt.
Folgerung 9 Die alternierende harmonische Reihe
P∞
k=1
(−1)k
k
ist konvergent.
Beweis. Die Behauptung folgt unmittelbar aus Lemma 11.
Bemerkung: Aus Lemma 11 erhält man im Allgemeinen keine Informationen
über den Wert der Reihe. Im Fall der alternierenden harmonischen Reihe kann
man z.B. mittels der Potenzreihenentwicklung des Logarithmus die Identität
P∞ (−1)k
= − log 2 zeigen.
k=1
k
P∞
Definition 9 Eine reell- oder
k=1 ak heißt absolut
P∞ komplexwertige Reihe
konvergent, wenn die Reihe k=1 |ak | konvergiert.
Folgerung 10
Jede absolut konvergente Reihe ist auch konvergent.
Beweis. Die Aussage folgt unmittelbar aus dem Majarantenkriterium, d.h. aus
Folgerung 7 (c).
Bemerkung: Die Umkehrung von Folgerung 10 gilt nicht, d.h. aus Konvergenz folgt nicht absolute Konvergenz, wie man z.B. anhand der alternierenden
k
P∞
harmonischen Reihe k=1 (−1)
sieht.
k
Satz 4 (Wurzelkriterium) Sei (ak )p
k∈N eine reell- oder komplexwertige Folge,
so dass der Grenzwert q := limk→∞ k |ak | existiert. Dann gilt:
P∞
(a) Die Reihe k=1 ak ist absolut konvergent, falls q < 1.
P∞
(b) Die Reihe k=1 ak ist divergent, falls q > 1.
Bemerkung:
1) Einepverbesserte Version des Wurzelkriteriums
erhält man,
p
k
wenn man limk→∞ k |ak | durch lim supp
|ak | ersetzt, d.h. die obige
k→∞
Aussage bleibt gültig für q := limk→∞ k |ak |.
21
KAPITEL III. FOLGEN UND REIHEN
2) Für q = 1P
macht der obige
P∞ Satz keine Aussage und dies zu Recht wie die
∞
Beispiele k=1 k1 und k=1 k12 zeigen. Denn in beiden Fällen erhält man
q
q
P∞
limk→∞ k k1 = limk→∞ k k12 = 1. Jedoch divergiert die Reihe k=1 k1 ,
P∞
während k=1 k12 konvergiert.
Beweis von Satz 4. Zu (a): Sei q < 1. Setze q 0 := 1+q
gilt offensichtlich
2 . Dannp
k
0
q < q < 1 und somit existiert nach Lemma 2 ein N ∈ N mit |ak | ≤ q 0 für alle
k ≥ N . Daraus ergibt sich die Abschätzung
|ak | ≤ (q 0 )k für alle k ≥ N .
P∞
0 k
und P
folglich ist die Reihe k=1 (q
P)∞ (ab k ≥ N ) eine konvergente Majorante
P∞
∞
von k=1 |ak |. Also konvergiert k=1 |ak | nach Folgerung 7 (c), d.h. k=1 ak
ist absolut konvergent.
Zu (b): Sei q > 1. Setze q 0 := q+1
2 > 1. Wiederum aus Lemma 2 erhält man
p
k
0
ein N ∈ N mit |ak | ≥ q > 1 für alle k ≥ N . Daraus folgt |akP
| ≥ (q 0 )k > 1
∞
für alle k ≥ N . Somit ist (ak )k∈N keine Nullfolge und folglich ist k=1 ak nach
Folgerung 7 (a) divergent.
Satz 5 (Quotientenkriterium) Sei (ak )k∈N eine reell- oder komplexwertige Fol|
existiert. Dann gilt:
ge, so dass der Grenzwert q := lim |a|ak+1
k|
k→∞
P∞
(a) Die Reihe k=1 ak ist absolut konvergent, falls q < 1.
P∞
(b) Die Reihe k=1 ak ist divergent, falls q > 1.
Bemerkung:
1) Eine verbesserte Version des Quotientenkriteriums erhält
|
|
durch lim supk→∞ |a|ak+1
und in
man, wenn man in Teil (a) limk→∞ |a|ak+1
k|
k|
|
Teil (b) durch lim inf k→∞ |a|ak+1
ersetzt. Genau genommen genügt in Teil
k|
(b) die Bedingung |ak+1 | > |ak | für alle fast alle k ∈ N.
2) Für q = 1 ist wie beim Wurzelkriterium (vgl. vorherige Bemerkung) keine
Konvergenzaussage möglich.
Beweis von Satz 5. Zu (a): Sei q < 1. Setze q 0 = 1+q
2 < 1. Somit erhalten wir
|ak+1 |
wie im Beweis von Satz 4 (a) ein N ∈ N mit |ak | ≤ q 0 für alle k ≥ N . Daraus
folgt (mittels Induktion)
|aN +1 | ≤ q 0 |aN |,
aN +2 ≤ q 0 |aN +1 | ≤ (q 0 )2 |aN |
und allgemein
|ak | ≤ (q 0 )k−N |aN | für alle k ≥ N .
P∞ |aN | 0 n
Somit ist die Reihe k=1 (q0 )N (q ) (für k ≥ N ) eine konvergente Majorante
P∞
P∞
für k=1 |an | und folglich ist k=1 an absolut konvergent.
Zu (b): Sei q > 1. Setze q 0 := q+1
2 > 1. Dann existiert wiederum ein N ∈ N mit
|ak+1 |
0
|ak | ≥ q > 1 für alle k ≥ N . Mittels Induktion zeigt man leicht
|ak | ≥ (q 0 )k−N |aN | ≥ |aN |
und somit ist
P∞
k=1
für alle k ≥ N ,
ak nach Folgerung 7 (a) divergent.
22
KAPITEL III. FOLGEN UND REIHEN
Beispiele:
1) Die Reihe
k2
k=0 2k
P∞
r
lim
k
k→∞
ist absolut konvergent, denn es gilt
k2
= lim
k→∞
2n
√ 2
k
k
=
2
1
2
<1
bzw.
(k + 1)2 2k
· 2 =
lim
k→∞ 2k+1
k
2) Die Reihe
∞
P
k=0
k!
2k 2
1
2
· lim
k→∞
n+1
n
2
=
1
2
.
ist absolut konvergent, denn es gilt
2
(k + 1)! 2k
k+1
lim (k+1)2 ·
= lim 2k+1 = 0 < 1
n→∞ 2
k→∞ 2
k!
bzw.
√
√
k
k
k!
k!
kk
k
0 ≤ lim
≤
lim
= lim k = 0 .
=
lim
2
k
k
k
k→∞
k→∞
k→∞
k→∞
2
2
2
2
P∞
P∞
Definition 10 Seien k=0 ak und k=0 bk reell- oder komplexwertige Reihen.
Dann heißt die Reihe
r
k
∞
X
cn
cn :=
mit
n=0
n
X
ak bn−k
k=0
das Cauchy-Produkt der Reihen
P∞
k=0
ak und
P∞
k=0 bk .
Bemerkung: Wir werden später sehen, dass das Cauchy-Produkt beim Produkt von Potenzreihen eine wichtige Rolle spielt.
P∞
P∞
Satz 6 (Cauchy-Produkt) Seien k=0 ak und k=0 bk konvergente reell- oder
komplexwertige Reihen mit Grenzwerten a∗ bzw. b∗ . Ferner sei eine
beiden
Pder
∞
ReihenPabsolut konvergent. Dann konvergiert das Cauchy-Produkt n=0 cn mit
n
cn := k=0 ak bn−k gegen a∗ b∗ .
Beispiele: Das folgende Beispiel zeigt, dass der obige Satz 6 ohne die An(−1)k
nahme der absoluten Konvergenz falsch ist. Man betrachte ak = bk := √
k+1
P∞
P∞
für k ∈ N0 . Dann konvergieren die Reihen
a
und
a
nach
dem
k
k
k=0
k=0
Leibniz’schen
Konvergenzkriterium (Lemma 11). Für die Folgenglieder cn :=
Pn
k=0 ak bn−k des Cauchy-Produkts erhalten wir jedoch die folgende Abschätzung
cn =
n
X
ak bn−k =
k=0
= (−1)n ·
n
X
(−1)k
(−1)n−k
√
·√
n−k+1
k+1
k=0
n
X
1
p
.
(k + 1)(n + 1 − k)
k=0
23
KAPITEL III. FOLGEN UND REIHEN
Ferner gilt
(k + 1)(n + 1 − k) = kn + n + k + 1 − k 2 − k = n + 1 + kn − k 2
2 n
2 n
2
n2 n
−
−k =
+1 −
−k
=n+1+
2
2
2
2
n
2
≤
+1 ,
2
und somit ergibt sich
|cn | =
n
X
1
p
k=0
(k + 1)(n + 1 − k)
n+1
2n + 2
→2
=
n
n+2
+
1
2
=
≥
n
X
n
k=0 2
1
+1
für n → ∞ .
P∞
D.h., (cn )k∈N0 ist keine Nullfolge. Also ist das Cauchy-Produkt n=0 cn nach
Folgerung 7 (a) divergent.
P∞
P∞
Beweis
von Satz 6. Sei o.B.d.a. k=0 bk absolut
konvergent.
Da k=0 bk = b∗
P∞
P
n
und k=0 ak = a∗ , konvergiert die Folge b∗ · k=0 ak n∈N nach den Grenz0
wertsätzen (Folgerung 3) gegen b∗ a∗ . Somit genügt es
n
n
X
X
∗
ck − b ·
ak → 0 für n → ∞
k=0
k=0
zu zeigen. Dazu wählen wir ein L > 0, so dass |an | ≤ L für alle n ∈ N. Dies
ist offensichtlich möglich, da (ak )k∈N eine Nullfolge und somit insbesondere beschränkt ist. Dann gilt für beliebige n, N ∈ N mit n ≥ N die folgende Abschätung (vgl. Abb. III.1)
∞
∞
∞
n
n
X
X
X
X
X
ak −
ck ≤ a0
bk + a1
bk + . . . aN −1
bk b ·
k=n+1
k=n
k=n+2−N
k=0
k=0
|
{z
}
{z
}
|
I+IIa +II
I
b
n
∞
n
n
X
X
X
X
+
ak ·
bl + bn−N
ak + bn−N −1
ak + . . . + b1 an k=N
l=n+1−N
k=N +1
k=N +2
|
{z
}
|
{z
}
≤L·N ·
IIb
IIa
∞
X
n
∞
n
X
X
X
|bk | + ak ·
|bl | + |bn−N | · ak + . . . + |b1 | · |an | .
k=n+2−N
k=N
l=n−N +1
k=N +1
(∗)
Pn
Nun existiert zu ε > 0 und B := k=0 |bk | ein N ∈ N0 , so dass k=m ak ≤
ε
2B+1 für alle n, m ≥ N . Daraus folgt mittels (∗) die Abschätzung
n
n
∞
∞
X
X
X
X
ε
ak −
ck ≤ L · N ·
|bk | +
·
|bl |
b ·
2B + 1
P∞
k=0
k=0
k=n+2−N
∞
X
≤L·N ·
|bk | +
k=n+2−N
24
l=1
ε
.
2
KAPITEL III. FOLGEN UND REIHEN
P∞
Wählt man bei festem N jetzt N 0 so groß, dass k=n |bk | ≤
0
n ≥ N , so gilt
n
n
X
X
ak −
ck ≤ 2ε + 2ε = ε
b ·
k=0
k=0
P∞
für n ≥ N 0 + N − 2 und somit konvergiert k=0 ck gegen a∗ b∗ .
a0 bn
ε
2LN +1
für alle
I
IIa
aN bn+1−N IIb
a0 b2 a1 b2
a0 b1 a1 b1
a2 b1
a0 b0 a1 b0
a2 b0
aN b0
an b0
Abbildung III.1: Skizze zum Cauchy-Produkt
Definition 11 Sei ϕ : N → N eine bijektive Abbildung
und sei (ak )k∈N eine
P∞
beliebige Folge.
Dann
bezeichnen
wir
die
Reihe
a
als eine Umordnung
ϕ(k)
k=1
P∞
der Reihe k=1 ak .
P∞
Bemerkung: Sei k=1 ak eine beliebige konvergente Reihe und
P∞ϕ : N → N
eine „Umordnung“. Dann konvergiert die umgeordnete Reihe
k=1 aϕ(k) im
Allgemeinen nicht, wie das folgende Beispiel zeigt: Setze
(
2
für k gerade,
k+1 0
0
ak := (−1)
ak und ak := k 2
für k ungerade,
k+1
und betrachte die Reihe
∞
X
1
2
ak = 1 − 1 +
−
1
2
+
1
3
−
1
3
± ...
k=1
Dann gilt offensichtlich
Reihen
P∞
k=1
1 + 12 − 1 + 13 + 14 − 12 + 15 +
| {z } | {z } |
1
=2
1 1
≥2−2
ak = 0. Aber für die wie folgt umgeordneten
1
6
+
1
7
{z
+
1
8
1 1
≥2−3
25
−
1
3
}
+ 19 +
|
1
10
+ ··· +
{z
1 1
≥2−4
1
16
−
1
4
}
+ . . . (∗)
KAPITEL III. FOLGEN UND REIHEN
und
1 + 12 − 1 + 13 + 14 − 12 + 51 + 16 − 13 + 17 + 18 − 14 + . . .
| {z } | {z } | {z } | {z }
>0
1
=2
>0
(∗∗)
>0
zeigt man leicht, dass Sie nicht gegen null konvergieren. Während (∗) gegen +∞
divergiert, konvergiert (∗∗) gegen einen Wert echt größer null (vgl. Übung).
P∞
Satz 7 (Riemannscher Umordnungssatz)
(a) Sei
ak eine reell- oder
k=1
P∞
komplexwertige Reihe mit Grenzwert a∗ . Ferner sei k=1 ak absolut konvergent. Dann konvergiert auch jede ihrer Umordnungen gegen a∗ .
P∞
(b) Sei k=1 ak eine reellwertige Reihe, die konvergiert, aber nicht absolut
konvergiert.
Dann existiert
zu jedem α ∈ R ∪ {±∞} eine Umordnung
P∞
P∞
k=1 aϕ(k) , so dass
k=1 aϕ(k) = α.
P∞
Beweis. Zu (a): Sei k=1 ak absolut
konvergent
P∞konvergent, alsoPinsbesondere
∞
a
.
Sei
nun
a
eine
beliebige
nach Folgerung 10. Setze a∗ :=
k=1 kP
k=1 ϕ(k)
∞
Umordnung und sei ε > 0 gegeben. Da k=1 ak konvergent ist, existiert ein
N1 ∈ N mit
n
ε
X
ak − a∗ ≤
2
k=1
P∞
für alle n ≥ N1 . Ferner existiert aufgrund der absoluten Konvergenz von k=1 ak
ein N2 ∈ N mit
∞
X
ε
|ak | ≤
2
k=N2
für alle n, m ≥ N2 . Setze nun I := {1, 2, . . . , N2 − 1} und N20 := max ϕ−1 (I) .
Dann erhält man für n ≥ N := max{N1 , N20 } folgende Abschätzung
n
n
n
n
X
X
X
X
∗
a
−
a
+
ak − a∗ a
−
a
≤
k
ϕ(k)
ϕ(k)
k=1
k=1
≤
X
aϕ(k) −
k∈ϕ−1 (I)
≤
{z
|ak | +
P∞
k=1
X
aϕ(k) −
k∈ϕ
/ −1 (I)
n
X
k=N2
ε
ak +
2
}
=0
k=N2
und somit konvergiert
ak +
k=1
|
∞
X
k=1
k=1
NX
2 −1
ε
= ε,
2
aϕ(k) auch gegen a∗ .
Zu (b): Beweis siehe z.B.Rudin, Analysis, R. Oldenbourg Verlag, 2005.
Bemerkung: „Kleine“ Umordnungen, d.h. Umordnungen der Art ϕ P
:N→N
∞
mit ϕ(n) = n fürPfast alle n ∈ N, beeinflussen die Konvergenz von k=1 ak
∞
nicht, auch wenn k=1 ak nur konvergent, also nicht absolut konvergent ist.
26
KAPITEL III. FOLGEN UND REIHEN
4
Gleichmäßige Konvergenz
Definition 12 Sei X eine beliebige Menge und sei f : N×X → C (oder R) eine
Abbildung. Setze fn : X → C, fn (x) := f (n, x) für n ∈ N. Dann bezeichnen
wir (fn : X → C)n∈N oder kurz (fn )n∈N als Folge von Abbildungen bzw. als
Funktionenfolge.
Beispiele:
1) Sei X := [0, 1]. Dann definiert fn : [0, 1] → R, fn (x) := xn ,
n ∈ N eine Funktionenfolge über dem Intervall [0, 1].
2) Sei X := C und sei (ak )k∈N0 eine
komplexe Folge. Die FunktioPbeliebige
n
nenfolge fn : C → C, fn (z) := k=0 ak z k , n ∈ N besteht aus komplexwertigen Polynomen.
3) Sei X := {1, 2, 3} und seien (an )n∈N , (bn )n∈N und (cn )n∈N drei beliebige
(reellwertige) Folgen. Dann definiert


an für x = 1
fn : X → C , fn (x) = bn für x = 2 , n ∈ N


cn für x = 3
eine „triviale“ Funktionenfolge, d.h. (fn )n∈N ist eigentlich nur die „Zusammenfassung“ von endlich vielen, hier speziell von drei Folgen.
Spezialfall: Folgen mit Doppelindizes
Sei X = N, also f : N × N → C oder kurz (fkl )k,l∈N . Somit besteht die Möglichkeit sowohl die erste als auch die Komponente des Paars (k, l) als Folgenindex
(1)
zu interpretieren. Zur besseren Unterscheidung definieren wir fn : N → C und
(1)
(2)
(2)
fn : N → C durch fk := f (k, ·) bzw. fl := f (·, l).
Beispiele:
1) Der Term akl :=
1
indizierte Folge k2 +l
.
2
1
k2 +l2
für k, l ∈ N definiert eine doppelt
k,l∈N
2) Sei (akl )k,l∈N eine Folge mit Doppelindex. Dann definiert die Folge der
Pk Pl
Partialsummen Skl := i=1 j=1 aij eine weitere doppelt indizierte Folge.
Definition 13
Sei (fn : X → C)n∈N eine beliebige Funktionenfolge.
(a) Die Folge (fn : X → C)n∈N heißt punktweise konvergent gegendie Grenzfunktion f ∗ : X → C, wenn für jedes x ∈ X die Folge fn (x) n∈N gegen
f ∗ (x) konvergiert.
pw
Notation: pw-limn→∞ fn = f ∗ oder fn −→ f ∗ für n → ∞.
Quantorenform: pw-limn→∞ fn = f ∗ :⇐⇒
∀ε > 0 ∀x ∈ X ∃N ∈ N ∀n ∈ N : n ≥ N =⇒ |fn (x) − f ∗ (x)| ≤ ε
27
KAPITEL III. FOLGEN UND REIHEN
(b) Die Folge (fn : X → C)n∈N heißt gleichmäßig konvergent gegen die Grenzfunktion f : X → C, wenn für jedes ε > 0 ein N ∈ N existiert, so dass für
alle n ≥ N und alle x ∈ X die Abschätzung |fn (x) − f (x)| ≤ ε gilt.
Notation: limn→∞ fn = f ∗ oder fn → f ∗ für n → ∞.
Quantorenform: limn→∞ fn = f ∗ :⇐⇒
∀ε > 0 ∃N ∈ N ∀x ∈ X ∀n ∈ N : n ≥ N =⇒ |fn (x) − f ∗ (x)| ≤ ε
(c) Wir sagen die Folge (fn : X → C)n∈N hat die gleichmäßige CauchyEigenschaft, wenn für jedes ε > 0 ein N ∈ N existiert, so dass für alle
n, m ≥ N und für alle x ∈ X die Abschätzung |fn (x) − fm (x)| ≤ ε gilt.
Lemma 12
(a) Jede gleichmäßig konvergente Folge (fn : X → C)n∈N mit
Grenzfunktion f ∗ : X → C ist insbesondere punktweise konvergent gegen
f ∗ : X → C.
(b) Jede gleichmäßig konvergente Folge (fn : X → C)n∈N besitzt auch die
gleichmäßige Cauchy-Eigenschaft.
(c) Jede Folge (fn : X → C)n∈N , welche die gleichmäßige Cauchy-Eigenschaft
besitzt, ist auch gleichmäßig konvergent.
Beweis. Zu (a): siehe Übungen
Zu (b): Der Beweis kann völlig analog zum Beweis von Lemma 1 (b) geführt
werden.
Zu (c): Da (fn : X → C)n∈N die gleichmäßige Cauchy-Eigenschaft besitzt, ist
insbesondere jede Folge (fn (x))n∈N eine Cauchy-Folge in C, also konvergent.
Setze
f (x) := lim fn (x).
n→∞
Somit müssen wir noch zeigen, dass (fn )n∈N gleichmäßig gegen f konvergiert.
Sei also ε > 0 gegeben. Aus der gleichmäßigen Cauchy-Eigenschaft folgt, dass
ein N ∈ N existiert mit
|fn (x) − fm (x)| ≤ ε
(∗)
für alle n, m ≥ N und alle x ∈ X. Setze nun gm (x) := |fn (x)−fm (x)|. Dann folgt
aus den Grenzwertsätzen (vgl. Folgerung 3) limm→∞ gm (x) = |fn (x) − f (x)|.
Ferner impliziert (∗) die Abschätzung
|fn (x) − f (x)| = lim gm (x) ≤ ε
m→∞
für alle n ≥ N und alle x ∈ X. Somit ist (fn : X → C)n∈N gleichmäßig
konvergent.
Bemerkung: Während Aussage (b) des obigen Lemmas auch allgemein für
Funktionenfolgen (fn )n∈N gilt, deren Elemente fn : X → Y Werte in einem beliebigen metrischen Raum Y annehmen, ist die Aussage (c) nur in vollständigen
metrischen Räumen richtig (vgl. Kapitel IV ??).
28
KAPITEL III. FOLGEN UND REIHEN
Beispiele:
1) Sei X := [0, 1] und fn : X → R, fn (x) := xn für n ∈ N. Da
(
0 für x ∈ [0, 1),
lim fn (x) =
n→∞
1 für x = 1,
ist (fn )n∈N offensichtlich punktweise konvergent. Die Funktionenfolge ist
jedoch nicht gleichmäßig konvergent, denn wäre dies der Fall, so gäbe es
zu ε := 21 ein N ∈ N mit |fn (x) − 0| ≤ 12 , also |xn | ≤ 21 für alle n ≥ N und
alle x ∈ [0, 1). Dies steht jedoch im Widerspruch zu der Abschätzung
(1 − δ)N ≥ 1 − N δ ≥ 1 −
für 0 < δ ≤
1
2
=
3
3
1
3N .
2) Sei X := R und fn : R → R, fn (k) := X
n für n ∈ N. Die Folge (fn )n∈N
konvergiert punktweise, aber nicht gleichmäßig gegen f ≡ 0 (vgl. Übungen).
1
3) Sei (fkl )k,l∈N mit fkl := k2 +l
2 für k, l ∈ N. Dann konvergieren die Funktio
(1)
(2)
(2) (1)
nenfolgen fk k∈N und fl l∈N mit fk (l) := fk,l bzw. fl (k) = fk,l
gleichmäßig gegen f ≡ 0. Denn es gilt
(1)
|fk (l) − 0| =
und
(1)
|fl (k) − 0| =
1
1
≤ 2
k 2 + l2
k
für alle l ∈ N
1
1
≤ 2
k 2 + l2
l
für alle k ∈ N .
Satz 8 Sei (fkl )k,l∈N eine doppelt-indizierte Folge, so dass für alle l ∈ N
bzw. alle k ∈ N die folgenden Grenzwerte existieren:
lim fkl
k→∞
und
lim fkl .
l→∞
Ferner existiere der Grenzwert
lim lim fkl
k→∞ l→∞
(1)
und (fkl )k,l∈N konvergiere für k gleichmäßig in l, d.h. (fk )k∈N konvergiert
gleichmäßig. Dann existiert auch der Grenzwert liml→∞ limk→∞ fkl und es gilt
lim lim fkl = lim lim fkl .
l→∞ k→∞
k→∞ l→∞
Beweis. Sei ε > 0 gegeben. Setze limk→∞ fkl =: g(l) und liml→∞ fkl =: h(k).
Dann gilt
|g(l) − lim h(k)| ≤ |g(l) − fkl | + |fkl − h(k)| + |h(k) − lim h(k)| .
k→∞
k→∞
(1)
(?)
Da der Grenzwert limk→∞ liml→∞ fkl existiert und (fk )k∈N gleichmäßig kon(1)
vergiert, gibt es ein k0 ∈ N, so dass |g(l) − fk0 (l)| ≤ 3ε für alle l ∈ N und
29
KAPITEL III. FOLGEN UND REIHEN
(1)
|h(k0 ) − limk→∞ h(k)| ≤ 3ε . Ferner existiert ein L ∈ N mit |fk0 (l) − h(k0 )| ≤
für alle l ≥ L. Daraus folgt mittels (?) für alle l ≥ L die Abschätzung
|g(l) − lim h(k)| ≤
k→∞
ε
3
ε ε ε
+ + =ε
3 3 3
und somit konvergiert g(l) l∈N gegen limk→∞ liml→∞ fkl .
Beispiel: Das folgende Beispiel zeigt, dass ohne die Voraussetzung der gleichmäßigen Konvergenz die Vertauschbarkeit der Grenzwerte in Satz 8 im Allgemeinen fehlschägt. Setze
(
1 für k ≤ l,
fkl :=
0 für k > l.
Dann gilt
lim fkl = 1 für alle k ∈ N
l→∞
lim fkl = 0 für alle l ∈ N
k→∞
und somit
1 = lim lim fkl 6= lim lim fkl = 0 .
k→∞ l→∞
l→∞ k→∞
Satz 9 („Großer” Umordnungssatz) Sei (fkl )k,l∈N eine doppelt-indizierte Folge
und sei ϕ : N → N × N eine beliebige Bijektion. Ferner existiere einer der
folgenden Grenzwerte
(1)
∞ X
∞
X
|fkl | ,
(2)
∞ X
∞
X
k=1 l=1
|fkl | ,
(3)
∞
X
|fϕ(n) | .
n=1
l=1 k=1
Dann existieren auch die beiden anderen und es gelten die folgenden Identitäten:
∞ X
∞
X
|fkl | =
k=1 l=1
und
∞ X
∞
X
k=1 l=1
∞ X
∞
X
|fkl | =
∞ X
∞
X
|fϕ(n) |
n=1
l=1 k=1
fkl =
∞
X
fkl =
l=1 k=1
∞
X
fϕ(n) .
n=1
Beweis. 1. Fall: Es existiere der Grenzwert (1). Wir betrachten die Doppelfolge
der Partialsummen (Sm,n )m,n∈N mit
Sm,n :=
m X
n
X
|fkl | ,
k=1 l=1
und zeigen zuerst, dass der Grenzwert limm→∞ Sm,n für alle n ∈ N existiert und
die Konvergenz gleichmäßig bzgl. n ist. Dazu genügt es die gleichmäßige Cauchy(1)
(1)
Eigenschaft der Folge (Sm )m∈N mit Sm (n) := Sm,n nachzuweisen. Für m0 ≥ m
30
KAPITEL III. FOLGEN UND REIHEN
gilt die Abschätzung
m X
n
m0 X
n
X
(1)
X
Sm (n) − S (1)0 (n) = |fkl | −
|fkl |
m
k=1 l01
m
n
X
X
=
k=1 l=1
m
X
∞
X
|fkl | ≤
k=m0 +1 l=1
(∗)
|fkl | .
k=m0 +1 l=1
Da der Grenzwert (1) nach Voraussetzung existiert, gibt es ein M ∈ N, so dass
m
∞
X
X
|fkl | ≤ ε
k=m0 +1 l=1
(1)
(1)
für alle m, m0 ≥ M . Daraus folgt |Sm (n) − Sm0 (n)| ≤ ε für alle m, m0 ≥ M
(1)
und alle n ∈ N, d.h. (Sm )m∈N konvergiert gleichmäßig bzgl. n. Somit folgt aus
Satz 8, dass auch der Grenzwert
∞ X
∞
X
lim lim Sm,n =
(2)
n→∞ m→∞
|fkl |
l=1 k=1
existiert und mit (1) übereinstimmt.
Wir zeigen nun, dass auch (1) und (3) übereinstimmen. Sei ε > 0 gegeben. Da
die Grenzwerte (1) und (2) existieren, gibt es M, N ∈ N derart, dass
∞
∞
X
X
|fkl | ≤
ε
2
∞ X
∞
X
und
|fkl | ≤
ε
2
l=n+1 k=1
k=m+1 l=1
für alle m ≥ M und alle n ≥ N . Wähle nun P ∈ N, so dass die Inklusion
ϕ {1, . . . , P } ⊇ {1, . . . , M } × {1, . . . , N }
gilt. Dies ist aufgrund der Surjektivität von ϕ immer möglich. Mit Hilfe der
Grenzwertsätze erhält man nun für alle p ≥ P die Abschätzung
p
∞ X
∞
∞ X
∞
M X
N
X
X
X
X
|fϕ(q) | −
|fkl | ≤
|fkl | −
|fkl |
q=1
≤
≤
k=1 l=1
∞
X
∞
X
k=M +1 l=1
∞
∞
X
X
|fkl | +
|fkl | +
k=M +1 l=1
k=1 l=1
M
X
∞
X
k=1 l=1
∞
X
|fkl | =
k=1 l=N +1
∞
∞
X
X
∞
X
k=M +1 l=1
|fkl | ≤
ε
2
+
ε
2
∞
M
X
X
|fkl | +
|fkl |
(∗∗)
l=N +1 k=1
= ε.
l=N +1 k=1
Somit konvergiert auch
(1̂)
P∞
n=1
|fϕ(n) | gegen (1). Die Existenz der Grenzwerte
∞ X
∞
X
fkl
und (2̂)
k=1 l=1
∞ X
∞
X
l=1 k=1
31
fkl
KAPITEL III. FOLGEN UND REIHEN
erhält man nun durch wiederholte Anwendung des Majorantenkriteriums (Folge(1)
(1)
rung
bzw. 10). Ferner zeigt man analog zu (∗), dass (Ŝm )m∈N mit Ŝm (n) :=
Pm 7P
n
k=1
l=1 fkl gleichmäßig bzgl. n konvergiert. Damit ergibt sich wiederum
nach Satz 8 die Gleichheit von (1̂) und (2̂). Die Gleichheit von (1̂) bzw. (2̂) mit
∞
X
(3̂)
fϕ(n)
n=1
erhält man analog zu (∗∗).
2. Fall: Es existierte der Grenzwert (2). Indem man die Rollen von n und m
vertauscht, kann der Beweis völlig analog zu Fall 1 geführt werden.
3. Fall: Es existiere der Grenzwert (3). Im Weiteren genügt es zu zeigen, dass mit
(3) auch (1) existiert, denn alle anderen Behauptungen folgen dann unmittelbar
(1)
aus
Pn Fall 1. Offensichtlich sind für alle k ∈ N die Partialsummen Sn (k) :=
|fkl | durch (3) von oben beschränkt und somit existiert der Grenzwert
Pl=1
∞
l=1 |fkl | für alle k ∈ N. Sei nun ε > 0 gegeben. Dann gibt es ein P ∈ N mit
∞
X
|fϕ(q) | ≤ ε
(∗ ∗ ∗)
q=p
für alle p ≥ P . Wähle nun M, N ∈ N, so dass ϕ {1, . . . , P } ⊆ {1, . . . , M } ×
{1, . . . , N }. Dann folgt aus (∗ ∗ ∗) für alle m ≥ M und n ≥ N die Abschätzung
n
m X
∞
X
X
|fkl | ≤ ε
|fϕ(s) | −
s=1
und somit
k=1 l=1
∞
m X
∞
X
X
|fϕ(s) | −
|fkl | ≤ ε
s=1
k=1 l=1
für alle m ≥ M , d.h. (1) existiert und stimmt mit (3) überein.
Beispiele: Man bestimme den Wert der Doppelreihe
∞ P
∞
P
1
.
2k
n
k=1 n=2
(1) Mittels der Summenformel für die geometrische Reihe erhält man
k
∞
∞ X
X
1
1
1
n2
1
=
−1=
1 − 1 = n2 −1 − 1 = n2 −1 .
n2k
n2
1 − n2
k=1
k=0
(2) Ferner ergibt sich mittels der Identität
∞
X
1
n2 −1
=
1
2
=
1
2
n=2
∞ X
1
n−1
−
1
3
1
2
1
n+1
1
n2 −1
=
1
1
1
2 n−1 − n+1
die Rechnung
n=2
1−
+
−
1
4
+
1
3
−
1
5
+
1
4
−
Somit folgt aus Satz 9 die Identität
∞ X
∞
∞ X
∞
X
X
1
1
=
=
2k
2k
n
n
n=2
n=2
k=1
k=1
32
3
4
.
1
6
± ... =
3
4
.
KAPITEL III. FOLGEN UND REIHEN
5
Potenzreihen und elementare Funktionen
Definition 14
(a) Sei (ak )k∈N0 eine beliebige Folge komplexer Zahlen. Dann
definiert (ak )k∈N0 mittels
fn : C → C ,
fn (z) :=
n
X
ak z k ,
n ∈ N0
k=0
eine
P∞ Folgekvon komplexen Polynomen. Wir schreiben dafür auch abkürzend
k=0 ak z und bezeichnen diesen Ausdruck als (formale) Potenzreihe (in
der Variablen „z“). Falls (ak )k∈N0 reellwertig
ist, so bezeichnen wir die entP∞
sprechende Folge reeller Polynomen k=0 ak xk als (formale) Potenzreihe
(in der Variablen „x“).
(b) Sei (ak )k∈N0 eine beliebige Folge
und sei z0 ∈ C geP∞ komplexer Zahlen
k
geben. Dann bezeichnen wir
k=0 ak (z − z0 ) als (formale) Potenzreihe
z0 . Entsprechendes gilt für den reellen Fall
P∞mit Entwicklungspunkt
k
k=0 ak (x − x0 ) .
Beispiele:
1) Wir können z.B. jedes reelle bzw. komplexe Polynom
R 3 x 7→ aN xN + aN −1 xN −1 + · · · + a1 x + a0
und
C 3 z 7→ aN z N + aN −1 z N −1 + · · · + a1 z + a0
als reelle bzw. komplexe Potenzreihe ansehen, indem wir in Definition 14
an = 0 für alle n > N setzen.
2) P
Sei ak = 1 für alle k ∈ N0 . Damit erhalten wir die (formale) P
Potenzreihe
∞
∞
k
k
z
.
Wir
wissen
schon,
dass
die
(geometrische)
Reihe
k=0
k=0 z für
alle z mit |z| < 1 konvergiert und für alle z mit |z| ≥ 1 divergiert. Ferner
gilt für |z| < 1 die Identität
∞
X
zk =
k=0
1
.
1−z
Somit ist die Potenzreihe für alle z mit |z| < 1 punktweise konvergent und
1
ihre Grenzfunktion f (z) := 1−z
ist stetig, differenzierbar, . . .
Frage: Gilt eventuell ein analoges Ergebnis für jede Potenzreihe? – ja,
siehe Satz 10.
Definition 15 (vgl. auch Bemerkung auf Seite 16) Sei (ck )k∈N eine beliebige
reellwertige Folge. Dann definieren wir ihren Limes-superior von (ck )k∈N wie
folgt


falls (ck )k∈N nach oben unbeschränkt,
 +∞
lim sup ck = −∞
falls ck → −∞ für n → ∞,

k→∞

sup HP(ck )k∈N sonst.
Analog definiert man den Limes-superior von (ck )k∈N .
33
KAPITEL III. FOLGEN UND REIHEN
Lemma 13 Sei (ck )k∈N eine beliebige reellwertige Folge. Dann sind die folgenden Aussagen erfüllt.
(a) Falls s > lim supk→∞ ck , dann existiert eine N ∈ N, so dass ck ≤ s für alle
k ≥ N.
(b) Falls s < lim supk→∞ ck , dann existiert eine Teilfolge (cnk )k∈N mit cnk ≥ s
für alle k ∈ N.
Beweis. siehe Übungen
P∞
Satz 10 (Cauchy/Hadamard) Sei k=0 ak z k eine beliebige formale Potenzreihe und sei R ∈ [0, ∞] wie folgt definiert

p

∞
falls lim supk→∞ k |ak | = 0,


−1

p
p
R :=
falls lim supk→∞ k |ak | =
lim sup k |ak |
6 0,

k→∞

p


0
falls lim supk→∞ k |ak | = ∞.
P∞
Dann konvergiert die Potenzreihe k=0 ak z k punktweise und absolut für alle
z ∈ C mit |z| < R und divergiert für alle z ∈ C mit |z| > R. Für |z| = R
ist im Allgemeinen keine Aussage möglich. Ferner ist die Konvergenz auf jeder
abgeschlossenen Kreisscheibe
KR0 (0) := {z ∈ C | |z| ≤ R0 } mit
P∞der Form
0
k
R < R gleichmäßig. Falls k=0 ak x eine reelle Potenzreihe ist, so gelten die
entsprechenden Aussagen eingeschränkt auf R. Den Wert R bezeichnet man als
den Konvergenzradius der Potenzreihe.
Bemerkung:
1) Falls limk→∞
|ak+1 |
|ak |
existiert, so gilt
p
p
|ak+1 |
= lim k |ak | = lim sup k |ak | ,
k→∞
k→∞ |ak |
k→∞
lim
wobei die obige Gleichheit auch für bestimmte Divergenz, also für den Fall
|
limk→∞ |a|ak+1
= +∞ gilt.
k|
2) Wir werden später (vgl. Kapitel ??) sehen, dass die durch eine Potenzreihe
definierte Grenzfunktion im Inneren des Konvergenzgebiets „glatt“ ist,
d.h., dass die Grenzfunktion dort beliebig oft differenzierbar ist.
Beweis von Satz 10.
Vorüberlegung: Eine unmittelbare Anwendung des Wurzelkriteriums liefert
für festes z ∈ C die Aussagen:
p
P∞
k
k
•
|ak z k | < 1.
k=0 ak z konvergiert, wenn limk→∞
p
P∞
k
k
•
|ak z k | > 1.
k=0 ak z divergiert, wenn limk→∞
p
p
Ferner gilt k |ak z k | = |z| · k |ak |, also
q
p
lim k |ak z k | = |z| · lim k |ak | ,
k→∞
k→∞
p
falls limk→∞ k |ak | existiert. Somit folgt aus der obigen Rechnung und dem
Wurzelkriterium:
34
KAPITEL III. FOLGEN UND REIHEN
•
P∞
•
P∞
k
k=0 ak z konvergiert, falls |z| <
k
k=0 ak z divergiert, falls |z| >
Problem: Was passiert, falls limk→∞
lim
p
k
k→∞
lim
k→∞
p
k
−1
|ak |
.
−1
p
k
|ak |
.
|ak | nicht existiert?
Wir werden
pobigen Aussagen gültig bleiben, wenn man
p im Weitern sehen, dass
| ersetzt (vgl. Bemerkung nach Satz 4).
limk→∞ k |ak | durch lim supk→∞ k |akp
Der Vorteil dabei ist, dass lim supk→∞ k |ak | ∈ [0, ∞] immer existiert.
p
Zum eigentlichen Beweis gehen wir wie folgt vor. Setze α := lim supk→∞ k |ak |.
Falls α = ∞ gilt, so ist die Konvergenzaussage des Satzes trivialerweise erfüllt.
Sei also α < ∞ und R0 < R := α1 . Dann existiert ein p > 1 mit
R0 < pR0 < R ,
R+R0
2R0 ,
1
1
und folglich gilt R10 > pR
0 > R = α. Somit existiert nach
p
1
k
Lemma 13 ein N ∈ N mit |ak | ≤ pR0 für alle k ≥ N , also
k
1
|ak | ≤ pR
0
z.B. p :=
für alle k ≥ N . Daraus folgt für alle n > m ≥ N und alle z ∈ C mit |z| ≤ R0 die
Abschätzung
n
n
n
n
X
k
k
X
X
X
0 k
1
1
(R
)
=
|ak | · |z|k ≤
ak z k ≤
0
pR
p
k=m+1
k=m+1
≤
k=m+1
k=m+1
∞ k
m+1 X
1
p
1
p
m+1
=
k=0
(1/p)
→0
1 − 1/p
für m → ∞.
P∞
Somit besitzt k=0 P
ak z k auf KR0 (0) die gleichmäßige Cauchy-Eigenschaft und
∞
k
folglich konvergiert
k z auf KR0 (0) gleichmäßig. Ferner zeigt die obige
P∞ k=0 a
k
Rechnung, dass k=0 ak z für alle z ∈ BR (0) := {z ∈ C | |z| < R} absolut
konvergiert, denn R0 < R kann beliebig nahe an R gewählt werden.
Zum Beweis der Divergenzaussage des Satzes betrachten wir ein R0 > R := α1 ,
wobei α wie zuvor definiert sei. O.B.d.A. können wir α > 0 annehmen, denn für
α = 0 gibt es nichts zu zeigen. Man wähle nun ein q < 1 mit
R < qR0 < R0 ,
0
1
1
z.B. q := R+R
2R0 . Daraus folgt α = R > qR0 >
Lemma 13 eine Teilfolge (ank )k∈N mit
nk
1
|ank | ≥ pR
.
0
1
R0
und somit existiert nach
Dies liefert für z ∈ C mit |z| ≥ R0 die Abschätzung
nk
nk
1
|ank z nk | ≥ pR
|z|nk = p1
→ ∞,
0
P∞
d.h., (ak z k )k∈N ist keine Nullfolge und folglich ist k=0 ak z k für |z| ≥ R0 divergent. Da R0 >
beliebig gewählt war, zeigt die obige Argumentation, dass die
PR
∞
Potenzreihe k=0 ak z k insgesamt für alle z ∈ C mit |z| > R divergiert.
35
KAPITEL III. FOLGEN UND REIHEN
P∞
Folgerung 11 Sei k=0 ak (z − z0 )k eine beliebige formale Potenzreihe um
zP
0 ∈ C. Ferner sei R ∈ [0, ∞] wie in Satz 10 definiert. Dann konvergiert
∞
k
k=0 ak (z − z0 ) punktweise und absolut auf BR (z0 ) und divergiert auf C \
KR (z0 ). Ferner ist die Konvergenz auf jeder abgeschlossenen Kreisscheibe der
Form KR0 (z0 ) mit P
R0 < R gleichmäßig. Eine entsprechende Aussage gilt für
∞
reelle Potenzreihen k=0 ak (x − x0 )k .
Beweis. Man erhält die obige Aussage unmittelbar aus
10, indem man w :=
PSatz
∞
z − z0 , d.h. indem man Satz 10 auf die Potenzreihe k=0 ak wk anwendet.
Beispiele:
(1)
∞
X
zk
(2)
k=0
∞
X
zk
k=0
k2
Bestimmung des Konvergenzradius:
p
(1) Hier gilt ak := 1 für alle k ∈ N0 , also lim supk→∞ k |ak | = 1 und somit
R = 1. Folglich konvergiert (1) für alle z mit |z| < 1 und divergiert für
|z| > 1. Dies wussten wir schon aufgrund der geometrischen Reihe.
(2) Mit ak := k12 für alle k ∈ N0 ergibt sich der Konvergenzradius wie folgt:
p
p
lim supk→∞ k |ak | = lim supk→∞ k 1/k 2 = 1, also R = 1. Somit konvergiert auch (2) für alle z mit |z| < 1 und divergiert für |z| > 1.
Randverhalten:
(1) Die Potenzreihe divergiert für alle z mit |z| = 1, denn (z k )k∈N ist in diesem
Fall keine Nullfolge.
(2) Nach dem Majorantenkriterium konvergiert die Potenzreihe für alle z mit
k
|z| = 1, denn es gilt zk2 ≤ k12 für |z| = 1.
Somit sehen wir, dass keine allgemeinen Aussage über die Konvergenz auf dem
Rand des Konvergenzgebiets gemacht werden kann.
Einige elementare Funktionen
Lemma 14
(1)
Die folgenden Potenzreihen
∞
X
zk
k=0
(2)
k!
(4)
∞
X
z 2k
(2k)!
(3)
k=0
∞
X
k=0
(−1)k z 2k
(2k)!
∞
X
k=0
(5)
∞
X
k=0
z 2k+1
(2k + 1)!
(−1)k z 2k+1
(2k + 1)!
konvergieren auf ganz C, d.h. für (1) – (5) gilt R = ∞.
1
Beweis. Zu (1): Mittels ak := k!
für k ∈ N0 erhalten wir die formale Identität
P∞
P
k
∞ z
k
k=0 ak z =
k=0 k! . Zur Berchnung des Konvergenzradius stellen wir zwei
unterschiedliche Lösungen vor:
|
1
1. Variante: Offensichtlich gilt limk→∞ |a|ak+1
= limk→∞ k+1
= 0 und folglich
k|
p
k
auch lim supk→∞ |ak | = 0, also R = ∞ (vgl. Bemerkung Seite 34).
36
KAPITEL III. FOLGEN UND REIHEN
2. Variante: Sei c > 0 beliebig. Dann existiert ein L > 0 mit ck ≤ Lk! alle k ∈ N
und somit erhalten wir die Abschätzung
q
q
1
0 ≤ lim sup k k!
≤ lim sup k cLk ≤ 1c .
(∗)
k→∞
k→∞
Da (∗) für alle c > 0 gilt, folgt zwangsläufig lim supk→∞
p
k
1/k! = 0, also R = ∞.
Zu (2): Setze
(
0
für k ungerade,
für k gerade.
P∞
P∞ z2k
k
Damit ergibt sich wir die Identität2
=
k=0 ak z
k=0 (2k)! . Im Weiteren
liefern wir wieder mehrere Ansätze zur Bestimmung der Konvergenzradius.
ak :=
1
k!
1. Variante: Analog zu (∗) erhält man die Abschätzung
q
p
0 ≤ lim sup k |ak | ≤ lim sup k cLk ≤
k→∞
für alle c > 0, also lim supk→∞
k→∞
p
k
1
c
(∗)
|ak | = 0 bzw. R = ∞.
2. Variante: Man zeigt leicht die Identität
p
p
lim sup k |ak | = lim sup 2k |a2k |
k→∞
k→∞
und erhält somit aus Teil (1) die Aussage lim supk→∞
p
k
|ak | = 0, also R = ∞.
3. Variante: Man verzichtet auf den Einsatz des Satzes von Cauchy/Hadamard
10 und wendet stattdessen das Quotientenkriterium unmittelbar auf die Reihe
P∞ z2k
k=0 (2k)! an. Damit erhält man
|z|2
|z 2k+2 | · (2k)!
=
lim
=0
k→∞ |z 2k | · (2k + 2)!
k→∞ (2k + 1)(2k + 2)
lim
für ale z ∈ C. Daraus folgt, dass die
R = ∞.
z 2k
k=0 (2k)!
P∞
für alle z ∈ C konvergiert, also
Zu (3), (4) und (5): In allen drei Fällen kann die Berechnung des Konvergenzradius analog (2) durchgeführt werden.
Definition 16 (Elementare Funktionen)
Nach Lemma 14 sind die folgenden
P∞
P∞ z2k
2 Formal stimmen die Partialsummen der Reihen
a z k und
eigentlich
k=0 k
k=0 (2k)!
P2n
P2n+1
P
n
z 2k
k
k
für alle
nicht überein, aber offensichtlich gilt
a z =
ak z =
k=0 k
k=0
k=0 (2k)!
n ∈ N0 und somit besteht kein Unterschied im Konvergenzverhalten der beiden Reihen.
37
KAPITEL III. FOLGEN UND REIHEN
Funktionen wohldefiniert:
(1)
exp : C → C,
exp(z) := ez :=
∞
X
zk
k=0
(2)
(3)
(4)
(5)
cosh : CC → C,
sinh : C → C,
cos : C → C,
sin : C → C,
∞
X
z 2k
(2k)!
cosh(z) :=
sinh(z) :=
cos(z) :=
sin(z) :=
k!
k=0
∞
X
(Exponentialfunktion)
(Kosinus-Hyperbolikus)
z 2k+1
(2k + 1)!
(Sinus-Hyperbolikus)
(−1)k
z 2k
(2k)!
(Kosinusfunktion)
(−1)k
z 2k+1
(2k + 1)!
k=0
∞
X
k=0
∞
X
k=0
(Sinusfunktion)
Bemerkung: Die obigen Funktionen stimmen für reelle Argumente, d.h. für
x ∈ R, mit den (aus der Schule) bekannten reellwertigen Funktionen Sinus,
Kosinus, usw. überein.
Satz 11 (Exponentialfunktion) Die Exponentialfunktion exp : C → C ist ein
surjektiver Gruppenhomomorphismus von (C, +) auf (C \ {0}, ·), d.h.
(a) ez+w = ez · ew für alle z, w ∈ C
(b) exp(C) = C? .
P∞ k
Beweis. Zu (a): Aufgrund der obigen Definition gilt ez := k=0 zk! und ew :=
P∞ wk
k=0 k! . Ferner sind beide Reihen nach Satz 10 und Lemma 14) absolut konvergieren. Somit existiert ihr Cauchy-Produkt (siehe Staz 6) und es gilt
!
∞ X
k
∞
k
X
X
zl
wk−l
1 X
k!
z
w
l k−l
e ·e =
·
=
zw
l! (k − l)!
k!
l!(k − l)!
=
k=0 l=0
∞
X
k=0
k=0
l=0
k
(z + w)
= ez+w ,
k!
also ez+w = ez · ew für alle z, w ∈ C.
Zu (b): Sei nun z ∈ C. Dann gilt nach (a) die Identität ez · e−z = e0 = 1, also
ez 6= 0, d.h. exp(C) ⊆ C \ {0}. Zum Beweis der Gleichheit exp(C) = C \ {0}
siehe Folgerung 13.
Bemerkung: Insbesondere gilt für alle x ∈ R die Abschätzung ex > 0. Denn
P∞ k
k
x ≥ 0 ist dies offensichtlich erfüllt, da ex = k=0 xk! > 0 und xk! > 0 für x > 0,
und für x < 0 folgt dies unmittelbar aus der Identität ex · e−x = 1 (siehe Satz
11).
Folgerung 12 (Additionstheoreme) Für die elementaren Funktionen aus Definition 16 gelten die folgenden Identitäten:
(a) exp(z) = cosh(z) + sinh(z) für alle z ∈ C.
38
KAPITEL III. FOLGEN UND REIHEN
(b) exp(iz) = cos(z) + i sin(z) für alle z ∈ C.
(c) cosh(iz) = cos(z) für alle z ∈ C.
(d) sinh(iz) = i sin(z) für alle z ∈ C.
(e) cosh(z) =
(h)
(i)
(j)
und sinh(z) =
eiz +e−iz
2
ez −e−z
2
iz
für alle z ∈ C.
−iz
und sin(z) = e −e
für alle z ∈ C.
2i
2
2
cosh(z) − sinh(z) = 1 für alle z ∈ C.
2
2
cos(z) + sin(z) = 1 für alle z ∈ C.
)
cosh(z + w) = cosh(z) cosh(w) + sinh(z) sinh(w)
für alle z ∈ C.
sinh(z + w) = sinh(z) cosh(w) + cosh(z) sinh(w)
)
cos(z + w) = cos(z) cos(w) − sin(z) sin(w)
für alle z ∈ C.
sin(z + w) = sin(z) cos(w) + cos(z) sin(w)
(f) cos(z) =
(g)
ez +e−z
2
Beweis. Wir werden nur einige der obigen Formeln exemplarisch beweisen (siehe
auch Übung).
Zu (a): Für alle z ∈ C gilt offensichtlich
cosh(z) + sinh(z) =
∞
∞
X
X
z 2k
z 2k+1
+
(2k)!
(2k + 1)!
k=0
k=0
n
2n+1
n
X
X zk
X
z 2k+1
z 2k
+ lim
= lim
= exp(z) .
= lim
n→∞
(2k)! n→∞
(2k + 1)! n→∞
k!
k=0
k=0
k=0
Zu (b): Analog zu (a) erhalten wir
cos(z) + i sin(z) =
∞
X
(−1)k z 2k
k=0
=
∞
X
(iz)2k
k=0
(2k)!
+
(2k)!
+i
∞
X
(−1)k z 2k+1
k=0
(2k + 1)!
∞
X
(iz)2k+1
= exp(iz) .
(2k + 1)!
k=0
Zu (c) und (d): X
Zu (e): Nach (a) gilt
exp(z) = cosh(z) + sinh(z)
exp(−z) = cosh(−z) + sinh(−z) = cosh(z) − sinh(z)
Aus (I) + (II) bzw. (I) - (II) erhält man
ez + e−z = 2 cosh(z)
ez − e−z = 2 sinh(z)
39
(I)
(II)
KAPITEL III. FOLGEN UND REIHEN
und somit unmittelbar die Behauptung.
Zu (f) und (g): X
Zu (h): Mittels (j) (noch zu beweisen!) folgt:
1 = cos(z − z) = cos(z) cos(−z) − sin(z) sin(−z)
2
2
= cos(z) cos(z) + sin(z) sin(z) = cos(z) + sin(z)
Zu (i): X
Zu (j): Mittels (f) erhält man:
cos(z) cos(w) − sin(z) sin(w) =
eiz +e−iz
2
=
eiz eiw +e−iz eiw +eiz e−iw +e−iz e−iw
4
=
ei(z+w) +e−i(z+w)
2
·
+
eiw +e−iw
2
−
eiz −e−iz
2i
·
eiw −e−iw
2i
eiz eiw −e−iz eiw −eiz e−iw +e−iz e−iw
4
= cos(z + w)
und
sin(z) cos(w) + cos(z) sin(w) =
= ··· =
ei(z+w) −e−i(z+w)
2i
eiz −e−iz
2i
·
eiw +e−iw
2
+
eiz +e−iz
2
·
eiw −e−iw
2i
= sin(z + w)
Definition 17 In Kapitel IV werden wir sehen, dass die Sinusfunktion eine
kleinste reelle, echt positive Nullstelle besitzt. Diese bezeichnen wir im Weiteren
mit π ≈ 3, 14.
Lemma 15
Mittels der obigen Definition von π gilt:
(a) cos π2 = 0 und sin π2 = 1.
(b) cos π = −1 und sin π = 0.
(c) cos 2π = 1 und sin 2π = 0.
Beweis. Zu (a): Aus Folgerung 12 (j) erhält man
0 = sin(π) = sin( π2 + π2 ) = 2 sin( π2 ) cos( π2 ) .
Aufgrund der Minimalität von π folgt sin( π2 ) 6= 0, also cos( π2 ) = 0. Ferner
impliziert Folgerung 12 (h) die Beziehung sin( π2 ) = ±1. Mit Hilfe des Zwischenwertsatzes ?? aus Kapitel IV ergibt sich abschließend sin π2 = 1.
Zu (b): Nach Folgerung 12 (j) und Teil (a) gilt
cos(π) = cos( π2 + π2 ) = cos( π2 )
2
2
− sin( π2 ) = −1 .
Die Identität sin π = 0 ist offensichtlich gemäß Definition 17 erfüllt.
40
KAPITEL III. FOLGEN UND REIHEN
Zu (c): Nach Folgerung 12 (j) und Teil (b) erhält man
2
2
cos(2π) = cos(π + π) = cos(π) − sin(π) = 1 .
Analog ergibt sich
sin(2π) = sin(π + π) = 2 sin(π) cos(π) = 0 .
Folgerung 13
(a) Die Sinus- und Kosinusfunktionen sind 2π-periodisch,
d.h. sin(z + 2π) = sin(z) und cos(z + 2π) = cos(z) für alle z ∈ C. Ferner
ist 2π die kleinste nicht-triviale Periode von Sinus und Kosinus.
(b) Es gilt die Äquivalenz: ez = 1 ⇐⇒ z ∈ 2πi Z := {2πik | k ∈ Z}
(c) Die Exponentialfunktion bildet jeden Streifen der Form
Sω := R × [ω, ω + 2π) := a + ib | a ∈ R, b ∈ [ω, ω + 2π) ∈ C
oder
Sω := R × (ω, ω + 2π] := a + ib | a ∈ R, b ∈ (ω, ω + 2π] ∈ C
mit ω ∈ R bijektiv auf C \ {0} ab. Insbesondere gilt also exp(C) = C \ {0}.
Beweis. Zu (a): X(siehe Übung und Lemma 15)
Zu (b): Für z = a + ib mit a, b ∈ R gilt
ez = 1 ⇐⇒ ea+ib = 1 ⇐⇒ ea · eib = 1
⇐⇒ ea (cos b + i sin b) = 1
⇐⇒ ea cos b = 1 ∧ ea sin b = 0
⇐⇒ ea cos b = 1 ∧ sin b = 0
Dabei folgt die letzte der obigen Umformungen aus ez 6= 0 für alle z ∈ C. Ferner
impliziert Teil (a) und die Symmetrie-Eigenschaft sin(−z) = − sin(z) für alle
z ∈ C die Äquivalenz
sin b = 0 ⇐⇒ b ∈ πZ
Mittels ea > 0 für alle a ∈ R und Lemma 15 erhalten wir insgesamt
ez = 1 ⇐⇒ a = 0 ∧ b ∈ 2πZ ,
also
ez = 1 ⇐⇒ z ∈ 2πi Z .
Zu (c): Wir zeigen hier nur die Injektivität, zum Beweis der Surjektivität benötigen wir Hilfsmittel aus Kapitel IV. Seien z, w ∈ Sω mit z = a + ib und
w = c + id. Ferner gelte ez = ew . Daraus folgt ez−w = 1, also nach Teil (b) a = c
und b − d ∈ 2π Z. Da z, w ∈ Sω , erhalten wir b = d, d.h. die Exponentialabbildung ist injektiv auf Sω .
41
KAPITEL III. FOLGEN UND REIHEN
Folgerung 14 Jede komplexe Zahl z ∈ C \ {0} besitzt eine eindeutige Polardarstellung z = reiϕ mit r > 0 und ϕ ∈ (−π, π] oder ϕ ∈ [0, 2π).
Beweis. Wir beschränken uns im Weiteren auf den Fall ϕ ∈ (−π, π]. Der Fall
ϕ ∈ [0, 2π) kann völlig analog gezeigt werden.
Zur Exsitenz: Sei z ∈ C \ {0}. Dann existiert nach Folgerung 13 (c) ein eindeutiges w ∈ S−π mit z = ew . Setze x := Re w und ϕ := Im w, also w = x + iϕ.
Daraus folgt z = ew = ex+iϕ = ex · eiϕ = r · eiϕ mit r := ex > 0.
0
Zur Eindeutigkeit: Seien r, r0 > 0 und ϕ, ϕ0 ∈ (−π, π], so dass reiϕ = r0 eiϕ .
0
Dann folgt mittels Folgerung 12 (h) die Identität r = |reiϕ | = |r0 eiϕ | = r0 und
0
somit eiϕ = eiϕ . Nun liefert Folgerung 13 (c) die Gleichheit ϕ = ϕ0 , d.h. die
Polardarstellung ist eindeutig.
42
Stichwortverzeichnis
Kapitel III
(formale) Potenzreihe, 33
absolut konvergent, 21
alternierend, 20
alternierende harmonische Reihe,
21
beschränkt, 4
bestimmt divergent, 4
Cauchy-Folge, 4
Cauchy-Produkt, 23
Differenzenfolge, 8
Folge, 3
Folge von Abbildungen, 27
Funktionenfolge, 27
geometrische Reihe, 18
gleichmäßig konvergent, 28
gleichmäßige Cauchy-Eigenschaft,
28
Grenzwert, 3
Häufungspunkt, 13
harmonische Reihe, 18
konvergent, 3
Konvergenzradius, 34
Limes-superior, 33
monoton steigend (fallend), 8
Partialsummen, 17
Polardarstellung, 42
Produktfolge, 8
punktweise konvergent, 27
Quotientenfolge, 8
reell- bzw. komplexwertige Folge,
3
Reihe, 17
streng monoton steigend (fallend),
8
Summenfolge, 8
Teilfolge, 13
Umordnung, 25
verallgemeinerten Häufungspunkt,
13
43
von oben (bzw. von unten) beschränkt,
4
Wert der Reihe, 17

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